Nr. 05 - September / Oktober 2006
Korsika: Kleinod im Mittelmeer Paris: Museen zum Entdecken Bordelais: ein Wochenende für Genießer Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen Champagner: die Geschichte eines Mythos Rezept: Tarte Tatin à la tomate
Korsika: Kleinod im Mittelmeer
Paris: Museen zum Entdecken
Bordelais: ein Wochenende für Genießer
Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen
Champagner: die Geschichte eines Mythos
Rezept: Tarte Tatin à la tomate
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fokus Korsika<br />
Serpentinen, wie<br />
am Golfe de Porto,<br />
prägen überall<br />
auf der Insel das<br />
Straßenbild.<br />
Im Mündungsgebiet<br />
des Flusses Fango<br />
nördlich von Galéria.<br />
niveau der Insel gefunden werden. Das Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis ist oft ungünstiger als an<br />
anderen Destinationen in Südeuropa. Schnell<br />
zahlt man für ein Abendessen oder eine Übernachtung<br />
ein paar Euro mehr, obwohl die<br />
Leistung nicht immer auf gleicher Höhe ist.<br />
Auch der korsische Stolz mögen eine Rolle<br />
gespielt haben, weniger offen für ausländische<br />
Chartertouristen gewesen zu sein als vielleicht<br />
die Menschen in Spanien oder Griechenland.<br />
Bis heute dauert die Diskussion über die<br />
Zukunft der Insel an. Die Angst vor einem<br />
möglichen Identitätsverlust ist groß. Gerade in<br />
den Sommermonaten fühlen sich die 266.000<br />
Korsen in der Minderheit in ihrer eigenen Heimat.<br />
Korsika ist übrigens die einzige Region<br />
Frankreichs, die heute weniger Einwohner aufweist<br />
als zu Anfang des 20. Jahrhunderts. So<br />
lebten 1901 noch 296.000 Menschen auf dem<br />
Eiland. Im Vergleich zu den Balearen ist Korsika<br />
dreimal dünner besiedelt, sechsmal dünner<br />
als Sardinien und sogar<br />
zwanzigmal dünner<br />
als Sizilien. Doch<br />
wo hört gesunder<br />
Nationalstolz auf und<br />
fängt Fremdenfeindlichkeit<br />
an? Wann<br />
wird Tourismus eine<br />
wirtschaftliche Notwendigkeit?<br />
Korsika<br />
ist Frankreichs ärmste<br />
Region und abhängig<br />
von großzügigen<br />
Subventionen aus Paris<br />
und Brüssel. Die<br />
Korsen haben einen<br />
Lebensstil, den sie<br />
selbst, insbesondere<br />
ohne Touristen, nicht<br />
halten könnten. Dabei<br />
wird keine französische<br />
Region derart<br />
stark unterstützt wie<br />
die Mittelmeerinsel.<br />
Auch Steuerermäßigungen<br />
beispielsweise<br />
für Wein, Benzin,<br />
Tabak sowie ein angepasstes Mehrwertsteuersystem<br />
gehören zu den Hilfsmaßnahmen.<br />
Trotzdem liegt das korsische Bruttoinlandsprodukt<br />
bei nur 20.149 Euro pro Person (2003)<br />
im Vergleich zu 25.650 Euro im Landesdurchschnitt.<br />
Signifikante Industriebetriebe<br />
fehlen auf der Insel, die Dörfer im Hinterland<br />
entvölkern sich und die Infrastruktur ist der<br />
heutigen Zeit unangemessen. Der Tourismus<br />
bleibt für viele Regionen der Insel oft der einzige<br />
Hoffnungsschimmer, der wirtschaftlichen<br />
Misere zu entfliehen.<br />
Politisch hat sich die Lage in den letzten<br />
Jahren stark gebessert, aber noch nicht vollkommen<br />
beruhigt. Ab und zu finden kleinere<br />
Anschläge statt, meist auf illegal errichtete<br />
Ferienbauten oder Einrichtungen des Staates,<br />
die von der Mehrheit der Korsen jedoch<br />
verurteilt werden. Unter dem sozialistischen<br />
Ministerpräsidenten Lionel Jospin wurde<br />
nach der Jahrtausendwende ein neuer Status<br />
für die Insel vorbereitet. Doch sein konservativer<br />
Nachfolger stoppte den Prozess zunächst,<br />
um dann einen eigenen Lösungsvorschlag zu<br />
unterbreiten, der insbesondere die Wiedervereinigung<br />
der erst 1975 geschaffenen beiden<br />
Departements Haute-Corse und Corse du<br />
Sud vorsah. In einer Volksabstimmung wurde<br />
dieses Vorhaben aber knapp abgelehnt und es<br />
blieb bei der Zweiteilung der Insel.<br />
Der Reisende wird von diesen Schwierigkeiten<br />
während seines Aufenthaltes auf Korsika<br />
nur wenig mitbekommen. Ihn erwarten vor<br />
allem eine oftmals noch unberührte Natur und<br />
atemberaubende Landschaften. Der Empfang<br />
ist manchmal etwas spröde, doch im Ganzen<br />
hat man als Reisender das Gefühl, bei den<br />
Korsen willkommen zu sein. Meist beginnt<br />
ein Urlaub in einer der beiden großen Hafenstädte,<br />
Ajaccio oder Bastia, die beide ihren<br />
eigenen Charme bewahren konnten. Ohnehin<br />
bietet Korsika nicht nur ursprüngliche Natur,<br />
sondern auch attraktive Städte. So verzaubert<br />
Calvi im Nordwesten mit seiner Zitadelle auf<br />
einem vorgelagerten Felsplateau und einem<br />
langgezogenen Sandstrand in einer sichelförmigen<br />
Bucht, dem Golfe de Calvi. Corte, die<br />
heimliche Hauptstadt Korsikas, liegt bezaubernd<br />
im bergigen Inselinneren und ist dank<br />
der einzigen korsischen Universität, gegründet<br />
1981, eine jung gebliebene Stadt. Im Süden<br />
locken das malerische Porto Veccio, das sich<br />
ein wenig wie Saint-Tropez anfühlt, und das<br />
einmalig auf Kreidefelsen gelegene Bonifacio.<br />
Wer dagegen nach Strandleben trachtet,<br />
der findet sein Glück an den langen Sandstränden<br />
der Ostküste. Der Osten der Insel ist<br />
eher lieblich und sanft, während der Westen<br />
wild und bergig daherkommt. Doch auch an<br />
der Westküste findet man traumhafte Strände<br />
in oft malerischen Buchten. Zudem verführen<br />
der Golfe de Porto, Golfe de Sagone, Golfe<br />
d’Ajaccio und Golfe de Valinco mit grandiosen<br />
Panoramakulissen. Auch wenn das Mittelmeer<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>