Nr. 05 - September / Oktober 2006
Korsika: Kleinod im Mittelmeer Paris: Museen zum Entdecken Bordelais: ein Wochenende für Genießer Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen Champagner: die Geschichte eines Mythos Rezept: Tarte Tatin à la tomate
Korsika: Kleinod im Mittelmeer
Paris: Museen zum Entdecken
Bordelais: ein Wochenende für Genießer
Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen
Champagner: die Geschichte eines Mythos
Rezept: Tarte Tatin à la tomate
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin <strong>Nr</strong>. 5 · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />
Korsika<br />
Kleinod im Mittelmeer<br />
Paris<br />
Museen zum Entdecken<br />
Bordelais<br />
Ein Wochenende für Genießer<br />
Marseille<br />
10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen<br />
Champagner<br />
Die Geschichte eines Mythos<br />
Frankreich & Benelux 5,90 € • Italien 6,50 € • Österreich 5,50 € • Schweiz 9,60 CHF • Deutschland 4,90 €
Vielleicht ist der schönste<br />
zu fahren, nach Frankre<br />
www.citroen-c6.de
Grund nach Frankreich<br />
ich zu fahren.<br />
DER NEUE CITROËN C6. Er kann gleiten, begeistern und erstaunen. Oder<br />
einfach nur zeigen, was er hat: eine hydropneumatische Federung mit elektronisch geregelter Abstimmung und<br />
Dämpfung. Das Head-Up-Display, das Daten auf die Windschutzscheibe projiziert. Den AFIL-Spurassistenten,<br />
der bei Fahrbahnabweichung warnt. Eine aktive Motorhaube zum Fußgängerschutz. Mitlenkende<br />
Bi-Xenon-Scheinwerfer und außerdem die Dinge, die man in einem Wagen dieser Klasse erwarten darf.<br />
CITROËN C6<br />
NICHTS BEWEGT SIE WIE EIN CITROËN
L’Occitane.<br />
Eine wahre Geschichte.<br />
Pflege für Gesicht und Körper, Parfums ...<br />
Den Traditionen der Provence folgend,<br />
entwickeln wir authentische Kosmetik.<br />
Wirksame Produkte für Schönheit und Wohlbefinden<br />
mit den wohltuenden Eigenschaften<br />
von Pflanzen und natürlichen Ölen.<br />
Eine wahre Geschichte.<br />
Eine Liste unserer Boutiquen finden Sie unter www.loccitane.com
Editorial<br />
wenn es um die<br />
Kooperationsbereitschaft<br />
und Reaktionsgeschwindigkeit<br />
einiger institutioneller Einrichtungen ging.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
es ist noch nicht lange her, da befand sich<br />
Deutschland im totalen Fußballrausch. Viele von uns hofften<br />
auf ein Finale Deutschland gegen Frankreich, doch<br />
schließlich sollte es anders kommen. Frankreich erreichte<br />
den zweiten Platz, Deutschland den dritten. In den Stadien<br />
ist inzwischen wieder Ruhe eingekehrt. Aber wie hat<br />
sich durch die Weltmeisterschaft das Deutschlandbild<br />
der Franzosen verändert? Wir gehen dieser Frage<br />
nach und kommen zu erstaunlichen Erkenntnissen.<br />
Fußball spielt auch im Konkurrenzkampf zwischen<br />
Bastia und Ajaccio eine Rolle. Es ist aber nicht der<br />
einzige Bereich, in dem die Rivalität der beiden korsischen<br />
Hafenstädte zum Ausdruck kommt.<br />
In dem Artikel « Bastia versus Ajaccio »<br />
beschäftigen wir uns mit diesem nicht immer<br />
ganz ernst gemeinten Wettbewerb. In<br />
unserem Fokusthema über Korsika wollen<br />
wir Ihnen jedoch nicht nur das urbane<br />
Gesicht der Insel vorstellen, denn<br />
schließlich steht Korsika vor allem für<br />
unberührte Natur und landschaftliche<br />
Schönheit. Dabei legen wir<br />
unseren Schwerpunkt in dieser Ausgabe<br />
weniger auf die Küstenregionen, sondern<br />
vielmehr auf das noch unbekanntere,<br />
aber mindestens genauso bezaubernde<br />
Inselinnere. Lassen Sie sich vom Reiz dieses<br />
vom Massentourismus noch weitgehend verschonten<br />
Mittelmeereilands verführen. Hierzu<br />
gehört auch die besondere korsische Lebensart,<br />
die sich in einigen Punkten von der französischen<br />
Festlandsmentalität unterscheidet. Dies musste<br />
auch unsere Redaktion während der Recherchetätigkeiten<br />
feststellen,insbesondere<br />
Um Institutionen handelt es sich auch in unserer Interviewreihe,<br />
die wir mit Léon Bertrand, dem französischen<br />
Minister für Tourismus, im Frühjahr begonnen haben. Für<br />
diese Ausgabe traf ich mich mit Claude Martin, dem französischen<br />
Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland,<br />
in seinem Berliner Amtssitz. Unser Anliegen ist dabei,<br />
über die Arbeit nationaler Einrichtungen zu berichten und<br />
diesen ein menschliches Gesicht zu geben. Denn oft sind es<br />
mutige Menschen, die hinter einschneidenden Veränderungen<br />
stehen. Hierzu gehört auch Marc Duval,<br />
der mit seiner umweltverträglichen Waschnuss<br />
den großen Waschmittelherstellern den Kampf<br />
angesagt hat. Und natürlich stellen wir Ihnen<br />
auch wieder eine Reihe von Reisezielen in<br />
Frankreich vor. Marseille, das Bordelais,<br />
der Leuchtturm von Cordouan sowie<br />
drei weniger bekannte Pariser Museen<br />
stehen dieses Mal auf dem Programm.<br />
Zum Schluss möchte ich allen danken, die<br />
bei unserer Leserbefragung in der letzten Ausgabe<br />
teilgenommen haben. Wir waren sehr erfreut, wie<br />
zahlreich Sie geantwortet haben und wie positiv Sie<br />
unser Heft beurteilen. Wir werden auch in Zukunft<br />
unser Bestes geben, um Ihren Qualitätsansprüchen<br />
gerecht zu werden. Da der Redaktionsschluss<br />
für diese Ausgabe vor dem Einsendeschluss der<br />
Leserbefragung liegt, kann ich Ihnen leider noch<br />
nicht die glücklichen Gewinner der Flusskreuzfahrt<br />
auf der Rhône/Saône nennen. Diese werden Anfang<br />
<strong>September</strong> persönlich von uns benachrichtigt.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre dieser Ausgabe!<br />
Titelbild: Zitadelle von Ajaccio<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·
Inhalt<br />
Korsika · 12<br />
In Frankreich wird Korsika auch die « Insel der Schönheit » genannt. Lange Sandstrände im Osten, zerklüftete Buchten im<br />
Westen, malerisch gelegene Städte und Dörfer, einsames Hochgebirge im Inselinneren – die Mittelmeerinsel geizt nicht<br />
mit ihren Reizen. Zudem blieb das Eiland bisher vom Massentourismus weitgehend verschont – ein wahres Kleinod.<br />
Marseille · 54<br />
Paris · 76<br />
Die Hafenstadt ist nicht mehr das Moloch, für das es<br />
viele halten. Wir nennen Ihnen 10 Gründe, warum Sie<br />
Frankreichs Mittelmeermetropole mögen sollten.<br />
Maison de Balzac, Musée national Gustave Moreau,<br />
Fondation Cartier pour l’art contemporain – besondere<br />
Orte, die abseits der Touristenströme liegen.<br />
Bordelais · 62<br />
Cordouan · 68<br />
Ist es möglich, wie « Gott in Frankreich zu leben »? Ein<br />
Wochenende lang gehen wir diesem Mythos nach. Entdecken<br />
Sie mit uns die bezaubernden Reize des Bordelais.<br />
Stolze 86 Meter ragt Europas ältester Leuchtturm in die<br />
Höhe, mitten in der breiten Mündung der Gironde. Besuchen<br />
Sie mit uns dieses einzigartige Bauwerk im Atlantik.<br />
· Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Fokus<br />
12 Korsika – Kleinod im Mittelmeer<br />
18 Traumstraßen Wenn Landstraßen<br />
zu Traumstraßen werden<br />
26 Städtevergleich Bastia versus Ajaccio<br />
32 La Restonica Gorges de la Restonica –<br />
Korsikas alpine Seite<br />
36 Eisenbahn Mit der Eisenbahn durch Korsikas Bergwelt<br />
38 Reise-Infos Korsika<br />
72<br />
76 84<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
68<br />
62<br />
54 Marseille 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen<br />
62 Bordelais Ein Traumwochenende im Bordelais<br />
68 Cordouan Das kleine Versailles im Atlantik<br />
72 Hotel L’Hermitage Gantois, Lille<br />
Frankreich heute<br />
42 Deutschlandbild Hat die Fußball-WM das<br />
Deutschlandbild der Franzosen verändert?<br />
44 Bio-Sorelia Eine kleine Nuss erobert das Herz der Franzosen<br />
oder wie die Franzosen ein Bioprodukt entdecken<br />
46 Interview Claude Martin, Französischer<br />
Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland<br />
Art de vivre<br />
54<br />
Deutschlandbild · 42<br />
12-39<br />
88<br />
76 Pariser Museen Andere Orte<br />
80 Kulturprogramm <strong>September</strong> & <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />
82 Kulturszene CDs, Bücher, Filme<br />
84 Wein Champagner – Lebensgenuss pur<br />
88 Restaurant A Pineta, Korsika<br />
90 Chantals Rezept Tarte tatin à la tomate<br />
Rubriken<br />
5 Editorial<br />
8 On en parle<br />
40 Kulturschock<br />
51 Abonnement<br />
52 Leben in Frankreich<br />
74 Boutique<br />
92 Arte-Programm<br />
94 Heftnachbestellungen<br />
96 Leserbriefe<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Die Fußball-WM hat das deutsche Nationalgefühl<br />
verändert. Doch hat das sportliche Großereignis auch<br />
das Deutschlandbild der Franzosen beeinflusst?<br />
Champagner · 84<br />
Bei Geburtstagen, Hochzeiten, Schiffstaufen oder an<br />
Silvester – bei wichtigen Anlässen ist er nicht mehr<br />
wegzudenken. Ein Schaumwein wurde zum Mythos.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·
On En Parle<br />
Frankreich aus der Vogelperspektive<br />
Nach dem großen Erfolg von Google Earth geht das Nationale<br />
Geographische Institut Frankreichs (L’Institut Géographique<br />
National) in die Gegenoffensive und stellt eigene Luftaufnahmen<br />
ins Internet. Die Bilder sind sogar noch präziser, denn sie stammen<br />
nicht von Satelliten, sondern sind von Flugzeugen aus aufgenommen.<br />
Mehr als 400.000 Luftaufnahmen aus den letzten fünf Jahren,<br />
die sowohl die touristischen<br />
Sehenswürdigkeiten des Landes<br />
als auch weniger bekannte Orte<br />
zeigen, sind online erhältlich.<br />
Für die bessere Orientierung<br />
werden rund 4.000 Karten zur<br />
Verfügung gestellt. Zurzeit sind<br />
die Bilder nur zweidimensional<br />
abrufbar, ab 2007 jedoch<br />
auch dreidimensional. Die Internetseite<br />
wurde nach der Freischaltung<br />
sofort ein großer Erfolg,<br />
so dass ein weiterer Ausbau des<br />
Services zu erwarten ist.<br />
www.geoportail.fr<br />
Oben: Die Bucht von<br />
Mont St. Michel<br />
Links:<br />
Der Flughafen<br />
Roissy – CDG<br />
Das Comeback der Straßenbahn<br />
Nicht weniger als zwölf neue Straßen- und U-Bahnlinien werden in Frankreichs Städten<br />
bis Ende 2007 eröffnet. Saint-Etienne, Nantes, Paris, Clermont-Ferrand, Montpellier,<br />
Lyon und Aulnay-Bondy machen den Anfang, gefolgt von Marseille, Toulouse,<br />
Le Mans, Nizza und Straßburg.<br />
Pariser Gay Pride<br />
im Lichte der<br />
Präsidentschaftswahlen<br />
Mehr als 800.000 Schwule, Lesben<br />
und Bisexuelle demonstrierten beim<br />
diesjährigen Gay Pride in Paris<br />
Ende Juni in Anspielung auf die<br />
Präsidentschaftswahlen im nächsten<br />
Jahr unter dem Motto « Gleichheit<br />
2007 ». Auch viele bekannte Politiker<br />
waren unter den Teilnehmern.<br />
Die sozialdemokratische Partei<br />
hat sich erst kürzlich für eine<br />
totale Gleichstellung zwischen<br />
heterosexuellen und homosexuellen<br />
Partnerschaften im Falle eines<br />
Wahlsieges ausgesprochen.<br />
Besonderer Ansporn ist dabei auch,<br />
dass Frankreich nicht mehr Ländern<br />
wie Spanien, Belgien oder den<br />
Niederlanden hinterherhängen<br />
will, die eine völlige Gleichstellung<br />
im Ehe- und Adoptionsrecht längst<br />
eingeführt haben.<br />
· Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
France 24 heißt das französische<br />
Pendant zu CCN und BBC World<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Der zukünftige internationale französische<br />
Nachrichtensender, eine Herzensangelegenheit<br />
von Jacques Chirac, nimmt langsam Form an. Die<br />
neue Konkurrenz für CCN und BBC World besitzt<br />
eine außergewöhnliche Organisationsstruktur<br />
und ist ein gemeinsames Baby des größten<br />
französischen Privatsenders, TF1, und seines<br />
öffentlich-rechtlichen Konkurrenten, France<br />
Télévision. Schwierig gestaltete sich deshalb<br />
die Namensfindung. Neben « France 24 », was<br />
als weltweit leicht verständlich gilt, war auch<br />
« Version Française » im Spiel. Letzteres wurde<br />
aber schließlich als zu arrogant eingestuft und<br />
verworfen. Der Sendebetrieb von France 24 soll<br />
zum Ende des Jahres beginnen.<br />
Paris wird billiger<br />
Laut dem Personalberatungsbüro Mercer Human Resource Consulting ist<br />
Paris die 15-teuerste Stadt der Welt für ins Ausland entsandte Mitarbeiter. Letztes<br />
Jahr war die Seine-Metropole noch auf dem zwölften Rang. Moskau steht<br />
dieses Mal an der Spitze und hat damit Tokio auf den dritten Platz verwiesen.<br />
Die teuerste europäische Stadt ist London auf dem vierten Rang.<br />
Bevor Franzosen in den Urlaub fahren...<br />
Nach einer kürzlich durchgeführten Studie von Unilever, veröffentlicht in<br />
der Wochenzeitschrift L’Express, können 68 Prozent der Franzosen nicht in<br />
den Urlaub fahren, ohne vorher ihr Zuhause geputzt zu haben. 38 Prozent<br />
wollen sich während der Ferien nicht von ihrem persönlichen Wecker<br />
trennen und 22 Prozent nicht von ihrem Computer. Darüber hinaus<br />
haben 20 Prozent der Frauen Angst, in einem anderen Bett zu schlafen.<br />
Bei den Männern sind es nur 7 Prozent.<br />
Elektronischer Chip fürs Fluggepäck<br />
Seit Juli testet Air France entsprechend einer der Prioritäten der IATA<br />
eine neue Methode zur Gepäckbeförderungsüberwachung. Ein kleiner<br />
elektronischer Chip wird in das Gepäcketikett beim Check-in integriert,<br />
das die Verfolgung der Beförderung in Realzeit erlaubt. Der Versuch<br />
betrifft zunächst die Flüge auf der Strecke Paris-Amsterdam und Paris-<br />
Tokio. Nach und nach soll das System auf weitere Air France- und auch<br />
auf KLM-Strecken ausgeweitet werden.<br />
Handy-Empfang auf Korsika-Fähren<br />
War man bisher auf einer der Fähren vom Festland nach Korsika unterwegs,<br />
stellte man nach einigen Seemeilen fest, dass es keinen Handyempfang<br />
mehr gab. In Zukunft kann man nun aber auch auf offener See telefonieren<br />
oder SMS senden und empfangen. Corsica Ferries und die SNCM<br />
haben elf Fährschiffe mit der entsprechenden Technik ausgestattet.<br />
Frankreich erleben auf dem<br />
Düsseldorfer Frankreichfest<br />
Zum sechsten Mal fand am französischen<br />
Nationalfeiertag in Düsseldorf das Frankreichfest<br />
statt. Auch Frankreich erleben war mit einem<br />
Stand vertreten. Insgesamt besuchten rund<br />
50.000 Menschen das Straßenfest.<br />
Mit dem Autozug in Frankreichs Süden<br />
Der Winterfahrplan des DB-Autozugs ist ab sofort<br />
zum Buchen freigeschaltet. Nach Frankreich<br />
verkehren die Züge zwischen November <strong>2006</strong><br />
und April 2007 nach Avignon in der Provence<br />
und Narbonne im Languedoc-Roussillon. Die<br />
Strecke von Hamburg nach Narbonne gibt es für<br />
eine Person mit Übernachtung im Liegewagen<br />
und inklusive Fahrzeug schon ab 96,90 Euro.<br />
www.dbautozug.de<br />
Schlechter Ruf<br />
Nach einer Umfrage unter 6.000 Personen der US-amerikanischen Internetseite<br />
« Where are you now » sind die Franzosen die am wenigsten gastfreundliche<br />
Nation der Welt, dicht gefolgt von den… Deutschen! Aber<br />
wer könnte behaupten, dass Internetumfragen repräsentativ sind…?<br />
Weinflaschen der Stadt Paris zum Verkauf<br />
Am 20. und 21. <strong>Oktober</strong> organisiert die Stadt Paris eine öffentliche Versteigerung<br />
von 4.000 Weinflaschen und anderen Alkoholika aus dem<br />
städtischen Weinkeller. Der aktuelle Bürgermeister Bertrand Delanoë<br />
fand, dass der von seinen Vorgängern aufgebaute Vorrat von über<br />
7.000 Flaschen zu viel für die kommunalen Bedürfnisse sei. Die zu versteigernden<br />
Flaschen gehören zu den besten des Weinkellers, einige haben<br />
einen Wert von mehr als 1.000 Euro.<br />
Neue Ryanair-Ziele an der Atlantik- und Mittelmeerküste<br />
Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair hat angekündigt, ab 31. <strong>Oktober</strong><br />
jeweils dreimal pro Woche die Strecke von Hahn nach Biarritz sowie nach<br />
Nantes zu bedienen. Ab 8. November geht es zudem ebenfalls dreimal<br />
wöchentlich nach Marseille.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·
On En Parle<br />
Hitliste der französischen Urlaubsziele<br />
Das französische Wochenmagazin Le Nouvel Observateur<br />
hat kürzlich eine neue Hitliste der einheimischen Urlaubsdestinationen<br />
veröffentlicht. 50 Ferienorte wurden<br />
nach Kriterien wie Luftverschmutzung, Bebauungsdichte,<br />
Sonnenscheindauer, Besucherzahlen, Verkehrsdichte, Preise<br />
eines durchschnittlichen Menüs im Restaurant etc. bewertet.<br />
Die Ergebnisse sind erstaunlich und originell, wenn auch<br />
einige sie als zu subjektiv kritisieren. So erhält das Seebad<br />
Grand-Motte im Departement Hérault, berühmt-berüchtigt<br />
für seine Apartmenthochhäuser aus Beton, den dritten<br />
Platz für die Wasserqualität zum Baden. Ohnehin kommen<br />
in dieser Hitliste eher Reiseziele auf die oberen Plätze, die<br />
normalerweise nicht so viel Publicity gewohnt sind. In der<br />
Kategorie « Ferienorte am Meer » nehmen die Seebäder<br />
Perros-Guirec in der Bretagne, Les Sables d’Olonne an der<br />
Atlantikküste und Saint-Florent auf Korsika die ersten drei<br />
Plätze ein. In der Kategorie « Destinationen im Grünen »<br />
gebührt diese Ehre Florac (Departement Lozère), Laguiole<br />
(Departement Aveyron) und Rocamadour (Departement<br />
Lot).<br />
Endlich! Touristenauskunft am<br />
Pariser Flughafen Roissy-CDG<br />
Es mag unfassbar erscheinen, aber bis<br />
vor kurzem existierte am größten Pariser<br />
Flughafen Roissy-CDG kein Tourismusbüro.<br />
Doch nun wurde diese Lücke endlich<br />
geschlossen und ein erstes Office de<br />
Tourisme im Terminal 2F zwischen den<br />
Ausgängen 15 und 16 eröffnet. An einem<br />
langen Schalter in Rot beantwortet<br />
ein mehrsprachiges Team aus sieben<br />
Mitarbeitern an allen Wochentagen<br />
von 9.00 bis 20.00 Uhr die Fragen der<br />
Touristen. Die Investitionskosten (500.000<br />
Euro) trägt zu 70 Prozent die Region Ile de<br />
France. Auch die Hälfte der jährlichen<br />
Betriebskosten (rund 1,5 Millionen Euro)<br />
gehen zu ihren Lasten. Ein weiterer<br />
Schalter soll bis Jahresende im Terminal<br />
2C eingeweiht werden. 2007 folgen dann<br />
noch jeweils einer im Terminal 1, wo die<br />
Flüge von Lufthansa und der Star Alliance<br />
ankommen, und im Terminal 2D.<br />
Frankreich bleibt<br />
das weltweit<br />
meist besuchte<br />
Touristenziel<br />
Mit 75<br />
M i l l i o n e n<br />
internationalen<br />
Gästen führt Frankreich<br />
unverändert die Liste der meist<br />
besuchten Touristendestinationen der<br />
Welt an, gefolgt von Spanien (54 Millionen), den<br />
USA (46 Millionen), China (42 Millionen) und Italien (32<br />
Millionen). Bei den Einnahmen aus dem Tourismus nimmt das<br />
Land jedoch nur den dritten Platz ein, hinter den USA und Spanien.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
L’instant<br />
Taittinger<br />
N o t e s s u b t i l e s d e C h a r d o n n a y e t d e P i n o t s
Fokus Korsika<br />
Korsika<br />
Kleinod im Mittelmeer<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Die Franzosen<br />
bezeichnen<br />
Korsika als<br />
Ile de Beauté – Insel der Schönheit.<br />
Angesichts der malerischen Buchten,<br />
traumhaften Strände, pittoresken Dörfer und dem<br />
bergigen und einsamen Inland ist dies keine Übertreibung. Frankreichs<br />
große Mittelmeerinsel ist ein wahres Kleinod, zudem eines, das vom<br />
Massentourismus in weiten Teilen noch verschont geblieben ist und seine Seele<br />
bewahren konnte. Anders als auf vielen Nachbarinseln findet der Reisende auf Korsika<br />
noch Ruhe und Einsamkeit, kann sich an unverbauten Buchten erfreuen und ein<br />
noch recht unverfälschtes Inselleben erfahren. Dabei wäre Korsikas Potential in punkto<br />
Naturschönheiten, Stränden und Klima mindestens genauso groß<br />
wie das von anderen Mittelmeerinseln, die längst fest in den<br />
Händen des Massentourismus sind. Aber Korsika hat<br />
sich seine Andersartigkeit bewahrt.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 13
Fokus Korsika<br />
jedoch auch in französischen Häfen gesichtet<br />
und die SNCM soll privatisiert werden.<br />
Ein Blick auf die Besucherstruktur zeigt,<br />
dass Korsika andere Zielgruppen anzieht als<br />
die meisten Charterdestinationen in Südeuropa.<br />
Mehr als ein Drittel der Gäste – in der<br />
Hauptreisezeit im Sommer sogar mehr als 40<br />
Prozent – sind leitende Angestellte oder Angehörige<br />
freier Berufe, also ein Publikum, das<br />
über ein höheres Einkommen als der Durchschnitt<br />
verfügt und im Urlaub nicht auf jeden<br />
Euro schauen muss. Korsika ist kein preiswerter<br />
Urlaubsort.<br />
Doch woher kommt es, dass Korsika in den<br />
Die fotogene Zitadelle von Calvi trägt entscheidend zum Charme dieser<br />
beliebten Touristenstadt im Nordwesten der Insel bei.<br />
Vorige Seite: Baie de Crovani an Korsikas Westküste.<br />
Das stolze korsische<br />
Pendant zur US-amerikanischen<br />
Konkurrenz.<br />
Äußerlich zum<br />
Verwechseln ähnlich,<br />
im Geschmack<br />
anders.<br />
Doch Korsika ist mitnichten eine touristenfreie<br />
Zone. Rund 2,3 Millionen Besucher zählt<br />
das Eiland pro Jahr. In den letzten 25 Jahren<br />
hat sich diese Zahl verdoppelt. Die meisten<br />
kommen in den drei Sommermonaten und sind<br />
Franzosen vom Festland (knapp 70 Prozent).<br />
Bei den ausländischen Touristen führen die<br />
Italiener (27 Prozent), gefolgt von den Briten<br />
(17 Prozent) und den Deutschen (14 Prozent).<br />
Rund 320.000 Betten stehen heute auf der Insel<br />
bereit, etwas mehr als 21.000 davon in Hotels,<br />
weitere 63.000 auf Campingplätzen. Der<br />
touristische Sektor generiert einen jährlichen<br />
Umsatz von einer Milliarde Euro.<br />
Dennoch bleibt Korsika eine ziemlich isolierte<br />
Insel. Während beispielsweise nach Mallorca<br />
mehrmals täglich – selbst von deutschen,<br />
zösterreichischen oder schweizerischen Provinzflughäfen<br />
– Nonstop-Flüge angeboten<br />
werden, bestehen nach Korsika nur sehr wenige<br />
Charterflugverbindungen. Die Anreise<br />
erfolgt entweder mit einem relativ teuren Linienflug<br />
über das französische Festland oder mit<br />
dem eigenen Auto und der Fähre. Rund zwei<br />
Drittel aller Korsika-Reisenden wählen den<br />
Wasserweg. Als easyJet vor ein paar Jahren eine<br />
Billigflugverbindung von Paris nach Korsika<br />
anbieten wollte, wurde diese sogar als nicht<br />
rechtskonform eingestuft. Die Platzhirsche<br />
CCM und Air France, die ohnehin kooperieren,<br />
hielten sich damit lästige Konkurrenz<br />
vom Hals und hatten Erfolg. Auch auf dem<br />
Seeweg besaß die staatliche SNCM lange Zeit<br />
ein Monopol und die private Corsica Ferries<br />
durfte anfangs nur italienische Häfen anlaufen.<br />
Inzwischen werden die gelb-blauen Schiffe<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
letzten Jahrzehnten eine so unterschiedliche<br />
Entwicklung als andere Mittelmeerinseln<br />
genommen hat? Die Antwort ist sicherlich vielschichtig:<br />
In den 60er-Jahren hatten zwar finanzstarke<br />
Investoren ein Auge auf das Eiland<br />
geworfen. Doch heftiger als anderswo machte<br />
sich auf Korsika schnell die Angst vor einem<br />
Ausverkauf, vor einer « Balnearisierung » breit.<br />
So wurden viele der anfangs geplanten Ferienanlagen<br />
am Ende nie gebaut. Es fällt auch in<br />
diese Zeit, wo Autonomisten und Attentate die<br />
Insel in die Schlagzeilen der europäischen Zeitungen<br />
brachten. Korsika reihte sich damit in<br />
eine Anzahl von Problemregionen Europas ein<br />
– wie beispielsweise das Baskenland oder Nordirland.<br />
Auch wenn die Bomben der korsischen<br />
Separatisten selten zu Personenschäden führten,<br />
so waren sie doch Boten einer instabilen<br />
Situation. Neben autonomistischen Aktionen<br />
bremste auch ein weit ausgebreitetes Clanwesen<br />
Korsikas Entwicklung. Zudem hatte sich auch<br />
die Pariser Regierung nicht eben mit Ruhm bekleckert<br />
und einige Affären zu verantworten.<br />
Vetternwirtschaft, Korruption und mafiöse<br />
Strukturen waren und sind auf der Insel der<br />
Schönheit keine Fremdwörter.<br />
Ein weiterer Grund für das Ausbleiben des<br />
Massentourismus kann im relativ hohen Preis<br />
Spuren des korsischen<br />
Nationalismus<br />
finden sich auf vielen<br />
Verkehrsschildern<br />
der Insel.<br />
Das kleine Bergdorf Vico gilt als einer der schönsten Orte im Inselinneren.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 15
Fokus Korsika<br />
Serpentinen, wie<br />
am Golfe de Porto,<br />
prägen überall<br />
auf der Insel das<br />
Straßenbild.<br />
Im Mündungsgebiet<br />
des Flusses Fango<br />
nördlich von Galéria.<br />
niveau der Insel gefunden werden. Das Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis ist oft ungünstiger als an<br />
anderen Destinationen in Südeuropa. Schnell<br />
zahlt man für ein Abendessen oder eine Übernachtung<br />
ein paar Euro mehr, obwohl die<br />
Leistung nicht immer auf gleicher Höhe ist.<br />
Auch der korsische Stolz mögen eine Rolle<br />
gespielt haben, weniger offen für ausländische<br />
Chartertouristen gewesen zu sein als vielleicht<br />
die Menschen in Spanien oder Griechenland.<br />
Bis heute dauert die Diskussion über die<br />
Zukunft der Insel an. Die Angst vor einem<br />
möglichen Identitätsverlust ist groß. Gerade in<br />
den Sommermonaten fühlen sich die 266.000<br />
Korsen in der Minderheit in ihrer eigenen Heimat.<br />
Korsika ist übrigens die einzige Region<br />
Frankreichs, die heute weniger Einwohner aufweist<br />
als zu Anfang des 20. Jahrhunderts. So<br />
lebten 1901 noch 296.000 Menschen auf dem<br />
Eiland. Im Vergleich zu den Balearen ist Korsika<br />
dreimal dünner besiedelt, sechsmal dünner<br />
als Sardinien und sogar<br />
zwanzigmal dünner<br />
als Sizilien. Doch<br />
wo hört gesunder<br />
Nationalstolz auf und<br />
fängt Fremdenfeindlichkeit<br />
an? Wann<br />
wird Tourismus eine<br />
wirtschaftliche Notwendigkeit?<br />
Korsika<br />
ist Frankreichs ärmste<br />
Region und abhängig<br />
von großzügigen<br />
Subventionen aus Paris<br />
und Brüssel. Die<br />
Korsen haben einen<br />
Lebensstil, den sie<br />
selbst, insbesondere<br />
ohne Touristen, nicht<br />
halten könnten. Dabei<br />
wird keine französische<br />
Region derart<br />
stark unterstützt wie<br />
die Mittelmeerinsel.<br />
Auch Steuerermäßigungen<br />
beispielsweise<br />
für Wein, Benzin,<br />
Tabak sowie ein angepasstes Mehrwertsteuersystem<br />
gehören zu den Hilfsmaßnahmen.<br />
Trotzdem liegt das korsische Bruttoinlandsprodukt<br />
bei nur 20.149 Euro pro Person (2003)<br />
im Vergleich zu 25.650 Euro im Landesdurchschnitt.<br />
Signifikante Industriebetriebe<br />
fehlen auf der Insel, die Dörfer im Hinterland<br />
entvölkern sich und die Infrastruktur ist der<br />
heutigen Zeit unangemessen. Der Tourismus<br />
bleibt für viele Regionen der Insel oft der einzige<br />
Hoffnungsschimmer, der wirtschaftlichen<br />
Misere zu entfliehen.<br />
Politisch hat sich die Lage in den letzten<br />
Jahren stark gebessert, aber noch nicht vollkommen<br />
beruhigt. Ab und zu finden kleinere<br />
Anschläge statt, meist auf illegal errichtete<br />
Ferienbauten oder Einrichtungen des Staates,<br />
die von der Mehrheit der Korsen jedoch<br />
verurteilt werden. Unter dem sozialistischen<br />
Ministerpräsidenten Lionel Jospin wurde<br />
nach der Jahrtausendwende ein neuer Status<br />
für die Insel vorbereitet. Doch sein konservativer<br />
Nachfolger stoppte den Prozess zunächst,<br />
um dann einen eigenen Lösungsvorschlag zu<br />
unterbreiten, der insbesondere die Wiedervereinigung<br />
der erst 1975 geschaffenen beiden<br />
Departements Haute-Corse und Corse du<br />
Sud vorsah. In einer Volksabstimmung wurde<br />
dieses Vorhaben aber knapp abgelehnt und es<br />
blieb bei der Zweiteilung der Insel.<br />
Der Reisende wird von diesen Schwierigkeiten<br />
während seines Aufenthaltes auf Korsika<br />
nur wenig mitbekommen. Ihn erwarten vor<br />
allem eine oftmals noch unberührte Natur und<br />
atemberaubende Landschaften. Der Empfang<br />
ist manchmal etwas spröde, doch im Ganzen<br />
hat man als Reisender das Gefühl, bei den<br />
Korsen willkommen zu sein. Meist beginnt<br />
ein Urlaub in einer der beiden großen Hafenstädte,<br />
Ajaccio oder Bastia, die beide ihren<br />
eigenen Charme bewahren konnten. Ohnehin<br />
bietet Korsika nicht nur ursprüngliche Natur,<br />
sondern auch attraktive Städte. So verzaubert<br />
Calvi im Nordwesten mit seiner Zitadelle auf<br />
einem vorgelagerten Felsplateau und einem<br />
langgezogenen Sandstrand in einer sichelförmigen<br />
Bucht, dem Golfe de Calvi. Corte, die<br />
heimliche Hauptstadt Korsikas, liegt bezaubernd<br />
im bergigen Inselinneren und ist dank<br />
der einzigen korsischen Universität, gegründet<br />
1981, eine jung gebliebene Stadt. Im Süden<br />
locken das malerische Porto Veccio, das sich<br />
ein wenig wie Saint-Tropez anfühlt, und das<br />
einmalig auf Kreidefelsen gelegene Bonifacio.<br />
Wer dagegen nach Strandleben trachtet,<br />
der findet sein Glück an den langen Sandstränden<br />
der Ostküste. Der Osten der Insel ist<br />
eher lieblich und sanft, während der Westen<br />
wild und bergig daherkommt. Doch auch an<br />
der Westküste findet man traumhafte Strände<br />
in oft malerischen Buchten. Zudem verführen<br />
der Golfe de Porto, Golfe de Sagone, Golfe<br />
d’Ajaccio und Golfe de Valinco mit grandiosen<br />
Panoramakulissen. Auch wenn das Mittelmeer<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Die Kreidefelsen von Bonifacio sind ein Höhepunkt jeder Korsika-Rundreise.<br />
eine dominante Rolle für den Tourismus auf<br />
Korsika spielt, so verzaubert das bergige und<br />
alpine Inland nicht minder. Korsikas höchster<br />
Berg, der Monte Cinto, misst stolze 2.706 Meter.<br />
Viele weitere Zweitausender finden sich in<br />
seinem Umfeld. Ein Mekka für Wanderer und<br />
Bergsüchtige, und dies nicht nur auf dem bekannten<br />
Wanderweg GR 20, der die Insel von<br />
Norden nach Süden durchquert.<br />
Bei seiner Reise auf Korsika wird der Besucher<br />
auch feststellen, dass die Insel anders<br />
wirkt als das französische Festland. Zunächst<br />
weniger wohlhabend, besonders wenn man von<br />
der reichen Côte d’Azur übergesetzt hat. Dann<br />
zeigen die Ortsschilder, dass Italien nicht weit<br />
sein kann: Viele Ortsnamen wirken dem Italienischen<br />
näher als dem Französischen. Auch die<br />
Architektur erinnert oft an das östliche Nachbarland.<br />
Das Korsische wird im Alltag jedoch<br />
meist nur noch von den Alten gesprochen, auch<br />
wenn es in Corte inzwischen einen Lehrstuhl<br />
für diese Regionalsprache gibt.<br />
Und noch ein Detail wird dem aufmerksamen<br />
Autofahrer auffallen: In Frankreich enden<br />
die Nummernschilder der Autos normalerweise<br />
mit zwei Ziffern, der Nummer des Departements.<br />
In Korsika dagegen findet man an<br />
dieser Stelle eine 2A bzw. 2B. Das hängt mit<br />
der Teilung der Insel im Jahre 1975 in zwei<br />
Departements zusammen. Aus der 20 für Korsika<br />
wurde auf den Nummernschildern eine 2A<br />
bzw. 2B, während bei den Postleitzahlen die 20<br />
bestehen blieb. Es gibt eine einfache Eselsbrücke,<br />
sich die Zuordnung zu merken: 2A steht<br />
für das Departement Corse du Sud mit der<br />
Hauptstadt Ajaccio, deren Name mit einem A<br />
beginnt. 2B für das Departement Haute-Corse<br />
mit der Hauptstadt Bastia, deren Name mit<br />
einem B beginnt.<br />
Es ist diese Mischung aus Bergen und Meer,<br />
aus fruchtbaren Tälern und kargen Gipfeln,<br />
aus pittoresken Dörfern und einsamen Buchten,<br />
die Korsika so einzigartig macht. Für viele<br />
Reisende ist die Insel noch immer ein weißer<br />
Fleck auf der Landkarte. Doch wer einmal hier<br />
war, will immer wiederkommen. Ein wahres<br />
Kleinod im Mittelmeer eben. Welchen Weg<br />
Korsika in Zukunft auch gehen mag, hoffen<br />
wir, dass seine Schönheit und Seele dabei nicht<br />
auf der Strecke bleiben.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 17
Fokus Korsika<br />
Durch die bergige Geografie und die vielen malerischen Buchten<br />
mutieren zahlreiche Landstraßen der französischen Mittelmeerinsel<br />
zu wahren Traumstraßen. Wir stellen Ihnen drei Strecken vor, die alle<br />
auf ihre Art und Weise einmalig sind: Zweimal – bei der D 81 von<br />
Porto nach Piana und der D 80 von Patrimonio nach Macinaggio –<br />
geht es dabei in engen Kurven entlang der Küste, ein anderes Mal –<br />
bei der D 84 von Pont de Castirla nach Calacuccia – durch das<br />
karge Hochgebirge des Inselinneren.<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
D 81 von Porto nach Piana<br />
Les Calanche<br />
Die D 81 von Porto nach Piana durch die Felsen der Calanche gehört<br />
ohne Zweifel nicht nur zu den schönsten Traumstraßen Korsikas,<br />
sondern ganz Frankreichs, wenn nicht gar Europas. Ausgangspunkt ist<br />
der kleine Ort Porto. Hier an der Mündung des gleichnamigen Flusses<br />
hat sich eines der touristischen Zentren der Nordwestküste etabliert.<br />
Der Ort besteht aus dem eigentlichen Porto, rund drei Kilometer im<br />
Inland gelegen, und der « Dependance » Marine de Porto mit dem 1549<br />
erbauten genuesischen Wachturm direkt am Meer. Von den Terrassen<br />
der Restaurants an der Küste lässt sich bereits die atemberaubende Schönheit<br />
des Golfe de Porto erahnen, der aufgrund seiner landschaftlichen<br />
Einmaligkeit sogar unter dem Schutz der UNESCO steht.<br />
Die D 81 in Richtung Piana überquert zunächst den kleinen Fluss<br />
Porto, um dann nach der Kreuzung mit der D 84 nach Westen zu führen.<br />
Die ersten Kilometer sind noch recht unspektakulär und führen<br />
durch eine dichte Macchia-Landschaft. Doch bald gewinnt die Straße<br />
an Höhe, und die Kurven werden enger. Die Vegetation macht Platz für<br />
die bizarre Felsenlandschaft der Calanche. Nach Norden tut sich ein<br />
einzigartiger Panoramablick auf das dunkelblaue Mittelmeer und den<br />
Golfe de Porto auf. Dem Fahrer wird volle Aufmerksamkeit abverlangt.<br />
Links: Die Felsen der Calanche wirken wie von der Natur geschaffene<br />
Skulpturen.<br />
Kleines Foto links unten: Blick auf Marine de Porto, Ausgangspunkt dieser<br />
Traumstraße.<br />
Der Golfe de Porto gehört zu den romantischsten Buchten der Insel.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 19
Fokus Korsika<br />
Immer wieder bieten sich atemberaubende<br />
Ausblicke aufs dunkelblaue Mittelmeer.<br />
Die D 81 windet sich in engen Kurven entlang der Felsen.<br />
In engen Kurven windet sich die D 81 entlang<br />
der Felsen. Nur wenige Meter sind es von den<br />
steilen Felswänden zur Linken bis zum tiefen<br />
Abgrund zur Rechten. An manchen Stellen<br />
ist die Fahrbahn so eng, dass zwei Fahrzeuge<br />
kaum nebeneinander vorbeikommen. Meist<br />
schützt jedoch eine kleine Mauer vor einem<br />
freien Fall, zumindest psychologisch. Jeder<br />
Zentimeter der Fahrbahn musste mühsam der<br />
Natur abgerungen werden.<br />
Doch es ist vor allem dieser spektakuläre<br />
Blick auf den Golfe de Porto und die bizarren<br />
Felsen der Calanche, der diese Strecke so<br />
traumhaft macht. Der Schriftsteller Guy de<br />
Maupassant bezeichnete die Calanche einst als<br />
« einen Wald aus rotfarbenem Granit ». Immer<br />
wieder wirken die eigenwilligen Felsen wie von<br />
der Natur geschaffene Skulpturen. Mit Fantasie<br />
lassen sich diverse Formen entdecken: Felsen,<br />
die wie Tiere, Gesichter oder Bäume aussehen.<br />
Der Vorstellungskraft sind keine Grenzen<br />
gesetzt. Wissenschaftlich betrachtet handelt es<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Der Endpunkt dieser Traumstraße: das Bergdorf Piana mit den Calanche im Hintergrund.<br />
sich bei dieser steinernen Märchenwelt um Tafoni-Felsen.<br />
Ein chemisch-mechanischer Verwitterungsprozess, ausgelöst<br />
durch große Temperaturschwankungen, hat die Felsen<br />
geradezu ausgehöhlt und die bizarren Formen entstehen<br />
lassen. Tafoni-Gestein ist auf Korsika häufiger anzutreffen,<br />
doch nirgendwo sind derart skurrile Formen entstanden.<br />
Die D 81 windet sich stetig durch die Felsen der Calanche<br />
bergauf, die besonders in der Abenddämmerung anfangen,<br />
rot zu glühen. Jeder Felsvorsprung, jede Schlucht<br />
wird umfahren. In engen Serpentinen folgt die Straße den<br />
geografischen Gegebenheiten. Auf halbem Weg zwischen<br />
Porto und Piana lädt ein Bistro mit großer Terrasse zu einer<br />
Pause ein. Es gibt unterwegs ohnehin mehrere Möglichkeiten,<br />
sein Auto am Rande des Weges abzustellen und<br />
die Calanche per pedes zu erkunden. Diverse Wanderwege<br />
sind ausgeschildert. Und immer wieder fällt der Blick auf<br />
das dunkelblaue Mittelmeer und die rötlich schimmernden<br />
Berge auf der Nordseite des Golfe de Porto. Auf etwas mehr<br />
als 600 Meter erhebt sich dort gegenüber der Monte Senino.<br />
Der Capo di Curzo schafft sogar rund 850 Höhenmeter und<br />
ganz im Westen werden die Berge und Felsen der Halbinsel<br />
La Scandola sichtbar, die 1975 zum Naturreservat ernannt<br />
wurden. Das Panorama auf den Golfe de Porto und die<br />
Bergkulisse ist schlicht atemberaubend.<br />
Nach circa 15 Kilometern hat sich die D 81 auf etwa<br />
430 Meter gewunden und die erste menschliche Siedlung<br />
nach Porto ist erreicht: Piana. Es ist eines der bekanntesten<br />
Bergdörfer im Nordwesten Korsikas. Malerisch schmiegen<br />
sich die alten Häuser den Berghang empor. In der Ortsmitte<br />
erwarten einen eine kleine Kirche und mehrere Restaurants<br />
mit einladenden Terrassen. In den verwinkelten Gassen<br />
hinter der Kirche scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.<br />
Außer ein paar Touristen und herumstreunenden Katzen<br />
scheint niemand die himmlische Ruhe zu stören. Nur in<br />
den Haupturlaubsmonaten Juli und August kann es etwas<br />
lebhafter zugehen. Doch das ganz Besondere an Piana ist<br />
– wie schon während der ganzen Fahrt von Porto – die<br />
herrliche Kulisse in der Ferne.<br />
Unsere erste Traumstraße nimmt in Piana ihr Ende.<br />
Wer Sehnsucht nach dem Meer verspürt, kann über die steilen<br />
Serpentinen der D 624 die Bucht von Ficajola nördlich<br />
von Piana und damit wieder Meeresspiegelniveau erreichen.<br />
Ansonsten bietet sich die Weiterreise über die D 81 nach<br />
Cargèse und den Golfe de Sagone an.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 21
Fokus Korsika<br />
Die Straße durch die Scala di Santa Regina führt durch eine der kargesten Stellen des Inselinneren.<br />
D 84 von Pont de Castirla nach Calacuccia<br />
Scala di Santa Regina<br />
Scala di Santa Regina, bereits der<br />
Name dieser Schlucht weckt die Neugier.<br />
In Pont de Castirla wirkt die<br />
Erinnerung an das turbulente Leben<br />
an den Küsten Korsikas wie ein Souvenir<br />
aus einem anderen Land. Hier<br />
im Herzen der Insel, nicht weit der<br />
heimlichen Hauptstadt Corte, von wo<br />
aus Pasquale Paoli im 18. Jahrhundert<br />
14 Jahre lang ein unabhängiges Korsika<br />
als « General der Nation » regierte,<br />
scheint die Zeit langsamer zu vergehen<br />
als in Bastia oder Ajaccio. Nur<br />
wenige alte Steinhäuser formen diese<br />
Ortschaft. Einige Häuser sind gar<br />
verlassen. Nicht viel erinnert an das<br />
Leben des 21. Jahrhunderts.<br />
Kaum ein Reisender würde den<br />
Weg in dieses verschlafene Nest finden,<br />
wäre es nicht das Tor zu einer der<br />
spektakulärsten Querverbindungen<br />
im Inland der Insel, der D 84<br />
nach Calacuccia und weiter nach Porto,<br />
die den Ort in westlicher Richtung<br />
verlässt. Auf 345 Metern über dem<br />
Meeresspiegel befindet man sich in<br />
Pont de Castirla. Im nur 15 Kilometer<br />
entfernten Calacuccia werden es<br />
812 Meter sein. Die D84 steigt zunächst<br />
langsam an, doch schnell wird<br />
die Schlucht enger und die Straße<br />
kurviger. Wie ein Kunstwerk ist die<br />
kühne Strecke in die Felsen der Nordseite<br />
der Schlucht gehauen worden.<br />
Scharfe Kurven, steile Felswände und<br />
ein tiefer Abgrund verlangen einen<br />
vorsichtigen Fahrstil. Vor einigen<br />
Kurven hört man immer wieder das<br />
Hupen der Einheimischen, die entgegenkommende<br />
Fahrzeuge warnen<br />
wollen. Manchmal sind die Felsen<br />
so steil, dass die D 84 auf viaduktähnlichen<br />
Brücken entlang des<br />
Abhanges gebaut werden musste.<br />
Links tief unten in der Schlucht<br />
fließt der Fluss Golo. Seit dem Bau<br />
des großen Stausees bei Calacuccia<br />
hat er seine reißerische Wildheit<br />
eingebüßt und wirkt wie ein harmlos<br />
dahinplätschernder Bach. Vorsicht ist<br />
jedoch geboten. Denn je nachdem wie<br />
viel Wasser aus dem Stausee abgelassen<br />
wird, kann der Golo in kürzester<br />
Zeit zu einem wilden Strom ansteigen.<br />
Warnschilder weisen den nichts<br />
ahnenden Wanderer auf diese Gefahr<br />
hin. Ebenfalls auf der linken Seite, am<br />
Südhang der steilen Schlucht, sieht<br />
man den alten Maultierpfad – eine<br />
beliebte Wanderstrecke durch die<br />
Scala di Santa Regina. Auf halber<br />
Strecke, bei Pont de l’Accia,<br />
bietet sich ein günstiger<br />
Zugang.<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Die D 84 steigt unaufhörlich an. Die Schlucht verengt<br />
sich zunehmend. Die braunen Felsen bilden eine fast pflanzenlose<br />
Mondlandschaft. Zu beiden Seiten erheben sich<br />
hohe Berge und nur die altersschwach wirkenden Masten<br />
einer Stromleitung erinnern an die moderne Zivilisation.<br />
Man fühlt sich fern vom Korsika der kleinen Buchten<br />
und des blauen Mittelmeers. Nach jeder Kurve eröffnet<br />
sich ein neuer, faszinierender Ausblick. Die verwegene<br />
Straßenführung lässt nicht nur das Herz des Fahrers<br />
höher schlagen. Kurz vor Cuccia trifft man schließlich<br />
auf einen ersten kleinen Staudamm. Von hier sind es nur<br />
noch wenige Minuten bis zum großen Stausee von Calacuccia,<br />
der nicht nur der Stromerzeugung, sondern<br />
auch der Bewässerung weiter Landstriche im Osten<br />
der Insel dient. Die Schlucht weitet sich zu einem<br />
weiten, grünen Tal und lässt die D 84 von der<br />
atemberaubenden Serpentinenstraße wieder zu<br />
einer ganz gewöhnlichen Landstraße werden.<br />
Calucuccia ist das östliche Eingangstor<br />
des Niolo, eines der am stärksten abgeschiedenen<br />
Hochtäler im Inneren Korsikas. Erst<br />
seit Ende des 19. Jahrhunderts führt eine<br />
Straße in diese Region, die zuvor nur über<br />
Maultierpfade zu erreichen war. Zahlreiche<br />
Wanderungen lassen sich von<br />
hier aus unternehmen. Die D 84 führt<br />
weiter nach Porto. Auch der Golfe de<br />
Sagone lässt sich über die später abzweigende<br />
D 70 erreichen.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 23
Fokus Korsika<br />
Die Westküste des Cap Corse ist rau und wild.<br />
D 80 von Patrimonio nach Macinaggio<br />
Cap Corse<br />
Im Gegensatz zur D 81 entlang<br />
der Calanche oder der D 84 durch die<br />
enge Schlucht Scala di Santa Regina<br />
ist es weniger die waghalsige Bauweise<br />
der Straße, als die wilde Schönheit<br />
der Landschaft, die diese Strecke als<br />
eine Traumstraße qualifiziert. Hier<br />
an der Westküste zeigt sich das Cap<br />
Corse von seiner rauen, wilden Seite.<br />
Verlassene Gehöfte, herrschaftliche<br />
Mausoleen und pittoreske Bergdörfer<br />
sind Zeugen einer anderen Zeit. Einer<br />
Zeit, als das Cap Corse noch nicht so<br />
verlassen war wie heute und die Menschen<br />
ihr Auskommen im Weinanbau,<br />
der Fischerei und dem Handel fanden.<br />
Heute gehört das Cap Corse zu den<br />
Regionen der Inseln, die am stärksten<br />
unter der Entvölkerung leiden. Die<br />
Jugend ist längst abgewandert und<br />
manch ein Bergdorf droht eine Geisterstadt<br />
zu werden. Die schlechte Infrastruktur<br />
und die Lage im Schatten<br />
der Touristenströme tragen das Ihrige<br />
zur wirtschaftlichen Misere bei. Dafür<br />
hat der Reisende die einmalige Chance,<br />
ein noch unverfälschtes Korsika zu<br />
erleben.<br />
Von Patrimonio muss man erst ein<br />
paar Meter auf der D 81 zurücklegen,<br />
um zur Kreuzung mit der D 80 zu gelangen.<br />
Danach dauert es nur ein paar<br />
Minuten, bis man an der Mündung<br />
des Fiume Albine die Küste erreicht.<br />
In der Ferne, auf der anderen Seite der<br />
Bucht, erheben sich die Berge der Désert<br />
des Agriates, eines fast menschenleeren<br />
Landstriches westlich des Cap<br />
Corse. Die D 80 folgt nun bis Centuri<br />
immer dem Küstenverlauf. Romantisch<br />
schmiegt sich die Straße dabei<br />
an den Hang und gibt immer wieder<br />
neue Panoramablicke zum Besten. Die<br />
Kulisse aus blauem Mittelmeer, der<br />
saftigen Macchia-Vegetation und den<br />
graubraunen Felsen zieht den Reisenden<br />
schnell in seinen Bann. Immer<br />
wieder sieht man genuesische Türme<br />
aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die<br />
dem Cap Corse auch den Beinamen<br />
« Cap der Türme » verliehen haben.<br />
Die Bewohner der Kaphalbinsel galten<br />
als genuatreu und pflegten damals<br />
enge Handelsbeziehungen zum italienischen<br />
Festland.<br />
Die D 80 folgt den bezaubernden<br />
Buchten der Westküste des Cap Corse.<br />
Immer wieder fährt man durch kleine<br />
Dörfer, die längst von der modernen<br />
Zeit abgehängt zu sein scheinen. Nur<br />
wenige Restaurants laden zum Verweilen<br />
ein. Ab und zu führen kleine<br />
Stichstraßen hinunter zum Meer. Die<br />
Strände sind meist menschenleer. Nur<br />
ein paar Touristen und Einheimische,<br />
besonders am Wochenende, beleben<br />
die Buchten. An den Berghängen im<br />
Osten, hoch über der D 80, reihen sich<br />
einige verschlafene Bergdörfer auf wie<br />
Perlen an einer Kette. Hier im Westen<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Diese Windmühle dient der Firma Mattei als<br />
Werbefläche.<br />
der Kaphalbinsel hat die Natur die<br />
Oberhoheit und bietet dem Reisenden<br />
eine einzigartige Szenerie. Immer wieder<br />
ist man versucht, anzuhalten und<br />
das sensationelle Panorama auf sich<br />
wirken zu lassen.<br />
Nur einmal, einige Kilometer<br />
hinter Nonza, am<br />
Fuße des Monte Cuccaro,<br />
wird diese Idylle gestört.<br />
Eine große Ruine zieht<br />
sich rechts von der Straße<br />
den Berghang empor. Es<br />
sind die Überbleibsel des<br />
Bergwerksgebäudes, das<br />
dem Asbesttagebau diente.<br />
Bis in die 60er-Jahre wurde<br />
hier Asbest abgebaut, bis<br />
die Mine wegen Unwirtschaftlichkeit<br />
schließlich<br />
geschlossen wurde. Heute<br />
bleiben davon nur diese<br />
surreal wirkende Ruine, ein<br />
abgetragener Monte Cuccaro,<br />
Asbestabfälle an den<br />
örtlichen Stränden und die<br />
gesundheitlichen Spätfolgen<br />
der damals Beschäftigten.<br />
Weiter im Norden, nach Morsiglia,<br />
verlässt die D 80 die Küstenlinie und<br />
biegt sanft ins Innere. Einige Kilometer<br />
weiter, bei Centuri, lohnt jedoch<br />
ein kleiner Abstecher zurück an die<br />
Küste, nach Centuri-Port. Es ist einer<br />
der « touristischsten » Orte an der<br />
Westküste des Cap Corse. Restaurants<br />
und Bars im pittoresken Hafen mit<br />
seinen Fischerbooten laden zu einem<br />
Zwischenstopp ein.<br />
Zurück auf der D 80 biegt diese<br />
nahe der Überreste von drei Windmühlen<br />
in einer scharfen Rechtskurve<br />
nach Osten. Eine der Windmühlen<br />
wurde renoviert und dient der Firma<br />
Mattei als Werbefläche. Die Landschaft<br />
wird nun langsam sanfter, die<br />
Felsen erscheinen weniger schroff und<br />
die Abhänge weniger steil. Spätestens<br />
bei Rogliano kündigt sich die lieblichere<br />
Ostküste des Cap Corse an. Im<br />
Norden eröffnet sich immer wieder ein<br />
wunderschöner Blick auf die kleine Ile<br />
de la Giraglia, Korsikas nördlichsten<br />
Punkt. Die D 80 verliert in weiten<br />
Kurven an Höhe, um bei Macinaggio<br />
schließlich Meeresniveau zu erreichen.<br />
Der Ort mit seinem kleinen Yachthafen<br />
gehört zu den Touristenzentren<br />
der Kaphalbinsel und ist Endziel unserer<br />
dritten Traumstraße. Zur Weiterreise<br />
bietet sich die D 80 entlang<br />
der Ostküste nach Bastia an.<br />
Der malerische Hafen von Centuri-Port. Kleine Restaurants laden zum Verweilen ein.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 25
Fokus Korsika<br />
Der Hafen von Bastia: Hier fühlt man sich Genua näher als Paris.<br />
Bastia versus Ajaccio<br />
Bastia und Ajaccio, Korsikas kleine Metropolen, trennt<br />
seit jeher eine große Rivalität. Dabei haben beide Hafenstädte<br />
ihren ganz eigenen Charakter bewahrt, begründet<br />
auch in der unterschiedlichen Geschichte. Ein<br />
kleiner, nicht immer bitterernst gemeinter Vergleich der<br />
beiden Departement-Hauptstädte.<br />
Genuesische Gründung versus pisanische Ursprünge<br />
Im Laufe der Jahrhunderte war Korsika oftmals zum Spielball der Mächtigen geworden. So<br />
auch zwischen den beiden aufkommenden italienischen Stadtrepubliken Pisa und Genua zu Beginn<br />
des zweiten nachchristlichen Jahrtausends. Zunächst verfolgten beide Städte gemeinsame Ziele<br />
auf Korsika, doch bald setzten sich unterschiedliche Interessen durch. Es sah am Anfang danach<br />
aus, als ob Pisa das Machtspiel gewinnen würde, als Papst Gregor VII. die Insel im Jahre 1077<br />
dem Bischof von Pisa zum Lehen übergab. Doch die pisanische Vorherrschaft auf Korsika sollte<br />
nicht lange dauern. Genua gewann in Italien zunehmend an Macht und ein Streit um die Handelsvorherrschaft<br />
im Mittelmeer wurde unausweichlich. 1133 sah sich Papst Innozenz II. deshalb<br />
gezwungen, Korsika zu teilen. Das Land « diesseits der Berge » und « jenseits der Berge » entstand.<br />
Pisa erhielt die Diözesen Ajaccio, Aléria und Sagone, Genua dagegen Mariana, Nebbio und Accia.<br />
Der genuesische Teil entsprach damit schon relativ genau dem heutigen Gebiet des Departements<br />
Haute-Corse, der pisanische Teil deckte sich weitgehend mit dem heutigen Departement Corse du<br />
Sud. Im Jahre 1380 gründeten die Genuesen schließlich Bastia.<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Hauptstadt eines Departements versus Hauptstadt einer Region<br />
Beide Städte sind seit der Teilung der Insel im Jahre 1975 Hauptstädte eines Departements: Bastia<br />
vom Departement Haute-Corse, das den Nordosten der Insel einnimmt, und Ajaccio vom Departement<br />
Corse du Sud, das den Südwesten Korsikas umfasst. Doch nur eine Stadt ist gleichzeitig<br />
die Hauptstadt der ganzen Insel, der Region Korsika. Seit 1811 darf sich Ajaccio mit diesem Titel<br />
schmücken. Nach den Dezentralisierungsgesetzen unter Mitterrand hat hier konsequenterweise seit<br />
1982 auch die Assemblée régionale (Regionalversammlung) ihren Sitz gefunden. Auch der korsische Gerichtshof<br />
ist in Napoleons Geburtsstadt angesiedelt. Kein Zweifel also, politisch gesehen hat Ajaccio<br />
die Nase vorn. Dabei war Bastia lange Zeit führend. So verdankt die Stadt ihre Gründung der Tatsache,<br />
dass Genua eine Hauptstadt auf der Insel benötigte, die gut vor den korsischen Aufständischen<br />
zu befestigen war. Denn der damalige Sitz des Inselgouverneurs in Biguglia, einige Kilometer südlich<br />
des heutigen Bastias, ließ sich schlecht verteidigen. Der genuesische Gouverneur Leonello Lomellino<br />
ließ deshalb etwas weiter nördlich eine neue Festung errichten, woraus die Hauptstadt Bastia erwuchs.<br />
Noch heute mögen viele Einwohner der nordkorsischen Stadt nicht, dass sie diese Funktion später an<br />
Ajaccio abtreten mussten und zu einer einfachen Departement-Hauptstadt degradiert wurden.<br />
Interview mit Emile Zuccarelli, Bürgermeister von Bastia<br />
Monsieur le Maire, kennen Sie Deutschland?<br />
Welche Vorstellung haben Sie von dem Land?<br />
Ich kenne Deutschland ein wenig, weil ich dort<br />
als Tourist war, insbesondere Berlin, Karlsruhe und<br />
Bayern. Das Land blieb mir in ausgezeichneter<br />
Erinnerung, vor allem die Gastfreundschaft<br />
gegenüber ausländischen Besuchern. Über<br />
diese eigene Erfahrung hinaus betrachte ich<br />
Deutschland und Frankreich als die zwei treibenden<br />
Kräfte Europas. Nur die Zusammenarbeit zwischen<br />
unseren beiden Ländern wird die Fortsetzung eines<br />
zusammenwachsenden Europas ermöglichen. Und<br />
da es ein vereintes Europa nicht ohne oder gegen<br />
die Völker geben kann, wünsche ich mir, dass<br />
wir uns einander noch besser kennenlernen. Der<br />
Austausch zwischen den beiden Völkern, gegenseitige<br />
Besuche und die Entdeckung des jeweiligen<br />
anderen Landes gehen in diese Richtung und sind<br />
nützlich und notwendig.<br />
Touristen anzieht, und hoffe, dass sie aus diesen<br />
Gründen auch wiederkommen.<br />
Wie Sie gesagt haben, besitzt Bastia ein großes<br />
kulturelles und architektonisches Erbe. Welches<br />
sind für Sie die besonderen Orte, an denen Sie sich<br />
gerne aufhalten?<br />
Welche Vorstellungen, Ihrer Meinung nach, haben<br />
die Deutschen von Korsika, insbesondere von Ihrer<br />
Stadt Bastia?<br />
Erstaunlicherweise kommen trotz der großen<br />
Entfernung viele deutsche Touristen nach Bastia.<br />
Ich freue mich sehr darüber und wünsche mir,<br />
dass sie Korsika mit Eindrücken verlassen, die sich<br />
von dem Bild unterscheiden, das in den Medien<br />
und durch einige Minderheiten oft vermittelt<br />
wird. Korsika und Bastia haben ein einzigartiges<br />
kulturelles, architektonisches und landschaftliches<br />
Erbe. Ich denke, das ist es, was die deutschen<br />
Ich bin in Bastia geboren und liebe meine Stadt<br />
mit all’ ihren Facetten. In Bastia verbinden sich die<br />
Geschichte, authentisches Leben und Modernität.<br />
Es ist eine Stadt, die lebt. Aus diesem Grund würde<br />
ich bezüglich der besonderen Orte von Bastia<br />
zunächst einmal natürlich die Place Saint-Nicolas<br />
nennen, einer der größten Plätze Frankreichs und<br />
sogar Europas – das Herz einer zutiefst lebendigen<br />
Stadt. Dann die historischen Bauwerke der Altstadt,<br />
die Kirche Saint-Jean, die Place du Marché, der alte<br />
Hafen, die Zitadelle oder auch die Romieu-Gärten.<br />
Alle Orte zusammen bilden ein städtisches<br />
Fortsetzung Seite 28<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 27
Fokus Korsika<br />
Gesamtbild, das sowohl auf der Geschichte, als<br />
auch der Modernität beruht. Die eben genannten<br />
Orte sind das ganze Jahr über aber primär Orte<br />
des Alltagslebens.<br />
Wie empfinden Sie und die Einwohner von Bastia<br />
die Insellage der Stadt?<br />
Die Zeiten haben sich geändert. Die Insellage ist lange<br />
ein Handicap für die Entwicklung, das Wirtschaftsund<br />
auch das Alltagsleben gewesen. Heute kann<br />
diese Insellage dank einer territorialen Kontinuität,<br />
mit der man besser zurechtkommt, und der neuen<br />
Technologien als ein Vorteil betrachtet werden.<br />
Zuerst, weil Korsika dieser Lage seine Attraktivität,<br />
seine landschaftliche Schönheit und seinen Ruf als<br />
« Gebirge im Meer » verdankt. Des Weiteren weil die<br />
Insellage uns dazu verpflichtet, anders zu denken,<br />
insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige<br />
Entwicklungspolitik. So haben wir es geschafft, in<br />
Bastia den Zuschlag für die Ansiedlung einer Fakultät<br />
der ENSAM (Ecole Nationale Supérieure d‘Arts<br />
et Métiers), einer renommierten Ingenieursschule,<br />
zu erhalten, die sich mit erneuerbaren Energien<br />
beschäftigt. Generell denken wir viel über neue<br />
Technologien nach und arbeiten auch damit. Mit<br />
anderen Worten, Bastia, erster Passagierhafen des<br />
Mittelmeers, versucht heute das beste aus seiner<br />
Insellage, die wir zu lange einfach nur ertragen<br />
haben, zu machen.<br />
Einer der Werbeslogans Ihrer Stadt lautet « Bastia,<br />
eine Stadt in Bewegung ». Welches sind die großen<br />
Projekte der kommenden Jahre?<br />
Bastia ist tatsächlich eine Stadt in Bewegung.<br />
Sie ist es immer gewesen. Und diese Fähigkeit,<br />
uns anzupassen, sowie der stetige Wille, uns mit<br />
Respekt gegenüber der Seele und der Geschichte<br />
der Stadt zu modernisieren, hat es Bastia erlaubt,<br />
wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Korsikas zu<br />
werden. Mit dieser Einstellung gehen wir wichtige<br />
Infrastrukturprojekte an: Zum Beispiel die Errichtung<br />
von zwei großen Parkhäusern am Bahnhof und an<br />
der Zitadelle, die Umgestaltung der Place d’armes,<br />
die Renovierung der Kirche Saint-Jean, das<br />
Museum im Gouverneur-Palast, die Aufwertung<br />
des Arinella-Strandes oder die Umstrukturierung<br />
des Südviertels.<br />
Monsieur le Maire, wir danken Ihnen für dieses<br />
Gespräch.<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Im Rahmen dieses Städtevergleichs wollten wir Ihnen<br />
natürlich auch ein Interview mit dem Bürgermeister<br />
von Ajaccio bieten. Sechs Wochen lang hat unsere<br />
Redaktion versucht, dieses Interview zu bekommen.<br />
Es wurde uns vom Büro des Bürgermeisters immer<br />
wieder versprochen, scheiterte jedoch jedes Mal<br />
aus einem anderen Grund. Selbst unser Angebot,<br />
der Bürgermeister könne ausnahmsweise schriftlich<br />
auf unsere Fragen antworten, half nichts. Zwar wurde<br />
dieses Angebot dankend angenommen, die<br />
Antworten auch mehrmals versprochen, doch leider<br />
haben wir sie bis Redaktionsschluss nicht erhalten.<br />
Freundliches, aber bestimmtes Nachfragen<br />
unsererseits führte zu phantasievollen Ausreden,<br />
aber leider nicht zum gewünschten Ergebnis. Auch<br />
dies ist leider eine Facette der Insel der Schönheit.<br />
39.016 versus 54.697 Einwohner<br />
Auch beim Blick auf die Einwohnerstatistik muss Bastia sich geschlagen geben. Leben dort 39.016<br />
Menschen, kann das südlichere Ajaccio 54.697 Einwohner aufweisen. Eines ist beiden Städten jedoch<br />
gemein, sie sind eindeutig die wichtigsten Zentren der Insel. Erst mit respektvollem Abstand folgen<br />
die anderen Städte wie Calvi, Corte, Porto Veccio oder Bonifacio. Sie sind damit auch zum Anziehungspunkt<br />
der Jugend geworden und versprühen urbanes Lebensgefühl auf dem ansonsten recht<br />
ländlich geprägten Korsika. Auch die meisten Immigranten aus Frankreichs ehemaligen Kolonien,<br />
die auf der Mittelmeerinsel ihr neues Zuhause gefunden haben, sind vor allem in den beiden Hafenstädten<br />
sesshaft geworden und tragen zum multikulturellen Flair bei. Gerade in den Jahrzehnten<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Bevölkerung stark an. So lebten in Bastia beispielsweise Mitte<br />
der 50er-Jahre noch weniger als 30.000 Einwohner. Doch die Attraktivität, die Bastia und Ajaccio<br />
auf die Menschen ausübt, hat auch ihren Preis. In beiden Städten trifft man auf trostlos wirkende<br />
Hochhausviertel und beide Städte sind von einem unschönen Speckgürtel aus Gewerbebetrieben,<br />
großen Supermarktketten und Brachflächen umgeben.<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Italienisches Flair versus<br />
französisches Lebensgefühl<br />
Man braucht sich nicht lange in Bastia und Ajaccio aufzuhalten,<br />
um schnell einen entscheidenden Unterschied zu<br />
bemerken. Bereits der Blick über den alten Hafen von Bastia<br />
zeigt, dass man sich hier auch gut an der italienischen<br />
Küste befinden könnte. Eng und hoch sind die Gebäude um<br />
den Hafen gebaut, bis auf wenige Häuser sind die Fassaden<br />
grau und verfallen. Einige Gebäude stehen sogar leer, oder<br />
Die Place Saint-Nicolas in Bastia.<br />
sind nur noch auf einigen Etagen bewohnt, während in den<br />
anderen Stockwerken bereits die Fenster fehlen. Dennoch<br />
herrscht Trubel und Leben im alten Hafen, Cafés und Restaurants<br />
laden zum Aufenthalt ein. Durch die engen Gassen knattern Jugendliche mit ihren Mopeds.<br />
Kein Zweifel, italienisches Flair liegt in der Luft. Man fühlt sich Genua näher als Paris. Auch der<br />
Baustil der vornehmen Häuser am Vorzeigeplatz Place Saint-Nicolas im Herzen der Stadt trägt eindeutig<br />
eine italienische Handschrift. Ganz anders in Ajaccio. Großzügige Boulevards mit Alleebäumen und<br />
Straßencafés, renovierte Fassaden und repräsentative Prachtbauten sorgen für einen Hauch von Paris. Alles<br />
ist hell und freundlich. Die Altstadt ist gut belebt und kleine Restaurants locken mit köstlichen Menüs.<br />
Auf der Einkaufsstraße Cours Napoléon reiht sich Geschäft an Geschäft. An der Place du Général de<br />
Gaulle, die im Volksmund immer noch Place du Diamant genannt wird, stellen Brasserien und Bistros<br />
ihre Stühle auf die Straße. Ajaccio wirkt wohlhabender, renovierter, französischer als Bastia. Hier fühlt<br />
man sich dem französischen Lebensstil verpflichtet, der den Besucher an Marseille oder Paris erinnert.<br />
Die Innenstadt von Ajaccio wirkt sehr französisch, hier die Place Maréchal Foch.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 29
Fokus Korsika<br />
Größter Hafen versus größten Flughafen<br />
Mag Ajaccio politisch und größenmäßig die Nase vorn haben, in einem Punkt führt Bastia die<br />
Rangliste eindeutig an: der Hafen. Sowohl bezüglich der Personenfähren als auch des Güterumschlags<br />
dominiert die Hafenstadt im Norden der Insel die Statistik. Im Vergleich zu Ajaccio kommen<br />
hier nicht nur die Fähren vom französischen Festland aus Nizza, Toulon und Marseille an, sondern<br />
auch aus den italienischen Hafenstädten. So verbuchte Bastias Hafen 20<strong>05</strong> etwas mehr als zwei Millionen<br />
Passagiere, Ajaccios Hafen dagegen nur rund 820.000. Rund doppelt so viele Güter werden<br />
in Bastia umgeschlagen wie in Ajaccio. Bis 2020 baut Bastia zudem für 213 Millionen Euro seine<br />
Hafenanlagen aus. Im Gegenzug hat Ajaccio einen leichten Vorsprung beim Flugverkehr. Wurden<br />
dort im letzten Jahre 978.548 Passagiere abgewickelt, waren es in Bastia nur 829.568. Allerdings<br />
ist dieser Vorsprung gering. Aus beiden Städten bestehen gute Flugverbindungen zum französischen<br />
Festland, insbesondere nach Nizza, Marseille und natürlich Paris, sowie einige saisonale Flüge in<br />
andere französische Provinzstädte bzw. ins europäische Ausland.<br />
Bilck auf die Zitadelle und Altstadt von Ajaccio. Im Vordergrund der Yachthafen der Stadt.<br />
Zweite Liga versus Zweite Liga<br />
Ein Unentschieden zwischen beiden Städten gibt es im Bereich des Fußballs. Spielten die Vereine<br />
S.C. Bastia und AC Ajaccio bis vor kurzem noch in der Ersten Liga, so blühte den Kickern aus Bastia<br />
nach der Saison 2004/20<strong>05</strong> der Abstieg in die Zweite Liga. Doch die Überlegenheit des AC Ajaccio<br />
dauerte nur ein Jahr lang, denn nach der Saison 20<strong>05</strong>/<strong>2006</strong> musste auch dieser Verein den Abstieg<br />
hinnehmen. In der neuen Saison <strong>2006</strong>/2007 können sich die Inselbewohner also wieder auf spannende<br />
Inselduelle freuen, nun allerdings nicht mehr in der Ersten, sondern der Zweiten Liga. Mit<br />
dem Fußball verbindet sich auf Korsika jedoch auch ein tragisches Ereignis. Am 5. Mai 1992 verloren<br />
18 Fans ihr Leben, als ein Teil der Tribüne des Stadions von Bastia einstürzte. Fahrlässige Schlamperei<br />
war die Ursache. Einer der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen wurde später ermordet.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Cap Corse und Etang<br />
de Biguglia versus<br />
Golfe d’Ajaccio und<br />
Golfe de Sagone<br />
Kein Zweifel, sowohl Bastia als<br />
auch Ajaccio sind eingebettet in<br />
eine traumhafte Landschaft. Beide<br />
Städte liegen vor einer imposanten<br />
Bergkulisse, die besonders bei der<br />
Ankunft mit der Fähre bleibende<br />
Erinnerungen hinterlässt. Bastias<br />
Hausberg, der Serra di Pigno, erreicht<br />
mit seinen 960 Metern fast<br />
die Tausendermarke. Und auch<br />
im Norden von Ajaccio schaffen<br />
es die Berge auf Höhen von knapp<br />
900 Metern. Ohnehin sind die<br />
Bewohner der beiden korsischen<br />
Metropolen mit einem landschaftlich<br />
sehr attraktiven Umland<br />
gesegnet, das reizvolle Wochenendausflüge erlaubt. In Bastia lockt im Norden vor allem das wunderschöne<br />
Cap Corse mit seiner eher sanften Ostküste und wilden Westküste, wo einsame Bergdörfer<br />
und malerische Buchten zum Verweilen einladen. Auch im Süden der Stadt liegt mit dem Etang de<br />
Verwinkelte Altstadtgassen in Bastia.<br />
Palais Lantivy in Ajaccio, Sitz des aus Paris<br />
entsandten Präfekten.<br />
Biguglia, die mit rund 1.500 Hektar größte Lagune Korsikas,<br />
und den langen Sandstränden zum Thyrrhenischen<br />
Meer ein attraktives Naherholungsgebiet. Doch auch<br />
Ajaccios Umgebung geizt nicht mit Reizen. Zunächst<br />
bietet der halbrunde Golfe d’Ajaccio eine wunderbare<br />
Kulisse, Panoramaausblicke nach jeder Kurve und schöne<br />
sandige Badebuchten inklusive. Reizvolle Vororte wechseln<br />
sich mit Stränden ab. Zahlreiche Strandrestaurants<br />
verwöhnen zudem nicht nur mit leckeren Gerichten,<br />
sondern auch mit einer wunderbaren Aussicht, meist<br />
auf Ajaccio und das bergige Hinterland. Und wer von<br />
Ajaccio ein wenig nach Norden fährt und den Col de<br />
Listincone sowie den Col de S. Bastiano überquert, wird<br />
mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Golfe de<br />
Sagone belohnt. Und schließlich ist es dann auch nicht<br />
mehr weit zu den berühmten Calanche und dem Golfe<br />
de Porto.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 31
Fokus Korsika<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Gorges de la Restonica –<br />
Korsikas alpine Seite<br />
Es ist ein Sonntagmorgen im Juni. Der<br />
Himmel ist leicht bedeckt, doch die<br />
Sonne versucht ab und zu durch die<br />
Wolken zu blinzeln. Wir warten am Ortsausgang<br />
von Corte auf David. David ist gebürtiger<br />
Korse und ein alter Bekannter. Wir haben uns<br />
in Paris kennengelernt, wo er einige Jahre seines<br />
Lebens verbrachte und wir zusammen im gleichen<br />
Unternehmen gearbeitet haben. Irgendwann<br />
wurde für David das Heimweh zu groß<br />
und er beschloss, wieder auf seine Insel im Mittelmeer<br />
zurückzukehren. Nicht jedoch ohne uns<br />
einzuladen, ihn möglichst bald zu besuchen:<br />
« Ich zeige euch dann das Korsika jenseits der<br />
Strände und führe euch ins imposante Bergland<br />
im Inneren. » Aus dem « bald » wurden sechs<br />
Jahre, doch in diesem Juni haben wir es endlich<br />
geschafft und zum ersten Mal im Leben korsischen<br />
Boden betreten.<br />
Die Begrüßung von David ist herzlich. Er<br />
hat sich kaum verändert. Nach dem Austausch<br />
der wichtigsten Neuigkeiten brechen wir auch<br />
sofort zu unserer Tagestour auf. Das Ziel<br />
heißt: Gorges de la Restonica, oder um noch<br />
genauer zu sein, Lac de Melo, die Quelle der<br />
Restonica. Im Südwesten von Corte gelegen,<br />
ist dieses Tal eines der hübschesten der Insel,<br />
eine wahre Naturschönheit. Um es zu erkunden,<br />
sollte man aber starke Nerven und gutes<br />
Schuhwerk besitzen. Denn zunächst führt eine<br />
rund 14 Kilometer lange, abenteuerlich gebaute<br />
Stichstraße bis zur Bergerie de Grotelle, von<br />
wo aus man dann zu Fuß weiter zum Lac de<br />
Melo gelangt.<br />
So fahren wir zunächst durch einen romantisch-wilden<br />
Wald. Die Straße ist noch recht<br />
breit und gewinnt nur langsam an Höhe. Unten<br />
in der Schlucht fließt die Restonica, die dem<br />
Tal seinen Namen gegeben hat. Nach einigen<br />
Kilometern kommen wir an eine Abzweigung<br />
zu einem Campingplatz, dem Camping Tuani.<br />
Eine Schranke sowie Warnschilder hinsichtlich<br />
maximaler Fahrzeugbreite und -gewicht<br />
tauchen vor uns auf. « Das Tal ist Opfer seiner<br />
eigenen Schönheit geworden », erzählt uns David.<br />
« In den Sommermonaten quälen sich Automassen<br />
in diese vielleicht schönste Sackgasse<br />
der Welt. Dann dauert es nicht lange, bis der<br />
obere Parkplatz voll ist und die Schranke hier<br />
unten fällt. » David<br />
erklärt uns auch,<br />
dass schon diverse<br />
Zugangsbeschränkungen<br />
diskutiert<br />
wurden, doch bisher<br />
nichts wirklich<br />
entschieden wurde.<br />
Zwar steht das<br />
Tal seit 1966 unter<br />
Naturschutz, doch<br />
zu groß ist seine<br />
Bedeutung für die<br />
örtliche Tourismuswirtschaft,<br />
um die<br />
Besucherströme<br />
wirklich massiv zu<br />
beschränken.<br />
Kaum haben<br />
wir die heute zum<br />
Glück geöffnete<br />
Schranke passiert,<br />
schon wird die<br />
Straße merklich<br />
enger und steiler.<br />
Kurve um Kurve<br />
gewinnen wir<br />
an Höhe. Immer<br />
wieder muss David<br />
bremsen oder gar zurücksetzen, um entgegenkommende<br />
Autos passieren zu lassen. « Vormittags<br />
ist das alles nicht so tragisch, denn alle<br />
fahren eigentlich nach oben. Schlimm wird<br />
es, wenn man sich gegen den Strom bewegen<br />
will », klärt David uns auf. Die Landschaft<br />
wird steiniger und rauer. Besonders bezaubernd<br />
sind die hoch gewachsenen Kiefern links<br />
und rechts der Straße. Wir fahren durch einen<br />
Wald, der so anders wirkt als viele Wälder.<br />
Von der Bergerie de Grotelle bietet sich ein<br />
Blick auf die imposante Bergkulisse.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 33
Fokus Korsika<br />
In der unteren<br />
Talhälfte prägen<br />
Lariciokiefern das<br />
Bild.<br />
Hohe Bäume stehen auf steinigem Untergrund.<br />
Doch alles wirkt sehr luftig, ohne Probleme<br />
kann man durch die Bäume hindurch auf die<br />
alpine Bergkulisse blicken. Der aromatische<br />
Duft des Waldes dringt durch die heruntergelassenen<br />
Scheiben ins Auto. Bei den Bäumen<br />
handelt es sich um Lariciokiefern. « Das ist ein<br />
sehr genügsamer Baum », sagt David. « Er mag<br />
die Feuchtigkeit in der Luft genauso wie starke<br />
Regengüsse und übersteht problemlos sehr<br />
trockene Sommer. Das Holz ist dabei schwer<br />
entzündbar. Seit Jahrhunderten haben Korsikas<br />
Eroberer diese Bäume genutzt. Nach der<br />
römischen Epoche dienten sie den Vandalen als<br />
Rohstoff für ihre Werften. Im 10. und 11. Jahrhundert<br />
benutzten die Pisaner die Lariciokiefer<br />
als Feuerholz. Seit 1260 drangen schließlich<br />
die Genuesen ins bergige Hochland vor und<br />
machten sich die Bäume zunutze. Danach kamen<br />
die Engländer und die Franzosen. Und so<br />
ging es im Laufe der Geschichte immer weiter.<br />
Heute hat der Erhalt dieser Baumart hohe Priorität<br />
».<br />
An einer günstigen Stelle parkt David das<br />
Auto. « Es gibt nur wenige Stellen unterwegs,<br />
an denen das Anhalten erlaubt ist. Daher sollten<br />
wir die Chance nutzen und zum Fluss hinuntergehen<br />
», schlägt unser Gastgeber vor. Gesagt,<br />
getan – über Felsen klettern wir zur Restonica.<br />
Klar und laut fließt<br />
das Wasser dem<br />
Tavignano, in den<br />
die Restonica nach<br />
nur 17 Kilometern<br />
mündet, entgegen.<br />
Da auch die Sonne<br />
inzwischen herausgekommen<br />
ist und<br />
die Luft erhitzt,<br />
ist der Entschluss<br />
zu einem Bad<br />
im wilden Strom<br />
schnell gefasst. Da<br />
Schilder entlang<br />
der Strecke immer<br />
wieder darauf aufmerksam<br />
machen,<br />
dass FKK strengstens<br />
verboten ist,<br />
gehen wir nur mit<br />
den Beinen ins<br />
Wasser. Wer Badesachen<br />
dabei hat,<br />
sollte vor einem<br />
Bad im Fluss nicht<br />
zurückschrecken.<br />
Erfrischend kalt<br />
ist die Restonica,<br />
genau das Richtige<br />
für einen warmen Sommertag.<br />
Zurück am Auto setzen wir unsere Fahrt<br />
fort. Immer wieder eröffnen sich neue faszinierende<br />
Ausblicke auf die Bergkulisse. Auch<br />
die kühne Straßenführung erweist sich als sehr<br />
fotogen. Nach ein paar weiteren Kilometern<br />
überqueren wir den Fluss über eine kleine Brücke.<br />
Plötzlich wird der Wald lichter und die<br />
Landschaft karger. Wir befinden uns oberhalb<br />
der Baumgrenze. Nun ist es nicht mehr weit<br />
bis zur Bergerie de Grotelle, wo wir auf einem<br />
gebührenpflichtigen Parkplatz unser Auto abstellen<br />
müssen. Wir befinden uns hier bereits<br />
auf einer Höhe von 1.375 Metern. Im Norden<br />
erhebt sich der Capu a Chiostru mit 2.295 Metern,<br />
im Süden stürzt ein Wasserfall hinunter<br />
in die Restonica. Bevor wir unsere Reise zum<br />
Lac de Melo zu Fuß fortsetzen, stärken wir uns<br />
in der kleinen Bergerie. Holztische mit langen<br />
Bänken lassen sofort alpines Flair aufkommen.<br />
Hier oben fühlt man sich den Alpen näher als<br />
dem Mittelmeer.<br />
Der Fußmarsch führt über einen steinigen<br />
und streckenweise recht steilen Weg. Aber er<br />
ist ohne Probleme zu meistern und stellt keine<br />
zu großen Anforderungen an den Wanderer.<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Am Ziel der Wanderung, der Lac de Melo. Hier entspringt auch die Restonica.<br />
Gutes Schuhwerk sollte man dennoch tragen<br />
und ab und zu schadet es nicht, auch seine<br />
Hände einzusetzen. « Immer wieder muss die<br />
Feuerwehr im Sommer Urlauber mit Fußverstauchungen<br />
ins Tal zurückholen », erzählt<br />
David. Durch Macchia-Gestrüpp und Steinhalden<br />
kommen wir immer wieder an natürlichen<br />
« Badebecken » im Felsbett des Flusses<br />
vorbei. Da wir an einem Sonntag unterwegs<br />
sind, bewegen sich wahre Menschenmassen auf<br />
unserem Pfad. « Einsamer ist es hier unter der<br />
Woche oder außerhalb der Hochsaison », sagt<br />
unser Gastgeber fast entschuldigend. Doch<br />
durch die Schönheit der Bergkulisse vergisst<br />
man die anderen Wanderer schnell. Nach etwas<br />
mehr als einer halben Stunde gabelt sich unser<br />
Weg. Links geht es gemächlich weiter, rechts<br />
folgt ein anspruchsvollerer Wanderweg. Wir<br />
entscheiden uns für den geringeren Schwierigkeitsgrad<br />
und nehmen den linken Pfad.<br />
Nach weiteren 30 Minuten erreichen wir<br />
schließlich unser Ziel, den Lac de Melo auf<br />
einer Höhe von 1.711 Metern. Umsäumt von<br />
grünen Wiesen liegt er vor uns. Es ist die Quelle<br />
der Restonica. Gemeinsam mit den anderen<br />
Seen ist er ebenfalls ein Relikt der Eiszeit. Für<br />
echte Wanderprofis ist der Lac de Melo meist<br />
nur eine Etappe. Von hier kann man weiter<br />
zum 150 Meter höher liegenden Lac de Goria<br />
wandern. Auch der Lac de Capitello, der auf<br />
einer Höhe von 1.930 Metern liegt, ist ein begehrtes<br />
Ziel. Wir genießen dagegen das herrliche<br />
Bergpanorama und brechen nach einer<br />
langen Pause gemütlich zum Abstieg auf.<br />
Zurück am Parkplatz knurren die Mägen.<br />
« Geduldet euch noch ein wenig », fordert uns<br />
David auf. Mit dem Auto geht es ein paar Kilometer<br />
in Richtung Corte. Dann taucht rechts<br />
in einer langen Kurve das Waldrestaurant<br />
« Chez César » auf. « Für mich ist es bereits eine<br />
Tradition », berichtet David. « Immer wenn<br />
ich im Restonica-Tal unterwegs bin, kehre<br />
ich anschließend ins Chez César ein ». Die<br />
Szenerie könnte nicht romantischer sein. Auf<br />
einer großen, teils überdachten Terrasse mit<br />
schweren Holzmöbeln hört man das Plätschern<br />
der Restonica und blickt durch die Bäume auf<br />
die bizarren Felswände der umliegenden Berge.<br />
Das Entrecote kommt frisch vom Grill und<br />
schmeckt nach diesem wunderschönen Ausflug<br />
ins alpine Herz von Korsika noch köstlicher als<br />
sonst.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 35
Fokus Korsika<br />
Mit der Eisenbahn durch<br />
Korsikas Bergwelt<br />
Die meisten Urlauber erkunden Napoleons Geburtsinsel<br />
mit den eigenen vier Rädern, manchmal auch auf zweien<br />
oder gar zu Fuß über einen der vielen Wanderwege.<br />
Dabei gibt es noch eine andere originelle Möglichkeit,<br />
das bergige Inland Korsikas zu erleben: die Eisenbahn.<br />
Die Chemins de Fer de la Corse (CFC) unterhält mit der<br />
Strecke von Bastia nach Ajaccio und dem Zubringerdienst<br />
von Calvi nach Ponte Leccia eine von Frankreichs<br />
aufregendsten Zugstrecken.<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Korsikas Eisenbahnnetz ist nicht lang, dennoch war<br />
sein Bau ein epochales Ereignis für die französische<br />
Mittelmeerinsel. Im 19. Jahrhundert benötigt es<br />
viele Jahre der Diskussion, Überzeugungsarbeit, Planung<br />
und Gegenplanung, bis das erste Gleisstück verlegt wird.<br />
Dabei braucht gerade das schwer zugängliche Innere des<br />
Eilands dringend diese innovative Verkehrstechnik. General<br />
Conti hat 1855 als Erster die Idee, eine Eisenbahnlinie zu<br />
bauen. Er sieht darin eine Möglichkeit, den Handel mit Italien<br />
und Algerien zu beschleunigen. Verschiedene Hindernisse<br />
vereiteln jedoch das Projekt. Zehn Jahre später fährt<br />
zum ersten Mal ein kleiner Zug durch Ajaccio, mit dem<br />
Steine zum Bau der neuen Hafenanlage transportiert werden.<br />
Kurz danach wird erstmalig eine Studie zur Trassenführung<br />
für eine Linie von Bastia über Corte nach Ajaccio in<br />
Auftrag gegeben. Doch anstatt schnell einen Bau zu initiieren,<br />
wird über Trassenvarianten diskutiert. Das Projekt verschiebt<br />
sich erneut.<br />
Es dauert noch bis zum Ende des Jahrhunderts, bis das<br />
Projekt ernsthaft in Angriff genommen wird, wenn auch die<br />
Finanzierung erneut für diverse Querelen sorgt. 1877 stimmen<br />
die Inselbewohner schließlich dem Bau einer Trasse von Bastia<br />
nach Ajaccio zu, und die Arbeiten beginnen im Dezember<br />
1878. In den folgenden 15 Jahren erfährt Korsika das größte<br />
Bauprojekt seiner Geschichte. Viele ausländische Arbeiter, besonders<br />
aus Italien, sind an dem Bau beteiligt. Doch die Korsen,<br />
angezogen von den guten Gehältern, lernen schnell und<br />
können zunehmend die ausländischen Arbeiter ersetzen. Es ist<br />
ein ambitioniertes Projekt. Die geografischen Gegebenheiten<br />
der Insel stellen eine große Herausforderung an die Ingenieure<br />
der damaligen Zeit. Tunnel, Brücken und Wasserleitungen<br />
für den späteren Dampfbetrieb müssen konstruiert werden.<br />
Grundstückseigentümer entlang des Trassenverlaufs fordern<br />
immer absurdere Preise für ihren Grund und Boden. Auch<br />
Unfälle erschüttern den Baufortschritt. So sterben zwölf Arbeiter<br />
im Jahre 1879 beim Bau eines Tunnels.<br />
Doch die Mühe und Anstrengung lohnen sich. Es entsteht<br />
eine der kühnsten Eisenbahnstrecken Frankreichs.<br />
Sogar Gustave Eiffel, der Erbauer des Eiffelturms, ist an<br />
der Realisierung der korsischen Eisenbahn beteiligt: Er<br />
baut das beeindruckende Viadukt von Vecchio, 140 Meter<br />
lang und 94 Meter hoch, getragen von zwei Stützen aus<br />
Stein. Seit 1976 steht diese Eisenbahnbrücke unter Denkmalschutz.<br />
Nachdem Ajaccio, Bastia und Calvi ans Streckennetz<br />
angeschlossen sind, dauert es noch bis 1935, bis<br />
auch Porto Veccio im Süden der Insel durch eine Strecke<br />
entlang der Ostküste per Zug erreicht werden kann. Doch<br />
es ist ausgerechnet die jüngste Strecke, die die Deutschen<br />
beim Rückzug aus Korsika im Zweiten Weltkrieg für immer<br />
zerstören.<br />
In den 60er-Jahren kommt es zu Überlegungen, Korsikas<br />
Eisenbahn stillzulegen. Die Korsen protestieren jedoch<br />
heftig und nachdrücklich, so dass die Pläne schließlich<br />
aufgegeben werden. Seitdem ist die korsische Eisenbahn<br />
längst ein touristischer Standortfaktor geworden. Neben Einheimischen<br />
sieht man deshalb vor allem auch Touristen und<br />
Eisenbahnfans aus der ganzen Welt in den Zügen. Heute<br />
besteht das Netz aus einem Ypsilon. Neben der Strecke von<br />
Bastia nach Ajaccio, gibt es in Ponte Leccia einen Anschluss<br />
nach Calvi. Mehrmals täglich verkehren die Züge auf beiden<br />
Verbindungen.<br />
Insbesondere auf der Strecke ab Corte in den Süden erwartet<br />
den Fahrgast eine spektakuläre Reise. Die Waggons<br />
schaukeln durch enge Kurven, dunkle Tunnel und über zahlreiche<br />
Viadukte. Immer wieder hat man das Gefühl, der Zug<br />
berühre die Felswand. Grandiose Ausblicke bieten sich nach<br />
jeder neuen Kurve. Das Tempo ist dabei jedoch auch heute<br />
noch sehr korsisch. So braucht der Zug von Bastia bis Ajaccio<br />
für rund 160 Kilometer gut vier Stunden. Auf Korsika ist<br />
man noch weit vom TGV-Zeitalter auf dem Kontinent entfernt.<br />
Dafür entschädigt das unvergessliche Erlebnis, Korsikas<br />
Bergwelt von der Schiene aus zu erkunden.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 37
Cap Corse<br />
Fokus Korsika<br />
Macinaggio<br />
Korsika im Internet<br />
D 80<br />
Patrimonio<br />
Bastia<br />
www.visit-corsica.com<br />
www.corse.fr<br />
Bastia versus Ajaccio<br />
L‘Ile-Rousse<br />
Calvi<br />
Office du Tourisme de<br />
l’Agglomération de Bastia<br />
Place Saint-Nicolas<br />
20200 Bastia<br />
Telefon: +33 (0)4 95 54 20 40<br />
www.bastia-tourisme.com<br />
les Calanche<br />
D 81<br />
Piana<br />
Calacuccia<br />
Porto<br />
D 84<br />
Scala di<br />
Santa Regina<br />
D 623<br />
Gorges de la<br />
Restonica<br />
N 193<br />
Pont de Castirla<br />
Corte<br />
Office Municipal de Tourisme<br />
d’Ajaccio<br />
3, boulevard du Roi Jérôme<br />
20000 Ajaccio<br />
Telefon: +33 (0)4 95 51 53 03<br />
www.ajaccio-tourisme.com<br />
La Restonica<br />
Chez César<br />
Direkt an der D 623<br />
Eisenbahn<br />
Chemins de Fer de la Corse<br />
(CFC)<br />
Telefon: +33 (0)4 95 32 80 57<br />
N 198<br />
Ajaccio<br />
Propriano<br />
Sartène<br />
Porto-<br />
Vecchio<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />
Bonifacio
Anreise<br />
Flugzeug: Obwohl Direktflüge in den Mittelmeerraum<br />
selbst von Provinzflughäfen bereits zum Standardprogramm<br />
gehören, ist das Angebot nach Korsika immer<br />
noch recht beschränkt. Dabei verfügt die Insel über<br />
vier Flughäfen: Ajaccio im Westen, Calvi und Bastia<br />
im Norden und Figari im Süden. Allerdings wird keiner<br />
dieser Airports von Lufthansa, Swiss oder Austrian<br />
Airlines angeflogen. Air France bedient die vier Flughäfen<br />
gemeinsam mit dem Partner CCM via Paris.<br />
Reisende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />
müssen dabei aber meistens einen Flughafenwechsel<br />
von Roissy-CDG nach Orly in der französischen<br />
Hauptstadt einplanen. Zudem bietet Air France und<br />
CCM regelmäßige Verbindungen nach Marseille<br />
und Nizza sowie saisonale Verbindungen in viele<br />
andere französische Städte an. Als einzige deutsche<br />
Billigfluggesellschaft hat Germanwings Korsika im<br />
Flugprogramm und fliegt die Strecke Köln-Bastia. Von<br />
den Chartergesellschaften bietet Hapagfly Flüge von<br />
Düsseldorf und Frankfurt a.M. nach Calvi an.<br />
Auto/Fähre: Aus Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz bietet sich vor allem die Anreise über Italien<br />
und einen italienischen Fährhafen an. Die Strecke über<br />
Frankreich, insbesondere übers Rhone-Tal, ist meist<br />
weiter, kann aber eine Alternative darstellen, wenn<br />
man die Reise nach Korsika mit ein paar Tagen auf<br />
dem französischen Festland verbinden möchte. Vier<br />
Fährgesellschaften bieten Verbindungen nach Korsika<br />
an, wobei Corsica Ferries und die SNCM das dichteste<br />
Netz haben. Beide besitzen Schnellboote in ihrer<br />
Flotte, die die Reisezeit zwischen dem Festland und<br />
der Insel signifikant verkürzen. Corsica Ferries fährt ab<br />
den französischen Fährhäfen Toulon und Nizza sowie<br />
den italienischen Städten Savona und Livorno nach<br />
Korsika. Die SNCM bietet Verbindungen ab Marseille,<br />
Toulon und Nizza an. Die wichtigsten Zielhäfen auf<br />
Korsika sind Ajaccio, Calvi und Bastia. Neben der<br />
SNCM und Corsica Ferries hat die italienische Moby<br />
Line Bastia ab Genua und Livorno im Programm. La<br />
Meridionale bedient zudem Korsika von Marseille aus.<br />
Berlin-Bastia ca. 1.320 km, Köln-Bastia ca. 1.140 km,<br />
Wien-Bastia ca. 950 km und Zürich-Bastia ca. 600 km.<br />
Last Minute buchen, 25 % sparen.<br />
Buchbar ab 6 Tage vor Fahrt.<br />
DB Autozug:<br />
Hier drückt die Mama<br />
und nicht der Gurt.<br />
Mit Kind und Kegel komfortabel Richtung<br />
Frankreich.<br />
Über Nacht ohne Stau und Stress mit der ganzen<br />
Familie im eigenen Liegewagenabteil entspannt und<br />
sicher in Richtung Ferien – und wieder zurück.<br />
Das eigene Fahrzeug fährt „huckepack“ mit, das<br />
Gepäck ist sicher verstaut.<br />
Von 16 deutschen Terminals erreichen Sie nicht<br />
nur die Ferienregionen in Frankreich, sondern auch<br />
weitere attraktive Ziele in Deutschland, Italien,<br />
Österreich oder Kroatien. Einige Terminals bieten<br />
sich auch ideal zur Weiterfahrt nach Spanien,<br />
Skandinavien oder in die Schweiz an.<br />
Infos und Buchungen überall, wo es Fahrkarten<br />
gibt, unter 0 18 <strong>05</strong>/24 12 24 (12 ct/Min.) und unter<br />
www.dbautozug.de. Die Bahn macht mobil.
Kulturschock<br />
On connaît<br />
la chanson?<br />
In unserem Berliner Freundeskreis waren sie berühmtberüchtigt,<br />
die sogenannten « Franzosenpartys », zu denen<br />
die französischen Arbeitskollegen meines Freundes einluden.<br />
Veranstaltungen, die sich schlicht dadurch definierten,<br />
dass auf ihnen mehr Franzosen als Deutsche anzutreffen<br />
waren. Nicht, dass wir Deutschen uns auf diesen Partys<br />
nicht amüsiert hätten. Im Gegenteil, die Stimmung dort<br />
war, vorsichtig formuliert, immer sehr ausgelassen. Was uns<br />
allerdings anfangs irritierte, war ein seltsames Ritual, das wir<br />
gegen Ende dieser Partys immer wieder beobachten konnten.<br />
In den frühen Morgenstunden, wenn nur noch der harte<br />
Kern der Gäste anwesend war, wurde die Musikauswahl auf<br />
einmal sehr frankophon, und die noch anwesenden Franzosen<br />
versammelten sich auf der Tanzfläche. Nicht nur, um<br />
zu tanzen, sondern vor allem auch, um aus voller Kehle mit<br />
erstaunlicher Textsicherheit mitzusingen.<br />
Wir Deutschen schauten diesem Treiben teils befremdet,<br />
teils belustigt zu und lernten mit der Zeit die Lieder<br />
kennen, für die wir die Kategorie « Franzosenpartysongs »<br />
schufen. Inzwischen wohne ich als Exildeutsche in Paris<br />
und hatte Gelegenheit festzustellen, dass das oben beschriebene<br />
Ritual offensichtlich auch im eigenen Land gepflegt<br />
wird. Glücklicherweise bin ich mittlerweile vorbereitet und<br />
kann die anwesenden Franzosen meist mit meiner umfangreichen<br />
Sachkenntnis beeindrucken, die ich gerne an Sie<br />
weitergebe. Hier also die ultimative Zusammenstellung der<br />
tubes (« Röhren », so heißen diese Lieder seltsamerweise auf<br />
Französisch), die Sie unbedingt kennen müssen, um auf<br />
einer Franzosenparty glänzen zu können. Aber Achtung:<br />
Die folgende Zusammenstellung ist nicht das Ergebnis<br />
einer repräsentativen Umfrage, daher mit Sicherheit unvollständig<br />
und auf jeden Fall ohne Gewähr.<br />
Beginnen wir mit der schlechten Nachricht: Mitte der<br />
80er schafften es in Deutschland zwei französischsprachige<br />
Hits an die Spitze der Charts. Wenn Sie nun allerdings<br />
denken, mit Ihrer Kenntnis von Desireless’ « Voyage, voyage<br />
» und France Galls « Ella elle l’a » punkten zu können,<br />
muss ich Sie leider enttäuschen. Auch wenn diese Lieder in<br />
Deutschland mitunter noch gerne gespielt werden, gehören<br />
sie nicht in die Kategorie der kultigen « Franzosenpartyhits<br />
». Wenn France Gall überhaupt ein Platz auf dieser<br />
Liste gebührt, dann mit « Poupée de cire, poupée de son »,<br />
der Gainsbourg-Komposition, mit der sie 1965 für Luxemburg<br />
den Eurovision Song Contest – damals noch Grand<br />
Prix d’Eurovision de la Chanson – gewonnen hat. Immerhin<br />
heißt es in der von ihr selbst gesungenen deutschen<br />
Version doch: « Das war eine schöne Party, Darling, oh die<br />
war bon... » – eine Meisterleistung der Textübertragung.<br />
Was ihre französischen Werke angeht, kann man vielleicht<br />
noch « Les sucettes » nennen. Beliebt wegen der von Gainsbourg<br />
eingebauten textlichen Zweideutigkeiten, wobei man<br />
sich allerdings ernsthaft die Frage stellen kann, ob die gute<br />
France überhaupt wusste, was sie da eigentlich singt...<br />
Weniger unverfänglich und ein garantierter Stimmungserfolg<br />
ist dagegen Sheilas « Les rois mages ». Ein mitreißendes<br />
Lied, in dem die Sängerin ihrem Auserwählten mitteilt,<br />
sie werde sich wie ein Schatten an ihn heften und ihm immer<br />
folgen, so wie die heiligen drei Könige hartnäckig dem<br />
Stern über Bethlehem folgten. Ein zweiter sehr beliebter<br />
Titel Sheilas, « Spacer », gehört übrigens nur bedingt in<br />
diese Aufstellung, da sie ihn auf Englisch singt. Jenseits solcher<br />
Sprachkritik steht allerdings die Ikone des populären<br />
französischen Chansons, die große Dalida. Unabdingbar<br />
ihr Discohit « Laissez-moi danser », auch wenn das Intro des<br />
Backgroundchors auf Englisch gesungen wird. Zu packend<br />
die Aussage des Textes: « Statt mich mit den Widrigkeiten<br />
des Alltags zu beschäftigen, lasst mich lieber tanzen! » Aber<br />
Dalida hat nicht nur Disco mitgemacht und mit « Génération<br />
78 » das erste Dancemedly der Musikgeschichte aufgenommen.<br />
Mit « Salma ya salama » hat sie 1977 bereits<br />
arabisch beeinflussten Ethno-Pop geschaffen, bevor es diese<br />
Bezeichnung überhaupt gab. Auch dieses Lied muss man<br />
einfach kennen, wobei hier der Inhalt eher zweitrangig ist.<br />
Ein Mann zieht durch die Wüste, oder so. Egal.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Kommen wir zu der aus deutscher Sicht teilweise nur<br />
schwer nachvollziehbaren Begeisterung für Michel Sardou.<br />
Selbst in Frankreich ist dieser Sänger, der seinen rechtskonservativen<br />
Ansichten und seinem Patriotismus mitunter<br />
etwas zu deutlich Ausdruck verleiht, nicht unumstritten.<br />
Zugeben muss man allerdings, dass ein Lied wie « Les<br />
lacs de Connemara » ein echter Knaller ist: heroisch-melodramatischer<br />
Inhalt (der irische Freiheitskampf gegen die<br />
Briten), eingängige, irisch angehauchte Melodie (fast schon<br />
ein Fußball-Fangesang), ein Tempo, das sich immer weiter<br />
steigert – super zum Abfeiern und für viele der absolute<br />
Partyhöhepunkt. In diese Kategorie gehört auch « Être une<br />
femme ». Immerhin ganz lustig dieses Lied, in dem Sardou<br />
sich auf einer Reise in die Absurdität, die er aus Langeweile<br />
unternimmt, vorstellt, wie es wohl sein muss, eine Frau zu<br />
sein. Auch wenn man sich stellenweise fragt, wo die Satire<br />
aufhört und die Frauenfeindlichkeit anfängt. Aber wer hört<br />
zu einem solchen Zeitpunkt der Party schon kritisch auf<br />
den Text? Also Schwamm drüber und einfach mittanzen.<br />
Wirklich lustig dagegen sind die tubes von Claude<br />
François. « Alexandrie, Alexandra » stellt<br />
die Hörer musikalisch völlig zufrieden,<br />
ein echter Partyhit, der einige Höhepunkte<br />
in der Textdichtung bietet. Stellen<br />
wie: « Ich habe größeren Appetit als<br />
ein Barracuda und werde den ganzen Nil<br />
leer trinken, wenn Du mich nicht zurückhältst », sind echte<br />
Perlen, die ihresgleichen suchen. Immer wieder schön ist<br />
auch sein Lied « Cette année-là » über das Jahr 1962, in dem<br />
er mit « Belles, belles, belles » seinen ersten großen Erfolg<br />
feierte. Schließlich muss man noch Mylène Farmer nennen,<br />
die mit « Sans contrefaçon » sozusagen das Gegenstück<br />
zu Sardous « Être une femme » schuf und sich mit diesem<br />
einen Lied (« Keine Nachahmung – ich bin ein Junge ») auf<br />
ewig die Verehrung des schwulen Publikums sicherte. Zu<br />
ihren tubes zählt sicherlich auch – trotz des zeitkritischen<br />
Inhalts – « Désenchantée » aus dem Jahre 1991, die Hymne<br />
der desillusionierten Jugend der 90er.<br />
Wenn Sie alle diese Lieder mehrmals gehört haben, die<br />
Texte auswendig kennen und diese auch noch im angeheiterten<br />
Zustand wiedergeben können, sind Sie gut gerüstet,<br />
um bei der nächsten Franzosenparty noch mehr Spaß zu<br />
haben. Zum Schluss ein echter Geheimtipp: Wenn Sie Ihre<br />
französischen Gastgeber wirklich beeindrucken wollen,<br />
besorgen Sie sich eine Aufnahme von « Bravo, tu as gagné »<br />
von Mireille Mathieu. Ja, ich meine wirklich die Mireille<br />
Mathieu. Das Lied kennen Sie nicht? Es ist die französische<br />
Version des Abba-Klassikers « The Winner Takes It All »,<br />
von Mireille in ihrer unverwechselbaren Art interpretiert,<br />
unterstützt von den Original-Abbas im Backgroundchor.<br />
Kennt nicht jeder in Frankreich, kommt aber immer gut an<br />
– ist schließlich Abba.<br />
In der Rubrik Kulturschock<br />
finden Sie immer<br />
eine Zeichnung,<br />
die einem berühmten<br />
Künstler nachempfunden<br />
ist. Haben<br />
Sie erkannt, wer<br />
sich hinter dem<br />
Bild der Juli/August-Ausgabe<br />
verbarg?<br />
Es war eine Reminiszenz<br />
an Gaston<br />
Chaissac (1910-1964),<br />
französischer Maler, der<br />
dank eines deutschen<br />
Freundespaares die Malerei<br />
entdeckte. Und dieses Mal?<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 41
Frankreich heute Deutschlandbild<br />
Hat die Fußball-WM<br />
das Deutschlandbild<br />
der Franzosen<br />
verändert?<br />
Eines ist sicher: Die Fußball-<br />
WM <strong>2006</strong> war eine vortreffliche<br />
Gelegenheit, in Frankreich verstärkt<br />
über das rechtsrheinische Nachbarland<br />
zu reden. Wie so oft konnte<br />
sich auch dieses Mal kaum jemand dem<br />
Bann des sportlichen Großereignisses<br />
entziehen. Aber neben den Fußballspielen<br />
war es vor allem die Vielzahl<br />
von Zeitungsartikeln sowie Fernsehund<br />
Radiobeiträgen über Deutschland,<br />
die in Frankreich für Aufmerksamkeit<br />
sorgten. Es waren ereignisreiche Wochen,<br />
die den Franzosen mehr Wissenswertes<br />
über ihren doch recht unbekannten<br />
Nachbarn näher gebracht haben,<br />
als dass dies Informationskampagnen<br />
über Jahre hinweg hätten tun können.<br />
Der Fußball als Vorwand half dabei,<br />
Vorurteile zu überwinden und ein veraltetes<br />
Deutschlandbild durch ein aktuelles<br />
zu ersetzen.<br />
Es mag überraschen, aber gerade<br />
die geographischen Kenntnisse wurden<br />
bei vielen Franzosen durch die<br />
verschiedenen Austragungsorte gefestigt<br />
oder neu erworben. Dies bedeutet<br />
nicht, dass sie auch in Zukunft, ohne<br />
zu zögern, Frankfurt a.M., Köln,<br />
Hannover oder Dortmund auf einer<br />
Landkarte platzieren könnten, aber<br />
immerhin ist jetzt bekannt, dass es<br />
sich im Gegensatz zu Frankreich um<br />
ein stark föderalistisches Land handelt.<br />
Als 1998 die WM in Frankreich<br />
ausgetragen wurde, war die ganze Organisation<br />
um das Stade de France in<br />
Paris zentralisiert. Im Gegensatz dazu<br />
standen in Deutschland die Fußballarenen<br />
der ganzen Republik im Mittelpunkt,<br />
was wiederum in unserem<br />
Nachbarland undenkbar gewesen wäre.<br />
Jedes wichtige Spiel musste einfach in<br />
der Hauptstadt angepfiffen werden, in<br />
Deutschland fanden jedoch weder das<br />
Eröffnungsspiel, noch die Halbfinale<br />
oder das Spiel um den dritten Platz in<br />
Berlin statt.<br />
Geradezu einstimmig lobten die<br />
französischen Medien auch die deutsche<br />
Organisation der Weltmeisterschaft,<br />
und noch eindrucksvoller war<br />
die warmherzige Gastfreundschaft<br />
der Deutschen. Anders als von vielen<br />
erwartet, bemühten die Sportjournalisten<br />
nicht wieder die alten Klischees,<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
sondern begegneten mit Interesse und<br />
Offenheit dem doch so unbekannten<br />
Nachbarn. Libération, eine der wichtigsten<br />
französischen Tageszeitungen,<br />
veröffentlichte jeden Tag eine kleine<br />
Rubrik mit « Geschichten, die das Leben<br />
schrieb », in der Anekdoten und<br />
charmante Begebenheiten aus dem<br />
deutschen Alltagsleben präsentiert wurden,<br />
die schließlich in einem anziehenden<br />
und lebendigen Gesamtbild mündeten.<br />
Dies hatte einen wundervollen<br />
Nebeneffekt: Deutschland wurde<br />
nicht mehr nur mit Bier oder Trachten<br />
gleichgesetzt, sondern die gesamte<br />
Vielfalt eines modernen Landes, welche<br />
auch die Journalisten mit Erstaunen<br />
entdeckten, wurde sichtbar. Vor<br />
allem die Dynamik Berlins hinterließ<br />
bei vielen Vertretern der schreibenden<br />
Zunft einen bleibenden Eindruck.<br />
Selbstredend war für einige Medienvertreter<br />
aus der Stadt des Moulin<br />
Rouge zunächst der Bericht über das<br />
3.000 Quadratmeter große Bordell in<br />
der Nähe des Berliner Olympiastadions<br />
einen großen Artikel wert, aber schon<br />
nach kurzer Zeit ließen sich viele von<br />
der positiven Grundstimmung anstecken<br />
und die kritischen Anmerkungen<br />
verstummten.<br />
Aber nicht nur die Modernität<br />
Deutschlands überraschte viele Franzosen.<br />
Auch die allgemeine Lebensfreude<br />
sowie das durch die zahlreichen<br />
Flaggen zum Ausdruck gebrachte Nationalgefühl<br />
waren für die linksrheinischen<br />
Nachbarn neu. « Auch wenn<br />
die Deutschen am 4. Juli leider aus<br />
dem Wettbewerb geworfen wurden,<br />
so bleibt dieser Monat für das gesamte<br />
Volk unvergessen. Vier Wochen haben<br />
ausgereicht, um eine ganze Nation<br />
nach schwierigen historischen Belastungen<br />
wieder mit ihrer Nationalflagge<br />
und dem damit verbundenen stolzen<br />
Gefühl fürs Vaterland zu versöhnen.<br />
Nie zuvor hat man die Deutschen so<br />
ausgelassen ihre Nationalfarben zur<br />
Schau stellen gesehen, selbst nicht bei<br />
der deutschen Wiedervereinigung »,<br />
schrieb Antoine Jacob in der Tageszeitung<br />
Le Monde am 6. Juli <strong>2006</strong>.<br />
Ein weiteres Faszinosum war es, die<br />
Vielfältigkeit Deutschlands auch an der<br />
Nationalmannschaft selbst zu beobachten.<br />
So wie in Frankreich nach dem<br />
Gewinn der Fußballweltmeisterschaft<br />
1998 viel über das Team « Black Blanc<br />
Beur » (etwa Schwarz, Weiß, Arabisch)<br />
geschrieben wurde, so war dies auch<br />
ein Anlass, den gleichen Trend jetzt<br />
in Deutschland zu beobachten. Claude<br />
Askolovitch schrieb am 9. Juni <strong>2006</strong><br />
in Le Nouvel Observateur: « Die Deutschen<br />
sind geradezu hingerissen von<br />
dieser liebenswerten Mannschaft. Die<br />
Vielfalt zeigt sich nicht nur am Spiel,<br />
sondern auch an den Spielern. Klose,<br />
Podolski, Asamoha und andere sind<br />
durch ihren Migrationshintergrund<br />
noch bereichernder für das Team geworden.<br />
Aber vor allem Klinsmann,<br />
dieser Globetrotter mit Wohnsitz in<br />
Kalifornien, ermöglichte es, aus einem<br />
eher pessimistischen ein fröhliches<br />
Volk zu machen. Damit hat er auch<br />
alle Zweifler, die in ihm nur eine Notlösung<br />
sahen, eines Besseren belehrt. »<br />
Im Grunde genommen ist der<br />
größte Zauber der WM, dass das negative<br />
Bild der Deutschen durch ein<br />
offenherziges, lachendes und respektvolles<br />
ersetzt wurde. Zusätzlich entdeckten<br />
die Franzosen, dass man den<br />
Fußball und die Völkerverständigung<br />
noch mehr lieben kann als die eigene<br />
Mannschaft. Zahlreiche französische<br />
Journalisten merkten in ihren Artikeln<br />
an, dass von vielen deutschen Balkonen<br />
nicht nur deutsche Flaggen, sondern<br />
auch die anderer Nationen wehten. Die<br />
Deutschen konnten anscheinend gleichzeitig<br />
türkisch und deutsch, italienisch<br />
und deutsch oder brasilianisch und<br />
deutsch sein. Damit war der Fußball<br />
keine reine nationale Angelegenheit<br />
mehr, sondern wurde um seiner selbst<br />
willen gemocht. Schließlich lernten<br />
die Franzosen dank der Deutschen<br />
auch die kleinen Fahnen kennen, die<br />
man auf die Autofenster stecken konnte.<br />
Ohne Zweifel werden diese jetzt<br />
bei jeder Weltmeisterschaft mit von<br />
der Partie sein.<br />
Selbst die Niederlage der Deuschen<br />
im Halbfinale beeindruckte viele französische<br />
Medienvertreter. Sie waren<br />
von dem hohen Maß an Fairplay begeistert<br />
und erstaunt, dass die Niederlage<br />
die Volksfeststimmung nicht wirklich<br />
schmälerte. Am 29. Juni beschrieb<br />
L’Express deshalb die Stimmung wie<br />
folgt: « ‹ An einem solchen Abend ist<br />
die Niederlage nicht unbedingt das<br />
größte Problem, was wir Deutschen<br />
haben. Hier in Dortmund und sicherlich<br />
auch anderswo sind wir überzeugt<br />
davon, dass, obwohl die WM noch<br />
nicht beendet ist, ein sehr positives<br />
Bild von Deutschland die Leute geprägt<br />
hat ›, sagt Julia Denkert, eine<br />
23-jährige Studentin. ‹ Die ganze Nation<br />
ist glücklich, es gab keine Probleme,<br />
jeder liebt uns, alle sind freundlich,<br />
das sollte man doch wahrnehmen... ›,<br />
fügt sie mit einem traurigen Lächeln<br />
hinzu. ‹ Ich wünsche den Italienern<br />
viel Glück, denn sie haben den Sieg<br />
verdient ›, korrigiert André Kodweiss.<br />
Trotz des Endes eines Traumes ist der<br />
39-jährige Bänker nicht schlechter<br />
Stimmung. ‹ Wir haben wahrlich enthusiastische<br />
Momente erlebt, was in<br />
diesem Land nicht häufig vorkommt,<br />
da unser Charakter eher von Düsterheit<br />
geprägt ist. Umso mehr freut<br />
mich, diese Zeit erlebt zu haben. › Mit<br />
diesen Worten und einem deutschen<br />
sowie italienischen Schal um den Hals<br />
verschwindet André im Dunkeln. »<br />
Am 9. Juli <strong>2006</strong> hat sich Le Monde<br />
sogar in seiner Titelgeschichte « Die<br />
Deutschen haben ihre Weltmeisterschaft<br />
gewonnen » gefragt, ob die<br />
deutsche Mannschaft nicht sogar die<br />
besseren Spieler als die Franzosen hat,<br />
da sie souveräner mit der Niederlage<br />
umgehen konnten: « Und wenn der<br />
deutsche Fußball trotz seiner Niederlage<br />
der wahre Sieger wäre? Deutschland<br />
war ein wunderbarer Gastgeber,<br />
die Nationalmannschaft hat alle überrascht<br />
und die Stadien wollten sich gar<br />
nicht mehr leeren. » Zu guter Letzt<br />
noch ein kleines Detail am Rande.<br />
Fast alle französischen Journalisten<br />
waren glücklich, in ihre Berichte ein<br />
deutsches Wort einfließen zu lassen:<br />
la Mannschaft. Es ist wahrscheinlich<br />
aussichtslos, ihnen zu erklären, dass<br />
man den Begriff in Deutschland in<br />
dieser Form nicht verwendet und<br />
dass es wenig Sinn macht, nur von la<br />
Mannschaft zu sprechen. Aber ist es<br />
am Ende nicht dieser Stolz, « Deutsch<br />
zu sprechen », der wahre Beweis der<br />
deutsch-französischen Freundschaft?<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 43
Frankreich heute Bio-Sorelia<br />
Bio-Sorelia:<br />
Eine kleine Nuss erobert das Herz der Franzosen<br />
oder wie die Franzosen ein Bioprodukt entdecken<br />
Dass Frankreich Deutschland hinterherhinkt, wenn es um die Herstellung und Anwendung<br />
biologischer oder umweltschonender Produkte geht, ist bekannt. Doch inzwischen<br />
haben die Franzosen begonnen, diesen Rückstand aufzuholen. Oft bringen originelle<br />
Ideen oder persönliche Initiativen die Franzosen dazu, ihre Gewohnheiten zu<br />
ändern. Das kleine Unternehmen Bio-Sorelia hat seinen Sitz in der Nähe von Chartres<br />
im Departement Eure-et-Loire. Ganz allein tritt es mit seinem alternativen, umweltverträglichen<br />
Produkt, einer Waschnuss, gegen die Waschmittelindustrie an. Zunächst<br />
wurde das Produkt belächelt, doch nun kommt es in Frankreich in Mode. Porträt<br />
eines nicht alltäglichen Unternehmens.<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Marc Duval, 51 Jahre, hat einen untypischen beruflichen<br />
Weg eingeschlagen: Vor 25 Jahren arbeitete<br />
er in der chemischen Industrie an der Herstellung<br />
von Reinigungsmitteln. « Beim ständigen Hantieren mit den<br />
chemischen Substanzen sagte ich mir eines Tages, dass es so<br />
nicht mehr weitergehen kann, dass es mit der ganzen Chemie<br />
aufhören muss, denn sonst zerstört man die Umwelt »,<br />
erzählt er. « Es müsste doch ein Mittel geben, mit dem man<br />
seine Wäsche umweltschonender waschen kann ». Marc verließ<br />
den Industriekonzern, für den er arbeitete, und gründete<br />
ein eigenes Unternehmen im IT-Sektor. « Aber die Idee<br />
eines ökologischen Waschmittels ließ mich nicht mehr los.<br />
Immer wieder ging es mir durch den Kopf. Man kann die<br />
Welt der Reinigungsmittel nicht so einfach hinter sich lassen.<br />
Es ist eine echte Leidenschaft. Alles, was mit Saubermachen<br />
zu tun hat, interessiert mich… ». Kein Wunder, dass<br />
ihm im Jahr 2000 beim angesehenen Concours Lépine in Paris<br />
eine Silbermedaille für den von ihm entwickelten « Tonstein<br />
» verliehen wurde, bei dem es sich um ein natürliches<br />
Produkt auf der Basis von Ton handelt, das Fett und Kalk im<br />
Haushalt entfernt. Bei diesem Wettbewerb, der jedes Jahr<br />
stattfindet, werden besonders originelle und innovative Erfindungen<br />
ausgezeichnet. « Im Prinzip war meine Überlegung<br />
ganz einfach: Ich fragte mich, wie die Leute in früheren<br />
Jahrhunderten putzten, als es noch keine Chemie gab. Sie<br />
besaßen Erde und Asche zum Reiben und Wasser zum Abspülen.<br />
So kam ich auf den Ton und habe 1999 den Tonstein<br />
auf den Markt gebracht ».<br />
Durch Mundpropaganda wurde dieses erste Produkt<br />
zu einem Erfolg. Die Leute probierten das Mittel aus und<br />
erzählten anderen davon. So wurde es langsam bekannt.<br />
Marcs kleines Unternehmen verfügte natürlich nicht über<br />
die Ressourcen für große Werbekampagnen. Seine Stärke<br />
lag in der Qualität der Produkte und der Entschlossenheit<br />
seines Besitzers. Für ihn stand fest, dass man putzen und<br />
waschen können muss, ohne die Umwelt zu schädigen.<br />
Selbst ohne große finanzielle Mittel gelang es Marc, neue<br />
innovative Produkte einzuführen. Bisher dominierten die<br />
großen Industriekonzerne in diesem Bereich die Forschung<br />
und brachten in einem rücksichtslosen Wettbewerb ständig<br />
neue Waschmittel auf den Mark. Es war die Zeit, als in<br />
Frankreich gerade eine Werbung für eine Waschmittelmarke<br />
lief, die « weißer als weiß » zu waschen versprach. Aber<br />
Marc ließ sich nicht beirren, im Gegenteil: « Ja, klar, verglichen<br />
mit denen war ich ein Niemand mit meinen kleinen<br />
gelben Töpfen mit Tonstein. Aber ich habe immer geglaubt,<br />
dass es auch in meiner Situation möglich ist, Forschung zu<br />
betreiben. Es ist mehr eine Frage des Einfallsreichtums als<br />
des Geldes. Ich arbeite nicht auf der Ebene der Moleküle,<br />
bei mir geht es um die Mischungen. Vor allem aber werde<br />
ich nicht durch kommerzielle Denkmuster behindert ».<br />
Nochmals wendete Marc das gleiche Prinzip an: Er<br />
fragte sich wiederum, was Menschen, die keine Chemie<br />
zur Verfügung haben, tun, um ihre Kleider zu waschen.<br />
Bei seinen Forschungen untersuchte er entlegene Gebiete<br />
Südamerikas, Chinas und insbesondere Indiens. Vor Ort<br />
probierte er die Methoden an seiner eigenen Kleidung<br />
aus. In Nordindien fand er schließlich, was er suchte: die<br />
Waschnuss. Seit Jahrhunderten verwendet man dort diese<br />
Nuss, die Frucht eines Baumes mit dem botanischen Namen<br />
Sapindus Mukorossis, die ohne Dünger und Pestizide<br />
auf diesem 15 bis 20 Meter hohen Baum wächst. Diese<br />
Früchte werden beim Reifungsprozess braun und klebrig.<br />
Nach dem Pflücken trocknet man sie zuerst und schlägt sie<br />
dann auf. Die Nussschale enthält Saponin, ein natürliches<br />
Waschmittel. Die Schalen werden so abgepackt, dass eine<br />
gute Haltbarkeit gewährleistet ist. Der Kern ist nicht essbar<br />
und kann nicht weiterverwertet werden. « Diese Nüsse haben<br />
die gleiche Waschkraft wie ein normales Waschmittel<br />
und vor allem schädigen sie die Wäsche nicht, in Indien<br />
wird sogar Seide damit gewaschen », erklärt Marc.<br />
Sein Unternehmen Bio-Sorelia importiert derzeit alle<br />
zwei Wochen einen Container mit acht Tonnen Nüssen.<br />
Die Früchte kommen aus Nepal und Pakistan. Wegen<br />
steigender Nachfrage soll die Produktion verstärkt werden.<br />
« Die Händler haben den Preis um 50 Prozent in einem Jahr<br />
erhöht. Aber ich denke, das wird sich wieder legen, auch<br />
wenn das Produkt immer begehrter wird. Neue Bäume<br />
wurden gepflanzt, aber bis zur ersten Ernte dauert es drei<br />
Jahre ». 500 Gramm Nüsse, die für weniger als 15 Euro<br />
verkauft werden, reichen für 100 bis 150 Waschmaschinenfüllungen.<br />
Diese Alternative ist somit viel wirtschaftlicher<br />
als übliche Waschmittel. In Frankreich beschäftigt<br />
das Unternehmen vier Vollzeitkräfte. Die Verpackung<br />
übernimmt ein Betrieb, in dem Behinderte ins Berufsleben<br />
integriert werden sollen. « Manche betrachten uns immer<br />
noch als Träumer, aber die Waschmittelhersteller fangen<br />
an, aufmerksam zu werden. Sie sehen, dass wir für unsere<br />
Produkte zahlreiche Auszeichnungen erhalten und dass die<br />
Verbraucher sich heute mehr um die Umwelt sorgen. Unsere<br />
Kunden sind begeistert von unserer Arbeit: Sie schreiben<br />
uns, rufen uns an und kommen zu uns ins Haus. Das ist<br />
eine alternative Form von Wirtschaft ».<br />
Die Nüsse werden über das Internet, in Bioläden und<br />
auf Märkten verkauft. Der Verkauf beschränkt sich nicht<br />
nur auf Frankreich, sondern zum Beispiel auch in Deutschland<br />
werden die Waschnüsse angeboten. In Frankreich<br />
läuft der Vertrieb noch sehr individuell ab. Trotzdem<br />
kommt das Produkt immer besser an. Es ist einfach zu einer<br />
Mode geworden, überall spricht man darüber. Bedeutende<br />
Zeitungen haben über die Waschnuss berichtet, bekannte<br />
Persönlichkeiten gaben an, sie zu benutzen, und Fernsehsendungen<br />
meldeten die Entdeckung eines neuen Waschmittels...<br />
Kurz und gut, die Franzosen haben entdeckt, dass<br />
man auch ohne Umweltverschmutzung waschen kann. Eine<br />
kleine Revolution!<br />
Bio-Sorelia im Internet<br />
www.biosorelia.com<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 45
Frankreich heute Interview<br />
Claude<br />
Martin<br />
Französischer Botschafter<br />
in der Bundesrepublik<br />
Deutschland<br />
Claude Martin wurde im Jahre 1944 nahe Paris in<br />
Saint-Germain-en-Laye geboren, seine Wahlheimat<br />
ist jedoch die Auvergne, der er sich herzlich<br />
verbunden fühlt. Nachdem er unter anderem zwischen<br />
1990 und 1993 französischer Botschafter in<br />
China war, wurde er im April 1999 zum französischen<br />
Botschafter in Deutschland ernannt. Heute<br />
empfängt er Frankreich erleben in seinem Berliner<br />
Büro mit Blick auf das Brandenburger Tor.<br />
Monsieur l‘Ambassadeur, wonach suchen Ihrer Meinung<br />
nach die Deutschen, die nach Frankreich reisen?<br />
Die Deutschen kennen Frankreich gut. Jedes Jahr bereist<br />
eine stattliche Anzahl von ihnen das Land. Einige<br />
haben dort sogar Feriendomizile. Mehr und mehr zeichnen<br />
sich die bevorzugten Urlaubsgebiete ab: die Normandie,<br />
die Bretagne, die Mittelmeerküste. Das ist ganz normal,<br />
denn unsere deutschen Freunde werden, wie wir alle, in der<br />
Mehrzahl von Sonne und Meer angelockt, in der Tat das<br />
beliebteste Ferienziel. Uns Franzosen geht es genauso: Für<br />
unseren Urlaub konzentrieren wir uns auf die Küsten, die<br />
Häfen, wir möchten Meeresfrüchte essen und die Ferien<br />
auf ganz und gar « klassische » Weise genießen. Daher ist<br />
es nicht verwunderlich, dass sich der Tourismus stark auf<br />
die schmalen Küstenregionen Frankreichs konzentriert. Ich<br />
wünschte mir, das französische Binnenland bekäme mehr<br />
Aufmerksamkeit. Es gibt dort viel zu entdecken!<br />
Dieses Unterfangen müsste doch durch das lebendige Interesse,<br />
das zwischen den beiden Ländern herrscht, erleichtert<br />
werden…<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Sicherlich. Auch wenn das Interesse heutzutage, wie<br />
ich meine, im Vergleich zu früher etwas nachgelassen<br />
hat. Paradoxerweise sind wir nun weniger benachbart, als<br />
wir es noch vor hundert Jahren waren. Das war ein wenig<br />
wie bei Flurnachbarn: Sie haben nur die Wahl, gut oder<br />
schlecht miteinander auszukommen. Lange Zeit, und die<br />
Geschichte hat es bewiesen, beruhten die Beziehungen<br />
zwischen Frankreich und Deutschland auf diesem Prinzip.<br />
Heute haben sich die Dinge geändert, mit der Entwicklung<br />
der neuen Technologien beispielsweise ist die<br />
ganze Welt sozusagen zu « unserem Nachbar » geworden.<br />
Das gilt auch auf individueller Ebene. Ich zum Beispiel<br />
sammele alte Bücher, und dank ebay ist es mir schon gelungen,<br />
ein Buch in Kalifornien zu finden und zu kaufen.<br />
Mein Bruder, der alte Autos liebt, hat manchmal einen<br />
Auspuff in Serbien oder im Senegal ausfindig gemacht…<br />
Zugleich kann ein Hin- und Rückflug Berlin-Hongkong<br />
unter Umständen günstiger sein als ein Ticket Berlin-Paris.<br />
Da jetzt alles viel näher liegt, fährt man nicht mehr<br />
wie früher nach Paris oder Berlin einfach aus dem Grund,<br />
weil es der Nachbar ist, sondern weil man sich bewusst für<br />
dieses Ziel entscheidet.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 47
Frankreich heute Interview<br />
Wenn man seinen Urlaubsort heute « freier » wählt,<br />
so muss sich Frankreich folglich seinerseits erfolgreich<br />
verkaufen und Touristen anziehen. Das bedeutet beispielsweise,<br />
die Deutschen zu verstehen, ihre Sprache zu<br />
sprechen…<br />
«<br />
Zugleich<br />
Wenn Frankreich möchte, dass weiterhin mehr<br />
deutsche Touristen ins Land kommen, dann muss<br />
es sicherlich auch ihren Erwartungen entgegenkommen.<br />
Wie ich bereits sagte, verfügen wir über<br />
große touristische Ressourcen, aber im Landesinneren<br />
ist noch viel zu tun. Der ländliche Tourismus<br />
muss entwickelt werden. Und wir müssen in der<br />
Tat die Fremdsprachenkompetenz verbessern, die<br />
Kenntnisse der Franzosen auf diesem Gebiet sind<br />
nicht ausreichend. Hier muss sich einiges ändern:<br />
Nehmen Sie beispielsweise die Broschüren, die an zentralen<br />
Orten für Touristen ausliegen. Es wundert mich immer<br />
wieder, dass nur wenige auf Deutsch sind. Und es kommt<br />
kann ein Komfort anbieten. Sich<br />
Hin- und Rückflug anzupassen bedeutet auch,<br />
Berlin-Hongkong unter die Deutschen zu verstehen,<br />
Umständen günstiger und da geht es oft um Kleinigkeiten.<br />
Einmal habe ich<br />
sein als ein Ticket Berlin-<br />
Paris. Da jetzt alles viel mit deutschen Freunden Urlaub<br />
gemacht. Ich fahre sehr<br />
näher liegt, fährt man<br />
nicht mehr wie früher gerne Fahrrad und wir sind<br />
nach Paris oder Berlin gemeinsam zu einer Radtour<br />
einfach aus dem Grund, aufgebrochen. Ich radele<br />
weil es der Nachbar gerne einfach morgens los,<br />
ist, sondern weil<br />
»<br />
man ohne die Dinge wirklich<br />
sich bewusst für dieses vorauszuplanen, ich steige<br />
Ziel entscheidet. auf mein Fahrrad und lasse<br />
mich von den Zufällen des<br />
Weges leiten. Mir ist aber<br />
sehr schnell klar geworden, dass meine deutschen Freunde<br />
im Gegensatz dazu lieber im Vorfeld die Etappen festlegen<br />
und Zimmer reservieren. Darin liegt ein kultureller Unterschied.<br />
Meiner Meinung nach ist es eine Stärke,<br />
sich das bewusst zu machen, und schließlich macht<br />
es das deutsch-französische Verhältnis nur noch<br />
spannender!<br />
Verfügt eines der beiden Völker – Deutsche oder<br />
Franzosen – Ihres Erachtens über eine bessere Kenntnis<br />
des jeweils anderen?<br />
Der offizielle Eingang der Botschaft<br />
am Pariser Platz in unmittelbarer<br />
Nähe zum Brandenburger Tor.<br />
Ich glaube nicht, dass es auf der einen Seite eine<br />
bessere Kenntnis gibt als auf der anderen. Hingegen<br />
bin ich davon überzeugt, dass sich die beiden<br />
Länder grundlegend ändern. Ich bin seit acht<br />
Jahren in Deutschland, und diese Entwicklung ist<br />
hier offensichtlich: Das « neue Deutschland » ist<br />
wesentlich dynamischer und optimistischer. Es hat<br />
auch viel mehr Selbstvertrauen. Die Weltmeisterschaft<br />
unlängst war das beste Beispiel dafür. Die<br />
sehr selten vor, dass ein Franzose einen<br />
Deutschen in dessen Sprache begrüßt.<br />
Die Deutschen hingegen versuchen,<br />
wenn sie in Frankreich sind, die Wörter<br />
anzuwenden, die sie in unserer<br />
Sprache kennen. Ich glaube, dass die<br />
Franzosen im Grunde davon ausgehen,<br />
dass jeder Französisch spricht. Das ist<br />
natürlich nicht so. Es ist wirklich an<br />
der Zeit, in dieser Angelegenheit etwas<br />
zu unternehmen.<br />
Um mehr Touristen anzuziehen,<br />
sollten wir vielleicht in manchen<br />
Bereichen, zum Beispiel im Hotelwesen,<br />
größere Genauigkeit und mehr<br />
Der innere Botschaftsgarten.<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Die Bibliothek der Botschaft.<br />
Claude Martin während des Interviews in seinem Arbeitszimmer.<br />
Franzosen beginnen, dies zwar allmählich wahrzunehmen,<br />
stellen sich Deutschland aber, wie ich<br />
finde, weiterhin als ein Land auf der Suche nach<br />
sich selbst vor. Umgekehrt haben die Deutschen<br />
ein staatlich reglementiertes, zentralistisches und<br />
interventionistisches Frankreich vor Augen. Dabei<br />
haben zahlreiche Veränderungen stattgefunden,<br />
wie etwa Privatisierungen und die Entwicklungen<br />
im Zusammenhang mit der Regionalisierung. Die<br />
Klischees sind hartnäckig, aber die Dinge entwickeln<br />
sich trotzdem weiter.<br />
Man muss sich anpassen können: Der deutsche<br />
Föderalismus beispielsweise hat zur Folge, dass<br />
ich mich an die 16 deutschen Erziehungsminister<br />
wende, um zu erklären, warum das Fach Französisch<br />
ausgebaut werden sollte. Einem Franzosen<br />
erscheint das seltsam, da wir nur einen Erziehungsminister<br />
haben. Im Gegenzug ist der Laizismus für einen<br />
Deutschen nur schwer verständlich. Ein Beispiel: Ich bin<br />
katholisch – dennoch nehme ich am 3. <strong>Oktober</strong>, dem Tag<br />
der Deutschen Einheit, nicht am Gedenkgottes<br />
«<br />
Umgekehrt<br />
dienst teil, obgleich ich dazu eingeladen bin. In<br />
einem Schreiben erkläre ich, dass ich nur zu dem<br />
anschließenden Empfang kommen werde. Meine<br />
deutschen Gesprächspartner verstehen das. Sie<br />
wissen, dass wir alle unsere kulturellen Eigenheiten<br />
haben. Um sich gut zu verstehen, kommt<br />
es tatsächlich vor allem darauf an, zu beobachten<br />
und zu vergleichen. Nichts ist schlimmer, als sich<br />
mangelndes gegenseitiges Verständnis vorzuwerfen.<br />
Häufig heißt es, die Franzosen verstünden<br />
sich besser mit den Belgiern oder den Spaniern,<br />
aber die Geschichte zeigt uns doch, dass die wichtigen<br />
Entscheidungen immer zusammen mit den<br />
Deutschen gefällt wurden. Das muss man immer<br />
im Hinterkopf behalten.<br />
Betrachten die Franzosen Deutschland<br />
als Urlaubsziel?<br />
Nicht genügend. Die Vorstellung,<br />
seinen Urlaub in Deutschland zu verbringen,<br />
ist in Frankreich nicht sehr<br />
verbreitet. Das ist sehr schade! Denn<br />
schließlich scheint in Deutschland<br />
genauso die Sonne und es ist ebenso<br />
warm wie in Frankreich. Und vor allem<br />
– und das bedenkt man in Frankreich<br />
häufig nicht – funktioniert hier alles<br />
reibungslos, die öffentlichen Verkehrsmittel,<br />
die Restaurants, die Hotels.<br />
Und die Gastfreundschaft ist riesig!<br />
Lange Zeit war für die Franzosen<br />
vor allem das attraktiv, was für sie am<br />
nächsten lag: der Schwarzwald zum<br />
Beispiel, oder Köln, eine Art Deutschland, das in gewisser<br />
Weise manchen Ecken Frankreichs ähnelt. Heutzutage<br />
wagt sich der französische Tourist weiter nach Deutschland<br />
vor. Berlin zum Beispiel<br />
haben die<br />
Deutschen ein staatlich<br />
reglementiertes,<br />
zentralistisches und<br />
interventionistisches<br />
Frankreich vor Augen.<br />
Dabei haben zahlreiche<br />
Veränderungen stattgefunden,<br />
wie etwa<br />
Privatisierungen und<br />
die Entwicklungen im<br />
Zusammenhang mit der<br />
Regionalisierung.<br />
»<br />
wirkt da wie ein Magnet,<br />
eine neue, unbekannte, sich<br />
ständig verändernde und<br />
fundamental moderne Stadt,<br />
aber auch Dresden, wegen<br />
seiner Schönheit, seines symbolischen<br />
Wertes und seines<br />
Wiederaufbaus.<br />
Bei den Franzosen lässt<br />
sich der Anstieg eines gezielteren<br />
und individuelleren<br />
Tourismus beobachten. Das<br />
ist nicht mehr der Massentourismus<br />
von früher. Die<br />
Deutschen verstehen es mei<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 49
Frankreich heute Interview<br />
ner Ansicht nach, sich<br />
dieser Entwicklung<br />
anzupassen. In Frankreich<br />
müssen wir das<br />
auch tun. Wir bauen<br />
immer noch auf ein<br />
Tourismuskonzept für<br />
die « Masse ». Es ist<br />
übrigens kein Zufall,<br />
dass das französische<br />
Fremdenverkehrsamt<br />
in Frankfurt a.M. ansässig<br />
ist. Strategisch<br />
betrachtet ist dies der<br />
Ort, an dem die wichtigsten<br />
Urlaubsziele<br />
des Massentourismus<br />
geplant werden.<br />
Meiner Meinung<br />
nach sollte jetzt der<br />
Individualtourismus<br />
gefördert werden, die<br />
Möglichkeit, versteckte Orte zu entdecken<br />
oder das Landleben kennenzulernen.<br />
Und warum dies nicht anlässlich<br />
sportlicher Ereignisse? Im nächsten<br />
Jahr wird Frankreich die Rugby-Weltmeisterschaft<br />
ausrichten. Versuchen wir,<br />
diese Gelegenheit genauso gut zu nutzen<br />
wie unsere deutschen Freunde, um unser<br />
Land noch bekannter und beliebter zu<br />
machen!<br />
Ich bin mir sicher, dass man an kleinen,<br />
unspektakulären Orten besonders gut<br />
«<br />
Im<br />
Gegenzug ist der<br />
L aizismus für einen<br />
Deutschen nur schwer<br />
verständlich. EinBeispiel:<br />
Ich bin katholisch –<br />
dennoch nehme ich am<br />
3. <strong>Oktober</strong>, dem Tag der<br />
Deutschen Einheit, nicht<br />
am Gedenkgottesdienst<br />
teil, obgleich ich dazu<br />
eingeladen bin.<br />
»<br />
das typische « Frankreichgefühl<br />
» genießen<br />
kann. Auch wenn das<br />
nicht leicht zu erklären<br />
ist: Ich wurde einmal<br />
von einer Zeitung<br />
gebeten, meine « Geheimtipps<br />
» zu verraten.<br />
Ich habe mehrere<br />
vorgeschlagen, aber sie<br />
wurden nicht berücksichtigt…<br />
Es war wohl<br />
nicht « postkartenmäßig<br />
» genug. Ich bin<br />
jedoch überzeugt, dass<br />
die deutschen Leser die<br />
Terrasse irgendeines<br />
Cafés im Marseiller<br />
Hafen, wie ich empfohlen<br />
hatte, gemocht<br />
hätten. Einfach dort<br />
zu sitzen, ein Croissant<br />
zu essen und das Treiben der Stadt zu beobachten,<br />
ist ein wahres Vergnügen. Aber<br />
ich bin überzeugt davon, dass man weitermachen<br />
und die Neugier wecken muss,<br />
und die ist groß in dem Land Goethes!<br />
Neugier zu erwecken und zur Entdeckung<br />
Frankreichs einzuladen, war von<br />
Anfang an unser Ziel und dem werden<br />
wir auch in unseren nächsten Ausgaben<br />
treu bleiben. Monsieur l‘Ambassadeur, wir<br />
danken Ihnen für dieses Gespräch.<br />
Das Gebäude der französischen Botschaft in Berlin<br />
Frankreichs neues Botschaftsgebäude wurde vom<br />
Architekten Christian de Portzamparc entworfen und steht<br />
an historischer Stelle im Herzen von Berlin, am Standort der<br />
früheren Botschaft am Pariser Platz 5, schräg gegenüber<br />
dem Brandenburger Tor. Das Grundstück hatte Napoleon III.<br />
1860 für Frankreich erworben. Die französische Gesandtschaft<br />
residierte von da an in einem Stadtpalais aus dem<br />
frühen 18. Jahrhundert, das Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
zerstört wurde. Nach Abriss der Ruine im Jahr 1959 lag das<br />
Gelände bis zum Fall der Berliner Mauer im Todesstreifen und<br />
damit brach. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands<br />
erreichte Frankreich die Rückgabe des Grundstücks. Die<br />
Französische Botschaft sollte im Rahmen des Regierungsumzugs<br />
am historischen Ort wiedererrichtet werden und alle<br />
in Berlin ansässigen französischen Einrichtungen aufnehmen.<br />
Die gesamte bebaute Fläche beträgt 20.000 Quadratmeter.<br />
Mit etwa 250 Beschäftigten ist die Französische Botschaft in<br />
Deutschland eine der größten diplomatischen Vertretungen<br />
Frankreichs in der Welt.<br />
Das Botschaftsgebäude umfasst:<br />
• Büros für die Beschäftigten des Außenministeriums sowie<br />
die Dienststellen weiterer französischer Ministerien wie das<br />
Verteidigungs-, Innen-, Wirtschafts- und Finanzministerium<br />
• Ein Auditorium, Empfangsräume, Konferenzräume, Ausstellungsräume<br />
sowie eine Bibliothek<br />
• Die Residenz des Botschafters, Gästezimmer, Räume für das<br />
Personal und einen Wohnbereich mit Dienstwohnungen<br />
• Eingangsbereich, Lager und Archive sowie eine Cafeteria für<br />
die Mitarbeiter<br />
• 80 Tiefgaragenstellplätze<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Frankreich erleben<br />
im Abonnement –<br />
für Sie und Ihre Freunde !<br />
Holen Sie sich Frankreich alle zwei Monate nach Hause !<br />
Ihre Vorteile:<br />
Sie zahlen nur € 4,20 anstatt € 4,90 pro Heft<br />
(Deutschland) und sparen fast 15% !<br />
Sie bekommen jedes Heft portofrei<br />
bequem nach Hause geliefert !<br />
Sie versäumen keine Ausgabe mehr !<br />
Sie haben kein Risiko, denn das Abonnement<br />
ist nach einem Jahr jederzeit kündbar !<br />
Bestellen Sie noch heute !<br />
Einfach Postkarte ausfüllen und abschicken<br />
Bestellung per Fax: +49 (0)30 / 61 10 53 67<br />
Im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
Postkarte bereits vergriffen? Kein Problem, einfach Coupon ausfüllen und schicken an:<br />
Frankreich erleben-Aboservice, Postfach 10 32 45, 20022 Hamburg oder per Fax an: +49 (0)30 / 61 10 53 67.<br />
Ja, hiermit bestelle ich ein Abonnement<br />
von Frankreich erleben zum Vorzugspreis.<br />
Den Abonnementpreis<br />
ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein (nur von deutschem Konto möglich):<br />
Vorname / Name<br />
Kontonummer<br />
Straße<br />
Bankleitzahl<br />
PLZ / Ort<br />
Geldinstitut<br />
Land<br />
belasten Sie bitte meiner Kreditkarte: Visa MasterCard AMEX Diners Club<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
Ich bestelle das Abonnement für mich selbst und zahle für ein Jahr (6 Ausgaben) nur<br />
25,20 € anstatt 29,40 € am Kiosk (Deutschland). Nach Österreich kostet das Abonnement<br />
29,70 € anstatt 33,00 € am Kiosk und in die Schweiz 51,80 CHF anstatt 57,60<br />
CHF am Kiosk. Alle anderen Auslandsabonnements kosten 39,50 €. Das Abonnement läuft<br />
zunächst für ein Jahr und verlängert sich danach automatisch. Es ist nach dem ersten Jahr<br />
jederzeit kündbar.<br />
Ich möchte das Abonnement zu den oben genannten Preisen verschenken. Entscheidend<br />
ist dabei der Wohnort des Beschenkten. Ich erhalte eine Auftragsbestätigung und einen<br />
Geschenkgutschein, den ich dem Beschenkten übergeben kann. Das Abonnement endet<br />
nach einem Jahr (6 Ausgaben) automatisch. Das Abonnement soll erhalten:<br />
Kartennummer<br />
Gültig bis Monat/Jahr<br />
Werbecode: <strong>05</strong>/06<br />
Vorname / Name<br />
Straße<br />
Datum, Unterschrift<br />
Mit meiner zweiten Unterschrift nehme ich zur Kenntnis, dass diese Bestellung innerhalb von<br />
14 Tagen beim Leserservice schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann.<br />
PLZ / Ort<br />
Land<br />
Datum, Unterschrift<br />
Frankreich erleben-Aboservice • Postfach 10 32 45 • 20022 Hamburg • Telefon +49 (0)30 / 61 10 53 66<br />
Fax +49 (0)30 / 61 10 53 67 • frankreicherleben@interabo.de • www.frankreicherleben.de
Leben in Frankreich<br />
Wie telefoniert man günstig in Frankreich?<br />
Bis 1998, vor der Öffnung des<br />
französischen Telekommunikationsmarktes,<br />
hatte France Télécom das<br />
nationale Monopol in diesem Bereich.<br />
Es führte kein Weg an dem<br />
staatlichen Unternehmen vorbei, was<br />
dafür das Land mit einem durchaus<br />
modernen Telefonsystem ausgestattet<br />
hatte. Stolzes Beispiel war<br />
Minitel (vergleichbar, wenn auch<br />
ausgereifter, mit dem BTX-System<br />
in Deutschland), das schon lange<br />
vor dem Internet den Austausch von<br />
Daten mit Hilfe der Telefonleitung<br />
ermöglichte. Das Jahr 1998 führte<br />
dann zu einem großen Einschnitt,<br />
und der Markt wurde mit neuen<br />
Angeboten privater Telefongesellschaften<br />
geradezu überschwemmt.<br />
Die Preise sanken im Sturzflug, und<br />
der Kunde sah sich mit einem schwer<br />
durchschaubaren Tarifdschungel<br />
konfrontiert. Im Folgenden ein paar<br />
Tipps, wie Sie vor allem während einer<br />
Reise durch Frankreich ihr Telefonbudget<br />
möglichst niedrig halten<br />
können:<br />
1. Verstehen Sie das<br />
Nummernsystem<br />
In Frankreich gibt es keine Vorwahlen<br />
und eine Telefonnummer<br />
besteht immer aus zehn Ziffern. Ausnahmen<br />
bilden nur bestimmte Sondernummern,<br />
wie die kostenfreien<br />
Notrufnummern (112 für Notfälle,<br />
17 für die Polizei, 18 für die Feuerwehr)<br />
oder einige teure Servicenummern<br />
(0820, 0825,...). Die gewöhnlichen<br />
Anschlüsse beginnen immer<br />
mit zwei Ziffern, über die sich der<br />
Anschluss geografisch zuordnen<br />
lässt: 01 für den Pariser Großraum,<br />
02 für den Nordwesten, 03 für den<br />
Nordosten, 04 für den Südosten und<br />
<strong>05</strong> für den Südwesten des Landes.<br />
Diese beiden Ziffern müssen übrigens<br />
immer mitgewählt werden. Nur<br />
bei Anrufen vom Ausland her lässt<br />
man die 0 weg. Mobilnummern beginnen<br />
immer mit einer 06. Anrufe<br />
aufs Handy sind – wie in den meisten<br />
Ländern – auch in Frankreich viel<br />
teurer als Anrufe ins Festnetz.<br />
2. Vermeiden Sie<br />
Anrufe aus dem Hotel<br />
Obwohl es diverse Versuche gab,<br />
Hoteliers davon zu überzeugen, die<br />
Telefonpreise für Anrufe aus dem<br />
Hotelzimmer zu senken, sind die<br />
Telefongebühren in den meisten Häusern<br />
unverändert überteuert. Manchmal<br />
werden neben exzessiven Minutenpreisen<br />
sogar Mindestgebühren<br />
für einen Anruf verlangt.<br />
3. Benutzen Sie vorausbezahlte<br />
Telefonkarten<br />
An vielen Verkaufsstellen in<br />
Frankreich (Supermärkten, Buchhandlungen,<br />
Tabakläden etc.) können<br />
Sie vorausbezahlte Telefonkarten<br />
erwerben. Im Angebot sind<br />
diverse Beträge von 5, 10, 15 oder<br />
mehr Euro. Damit können Sie von<br />
jedem beliebigen Apparat aus telefonieren.<br />
Sie müssen nur die auf der<br />
Karte markierte kostenfreie Nummer<br />
wählen, anschließend die angegebene<br />
Zugangsnummer eingeben<br />
und schon können Sie Ihr Gespräch<br />
führen. Der Betrag wird automatisch<br />
von Ihrem erworbenen Guthaben<br />
abgezogen.<br />
4. Misstrauen Sie<br />
Nummern, die mit 08<br />
oder 36 beginnen<br />
Bei einem Großteil der Nummern,<br />
die mit den Ziffern 08 oder<br />
36 beginnen, handelt es sich um teure<br />
Servicenummern, die gerne von<br />
Reservierungszentralen, Auskunftsstellen<br />
und anderen Hotlines benutzt<br />
werden. Die französische Gesetzgebung<br />
schreibt eindeutig vor,<br />
dass die Telefonkosten von solchen<br />
Nummern klar und deutlich angegeben<br />
werden müssen. Oft versuchen<br />
die Anbieter aber, diese Angaben<br />
möglichst versteckt zu positionieren.<br />
Eine wichtige Ausnahme stellen allerdings<br />
die Nummern dar, die mit<br />
0800 beginnen. Diese sind gratis!<br />
5. Vermeiden Sie Telefongespräche<br />
mit Kreditkarten<br />
Viele öffentliche Telefone in<br />
Frankreich, wie beispielsweise Telefonkabinen<br />
auf der Straße oder in<br />
Restaurants, ermöglichen das Telefonieren<br />
mit der Kreditkarte. Auch<br />
wenn dieses Angebot auf dem ersten<br />
Blick bequem erscheint, seien Sie vorsichtig.<br />
Einige Anbieter verlangen<br />
eine oft gesalzene Grundgebühr, unabhängig<br />
von der tatsächlichen Dauer<br />
des Gesprächs. Die böse Überraschung<br />
merken Sie meist erst bei<br />
Erhalt der Kreditkartenabrechnung.<br />
6. Nutzen Sie die<br />
Internet-Telefonie<br />
Nicht nur von Zuhause, auch im<br />
Urlaub bietet die Internet-Telefonie<br />
eine preiswerte Möglichkeit zum<br />
weltweiten Telefonieren. Öffentliche<br />
Internetzugänge werden in<br />
Frankreich immer verbreiteter. So<br />
sind viele Bahnhöfe, Flughäfen,<br />
Raststätten, Restaurants etc. längst<br />
mit WLAN ausgestattet. Manchmal<br />
sind die Zugänge kostenpflichtig,<br />
manchmal gratis. Einige Städte wie<br />
beispielsweise Bordeaux bauen sogar<br />
ein kostenfreies WLAN-System in<br />
ihren Straßen auf. Mit Ihrem Notebook<br />
und Programmen wie Skype<br />
oder X-Lite können Sie kostengünstig<br />
in der ganzen Welt anrufen.<br />
Nach kostenlosen Internetzugängen<br />
können Sie u.a. auf den folgenden<br />
Webseiten suchen:<br />
http://fr.maps.fon.com/<br />
https://secure.adael.net/deleg/ad/<br />
networkmap/paris27foradael.net.html<br />
M<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
paris aus<br />
neuer perspektive.<br />
MERIAN live! guide kompass scout map<br />
Louvre und Luxus-Lofts, Kathedralen und Modetempel, Quartier-Romantik und Weltstadtcharme – Paris sorgt<br />
für Herzklopfen. MERIAN bietet Reportagen von exzellenten Fotografen und den besten Autoren der Welt –<br />
mit aktuellen Informationen, nützlichen Tipps und umfangreichem Kartenmaterial.<br />
Für anspruchsvolle Reisende, die das Erlebnis für alle Sinne suchen.<br />
im guten buch- und zeitschriftenhandel oder unter telefon<br />
0 40/87 97 35 40 und www.merian.de
Unterwegs in Frankreich Marseille<br />
Marseille ist<br />
zwar die zweitgrößte<br />
Stadt<br />
Frankreichs, doch<br />
nur die wenigsten Reisenden kennen sie. In den Köpfen halten sich hartnäckig<br />
die Klischees, dass die Metropole an der Rhone-Mündung ein armes, dreckiges<br />
und gefährliches Moloch sei. Viele verbinden mit Marseille auch die drei « Ps »: Pastis,<br />
Pétanque und Marcel Pagnol, ein bekannter Schriftsteller und Regisseur. Aber<br />
inzwischen entdecken immer mehr Besucher den unverwechselbaren Charme<br />
der dynamischen Hafenstadt. Marseille lässt sich schwer in Worte fassen, man<br />
muss die Stadt und ihren Facettenreichtum erleben und sich ihr vor allem<br />
ohne Vorurteile nähern. Wir haben für Sie 10 Gründe zusammengestellt,<br />
die Marseille liebenswert machen. Sicherlich gibt es noch viele weitere,<br />
aber diese haben uns ganz besonders gefallen. Es sind<br />
Momente im Leben, wie man sie wohl nur in Frankreichs<br />
Mittelmeermetropole erfahren kann.<br />
Der Genuss einer Tasse Kaffee<br />
und eines Croissants auf<br />
der Terrasse des Cafés « La Sa<br />
Es ist ein Tipp von<br />
Claude Martin, franzö<br />
maritaine » am Alten Hafen<br />
sischer Botschafter in Berlin. In diesem<br />
Café trifft man auf das authentische Lebensgefühl der Hafenstadt. Marseille ist eine Stadt, die<br />
man auf sich wirken lassen sollte. Die Terrassen der zahlreichen Cafés bieten sich geradezu dafür<br />
an. Die beiden Publizisten Michel Le Bris und Jean-Claude Izzo, beide regelrechte Marseille-Kenner,<br />
erwähnen die Adresse in ihrem Buch « Méditerranées » (Librio-Verlag) aus dem Jahre 1988. Sie<br />
schreiben darin poetisch: « Auf der Terrasse des Cafés ‹ La Samaritaine › genießt man sorglos bis zum<br />
letzten Schimmer dieses wunderschöne, herbstliche Lichtspiel, das von fünf Uhr nachmittags an<br />
wie ein Schleier vom Himmel fällt. Wen dieses Licht nicht in seinen Bann zieht, dem fehlt das<br />
Verständnis für die Schönheit dieser Stadt. Man ist von ihm eingenommen, selbst wenn es grell<br />
scheint und man gezwungen ist, die Augen davor zu verschließen. Marseille ist die Stadt des<br />
Lichtes und des Windes. »<br />
La Samaritaine, 2 quai du Port, 13002 Marseille, Telefon: +33 (0)4 91 90 31 41<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Das Naturparadies der Calanques<br />
– zum Preis eines Bustickets<br />
Die Buslinie 21, eigentlich eine Linie wie alle anderen. Ihre Endhaltestelle ist an der Universität Luminy. Kein<br />
Wunder also, dass man im Bus auf viele Studenten trifft. Einige der Fahrgäste haben jedoch ein Strandlaken dabei.<br />
Sie gehören zu den wenigen, die den wunderschönen Pfad vom Parkplatz der Endstation direkt zu den fjordähnlichen<br />
Calanques kennen. Dieses Naturparadies lädt mit über 3.400 Pfaden und Wegen zu langen Spaziergängen<br />
ein, aber auch zum Schwimmen oder zum Entdecken der zahlreichen kleinen Buchten, die nur zu Fuß oder<br />
manchmal sogar ausschließlich von der Meerseite her zugänglich sind. Zum Preis eines Fahrscheins entführt<br />
Sie der Bus 21 also zu einem der Naturwunder von Marseille. Die Fahrt vom Stadtzentrum dauert<br />
ungefähr eine halbe Stunde, der Fußmarsch entlang der kleinen Buchten rund eine Stunde.<br />
Diesen Ausflug sollten Sie sich keinesfalls entgehen lassen!<br />
Die Buslinie 21 fährt im Stadtzentrum von der Haltestelle « Cannebière Bourse » oder<br />
der U-Bahnstation « Rond-Point du Prado » ab. Steigen Sie an der Haltestelle<br />
« Luminy » aus. Von dort ist der Weg zu den Calanques ausgeschildert.<br />
Busticketpreis: 1,70 €.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 55
Unterwegs in Frankreich Marseille<br />
Nostalgie und High-Tech:<br />
eine Fahrt auf dem kleinen<br />
Fährboot im Alten Hafen<br />
« Le César » heißt dieses kleine Boot, das<br />
schon hundert Jahre alt ist. Ein echtes Wahrzeichen<br />
von Marseille! Für ein paar Cent bringt es seine<br />
Fahrgäste von einem Ende des Alten Hafens zum<br />
anderen, pro Tag über 100-mal vom Rathaus zur<br />
Place aux Huiles. Die Überfahrt dauert nur wenige<br />
Minuten, bedeutet jedoch einen echten Zeitgewinn,<br />
da man dadurch den Weg ums Hafenbecken nicht zu<br />
Fuß auf sich nehmen muss. In Marseille werden im<br />
Sommer oft schweißtreibende Temperaturen erreicht.<br />
Umso dankbarer sind die Stadtbewohner für diese<br />
« Abkürzung ». In jeder anderen Stadt wäre dieses Wassertaxi<br />
aus Kostengründen längst eingestellt worden.<br />
In Marseille hat man es nicht nur erhalten, sondern<br />
sogar entschieden, es zu modernisieren. Die Stadtverwaltung<br />
will den alten Motor erneuern lassen. Das<br />
Schiff wird dann durch Solarzellen auf dem Dach mit<br />
Sonnenenergie angetrieben. So wird aus einem der<br />
ältesten Boote von Marseille ein moderner High-<br />
Tech-Kahn. Und noch ein Tipp für die Überfahrt:<br />
Nutzen Sie die fünf Minuten der Schiffspassage,<br />
um den Marseillais, wie die Bewohner der Stadt<br />
bezeichnet werden, aufmerksam zuzuhören.<br />
Meist finden sich Stammfahrgäste auf der<br />
kleinen Fährverbindung. So erleben Sie<br />
Marseiller Lebensart hautnah.<br />
Fährboot am Alten Hafen, täglich von<br />
7.00 bis 19.20 Uhr, Anlegestellen<br />
gegenüber dem Rathaus (La<br />
Mairie) oder der Place aux<br />
Huiles. Preis 0,50 €.<br />
« Monsieur, kann ich deine<br />
Fahrkarte haben? » An den Ausgängen der Metrostationen<br />
hört man diese Frage<br />
Die kleinen Gefälligkeiten oft. Ein Unbekannter bittet Sie um<br />
nach Marseiller Art Ihre Fahrkarte, bevor Sie diese unachtsam<br />
wegschmeißen. Fast jeder U-Bahn-Nutzer ist<br />
mit einem Einzelfahrschein namens « Ticket Solo » unterwegs, der nach Entwertung<br />
eine Stunde gültig ist und mit dem man einmal umsteigen darf. Was Sie also<br />
wegwerfen wollen, kann durchaus für einen anderen Fahrgast noch brauchbar sein!<br />
Der Tickettausch ist natürlich offiziell verboten, da die Fahrscheine nicht übertragbar<br />
sind, aber dennoch gibt es kaum jemanden, der es nicht macht. Es ist eine kleine Gefälligkeit<br />
ganz nach Marseiller Art: Man erweist jemand anderem einen Gefallen und<br />
niemand stört sich daran, ganz im Gegenteil. Ein typisches Beispiel für die Denkweise<br />
der Stadtbewohner.<br />
Das « Ticket Solo » ist erhältlich in allen Bussen, an den Fahrkartenautomaten der Metro-Stationen sowie<br />
an den Verkaufsstellen der Marseiller Verkehrsbetriebe (RTM). Preis: 1,70 €.<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
a<br />
Einfallsreichtum:<br />
die ungewöhnlichen<br />
Straßennamen<br />
voller Poesie<br />
Oft hört man, Marseille sei eine harte Stadt. Doch bisweilen präsentiert<br />
sie sich voller Poesie und Kreativität. Ein eindrucksvolles Beispiel sind die<br />
Straßennamen. Bereits das Betrachten des Stadtplans regt die Phantasie<br />
an. So findet man beispielsweise eine « Rue va à la calanque » (« Geh-zuden-Calanques-Straße<br />
»), eine « Avenue du point d’interrogation »<br />
(« Fragezeichen-Avenue »), einen « Chemin des bons voisins »<br />
(« Weg der guten Nachbarn »), eine « Rue du bon Jésus »<br />
(« Straße des guten Jesus ») oder eine « Rue entre deux<br />
murs » (« Straße zwischen zwei Mauern »).<br />
Auf jedem guten Stadtplan und in<br />
den Straßen von Marseille.<br />
Die Schiffsverbindungen<br />
zum « Château<br />
d’If » und den<br />
« Iles du Frioul »<br />
Vom Wasser aus<br />
hat man den wahrscheinlich<br />
schönsten Blick auf Marseille. Am<br />
besten, man nimmt bereits am frühen<br />
Morgen ein Schiff zum « Château d’If » und<br />
den « Iles du Frioul ». Um diese Zeit ist das Licht<br />
bezaubernd, wenn Marseille im Sonnenaufgang<br />
erstrahlt. Gerade eine gute Viertelstunde dauert das<br />
Spektakel. Wenn Sie sich auf die richtige Seite setzen,<br />
haben Sie einen atemberaubenden Blick auf die Hafenstadt.<br />
Da die Schiffe stündlich hin- und zurückfahren,<br />
bietet der Ausflug eine einzigartige Möglichkeit, die Stadt<br />
für einen Kurztrip zu annehmbaren Preisen zu verlassen und<br />
aufs offene Meer hinauszufahren. Die Inseln laden zudem zu<br />
wunderschönen Spaziergängen und Wanderungen ein.<br />
Schiffsverbindungen zum Château d’If und den Iles du Frioul vom<br />
Quai des Belges vor dem Fischmarkt am Alten Hafen, täglich von<br />
6.30 bis 23.30 Uhr. Tickets: 10 €, Ermäßigungen für Familien. Telefon:<br />
+33 (0)6 26 99 39 69.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 57
Unterwegs in Frankreich Marseille<br />
Der Reiz markanter<br />
Orte und faszinierender<br />
Ausblicke<br />
Marseille ist eine Stadt markanter<br />
Orte und faszinierender<br />
Ausblicke. Die Kirche « Notre Dame<br />
de la Garde », die den Marseillern ganz<br />
besonders am Herzen liegt und von ihnen<br />
« Bonne Mère » genannt wird, thront<br />
weit sichtbar über dem Häusermeer der Innenstadt.<br />
Das historische Viertel « Panier »<br />
oberhalb des Alten Hafens mit seinen zahlreichen<br />
verwinkelten Gassen, die große Treppe<br />
gegenüber dem Bahnhof und der Ausblick,<br />
der sich von ihr aus eröffnet, das ehemalige<br />
Krankenhaus und heutige Museum « Vieille Charité » mit seiner je nach Lichteinfall anders wirkenden Außenfassade,<br />
die kleinen Häfen « Port de la Joliette » und « Vallon des Auffes » oder die Siesta, die man auf der Grünfläche vor dem<br />
« Palais du Pharo » hält, dies alles macht die Stadt so einmalig. Es sind markante Orte einer Großstadt, die einem als<br />
Bilder lange in Erinnerung bleiben werden. Orte, die zum ausgiebigen Verweilen oder auf einen Streifzug durch<br />
die umliegenden Straßen einladen. Daneben gibt es noch weitere bemerkenswerte, weniger bekannte Plätze,<br />
die ebenfalls zum Charme von Marseille beitragen. Wenn Sie beispielsweise tanken müssen, nutzen Sie die<br />
Tankstelle am Einkaufszentrum « Grand Littoral ». Von den Zapfsäulen aus können Sie einen atemberaubenden<br />
Blick über die Stadt genießen. Aber Vorsicht! Lassen Sie vor lauter Entzückung nicht<br />
den Tank überlaufen.<br />
Tankstelle am Einkaufszentrum « Grand Littoral ». Auf der A 55, Ausfahrt 6 B « Saint<br />
Antoine » oder auf der A 7, Ausfahrt 32 « Saint Antoine/ Hôpital Nord ».<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Der Singsang der<br />
Marseiller und ihre<br />
lokalen Ausdrücke<br />
Sogar für einen waschechten Franzosen hört sich<br />
das in der Stadt gesprochene Französisch exotisch<br />
an. Man spricht viel und laut und kommuniziert<br />
dabei mit zahlreichen Gesten. Fast hat man den<br />
Eindruck, dass das Sprechen mehr einem Sprechgesang<br />
ähnelt. Zudem hört man Ausdrücke, sei<br />
es im Bus, in der U-Bahn oder einem Café, die es<br />
sonst nirgendwo gibt. Hören Sie bei Ihrem nächsten<br />
Marseille-Besuch aufmerksam zu, vielleicht<br />
erkennen Sie einen dieser Ausdrücke wieder: Ein<br />
doppelter Pastis-Schnaps wird beispielsweise<br />
als ein « 102 » bezeichnet, « quelqu’un qui fait le<br />
cacou » ist ein kleiner Angeber. Wundern Sie<br />
sich nicht, wenn Sie an jedem Satzende das<br />
Wort « peuchère » hören, das heißt so viel<br />
wie « der Arme ». Und « La Cagole » ist eine Frau derberen Charakters,<br />
die sich aufreizend schminkt und kleidet.<br />
An allen Orten der Mittelmeermetropole, an denen<br />
sich Einheimische aufhalten.<br />
Eine Nacht in der<br />
« strahlenden Wohnsiedlung »,<br />
der Cité Radieuse<br />
Die Marseiller<br />
nennen sie auch<br />
humorvoll « das Haus des Verrückten<br />
». Erst kürzlich hat der überdimensionierte<br />
Gebäudekomplex des französischen Star-Architekten Le Corbusier sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. 330 Apartments,<br />
eine Vorschule, eine Turnhalle, eine Laufstrecke, ein Solarium, ein Theater, ein Kino und eine Einkaufsstraße<br />
im siebten Stock sind darin untergebracht. Le Corbusier hat eine Kleinstadt inmitten einer Großstadt errichtet. Dabei<br />
verfolgte er vier Zielsetzungen mit seinem Bau: Wohnen, Arbeiten, Kultur und Bildung sowie die ungehinderte Fortbewegung<br />
unter einem Dach. Heute ist das Gebäude immer noch bewohnt und Besuchern frei zugänglich. Seit einigen Jahren<br />
bieten zudem die beiden Architekturliebhaber Dominique und Alban Gerardin 20 Gästezimmer ganz in der Philosophie<br />
des Baus an: original, nüchtern und schlicht in der Konzeption. Eines ist sicher: Aus purem Zufall kommt hier niemand<br />
her, das Gros der Gäste sind Architekturliebhaber, Geschichtsinteressierte oder Besucher, die Originalität und ein ruhiges,<br />
harmonisches Ambiente schätzen. Das Restaurant bietet traditionelle, abwechslungsreiche Gerichte und exklusive Feinschmeckermenüs<br />
an. Eine exzellente Adresse, um Marseille « von innen » kennen zu lernen.<br />
Die Cité Radieuse ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet, der Eintritt ist frei. Da das Gebäude bewohnt ist, sollten Besucher das<br />
Wachpersonal in der Eingangshalle ansprechen. Dort erhalten sie Auskunft, welche Bereiche frei zugänglich sind.<br />
Cité Radieuse le Corbusier, 280 boulevard Michelet, 13008 Marseille. Buslinien 21, 21 S, 22 und 22 S, Haltestelle « Le Corbusier ».<br />
U-Bahn-Station « Rond Point du Prado ».<br />
Hôtel Le Corbusier: Zimmer zwischen 50 und 85 € mit Meerblick, zusätzliches Bett optional, Apartments 100 €. Frühstücksbuffet<br />
8 €. Telefon: +33 (0)4 91 16 78 00. Internet: www.hotellecorbusier.com.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 59
A 11 / E 50<br />
Châteaudun<br />
N 77<br />
A 5 / E 17 - E 54<br />
Chaumont<br />
Colmar<br />
es<br />
Chartre<br />
r le Loir<br />
Vendôme<br />
Unterwegs in Frankreich Marseille<br />
A 10 / E 60<br />
LOIRE<br />
Orleans<br />
D 965<br />
Chablis<br />
Montbard<br />
A 31<br />
Belfort<br />
A 35 / E 25<br />
Mulhouse<br />
Loches<br />
Blois<br />
10.<br />
Romorantin-<br />
Lanthenay<br />
Die Verlockung der<br />
Vierzonlokalen BourgesGetränke<br />
A 85 / E 604<br />
A 71 / E 9<br />
Issoudun<br />
Ein Eindruck von<br />
Marseille ist nicht vollkommen,<br />
wenn man nicht zumindest<br />
einmal den berühmten Pastis<br />
probiert hat. In der südfranzösischen<br />
Metropole wird aber auch ein Spitzenbier<br />
gebraut, das « Cagole ». Die « Fada Cola »<br />
ist der Name einer Cola-Sorte, die in Marseille<br />
hergestellt wird und der übermächtigen<br />
US-amerikanischen Konkurrenz<br />
trotzt. Fast schon hat es den Anschein,<br />
dass, wer Fada nicht trinkt, nicht als<br />
richtiger Marseiller gilt.<br />
N 6<br />
Avallon<br />
A 6<br />
Dijon<br />
A 38<br />
A 39<br />
Dole<br />
Lons-le-<br />
Saunier<br />
A 404<br />
Besancon<br />
FRANCE<br />
Pontarlier<br />
Les Fourgs<br />
St Claude<br />
Nantua<br />
SUISSE<br />
Lausanne<br />
A 1<br />
Genève<br />
A 36<br />
A 5<br />
Neuchâtel<br />
A 1<br />
A 9<br />
In vielen Bistros und Cafés der<br />
Stadt.<br />
Gap<br />
Anreise<br />
A51<br />
Florac<br />
Flugzeug: Lufthansa fliegt von Düsseldorf, Frankfurt a.M.,<br />
München und Stuttgart direkt nach Marseille. Air France<br />
D 992<br />
Millau<br />
bietet von vielen deutschen, schweizerischen und österreichischen<br />
Flughäfen Umsteigeverbindungen über Paris<br />
N 9<br />
A 75 / E 11<br />
Béziers<br />
Lodève<br />
A 9<br />
le Vigan<br />
nach Marseille an. Auch einige Billigfluggesellschaften haben<br />
die Hafenstadt im Flugplan. So HLX von Köln und demnächst<br />
Ryanair von Hahn sowie Karlsruhe/Baden-Baden.<br />
Auto: Über die Rhone-Tal-Autobahn erreicht man problemlos<br />
Marseille. Aus Österreich und Südostdeutschland bietet<br />
Montpellier<br />
sich eine Anreise über Norditalien und die Côte d’Azur an.<br />
Berlin-Marseille ca. 1.550 km, Köln-Marseille ca. 1.040, Wien-<br />
Marseille ca. 1.370 km und Zürich-Marseille ca. 750 km.<br />
Zug: Von Paris aus ist man in drei Stunden mit dem TGV in<br />
Marseille. Für alle Autoreisenden bietet sich auch der DB<br />
Autozug nach Avignon an, von wo aus es nur noch ein<br />
Katzensprung bis Marseille ist.<br />
E 15 – E 80<br />
A 9<br />
Nîmes<br />
Avignon<br />
Arles<br />
A7<br />
A55<br />
Marseille<br />
A51<br />
Aix-en-Provence<br />
A52<br />
A50<br />
A8/E80<br />
Toulon<br />
Digneles-Bains<br />
Die Reise-Informationen zu den einzelnen Tipps finden Sie<br />
dieses Mal direkt im Artikel.<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Marktplatz<br />
Unterkünfte<br />
Reiseveranstalter<br />
Restaurants<br />
Urlaub im Ferienhaus<br />
Atlantikküste<br />
Vendée<br />
Perigord<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Ile de Ré<br />
Aquitaine<br />
Wir bieten Ihnen über<br />
80 Ferienhäuser,<br />
unsere persönliche<br />
Betreuung vor Ort ist<br />
selbstverständlich.<br />
Bestellen Sie noch heute Ihren<br />
kostenlosen Katalog.<br />
www.vendee.de<br />
Tel. 026 84 - 95 82 23<br />
Shopping<br />
Ferienhaus mit Garten<br />
in Finistère, Bretagne<br />
Diverses<br />
8-Personen-Ferienhaus (3 Etagen, 2 Bäder, 3 Schlafzimmer)<br />
mit Garten, offenem Kamin, Wohnküche von privat zu<br />
vermieten. Nähe zum Strand: 3 km. Ideal für Familienurlaub<br />
mit Kindern (Hunde erlaubt). Diverse Freizeitmöglichkeiten<br />
Preis pro Woche: 400 – 850 Euro (abhängig von Saison und<br />
Personenzahl).<br />
Kontakt: sachaz@web.de<br />
oder + 49 (0)173-30 90 196<br />
Wenn Sie Ihre eigene<br />
Anzeige auf unserem<br />
Marktplatz veröffentlichen<br />
möchten, wenden Sie<br />
sich bitte an:<br />
Jeannette Kirchhoff<br />
Telefon +49 (0)211 887-3186<br />
jeannette.kirchhoff@<br />
corps-verlag.de<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 61
Art Unterwegs de Vivre in Kulturszene<br />
Frankreich Bordelais<br />
Ein<br />
Traumwochenende<br />
im Bordelais<br />
Das Ganze hat mit einer leicht verrückten Wette bei<br />
einer unserer Redaktionskonferenzen angefangen.<br />
Deutsche und französische Journalisten diskutieren<br />
gemeinsam darüber, welche Themen sie gerne in den kommenden<br />
Ausgaben von Frankreich erleben behandeln würden.<br />
Ich bin an der Reihe und soll einen Artikel vorschlagen.<br />
Dazu muss ich sagen, dass ich am Vorabend mit Freundinnen<br />
in Hamburg zu Abend gegessen hatte. Im Laufe des Abends<br />
kam das Gespräch auf meinen Job, und sie sagten mir, ich<br />
könne mich wirklich glücklich schätzen, für Frankreich erleben<br />
zu arbeiten. Schließlich hätte ich so die Möglichkeit,<br />
ständig zu reisen und ganz Frankreich kennenzulernen. Natürlich<br />
habe ich versucht, ihnen zu erklären, dass die Sache<br />
so einfach nicht sei, dass man neben dem Reisen auch über<br />
sehr viel Zeit hinweg Hintergrundinformationen recherchieren,<br />
über neue Themen schreiben, Leute treffen, immer<br />
Französisch sprechen und alle Informationen überprüfen<br />
müsse, kurz, dass man<br />
oft total erschöpft zu<br />
Hause ankäme und direkt<br />
wieder los müsse. Aber an<br />
ihrem Lächeln und ihren neidischen<br />
Blicken habe ich gesehen,<br />
dass für sie die Sache völlig klar war: Ich hatte einen wirklichen<br />
Traumjob!<br />
Da also offensichtlich jeder denkt, dass es ein Traumjob<br />
sei, für Frankreich erleben zu schreiben, habe ich mir gesagt,<br />
das überprüfe ich jetzt mal bei der Redaktionssitzung. Als<br />
ich also an der Reihe bin, sage ich – ein bisschen wie bei<br />
einer Wette – zu den versammelten Kollegen: « Ich schlage<br />
vor, dass ich mal ein Wochenende lang teste, ob man wirklich<br />
wie Gott in Frankreich leben kann ». Nun stellen Sie<br />
sich die Blicke der Redaktionsmitglieder vor! Alle drehen<br />
sich zu mir um. Dann herrscht erst einmal großes Schwei<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
gen, gefolgt von einigen Lachern. Der Chefredakteur sieht mich an und<br />
sagt: « Petra, habe ich das richtig verstanden, du hältst dich also für Gott<br />
in Frankreich? » – « Nein, nein », antworte ich schnell, « ich will nur mal<br />
wissen, wie es ist, ein Traumwochenende in Frankreich zu verbringen.<br />
Alle reden immer davon, ich will es eben ausprobieren. » Und stellen Sie<br />
sich vor – es hat funktioniert!<br />
Drei Tage später ruft mich die Redaktion an, um mir mitzuteilen,<br />
dass die Sache klargeht: Ich kann zu einer kleinen Verwöhnreise nach<br />
Frankreich aufbrechen. Das Ziel der Reise steht schon fest: Es soll in die<br />
Region rund um Bordeaux gehen. Ein echter Glücksfall, ich habe nämlich<br />
mit dem Team gesprochen, das aus dem Bordelais zurückgekehrt ist,<br />
um für die vorige Ausgabe einen Leitartikel zum Thema Atlantikküste<br />
zu schreiben. Die Berichte haben mich wirklich neugierig gemacht. Ich<br />
werde also in diese großartige Stadt aus dem 18. Jahrhundert fahren,<br />
Entenleberpastete essen, Weinberge sehen und guten Wein trinken!<br />
Schon so lange habe ich mich darauf gefreut, am Kai von Bordeaux entlang<br />
zu flanieren und die neu gestaltete Place de la Bourse zu sehen. Im<br />
Büro fangen die Kollegen an, mich ein bisschen zu beneiden und sich<br />
zu ärgern, dass sie nicht schon früher auf dieselbe Idee gekommen sind.<br />
Kurz vor der Abreise bestellt mich der Chefredakteur in sein Büro: « Petra,<br />
das war wirklich ein guter Vorschlag, den Du hattest. Aber vergiss<br />
nicht, dass Du nach Bordeaux fährst, um einen Artikel zu schreiben. Ich<br />
hoffe sehr, dass Du mit einem sachlichen Bericht zurückkommst. Wir<br />
schicken Dich nicht zum Urlaubmachen dorthin! » Das ist eine klare<br />
Ansage: Zwar darf ich ein Traumwochenende im Bordelais verbringen,<br />
soll aber vor allem mit einem Artikel im Gepäck zurückkommen.<br />
Einige Tage später sitze ich mitten im Zentrum von Bordeaux auf<br />
der Terrasse eines Cafés und warte auf meinen Leihwagen. Mehr hat<br />
man mir im Vorfeld nicht verraten. « Du wirst staunen, mehr kann ich<br />
Dir jetzt nicht verraten, aber es handelt sich um ein echtes Traumauto...<br />
», hatte mir unser Grafiker Henning geheimnisvoll in der Redaktion<br />
gesagt. Durch Nachbohren habe ich schließlich erfahren, dass es<br />
sich um ein brandneues Modell handeln soll. Ich bin dann aber wirklich<br />
überrascht, als ich vor der Brasserie einen wunderschönen schwarzen,<br />
windschnittigen Wagen sehe. Augenblicklich drehen sich alle Fußgänger<br />
nach dem Auto um. Es scheint wirklich Aufmerksamkeit zu erregen.<br />
Ich stehe also auf, gehe hin und erkenne das Modell. Es ist der neue<br />
Citroën C6, der in Frankreich gerade erst vom Band gelaufen ist. Der<br />
Fahrer braucht einige Unterschriften von mir und händigt mir dann die<br />
Schlüssel aus. 48 Stunden, ein ganzes Wochenende lang, darf ich also<br />
am Steuer dieser fürstlichen Limousine durchs Bordelais fahren. Das<br />
Traumwochenende kann in der Tat beginnen.<br />
Auf dem Vordersitz aus Leder finde ich einen an mich adressierten<br />
Briefumschlag. Er enthält die Adresse des Hotels, in dem ich heute<br />
übernachten werde, mitten in Weinbergen gelegen. Der Besuch eines<br />
berühmten Weinguts ist auch vorgesehen. Ich habe also wirklich ein<br />
Riesenglück. Vielleicht hatten meine Freundinnen doch Recht. Aber<br />
trotzdem beruhige ich mich schnell wieder, denn schließlich muss ich<br />
auch an meinen Artikel denken. Jetzt verfüge ich über die nötigen materiellen<br />
Rahmenbedingungen, um ein Traumwochenende zu verleben. Ich<br />
muss nur noch überprüfen, ob die Vorstellung, die ich mir von diesem<br />
Traum gemacht habe, auch wirklich mit der Realität übereinstimmt, ob<br />
man wirklich leben kann wie « Gott in Frankreich ». Ich muss schmunzeln,<br />
als ich sehe, dass die Geschwindigkeitsanzeige des Autos direkt<br />
Der frisch renovierte Brunnen der drei Grazien auf der Place de la Bourse.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 63
Unterwegs in Frankreich Bordelais<br />
auf der Windschutzscheibe angezeigt wird, wie bei einem<br />
Jagdflieger. Wenn es Götter geben sollte – ob sie dann wohl<br />
auch solche modernen Fortbewegungsmittel haben? Ziemlich<br />
schnell finde ich das Auto extrem praktisch. Und denke<br />
daran, dass es mir schwer fallen wird, mich nach meiner<br />
Rückkehr wieder an meinen kleinen Polo zu gewöhnen.<br />
An jeder roten Ampel starren die Leute auf mich. Dazu<br />
sollte man sagen, dass in Frankreich jeder neue Citroën<br />
schon mit Spannung erwartet wird. Egal, ob es der Traction<br />
Avant, der 2CV oder der Torpedo war. Die Franzosen<br />
haben einen fast familiären Bezug zu dieser Automarke.<br />
Und immerhin konnte Charles de Gaulle am 22. August<br />
Oben und rechts:<br />
Grand Théâtre von<br />
Bordeaux.<br />
Le Cours de l‘Intendance,<br />
einer der verkehrsberuhigten<br />
Boulevards<br />
in der Innenstadt<br />
von Bordeaux.<br />
1962 dank eines Citroën DS, dem berühmten Wagen mit<br />
Hydraulikfederung, einem Attentat in Petit Chamart entkommen.<br />
Trotz mehrerer Schüsse und zweier platter Reifen<br />
konnte der Fahrer losfahren und Tempo aufnehmen. General<br />
de Gaulle, seine Frau, sein Schwiegersohn und der<br />
Fahrer kamen unbeschadet davon. Man sagt, dass Mme de<br />
Gaulle sich danach vor allem um die Hühner sorgte, die im<br />
Kofferraum untergebracht waren. Aber auch die erfreuten<br />
sich noch bester Gesundheit. Da wundert man sich natürlich<br />
nicht darüber, dass auch Jacques Chirac heute am liebsten<br />
mit einem C6 fährt. Die Marke hat den Status eines<br />
« Präsidentenwagens » erlangt.<br />
Die Stadt Bordeaux hat sich sehr verändert. Die Gemäuer,<br />
die mit der Zeit schwarz geworden waren, sind<br />
heute wieder hell und sauber. Zahlreiche neue Bars und<br />
Restaurants haben eröffnet. Die Straßenbahn, die ganz<br />
modern mit einer unterirdischen Stromversorgung unter<br />
der Straßendecke ausgestattet ist, sorgt für ein völlig<br />
modifiziertes Stadtbild. Die Straßen sind nun größer,<br />
autofrei und mit mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer.<br />
Natürlich mache ich einen Abstecher zur Place de la<br />
Bourse und den neuen Kaianlagen. Anschließend treffe<br />
ich Freunde von mir. Sie erzählen, wie gut ihnen das<br />
Leben in Bordeaux<br />
gefällt: das Meer<br />
ganz in der Nähe,<br />
der TGV, wenn<br />
man mal nach Paris<br />
fahren möchte,<br />
der Flughafen, der<br />
boomt. Das ist in<br />
der Tat überzeugend.<br />
Das Design<br />
des Restaurants, in<br />
dem wir zu Abend<br />
essen, begeistert<br />
mich ebenfalls.<br />
Es befindet sich<br />
auf dem Dach des<br />
Museums für zeitgenössische<br />
Kunst<br />
(CAPC). Das Restaurant hat eine riesengroße Terrasse,<br />
einen hervorragenden Service und moderate Preise. Eine<br />
perfekte Mischung. Ich will unbedingt zeitig zu Abend<br />
essen, denn anschließend gehe ich in die Oper. Im Restaurant<br />
wird mir jedoch klar, dass Franzosen dies meistens<br />
umgekehrt machen: Erst gehen sie ins Theater oder<br />
in die Oper und danach essen sie in einer der zahlreichen<br />
Brasserien, die noch offen haben und auf Gäste warten.<br />
Den C6 parke ich in einem der zahlreichen unterirdischen<br />
Parkhäuser, die im Rahmen der Umbauarbeiten<br />
in der Stadt gebaut worden sind. Ich suche einen Frauenparkplatz<br />
in der Nähe des Ausgangs, stelle aber fest,<br />
dass es so etwas in Frankreich wohl nicht gibt. Trotzdem<br />
fühle ich mich sicher. Ich nehme die Eintrittskarte, die<br />
für mich reserviert worden ist, und gehe zum Opern<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
haus. Dieses heißt hier « Grand Théâtre ».<br />
Auch dieses Gebäude ist im Rahmen der<br />
Stadterneuerung komplett saniert worden.<br />
Es wirkt majestätisch<br />
und hat eine<br />
beeind r uckende<br />
Treppe. Ich bleibe<br />
stehen, um ein<br />
bisschen die Leute<br />
zu beobachten.<br />
Auch hier hat sich<br />
einiges geändert:<br />
Leute jeder Altersgruppe<br />
gehen<br />
in die Oper. Die<br />
Kleidung ist ganz<br />
unterschiedlich,<br />
vom Abendkleid bis zur Jeans kann man hier alles sehen. Im<br />
Konzertsaal sitze ich im Parkett in einem roten Samtsessel,<br />
der sicher noch aus dem 18. Jahrhundert stammt. Man hat<br />
sich Mühe gegeben, den Geist jener Zeit beizubehalten. Um<br />
mich herum füllt sich der Saal allmählich, zuerst kommen<br />
die Leute, die Logenplätze haben. Die Inszenierung ist originell.<br />
Dabei dachte ich immer, in Frankreich und zumal<br />
an so namhaften Orten wie hier würde man eher klassische<br />
Inszenierungen zu sehen bekommen, weil man sich vor<br />
zuviel Modernität scheut. Heute aber ist das Bühnenbild<br />
modern, und die einzelnen Bühnenbilder werden über einen<br />
Mechanismus miteinander verbunden, der perfekt funktioniert.<br />
Und was noch vor einigen Jahren in Frankreich unmöglich<br />
gewesen wäre: Eine nackte Frau betritt die Bühne.<br />
Das Publikum amüsiert sich, klatscht und ist hingerissen.<br />
Während der Pause kann man in einem goldverzierten Saal<br />
ein Glas Champagner genießen. Wenn die Götter Musik<br />
mögen, werden sie hier ihr Glück finden.<br />
Mein Hotel, das Château Cordeillan-Bages, befindet<br />
sich mitten in einem Weinberg nördlich von Bordeaux, im<br />
Médoc. Es ist eine so genannte « Kartause », ein wunderschönes<br />
Haus aus dem 17. Jahrhundert. Die bescheidene<br />
Größe – es gibt knapp 30 Zimmer – macht es zu einer<br />
außergewöhnlichen Adresse. Auch hier kommt mir Frankreich<br />
moderner vor als vor einigen Jahren:<br />
Früher hat man um jeden Preis versucht, bei<br />
Bauarbeiten den Originalzustand zu erhalten.<br />
Heute mischen die Architekten gerne<br />
Stein und Glas, Stahl und Holz. Das Design<br />
ist durchdacht und in schlichtem Stil<br />
Die Weinfelder des Médoc.<br />
Hotel Château Cordeillan-Bages.<br />
gehalten. Der Ort hat nicht nur seinen historischen<br />
Charme bewahrt, sondern durch<br />
einen klaren Stil an Schönheit gewonnen.<br />
Es ist einfach herrlich, morgens aufzuwachen,<br />
durch das Fenster endlose Weinberge<br />
zu sehen und das Frühstück mit frischen<br />
Croissants auf der kleinen Terrasse einzunehmen. Überall<br />
wurden Rosenstöcke gepflanzt. Später erfahre ich, dass<br />
so die Weinstöcke vor Krankheiten geschützt werden. Ich<br />
muss an meine Hamburger Freundinnen denken. Mädels,<br />
ihr hattet doch Recht! Ich habe es wirklich gut…<br />
Am späten Vormittag mache ich mich auf, um ein in<br />
der Nähe gelegenes berühmtes Weingut zu besichtigen:<br />
das Château Lafite Rothschild. Ich nutze die Gelegenheit<br />
für einen Zwischenstopp auf dem Marktplatz des kleinen<br />
Dörfchens Margaux. In einem winzigen Postamt kaufe<br />
ich Briefmarken. Die Postangestellte sieht aus, als ob sie<br />
glücklich wäre, hier arbeiten zu dürfen. Ich kann sie verstehen.<br />
Alles ist ruhig und einladend. Auf das Grundstück<br />
des Château Lafite zu fahren, lässt niemanden unberührt.<br />
Das bedeutet nämlich, sich an einen geschichtsträchtigen<br />
Ort zu begeben. Die Reifen des C6 knirschen auf dem<br />
Kies der Einfahrt. Auf einmal fühle ich mich ganz klein.<br />
So viele berühmte Leute müssen über diese Allee gefahren<br />
sein. Dieser Ort steckt voller Geschichten. 1755 suchte<br />
beispielsweise Richelieu einen Arzt in Bordeaux auf. Der<br />
riet ihm als beste und wirkungsvollste Medizin, einen Château-Lafite-Wein<br />
zu trinken. Nachdem Richelieu nach Paris<br />
zurückgekehrt war, konnte sich König Ludwig XV. gar<br />
nicht genug über seinen blendend guten Zustand wundern.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 65
Unterwegs in Frankreich Bordelais<br />
« Aber Majestät », antwortete ihm Richelieu, « ich habe den<br />
berühmten Jungbrunnen gefunden. » Bald sprach man in<br />
Versailles nur noch vom Lafite-Wein, jeder wollte davon<br />
trinken. Der Wein wurde zum « Wein des Königs ». Einige<br />
Zeit später, im Mai 1787, am Vorabend der Französischen<br />
Revolution, weilte Thomas Jefferson, künftiger Präsident<br />
der Vereinigten Staaten, in Bordeaux. Er war vom Weinanbau<br />
begeistert und träumte davon, auch in seinem Land<br />
Wein zu kultivieren. Innerhalb von fünf Tagen suchte er<br />
die größten Weinhändler der Stadt auf und sammelte jede<br />
Menge Informationen, die er mit nach Hause nahm. Sein<br />
ganzes Leben lang blieb er einer der treuesten Anhänger<br />
großer Bordeaux-Weine.<br />
Der Weinkeller dieses berühmten Hauses ist ein Gewölbekeller,<br />
den man unter dem Schloss ausgehoben hat und in<br />
den man über eine ziemlich steile Treppe gelangt. Die Temperatur<br />
ist hier zu jeder Jahreszeit konstant. Die ältesten<br />
Weinflaschen des Weingutes lagern in diesem Keller. Hier<br />
befindet sich gewissermaßen das Weinarchiv. Die Sammlung<br />
geht zurück bis in das Jahr 1797. Von diesem Jahrgang<br />
gibt es noch genau drei Flaschen. Von 1797 bis 1914 ist<br />
hier von jedem Jahrgang der passende Wein vorrätig. Insgesamt<br />
lagern 1.500 Flaschen im historischen Weinkeller.<br />
Die jüngsten Jahrgänge werden hingegen im sogenannten<br />
Großen Keller (Grande Cave) aufbewahrt, der sich zwischen<br />
den Weinlagern<br />
für die erste und<br />
zweite Lese mit<br />
mehr als 25.000<br />
Flaschen befindet.<br />
Ich verstehe natürlich,<br />
dass man<br />
nicht einmal im<br />
Traum daran denken<br />
sollte, einen<br />
dieser Weine zu<br />
kosten. Es handelt<br />
sich hier eher<br />
um ein Museum,<br />
das Ehrfurcht<br />
vor vergangenen<br />
Zeiten hervorruft.<br />
Der Baron Eric<br />
de Rothschild sagt<br />
deshalb auch: « Ich<br />
Die Vorfahrt zum<br />
Château Lafite<br />
Rothschild.<br />
bin nur ein vorübergehender Hüter von Château<br />
Lafite Rothschild ». In diesen Flaschen<br />
lagert ein Teil der Menschheitsgeschichte.<br />
Aber denken Sie deswegen nur nicht,<br />
dass das altehrwürdige Weingut sich auf<br />
seiner berühmten Vergangenheit ausruhe.<br />
Ganz in der Nähe hat man 1986 unter der<br />
Leitung des Architekten Ricardo Bofill mit<br />
dem Bau des weltweit ersten Weinlagers<br />
begonnen, das nicht mehr linear angeordnet<br />
ist. Dieser Keller von 50 Metern Durchmesser<br />
hat Platz für 2.000 Fässer. Die Weine der zweiten Lese<br />
reifen hier in Eichenfässern. Die Außenfassade des Gebäudes<br />
besteht aus zwei Wänden, der Eingang des Kellers<br />
ist monumental. Die moderne Architektur und achteckige<br />
Form des Weinkellers kontrastiert mit der edlen Atmosphäre,<br />
die dieser Ort ausstrahlt. In der Mitte fällt Licht<br />
durch einen Schacht herein, ein ganz besonderes, fast geheimnisvolles<br />
Licht.<br />
Auf der Rückfahrt nach Bordeaux sehe ich die Weinberge<br />
des Médoc vorüberziehen. Der Gewitterhimmel ist<br />
fast schwarz, aber in der Ferne reißen die Wolken auf und<br />
die Sonne kommt heraus. In weniger als 48 Stunden habe<br />
ich einzigartige Momente erlebt. Dieses Wochenende hat<br />
mich zweifellos verändert – durch die neuen Eindrücke, die<br />
besondere Atmosphäre, die Orte, die ich glücklicherweise<br />
aufsuchen durfte. Dieses Wochenende hat mir bestätigt,<br />
dass es hier eine ganz besondere Lebensqualität gibt. « Leben<br />
wie Gott in Frankreich » – warum eigentlich nicht? Ich<br />
glaube, in den vergangenen Tagen habe ich eine Ahnung<br />
davon bekommen, was dies wirklich bedeutet. Als ich die<br />
Schlüssel meines Hotelzimmers und des C6 zurückgegeben<br />
habe, laufe ich alleine durch die Straßen von Bordeaux. Ich<br />
suche den Shuttle-Bus zum Flughafen, als mein Telefon<br />
klingelt. Mein Kollege Jan aus der Redaktion ruft an. « Und,<br />
wie war es? », fragt er mich. « Hast Du aufgehört zu träumen?<br />
» Ich weiß<br />
gar nicht, was ich<br />
ihm antworten<br />
soll. Aber eines ist<br />
sicher: An dieses<br />
Traumwochenende<br />
im Bordelais werde<br />
ich mich noch lange<br />
erinnern!<br />
Der Pool des Hotels<br />
Château Cordeillan-<br />
Bages.<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Roscoff<br />
D58<br />
N12/E50<br />
Lannion<br />
Dinard<br />
St Malo<br />
Brest<br />
Morlaix<br />
St Guingamp<br />
St Brieuc<br />
St Brieuc<br />
D26<br />
Dinan<br />
St Malo<br />
Châteulin<br />
Douarnenez<br />
Quimper<br />
N164<br />
Pontivy Pontivy<br />
N12/E50<br />
N137<br />
Rennes<br />
Rennes<br />
Fougères<br />
Mayenne<br />
MAYENNE<br />
Alencon<br />
Mam<br />
A 81 / E 50<br />
Die Weinberge des Château Lafite Rothschild.<br />
Anreise<br />
Flugzeug: Lufthansa fliegt Bordeaux<br />
nonstop von München aus an, mit<br />
Zubringerflügen von vielen deutschen<br />
Flughäfen. Air France verbindet<br />
Deutschland, Österreich und die<br />
Schweiz mit Bordeaux via Paris.<br />
Auto: Bordeaux und das Bordelais<br />
erreicht man mit dem Auto über die<br />
A 10 (Paris-Bordeaux) oder die A 89<br />
(Lyon-Bordeaux). Berlin-Bordeaux ca.<br />
1.700 km, Köln-Bordeaux ca. 1.070 km,<br />
Wien-Bordeaux ca. 1.740 km, Zürich-<br />
Bordeaux ca. 960 km.<br />
Zug: Der TGV braucht von Paris nach<br />
Bordeaux rund 3 Stunden.<br />
Informationen im Internet<br />
www.tourisme-aquitaine.fr/de/<br />
www.bordeaux-tourisme.com<br />
Adressen vor Ort<br />
Office de Tourisme de Bordeaux<br />
12, cours du XXX Juillet<br />
33000 Bordeaux<br />
Telefon: + 33 (0)5 56 00 66 00<br />
Hotel Château Cordeillan-Bages<br />
332<strong>05</strong> Pauillac<br />
Lorient<br />
Quiberon<br />
N24<br />
Vannes<br />
N166<br />
N165/E60<br />
Telefon: + 33 (0)5 56 99 24 24<br />
www.cordeillanbages.com<br />
Geschlossen vom 15.12. bis 14.2.<br />
Anfahrt: Autobahn A 10 in Richtung<br />
Mérignac, Ausfahrt 7, über die N 215<br />
nach Saint-Laurent, von dort über die<br />
D 206 nach Pauillac. Alternativ über<br />
die D 2 von Bordeaux nach Pauillac.<br />
St Nazaire<br />
St Nazaire<br />
Musée d’Art Contemporain de Bordeaux<br />
(CAPC)<br />
7, rue Ferrère<br />
33000 Bordeaux<br />
Telefon: + 33 (0)5 56 00 81 50<br />
Täglich außer montags geöffnet, 11.00<br />
– 18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr.<br />
Dauerausstellungen Eintritt frei, Sonderausstellungen<br />
5 €, ermäßigt 2,50 €.<br />
Das Restaurant befindet sich auf<br />
der letzten Etage des Museums. Am<br />
Museumseingang Bescheid sagen,<br />
dass man zum Restaurant möchte.<br />
Zugang ist kostenlos.<br />
Telefon: + 33 (0)5 56 44 71 61<br />
Grand Théâtre de Bordeaux<br />
Place de la Comédie<br />
33000 Bordeaux<br />
Telefon: + 33 (0)5 56 00 85 95<br />
Programm: www.opera-bordeaux.com<br />
Das Office du Tourisme de Bordeaux<br />
organisiert Führungen durchs Grand<br />
Redon<br />
N137/E3<br />
N 137 / E 3<br />
Châteaubrian<br />
Châteaubrian<br />
A 83 / E 3<br />
Phare de<br />
Cordouan<br />
Pointe de<br />
Grave<br />
ERDRE<br />
Arcachon<br />
A 11 / E 60<br />
LOIRE<br />
N 249<br />
SÉVRE NANTAISE<br />
Royan<br />
A 87<br />
Pauillac<br />
A 10<br />
Bordeaux<br />
A 63<br />
Laval<br />
Châteu-Gontier<br />
la Segré<br />
A 62<br />
Angres<br />
Théâtre. Ticket 5,50 €, ermäßigt 4,50 €.<br />
Cognac<br />
Langon<br />
SARTHE<br />
Château Lafite Rothschild<br />
Nantes<br />
33250 Nantes Pauillac<br />
www.lafite.com<br />
Cholet<br />
Anfahrt: Wie für Château Cordeillan-<br />
Bages. Im Ort ausgeschildert.<br />
Besichtigungen montags bis freitags<br />
nach Anmeldung von 14.00 – 15.30 Uhr.<br />
Anmeldung per E-Mail (visites@lafite.<br />
com) oder per Fax (+33 (0)5 56 59 26<br />
83). Das Weingut ist am Wochenende,<br />
Feiertagen sowie in den Monaten<br />
August, <strong>September</strong> und <strong>Oktober</strong><br />
geschlossen.<br />
N 10<br />
A 11<br />
la Flèche<br />
Angoulême<br />
A 89<br />
Libourne<br />
N113<br />
Le Mans<br />
A 85<br />
Saumur<br />
Marmande<br />
C<br />
LOI<br />
LOIR<br />
Ch<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 67
Unterwegs in Frankreich Cordouan<br />
Cordouan,<br />
das kleine Versailles<br />
im Atlantik<br />
Wo die Gironde in den Atlantik mündet, steht der Leuchtturm von<br />
Cordouan. Seine Lampe befindet sich in 68 Metern Höhe und dient<br />
den Schiffern seit Jahrhunderten als Orientierungspunkt. Der Leuchtturm<br />
ist einer der letzten bewohnten Leuchttürme Frankreichs, ein<br />
kleines Architekturjuwel, das man gerne auch « das kleine Versailles<br />
im Atlantik » nennt. Heutzutage spielt der Turm nicht nur im Kampf<br />
gegen die Wellen eine wichtige Rolle, sondern er ist auch zu einer<br />
Touristenattraktion geworden.<br />
Angesichts unserer technischen Möglichkeiten<br />
vergessen wir heute gerne<br />
einmal, dass es Zeiten gab, wo es mit<br />
Unsicherheit, Angst und Gefahr verbunden war,<br />
wenn man in die See stach. Man fuhr meist nur<br />
tagsüber und möglichst von Kap zu Kap. Wenn<br />
die Nacht hereinbrach, musste man mit dem<br />
Schiff vor Anker gehen. Wenn ein Anker fehlte,<br />
verwendete man große Steine, um das Schiff im<br />
Stillstand zu halten. Die Ägypter haben entdeckt,<br />
wie man sich anhand der Sterne orientieren<br />
kann. Das Astrolabium wurde jedoch erst<br />
im 2. Jahrhundert v. Chr. vom griechischen Astronom<br />
Hipparchos erfunden. Und auch damit<br />
war es nur ungefähr und nur bei klarem Nachthimmel<br />
möglich, die eigene Position auf dem<br />
Meer zu bestimmen. Um den Seeleuten einen<br />
Fixpunkt zu geben, erbaute man deshalb<br />
Leuchttürme. Der bekannteste war der von<br />
Alexandrien, der im 3. Jahrhundert v. Chr. auf<br />
der Insel Pharos erbaut wurde und von dem das<br />
französische Wort für Leuchtturm – phare – abgeleitet<br />
ist. Was die Sicherheit der Seefahrt betrifft,<br />
war die Erfindung dieser Leuchtfeuer ein<br />
Meilenstein.<br />
Heute ist es dank GPS und anderer technischer<br />
Hilfsmittel glücklicherweise weitaus<br />
ungefährlicher, zur See zu fahren. Dennoch<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
leibt ein gewisses Restrisiko bestehen, wie<br />
jeder Seemann bestätigen wird. Kein GPS<br />
verschafft einem ein solches Gefühl der Sicherheit<br />
wie der Anblick eines Leuchtturms. Man<br />
sieht ihn und kann rufen: « Land in Sicht! ». In<br />
Cordouan hält der Atlantik eine solch freudige<br />
Entdeckung für alle Seefahrer bereit. Mitten<br />
im Wasser, auf der womöglich kleinsten Atlantikinsel,<br />
steht ein Leuchtturm auf einer<br />
Sandbank, die nur bei Ebbe sichtbar wird. Mit<br />
seinen 68 Metern Höhe steht der Turm an der<br />
Stelle, wo die Gironde in den Atlantik fließt,<br />
mitten in der Mündung zwischen Royan und<br />
der Landspitze Pointe-de-Grave. Sein Licht<br />
ist bis zu 40 Kilometer weit zu sehen. Was den<br />
Leuchtturm von anderen unterscheidet, ist<br />
aber vor allem die Tatsache, dass er als einer<br />
der letzten Leuchttürme seiner Art noch von<br />
zwei Leuchtturmwärtern bewohnt wird. Die<br />
meisten Leuchttürme sind nämlich im Laufe<br />
der Zeit längst automatisiert worden. Der<br />
Spardruck führte dazu, dass menschliche Arbeitskraft<br />
durch Technik ersetzt wurde.<br />
Cordouan ist ein winziges Eiland im Ozean:<br />
Die Insel, oder genauer die Sandbank, ist<br />
kaum größer als das Fundament des Leuchtturms,<br />
dessen Durchmesser rund 40 Meter<br />
beträgt. Bei Ebbe kann man den Leuchtturm<br />
per Schiff erreichen und über eine Treppe erklimmen,<br />
die sich hinter einer massiven Holztür<br />
auftut. Schon die Architektur des Leuchtturms<br />
ist den Weg dorthin wert. Das Gebäude,<br />
welches bereits seit 1862 – im selben Jahr, als<br />
in Paris Notre-Dame erbaut wurde – unter<br />
Denkmalschutz steht, wurde in mehreren<br />
Etappen erbaut. Der ursprüngliche Leuchtturm<br />
stammte aus dem Jahre 1360, aber erst im<br />
Jahre 1591 entstand ein Turm mit den heutigen<br />
Ausmaßen. Der Bau dauerte insgesamt 25<br />
Jahre und wurde von Hunderten von Arbeitern<br />
bewerkstelligt. Cordouan galt zu jener Zeit als<br />
einer der schönsten Leuchttürme der Welt. Allerdings<br />
hinterließ das Meer bald seine Spuren<br />
und das Geld fehlte, um ihn instand zu halten.<br />
Nur fünfzig Jahre später war er schon in so<br />
schlechtem Zustand, dass die Wärter sich nicht<br />
mehr trauten, das Leuchtfeuer anzuzünden.<br />
Da er aber an strategisch so bedeutsamer Stelle<br />
stand und die Zahl der Schiffbrüche auf den<br />
umliegenden Sandbänken dramatisch anstieg,<br />
entschloss man sich schließlich doch dazu, ihn<br />
zu restaurieren. Seine heutige Form stammt aus<br />
dem Jahre 1790 und vermittelt einen Eindruck<br />
von der Architektur des 18. Jahrhunderts. Er<br />
gilt als der König der Leuchttürme und wird<br />
deshalb auch gerne das « Versailles im Atlantik<br />
» genannt. Cordouan ist zudem der älteste<br />
erhaltene Leuchtturm Europas. Zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts schlug Augustin Fresnel<br />
vor, die Leuchtapparate, die aus Parabolen mit<br />
Lampen bestanden, durch eine Glaslinse zu ersetzen.<br />
Der sogenannte « Fresnelsche Apparat »<br />
war geboren und sollte bald weltweit auf allen<br />
Leuchttürmen zu finden sein. So auch auf<br />
Cordouan, nachdem der Apparat zunächst auf<br />
dem Pariser Triumphbogen getestet wurde.<br />
Auch heute ragt der Leuchtturm noch stolz<br />
in die Höhe. Damit das so bleibt, wurde sogar<br />
eine Gesellschaft gegründet, die den Leuchtturm<br />
instand halten und öffentliche Gelder<br />
einwerben soll. Denn wieder ist eine Renovierung<br />
dringend notwendig. Der Aufruf hat Gehör<br />
gefunden, denn die ersten Arbeiten wurden<br />
bereits in die Wege geleitet. Dabei begann man<br />
mit dem Wichtigsten: dem Bau einer Schutzmauer.<br />
Wieder einmal konnte Cordouan also<br />
vor dem Ansturm der Wassermassen gerettet<br />
werden. Vor allem aber erlebt der Turm eine<br />
zweite Blütezeit, die ihn diesmal wirklich retten<br />
könnte: der Tourismus.<br />
Leuchtturmwärter stellt man sich gerne<br />
als schrullige, verschlossene und einsilbige<br />
Einzelgänger vor. Man glaubt, dass sie äußerst<br />
misstrauisch beäugen, wie der Leuchtturm, ihr<br />
Leuchtturm, für die Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht wird. Aber falsch gedacht: Serge Andron<br />
ist 55 Jahre alt und Leuchtturmwächter<br />
auf Cordouan. Er sagt ganz klar, dass für ihn<br />
diese Öffnung für Besucher mit der Hoffnung<br />
verbunden ist, seinen Leuchtturm funktionsfähig<br />
zu halten und vor Wasserschäden retten zu<br />
können. « Meine Frau beschwert sich oft, dass<br />
ich aufhören soll, von Cordouan zu erzählen.<br />
Aber wie soll ich sagen, man wird hier eben ein<br />
bisschen plemplem. Wissen Sie, man muss das<br />
erlebt haben, wie abends das letzte Boot ablegt.<br />
Man schaut ihm noch eine Weile nach und<br />
schließt dann die Tür. Tja, und dann denkt<br />
man: So, jetzt sind wir nur noch zu zweit,<br />
von der Außenwelt abgeschnitten. Hier ist<br />
alles ruhig. Klar. Die Geräusche vom Festland<br />
kommen nur manchmal bei starkem Wind als<br />
Echo hier an. Wenn ich wieder an Land gehe<br />
und zu meiner Familie zurückkehre, brauche<br />
ich immer ein bisschen Zeit, um mich wieder<br />
einzugewöhnen und nachzudenken. Man muss<br />
erst den normalen Rhythmus wiederfinden. »<br />
Wenn man Leuchtturmwächter auf Cordouan<br />
ist, hat man das Glück, Tag und Nacht auf<br />
einem historischen Monument zu verbringen.<br />
Über dem Erdgeschoss gelangt man zunächst<br />
zum « Gemach des Königs ». Es ist nicht genau<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 69
Unterwegs in Frankreich Cordouan<br />
bekannt, warum die Räume so heißen.<br />
Fakt ist aber, dass in ihnen nie ein König<br />
gelebt hat. Darüber befindet sich<br />
eine Kapelle, die einzige auf der Welt,<br />
die auf einem Leuchtturm zu finden<br />
ist. Danach kann man über die Stufen<br />
einer prunkvollen Treppe, die einem<br />
richtigen Schloss alle Ehre machen<br />
würde, die Ebene mit dem Leuchtfeuer<br />
erklimmen, von wo aus sich ein fantastischer<br />
Ausblick auftut. « Oft spaziere<br />
ich durch alle Zimmer. Man kann hier<br />
so herrlich träumen », erzählt Serge.<br />
Natürlich ist es nicht immer einfach,<br />
von der Außenwelt isoliert auf dem<br />
Leuchtturm zu leben. Obwohl die<br />
Leuchtturmwärter Telefon, Radio und<br />
sogar Fernsehen haben. Sie sammeln<br />
Regenwasser, um zu duschen oder<br />
Geschirr zu spülen. Das Trinkwasser<br />
wird in Tanks oder Flaschen geliefert.<br />
Die Übergabe findet regelmäßig<br />
an der Pointe-de-Grave statt. Jeden<br />
Freitag kommt das Versorgungsboot,<br />
das Wasser, Benzin, Lebensmittel und<br />
Baustoffe, wie zum Beispiel Zement,<br />
für die Wartungsarbeiten bringt.<br />
Die Leuchtturmwärter gehören<br />
verwaltungstechnisch zum Ministerium<br />
für Infrastruktur, genauer zur<br />
Abteilung « Leuchttürme und Bojen ».<br />
Sie sind also Beamte des französischen<br />
Staates. Die zuständige Abteilung des<br />
Ministeriums betreut ca. 40 Leuchttürme<br />
vor den französischen Küsten<br />
und ungefähr 200 auf dem Festland.<br />
Aber die Leuchtturmwärter sind weit<br />
von dem gängigen Berufsbild des Beamten<br />
entfernt, den man sich doch eher<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Roscoff<br />
D58<br />
N12/E50<br />
Lannion<br />
Dinard<br />
St Malo<br />
Brest<br />
Morlaix<br />
St Guingamp<br />
St Brieuc<br />
St Brieuc<br />
D26<br />
Dinan<br />
St Malo<br />
Châteulin<br />
Douarnenez<br />
gemütlich am Schreibtisch sitzend vorstellt.<br />
« Manchmal gibt es hier große aber dafür kann man sich die Zeit frei<br />
beitszeiten sind die Quimper<br />
Pontivy Pontivy Zeiten hier extrem,<br />
Unwetter mit richtiger Sturzsee und einteilen. Die Hauptsache ist immer,<br />
hohem Wellengang. Das ist wirklich dass der Leuchtturm funktioniert. »<br />
atemberaubend. Aber der Leuchtturm<br />
ist solide, der hat schon ganz anderen Wärter nun auch die Besucher in<br />
Unwettern standgehalten. Wovor ich Empfang nehmen, die mit dem Boot<br />
am meisten Angst habe, sind Gewitter « La Quiberon<br />
Bohème » ankommen. Acht Kilometer<br />
mit Blitzeinschlag. Der Maschinenraum<br />
trennen den Leuchtturm vom<br />
stand schon mal in Flammen », Festland. In Cordouan läuft man beim<br />
sagt Serge. Bei solchen Gelegenheiten Ablegen ein kurzes Stück zu Fuß<br />
St Nazaire<br />
ist die Anwesenheit eines Wärters durchs Wasser zum Boot, daher sollte<br />
mehr als gerechtfertigt. Aber auch man Gummistiefel oder altes Schuhwerk<br />
an gewöhnlichen Tagen braucht man<br />
mitnehmen. Der ganze Ausflug<br />
die Leuchtturmwärter, denn sie kümmern<br />
dauert ca. dreieinhalb Stunden, unge<br />
sich um die Instandhaltung des fähr 30 Minuten entfallen davon auf<br />
Leuchtturms. Die Stromaggregate die Besichtigung des Leuchtturms und<br />
müssen mit Treibstoff versorgt werden<br />
den Aufstieg zur Laterne. Von dort<br />
– so ein Leuchtturm verbraucht oben aus versteht man, wieso dieser<br />
täglich ungefähr 25 Liter Benzin für Leuchtturm strategisch so wichtig<br />
seine Stromversorgung. Reparieren, ist: Man sieht die Sandbänke und begreift,<br />
streichen, irgendetwas gibt es immer<br />
wie gefährlich diese für Schiffe<br />
zu tun. « Verglichen mit normalen Ar<br />
werden können. Serge erklärt uns:<br />
N164<br />
N24<br />
N166<br />
St Nazaire<br />
N 137 / E 3<br />
A 83 / E 3<br />
ERDRE<br />
A 11 / E 60<br />
LOIRE<br />
N 249<br />
SÉVRE NANTAISE<br />
Fougères<br />
A 87<br />
Mayenne<br />
MAYENNE<br />
A 81 / E 50<br />
Laval<br />
Sandbänke. Hier bei Cordouan ist der<br />
N165/E60<br />
N12/E50<br />
N137<br />
« Der Anhaltspunkt Rennes für die Schiffe<br />
Rennes<br />
ist die helle Meeresfärbung durch die<br />
Seeweg sehr gefährlich. Die Schiffe<br />
N137/E3<br />
SARTHE<br />
Châteu-Gontier<br />
Seit Lorient einigen Jahren dürfen die müssen der Leuchtturmanzeige folgen<br />
Vannes<br />
Redon und sich außerdem noch auf la einen Segré an<br />
Châteaubrian<br />
Châteaubrian<br />
deren Leuchtturm oder eine Boje hin<br />
ausrichten. Nur dann können sie sicher<br />
Angres<br />
sein, dass sie wirklich richtig positioniert<br />
sind. Auch mit einem GPS ist<br />
das wichtig. Denn auch ein GPS kann<br />
Nantes<br />
mal kaputtgehen. Nantes »<br />
Hinter Serge fängt die Fresnel<br />
Cholet<br />
sche Laterne an, sich zu drehen. Die<br />
Nacht bricht an und der Leuchtturm<br />
strahlt hell in die Dunkelheit hinein.<br />
Alle Augen sind auf ihn gerichtet.<br />
Der Leuchtturm setzt seine Arbeit<br />
im Dienste der Schiffsleute unbeirrbar<br />
fort, Nacht für Nacht, und macht<br />
damit heute neben den Seefahrern und<br />
Wärtern auch noch den Touristen eine<br />
große Freude.<br />
A 11<br />
Le Mans<br />
la Flèche<br />
A 85<br />
Saumur<br />
Alencon<br />
Mam<br />
C<br />
LOI<br />
LOIRE<br />
Ch<br />
Besichtigung<br />
Besichtigungen von April bis <strong>September</strong><br />
mit dem Boot « La Bohème » vom Hafen<br />
Pointe-de-Grave aus. Dauer ca. 3 ½<br />
Stunden. Die Abfahrtszeiten variieren<br />
je nach Gezeiten. Ticket 28 € bzw. 18 €<br />
für Kinder unter 12 Jahren. Achtung:<br />
Das Ausbooten erfolgt durch seichtes<br />
Gewässer, also Gummistiefel oder alte<br />
Schuhe anziehen.<br />
Auskunft<br />
Richard Grass<br />
33123 Le Verdon-sur-Mer<br />
Telefon: +33 (0)5 56 09 62 93<br />
(Es wird auch Deutsch gesprochen)<br />
Internet<br />
www.vedettelaboheme.com<br />
Anreise<br />
Von Bordeaux aus über die N 215 in<br />
Richtung Soulac. Von dort aus weiter<br />
zum Hafen von Pointe-de-Grave.<br />
Phare de<br />
Cordouan<br />
Pointe de<br />
Grave<br />
Arcachon<br />
N 215<br />
Royan<br />
Lesparre<br />
Blaye<br />
Bordeaux<br />
A 63<br />
A 62<br />
Cognac<br />
Jonzac<br />
A 10<br />
N 10<br />
Angoulême<br />
A 89<br />
Libourne<br />
Langon<br />
N113<br />
Marmande<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 71
Unterwegs in Frankreich Hotel<br />
L’Hermitage Gantois<br />
Design-Hotel im Herzen von Lille, eingerichtet in einem ehemaligen Hospiz der Stadt.<br />
Im Jahre 1460 gründet ein wohlhabender<br />
Bürger namens Jean de la<br />
Cambe, der gebürtig aus der Stadt<br />
Gent stammt, ein Krankenhaus in Lille.<br />
Nach seiner Herkunft erhält es den<br />
Namen L’Hospice Gantois, denn « Gantois<br />
» ist im Französischen das Adjektiv<br />
zu Gent. Die Einrichtung, die in mehreren<br />
Gebäudeflügeln aus rotem Ziegelstein<br />
untergebracht ist, überlebt die<br />
Jahrhunderte ohne große Schäden.<br />
Selbst Revolutionen und Kriege können<br />
ihr nichts anhaben. Man bleibt die<br />
ganze Zeit über der medizinischen Bestimmung<br />
treu. Im Zweiten Weltkrieg<br />
dient die Anlage der Unterbringung<br />
von Frauen und Bedürftigen, die dort<br />
Hilfe und Unterstützung erfahren.<br />
Nonnen betreiben das Hospiz, bis es<br />
1995 endgültig geschlossen wird, da die<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Gebäude als zu veraltet und baufällig<br />
gelten. Zu jener Zeit ist die Anlage<br />
noch in öffentlicher Hand und gehört<br />
der Betreibergesellschaft der Krankenhäuser<br />
von Lille, die über die Einrichtung<br />
eines Krankenhausmuseums laut<br />
nachdenkt.<br />
Doch dann schlägt eine private<br />
Hotelinvestmentgesellschaft vor, das<br />
ehemalige Hospiz in ein modernes<br />
Luxushotel zu verwandeln, dessen Stil<br />
die historische Architektur des Gebäudes,<br />
welches seit 1923 unter Denkmalschutz<br />
steht, bewahrt und zeitgenössische<br />
Designelemente aufnimmt.<br />
Die Umbauarbeiten dauern zwei Jahre<br />
und nicht weniger als 32 Unternehmen<br />
sind daran beteiligt. Rund 15 Millionen<br />
Euro werden verbaut. Die feierliche<br />
Eröffnung findet schließlich am<br />
5. <strong>September</strong> 2003 statt.<br />
So kommt Lille zu einem außergewöhnlichen<br />
Design-Hotel im Herzen<br />
der Innenstadt, nur wenige Minuten<br />
vom Bahnhof und der historischen<br />
Altstadt entfernt, welches vielleicht<br />
als die schönste Herberge der Stadt<br />
gelten kann. Mit 67 Zimmern ist die<br />
L’Hermitage Gantois nur etwas größer<br />
als ein klassisches Boutique-Hotel und<br />
weit entfernt von anonymen Großstadthotels.<br />
Auch zwölf ehemalige<br />
Schlafräume der Nonnen wurden in<br />
Hotelzimmer umgewandelt. Erhalten<br />
blieb zudem die einstige Kapelle, die<br />
Bibliothek und der beeindruckende<br />
Hospizsaal aus dem 15. Jahrhundert.<br />
Jedes Zimmer ist individuell eingerichtet,<br />
zum Teil mit Möbelstücken<br />
großer Designer wie Philippe Starck.<br />
Kulinarisch verwöhnt der Chefkoch<br />
Sébastian Blanchet mit einer innovativen<br />
Speisekarte, die auch regionale<br />
L’Hermitage Gantois<br />
224, rue de Paris<br />
59000 Lille<br />
Telefon: +33 (0)3 20 85 30 30<br />
Fax: +33 (0)3 20 42 31 31<br />
E-Mail:<br />
reservation@hotelhermitagegantois.com<br />
Internet<br />
www.hotelhermitagegantois.com<br />
Zimmerpreise<br />
DZ 195 – 260 €, Suite 390 €, regelmäßige<br />
Sonderangebote im Internet<br />
Hotelausstattung<br />
67 Zimmer, Parkplatz, Bibliothek<br />
Kreditkarten<br />
Visa, MasterCard, AMEX, Diners Club<br />
Spezialitäten vorsieht. Und wer abends<br />
gerne einen Drink einnehmen möchte,<br />
ist in der luftig gestalteten Lobby in<br />
einem überdachten Innenhof bestens<br />
aufgehoben. Die L’Heritage Gantois<br />
ist mit seinen vielen Gängen, Höfen<br />
und Räumen kein Hotel wie jedes andere,<br />
sondern eine kleine Design-Oase<br />
im Großstadtdschungel.<br />
A 26 / E 15<br />
A 25<br />
Dunkerque<br />
Arras<br />
Lille<br />
Lens<br />
Douai<br />
FRANCE<br />
Amiens<br />
A 1 / E 15<br />
A 1 / E 17<br />
A 27<br />
Roubaix<br />
A 23<br />
Cambrai<br />
Gent<br />
BELGIQUE<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 73<br />
Dinard<br />
St Malo<br />
26<br />
St Malo
Boutique<br />
Olivenöl CastelaS<br />
Flasche 0,75 l – 22,90 e<br />
Kanister 1,0 l – 25,95 e<br />
Kanister 3,0 l – 74,00 e<br />
Artisane en Prouvènço<br />
Die Provence – eine Region, die für Lebensfreude und Genuss<br />
steht. Artisane hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses provenzalische<br />
Lebensgefühl durch ein reichhaltiges Sortiment regionaler<br />
Produkte nach Hause zu bringen. Dabei gehört es zur<br />
Philosophie des Unternehmens, durch eine direkte Zusammenarbeit<br />
mit den Herstellern, günstige Preise mit guter Qualität<br />
zu verbinden. Nach der Anfangszeit in Deutschland hat sich<br />
Artisane inzwischen in der Nähe von Avignon und L’Ile-sur-la-<br />
Sorgue angesiedelt, mitten im Herzen der Provence. Alle Produkte<br />
lassen sich bequem im Internet oder telefonisch bestellen. Selbst<br />
spezielle Kundenwünsche werden gerne erfüllt.<br />
Telefon: 0800/5035696 (gebührenfrei aus Deutschland)<br />
Fax: 02389/951067<br />
www.artisane.de<br />
Elisir M.P. Roux<br />
0,375 l – 19,25 e<br />
Pastis Henri<br />
Bardouin<br />
0,75 l – 17,95 e<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Pflegelinie Graine de Pastel<br />
Creme de Cocagne – 24,50 e<br />
Cube de Cocagne 125 g – 5,50 e<br />
Cube de Cocagne 400 g – 11,00 e<br />
Shampoo de Cocagne – 11,00 e<br />
Körpermilch de Cocagne – 14,50 e<br />
Körperöl de Cocagne – 21,50 e<br />
Geschenkset Seifen – 25,00 e<br />
Olivenholzschüsseln<br />
Größe 1 (16 cm) – 38,00 e<br />
Größe 2 (22 cm) – 87,00 e<br />
Größe 3 (25 cm) – 117,00 e<br />
Valdrome<br />
Tischset – 15,80 e<br />
Serviette – 6,30 e<br />
Tischkörbchen – 17,50 e<br />
Quadratischer Teller – 19,50 e<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 75
Art de Vivre Pariser Museen<br />
Paris:<br />
andere Orte<br />
Die Fondation Cartier im 14. Arrondissement von Paris.<br />
Maison de Balzac, Musée national Gustave Moreau und Fondation Cartier pour l’art<br />
contemporain, drei museale Orte außerhalb des Alltagsgeschehens der hektischen<br />
französischen Hauptstadt.<br />
Wenn wir einen gewissen Lebensweg hinter uns<br />
gebracht haben », so heißt es in einer Erzählung<br />
« von Honoré de Balzac, « kennen wir den geheimen<br />
Einfluss, den Orte auf die Beschaffenheit unserer<br />
Seele ausüben. » Jeder kennt sie, diese besonderen Plätze außerhalb<br />
des Alltagsgeschehens. Die « anderen Räume » hat<br />
sie der französische Philosoph Michel Foucault einmal genannt.<br />
Solche Orte muss man suchen. Sie liegen – das macht<br />
sie aus – bisweilen ziemlich versteckt und in jedem Fall abseits<br />
der ausgetretenen Pfade, aber sie bieten ihrem Entdecker<br />
einen bereichernden Blick auf scheinbar Altbekanntes.<br />
Wie kaum eine andere Großstadt ist Paris voll von diesen<br />
ein bisschen geheimnisvollen, diesen ungewöhnlichen<br />
Orten. Oft findet man sie in Form eines kleinen Museums.<br />
In seiner « Gebrauchsanweisung für Paris » nennt der amerikanische<br />
Schriftsteller Edmund White sie die « verlassenen<br />
Schreine für vergessene Götter ». Eine poetische Beschreibung<br />
für Plätze mit einer ganz besonderen Aura, die es zu<br />
entdecken gilt, und die genauso rätselhaft ist, wie die Wirkung,<br />
die von ihnen ausgeht. Schließlich sind es meist ganz<br />
banale Orte, die uns einfach nur ihre Geschichte erzählen<br />
wollen und dadurch zu etwas Besonderem werden.<br />
Einer von ihnen befindet sich im vornehmen Westen der<br />
Stadt, im 16. Arrondissement in einer noblen Wohngegend,<br />
nur einen Steinwurf vom Eiffelturm entfernt. An der Rue<br />
Raynouard, die zu diesem « anderen » Ort führt, reihen sich<br />
die Appartementbauten aneinander; einer beeindruckender<br />
als der andere. Immer wieder sind schöne Innenhöfe, Gärten<br />
und Brunnen durch Torbögen und Einfahrten zu erkennen.<br />
Mitten im Häusermeer dann eine unscheinbare graue<br />
Mauer mit dem Hinweis, dass sich hinter ihr die Maison de<br />
Balzac verbirgt. Nun ist Balzac alles andere als vergessen,<br />
dieser Ort scheint es aber zu sein. Der große Schriftsteller<br />
hatte sich 1840 auf der Flucht vor seinen Gläubigern und<br />
auf der Suche nach einem ruhigen, abgeschiedenen Arbeitsplatz<br />
hierher zurückgezogen und lebte sieben Jahre in<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
einer bescheidenen Wohnung, die heute als sein letzter noch<br />
vorhandener Wohnsitz in Paris zu besichtigen ist.<br />
Diese Wohnung befand sich in einem Nebengebäude<br />
eines Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert und in der Nachbarschaft<br />
kinderreicher Arbeiterfamilien. Die Hoffnung<br />
auf einen ruhigen Arbeitsplatz erfüllte sich also nicht unbedingt.<br />
Auch seine Gläubiger spürten ihn immer wieder auf,<br />
und er nutzte oft den Hinterausgang, um ihnen zu entkommen.<br />
Um ungestört arbeiten zu können, verlegte er seine<br />
Arbeitszeiten in die Nacht, hielt sich mit Kaffee wach, den<br />
er literweise zu sich nahm, und schlief tagsüber einige wenige<br />
Stunden. Er versuchte, den unangenehmen<br />
Besuchen seiner Gläubiger zu entgehen, indem<br />
er sich Monsieur de Brengnol nannte, und wer<br />
diesen antreffen wollte, musste sich mit den<br />
Worten « Ich bringe Brüssler Spitzen » an der<br />
Haustür melden. Kein Wunder, dass Balzac<br />
seinen Aufenthalt in Passy, wie der Stadtteil<br />
auch heißt, wenig angenehm fand.<br />
Heute steht seine Wohnung allen Besuchern<br />
kostenlos offen. Das dort eingerichtete<br />
literarische Museum hat zum Ziel, das Werk<br />
des Schriftstellers durch eine Ausstellung zu<br />
erhellen, und so finden sich hier Portraits großer<br />
Zeitgenossen Balzacs ebenso wie Exponate,<br />
die seine Liebesgeschichte mit Eva Hanska<br />
erzählen. Der interessanteste Raum des Museums,<br />
und ein wirklicher « anderer » Ort, ist<br />
das Schreibzimmer Balzacs, der einzige Raum<br />
Der Maler Gustave Mareau hatte zu Lebzeiten genug Geld, sich ein<br />
eigenes Museum für seine Werke einzurichten.<br />
des Museums, dessen originales Mobiliar noch<br />
vorhanden ist. Hier, in diesem kleinen Zimmer<br />
in einer gewöhnlichen Wohnung in einem noch<br />
damaligen Vorort von Paris also hat der Meister<br />
des französischen realistischen Romans an der Vollendung<br />
der geplanten 137 Bände seiner « Comédie humaine »<br />
gearbeitet. In einem Brief an Eva Hanska, den er im März<br />
1843 in selbigen Zimmer geschrieben hat, spricht er davon,<br />
dass er kaum Zeit für die einfachste Körperpflege fände, da<br />
er täglich 15 bis 18 Stunden arbeite. Selbst diese Zeit reiche<br />
ihm kaum, da er jede Seite bis zu 16-mal überarbeite.<br />
Die Ausstellung zeigt diese exzessive Arbeitsweise anhand<br />
von Druckseiten, die über und über mit handschriftlichen<br />
Korrekturen des Autors beschrieben sind. Oft verbesserte<br />
Balzac seine Texte nicht nur, sondern er verlängerte<br />
Maison de Balzac: Würde man nicht den Eiffelturm sehen, könnte man<br />
sich fast wie auf dem Lande fühlen.<br />
sie, da er nach dem Umfang des Manuskripts<br />
bezahlt wurde. Obwohl – oder vielleicht gerade<br />
weil – Balzac unermüdlich arbeitete, konnte<br />
er seinen Romanzyklus nicht vollenden. 1848<br />
starb er, 51-jährig, und wurde auf dem Friedhof<br />
Père Lachaise beigesetzt. Von der Besessenheit,<br />
mit der er sein Werk vorangetrieben hat, und<br />
von den mitunter extremen Umständen, unter<br />
denen es geschaffen wurde, erfährt der Besucher<br />
seiner Wohnung in Passy mehr, als ein<br />
Vorwort zu seinen Romanen jemals vermitteln<br />
könnte.<br />
Zum Museum gehört ein angenehmer kleiner<br />
Garten, der dazu einlädt, noch einmal innezuhalten,<br />
bevor man in den Großstadtlärm zurückkehrt.<br />
Vielleicht sollte man mal wieder einen<br />
Roman von Balzac zur Hand nehmen. Warum<br />
nicht – trotz seines Umfangs – « Glanz und Elend<br />
der Kurtisanen », entstanden genau hier, an diesem<br />
unscheinbaren Ort, der so viel über seinen<br />
Schöpfer zu erzählen hat. Und spätestens mit diesen<br />
Überlegungen ist man, ehe man sich versieht,<br />
dem Einfluss eines « anderen » Ortes erlegen.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 77
Art de Vivre Pariser Museen<br />
Treppe von einem Atelier zum anderen im<br />
Musée Gustave Moreau.<br />
Aber egal, ob<br />
man nun den Balzac<br />
aus dem Regal holt<br />
oder nicht, wenn man<br />
einmal seine Augen<br />
für die ungewöhnlichen<br />
Orte geöffnet<br />
hat, entdeckt man<br />
sie überall. Im 9. Arrondissement<br />
etwa<br />
findet sich das Musée<br />
national Gustave<br />
Moreau, ein in<br />
vielfacher Hinsicht<br />
besonderes Museum.<br />
Der Maler Gustave<br />
Moreau war schon zu<br />
Lebzeiten eine Legende.<br />
Seine geheimnisvollen<br />
symbolistischen<br />
Gemälde,<br />
die meist biblische,<br />
mythische oder phantastische Inhalte hatten,<br />
beeindruckten seine Zeitgenossen. Er stellte<br />
nicht die Begebenheiten und Schicksale dar,<br />
sondern versuchte das Unergründliche von<br />
Traumzuständen, Schauer und Schrecken auf<br />
die Leinwand zu bannen. Seine Kunst regte<br />
die Phantasie Oscar Wildes an, dessen « Bildnis<br />
des Dorian Gray » deutliche Spuren der<br />
Verehrung des Schriftstellers für den Maler<br />
aufweist. Marcel Proust verfasste « Bemerkungen<br />
zur geheimnisvollen Welt des Gustave<br />
Moreau », in J.K. Huysmans’ « Bibel der<br />
Dekandenz ». In « Gegen den Strich » spielen<br />
seine Gemälde eine Rolle und der junge Claude<br />
Debussy nannte, neben Botticelli, Moreau<br />
als seinen Lieblingskünstler.<br />
Doch Moreau scheint geahnt zu haben,<br />
dass seine Berühmtheit mit seinem Tod verblassen<br />
sollte. Der exzentrische Maler kümmerte<br />
sich lieber selbst um seinen Nachruhm.<br />
Anders als Balzac hatte er mehr als genug<br />
Geldmittel zur Verfügung und verwandelte<br />
das Stadthaus seiner Familie in der Rue de la<br />
Rochefoucauld in ein Museum seiner Werke,<br />
ein in der Kunstgeschichte wohl einmaliger<br />
Vorgang. Obwohl seine Bilder hohe Preise<br />
erzielten, verkaufte er nicht mehr, sondern<br />
konzentrierte sich auf die Einrichtung einer<br />
Dauerausstellung, die er genau so anordnete,<br />
wie er es für ideal hielt. An den Wänden<br />
hängen einige seiner Meisterwerke und für seine über<br />
4.800 Zeichnungen und Skizzen entwarf er eine einzigartige<br />
Ausstellungsmethode. Wie die Seiten eines riesigen<br />
Buches hängen sie in beweglichen Glasschaukästen an den<br />
Wänden. So lässt sich die Entstehung seiner<br />
Bilder anhand ihrer Vorstudien verfolgen.<br />
Nach seinem Tod 1898 vermachte er sein<br />
so ausgestattetes Haus dem französischen Staat<br />
und sein Wunsch nach einem « Musée Gustave<br />
Moreau » ging in Erfüllung, auch wenn sein<br />
Ruhm trotzdem geringer wurde und seine<br />
Bilder lange Zeit als minderwertig abqualifiziert<br />
wurden. 1992 wurde die Ausstellung des<br />
Museums um die Privatwohnung Moreaus<br />
im gleichen Haus erweitert, so dass sich nun<br />
zusätzlich die Möglichkeit bietet, neben dem<br />
Maler die Privatperson zu entdecken. In allen<br />
Räumen spürt man den Geist einer Epoche,<br />
die oft mit den Worten Ästhetizismus, Dekadenz<br />
und Dandytum beschrieben wird – Begriffe,<br />
die verständlich werden, wenn man die<br />
oberflächlich schönen und dennoch seltsam<br />
unergründlich-rätselhaften Bilder Moreaus in<br />
seinem selbstgeschaffenen Museum betrachtet.<br />
Wie gesagt, die Liste der « anderen » Pariser<br />
Orte ist lang und umfasst<br />
weit mehr als nur<br />
die Wohnungen von<br />
Künstlern. Auch liegen<br />
diese Orte nicht<br />
nur in der Vergangenheit,<br />
sondern manchmal<br />
fast schon in der<br />
Zukunft. So steht im<br />
14. Arrondissement<br />
ein spektakulärer Bau<br />
des französischen<br />
Stararchitekten Jean<br />
Nouvel. 1994 hat er<br />
für die Fondation<br />
Cartier pour l’art contemporain,<br />
die Cartier-Stiftung<br />
für zeitgenössische<br />
Kunst,<br />
ein Ausstellungs- und<br />
Bürogebäude am Boulevard<br />
Raspail entworfen.<br />
Das eigentliche<br />
Bauwerk erhebt sich<br />
zwischen gigantischen<br />
Glaswänden,<br />
die es mit ihrer<br />
Transparenz begrenzen.<br />
Doch zwischen<br />
ihnen stehen nicht<br />
nur Mauern, sondern<br />
auch ein lebendiges Kunstwerk, ein Garten fern jeder üblichen<br />
Definition, geschaffen von Lothar Baumgarten.<br />
Weder Landschaftspark noch französischer Garten noch<br />
Skulpturengarten und gleichzeitig all dies, damit bezieht<br />
Von seinen Zeitgenossen wurde Moreau als<br />
Maler nicht ernst genommen.<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Max<br />
e Douai<br />
e Fontaine<br />
Rue Ballu<br />
es<br />
lériot<br />
Rue<br />
agh<br />
l<br />
Avenue Paul Doumer<br />
Ru<br />
Rue<br />
Rue Cortambert<br />
e de l’Annonciation<br />
irabeau<br />
Rue de<br />
Rue<br />
Place<br />
de la pte<br />
d’Auteuil<br />
Nicolo<br />
la Tour<br />
de Passy<br />
Av. de Lamballe<br />
Raynouard<br />
Pont de Grenelle<br />
SEINE<br />
Av de Président Kennedy<br />
Quai André Citroën<br />
Rue<br />
Voie Georges Pompidou<br />
Avenue Émile Zola<br />
Rue de la Convention<br />
Boulevard Suchet<br />
Boulevard de Montmorency<br />
Rue Poussin<br />
d‘Auteuil<br />
ge<br />
Rue Saint Charles<br />
Rue Raffet<br />
Blick in den Garten der Fondation Cartier.<br />
Maison de Balzac<br />
47, rue Raynouard<br />
75016 Paris<br />
Internet<br />
www.paris-france.org/musees/balzac<br />
Öffnungszeiten<br />
Di - So 10.00 – 18.00 Uhr<br />
An Feiertagen geschlossen<br />
Eintrittspreise<br />
Der Eintritt zur Dauerausstellung ist frei<br />
Rue<br />
16 .<br />
15.<br />
R de l’Yvette<br />
Avenue<br />
17.<br />
8.<br />
7.<br />
Rue du Ranelagh<br />
Mozart<br />
de l’Assomption<br />
Rue Ribera<br />
Rue La<br />
Rue de Remusat<br />
Av Théophile<br />
Ru<br />
e Mirabeu<br />
1. 2. 3.<br />
4.<br />
6.<br />
14.<br />
18 .<br />
9. 10 .<br />
5.<br />
13 .<br />
Fontaine<br />
19.<br />
11.<br />
Gautier<br />
Av Perrichont<br />
Rue des Vignes<br />
ou<br />
12 .<br />
20.<br />
Rue de Boulainvilliers<br />
Rue<br />
Quai Louis Blériot<br />
Avenue de Versailles<br />
Rue<br />
Rue Cortambert<br />
Avenue Paul Doumer<br />
Ru<br />
Pont Mirabea<br />
Rue de<br />
e de l’Annonciation<br />
Rue<br />
Nicolo<br />
la Tour<br />
de Passy<br />
Av. de Lamballe<br />
SEINE<br />
Raynouard<br />
Pont de Grenelle<br />
Av de Président Kennedy<br />
Quai André Citroën<br />
Voie Georges Pompidou<br />
Rue Olivier de Serres<br />
Boulevard Lefebvre<br />
Avenue<br />
Rue<br />
ile Zola<br />
Rue de Dantzig<br />
Albert Bartholomé<br />
Boulevard Perip<br />
Dombasle<br />
Musée national<br />
Gustave Moreau<br />
14, rue de la Rochefoucauld<br />
75009 Paris<br />
Internet<br />
www.musee-moreau.fr<br />
Öffnungszeiten<br />
Mi – Mo 10.00 – 12.45 & 14.00 – 17.15 Uhr<br />
Eintrittspreise<br />
4 €, ermäßigt 2,60 € (sonntags ermäßigter<br />
Eintrittspreis für alle Besucher)<br />
16 .<br />
15.<br />
Place<br />
de l’Europe<br />
Parc Georges<br />
Brassens<br />
n Bleuzen<br />
17.<br />
8.<br />
7.<br />
Gare<br />
St-Lazare<br />
1. 2. 3.<br />
4.<br />
6.<br />
14.<br />
18 .<br />
9. 10 .<br />
5.<br />
Rue<br />
Rue de Liège<br />
13 .<br />
19.<br />
11.<br />
12 .<br />
20.<br />
Rue Londres<br />
Rue de Clichy<br />
Rue Saint Lazare<br />
Rue des Morillons<br />
Rue Brancion<br />
R d’Alleray<br />
Rue des Volontaires<br />
Rue de<br />
Rue de Vouillé<br />
R P. Barruel R St Armand<br />
Rue Castagnary<br />
nves<br />
lia Bartet<br />
R Labrouste<br />
R. Joubert<br />
Place<br />
Max<br />
Rue Ballu<br />
Rue Moncey<br />
R Dudot R Dr Roux<br />
Rue Falguière<br />
Rue Vercingétorix<br />
Boulev<br />
Rue<br />
Rue de Douai<br />
Rue Blanche<br />
Rue Raymond Losserand<br />
Place<br />
Blanche<br />
Rue Fontaine<br />
Rue Chaptal<br />
Bd Pasteur<br />
la Procession Rue de Gergovie<br />
R de La Rochefoucauld<br />
Rue St Lazare<br />
de Chateaudun<br />
Rua de la Victoire<br />
Rue d’Alésia<br />
Rue P. Larousse<br />
Rue Pernety<br />
Rue Didot<br />
R du Ctd Mouchotte<br />
R Vercingétorix<br />
R Jean Zay<br />
R du Châteu<br />
16 .<br />
15.<br />
17.<br />
Rue de Quest<br />
8.<br />
7.<br />
Avenue du Maine<br />
Place<br />
de l’Europe<br />
1. 2. 3.<br />
4.<br />
6.<br />
14.<br />
18 .<br />
9. 10 .<br />
5.<br />
13 .<br />
11.<br />
Cimentière du<br />
Montparnasse<br />
Rue Froidevaux<br />
Gare<br />
St-Lazare<br />
19.<br />
12 .<br />
20.<br />
Rue de Liège<br />
Rue Londres<br />
Rue Notre Dame<br />
Boulevard Raspail Boulevard Raspail<br />
des Champs<br />
Rue Vavin<br />
Rue d’Assas<br />
Boulevard du Montparnasse<br />
R Huyghens<br />
R Campagne<br />
Rue E. Richard<br />
Rue de Clichy<br />
Rue Saint Lazare<br />
R. Joubert<br />
Première<br />
Rue Moncey<br />
sich der Künstler mit dem Titel « Theatrum<br />
Botanicum » auf die Tradition der mittelalterlichen<br />
Klostergärten, die er effektvoll in<br />
die Zukunft führt. Auch sein Garten liegt<br />
hinter Mauern, aber diese Mauern sind aus<br />
Glas und so verbindet sich seine Pflanzenwelt<br />
aus über 200 verschieden einheimischen<br />
Gewächsen und Bäumen harmonisch<br />
mit der transparenten Architektur und der<br />
ausgestellten Kunst in immer wieder neuen<br />
Perspektiven. Ein wahrhaft ungewöhnlicher<br />
Ort, eine grüne Oase der Kunst ganz in der<br />
Nähe des verkehrsreichen Platzes Denfert-<br />
Rochereau. Zu erleben ist sie immer wieder<br />
neu in Verbindung mit den jährlich fünf<br />
Ausstellungen, die in den Räumen der Stiftung<br />
gezeigt werden.<br />
Künstler und Architekten nehmen Einfluss<br />
auf unsere Sichtweisen, indem sie die<br />
Magie eines « anderen » Ortes spielen lassen.<br />
So unterschiedlich die drei besuchten Museen<br />
auf den ersten Blick scheinen, etwas<br />
haben sie doch gemeinsam: Sie eröffnen<br />
eine neue Perspektive. Man verlässt sie ein<br />
bisschen nachdenklich und tritt manchmal<br />
nur ungern wieder in die Wirklichkeit ein,<br />
die man für einen Moment mit anderen Augen<br />
gesehen hat.<br />
Fondation Cartier pour<br />
l’art contemporain<br />
261, boulevard Raspail<br />
75014 Paris<br />
Internet<br />
www.fondation.cartier.fr<br />
Öffnungszeiten<br />
Di – So 12.00 – 20.00 Uhr<br />
Eintrittspreise<br />
6,50 €, ermäßigt 4,50 €<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 79<br />
Rue<br />
Rue Blanche<br />
Rue Chaptal<br />
R de La Rochefoucauld<br />
Rue St Lazare<br />
de Chateaudun<br />
Rua de la Victoire
Art de Vivre Kulturprogramm<br />
Supernova<br />
Reims, bis 31.10.<strong>2006</strong><br />
Foire Européenne<br />
Straßburg, 01. – 11.09.<strong>2006</strong><br />
Festival der<br />
Kathedralen<br />
Picardie, 02.09. – 14.10.<strong>2006</strong><br />
Das dritte Jahr in Folge lädt die<br />
Ausstellung « Supernova » in die<br />
Hauptstadt der Champagne ein.<br />
30 Meter unter der Erde, in den<br />
Kellern des Champagnerherstellers<br />
Pommery, entfaltet sich diese<br />
futuristische Veranstaltung, die<br />
laut Organisator « keinem klaren<br />
Konzept folgt ». 38 internationale<br />
Künstler präsentieren ihre Werke<br />
und entführen in die Science-Fiction-Welt.<br />
Dabei stößt man bei<br />
einem Besuch auf fast das gesamte<br />
Spektrum der plastischen Kunst,<br />
von der geometrischen Malerei bis<br />
hin zu surrealistischen Skulpturen,<br />
von der minimalen Abstraktion<br />
bis hin zu Pop. Für wen diese<br />
Ausstellung zu futuristisch ist, der<br />
kann sich am Ausgang auf ein Glas<br />
Champagner freuen.<br />
Domaine Pommery<br />
5, place du Général Gouraud<br />
51100 Reims<br />
Telefon: +33 (0)3 26 61 62 56<br />
Öffnungszeiten<br />
Täglich 10.00 – 18.00 Uhr.<br />
Eintrittspreise<br />
8 €, einschließlich einem Glas Champagner.<br />
Zum 74. Mal bittet die « Foire<br />
Européenne » in Straßburg zum Besuch.<br />
Letztes Jahr fanden mehr als<br />
210.000 Menschen für diesen Anlass<br />
den Weg ins Elsass. Allein der<br />
« Schlemmergarten » ist eine Reise<br />
wert: Diverse Spezialitäten verwöhnen<br />
dort die Gaumen der Besucher.<br />
Vielleicht ist dies auch ein Grund, warum<br />
93 Prozent der Gäste erklären,<br />
mit ihrem Besuch auf der Messe sehr<br />
zufrieden zu sein. Im Laufe der Jahre<br />
ist der Salon zu einem Treffpunkt<br />
der Generationen geworden, bei dem<br />
jeder nach seinem Geschmack und<br />
seinen Interessen ein attraktives Angebot<br />
vorfindet: Shopping, Schlemmen,<br />
Reisen etc. Das diesjährige<br />
Ehrengastland heißt Russland.<br />
Parc des expositions du Wacken<br />
Place de Bordeaux<br />
67082 Strasbourg<br />
Internet<br />
www.foireurop.com<br />
Öffnungszeiten<br />
Täglich 10.00 – 19.00 Uhr, samstags bis<br />
22.00 Uhr.<br />
Eintrittspreise<br />
6 €, ermäßigt 4 €, Kinder bis 6 Jahre frei.<br />
06.09. & 11.09. 3 € für jeden.<br />
Es ist eine einmalige Möglichkeit,<br />
das reiche Erbe der Region<br />
anhand zahlreicher Konzerte der<br />
Spitzenklasse kennenzulernen.<br />
Das Festival der Kathedralen stellt<br />
bereits seit 19 Jahren eine Brücke<br />
von der gotischen Architektur der<br />
Picardie zu einem anspruchsvollen<br />
Konzertprogramm mit historischen<br />
Instrumenten dar. Die Veranstaltungen<br />
finden in den schönsten<br />
Kathedralen der Region statt und<br />
richten sich an den fortgeschrittenen<br />
Musikliebhaber genauso<br />
wie an den Musiklaien. Weltweit<br />
bekannte Künstler treffen sich zu<br />
einer « musikalischen Reise », einer<br />
« Woche der Renaissance » oder<br />
einem internationalen Wettbewerb<br />
von Kirchenchören.<br />
Diverse Veranstaltungsorte<br />
Programm und Informationen<br />
Festival des Cathédrales de Picardie<br />
53, rue de l’Amiral Courbet<br />
80000 Amiens<br />
Telefon: +33 (0)3 22 22 44 94<br />
www.festivaldescathedrales.com<br />
Eintrittspreise<br />
Konzerte für 9 – 20 €, Abonnement für<br />
4 Konzerte 45 €, Dauerkarten 50 – 1<strong>05</strong> €.<br />
.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Internationaler<br />
Automobilsalon<br />
Paris, 30.09. – 15.10.<strong>2006</strong><br />
85. Prix de l’Arc de<br />
Triomphe<br />
Paris, 01.10.<strong>2006</strong><br />
Lille 3000<br />
Lille, 14.10.<strong>2006</strong> – 14.01.2007<br />
Mit mehr als 1,4 Millionen Besuchern,<br />
mehr als 500 Marken aus<br />
mehr als 30 Ländern und mehr als<br />
11.000 Journalisten aus 98 Ländern<br />
ist der Internationale Automobilsalon<br />
in Paris die meist besuchte und<br />
mediatisierte Automesse der westlichen<br />
Welt. Die Automobilhersteller<br />
nutzen die Messetage gerne zur<br />
Vorstellung oder Ankündigung von<br />
neuen Modellen und Prototypen.<br />
Für die Besucher ist es die Chance,<br />
sich ihren sonst nicht erreichbaren<br />
Traumautos zu nähern. Doch der<br />
Salon führt jedes Jahr auch wieder<br />
zu endlosen Staus im Pariser Westen.<br />
Also lieber mit den öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln anreisen...<br />
Parc des expositions de Paris<br />
Place de la Porte de Versailles<br />
75015 Paris<br />
Internet<br />
www.mondial-automobile.com<br />
Öffnungszeiten<br />
Di – Fr 10.00 – 22.00 Uhr, Sa – Mo 10.00<br />
– 20.00 Uhr, Nutzfahrzeugausstellung<br />
täglich bis 20.00 Uhr.<br />
Eintrittspreise<br />
12 €, Kinder bis 12 Jahre frei.<br />
Kartenvorverkauf im Internet.<br />
Seit dem Jahre 1920 rückt die<br />
traditionsreiche Pferderennbahn von<br />
Longchamp im Pariser Westen an<br />
jedem ersten Wochenende im <strong>Oktober</strong><br />
ins Rampenlicht. Der renommierte<br />
Preis lockt die besten Pferde<br />
aus der ganzen Welt an. Das Finale<br />
gilt als das beste Galopprennen der<br />
Welt und findet auf einer Strecke<br />
von 2.400 Metern statt. Doch neben<br />
der sportlichen Bedeutung ist das<br />
Rennen von Longchamp auch ein<br />
gesellschaftliches Ereignis. Jedes<br />
Jahr wird es von mehr als einer Milliarde<br />
Fernsehzuschauern auf der<br />
ganzen Welt verfolgt.<br />
Hippodrome de Longchamp<br />
Route des Tribunes<br />
Bois de Boulogne<br />
75116 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 44 30 75 00<br />
Internet<br />
www.prixarcdetriomphe.com<br />
Veranstaltungszeiten<br />
Das Rennen beginnt um 13.30 Uhr,<br />
Einlass ab 11.00 Uhr.<br />
Eintrittspreise<br />
8 €, für Senioren über 60 Jahre und<br />
Studenten 4 €, Kinder bis 18 Jahre<br />
und Frauen mit Hüten frei.<br />
Mit dem Projekt Lille 3000 will<br />
die Stadt an den sensationellen Erfolg<br />
der Europäischen Kulturhauptstadt<br />
im Jahre 2004 anschließen.<br />
Es handelt sich um ein kulturelles<br />
Großereignis, das sich alle zwei Jahre<br />
mit der Modernität und den Weltkulturen<br />
befasst und dabei Künstler,<br />
Besucher und Einheimische in<br />
Kontakt bringen soll. In diesem Jahr<br />
dreht sich auf dem Festival alles um<br />
Indien. Diverse Veranstaltungen,<br />
Ausstellungen, Kunstinstallationen,<br />
Filmvorführungen etc. finden an<br />
verschiedenen Ecken der Stadt statt.<br />
Am 14. <strong>Oktober</strong> geht es mit « Diwali<br />
», dem Fest des Lichtes, welches ein<br />
wichtiges Ereignis in Indien ist, los.<br />
Anschließend wird sich Lille drei<br />
Monate lang ganz indisch geben.<br />
Diverse Veranstaltungsorte<br />
Programm und Informationen<br />
www.lille3000.com<br />
Eintrittspreise<br />
Tageskarte 15 €, 2-Tagekarte 30 €,<br />
3-Tagekarte 45 €. Die Tageskarten<br />
erlauben neben dem Eintritt zu<br />
den Veranstaltungen von Lille 3000<br />
auch die kostenlose Benutzung der<br />
öffentlichen Nahverkehrsmittel.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 81
Art de Vivre Kulturszene<br />
CDs<br />
Raphaël:<br />
Caravane<br />
Coup de boule<br />
Es ist der Sommer-Hit in Frankreich. Dabei war das Lied am Anfang als Witz<br />
gedacht: Zwei Brüder komponieren diesen Song mit humorvollem Text am<br />
Tag nach dem verlorenen WM-<br />
Fußballfinale und dem Kopfstoß<br />
von Zidane, um damit Freunde<br />
zum Lachen zu bringen. Doch<br />
noch am selben Abend läuft<br />
das Lied auf einem der großen<br />
Radiosender und am nächsten<br />
Tag rufen bereits die Musikbosse<br />
an. Warner unterbreitet das<br />
beste Angebot und in nur 48<br />
Stunden wird die Single produziert<br />
und kommerzialisiert.<br />
Bereits ein Rekord für sich...<br />
Raphaël hat <strong>2006</strong> gleich<br />
dreimal die « Victoires de la<br />
Musique » gewonnen, und<br />
zwar als bester männlicher<br />
Sänger, für das beste Chanson-Album<br />
und mit dem Lied « Caravane » für den<br />
originellsten Chanson. Geboren 1975 als<br />
Sohn einer argentinischen Mutter und<br />
eines halb marokkanisch-jüdischen, halb<br />
russischen Vaters wirft er einen besonders<br />
romantischen Blick auf die Welt.<br />
Filme<br />
Corneille:<br />
Les marchands<br />
de rêves<br />
Corneille wurde 1977<br />
in Deutschland geboren. 1984 entdeckt er<br />
sein Heimatland – Ruanda. Neun Jahre später<br />
wird seine Karriere als Sänger plötzlich durch<br />
den Ausbruch des Bürgerkrieges gestoppt.<br />
1997 zieht er nach Montreal in Kanada. Seine<br />
Lieder handeln von der Liebe und verstorbenen<br />
Landsleuten. Die Texte sind rührend wie in<br />
« Reposez en paix » oder ein Aufruf zum Frieden<br />
wie in « Le bon Dieu est une femme ».<br />
In den Süden<br />
Frankreich 20<strong>05</strong>, 1<strong>05</strong> Minuten<br />
• Originaltitel « Vers le Sud » •<br />
Ein Film von Laurent Cantet<br />
mit Charlotte Rampling, Louise<br />
Portal und Karen Young •<br />
Kinostart: 21. <strong>September</strong> <strong>2006</strong>,<br />
im Verleih von Alamode<br />
Haiti in den späten 70er Jahren – Sonne, Meer und Sex. Das<br />
verheißt für die drei Nordamerikanerinnen Ellen, Brenda und Sue<br />
ein abwechslungsreiches Intermezzo. Einsam und vernachlässigt<br />
von den Männern in ihrer Heimat, können sie auf Haiti für ein paar<br />
Wochen ihre sexuellen Sehnsüchte ohne Scham ausleben. Und<br />
zwar durch die Dienste einiger gutaussehender einheimischer<br />
junger Männer. Doch die Harmonie im Garten Eden beginnt zu<br />
bröckeln, als sich zwei Frauen in denselben Mann verlieben.<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Buch<br />
Pierre Michon: Leben der kleinen Toten<br />
244 Seiten, Suhrkamp<br />
In « Leben der kleinen Toten » erzählt Pierre Michon von Menschen, die ohne ihn<br />
wohl kaum einen Biographen gefunden hätten und die mit dem Ende ihres Daseins<br />
sang- und klanglos verschwunden wären. Da ist zum Beispiel jener an Kehlkopfkrebs<br />
erkrankte Bauer, der sich weigert, in ein Pariser Krankenhaus eingeliefert zu werden,<br />
wo er behandelt und geheilt werden könnte. Von allen Seiten bedrängt, offenbart er<br />
schließlich den Grund seiner Weigerung: « Ich bin Analphabet. » Er spürt: Krankenhäuser<br />
und moderne Behandlungsmethoden sind nicht für Leute wie ihn gemacht, die noch<br />
nicht einmal ein Einlieferungsformular ausfüllen können. Auf wunderbare Weise gelingt<br />
es Pierre Michon, Menschen aus kleinen, meist bäuerlichen Verhältnissen zu porträtieren,<br />
ohne ihrem Elend auch nur eine Spur von malerischer Idylle anhaften zu lassen.<br />
Ein perfekter Platz<br />
Frankreich <strong>2006</strong>, 1<strong>05</strong> Minuten • Originaltitel<br />
« Fauteuil d’orchestre » • Ein Film von Danièle<br />
Thompson mit Cécile de France, Valérie Lemercier,<br />
Albert Dupontel, Claude Brasseur, Dani und Christopher<br />
Thompson • Kinostart: 31. August <strong>2006</strong>, im<br />
Verleih von Tobis Film<br />
Jessica, eine junge Frau aus der Provinz, zieht<br />
spontan nach Paris – quasi auf den Spuren ihrer<br />
geliebten Großmutter, die ihr Leben lang als<br />
Toilettenfrau in Pariser Luxushotels gearbeitet<br />
hat. Jessica ist voller Optimismus, Begeisterung<br />
und Tatendrang. Doch in der Hauptstadt<br />
Arbeit und Unterkunft zu finden, gestaltet sich<br />
schwieriger als erwartet. Sie ergattert schließlich<br />
einen Job als Aushilfskellnerin in einem kleinen<br />
Bistro in der luxuriösen Avenue Montaigne. Dort<br />
lernt Jessica in den folgenden Tagen eine Handvoll faszinierender Menschen kennen.<br />
Zufallsbegegnungen, die nicht nur Jessicas Leben prägen und verändern werden,<br />
sondern auch das Leben der anderen... Als der Film im Frühjahr <strong>2006</strong> auf Anhieb die Spitze<br />
der französischen Kino-Hitparade eroberte, lobte ihn die einheimische Presse einhellig.<br />
Inzwischen sahen nahezu 2 Millionen Franzosen den dritten Film von Danièle Thompson.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 83
Art de Vivre Wein<br />
Champagner:<br />
Lebensgenuss pur<br />
Er verzaubert durch seinen Mythos<br />
und sein tanzendes Perlenspiel.<br />
Kaum ein anderes Getränk<br />
gilt derart als Synonym für Luxus<br />
und High Society. Heute lebt gar<br />
eine ganze Region von seinem<br />
legendären Ruf. Auf den Spuren<br />
dieses edlen Schaumweines aus<br />
der Champagne.<br />
Bereits die Geschichte des Champagners ist einzigartig. Alles soll<br />
auf Saint Rémi zurückgehen, den Bischof von Reims, der am<br />
Ende des 5. Jahrhunderts König Chlodwig taufte und als neue<br />
Idee Wein der Region aus einem leeren Fass fließen ließ und damit den<br />
Geschmack der Menschen traf. Es war sicherlich auch ein glücklicher<br />
Umstand, dass von 898 bis 1825 in Reims, der Hauptstadt der Champagne,<br />
die französischen Könige gekrönt wurden. So konnten zu diesen Anlässen<br />
der französische Adel und ausländische Herrscher zugleich die<br />
Weine der Champagne kennen und schätzen lernen, denn die Krönungszeremonien<br />
wurden von üppigen Festmählern begleitet. Im Mittelalter<br />
wurden zudem Handelsmessen in der Region veranstaltet. So hatten auch<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Kaufleute aus der ganzen Welt die Möglichkeit, den Wein aus der Champagne<br />
zu kosten.<br />
Im Laufe der Geschichte entwickelte sich der Champagner immer<br />
mehr zu einem Wein für Festlichkeiten und wichtige Ereignisse. Auf<br />
dem Wiener Kongress 1814/15 soll er allgegenwärtig gewesen sein<br />
und die Stimmung der Teilnehmer fürstlich aufgeheitert haben. Die<br />
Dichterzunft erklärte den Champagner zudem zum Wein des Geistes.<br />
So meinte Voltaire: « Die perlende Frische dieses Weines offenbart<br />
der Franzosen heitere Lebensart ». Alexandre Dumas gab an, ein Glas<br />
Champagner stets neben seinem Tintenfass zu haben. Heute lässt sich<br />
keine große Begebenheit mehr ohne Champagner vorstellen. Egal, ob<br />
die Geburt eines Kindes, die Begrüßung eines neuen Jahres, die Taufe<br />
eines Schiffes oder die Unterzeichnung eines wichtigen Vertrages, das<br />
Anstoßen mit einem Glas Champagner wurde zum festen Ritual und<br />
zugleich Sinnbild eines ausgelassenen Lebensstils.<br />
Verändert hat sich im Laufe der Zeit jedoch der Geschmack des edlen<br />
Getränks. Im 18. Jahrhundert war der Wein aus der Champagne noch<br />
wesentlich süßer, zu vergleichen mit einem halbtrockenen Champagner<br />
von heute. Damals galt er bereits als ein Wein, der auch ohne Speisen<br />
eingenommen werden konnte. Meist wurde er zu Desserts gereicht. Ein<br />
Jahrhundert später trank man ihn dann vor allem zum Auftakt eines<br />
Essens, bis die weniger süßen, feinherben Champagner (brut) entwickelt<br />
wurden, die man auch durchgängig während des Essens trinken<br />
konnte. Das Produkt der Trauben von damals ist mit dem Champagner<br />
von heute ohnehin kaum zu vergleichen. Die heutigen Kellermeister<br />
verfügen über eine größere Expertise als ihre Vorfahren, den natürlichen<br />
Gärungsprozess des Weins zu steuern, dabei seine Klarheit zu erhalten<br />
und seine Launen zu kontrollieren.<br />
Eine besondere Rolle bei der Champagner-Herstellung spielt natürlich<br />
auch die Region, aus der er kommt. In der Champagne zwischen<br />
Paris im Westen und Lothringen im Osten liegen die Weinberge auf<br />
einer dicken Kreideschicht, die dem empfindlichen Weinstock ihre gespeicherte<br />
Wärme und Wasser abgibt, ihn so ernährt und gleichzeitig<br />
schützt. So erhalten die Trauben das einzigartige Aroma. Die hügelige<br />
Landschaft, durch die die Weinstöcke die optimale Sonneneinstrahlung<br />
bekommen, ist für das Gedeihen der Trauben ebenfalls von großer<br />
Bedeutung. Anschließend kann der Champagner tief im Inneren der<br />
Kreideschicht in einem 250 Kilometer langen Netz aus unterirdischen<br />
Tipps zum Champagner-Genuss<br />
Aufbewahren:<br />
Einige Jahre lagern sollte man Champagner<br />
nur kühl und lichtgeschützt. Eine Lagerung ist<br />
jedoch nicht notwendig, weil der Reifeprozess<br />
bereits beim Hersteller stattgefunden hat.<br />
Kühlen:<br />
Champagner sollte gekühlt getrunken werden,<br />
jedoch niemals eiskalt. Die optimale Temperatur<br />
von 8-10 Grad erreicht Champagner<br />
nach rund 20 Minuten in einem Eiskübel<br />
oder 20 Minuten liegend im Kühlschrank.<br />
Tiefkühltruhen werden nicht empfohlen.<br />
Öffnen:<br />
Den Drahtkorb entfernen, den Korken in die<br />
Hand nehmen und die Flasche aufrecht um<br />
sich selbst drehen. Dann entkorkt sich der<br />
Champagner wie von selbst.<br />
Servieren:<br />
Champagner wird gerne als Aperitif getrunken,<br />
kann aber auch während eines Essens<br />
und zu jeder Tages- und Nachtzeit genossen<br />
werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 85
Art de Vivre Wein<br />
Weinkellern hervorragend vor Licht geschützt und ohne<br />
Temperaturschwankungen reifen. Ein weiterer Faktor für<br />
den besonderen Geschmack sind die drei verwendeten<br />
Rebsorten, die sich den örtlichen Begebenheiten ideal<br />
anpassen. Die weiße Traube Chardonnay gibt dem Wein<br />
Leichtigkeit und Frische, während die blaue Traube Pinot<br />
Noir Körper und Langlebigkeit hinzufügt. Schließlich ergänzt<br />
die ebenfalls blaue Traube Pinot Meunier das Aroma<br />
der Frucht und Jugend.<br />
Diese speziellen Merkmale findet man nur in der<br />
Champagne. Die Anbaugebiete von insgesamt 34.165<br />
Hektar Fläche lassen sich in vier große Regionen einteilen:<br />
Die Montagne de Reims, wo sich die Weinberge im Naturschutzgebiet<br />
befinden, das Marne-Tal, in dem die Weinhänge<br />
links und rechts des Flusses liegen, die Côte des Blancs,<br />
deren Weinberge sich an der Felswand entlangschlängeln,<br />
und die Côte des Bar, wo die Hänge sanfter abfallen. Die<br />
Region Champagne, eine alte französische Provinz, gab<br />
dem Champagner seinen Namen. So gilt bis heute: Es gibt<br />
keinen Champagner, der nicht in der Champagne hergestellt<br />
worden ist. Dies basiert auf der Grundlage eines Gesetzes<br />
von 1927, welches die Grenzen des Weinbaugebiets,<br />
einzelne Flurstücke und Parzellen festlegt. Dabei wurde<br />
die Weinbaugeschichte der einzelnen Weinorte sehr genau<br />
berücksichtigt. Heute kümmert sich der Champagner-<br />
Gesamtverband, das « Comité Interprofessionel du Vin de<br />
Champagne », darum, die Einzigartigkeit der Appellation<br />
zu schützen.<br />
Der Champagner selbst entsteht schließlich im Weinkeller.<br />
Dort wird der Saft in Weinfässer oder Gärbehälter<br />
gefüllt, wo durch die Umwandlung von Zucker in Alkohol<br />
die erste Gärung stattfindet. Nach einigen Monaten wird<br />
durch die streng geheime Mischung verschiedener Jahrgänge,<br />
Rebsorten und Lagen eine harmonische und individuelle<br />
Cuvée hergestellt. Jede Cuvée unterscheidet sich, und die<br />
einzelnen Kellermeister hüten ihr Geheimnis genau. Auf<br />
dem Etikett tragen die Weine fast immer die Namen ihrer<br />
Hersteller. Dies zeugt davon, dass jeder Champagner eine<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Champagner-Familien<br />
Wenn man sich genauer mit den<br />
unterschiedlichen Sorten befasst, kann<br />
man die ganze Vielfalt wahrnehmen, die<br />
in der Welt des Champagners existiert. So<br />
können die Sinne des Menschen diverse<br />
Merkmale wahrnehmen: Über die Augen<br />
werden die Blässe eines leichten Weines<br />
von der Dichte eines reifen, goldenen Typs<br />
unterschieden. Die Nase differenziert holzige<br />
Aromen gegenüber Zitrusfrüchten, Veilchen<br />
oder Mandelaromen. Im Mund erkennt<br />
letztendlich der Gaumen die Frische und<br />
die Länge, die der Champagner bleibt. So<br />
unterscheidet man die Merkmale von vier<br />
Champagnerfamilien:<br />
Champagner mit viel Körper<br />
Sinnlich, kraftvoll, rund und sehr intensiv, Holz<br />
kann durchgeschmeckt werden, Gewürze<br />
und rote Früchte<br />
Champagner mit viel Esprit<br />
Lebendig, leicht und voller Zartheit, Pflanzenoder<br />
Zitrusaromen<br />
Champagner mit Herz<br />
Warm, sehr harmonisch, vollmundig, Aromen<br />
von Gebäck, Zimt, Honig, eher Rosé oder<br />
halbtrockene Weine<br />
Champagner mit Seele<br />
Diese sind vollends gereift, komplex und sehr<br />
gehaltvoll, Aromen von Gewürzen, häufig<br />
Spezial-Cuvées und seltene Jahrgangsweine<br />
Eigenkreation ist, die sich in Stil, Persönlichkeit<br />
und Tradition von anderen unterscheidet.<br />
Nur wenn der Wein eines Jahrgangs besonders<br />
gut ist, wird die Cuvée ausschließlich aus<br />
diesem Wein hergestellt und dann Millésimé<br />
genannt. Ein Blancs de Blancs enthält in diesem<br />
Fall ausschließlich Chardonnay-Trauben,<br />
während ein Blancs de Noirs aus Pinot Noir und<br />
Pinot Meunier gewonnen wird.<br />
Das Abfüllen in Flaschen bezeichnet man<br />
als « Abziehen ». Dabei werden Hefe und Zucker<br />
zugefügt, womit eine langsamere, zweite<br />
Gärung in den Flaschen initiiert wird, die 15<br />
Monate bis mehrere Jahre dauert und während<br />
dieser der typische Schaum entsteht. Im<br />
Anschluss wird « degorgiert ». Dabei wird das<br />
bei der Gärung gebildete Hefedepot aus der<br />
Flasche genommen und der dadurch verlorene<br />
Wein mit Champagner und Rohrzucker<br />
aufgefüllt. Die Menge des Zuckers hängt<br />
von der jeweiligen Sorte ab, ob brut, sec oder<br />
demi-sec. So ist der Champagner fertig für den<br />
endgültigen Schliff: den mit dem Drahtkorb<br />
befestigten Korken, eine Kapsel aus Zinnfolie,<br />
eine Halskrause und ein Etikett. Durch diese<br />
Elemente erlangt die Champagnerflasche ihr<br />
ganz typisches Aussehen. Die Flasche selbst<br />
ist dick und dunkel, damit die Schaumbildung<br />
ohne Gefahr verläuft und der Wein vor Licht<br />
geschützt wird. Durch einen aufwendigen<br />
Prozess ist so das Lieblingsgetränk vieler Genießer<br />
entstanden.<br />
Doch nicht nur die Champagner-Produktion<br />
ist ein Grund für eine Reise in die Champagne.<br />
So gibt es in der hochgelobten Region<br />
auch abseits der Weingüter viel zu entdecken.<br />
Neben der wunderschönen Landschaft und<br />
dem Anblick der Weinberge locken berühmte<br />
und historische Orte wie Reims, die Stadt der<br />
Königskrönungen, oder Epernay, welches im<br />
Herzen der Region liegt und als Hauptstadt<br />
des Champagners gilt. Man kann Troyes besichtigen,<br />
die Stadt aus dem Mittelalter, oder<br />
Château-Thierry, Heimatort von Jean de la<br />
Fontaine. Dabei entdeckt man allerlei romantische<br />
Gärten, historische Kirchen, gotische<br />
Kathedralen, ländliche Häuser und aristokratische<br />
Güter. Und natürlich Champagner!<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 87
Art de Vivre Restaurant<br />
A Pineta – Strandlounge<br />
Bereits die Anreise stimmt einen verheißungsvoll. Die<br />
D 55, auf der man die korsische Hauptstadt in Richtung<br />
Süden verlässt, folgt beständig dem Küstenverlauf<br />
und ermöglicht immer wieder fantastische Ausblicke auf<br />
den Golf von Ajaccio. Nach rund 20 Minuten erreicht man<br />
auf der rechten Seite einen Parkplatz. Allerdings muss man<br />
hier sein Auto nicht selbst parken. Ganz in Schwarz gekleidete<br />
Angestellte des Hauses nehmen freundlich den Autoschlüssel<br />
in Empfang und erledigen diese Aufgabe für die<br />
Gäste. Ein Hauch von Luxus und Exklusivität liegt in der<br />
Luft, wie man ihn sonst nur selten auf Korsika findet.<br />
Man sollte vielleicht sagen, dass man ins A Pineta vor<br />
allem aus zwei Gründen kommt: Erstens die wunderbare<br />
Lage an einem der feinsten und weißesten Strände der<br />
Insel und zweitens das moderne Design dieser Luxuslounge.<br />
Bereits von weitem verkünden die weißen Flaggen<br />
mit der Aufschrift des Restaurants, dass man sich<br />
hier der Schönheit materieller Gegenstände verpflichtet<br />
fühlt. Lounge, Strandbar, Restaurant – das A Pineta bietet<br />
alles in einem. Die « Terrasse » ist in verschiedene Zonen<br />
eingeteilt: Im vorderen, zur Straße gelegenen Bereich<br />
laden gemütliche Sessel zu einem Drink bzw. Tischgruppen<br />
aus Teakholz zum Genuss einer Kleinigkeit ein. Im<br />
hinteren Abschnitt, dem Meer zugewandt, können es<br />
sich die Gäste dagegen auf komfortablen Liegen unter<br />
Sonnenschirmen aus Stroh bequem machen. Auch im<br />
Innenbereich der Lounge fühlt sich jeder Designliebhaber<br />
auf Anhieb wohl, aber wer möchte auf Korsika schon<br />
drinnen sitzen...?<br />
Hat man es sich erst einmal gemütlich gemacht, gleitet<br />
der Blick immer wieder auf das dunkelblaue Wasser des<br />
Golfs von Ajaccio. In der Ferne, auf der anderen Seite der<br />
Bucht, sieht man die Skyline der korsischen Hauptstadt.<br />
Dahinter ragen die Berge des Hinterlandes in die Höhe.<br />
Unter den Füßen spürt man den samtweichen Sand dieser<br />
Badebucht. Egal ob man gerade den Sonnenuntergang<br />
mit einem Cocktail in der Hand genießt oder unter der<br />
brütenden Mittagssonne ein Eis verspeist: Hier schweifen<br />
die Gedanken schnell ab und man fühlt sich in ein kleines<br />
Paradies versetzt. Der Service ist korrekt, wenn auch nicht<br />
außergewöhnlich. Doch wer achtet bei dieser Lage schon<br />
wirklich auf solche Kleinigkeiten...?<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
der Luxusklasse<br />
A Pineta<br />
Verghia<br />
20138 Coti Chiavari<br />
Telefon: +33 (0)4 95 25 44 08<br />
L‘Ile-Rousse<br />
Bastia<br />
Anfahrt<br />
Calvi<br />
Von Ajaccio zunächst über die<br />
Schnellstraße (N 196) in Richtung Süden<br />
fahren. Nachdem man das Flughafengebiet<br />
umfahren und den Prunelli<br />
überquert hat, am Kreisel nach<br />
rechts auf die D 55. Dieser Straße<br />
immer folgen, bis auf der rechten<br />
Straßenseite das A Pineta auftaucht.<br />
Verghia<br />
Corte<br />
Ajaccio<br />
D 55<br />
Propriano<br />
Sartène<br />
Bonifacio<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 89
Art de Vivre Chantals Rezept<br />
«<br />
Nach<br />
den heißen Sommertagen und in Vorbereitung<br />
auf die ersten herbstlichen Wetterkapriolen empfehle ich<br />
Ihnen eine herzhafte Tomaten-Tarte, die man am besten<br />
zusammen mit einem Salat genießt. Das Prinzip einer<br />
« Tarte tartin » ist dabei, dass diese auf dem « Kopf liegend<br />
» gebacken und anschließend gewendet wird.<br />
»<br />
Chantal, Kochexpertin von Frankreich erleben, beantwortet<br />
gerne Ihre Fragen: chantal@frankreicherleben.de<br />
Für 3-4 Personen<br />
Zubereitungszeit: 30 min<br />
Backzeit: 30 – 35 min<br />
Tarte tatin<br />
à la tomate<br />
90 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Zutaten<br />
1 Mürbeteig<br />
1,5 kg Tomaten<br />
4 EL Olivenöl<br />
4 EL Puderzucker<br />
1 TL Rosmarinblätter,<br />
klein geschnitten<br />
Zubereitung<br />
• Tomaten waschen, an der<br />
oberen Seite aufschneiden<br />
und mit einem Löffel aushöhlen,<br />
anschließend einige<br />
Minuten gut abtropfen lassen.<br />
hohem<br />
• Eine Tarte-Auflaufform mit<br />
Rand mit Olivenöl<br />
(2 EL) einfetten und mit Puderzucker<br />
(2 EL) einstäuben.<br />
Anschließend die Tomaten eng<br />
beieinander in die Auflaufform<br />
mit der offenen Seite nach oben<br />
setzen. Auflaufform bei mittlerer<br />
Temperatur auf dem Herd<br />
erhitzen. Die Tomaten fangen<br />
langsam an, zu karamellisieren.<br />
• Währenddessen in einer<br />
Kasserolle 2 EL Olivenöl mit<br />
2 EL Puderzucker erhitzen und<br />
gleichmäßig über die Tomaten<br />
gießen. Auflaufform weiter auf<br />
dem Herd belassen, bis die Tomaten<br />
vollkommen karamellisiert<br />
sind (insgesamt ca. 20 min).<br />
• In dieser Zeit den Mürbeteig<br />
zubereiten. Das Mehl dabei mit<br />
den Rosmarinblättern vermischen.<br />
• Sobald die Tomaten goldbraun<br />
karamellisiert sind, den fertigen<br />
Mürbeteig über die Tomaten<br />
legen, wobei der Teig an den<br />
Rändern zwischen Tomaten und<br />
Auflaufform gesteckt wird.<br />
• Auflaufform bei 200 Grad in<br />
den vorgeheizten Backofen<br />
stellen und die Tarte 30 bis<br />
35 min backen lassen.<br />
• Anschließend die Tarte auf<br />
einem großen Teller stürzen<br />
und warm oder kalt servieren.<br />
Salate als Beilage<br />
Zu einer Tomaten-Tarte passen am besten Salate. Hier drei alternative Rezepte,<br />
die schnell und ohne großen Aufwand zuzubereiten sind.<br />
Salade frisée aux petits lardons<br />
Friseesalat oder Endiviensalat waschen und<br />
gut abtropfen lassen, anschließend mit einer<br />
jungen, in kleine Scheiben geschnittenen<br />
Zwiebel, Pinienkernen, Petersilie, Salz<br />
und Pfeffer vermischen. In einer Pfanne<br />
20 g Speck in Olivenöl anbraten und<br />
anschließend mit einem EL Balsamessig<br />
ablöschen. Speck auf dem Salat verteilen.<br />
Salade de roquette<br />
Ruccolasalat waschen und<br />
mit in Scheiben geschnittenem<br />
Parmesan sowie einigen<br />
Tomatenscheiben anrichten.<br />
Arganöl mit Koriander, Salz<br />
und Pfeffer würzen und als<br />
Dressing über den Salat geben.<br />
Salade frisée au jambon de Parme<br />
Friseesalat waschen und mit einem Dressing<br />
aus Olivenöl, einer geriebenen Knoblauchzehe,<br />
Korianderblättern oder Petersilie, Salz, Pfeffer<br />
und Balsamessig abwürzen. Anschließend<br />
Parmaschinken über den Salat legen.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 91
Arte-Programm<br />
Montag bis Freitag, 18. – 22. Sept., 20.15 Uhr<br />
programmempfehlungen<br />
Montag bis Freitag, 4. – 8. Sept., 20.15 Uhr<br />
Von Chamonix nach Zermatt<br />
- Unterwegs auf der<br />
Hochgebirgsroute<br />
Doku-Serie, fünfmal 26 min<br />
Eine Gruppe<br />
aus 18 Bergw<br />
a n d e r e r n ,<br />
die sich nicht<br />
kennen, steht<br />
vor einer<br />
großen, außergewöhnlichen<br />
H e r a u s f o r <br />
derung: Sie<br />
wollen auf der<br />
legendären Hochgebirgsroute von Chamonix nach Zermatt<br />
wandern. Der jüngste Teilnehmer ist 12 Jahre, der<br />
älteste 74 Jahre alt. Acht Tage Fußmarsch in traumhafter<br />
Berglandschaft stehen ihnen bevor. Die Teilnehmer der<br />
Tour sind zum ersten Mal im Hochgebirge und machen<br />
einige neue Erfahrungen – Höhenrausch, große Blasen<br />
und kleine Schwächen. Eine Initiationsreise, die Spuren<br />
hinterlässt.<br />
Montag, 11. <strong>September</strong>, 22.15 Uhr<br />
11‘ 09“ 01 - <strong>September</strong> 11<br />
Spielfilm, Iran/Frankreich/Ägypten 2002, OmU<br />
11. <strong>September</strong><br />
2001: Eine<br />
Tragödie spielt<br />
sich ab. Eine<br />
Tragödie, die<br />
Wellen schlägt.<br />
Nicht nur New<br />
York steht unter<br />
Schock. Indien,<br />
Afrika, Japan,<br />
Israel – die ganze<br />
Welt hält betroffen den Atem an. Die Idee dieses Films<br />
ist es, die bekanntesten Regisseure der Welt nach ihrer<br />
Version des 11. <strong>September</strong>s zu fragen. Jeder von ihnen hat<br />
dafür elf Minuten und neun Sekunden Zeit. Das Ergebnis<br />
ist ergreifend.<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />
Südfrankreich – very british<br />
Doku-Serie, fünfmal 26 min<br />
Für die Protagonisten der<br />
Doku-Serie ist Frankreich<br />
der Inbegriff von Lebenskunst,<br />
schöner Landschaft<br />
und Lebensqualität. Sie sind<br />
überwiegend aus Großbritannien<br />
in den Süden Frankreichs<br />
gekommen, um sich hier ihren Traum vom Glück zu<br />
erfüllen. In tragischkomischen Szenen zeigt die Doku-Serie<br />
mit unverkennbar englischem Humor das neue Leben<br />
der Helden des Alltags. In der ersten Folge versucht Justin<br />
die englische Küche nach Frankreich zu importieren.<br />
Montag, 25. <strong>September</strong>, 22.40 Uhr<br />
Hommage an<br />
Jacques Brel<br />
Dokumentation, 90 min<br />
15 Jahre lang war Jacques Brel<br />
ein Stern am Himmel des französischen<br />
Chansons. Arte widmet dem Sänger, Schauspieler<br />
und Regisseur eine 90-minütige Dokumentation, die von<br />
seiner Kindheit und Jugend, seiner Familie, seinen Träumen<br />
und Enttäuschungen erzählt.<br />
Donnerstag, 12. Okt. – Donnerstag, 26. Okt.<br />
Romy<br />
Schneider-<br />
Reihe<br />
Donnerstag, 12. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />
Das Mädchen und der Kommissar<br />
Spielfilm, Frankreich/Italien 1970<br />
Donnerstag, 19. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />
Ein Pechvogel namens Otley von Dick Clement<br />
Spielfilm, Großbritannien 1968<br />
Mittwoch, 25. <strong>Oktober</strong>, 22.45 Uhr<br />
Nachtblende von Andrzej Zulawski<br />
Spielfilm, Deutschland/Frankreich/Italien 1974<br />
Donnerstag, 26. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />
Eine einfache Geschichte von Claude Sautet<br />
Spielfilm, Frankreich/Deutschland 1977<br />
L<br />
B<br />
S<br />
u<br />
p<br />
E<br />
a<br />
A<br />
7<br />
O<br />
T<br />
F<br />
E<br />
I
Eine Reise um die Welt.<br />
Mit Ihrem Abo plus Geschenk.<br />
Sommelier-Entkorker für Weinliebhaber<br />
Professioneller Flaschenentkorker für<br />
Ihren Weinkeller oder die Hausbar. Er<br />
kann problemlos am Tisch oder an der<br />
Theke befestigt werden. Eine wahre<br />
Freude für alle, die neben einem edlen<br />
Tropfen Design und Technik zu schätzen<br />
wissen. Massive Metallausführung<br />
mit stabilem Griff. Länge ca. 33 cm,<br />
Gewicht 2,5 kg.<br />
(Weingläser sind im Lieferumfang nicht enthalten.)<br />
So individuell wie Ihre Träume ...<br />
Faszinierende Reportagen<br />
Hotel-/Restauranttipps,<br />
wichtige Adressen<br />
Interessante Outdoor-News<br />
Sie sparen über 12%!<br />
Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen: Bestellen Sie jetzt Ihr Jahres-Abo mit Geschenk!<br />
Bestellen Sie noch heute Ihr Jahres-Abo.<br />
Sie erhalten 10 Ausgaben abenteuer<br />
und reisen – immer frei Haus, immer<br />
pünktlich.<br />
Ja, ich bestelle das Jahres-Abo und erhalte den Sommelier-Entkorker für Weinliebhaber.<br />
10 Hefte zum günstigen Preis von 42,- €* inkl. Porto (Ausland 48,- €*, Schweiz 81,50 sfr*).<br />
Ich bin der neue Abonnent: Frau Herr<br />
Ich bezahle per: Rechnung Bankeinzug Kreditkarte<br />
Einfach Coupon ausfüllen und per Post<br />
absenden an: abenteuer und reisen,<br />
Abonnentenservice, Postfach 080,<br />
77649 Offenburg.<br />
Oder per<br />
Telefon: + 49(0)781/6394515<br />
Fax: + 49(0)781/6394502<br />
E-Mail: service@burda.com<br />
Internet: www.abenteuer-reisen.de<br />
Name<br />
Straße<br />
PLZ<br />
Telefon<br />
Ort<br />
Vorname<br />
E-Mail<br />
Hausnummer<br />
Das Jahres-Abo verlängert sich automatisch, sofern wir nicht rechtzeitig<br />
(6 Wochen vor Ablauf der Bezugszeit) eine anders lautende<br />
Mitteilung erhalten. Lieferung nur solange Vorrat reicht.<br />
Aufregend. Anregend. Anders.<br />
BLZ / Kreditkarten-<strong>Nr</strong>.<br />
Bank / Kreditkarten-Unternehmen<br />
Datum<br />
Konto-<strong>Nr</strong>. / Kreditkarte gültig bis<br />
3-stellige Kreditkarten-Prüfnr.**)<br />
Unterschrift<br />
abenteuer und reisen erscheint im Verlag:<br />
wdv GmbH & Co. OHG • Siemensstr. 6 • 61352 Bad Homburg<br />
Handelsregister Bad Homburg v.d.H HRA 3087<br />
*) Alle genannten Preise enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />
**) Die Prüfnummer setzt sich aus den letzten drei Ziffern der Nummer<br />
im Unterschriftsfeld auf der Rückseite Ihrer Kreditkarte zusammen.<br />
Frankr506
Haben Sie eine Ausgabe von<br />
Übersicht der Reisethemen, nach Regionen geordnet:<br />
11<br />
9<br />
12<br />
10<br />
1 Paris und Umgebung<br />
• Mac/Val - Erster zeitgenössischer<br />
Kunsttempel in einem Vorort von Paris<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Hotel - Kube Rooms and Bars Paris<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Stadtteile - Spaziergang durch eine<br />
sinnliche Metropole Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Märkte - Jedem seinen Markt<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Interview - Anne Hidalgo, die starke<br />
Frau an der Seite des Pariser Bürgermeisters<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Hinter den Kulissen der Gewächshäuser<br />
von Auteuil Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Bistros - «Un crème et un croissant<br />
s.v.p.» Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Gastronomie - Chez Antoine<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
2 Nordfrankreich<br />
• Lille - Frankreichs flämische<br />
Metropole Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
8<br />
3 Elsass / Lothringen /<br />
Champagne<br />
• Stockweiher - Der Wolf im Schafspelz<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
2<br />
1 3<br />
7<br />
4<br />
5<br />
6<br />
4 Burgund / Jura<br />
• Burgund - Mit dem Hausboot auf dem<br />
Kanal du Nivernais Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Jura - Hundeschlittenfahren im hohen<br />
Norden... des Jura Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Wein - Chablis, weißes Gold des<br />
Burgund Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
5 Alpen / Rhone-Tal<br />
• Lyon - Eine Stadt entdeckt die Magie<br />
des Lichts Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
6 Korsika<br />
• Hotel - Casadelmar Porto-Vecchio<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
7 Mittelmeerküste / Provence<br />
• Bambouseraie - Die Poesie eines 150 Jahre<br />
alten Bambusgartens Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Narbonnaise - Ein Morgen mit Gérard<br />
beim Aalfang... Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hotel - Le Delos, Mittelmeerküste<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Saint-Tropez - Wo der Luxus zu Hause<br />
ist Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Villages perchés - Wo Dörfer auf<br />
Gipfeln thronen Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Confiserie - Wo Blüten zu süßen<br />
Köstlichkeiten werden Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Gastronomie - Calissons Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
8 Zentralfrankreich /<br />
Pyrenäen<br />
• Land der Katharer - Von Foix über<br />
Toulouse und Albi nach Carcassonne<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Viadukt von Millau - Die Brücke über<br />
den Wolken Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
9 Atlantikküste<br />
• Inseln - Ile de Noirmoutier und Ile<br />
d‘Yeu - das Leben vor der Küste<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• La Leyre - « Wenn du die Region<br />
wirklich kennen lernen möchtest,<br />
interessiere dich für die Leyre...»<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Nantes - Eine Stadt organisiert<br />
ihre kulturelle Metamorphose<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hossegor - Wo Architektur den<br />
legendären Ruf eines Seebades<br />
begründet Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Portraits - Salzbauern, Austernzüchter,<br />
Kiwiproduzenten, die nicht ganz<br />
alltäglichen Berufe entlang der Küste<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hotel - Les Sources de Caudalie,<br />
Bordelais Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Hinter den Kulissen des Aquariums<br />
von La Rochelle Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Wein - Bordelais: Les Vignobles<br />
Peyvergès Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Bordeaux - Das Erwachen einer<br />
schlafenden Schönheit<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />
10 Loire-Tal<br />
• Schlösser - Die etwas anderen<br />
Schlösser Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Schlossbesitzer - Als Schlossherr im<br />
Jahr <strong>2006</strong>... Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Höhlenwohnungen - Moderne<br />
Troglodyten, Höhlenwohnungen am<br />
Loir Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Gärten & Parks - Es grünt so grün...<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Fahrradtouren - Mit dem Fahrrad<br />
entlang der Loire Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Wein - Jasnières du Loir<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Gastronomie - Chez Miton<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
11 Bretagne<br />
• Bretagne - Thalassotherapie: die<br />
heilsamen Kräfte des Meeres<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />
12 Normandie<br />
• Le Havre - Frankreichs neuestes<br />
Weltkulturerbe Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Hinter den Kulissen der Camembert-<br />
Herstellung Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3
Frankreich erleben verpasst?<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
Bestellen Sie noch heute:<br />
- Coupon per Fax an: +49 (0)30 / 61 10 53 67<br />
- Coupon per Post an: Frankreich erleben-Aboservice<br />
Postfach 10 32 45 • 20022 Hamburg<br />
- Im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
4,90 €<br />
pro Heft plus<br />
Versandkostenpauschale<br />
Ich bestelle die folgende(n) Ausgabe(n) von Frankreich erleben für 4,90 € pro Heft zzgl. Versandkostenpauschale. Diese beträgt innerhalb<br />
Deutschlands 1,00 € fürs erste Heft und 0,50 € für jedes weitere Heft. Andere Länder: 2,00 € fürs erste Heft und 1,00 € für jedes weitere Heft.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />
Den Bestellpreis<br />
belasten Sie bitte meiner Kreditkarte: Visa MasterCard AMEX<br />
Vorname / Name<br />
Straße<br />
PLZ / Ort<br />
ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein<br />
(nur von deutschem Konto möglich):<br />
Kontonummer<br />
Kartennummer<br />
Datum, Unterschrift<br />
Gültig bis Monat/Jahr<br />
Werbecode: <strong>05</strong>/06<br />
Land<br />
Bankleitzahl<br />
Mit meiner zweiten Unterschrift nehme ich zur Kenntnis, dass diese Bestellung<br />
innerhalb von 14 Tagen beim Leserservice schriftlich ohne Angabe von Gründen<br />
widerrufen werden kann.<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
Geldinstitut<br />
Datum, Unterschrift
Leserbriefe<br />
Ich habe heute zum ersten Mal Eure Zeitschrift gekauft<br />
und muss sagen, dass ich richtig begeistert bin. Die Artikel<br />
sind wirklich sehr lebensnah verfasst und bringen mich auf<br />
meinen langen Zugfahrten zum Träumen… Macht weiter<br />
so! Gibt es vielleicht eine Ausgabe, in der man mehr über<br />
die französischen Traditionen erfahren kann? Und über die<br />
Esskultur mit ein paar Rezepten?<br />
Heidemarie Schimkus, per E-Mail<br />
Redaktion: In jeder Ausgabe stellt unsere Kochexpertin<br />
Chantal ein Rezept vor. Im Laufe der Zeit wird daraus eine<br />
beachtliche Sammlung entstehen. Französische Traditionen<br />
werden mit Sicherheit einmal in unseren Rubriken Kulturschock<br />
und Leben in Frankreich thematisiert werden.<br />
Nachdem meine Frau und ich die erste Ausgabe Ihrer<br />
Zeitschrift am Kiosk gesehen, gekauft und gelesen haben,<br />
sind wir als Frankreichfan davon begeistert. Man kann es<br />
kaum erwarten bis zum Erscheinen der nächsten Ausgabe.<br />
Machen Sie weiter so! Zu Ihrer letzten Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4 habe<br />
ich eine Frage, den Artikel auf der Seite 24 (« Wenn du die<br />
Region… ») betreffend: Im Michelin-Autoatlas wird dieser<br />
Fluss bis etwa zum Ort Moustey als Grande Leyre bzw.<br />
Petite Leyre angegeben. Danach lautet die Bezeichnung<br />
Eyre bis zu Mündung in die Bucht von Arcachon. Im<br />
oben genannten Bericht wird er Leyre genannt. In einem<br />
Prospekt aus Frankreich wird dieser Fluss mit der Bezeichnung<br />
L‘Eyre angegeben. Was ist richtig?<br />
Franz G. Braun, per E-Mail<br />
Redaktion: Ähnlich der Bezeichnung Dune de Pyla bzw.<br />
Pilat herrscht auch bei der Flussbezeichnung für die Leyre<br />
keine Einigkeit in der Region. Der Name Leyre sei dabei<br />
eine inkorrekte Ableitung der lokalen Aussprache für den<br />
Fluss [L’Euyre]. Der Archäologe Peyneau aus Mios vermutet,<br />
dass das Wort « Eyre » soviel bedeutet wie « Fluss des Pays de<br />
Buch », das dann als « Leyre » geschrieben wurde, ein Wort,<br />
das « fließendes Wasser » bedeutet. Es ist jedoch unstrittig,<br />
dass die Petite Leyre und die Grande Leyre im Ort Moustey<br />
ineinanderfließen, um dann als Leyre bei Le Teich in die Bucht<br />
von Arcachon zu münden. Die Schreibweisen Leyre bzw.<br />
L’Eyre sind dabei beide gültig und gebräuchlich.<br />
Ich bin zusammen mit meiner Familie eine begeisterte<br />
Leserin von Ihrem Magazin Frankreich erleben und freue<br />
mich nach dem Lesegenuss schon immer auf die nächste<br />
Ausgabe. So werde ich in den nächsten Tagen ein Abo<br />
bestellen, um keine Ausgabe zu verpassen. Ihr Heft gefällt<br />
mir so gut, dass ich von der aktuellen Ausgabe einige Exemplare<br />
zusammen mit einer Flasche Wein an Freunde, die<br />
im Juli Geburtstag haben, verschenken werde. « Entspannung<br />
bei einer guten Lektüre gleichzeitig mit einem guten<br />
Tropfen », ich finde dies, genau wie bei Ihrem Heft, eine<br />
gelungene Komposition. Wir sind begeisterte Frankreichfans,<br />
hier interessiert uns besonders die Region Languedoc,<br />
und dies haben wir in Ihrer letzten Ausgabe auch bestätigt<br />
bekommen. Weiter so. Diese aufstrebende Region hat<br />
uns so fasziniert, dass wir von dort seit einigen Jahren im<br />
Nebenerwerb Wein- und Feinkostprodukte verkaufen. So<br />
haben wir bei unseren Touren bisher nur positive Eindrücke<br />
gewonnen. Für Ihr Magazin wünsche ich Ihnen weiterhin<br />
ein gutes Händchen bei der Auswahl der Themen. So wird<br />
man als Leser immer einen umfassenden Eindruck über das<br />
gesamte Land bekommen.<br />
Hilde Theisen, Eschweiler<br />
Ihre Zeitschrift ist super! Anregungen: Informationen<br />
über Einkaufsmöglichkeiten, z.B. Outlet-Shops oder andere<br />
Insider-Informationen wären sicher für viele interessant.<br />
Wie kommt man hin, was wird geboten, wie hoch ist der<br />
Preisnachlass? Was ist der französische Landhausstil oder<br />
wie richten sich unsere Nachbarn ein, was gefällt ihnen?<br />
Herzliche Grüße von Ihrer neuen Abonnement-Leserin.<br />
Dr. Vesta Stargardt, Mittenaar<br />
Heute habe ich eine Entdeckung gemacht: Ihr Heft<br />
Frankreich erleben. Mir fielen gleich zwei Hefte – <strong>Nr</strong>. 2 und<br />
3 – in die Hände – und es war fast wie Urlaub. Frankreich ist<br />
vielen Deutschen wohl wegen der Sprachdifferenzen noch<br />
immer ein Buch mit sieben Siegeln. Vielen Deutschen ist<br />
diese Sprache, die so anders klingt, als sie sich liest, einfach<br />
suspekt. Und unsere französischen Nachbarn haben mit der<br />
Sprache nur Probleme, wenn es sich nicht um Französisch<br />
handelt. Dabei sind die Menschen beiderseits des Rheins<br />
sich eigentlich ähnlicher als andere Nachbarn in Europa –<br />
trotz Camembert und Schweinsbraten. Und es gibt Hände,<br />
Augen und Lachen – beste Basis für eine erfolgreiche<br />
Konversation. Die Väter der inzwischen mit so viel Leben<br />
erfüllten Freundschaft hätten sich wohl nicht träumen lassen,<br />
dass dies so eine Erfolggeschichte werden sollte. Im<br />
Gegensatz zur von oben oktroyierten Völkerfreundschaft in<br />
der DDR hat man die Sache durch Städtepartnerschaften<br />
richtig mit Leben erfüllt – und wir, die eher individuell im<br />
Nachbarland per Wohnmobil herumreisen, haben so viele<br />
Bekanntschaften und auch einige richtige Freundschaften<br />
geschlossen. Das Land ist so vielfältig, dass Sie für Ihr Heft<br />
über Jahrzehnte Themen haben werden. Also: Viel Glück<br />
mit Ihrem neuen Magazin. Und machen Sie den Deutschen<br />
Mut, Frankreich zu bereisen. Auch gebildete Menschen<br />
scheuen sich, der mangelnden Sprachkenntnisse wegen, das<br />
herrlich interessante Land zu bereisen.<br />
Bernd Meuer, Bendorf-Stromberg<br />
Ich möchte Ihnen für die Ausgabe über die Atlantikküste<br />
gratulieren. Schon seit vielen Jahren fahren wir<br />
dorthin, meistens nach Aquitanien. Meiner Meinung nach<br />
wird diese Küstenregion noch viel zu wenig beachtet. Sie<br />
haben es in Ihrem Titelthema geschafft, unentdeckte Seiten<br />
der Küste vorzustellen. Bravo. Es war eine große Freude<br />
über eine Deutsche zu lesen, die Austern in der Bucht von<br />
Arcachon züchtet, oder über Bauern, die Kiwis wie in Neuseeland<br />
anbauen. Toll auch, dass Sie bei den Atlantikinseln<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
die unbekanntere Ile d’Yeu vorstellen und nicht die nach meiner Meinung langweiligeren<br />
Inseln Ile d’Oléron oder Ile de Ré. Und zu guter Letzt habe ich mich<br />
auch gefreut, über die Architektur von Hossegor zu lesen. Alles in allem ein sehr<br />
gelungenes Fokusthema.<br />
Jürgen Probst, Starnberg<br />
Vielen Dank für die tollen Hotelportraits in Ihrem Magazin. Die Artikel und<br />
besonders die Bilder machen sofort Lust, die Koffer zu packen und loszufahren.<br />
Allerdings ist mir aufgefallen, dass Sie insbesondere Design-Hotels vorstellen.<br />
Ich würde mir wünschen, dass ab und zu vielleicht auch mal ein Hotel mit klassischer<br />
Einrichtung vorkommen würde. Aber ansonsten bin ich sehr zufrieden.<br />
Weiter so!<br />
Lukas Sommer, Wien<br />
Hallo Frankreich erleben! Ich habe Deutsch in der Schule gelernt, und leider,<br />
viel vergessen! Als Kind hatte meine Mutter immer mir gesagt « du musst die<br />
deutsche Sprache lernen… das ist wichtig, um in der besten Schulklasse zu sein!<br />
Und Latein wird dir helfen, Deutsch zu lernen… » Jetzt bin ich 31 Jahren alt<br />
und wohne in Paris. Ich hatte heutzutage keine Grund, Deutsch zu sprechen.<br />
Aber ich war so froh, Frankreich erleben im Internet zu sehen! Ich habe ein Heft<br />
online bestellt. Es ist so lustig für mich, etwas über Frankreich im Deutsch zu<br />
lernen! Und etwas Neues! Zum Beispiel kannte ich nicht « die Bambouseraie »<br />
vorher! Ich mag auch gern wie dieses Magazine Frankreich heute erzählt, auch<br />
mit Politik, Leben in Frankreich… Und auch eine Rubrik wie Kulturschock ist<br />
super! Jetzt werde ich versuchen, meine deutsche Sprache mit Frankreich erleben<br />
zu verbessern. Ich hoffe es wird klappen! Und nächste Mal werde ich eine perfekte<br />
Leserbrief schreiben! Bon courage et Merci!<br />
Pierre Masson, Paris<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen?<br />
Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />
Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
Per Brief:<br />
Frankreich erleben - Leserbriefe -<br />
Globus Medien GmbH<br />
Heckscherstraße 29 · 20253 Hamburg<br />
Per Fax: +49 (0)40 38017863552<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Globus Medien GmbH<br />
Heckscherstraße 29 · 20253 Hamburg<br />
Telefon: +49 (0)40 43091648<br />
Fax: +49 (0)40 38017863552<br />
info@frankreicherleben.de<br />
www.frankreicherleben.de<br />
ISSN: 1861-4256<br />
Herausgeber: Markus Harnau<br />
Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />
Redaktionsbüro:<br />
Ajc Presse · 3, rue Franquet · 75015 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Jean-Julien Bault, Chantal Cobac, Dominique Cache,<br />
Kristina von Domarus, Luis Encinas, Laurent Fournerie,<br />
Andrea Garbe, Dr. Jan Grasshoff, Sebastian Griese,<br />
Ursula Hennigfeld, Sylvain Hirigoyen, Olivier Huonnic,<br />
Alain Lardière, Nolwen Lequerre, Dr. Petra Morich, Gérard<br />
Rival, Serge Robin, Helga Saar, Marion Schotsch, Ester<br />
Segura, Rudolf-Peter Vogler<br />
Lektorat: Ina Muñoz, Susanne Ziegler<br />
Layout: Werner Hasselbach Design<br />
Anzeigen Deutschland, Österreich und Schweiz:<br />
corps. Corporate Publishing Services GmbH<br />
Kasernenstraße 69 · 40213 Düsseldorf<br />
Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky<br />
Anzeigenmarketing: Jeannette Kirchhoff<br />
Telefon: +49 (0)211 887-3186<br />
jeannette.kirchhoff@corps-verlag.de<br />
Auftragsmanagement: Nadine König<br />
Telefon: +49 (0)211 887-3177<br />
nadine.koenig@corps-verlag.de<br />
Anzeigen Frankreich:<br />
Juliane Denner<br />
Telefon: +33 (0)1 72 34 75 09<br />
jdenner@frankreicherleben.com<br />
Gültige Anzeigenpreisliste: 1/20<strong>05</strong><br />
Druck: Neef + Stumme GmbH & Co. KG<br />
Vetrieb:<br />
BPV Medien Vertrieb GmbH & Co. KG<br />
Römerstraße 90 · 79618 Rheinfelden<br />
Telefon: +49 (0)7623 964-0<br />
Fax: +49 (0)7623 964-259<br />
www.bpv-medien.com<br />
Abonnentenbetreuung:<br />
Frankreich erleben-Aboservice<br />
Postfach 10 32 45 · 20022 Hamburg<br />
Telefon: +49 (0)30 611<strong>05</strong>366<br />
Fax: +49 (0)30 611<strong>05</strong>367<br />
frankreicherleben@interabo.de<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und<br />
mit Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewährleistung für<br />
die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen<br />
werden. Der Verlag übernimmt keine Haftung für<br />
unverlangte Einsendungen. Die Redaktion behält sich die<br />
Kürzung und Bearbeitung von Leserbriefen vor. Es gelten die<br />
Geschäftsbedingungen des Verlags. Beiträge, Fotos und grafische<br />
Darstellungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck,<br />
auch auszugsweise, Vervielfältigung auf fotomechanischen<br />
und anderen Wegen sowie Nutzung auf Datenträgern<br />
bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verlags.<br />
Frankreich erleben erscheint alle zwei Monate und ist im gut<br />
sortierten Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der<br />
Schweiz, Luxemburg und Südtirol sowie per Abonnement<br />
erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 4,90 E (D), 5,50 E (A), 9,60<br />
CHF (CH), 5,90 E (F/L/B/NL), 6,50 E (I)<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach unten) : Titel : Jan Grasshoff • S.5 : Ajc Presse • S.6 : Jan Grasshoff; Jean-Julien<br />
Bault; Musée Gustave Moreau; Serge Robin : Ajc Presse • S.7 : Paul Prescott, Istock; Philippe Maille, CIVC • Institut Géographique National; Ville de Paris •<br />
S.9 : S.Robin, Ajc Presse • S.10 : Gérard Rey, OT de la Grande Motte • S.12-23: Jan Grasshoff • S.24 : Corsicarobase; Fotolia • S.25-27 : Jan Grasshoff • S.28 :<br />
Photothèque Mairie de Bastia • S.29-34 : Jan Grasshoff • S.35 : Hassan Bensliman, Fotolia • S.36 : Photothèque Chemins de Fer Corses • S.40-41 : Maurice<br />
A. und Chantal Cobac für Frankreich erleben, Ajc Presse • S.42 : Paul Prescott, Istock • S.44 : Serge Robin, Ajc Presse • S. 46-50 : M.A., Ajc Presse • S.54-55 :<br />
Jean-Julien Bault; H.Auer, OTC Marseille; Photothèque RTM • S.56-57 : Jean-Julien Bault; Photothèque RTM; Jean-Julien-Bault; OTC Marseille; S.58-59 : Jean-<br />
Julien Bault; Laurent Fournerie • S.60 : Jean-Julien Bault • S.62-63 : Serge Robin, Ajc Presse • S.64 : Thomas Sanson, OT Bordeaux • S.65-67 : Serge Robin, Ajc<br />
Presse • S.68-71 : Serge Robin, Ajc Presse • S.72-73 : L’Hermitage Gantois • S.76 : Adagp, Paris, 2004 / Jean Nouvel, Patrick Gries • S.77 : Photothèque Maison<br />
de Balzac; Musée Gustave Moreau • S.78 : Musée Gustave Moreau • 79 : Adagp, Paris, 2004 / Lothar Baumgarten, Patrick Gries • S.81 : Scoop Dyga, France<br />
Galop • S.84 : Jean-Marie Lecomte, CIVC; Alain Cornu, CIVC • S.85 : Jean-Marie Lecomte, CIVC; John Hodder, CIVC • S.86 : Yvon Monet, CIVC; John Hodder,<br />
CIVC • S. 88-89 : Jan Grasshoff • S.90-91 : Maurice A. und Chantal Cobac für Frankreich erleben, Ajc Presse • S.92 : Benoît Aymon, TSR/ Arte; WDR/ Arte; Arte<br />
France; Kayaert / RTBF / Arte; Arte • S.98 : Amélie Dupont, OT Paris; Serge Robin, Ajc Presse; Jan Grasshoff; B.Naegelen, CRT Alsace.<br />
Abonnement (Preise pro Jahr): 25,20 E (D), 29,70 E<br />
(A), 57,60 CHF (CH), alle anderen Länder: 39,50 E<br />
Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche<br />
Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2006</strong> Globus Medien GmbH, Hamburg<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 97
VoRschau<br />
Fokus: Paris<br />
Zum Weihnachtsshopping an die Seine<br />
Musée du Désert<br />
Auf den Spuren der Hugenotten<br />
Elsass<br />
Hochburg der<br />
Weihnachtsmärkte<br />
Le Luc en Provence<br />
Erste Formel-1-Fahrschule der Welt<br />
... und viele weitere Themen<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 6 - November / Dezember <strong>2006</strong> erscheint am 2. November <strong>2006</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 99
* Wunschausstattung ** Ein Leasing-Angebot der Ford Bank für Privatkunden. € 199,- monatl. Leasingrate,<br />
€ 8.018,50 Leasingsonderzahlung bei 36 Monaten Laufzeit und 30.000 km Gesamtlaufleistung. Zzgl. Überführungskosten.<br />
O&M GA/06-03<br />
Der neue Ford Galaxy<br />
Ist nicht Platz der größte Luxus auf Reisen? Erleben<br />
Sie das großzügige Raumangebot des neuen Ford Galaxy.<br />
Genießen Sie ein hochwertiges Ambiente für sieben<br />
Reisende. Mit einem flexiblen Sitzkonzept, das jede Fahrt<br />
zum Vergnügen macht. Und mit einem Panoramadach*,<br />
das den Innenraum mit Licht flutet und Ihnen die Welt aus<br />
einer ganz neuen Perspektive zeigt. Gönnen Sie sich Ihr<br />
Ticket erster Klasse – schon für € 199,- monatlich.**<br />
Feel the difference