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18 KULTUR JOKER NACHHALTIG

Mehr als

Django Reinhardt

Ein neues Freiburger Radioprojekt

berichtet von damaligen und heutigen

Lebenswirklichkeiten von Sinti und Roma

Wenn über Sinti und Roma

gesprochen wird, fällt oft das

romantisierende wie abwertende

Prädikat „Zigeuner“.

Menschen, die geigenspielend

und im Planwagen von Lagerfeuer

zu Lagerfeuer ziehen.

Für die Betroffenen ist es nicht

einfach, gegen solche groteske

Stereotype anzukommen. Ein

Anfang ist aber getan, wenn

sie selbst die Stimme erheben.

Das Radioprojekt „No

Country and No Land“ auf

Radio Dreyeckland setzt seit

Januar hier an. Hinter dem

Projekt stehen Frauen aus dem

Quartier Auggener Weg / Am

Lindenwäldle. Ihre Stimme

steht im Mittelpunkt, berichtet

von Rassismus, Antiziganismus,

Sexismus, aber auch von

Selbstermächtigung. Jeden

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nah, fern &

nachhaltig

Freiburg

0761 500 94 75

info@zenith-umzuege.de

vierten Montag im Monat um

19 Uhr werden historische wie

aktuelle Themen behandelt.

Denn Unterrepräsentation und

Diskriminierung von Sinti und

Roma halten bis heute an.

„Aufgrund von Vorurteilen

ist es für Sinti und Roma bis

heute schwierig, einen Ausbildungs-

oder Arbeitsplatz

zu finden.“ Eine der Teilnehmerinnen

ist Bildungsberaterin.

Für sie ist wichtig, offen

gegen solche Vorurteile zu

arbeiten. Aus Perspektive der

Mehrheitsgesellschaft gelten

Sintizzi oft als dumm, weil

„ungebildet“. Dabei war es

die Gesellschaft selbst, die

Sinti und Roma während des

Krieges den Schulbesuch verwehrte,

nach dem Krieg für

sie keine Schulpflicht garantierte.

(Nach-)Kriegskinder

der Sinti und Roma sind zum

Großteil AnalphabetInnen.

Für die jüngere Generation

bleiben alltägliche Diskriminierungserfahrungen.

Noch

immer bestehen in der Mehrheitsgesellschaft

viele Berührungsängste.

Davon können

alle Projektteilnehmerinnen

berichten. Ihr Appell ist klar:

Offene Bildungsangebote für

Sinti und Roma, eine Beurteilung

nach den Fertigkeiten und

nicht nach der Ethnie. Werte,

hinter denen das freie Radio

Dreyeckland steht, ebenso

wie die Kooperationspartner

des Projekts, unter ihnen das

Feministische Zentrum, das

Bundesministerium für Familie,

Senioren, Frauen und

Jugend oder die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit

Baden-Württemberg.

Erster Kooperationspartner

ist aber das Nachbarschaftswerk

im Quartier Auggener

Weg / Am Lindenwäldle. In

Weingarten gelegen, leben die

BewohnerInnen hier jenseits

des Blicks der Öffentlichkeit.

Das Quartier ist historisch gewachsen,

Familien leben generationenübergreifend

dort.

Dennoch haben die hier Lebenden

nur wenig Mitspracherecht.

Empowerment steht also

an erster Stelle. „Es ist selten,

dass Sinti oder Roma Radio

Foto: No Country and No Land

machen. Wahrscheinlich ist

diese Radiosendung die erste

ihrer Art. Deshalb bin ich dabei.“

Ein Bekenntnis, das viele

der Projektteilnehmerinnen

miteinander teilen. Langfristig

soll das zunächst auf ein Jahr

begrenzte Projekt neue zivilgesellschaftliche

Strukturen

im eigenen Stadtteil und eine

Kommunikationsbasis gegenüber

der Mehrheitsgesellschaft

bilden. Die Teilnehmerinnen

sollen das nötige journalistische

Handwerkszeug erlernen,

um so ihre Stimme dauerhaft

im Raum Freiburg hörbar

zu machen.

Dass bei dieser Kulturarbeit

auch ein schweres Erbe angetreten

wird, beweist die erste

Sendung, die am 75. Gedenktag

der Befreiung von Auschwitz

gesendet wurde. Über Interviews

und Reportagen wird

Erinnerungsarbeit geleistet,

ebenso auch der Anstoß für

weitere Bildungsarbeit. Noch

immer wird wenig über jene

Sinti und Roma berichtet, die

in den Vernichtungslagern der

Nationalsozialisten ums Leben

kamen.

Die März-Sendung setzte

sich mit dem kulturellen Erbe

der Sinti und Roma auseinander.

Sinti-Musik stand im Mittelpunkt,

Klassiker wie Django

Reinhardt, Live-MusikerInnen

und moderner Hip-Hop. Dabei

kam auch Freude, Lebensgefühl

auf. Man merkt den Sendungsmachenden

an, dass sie

Spaß an ihrem Projekt haben.

Das verbindet und macht deutlich:

Nur gemeinsame gesellschaftliche

Perspektiven sind

nachhaltig.

Die nächste Sendung von

„No Country and No Land“

beschäftigt sich mit dem

Quartier Weingarten und ist

am 27. April, 19 Uhr auf Radio

Dreyeckland zu hören (102,3

Mhz und im Livestream unter

www.rdl.de).

Fabian Lutz

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