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Nr. 05 - September / Oktober 2006

Korsika: Kleinod im Mittelmeer Paris: Museen zum Entdecken Bordelais: ein Wochenende für Genießer Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen Champagner: die Geschichte eines Mythos Rezept: Tarte Tatin à la tomate

Korsika: Kleinod im Mittelmeer
Paris: Museen zum Entdecken
Bordelais: ein Wochenende für Genießer
Marseille: 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen
Champagner: die Geschichte eines Mythos
Rezept: Tarte Tatin à la tomate

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Das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin <strong>Nr</strong>. 5 · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />

Korsika<br />

Kleinod im Mittelmeer<br />

Paris<br />

Museen zum Entdecken<br />

Bordelais<br />

Ein Wochenende für Genießer<br />

Marseille<br />

10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen<br />

Champagner<br />

Die Geschichte eines Mythos<br />

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Dämpfung. Das Head-Up-Display, das Daten auf die Windschutzscheibe projiziert. Den AFIL-Spurassistenten,<br />

der bei Fahrbahnabweichung warnt. Eine aktive Motorhaube zum Fußgängerschutz. Mitlenkende<br />

Bi-Xenon-Scheinwerfer und außerdem die Dinge, die man in einem Wagen dieser Klasse erwarten darf.<br />

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Editorial<br />

wenn es um die<br />

Kooperationsbereitschaft<br />

und Reaktionsgeschwindigkeit<br />

einiger institutioneller Einrichtungen ging.<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

es ist noch nicht lange her, da befand sich<br />

Deutschland im totalen Fußballrausch. Viele von uns hofften<br />

auf ein Finale Deutschland gegen Frankreich, doch<br />

schließlich sollte es anders kommen. Frankreich erreichte<br />

den zweiten Platz, Deutschland den dritten. In den Stadien<br />

ist inzwischen wieder Ruhe eingekehrt. Aber wie hat<br />

sich durch die Weltmeisterschaft das Deutschlandbild<br />

der Franzosen verändert? Wir gehen dieser Frage<br />

nach und kommen zu erstaunlichen Erkenntnissen.<br />

Fußball spielt auch im Konkurrenzkampf zwischen<br />

Bastia und Ajaccio eine Rolle. Es ist aber nicht der<br />

einzige Bereich, in dem die Rivalität der beiden korsischen<br />

Hafenstädte zum Ausdruck kommt.<br />

In dem Artikel « Bastia versus Ajaccio »<br />

beschäftigen wir uns mit diesem nicht immer<br />

ganz ernst gemeinten Wettbewerb. In<br />

unserem Fokusthema über Korsika wollen<br />

wir Ihnen jedoch nicht nur das urbane<br />

Gesicht der Insel vorstellen, denn<br />

schließlich steht Korsika vor allem für<br />

unberührte Natur und landschaftliche<br />

Schönheit. Dabei legen wir<br />

unseren Schwerpunkt in dieser Ausgabe<br />

weniger auf die Küstenregionen, sondern<br />

vielmehr auf das noch unbekanntere,<br />

aber mindestens genauso bezaubernde<br />

Inselinnere. Lassen Sie sich vom Reiz dieses<br />

vom Massentourismus noch weitgehend verschonten<br />

Mittelmeereilands verführen. Hierzu<br />

gehört auch die besondere korsische Lebensart,<br />

die sich in einigen Punkten von der französischen<br />

Festlandsmentalität unterscheidet. Dies musste<br />

auch unsere Redaktion während der Recherchetätigkeiten<br />

feststellen,insbesondere<br />

Um Institutionen handelt es sich auch in unserer Interviewreihe,<br />

die wir mit Léon Bertrand, dem französischen<br />

Minister für Tourismus, im Frühjahr begonnen haben. Für<br />

diese Ausgabe traf ich mich mit Claude Martin, dem französischen<br />

Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland,<br />

in seinem Berliner Amtssitz. Unser Anliegen ist dabei,<br />

über die Arbeit nationaler Einrichtungen zu berichten und<br />

diesen ein menschliches Gesicht zu geben. Denn oft sind es<br />

mutige Menschen, die hinter einschneidenden Veränderungen<br />

stehen. Hierzu gehört auch Marc Duval,<br />

der mit seiner umweltverträglichen Waschnuss<br />

den großen Waschmittelherstellern den Kampf<br />

angesagt hat. Und natürlich stellen wir Ihnen<br />

auch wieder eine Reihe von Reisezielen in<br />

Frankreich vor. Marseille, das Bordelais,<br />

der Leuchtturm von Cordouan sowie<br />

drei weniger bekannte Pariser Museen<br />

stehen dieses Mal auf dem Programm.<br />

Zum Schluss möchte ich allen danken, die<br />

bei unserer Leserbefragung in der letzten Ausgabe<br />

teilgenommen haben. Wir waren sehr erfreut, wie<br />

zahlreich Sie geantwortet haben und wie positiv Sie<br />

unser Heft beurteilen. Wir werden auch in Zukunft<br />

unser Bestes geben, um Ihren Qualitätsansprüchen<br />

gerecht zu werden. Da der Redaktionsschluss<br />

für diese Ausgabe vor dem Einsendeschluss der<br />

Leserbefragung liegt, kann ich Ihnen leider noch<br />

nicht die glücklichen Gewinner der Flusskreuzfahrt<br />

auf der Rhône/Saône nennen. Diese werden Anfang<br />

<strong>September</strong> persönlich von uns benachrichtigt.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre dieser Ausgabe!<br />

Titelbild: Zitadelle von Ajaccio<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·


Inhalt<br />

Korsika · 12<br />

In Frankreich wird Korsika auch die « Insel der Schönheit » genannt. Lange Sandstrände im Osten, zerklüftete Buchten im<br />

Westen, malerisch gelegene Städte und Dörfer, einsames Hochgebirge im Inselinneren – die Mittelmeerinsel geizt nicht<br />

mit ihren Reizen. Zudem blieb das Eiland bisher vom Massentourismus weitgehend verschont – ein wahres Kleinod.<br />

Marseille · 54<br />

Paris · 76<br />

Die Hafenstadt ist nicht mehr das Moloch, für das es<br />

viele halten. Wir nennen Ihnen 10 Gründe, warum Sie<br />

Frankreichs Mittelmeermetropole mögen sollten.<br />

Maison de Balzac, Musée national Gustave Moreau,<br />

Fondation Cartier pour l’art contemporain – besondere<br />

Orte, die abseits der Touristenströme liegen.<br />

Bordelais · 62<br />

Cordouan · 68<br />

Ist es möglich, wie « Gott in Frankreich zu leben »? Ein<br />

Wochenende lang gehen wir diesem Mythos nach. Entdecken<br />

Sie mit uns die bezaubernden Reize des Bordelais.<br />

Stolze 86 Meter ragt Europas ältester Leuchtturm in die<br />

Höhe, mitten in der breiten Mündung der Gironde. Besuchen<br />

Sie mit uns dieses einzigartige Bauwerk im Atlantik.<br />

· Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Fokus<br />

12 Korsika – Kleinod im Mittelmeer<br />

18 Traumstraßen Wenn Landstraßen<br />

zu Traumstraßen werden<br />

26 Städtevergleich Bastia versus Ajaccio<br />

32 La Restonica Gorges de la Restonica –<br />

Korsikas alpine Seite<br />

36 Eisenbahn Mit der Eisenbahn durch Korsikas Bergwelt<br />

38 Reise-Infos Korsika<br />

72<br />

76 84<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

68<br />

62<br />

54 Marseille 10 Gründe, die Hafenstadt zu mögen<br />

62 Bordelais Ein Traumwochenende im Bordelais<br />

68 Cordouan Das kleine Versailles im Atlantik<br />

72 Hotel L’Hermitage Gantois, Lille<br />

Frankreich heute<br />

42 Deutschlandbild Hat die Fußball-WM das<br />

Deutschlandbild der Franzosen verändert?<br />

44 Bio-Sorelia Eine kleine Nuss erobert das Herz der Franzosen<br />

oder wie die Franzosen ein Bioprodukt entdecken<br />

46 Interview Claude Martin, Französischer<br />

Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland<br />

Art de vivre<br />

54<br />

Deutschlandbild · 42<br />

12-39<br />

88<br />

76 Pariser Museen Andere Orte<br />

80 Kulturprogramm <strong>September</strong> & <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />

82 Kulturszene CDs, Bücher, Filme<br />

84 Wein Champagner – Lebensgenuss pur<br />

88 Restaurant A Pineta, Korsika<br />

90 Chantals Rezept Tarte tatin à la tomate<br />

Rubriken<br />

5 Editorial<br />

8 On en parle<br />

40 Kulturschock<br />

51 Abonnement<br />

52 Leben in Frankreich<br />

74 Boutique<br />

92 Arte-Programm<br />

94 Heftnachbestellungen<br />

96 Leserbriefe<br />

97 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Die Fußball-WM hat das deutsche Nationalgefühl<br />

verändert. Doch hat das sportliche Großereignis auch<br />

das Deutschlandbild der Franzosen beeinflusst?<br />

Champagner · 84<br />

Bei Geburtstagen, Hochzeiten, Schiffstaufen oder an<br />

Silvester – bei wichtigen Anlässen ist er nicht mehr<br />

wegzudenken. Ein Schaumwein wurde zum Mythos.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·


On En Parle<br />

Frankreich aus der Vogelperspektive<br />

Nach dem großen Erfolg von Google Earth geht das Nationale<br />

Geographische Institut Frankreichs (L’Institut Géographique<br />

National) in die Gegenoffensive und stellt eigene Luftaufnahmen<br />

ins Internet. Die Bilder sind sogar noch präziser, denn sie stammen<br />

nicht von Satelliten, sondern sind von Flugzeugen aus aufgenommen.<br />

Mehr als 400.000 Luftaufnahmen aus den letzten fünf Jahren,<br />

die sowohl die touristischen<br />

Sehenswürdigkeiten des Landes<br />

als auch weniger bekannte Orte<br />

zeigen, sind online erhältlich.<br />

Für die bessere Orientierung<br />

werden rund 4.000 Karten zur<br />

Verfügung gestellt. Zurzeit sind<br />

die Bilder nur zweidimensional<br />

abrufbar, ab 2007 jedoch<br />

auch dreidimensional. Die Internetseite<br />

wurde nach der Freischaltung<br />

sofort ein großer Erfolg,<br />

so dass ein weiterer Ausbau des<br />

Services zu erwarten ist.<br />

www.geoportail.fr<br />

Oben: Die Bucht von<br />

Mont St. Michel<br />

Links:<br />

Der Flughafen<br />

Roissy – CDG<br />

Das Comeback der Straßenbahn<br />

Nicht weniger als zwölf neue Straßen- und U-Bahnlinien werden in Frankreichs Städten<br />

bis Ende 2007 eröffnet. Saint-Etienne, Nantes, Paris, Clermont-Ferrand, Montpellier,<br />

Lyon und Aulnay-Bondy machen den Anfang, gefolgt von Marseille, Toulouse,<br />

Le Mans, Nizza und Straßburg.<br />

Pariser Gay Pride<br />

im Lichte der<br />

Präsidentschaftswahlen<br />

Mehr als 800.000 Schwule, Lesben<br />

und Bisexuelle demonstrierten beim<br />

diesjährigen Gay Pride in Paris<br />

Ende Juni in Anspielung auf die<br />

Präsidentschaftswahlen im nächsten<br />

Jahr unter dem Motto « Gleichheit<br />

2007 ». Auch viele bekannte Politiker<br />

waren unter den Teilnehmern.<br />

Die sozialdemokratische Partei<br />

hat sich erst kürzlich für eine<br />

totale Gleichstellung zwischen<br />

heterosexuellen und homosexuellen<br />

Partnerschaften im Falle eines<br />

Wahlsieges ausgesprochen.<br />

Besonderer Ansporn ist dabei auch,<br />

dass Frankreich nicht mehr Ländern<br />

wie Spanien, Belgien oder den<br />

Niederlanden hinterherhängen<br />

will, die eine völlige Gleichstellung<br />

im Ehe- und Adoptionsrecht längst<br />

eingeführt haben.<br />

· Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


France 24 heißt das französische<br />

Pendant zu CCN und BBC World<br />

SCHNAPPSCHÜSSE<br />

Der zukünftige internationale französische<br />

Nachrichtensender, eine Herzensangelegenheit<br />

von Jacques Chirac, nimmt langsam Form an. Die<br />

neue Konkurrenz für CCN und BBC World besitzt<br />

eine außergewöhnliche Organisationsstruktur<br />

und ist ein gemeinsames Baby des größten<br />

französischen Privatsenders, TF1, und seines<br />

öffentlich-rechtlichen Konkurrenten, France<br />

Télévision. Schwierig gestaltete sich deshalb<br />

die Namensfindung. Neben « France 24 », was<br />

als weltweit leicht verständlich gilt, war auch<br />

« Version Française » im Spiel. Letzteres wurde<br />

aber schließlich als zu arrogant eingestuft und<br />

verworfen. Der Sendebetrieb von France 24 soll<br />

zum Ende des Jahres beginnen.<br />

Paris wird billiger<br />

Laut dem Personalberatungsbüro Mercer Human Resource Consulting ist<br />

Paris die 15-teuerste Stadt der Welt für ins Ausland entsandte Mitarbeiter. Letztes<br />

Jahr war die Seine-Metropole noch auf dem zwölften Rang. Moskau steht<br />

dieses Mal an der Spitze und hat damit Tokio auf den dritten Platz verwiesen.<br />

Die teuerste europäische Stadt ist London auf dem vierten Rang.<br />

Bevor Franzosen in den Urlaub fahren...<br />

Nach einer kürzlich durchgeführten Studie von Unilever, veröffentlicht in<br />

der Wochenzeitschrift L’Express, können 68 Prozent der Franzosen nicht in<br />

den Urlaub fahren, ohne vorher ihr Zuhause geputzt zu haben. 38 Prozent<br />

wollen sich während der Ferien nicht von ihrem persönlichen Wecker<br />

trennen und 22 Prozent nicht von ihrem Computer. Darüber hinaus<br />

haben 20 Prozent der Frauen Angst, in einem anderen Bett zu schlafen.<br />

Bei den Männern sind es nur 7 Prozent.<br />

Elektronischer Chip fürs Fluggepäck<br />

Seit Juli testet Air France entsprechend einer der Prioritäten der IATA<br />

eine neue Methode zur Gepäckbeförderungsüberwachung. Ein kleiner<br />

elektronischer Chip wird in das Gepäcketikett beim Check-in integriert,<br />

das die Verfolgung der Beförderung in Realzeit erlaubt. Der Versuch<br />

betrifft zunächst die Flüge auf der Strecke Paris-Amsterdam und Paris-<br />

Tokio. Nach und nach soll das System auf weitere Air France- und auch<br />

auf KLM-Strecken ausgeweitet werden.<br />

Handy-Empfang auf Korsika-Fähren<br />

War man bisher auf einer der Fähren vom Festland nach Korsika unterwegs,<br />

stellte man nach einigen Seemeilen fest, dass es keinen Handyempfang<br />

mehr gab. In Zukunft kann man nun aber auch auf offener See telefonieren<br />

oder SMS senden und empfangen. Corsica Ferries und die SNCM<br />

haben elf Fährschiffe mit der entsprechenden Technik ausgestattet.<br />

Frankreich erleben auf dem<br />

Düsseldorfer Frankreichfest<br />

Zum sechsten Mal fand am französischen<br />

Nationalfeiertag in Düsseldorf das Frankreichfest<br />

statt. Auch Frankreich erleben war mit einem<br />

Stand vertreten. Insgesamt besuchten rund<br />

50.000 Menschen das Straßenfest.<br />

Mit dem Autozug in Frankreichs Süden<br />

Der Winterfahrplan des DB-Autozugs ist ab sofort<br />

zum Buchen freigeschaltet. Nach Frankreich<br />

verkehren die Züge zwischen November <strong>2006</strong><br />

und April 2007 nach Avignon in der Provence<br />

und Narbonne im Languedoc-Roussillon. Die<br />

Strecke von Hamburg nach Narbonne gibt es für<br />

eine Person mit Übernachtung im Liegewagen<br />

und inklusive Fahrzeug schon ab 96,90 Euro.<br />

www.dbautozug.de<br />

Schlechter Ruf<br />

Nach einer Umfrage unter 6.000 Personen der US-amerikanischen Internetseite<br />

« Where are you now » sind die Franzosen die am wenigsten gastfreundliche<br />

Nation der Welt, dicht gefolgt von den… Deutschen! Aber<br />

wer könnte behaupten, dass Internetumfragen repräsentativ sind…?<br />

Weinflaschen der Stadt Paris zum Verkauf<br />

Am 20. und 21. <strong>Oktober</strong> organisiert die Stadt Paris eine öffentliche Versteigerung<br />

von 4.000 Weinflaschen und anderen Alkoholika aus dem<br />

städtischen Weinkeller. Der aktuelle Bürgermeister Bertrand Delanoë<br />

fand, dass der von seinen Vorgängern aufgebaute Vorrat von über<br />

7.000 Flaschen zu viel für die kommunalen Bedürfnisse sei. Die zu versteigernden<br />

Flaschen gehören zu den besten des Weinkellers, einige haben<br />

einen Wert von mehr als 1.000 Euro.<br />

Neue Ryanair-Ziele an der Atlantik- und Mittelmeerküste<br />

Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair hat angekündigt, ab 31. <strong>Oktober</strong><br />

jeweils dreimal pro Woche die Strecke von Hahn nach Biarritz sowie nach<br />

Nantes zu bedienen. Ab 8. November geht es zudem ebenfalls dreimal<br />

wöchentlich nach Marseille.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> ·


On En Parle<br />

Hitliste der französischen Urlaubsziele<br />

Das französische Wochenmagazin Le Nouvel Observateur<br />

hat kürzlich eine neue Hitliste der einheimischen Urlaubsdestinationen<br />

veröffentlicht. 50 Ferienorte wurden<br />

nach Kriterien wie Luftverschmutzung, Bebauungsdichte,<br />

Sonnenscheindauer, Besucherzahlen, Verkehrsdichte, Preise<br />

eines durchschnittlichen Menüs im Restaurant etc. bewertet.<br />

Die Ergebnisse sind erstaunlich und originell, wenn auch<br />

einige sie als zu subjektiv kritisieren. So erhält das Seebad<br />

Grand-Motte im Departement Hérault, berühmt-berüchtigt<br />

für seine Apartmenthochhäuser aus Beton, den dritten<br />

Platz für die Wasserqualität zum Baden. Ohnehin kommen<br />

in dieser Hitliste eher Reiseziele auf die oberen Plätze, die<br />

normalerweise nicht so viel Publicity gewohnt sind. In der<br />

Kategorie « Ferienorte am Meer » nehmen die Seebäder<br />

Perros-Guirec in der Bretagne, Les Sables d’Olonne an der<br />

Atlantikküste und Saint-Florent auf Korsika die ersten drei<br />

Plätze ein. In der Kategorie « Destinationen im Grünen »<br />

gebührt diese Ehre Florac (Departement Lozère), Laguiole<br />

(Departement Aveyron) und Rocamadour (Departement<br />

Lot).<br />

Endlich! Touristenauskunft am<br />

Pariser Flughafen Roissy-CDG<br />

Es mag unfassbar erscheinen, aber bis<br />

vor kurzem existierte am größten Pariser<br />

Flughafen Roissy-CDG kein Tourismusbüro.<br />

Doch nun wurde diese Lücke endlich<br />

geschlossen und ein erstes Office de<br />

Tourisme im Terminal 2F zwischen den<br />

Ausgängen 15 und 16 eröffnet. An einem<br />

langen Schalter in Rot beantwortet<br />

ein mehrsprachiges Team aus sieben<br />

Mitarbeitern an allen Wochentagen<br />

von 9.00 bis 20.00 Uhr die Fragen der<br />

Touristen. Die Investitionskosten (500.000<br />

Euro) trägt zu 70 Prozent die Region Ile de<br />

France. Auch die Hälfte der jährlichen<br />

Betriebskosten (rund 1,5 Millionen Euro)<br />

gehen zu ihren Lasten. Ein weiterer<br />

Schalter soll bis Jahresende im Terminal<br />

2C eingeweiht werden. 2007 folgen dann<br />

noch jeweils einer im Terminal 1, wo die<br />

Flüge von Lufthansa und der Star Alliance<br />

ankommen, und im Terminal 2D.<br />

Frankreich bleibt<br />

das weltweit<br />

meist besuchte<br />

Touristenziel<br />

Mit 75<br />

M i l l i o n e n<br />

internationalen<br />

Gästen führt Frankreich<br />

unverändert die Liste der meist<br />

besuchten Touristendestinationen der<br />

Welt an, gefolgt von Spanien (54 Millionen), den<br />

USA (46 Millionen), China (42 Millionen) und Italien (32<br />

Millionen). Bei den Einnahmen aus dem Tourismus nimmt das<br />

Land jedoch nur den dritten Platz ein, hinter den USA und Spanien.<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


L’instant<br />

Taittinger<br />

N o t e s s u b t i l e s d e C h a r d o n n a y e t d e P i n o t s


Fokus Korsika<br />

Korsika<br />

Kleinod im Mittelmeer<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Die Franzosen<br />

bezeichnen<br />

Korsika als<br />

Ile de Beauté – Insel der Schönheit.<br />

Angesichts der malerischen Buchten,<br />

traumhaften Strände, pittoresken Dörfer und dem<br />

bergigen und einsamen Inland ist dies keine Übertreibung. Frankreichs<br />

große Mittelmeerinsel ist ein wahres Kleinod, zudem eines, das vom<br />

Massentourismus in weiten Teilen noch verschont geblieben ist und seine Seele<br />

bewahren konnte. Anders als auf vielen Nachbarinseln findet der Reisende auf Korsika<br />

noch Ruhe und Einsamkeit, kann sich an unverbauten Buchten erfreuen und ein<br />

noch recht unverfälschtes Inselleben erfahren. Dabei wäre Korsikas Potential in punkto<br />

Naturschönheiten, Stränden und Klima mindestens genauso groß<br />

wie das von anderen Mittelmeerinseln, die längst fest in den<br />

Händen des Massentourismus sind. Aber Korsika hat<br />

sich seine Andersartigkeit bewahrt.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 13


Fokus Korsika<br />

jedoch auch in französischen Häfen gesichtet<br />

und die SNCM soll privatisiert werden.<br />

Ein Blick auf die Besucherstruktur zeigt,<br />

dass Korsika andere Zielgruppen anzieht als<br />

die meisten Charterdestinationen in Südeuropa.<br />

Mehr als ein Drittel der Gäste – in der<br />

Hauptreisezeit im Sommer sogar mehr als 40<br />

Prozent – sind leitende Angestellte oder Angehörige<br />

freier Berufe, also ein Publikum, das<br />

über ein höheres Einkommen als der Durchschnitt<br />

verfügt und im Urlaub nicht auf jeden<br />

Euro schauen muss. Korsika ist kein preiswerter<br />

Urlaubsort.<br />

Doch woher kommt es, dass Korsika in den<br />

Die fotogene Zitadelle von Calvi trägt entscheidend zum Charme dieser<br />

beliebten Touristenstadt im Nordwesten der Insel bei.<br />

Vorige Seite: Baie de Crovani an Korsikas Westküste.<br />

Das stolze korsische<br />

Pendant zur US-amerikanischen<br />

Konkurrenz.<br />

Äußerlich zum<br />

Verwechseln ähnlich,<br />

im Geschmack<br />

anders.<br />

Doch Korsika ist mitnichten eine touristenfreie<br />

Zone. Rund 2,3 Millionen Besucher zählt<br />

das Eiland pro Jahr. In den letzten 25 Jahren<br />

hat sich diese Zahl verdoppelt. Die meisten<br />

kommen in den drei Sommermonaten und sind<br />

Franzosen vom Festland (knapp 70 Prozent).<br />

Bei den ausländischen Touristen führen die<br />

Italiener (27 Prozent), gefolgt von den Briten<br />

(17 Prozent) und den Deutschen (14 Prozent).<br />

Rund 320.000 Betten stehen heute auf der Insel<br />

bereit, etwas mehr als 21.000 davon in Hotels,<br />

weitere 63.000 auf Campingplätzen. Der<br />

touristische Sektor generiert einen jährlichen<br />

Umsatz von einer Milliarde Euro.<br />

Dennoch bleibt Korsika eine ziemlich isolierte<br />

Insel. Während beispielsweise nach Mallorca<br />

mehrmals täglich – selbst von deutschen,<br />

zösterreichischen oder schweizerischen Provinzflughäfen<br />

– Nonstop-Flüge angeboten<br />

werden, bestehen nach Korsika nur sehr wenige<br />

Charterflugverbindungen. Die Anreise<br />

erfolgt entweder mit einem relativ teuren Linienflug<br />

über das französische Festland oder mit<br />

dem eigenen Auto und der Fähre. Rund zwei<br />

Drittel aller Korsika-Reisenden wählen den<br />

Wasserweg. Als easyJet vor ein paar Jahren eine<br />

Billigflugverbindung von Paris nach Korsika<br />

anbieten wollte, wurde diese sogar als nicht<br />

rechtskonform eingestuft. Die Platzhirsche<br />

CCM und Air France, die ohnehin kooperieren,<br />

hielten sich damit lästige Konkurrenz<br />

vom Hals und hatten Erfolg. Auch auf dem<br />

Seeweg besaß die staatliche SNCM lange Zeit<br />

ein Monopol und die private Corsica Ferries<br />

durfte anfangs nur italienische Häfen anlaufen.<br />

Inzwischen werden die gelb-blauen Schiffe<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


letzten Jahrzehnten eine so unterschiedliche<br />

Entwicklung als andere Mittelmeerinseln<br />

genommen hat? Die Antwort ist sicherlich vielschichtig:<br />

In den 60er-Jahren hatten zwar finanzstarke<br />

Investoren ein Auge auf das Eiland<br />

geworfen. Doch heftiger als anderswo machte<br />

sich auf Korsika schnell die Angst vor einem<br />

Ausverkauf, vor einer « Balnearisierung » breit.<br />

So wurden viele der anfangs geplanten Ferienanlagen<br />

am Ende nie gebaut. Es fällt auch in<br />

diese Zeit, wo Autonomisten und Attentate die<br />

Insel in die Schlagzeilen der europäischen Zeitungen<br />

brachten. Korsika reihte sich damit in<br />

eine Anzahl von Problemregionen Europas ein<br />

– wie beispielsweise das Baskenland oder Nordirland.<br />

Auch wenn die Bomben der korsischen<br />

Separatisten selten zu Personenschäden führten,<br />

so waren sie doch Boten einer instabilen<br />

Situation. Neben autonomistischen Aktionen<br />

bremste auch ein weit ausgebreitetes Clanwesen<br />

Korsikas Entwicklung. Zudem hatte sich auch<br />

die Pariser Regierung nicht eben mit Ruhm bekleckert<br />

und einige Affären zu verantworten.<br />

Vetternwirtschaft, Korruption und mafiöse<br />

Strukturen waren und sind auf der Insel der<br />

Schönheit keine Fremdwörter.<br />

Ein weiterer Grund für das Ausbleiben des<br />

Massentourismus kann im relativ hohen Preis­<br />

Spuren des korsischen<br />

Nationalismus<br />

finden sich auf vielen<br />

Verkehrsschildern<br />

der Insel.<br />

Das kleine Bergdorf Vico gilt als einer der schönsten Orte im Inselinneren.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 15


Fokus Korsika<br />

Serpentinen, wie<br />

am Golfe de Porto,<br />

prägen überall<br />

auf der Insel das<br />

Straßenbild.<br />

Im Mündungsgebiet<br />

des Flusses Fango<br />

nördlich von Galéria.<br />

niveau der Insel gefunden werden. Das Preis-<br />

Leistungs-Verhältnis ist oft ungünstiger als an<br />

anderen Destinationen in Südeuropa. Schnell<br />

zahlt man für ein Abendessen oder eine Übernachtung<br />

ein paar Euro mehr, obwohl die<br />

Leistung nicht immer auf gleicher Höhe ist.<br />

Auch der korsische Stolz mögen eine Rolle<br />

gespielt haben, weniger offen für ausländische<br />

Chartertouristen gewesen zu sein als vielleicht<br />

die Menschen in Spanien oder Griechenland.<br />

Bis heute dauert die Diskussion über die<br />

Zukunft der Insel an. Die Angst vor einem<br />

möglichen Identitätsverlust ist groß. Gerade in<br />

den Sommermonaten fühlen sich die 266.000<br />

Korsen in der Minderheit in ihrer eigenen Heimat.<br />

Korsika ist übrigens die einzige Region<br />

Frankreichs, die heute weniger Einwohner aufweist<br />

als zu Anfang des 20. Jahrhunderts. So<br />

lebten 1901 noch 296.000 Menschen auf dem<br />

Eiland. Im Vergleich zu den Balearen ist Korsika<br />

dreimal dünner besiedelt, sechsmal dünner<br />

als Sardinien und sogar<br />

zwanzigmal dünner<br />

als Sizilien. Doch<br />

wo hört gesunder<br />

Nationalstolz auf und<br />

fängt Fremdenfeindlichkeit<br />

an? Wann<br />

wird Tourismus eine<br />

wirtschaftliche Notwendigkeit?<br />

Korsika<br />

ist Frankreichs ärmste<br />

Region und abhängig<br />

von großzügigen<br />

Subventionen aus Paris<br />

und Brüssel. Die<br />

Korsen haben einen<br />

Lebensstil, den sie<br />

selbst, insbesondere<br />

ohne Touristen, nicht<br />

halten könnten. Dabei<br />

wird keine französische<br />

Region derart<br />

stark unterstützt wie<br />

die Mittelmeerinsel.<br />

Auch Steuerermäßigungen<br />

beispielsweise<br />

für Wein, Benzin,<br />

Tabak sowie ein angepasstes Mehrwertsteuersystem<br />

gehören zu den Hilfsmaßnahmen.<br />

Trotzdem liegt das korsische Bruttoinlandsprodukt<br />

bei nur 20.149 Euro pro Person (2003)<br />

im Vergleich zu 25.650 Euro im Landesdurchschnitt.<br />

Signifikante Industriebetriebe<br />

fehlen auf der Insel, die Dörfer im Hinterland<br />

entvölkern sich und die Infrastruktur ist der<br />

heutigen Zeit unangemessen. Der Tourismus<br />

bleibt für viele Regionen der Insel oft der einzige<br />

Hoffnungsschimmer, der wirtschaftlichen<br />

Misere zu entfliehen.<br />

Politisch hat sich die Lage in den letzten<br />

Jahren stark gebessert, aber noch nicht vollkommen<br />

beruhigt. Ab und zu finden kleinere<br />

Anschläge statt, meist auf illegal errichtete<br />

Ferienbauten oder Einrichtungen des Staates,<br />

die von der Mehrheit der Korsen jedoch<br />

verurteilt werden. Unter dem sozialistischen<br />

Ministerpräsidenten Lionel Jospin wurde<br />

nach der Jahrtausendwende ein neuer Status<br />

für die Insel vorbereitet. Doch sein konservativer<br />

Nachfolger stoppte den Prozess zunächst,<br />

um dann einen eigenen Lösungsvorschlag zu<br />

unterbreiten, der insbesondere die Wiedervereinigung<br />

der erst 1975 geschaffenen beiden<br />

Departements Haute-Corse und Corse du<br />

Sud vorsah. In einer Volksabstimmung wurde<br />

dieses Vorhaben aber knapp abgelehnt und es<br />

blieb bei der Zweiteilung der Insel.<br />

Der Reisende wird von diesen Schwierigkeiten<br />

während seines Aufenthaltes auf Korsika<br />

nur wenig mitbekommen. Ihn erwarten vor<br />

allem eine oftmals noch unberührte Natur und<br />

atemberaubende Landschaften. Der Empfang<br />

ist manchmal etwas spröde, doch im Ganzen<br />

hat man als Reisender das Gefühl, bei den<br />

Korsen willkommen zu sein. Meist beginnt<br />

ein Urlaub in einer der beiden großen Hafenstädte,<br />

Ajaccio oder Bastia, die beide ihren<br />

eigenen Charme bewahren konnten. Ohnehin<br />

bietet Korsika nicht nur ursprüngliche Natur,<br />

sondern auch attraktive Städte. So verzaubert<br />

Calvi im Nordwesten mit seiner Zitadelle auf<br />

einem vorgelagerten Felsplateau und einem<br />

langgezogenen Sandstrand in einer sichelförmigen<br />

Bucht, dem Golfe de Calvi. Corte, die<br />

heimliche Hauptstadt Korsikas, liegt bezaubernd<br />

im bergigen Inselinneren und ist dank<br />

der einzigen korsischen Universität, gegründet<br />

1981, eine jung gebliebene Stadt. Im Süden<br />

locken das malerische Porto Veccio, das sich<br />

ein wenig wie Saint-Tropez anfühlt, und das<br />

einmalig auf Kreidefelsen gelegene Bonifacio.<br />

Wer dagegen nach Strandleben trachtet,<br />

der findet sein Glück an den langen Sandstränden<br />

der Ostküste. Der Osten der Insel ist<br />

eher lieblich und sanft, während der Westen<br />

wild und bergig daherkommt. Doch auch an<br />

der Westküste findet man traumhafte Strände<br />

in oft malerischen Buchten. Zudem verführen<br />

der Golfe de Porto, Golfe de Sagone, Golfe<br />

d’Ajaccio und Golfe de Valinco mit grandiosen<br />

Panoramakulissen. Auch wenn das Mittelmeer<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Die Kreidefelsen von Bonifacio sind ein Höhepunkt jeder Korsika-Rundreise.<br />

eine dominante Rolle für den Tourismus auf<br />

Korsika spielt, so verzaubert das bergige und<br />

alpine Inland nicht minder. Korsikas höchster<br />

Berg, der Monte Cinto, misst stolze 2.706 Meter.<br />

Viele weitere Zweitausender finden sich in<br />

seinem Umfeld. Ein Mekka für Wanderer und<br />

Bergsüchtige, und dies nicht nur auf dem bekannten<br />

Wanderweg GR 20, der die Insel von<br />

Norden nach Süden durchquert.<br />

Bei seiner Reise auf Korsika wird der Besucher<br />

auch feststellen, dass die Insel anders<br />

wirkt als das französische Festland. Zunächst<br />

weniger wohlhabend, besonders wenn man von<br />

der reichen Côte d’Azur übergesetzt hat. Dann<br />

zeigen die Ortsschilder, dass Italien nicht weit<br />

sein kann: Viele Ortsnamen wirken dem Italienischen<br />

näher als dem Französischen. Auch die<br />

Architektur erinnert oft an das östliche Nachbarland.<br />

Das Korsische wird im Alltag jedoch<br />

meist nur noch von den Alten gesprochen, auch<br />

wenn es in Corte inzwischen einen Lehrstuhl<br />

für diese Regionalsprache gibt.<br />

Und noch ein Detail wird dem aufmerksamen<br />

Autofahrer auffallen: In Frankreich enden<br />

die Nummernschilder der Autos normalerweise<br />

mit zwei Ziffern, der Nummer des Departements.<br />

In Korsika dagegen findet man an<br />

dieser Stelle eine 2A bzw. 2B. Das hängt mit<br />

der Teilung der Insel im Jahre 1975 in zwei<br />

Departements zusammen. Aus der 20 für Korsika<br />

wurde auf den Nummernschildern eine 2A<br />

bzw. 2B, während bei den Postleitzahlen die 20<br />

bestehen blieb. Es gibt eine einfache Eselsbrücke,<br />

sich die Zuordnung zu merken: 2A steht<br />

für das Departement Corse du Sud mit der<br />

Hauptstadt Ajaccio, deren Name mit einem A<br />

beginnt. 2B für das Departement Haute-Corse<br />

mit der Hauptstadt Bastia, deren Name mit<br />

einem B beginnt.<br />

Es ist diese Mischung aus Bergen und Meer,<br />

aus fruchtbaren Tälern und kargen Gipfeln,<br />

aus pittoresken Dörfern und einsamen Buchten,<br />

die Korsika so einzigartig macht. Für viele<br />

Reisende ist die Insel noch immer ein weißer<br />

Fleck auf der Landkarte. Doch wer einmal hier<br />

war, will immer wiederkommen. Ein wahres<br />

Kleinod im Mittelmeer eben. Welchen Weg<br />

Korsika in Zukunft auch gehen mag, hoffen<br />

wir, dass seine Schönheit und Seele dabei nicht<br />

auf der Strecke bleiben.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 17


Fokus Korsika<br />

Durch die bergige Geografie und die vielen malerischen Buchten<br />

mutieren zahlreiche Landstraßen der französischen Mittelmeerinsel<br />

zu wahren Traumstraßen. Wir stellen Ihnen drei Strecken vor, die alle<br />

auf ihre Art und Weise einmalig sind: Zweimal – bei der D 81 von<br />

Porto nach Piana und der D 80 von Patrimonio nach Macinaggio –<br />

geht es dabei in engen Kurven entlang der Küste, ein anderes Mal –<br />

bei der D 84 von Pont de Castirla nach Calacuccia – durch das<br />

karge Hochgebirge des Inselinneren.<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


D 81 von Porto nach Piana<br />

Les Calanche<br />

Die D 81 von Porto nach Piana durch die Felsen der Calanche gehört<br />

ohne Zweifel nicht nur zu den schönsten Traumstraßen Korsikas,<br />

sondern ganz Frankreichs, wenn nicht gar Europas. Ausgangspunkt ist<br />

der kleine Ort Porto. Hier an der Mündung des gleichnamigen Flusses<br />

hat sich eines der touristischen Zentren der Nordwestküste etabliert.<br />

Der Ort besteht aus dem eigentlichen Porto, rund drei Kilometer im<br />

Inland gelegen, und der « Dependance » Marine de Porto mit dem 1549<br />

erbauten genuesischen Wachturm direkt am Meer. Von den Terrassen<br />

der Restaurants an der Küste lässt sich bereits die atemberaubende Schönheit<br />

des Golfe de Porto erahnen, der aufgrund seiner landschaftlichen<br />

Einmaligkeit sogar unter dem Schutz der UNESCO steht.<br />

Die D 81 in Richtung Piana überquert zunächst den kleinen Fluss<br />

Porto, um dann nach der Kreuzung mit der D 84 nach Westen zu führen.<br />

Die ersten Kilometer sind noch recht unspektakulär und führen<br />

durch eine dichte Macchia-Landschaft. Doch bald gewinnt die Straße<br />

an Höhe, und die Kurven werden enger. Die Vegetation macht Platz für<br />

die bizarre Felsenlandschaft der Calanche. Nach Norden tut sich ein<br />

einzigartiger Panoramablick auf das dunkelblaue Mittelmeer und den<br />

Golfe de Porto auf. Dem Fahrer wird volle Aufmerksamkeit abverlangt.<br />

Links: Die Felsen der Calanche wirken wie von der Natur geschaffene<br />

Skulpturen.<br />

Kleines Foto links unten: Blick auf Marine de Porto, Ausgangspunkt dieser<br />

Traumstraße.<br />

Der Golfe de Porto gehört zu den romantischsten Buchten der Insel.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 19


Fokus Korsika<br />

Immer wieder bieten sich atemberaubende<br />

Ausblicke aufs dunkelblaue Mittelmeer.<br />

Die D 81 windet sich in engen Kurven entlang der Felsen.<br />

In engen Kurven windet sich die D 81 entlang<br />

der Felsen. Nur wenige Meter sind es von den<br />

steilen Felswänden zur Linken bis zum tiefen<br />

Abgrund zur Rechten. An manchen Stellen<br />

ist die Fahrbahn so eng, dass zwei Fahrzeuge<br />

kaum nebeneinander vorbeikommen. Meist<br />

schützt jedoch eine kleine Mauer vor einem<br />

freien Fall, zumindest psychologisch. Jeder<br />

Zentimeter der Fahrbahn musste mühsam der<br />

Natur abgerungen werden.<br />

Doch es ist vor allem dieser spektakuläre<br />

Blick auf den Golfe de Porto und die bizarren<br />

Felsen der Calanche, der diese Strecke so<br />

traumhaft macht. Der Schriftsteller Guy de<br />

Maupassant bezeichnete die Calanche einst als<br />

« einen Wald aus rotfarbenem Granit ». Immer<br />

wieder wirken die eigenwilligen Felsen wie von<br />

der Natur geschaffene Skulpturen. Mit Fantasie<br />

lassen sich diverse Formen entdecken: Felsen,<br />

die wie Tiere, Gesichter oder Bäume aussehen.<br />

Der Vorstellungskraft sind keine Grenzen<br />

gesetzt. Wissenschaftlich betrachtet handelt es<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Der Endpunkt dieser Traumstraße: das Bergdorf Piana mit den Calanche im Hintergrund.<br />

sich bei dieser steinernen Märchenwelt um Tafoni-Felsen.<br />

Ein chemisch-mechanischer Verwitterungsprozess, ausgelöst<br />

durch große Temperaturschwankungen, hat die Felsen<br />

geradezu ausgehöhlt und die bizarren Formen entstehen<br />

lassen. Tafoni-Gestein ist auf Korsika häufiger anzutreffen,<br />

doch nirgendwo sind derart skurrile Formen entstanden.<br />

Die D 81 windet sich stetig durch die Felsen der Calanche<br />

bergauf, die besonders in der Abenddämmerung anfangen,<br />

rot zu glühen. Jeder Felsvorsprung, jede Schlucht<br />

wird umfahren. In engen Serpentinen folgt die Straße den<br />

geografischen Gegebenheiten. Auf halbem Weg zwischen<br />

Porto und Piana lädt ein Bistro mit großer Terrasse zu einer<br />

Pause ein. Es gibt unterwegs ohnehin mehrere Möglichkeiten,<br />

sein Auto am Rande des Weges abzustellen und<br />

die Calanche per pedes zu erkunden. Diverse Wanderwege<br />

sind ausgeschildert. Und immer wieder fällt der Blick auf<br />

das dunkelblaue Mittelmeer und die rötlich schimmernden<br />

Berge auf der Nordseite des Golfe de Porto. Auf etwas mehr<br />

als 600 Meter erhebt sich dort gegenüber der Monte Senino.<br />

Der Capo di Curzo schafft sogar rund 850 Höhenmeter und<br />

ganz im Westen werden die Berge und Felsen der Halbinsel<br />

La Scandola sichtbar, die 1975 zum Naturreservat ernannt<br />

wurden. Das Panorama auf den Golfe de Porto und die<br />

Bergkulisse ist schlicht atemberaubend.<br />

Nach circa 15 Kilometern hat sich die D 81 auf etwa<br />

430 Meter gewunden und die erste menschliche Siedlung<br />

nach Porto ist erreicht: Piana. Es ist eines der bekanntesten<br />

Bergdörfer im Nordwesten Korsikas. Malerisch schmiegen<br />

sich die alten Häuser den Berghang empor. In der Ortsmitte<br />

erwarten einen eine kleine Kirche und mehrere Restaurants<br />

mit einladenden Terrassen. In den verwinkelten Gassen<br />

hinter der Kirche scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.<br />

Außer ein paar Touristen und herumstreunenden Katzen<br />

scheint niemand die himmlische Ruhe zu stören. Nur in<br />

den Haupturlaubsmonaten Juli und August kann es etwas<br />

lebhafter zugehen. Doch das ganz Besondere an Piana ist<br />

– wie schon während der ganzen Fahrt von Porto – die<br />

herrliche Kulisse in der Ferne.<br />

Unsere erste Traumstraße nimmt in Piana ihr Ende.<br />

Wer Sehnsucht nach dem Meer verspürt, kann über die steilen<br />

Serpentinen der D 624 die Bucht von Ficajola nördlich<br />

von Piana und damit wieder Meeresspiegelniveau erreichen.<br />

Ansonsten bietet sich die Weiterreise über die D 81 nach<br />

Cargèse und den Golfe de Sagone an.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 21


Fokus Korsika<br />

Die Straße durch die Scala di Santa Regina führt durch eine der kargesten Stellen des Inselinneren.<br />

D 84 von Pont de Castirla nach Calacuccia<br />

Scala di Santa Regina<br />

Scala di Santa Regina, bereits der<br />

Name dieser Schlucht weckt die Neugier.<br />

In Pont de Castirla wirkt die<br />

Erinnerung an das turbulente Leben<br />

an den Küsten Korsikas wie ein Souvenir<br />

aus einem anderen Land. Hier<br />

im Herzen der Insel, nicht weit der<br />

heimlichen Hauptstadt Corte, von wo<br />

aus Pasquale Paoli im 18. Jahrhundert<br />

14 Jahre lang ein unabhängiges Korsika<br />

als « General der Nation » regierte,<br />

scheint die Zeit langsamer zu vergehen<br />

als in Bastia oder Ajaccio. Nur<br />

wenige alte Steinhäuser formen diese<br />

Ortschaft. Einige Häuser sind gar<br />

verlassen. Nicht viel erinnert an das<br />

Leben des 21. Jahrhunderts.<br />

Kaum ein Reisender würde den<br />

Weg in dieses verschlafene Nest finden,<br />

wäre es nicht das Tor zu einer der<br />

spektakulärsten Querverbindungen<br />

im Inland der Insel, der D 84<br />

nach Calacuccia und weiter nach Porto,<br />

die den Ort in westlicher Richtung<br />

verlässt. Auf 345 Metern über dem<br />

Meeresspiegel befindet man sich in<br />

Pont de Castirla. Im nur 15 Kilometer<br />

entfernten Calacuccia werden es<br />

812 Meter sein. Die D84 steigt zunächst<br />

langsam an, doch schnell wird<br />

die Schlucht enger und die Straße<br />

kurviger. Wie ein Kunstwerk ist die<br />

kühne Strecke in die Felsen der Nordseite<br />

der Schlucht gehauen worden.<br />

Scharfe Kurven, steile Felswände und<br />

ein tiefer Abgrund verlangen einen<br />

vorsichtigen Fahrstil. Vor einigen<br />

Kurven hört man immer wieder das<br />

Hupen der Einheimischen, die entgegenkommende<br />

Fahrzeuge warnen<br />

wollen. Manchmal sind die Felsen<br />

so steil, dass die D 84 auf viaduktähnlichen<br />

Brücken entlang des<br />

Abhanges gebaut werden musste.<br />

Links tief unten in der Schlucht<br />

fließt der Fluss Golo. Seit dem Bau<br />

des großen Stausees bei Calacuccia<br />

hat er seine reißerische Wildheit<br />

eingebüßt und wirkt wie ein harmlos<br />

dahinplätschernder Bach. Vorsicht ist<br />

jedoch geboten. Denn je nachdem wie<br />

viel Wasser aus dem Stausee abgelassen<br />

wird, kann der Golo in kürzester<br />

Zeit zu einem wilden Strom ansteigen.<br />

Warnschilder weisen den nichts<br />

ahnenden Wanderer auf diese Gefahr<br />

hin. Ebenfalls auf der linken Seite, am<br />

Südhang der steilen Schlucht, sieht<br />

man den alten Maultierpfad – eine<br />

beliebte Wanderstrecke durch die<br />

Scala di Santa Regina. Auf halber<br />

Strecke, bei Pont de l’Accia,<br />

bietet sich ein günstiger<br />

Zugang.<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Die D 84 steigt unaufhörlich an. Die Schlucht verengt<br />

sich zunehmend. Die braunen Felsen bilden eine fast pflanzenlose<br />

Mondlandschaft. Zu beiden Seiten erheben sich<br />

hohe Berge und nur die altersschwach wirkenden Masten<br />

einer Stromleitung erinnern an die moderne Zivilisation.<br />

Man fühlt sich fern vom Korsika der kleinen Buchten<br />

und des blauen Mittelmeers. Nach jeder Kurve eröffnet<br />

sich ein neuer, faszinierender Ausblick. Die verwegene<br />

Straßenführung lässt nicht nur das Herz des Fahrers<br />

höher schlagen. Kurz vor Cuccia trifft man schließlich<br />

auf einen ersten kleinen Staudamm. Von hier sind es nur<br />

noch wenige Minuten bis zum großen Stausee von Calacuccia,<br />

der nicht nur der Stromerzeugung, sondern<br />

auch der Bewässerung weiter Landstriche im Osten<br />

der Insel dient. Die Schlucht weitet sich zu einem<br />

weiten, grünen Tal und lässt die D 84 von der<br />

atemberaubenden Serpentinenstraße wieder zu<br />

einer ganz gewöhnlichen Landstraße werden.<br />

Calucuccia ist das östliche Eingangstor<br />

des Niolo, eines der am stärksten abgeschiedenen<br />

Hochtäler im Inneren Korsikas. Erst<br />

seit Ende des 19. Jahrhunderts führt eine<br />

Straße in diese Region, die zuvor nur über<br />

Maultierpfade zu erreichen war. Zahlreiche<br />

Wanderungen lassen sich von<br />

hier aus unternehmen. Die D 84 führt<br />

weiter nach Porto. Auch der Golfe de<br />

Sagone lässt sich über die später abzweigende<br />

D 70 erreichen.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 23


Fokus Korsika<br />

Die Westküste des Cap Corse ist rau und wild.<br />

D 80 von Patrimonio nach Macinaggio<br />

Cap Corse<br />

Im Gegensatz zur D 81 entlang<br />

der Calanche oder der D 84 durch die<br />

enge Schlucht Scala di Santa Regina<br />

ist es weniger die waghalsige Bauweise<br />

der Straße, als die wilde Schönheit<br />

der Landschaft, die diese Strecke als<br />

eine Traumstraße qualifiziert. Hier<br />

an der Westküste zeigt sich das Cap<br />

Corse von seiner rauen, wilden Seite.<br />

Verlassene Gehöfte, herrschaftliche<br />

Mausoleen und pittoreske Bergdörfer<br />

sind Zeugen einer anderen Zeit. Einer<br />

Zeit, als das Cap Corse noch nicht so<br />

verlassen war wie heute und die Menschen<br />

ihr Auskommen im Weinanbau,<br />

der Fischerei und dem Handel fanden.<br />

Heute gehört das Cap Corse zu den<br />

Regionen der Inseln, die am stärksten<br />

unter der Entvölkerung leiden. Die<br />

Jugend ist längst abgewandert und<br />

manch ein Bergdorf droht eine Geisterstadt<br />

zu werden. Die schlechte Infrastruktur<br />

und die Lage im Schatten<br />

der Touristenströme tragen das Ihrige<br />

zur wirtschaftlichen Misere bei. Dafür<br />

hat der Reisende die einmalige Chance,<br />

ein noch unverfälschtes Korsika zu<br />

erleben.<br />

Von Patrimonio muss man erst ein<br />

paar Meter auf der D 81 zurücklegen,<br />

um zur Kreuzung mit der D 80 zu gelangen.<br />

Danach dauert es nur ein paar<br />

Minuten, bis man an der Mündung<br />

des Fiume Albine die Küste erreicht.<br />

In der Ferne, auf der anderen Seite der<br />

Bucht, erheben sich die Berge der Désert<br />

des Agriates, eines fast menschenleeren<br />

Landstriches westlich des Cap<br />

Corse. Die D 80 folgt nun bis Centuri<br />

immer dem Küstenverlauf. Romantisch<br />

schmiegt sich die Straße dabei<br />

an den Hang und gibt immer wieder<br />

neue Panoramablicke zum Besten. Die<br />

Kulisse aus blauem Mittelmeer, der<br />

saftigen Macchia-Vegetation und den<br />

graubraunen Felsen zieht den Reisenden<br />

schnell in seinen Bann. Immer<br />

wieder sieht man genuesische Türme<br />

aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die<br />

dem Cap Corse auch den Beinamen<br />

« Cap der Türme » verliehen haben.<br />

Die Bewohner der Kaphalbinsel galten<br />

als genuatreu und pflegten damals<br />

enge Handelsbeziehungen zum italienischen<br />

Festland.<br />

Die D 80 folgt den bezaubernden<br />

Buchten der Westküste des Cap Corse.<br />

Immer wieder fährt man durch kleine<br />

Dörfer, die längst von der modernen<br />

Zeit abgehängt zu sein scheinen. Nur<br />

wenige Restaurants laden zum Verweilen<br />

ein. Ab und zu führen kleine<br />

Stichstraßen hinunter zum Meer. Die<br />

Strände sind meist menschenleer. Nur<br />

ein paar Touristen und Einheimische,<br />

besonders am Wochenende, beleben<br />

die Buchten. An den Berghängen im<br />

Osten, hoch über der D 80, reihen sich<br />

einige verschlafene Bergdörfer auf wie<br />

Perlen an einer Kette. Hier im Westen<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Diese Windmühle dient der Firma Mattei als<br />

Werbefläche.<br />

der Kaphalbinsel hat die Natur die<br />

Oberhoheit und bietet dem Reisenden<br />

eine einzigartige Szenerie. Immer wieder<br />

ist man versucht, anzuhalten und<br />

das sensationelle Panorama auf sich<br />

wirken zu lassen.<br />

Nur einmal, einige Kilometer<br />

hinter Nonza, am<br />

Fuße des Monte Cuccaro,<br />

wird diese Idylle gestört.<br />

Eine große Ruine zieht<br />

sich rechts von der Straße<br />

den Berghang empor. Es<br />

sind die Überbleibsel des<br />

Bergwerksgebäudes, das<br />

dem Asbesttagebau diente.<br />

Bis in die 60er-Jahre wurde<br />

hier Asbest abgebaut, bis<br />

die Mine wegen Unwirtschaftlichkeit<br />

schließlich<br />

geschlossen wurde. Heute<br />

bleiben davon nur diese<br />

surreal wirkende Ruine, ein<br />

abgetragener Monte Cuccaro,<br />

Asbestabfälle an den<br />

örtlichen Stränden und die<br />

gesundheitlichen Spätfolgen<br />

der damals Beschäftigten.<br />

Weiter im Norden, nach Morsiglia,<br />

verlässt die D 80 die Küstenlinie und<br />

biegt sanft ins Innere. Einige Kilometer<br />

weiter, bei Centuri, lohnt jedoch<br />

ein kleiner Abstecher zurück an die<br />

Küste, nach Centuri-Port. Es ist einer<br />

der « touristischsten » Orte an der<br />

Westküste des Cap Corse. Restaurants<br />

und Bars im pittoresken Hafen mit<br />

seinen Fischerbooten laden zu einem<br />

Zwischenstopp ein.<br />

Zurück auf der D 80 biegt diese<br />

nahe der Überreste von drei Windmühlen<br />

in einer scharfen Rechtskurve<br />

nach Osten. Eine der Windmühlen<br />

wurde renoviert und dient der Firma<br />

Mattei als Werbefläche. Die Landschaft<br />

wird nun langsam sanfter, die<br />

Felsen erscheinen weniger schroff und<br />

die Abhänge weniger steil. Spätestens<br />

bei Rogliano kündigt sich die lieblichere<br />

Ostküste des Cap Corse an. Im<br />

Norden eröffnet sich immer wieder ein<br />

wunderschöner Blick auf die kleine Ile<br />

de la Giraglia, Korsikas nördlichsten<br />

Punkt. Die D 80 verliert in weiten<br />

Kurven an Höhe, um bei Macinaggio<br />

schließlich Meeresniveau zu erreichen.<br />

Der Ort mit seinem kleinen Yachthafen<br />

gehört zu den Touristenzentren<br />

der Kaphalbinsel und ist Endziel unserer<br />

dritten Traumstraße. Zur Weiterreise<br />

bietet sich die D 80 entlang<br />

der Ostküste nach Bastia an.<br />

Der malerische Hafen von Centuri-Port. Kleine Restaurants laden zum Verweilen ein.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 25


Fokus Korsika<br />

Der Hafen von Bastia: Hier fühlt man sich Genua näher als Paris.<br />

Bastia versus Ajaccio<br />

Bastia und Ajaccio, Korsikas kleine Metropolen, trennt<br />

seit jeher eine große Rivalität. Dabei haben beide Hafenstädte<br />

ihren ganz eigenen Charakter bewahrt, begründet<br />

auch in der unterschiedlichen Geschichte. Ein<br />

kleiner, nicht immer bitterernst gemeinter Vergleich der<br />

beiden Departement-Hauptstädte.<br />

Genuesische Gründung versus pisanische Ursprünge<br />

Im Laufe der Jahrhunderte war Korsika oftmals zum Spielball der Mächtigen geworden. So<br />

auch zwischen den beiden aufkommenden italienischen Stadtrepubliken Pisa und Genua zu Beginn<br />

des zweiten nachchristlichen Jahrtausends. Zunächst verfolgten beide Städte gemeinsame Ziele<br />

auf Korsika, doch bald setzten sich unterschiedliche Interessen durch. Es sah am Anfang danach<br />

aus, als ob Pisa das Machtspiel gewinnen würde, als Papst Gregor VII. die Insel im Jahre 1077<br />

dem Bischof von Pisa zum Lehen übergab. Doch die pisanische Vorherrschaft auf Korsika sollte<br />

nicht lange dauern. Genua gewann in Italien zunehmend an Macht und ein Streit um die Handelsvorherrschaft<br />

im Mittelmeer wurde unausweichlich. 1133 sah sich Papst Innozenz II. deshalb<br />

gezwungen, Korsika zu teilen. Das Land « diesseits der Berge » und « jenseits der Berge » entstand.<br />

Pisa erhielt die Diözesen Ajaccio, Aléria und Sagone, Genua dagegen Mariana, Nebbio und Accia.<br />

Der genuesische Teil entsprach damit schon relativ genau dem heutigen Gebiet des Departements<br />

Haute-Corse, der pisanische Teil deckte sich weitgehend mit dem heutigen Departement Corse du<br />

Sud. Im Jahre 1380 gründeten die Genuesen schließlich Bastia.<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Hauptstadt eines Departements versus Hauptstadt einer Region<br />

Beide Städte sind seit der Teilung der Insel im Jahre 1975 Hauptstädte eines Departements: Bastia<br />

vom Departement Haute-Corse, das den Nordosten der Insel einnimmt, und Ajaccio vom Departement<br />

Corse du Sud, das den Südwesten Korsikas umfasst. Doch nur eine Stadt ist gleichzeitig<br />

die Hauptstadt der ganzen Insel, der Region Korsika. Seit 1811 darf sich Ajaccio mit diesem Titel<br />

schmücken. Nach den Dezentralisierungsgesetzen unter Mitterrand hat hier konsequenterweise seit<br />

1982 auch die Assemblée régionale (Regionalversammlung) ihren Sitz gefunden. Auch der korsische Gerichtshof<br />

ist in Napoleons Geburtsstadt angesiedelt. Kein Zweifel also, politisch gesehen hat Ajaccio<br />

die Nase vorn. Dabei war Bastia lange Zeit führend. So verdankt die Stadt ihre Gründung der Tatsache,<br />

dass Genua eine Hauptstadt auf der Insel benötigte, die gut vor den korsischen Aufständischen<br />

zu befestigen war. Denn der damalige Sitz des Inselgouverneurs in Biguglia, einige Kilometer südlich<br />

des heutigen Bastias, ließ sich schlecht verteidigen. Der genuesische Gouverneur Leonello Lomellino<br />

ließ deshalb etwas weiter nördlich eine neue Festung errichten, woraus die Hauptstadt Bastia erwuchs.<br />

Noch heute mögen viele Einwohner der nordkorsischen Stadt nicht, dass sie diese Funktion später an<br />

Ajaccio abtreten mussten und zu einer einfachen Departement-Hauptstadt degradiert wurden.<br />

Interview mit Emile Zuccarelli, Bürgermeister von Bastia<br />

Monsieur le Maire, kennen Sie Deutschland?<br />

Welche Vorstellung haben Sie von dem Land?<br />

Ich kenne Deutschland ein wenig, weil ich dort<br />

als Tourist war, insbesondere Berlin, Karlsruhe und<br />

Bayern. Das Land blieb mir in ausgezeichneter<br />

Erinnerung, vor allem die Gastfreundschaft<br />

gegenüber ausländischen Besuchern. Über<br />

diese eigene Erfahrung hinaus betrachte ich<br />

Deutschland und Frankreich als die zwei treibenden<br />

Kräfte Europas. Nur die Zusammenarbeit zwischen<br />

unseren beiden Ländern wird die Fortsetzung eines<br />

zusammenwachsenden Europas ermöglichen. Und<br />

da es ein vereintes Europa nicht ohne oder gegen<br />

die Völker geben kann, wünsche ich mir, dass<br />

wir uns einander noch besser kennenlernen. Der<br />

Austausch zwischen den beiden Völkern, gegenseitige<br />

Besuche und die Entdeckung des jeweiligen<br />

anderen Landes gehen in diese Richtung und sind<br />

nützlich und notwendig.<br />

Touristen anzieht, und hoffe, dass sie aus diesen<br />

Gründen auch wiederkommen.<br />

Wie Sie gesagt haben, besitzt Bastia ein großes<br />

kulturelles und architektonisches Erbe. Welches<br />

sind für Sie die besonderen Orte, an denen Sie sich<br />

gerne aufhalten?<br />

Welche Vorstellungen, Ihrer Meinung nach, haben<br />

die Deutschen von Korsika, insbesondere von Ihrer<br />

Stadt Bastia?<br />

Erstaunlicherweise kommen trotz der großen<br />

Entfernung viele deutsche Touristen nach Bastia.<br />

Ich freue mich sehr darüber und wünsche mir,<br />

dass sie Korsika mit Eindrücken verlassen, die sich<br />

von dem Bild unterscheiden, das in den Medien<br />

und durch einige Minderheiten oft vermittelt<br />

wird. Korsika und Bastia haben ein einzigartiges<br />

kulturelles, architektonisches und landschaftliches<br />

Erbe. Ich denke, das ist es, was die deutschen<br />

Ich bin in Bastia geboren und liebe meine Stadt<br />

mit all’ ihren Facetten. In Bastia verbinden sich die<br />

Geschichte, authentisches Leben und Modernität.<br />

Es ist eine Stadt, die lebt. Aus diesem Grund würde<br />

ich bezüglich der besonderen Orte von Bastia<br />

zunächst einmal natürlich die Place Saint-Nicolas<br />

nennen, einer der größten Plätze Frankreichs und<br />

sogar Europas – das Herz einer zutiefst lebendigen<br />

Stadt. Dann die historischen Bauwerke der Altstadt,<br />

die Kirche Saint-Jean, die Place du Marché, der alte<br />

Hafen, die Zitadelle oder auch die Romieu-Gärten.<br />

Alle Orte zusammen bilden ein städtisches<br />

Fortsetzung Seite 28<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 27


Fokus Korsika<br />

Gesamtbild, das sowohl auf der Geschichte, als<br />

auch der Modernität beruht. Die eben genannten<br />

Orte sind das ganze Jahr über aber primär Orte<br />

des Alltagslebens.<br />

Wie empfinden Sie und die Einwohner von Bastia<br />

die Insellage der Stadt?<br />

Die Zeiten haben sich geändert. Die Insellage ist lange<br />

ein Handicap für die Entwicklung, das Wirtschaftsund<br />

auch das Alltagsleben gewesen. Heute kann<br />

diese Insellage dank einer territorialen Kontinuität,<br />

mit der man besser zurechtkommt, und der neuen<br />

Technologien als ein Vorteil betrachtet werden.<br />

Zuerst, weil Korsika dieser Lage seine Attraktivität,<br />

seine landschaftliche Schönheit und seinen Ruf als<br />

« Gebirge im Meer » verdankt. Des Weiteren weil die<br />

Insellage uns dazu verpflichtet, anders zu denken,<br />

insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige<br />

Entwicklungspolitik. So haben wir es geschafft, in<br />

Bastia den Zuschlag für die Ansiedlung einer Fakultät<br />

der ENSAM (Ecole Nationale Supérieure d‘Arts<br />

et Métiers), einer renommierten Ingenieursschule,<br />

zu erhalten, die sich mit erneuerbaren Energien<br />

beschäftigt. Generell denken wir viel über neue<br />

Technologien nach und arbeiten auch damit. Mit<br />

anderen Worten, Bastia, erster Passagierhafen des<br />

Mittelmeers, versucht heute das beste aus seiner<br />

Insellage, die wir zu lange einfach nur ertragen<br />

haben, zu machen.<br />

Einer der Werbeslogans Ihrer Stadt lautet « Bastia,<br />

eine Stadt in Bewegung ». Welches sind die großen<br />

Projekte der kommenden Jahre?<br />

Bastia ist tatsächlich eine Stadt in Bewegung.<br />

Sie ist es immer gewesen. Und diese Fähigkeit,<br />

uns anzupassen, sowie der stetige Wille, uns mit<br />

Respekt gegenüber der Seele und der Geschichte<br />

der Stadt zu modernisieren, hat es Bastia erlaubt,<br />

wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Korsikas zu<br />

werden. Mit dieser Einstellung gehen wir wichtige<br />

Infrastrukturprojekte an: Zum Beispiel die Errichtung<br />

von zwei großen Parkhäusern am Bahnhof und an<br />

der Zitadelle, die Umgestaltung der Place d’armes,<br />

die Renovierung der Kirche Saint-Jean, das<br />

Museum im Gouverneur-Palast, die Aufwertung<br />

des Arinella-Strandes oder die Umstrukturierung<br />

des Südviertels.<br />

Monsieur le Maire, wir danken Ihnen für dieses<br />

Gespräch.<br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

Im Rahmen dieses Städtevergleichs wollten wir Ihnen<br />

natürlich auch ein Interview mit dem Bürgermeister<br />

von Ajaccio bieten. Sechs Wochen lang hat unsere<br />

Redaktion versucht, dieses Interview zu bekommen.<br />

Es wurde uns vom Büro des Bürgermeisters immer<br />

wieder versprochen, scheiterte jedoch jedes Mal<br />

aus einem anderen Grund. Selbst unser Angebot,<br />

der Bürgermeister könne ausnahmsweise schriftlich<br />

auf unsere Fragen antworten, half nichts. Zwar wurde<br />

dieses Angebot dankend angenommen, die<br />

Antworten auch mehrmals versprochen, doch leider<br />

haben wir sie bis Redaktionsschluss nicht erhalten.<br />

Freundliches, aber bestimmtes Nachfragen<br />

unsererseits führte zu phantasievollen Ausreden,<br />

aber leider nicht zum gewünschten Ergebnis. Auch<br />

dies ist leider eine Facette der Insel der Schönheit.<br />

39.016 versus 54.697 Einwohner<br />

Auch beim Blick auf die Einwohnerstatistik muss Bastia sich geschlagen geben. Leben dort 39.016<br />

Menschen, kann das südlichere Ajaccio 54.697 Einwohner aufweisen. Eines ist beiden Städten jedoch<br />

gemein, sie sind eindeutig die wichtigsten Zentren der Insel. Erst mit respektvollem Abstand folgen<br />

die anderen Städte wie Calvi, Corte, Porto Veccio oder Bonifacio. Sie sind damit auch zum Anziehungspunkt<br />

der Jugend geworden und versprühen urbanes Lebensgefühl auf dem ansonsten recht<br />

ländlich geprägten Korsika. Auch die meisten Immigranten aus Frankreichs ehemaligen Kolonien,<br />

die auf der Mittelmeerinsel ihr neues Zuhause gefunden haben, sind vor allem in den beiden Hafenstädten<br />

sesshaft geworden und tragen zum multikulturellen Flair bei. Gerade in den Jahrzehnten<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Bevölkerung stark an. So lebten in Bastia beispielsweise Mitte<br />

der 50er-Jahre noch weniger als 30.000 Einwohner. Doch die Attraktivität, die Bastia und Ajaccio<br />

auf die Menschen ausübt, hat auch ihren Preis. In beiden Städten trifft man auf trostlos wirkende<br />

Hochhausviertel und beide Städte sind von einem unschönen Speckgürtel aus Gewerbebetrieben,<br />

großen Supermarktketten und Brachflächen umgeben.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Italienisches Flair versus<br />

französisches Lebensgefühl<br />

Man braucht sich nicht lange in Bastia und Ajaccio aufzuhalten,<br />

um schnell einen entscheidenden Unterschied zu<br />

bemerken. Bereits der Blick über den alten Hafen von Bastia<br />

zeigt, dass man sich hier auch gut an der italienischen<br />

Küste befinden könnte. Eng und hoch sind die Gebäude um<br />

den Hafen gebaut, bis auf wenige Häuser sind die Fassaden<br />

grau und verfallen. Einige Gebäude stehen sogar leer, oder<br />

Die Place Saint-Nicolas in Bastia.<br />

sind nur noch auf einigen Etagen bewohnt, während in den<br />

anderen Stockwerken bereits die Fenster fehlen. Dennoch<br />

herrscht Trubel und Leben im alten Hafen, Cafés und Restaurants<br />

laden zum Aufenthalt ein. Durch die engen Gassen knattern Jugendliche mit ihren Mopeds.<br />

Kein Zweifel, italienisches Flair liegt in der Luft. Man fühlt sich Genua näher als Paris. Auch der<br />

Baustil der vornehmen Häuser am Vorzeigeplatz Place Saint-Nicolas im Herzen der Stadt trägt eindeutig<br />

eine italienische Handschrift. Ganz anders in Ajaccio. Großzügige Boulevards mit Alleebäumen und<br />

Straßencafés, renovierte Fassaden und repräsentative Prachtbauten sorgen für einen Hauch von Paris. Alles<br />

ist hell und freundlich. Die Altstadt ist gut belebt und kleine Restaurants locken mit köstlichen Menüs.<br />

Auf der Einkaufsstraße Cours Napoléon reiht sich Geschäft an Geschäft. An der Place du Général de<br />

Gaulle, die im Volksmund immer noch Place du Diamant genannt wird, stellen Brasserien und Bistros<br />

ihre Stühle auf die Straße. Ajaccio wirkt wohlhabender, renovierter, französischer als Bastia. Hier fühlt<br />

man sich dem französischen Lebensstil verpflichtet, der den Besucher an Marseille oder Paris erinnert.<br />

Die Innenstadt von Ajaccio wirkt sehr französisch, hier die Place Maréchal Foch.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 29


Fokus Korsika<br />

Größter Hafen versus größten Flughafen<br />

Mag Ajaccio politisch und größenmäßig die Nase vorn haben, in einem Punkt führt Bastia die<br />

Rangliste eindeutig an: der Hafen. Sowohl bezüglich der Personenfähren als auch des Güterumschlags<br />

dominiert die Hafenstadt im Norden der Insel die Statistik. Im Vergleich zu Ajaccio kommen<br />

hier nicht nur die Fähren vom französischen Festland aus Nizza, Toulon und Marseille an, sondern<br />

auch aus den italienischen Hafenstädten. So verbuchte Bastias Hafen 20<strong>05</strong> etwas mehr als zwei Millionen<br />

Passagiere, Ajaccios Hafen dagegen nur rund 820.000. Rund doppelt so viele Güter werden<br />

in Bastia umgeschlagen wie in Ajaccio. Bis 2020 baut Bastia zudem für 213 Millionen Euro seine<br />

Hafenanlagen aus. Im Gegenzug hat Ajaccio einen leichten Vorsprung beim Flugverkehr. Wurden<br />

dort im letzten Jahre 978.548 Passagiere abgewickelt, waren es in Bastia nur 829.568. Allerdings<br />

ist dieser Vorsprung gering. Aus beiden Städten bestehen gute Flugverbindungen zum französischen<br />

Festland, insbesondere nach Nizza, Marseille und natürlich Paris, sowie einige saisonale Flüge in<br />

andere französische Provinzstädte bzw. ins europäische Ausland.<br />

Bilck auf die Zitadelle und Altstadt von Ajaccio. Im Vordergrund der Yachthafen der Stadt.<br />

Zweite Liga versus Zweite Liga<br />

Ein Unentschieden zwischen beiden Städten gibt es im Bereich des Fußballs. Spielten die Vereine<br />

S.C. Bastia und AC Ajaccio bis vor kurzem noch in der Ersten Liga, so blühte den Kickern aus Bastia<br />

nach der Saison 2004/20<strong>05</strong> der Abstieg in die Zweite Liga. Doch die Überlegenheit des AC Ajaccio<br />

dauerte nur ein Jahr lang, denn nach der Saison 20<strong>05</strong>/<strong>2006</strong> musste auch dieser Verein den Abstieg<br />

hinnehmen. In der neuen Saison <strong>2006</strong>/2007 können sich die Inselbewohner also wieder auf spannende<br />

Inselduelle freuen, nun allerdings nicht mehr in der Ersten, sondern der Zweiten Liga. Mit<br />

dem Fußball verbindet sich auf Korsika jedoch auch ein tragisches Ereignis. Am 5. Mai 1992 verloren<br />

18 Fans ihr Leben, als ein Teil der Tribüne des Stadions von Bastia einstürzte. Fahrlässige Schlamperei<br />

war die Ursache. Einer der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen wurde später ermordet.<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Cap Corse und Etang<br />

de Biguglia versus<br />

Golfe d’Ajaccio und<br />

Golfe de Sagone<br />

Kein Zweifel, sowohl Bastia als<br />

auch Ajaccio sind eingebettet in<br />

eine traumhafte Landschaft. Beide<br />

Städte liegen vor einer imposanten<br />

Bergkulisse, die besonders bei der<br />

Ankunft mit der Fähre bleibende<br />

Erinnerungen hinterlässt. Bastias<br />

Hausberg, der Serra di Pigno, erreicht<br />

mit seinen 960 Metern fast<br />

die Tausendermarke. Und auch<br />

im Norden von Ajaccio schaffen<br />

es die Berge auf Höhen von knapp<br />

900 Metern. Ohnehin sind die<br />

Bewohner der beiden korsischen<br />

Metropolen mit einem landschaftlich<br />

sehr attraktiven Umland<br />

gesegnet, das reizvolle Wochenendausflüge erlaubt. In Bastia lockt im Norden vor allem das wunderschöne<br />

Cap Corse mit seiner eher sanften Ostküste und wilden Westküste, wo einsame Bergdörfer<br />

und malerische Buchten zum Verweilen einladen. Auch im Süden der Stadt liegt mit dem Etang de<br />

Verwinkelte Altstadtgassen in Bastia.<br />

Palais Lantivy in Ajaccio, Sitz des aus Paris<br />

entsandten Präfekten.<br />

Biguglia, die mit rund 1.500 Hektar größte Lagune Korsikas,<br />

und den langen Sandstränden zum Thyrrhenischen<br />

Meer ein attraktives Naherholungsgebiet. Doch auch<br />

Ajaccios Umgebung geizt nicht mit Reizen. Zunächst<br />

bietet der halbrunde Golfe d’Ajaccio eine wunderbare<br />

Kulisse, Panoramaausblicke nach jeder Kurve und schöne<br />

sandige Badebuchten inklusive. Reizvolle Vororte wechseln<br />

sich mit Stränden ab. Zahlreiche Strandrestaurants<br />

verwöhnen zudem nicht nur mit leckeren Gerichten,<br />

sondern auch mit einer wunderbaren Aussicht, meist<br />

auf Ajaccio und das bergige Hinterland. Und wer von<br />

Ajaccio ein wenig nach Norden fährt und den Col de<br />

Listincone sowie den Col de S. Bastiano überquert, wird<br />

mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Golfe de<br />

Sagone belohnt. Und schließlich ist es dann auch nicht<br />

mehr weit zu den berühmten Calanche und dem Golfe<br />

de Porto.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 31


Fokus Korsika<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Gorges de la Restonica –<br />

Korsikas alpine Seite<br />

Es ist ein Sonntagmorgen im Juni. Der<br />

Himmel ist leicht bedeckt, doch die<br />

Sonne versucht ab und zu durch die<br />

Wolken zu blinzeln. Wir warten am Ortsausgang<br />

von Corte auf David. David ist gebürtiger<br />

Korse und ein alter Bekannter. Wir haben uns<br />

in Paris kennengelernt, wo er einige Jahre seines<br />

Lebens verbrachte und wir zusammen im gleichen<br />

Unternehmen gearbeitet haben. Irgendwann<br />

wurde für David das Heimweh zu groß<br />

und er beschloss, wieder auf seine Insel im Mittelmeer<br />

zurückzukehren. Nicht jedoch ohne uns<br />

einzuladen, ihn möglichst bald zu besuchen:<br />

« Ich zeige euch dann das Korsika jenseits der<br />

Strände und führe euch ins imposante Bergland<br />

im Inneren. » Aus dem « bald » wurden sechs<br />

Jahre, doch in diesem Juni haben wir es endlich<br />

geschafft und zum ersten Mal im Leben korsischen<br />

Boden betreten.<br />

Die Begrüßung von David ist herzlich. Er<br />

hat sich kaum verändert. Nach dem Austausch<br />

der wichtigsten Neuigkeiten brechen wir auch<br />

sofort zu unserer Tagestour auf. Das Ziel<br />

heißt: Gorges de la Restonica, oder um noch<br />

genauer zu sein, Lac de Melo, die Quelle der<br />

Restonica. Im Südwesten von Corte gelegen,<br />

ist dieses Tal eines der hübschesten der Insel,<br />

eine wahre Naturschönheit. Um es zu erkunden,<br />

sollte man aber starke Nerven und gutes<br />

Schuhwerk besitzen. Denn zunächst führt eine<br />

rund 14 Kilometer lange, abenteuerlich gebaute<br />

Stichstraße bis zur Bergerie de Grotelle, von<br />

wo aus man dann zu Fuß weiter zum Lac de<br />

Melo gelangt.<br />

So fahren wir zunächst durch einen romantisch-wilden<br />

Wald. Die Straße ist noch recht<br />

breit und gewinnt nur langsam an Höhe. Unten<br />

in der Schlucht fließt die Restonica, die dem<br />

Tal seinen Namen gegeben hat. Nach einigen<br />

Kilometern kommen wir an eine Abzweigung<br />

zu einem Campingplatz, dem Camping Tuani.<br />

Eine Schranke sowie Warnschilder hinsichtlich<br />

maximaler Fahrzeugbreite und -gewicht<br />

tauchen vor uns auf. « Das Tal ist Opfer seiner<br />

eigenen Schönheit geworden », erzählt uns David.<br />

« In den Sommermonaten quälen sich Automassen<br />

in diese vielleicht schönste Sackgasse<br />

der Welt. Dann dauert es nicht lange, bis der<br />

obere Parkplatz voll ist und die Schranke hier<br />

unten fällt. » David<br />

erklärt uns auch,<br />

dass schon diverse<br />

Zugangsbeschränkungen<br />

diskutiert<br />

wurden, doch bisher<br />

nichts wirklich<br />

entschieden wurde.<br />

Zwar steht das<br />

Tal seit 1966 unter<br />

Naturschutz, doch<br />

zu groß ist seine<br />

Bedeutung für die<br />

örtliche Tourismuswirtschaft,<br />

um die<br />

Besucherströme<br />

wirklich massiv zu<br />

beschränken.<br />

Kaum haben<br />

wir die heute zum<br />

Glück geöffnete<br />

Schranke passiert,<br />

schon wird die<br />

Straße merklich<br />

enger und steiler.<br />

Kurve um Kurve<br />

gewinnen wir<br />

an Höhe. Immer<br />

wieder muss David<br />

bremsen oder gar zurücksetzen, um entgegenkommende<br />

Autos passieren zu lassen. « Vormittags<br />

ist das alles nicht so tragisch, denn alle<br />

fahren eigentlich nach oben. Schlimm wird<br />

es, wenn man sich gegen den Strom bewegen<br />

will », klärt David uns auf. Die Landschaft<br />

wird steiniger und rauer. Besonders bezaubernd<br />

sind die hoch gewachsenen Kiefern links<br />

und rechts der Straße. Wir fahren durch einen<br />

Wald, der so anders wirkt als viele Wälder.<br />

Von der Bergerie de Grotelle bietet sich ein<br />

Blick auf die imposante Bergkulisse.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 33


Fokus Korsika<br />

In der unteren<br />

Talhälfte prägen<br />

Lariciokiefern das<br />

Bild.<br />

Hohe Bäume stehen auf steinigem Untergrund.<br />

Doch alles wirkt sehr luftig, ohne Probleme<br />

kann man durch die Bäume hindurch auf die<br />

alpine Bergkulisse blicken. Der aromatische<br />

Duft des Waldes dringt durch die heruntergelassenen<br />

Scheiben ins Auto. Bei den Bäumen<br />

handelt es sich um Lariciokiefern. « Das ist ein<br />

sehr genügsamer Baum », sagt David. « Er mag<br />

die Feuchtigkeit in der Luft genauso wie starke<br />

Regengüsse und übersteht problemlos sehr<br />

trockene Sommer. Das Holz ist dabei schwer<br />

entzündbar. Seit Jahrhunderten haben Korsikas<br />

Eroberer diese Bäume genutzt. Nach der<br />

römischen Epoche dienten sie den Vandalen als<br />

Rohstoff für ihre Werften. Im 10. und 11. Jahrhundert<br />

benutzten die Pisaner die Lariciokiefer<br />

als Feuerholz. Seit 1260 drangen schließlich<br />

die Genuesen ins bergige Hochland vor und<br />

machten sich die Bäume zunutze. Danach kamen<br />

die Engländer und die Franzosen. Und so<br />

ging es im Laufe der Geschichte immer weiter.<br />

Heute hat der Erhalt dieser Baumart hohe Priorität<br />

».<br />

An einer günstigen Stelle parkt David das<br />

Auto. « Es gibt nur wenige Stellen unterwegs,<br />

an denen das Anhalten erlaubt ist. Daher sollten<br />

wir die Chance nutzen und zum Fluss hinuntergehen<br />

», schlägt unser Gastgeber vor. Gesagt,<br />

getan – über Felsen klettern wir zur Restonica.<br />

Klar und laut fließt<br />

das Wasser dem<br />

Tavignano, in den<br />

die Restonica nach<br />

nur 17 Kilometern<br />

mündet, entgegen.<br />

Da auch die Sonne<br />

inzwischen herausgekommen<br />

ist und<br />

die Luft erhitzt,<br />

ist der Entschluss<br />

zu einem Bad<br />

im wilden Strom<br />

schnell gefasst. Da<br />

Schilder entlang<br />

der Strecke immer<br />

wieder darauf aufmerksam<br />

machen,<br />

dass FKK strengstens<br />

verboten ist,<br />

gehen wir nur mit<br />

den Beinen ins<br />

Wasser. Wer Badesachen<br />

dabei hat,<br />

sollte vor einem<br />

Bad im Fluss nicht<br />

zurückschrecken.<br />

Erfrischend kalt<br />

ist die Restonica,<br />

genau das Richtige<br />

für einen warmen Sommertag.<br />

Zurück am Auto setzen wir unsere Fahrt<br />

fort. Immer wieder eröffnen sich neue faszinierende<br />

Ausblicke auf die Bergkulisse. Auch<br />

die kühne Straßenführung erweist sich als sehr<br />

fotogen. Nach ein paar weiteren Kilometern<br />

überqueren wir den Fluss über eine kleine Brücke.<br />

Plötzlich wird der Wald lichter und die<br />

Landschaft karger. Wir befinden uns oberhalb<br />

der Baumgrenze. Nun ist es nicht mehr weit<br />

bis zur Bergerie de Grotelle, wo wir auf einem<br />

gebührenpflichtigen Parkplatz unser Auto abstellen<br />

müssen. Wir befinden uns hier bereits<br />

auf einer Höhe von 1.375 Metern. Im Norden<br />

erhebt sich der Capu a Chiostru mit 2.295 Metern,<br />

im Süden stürzt ein Wasserfall hinunter<br />

in die Restonica. Bevor wir unsere Reise zum<br />

Lac de Melo zu Fuß fortsetzen, stärken wir uns<br />

in der kleinen Bergerie. Holztische mit langen<br />

Bänken lassen sofort alpines Flair aufkommen.<br />

Hier oben fühlt man sich den Alpen näher als<br />

dem Mittelmeer.<br />

Der Fußmarsch führt über einen steinigen<br />

und streckenweise recht steilen Weg. Aber er<br />

ist ohne Probleme zu meistern und stellt keine<br />

zu großen Anforderungen an den Wanderer.<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Am Ziel der Wanderung, der Lac de Melo. Hier entspringt auch die Restonica.<br />

Gutes Schuhwerk sollte man dennoch tragen<br />

und ab und zu schadet es nicht, auch seine<br />

Hände einzusetzen. « Immer wieder muss die<br />

Feuerwehr im Sommer Urlauber mit Fußverstauchungen<br />

ins Tal zurückholen », erzählt<br />

David. Durch Macchia-Gestrüpp und Steinhalden<br />

kommen wir immer wieder an natürlichen<br />

« Badebecken » im Felsbett des Flusses<br />

vorbei. Da wir an einem Sonntag unterwegs<br />

sind, bewegen sich wahre Menschenmassen auf<br />

unserem Pfad. « Einsamer ist es hier unter der<br />

Woche oder außerhalb der Hochsaison », sagt<br />

unser Gastgeber fast entschuldigend. Doch<br />

durch die Schönheit der Bergkulisse vergisst<br />

man die anderen Wanderer schnell. Nach etwas<br />

mehr als einer halben Stunde gabelt sich unser<br />

Weg. Links geht es gemächlich weiter, rechts<br />

folgt ein anspruchsvollerer Wanderweg. Wir<br />

entscheiden uns für den geringeren Schwierigkeitsgrad<br />

und nehmen den linken Pfad.<br />

Nach weiteren 30 Minuten erreichen wir<br />

schließlich unser Ziel, den Lac de Melo auf<br />

einer Höhe von 1.711 Metern. Umsäumt von<br />

grünen Wiesen liegt er vor uns. Es ist die Quelle<br />

der Restonica. Gemeinsam mit den anderen<br />

Seen ist er ebenfalls ein Relikt der Eiszeit. Für<br />

echte Wanderprofis ist der Lac de Melo meist<br />

nur eine Etappe. Von hier kann man weiter<br />

zum 150 Meter höher liegenden Lac de Goria<br />

wandern. Auch der Lac de Capitello, der auf<br />

einer Höhe von 1.930 Metern liegt, ist ein begehrtes<br />

Ziel. Wir genießen dagegen das herrliche<br />

Bergpanorama und brechen nach einer<br />

langen Pause gemütlich zum Abstieg auf.<br />

Zurück am Parkplatz knurren die Mägen.<br />

« Geduldet euch noch ein wenig », fordert uns<br />

David auf. Mit dem Auto geht es ein paar Kilometer<br />

in Richtung Corte. Dann taucht rechts<br />

in einer langen Kurve das Waldrestaurant<br />

« Chez César » auf. « Für mich ist es bereits eine<br />

Tradition », berichtet David. « Immer wenn<br />

ich im Restonica-Tal unterwegs bin, kehre<br />

ich anschließend ins Chez César ein ». Die<br />

Szenerie könnte nicht romantischer sein. Auf<br />

einer großen, teils überdachten Terrasse mit<br />

schweren Holzmöbeln hört man das Plätschern<br />

der Restonica und blickt durch die Bäume auf<br />

die bizarren Felswände der umliegenden Berge.<br />

Das Entrecote kommt frisch vom Grill und<br />

schmeckt nach diesem wunderschönen Ausflug<br />

ins alpine Herz von Korsika noch köstlicher als<br />

sonst.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 35


Fokus Korsika<br />

Mit der Eisenbahn durch<br />

Korsikas Bergwelt<br />

Die meisten Urlauber erkunden Napoleons Geburtsinsel<br />

mit den eigenen vier Rädern, manchmal auch auf zweien<br />

oder gar zu Fuß über einen der vielen Wanderwege.<br />

Dabei gibt es noch eine andere originelle Möglichkeit,<br />

das bergige Inland Korsikas zu erleben: die Eisenbahn.<br />

Die Chemins de Fer de la Corse (CFC) unterhält mit der<br />

Strecke von Bastia nach Ajaccio und dem Zubringerdienst<br />

von Calvi nach Ponte Leccia eine von Frankreichs<br />

aufregendsten Zugstrecken.<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Korsikas Eisenbahnnetz ist nicht lang, dennoch war<br />

sein Bau ein epochales Ereignis für die französische<br />

Mittelmeerinsel. Im 19. Jahrhundert benötigt es<br />

viele Jahre der Diskussion, Überzeugungsarbeit, Planung<br />

und Gegenplanung, bis das erste Gleisstück verlegt wird.<br />

Dabei braucht gerade das schwer zugängliche Innere des<br />

Eilands dringend diese innovative Verkehrstechnik. General<br />

Conti hat 1855 als Erster die Idee, eine Eisenbahnlinie zu<br />

bauen. Er sieht darin eine Möglichkeit, den Handel mit Italien<br />

und Algerien zu beschleunigen. Verschiedene Hindernisse<br />

vereiteln jedoch das Projekt. Zehn Jahre später fährt<br />

zum ersten Mal ein kleiner Zug durch Ajaccio, mit dem<br />

Steine zum Bau der neuen Hafenanlage transportiert werden.<br />

Kurz danach wird erstmalig eine Studie zur Trassenführung<br />

für eine Linie von Bastia über Corte nach Ajaccio in<br />

Auftrag gegeben. Doch anstatt schnell einen Bau zu initiieren,<br />

wird über Trassenvarianten diskutiert. Das Projekt verschiebt<br />

sich erneut.<br />

Es dauert noch bis zum Ende des Jahrhunderts, bis das<br />

Projekt ernsthaft in Angriff genommen wird, wenn auch die<br />

Finanzierung erneut für diverse Querelen sorgt. 1877 stimmen<br />

die Inselbewohner schließlich dem Bau einer Trasse von Bastia<br />

nach Ajaccio zu, und die Arbeiten beginnen im Dezember<br />

1878. In den folgenden 15 Jahren erfährt Korsika das größte<br />

Bauprojekt seiner Geschichte. Viele ausländische Arbeiter, besonders<br />

aus Italien, sind an dem Bau beteiligt. Doch die Korsen,<br />

angezogen von den guten Gehältern, lernen schnell und<br />

können zunehmend die ausländischen Arbeiter ersetzen. Es ist<br />

ein ambitioniertes Projekt. Die geografischen Gegebenheiten<br />

der Insel stellen eine große Herausforderung an die Ingenieure<br />

der damaligen Zeit. Tunnel, Brücken und Wasserleitungen<br />

für den späteren Dampfbetrieb müssen konstruiert werden.<br />

Grundstückseigentümer entlang des Trassenverlaufs fordern<br />

immer absurdere Preise für ihren Grund und Boden. Auch<br />

Unfälle erschüttern den Baufortschritt. So sterben zwölf Arbeiter<br />

im Jahre 1879 beim Bau eines Tunnels.<br />

Doch die Mühe und Anstrengung lohnen sich. Es entsteht<br />

eine der kühnsten Eisenbahnstrecken Frankreichs.<br />

Sogar Gustave Eiffel, der Erbauer des Eiffelturms, ist an<br />

der Realisierung der korsischen Eisenbahn beteiligt: Er<br />

baut das beeindruckende Viadukt von Vecchio, 140 Meter<br />

lang und 94 Meter hoch, getragen von zwei Stützen aus<br />

Stein. Seit 1976 steht diese Eisenbahnbrücke unter Denkmalschutz.<br />

Nachdem Ajaccio, Bastia und Calvi ans Streckennetz<br />

angeschlossen sind, dauert es noch bis 1935, bis<br />

auch Porto Veccio im Süden der Insel durch eine Strecke<br />

entlang der Ostküste per Zug erreicht werden kann. Doch<br />

es ist ausgerechnet die jüngste Strecke, die die Deutschen<br />

beim Rückzug aus Korsika im Zweiten Weltkrieg für immer<br />

zerstören.<br />

In den 60er-Jahren kommt es zu Überlegungen, Korsikas<br />

Eisenbahn stillzulegen. Die Korsen protestieren jedoch<br />

heftig und nachdrücklich, so dass die Pläne schließlich<br />

aufgegeben werden. Seitdem ist die korsische Eisenbahn<br />

längst ein touristischer Standortfaktor geworden. Neben Einheimischen<br />

sieht man deshalb vor allem auch Touristen und<br />

Eisenbahnfans aus der ganzen Welt in den Zügen. Heute<br />

besteht das Netz aus einem Ypsilon. Neben der Strecke von<br />

Bastia nach Ajaccio, gibt es in Ponte Leccia einen Anschluss<br />

nach Calvi. Mehrmals täglich verkehren die Züge auf beiden<br />

Verbindungen.<br />

Insbesondere auf der Strecke ab Corte in den Süden erwartet<br />

den Fahrgast eine spektakuläre Reise. Die Waggons<br />

schaukeln durch enge Kurven, dunkle Tunnel und über zahlreiche<br />

Viadukte. Immer wieder hat man das Gefühl, der Zug<br />

berühre die Felswand. Grandiose Ausblicke bieten sich nach<br />

jeder neuen Kurve. Das Tempo ist dabei jedoch auch heute<br />

noch sehr korsisch. So braucht der Zug von Bastia bis Ajaccio<br />

für rund 160 Kilometer gut vier Stunden. Auf Korsika ist<br />

man noch weit vom TGV-Zeitalter auf dem Kontinent entfernt.<br />

Dafür entschädigt das unvergessliche Erlebnis, Korsikas<br />

Bergwelt von der Schiene aus zu erkunden.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 37


Cap Corse<br />

Fokus Korsika<br />

Macinaggio<br />

Korsika im Internet<br />

D 80<br />

Patrimonio<br />

Bastia<br />

www.visit-corsica.com<br />

www.corse.fr<br />

Bastia versus Ajaccio<br />

L‘Ile-Rousse<br />

Calvi<br />

Office du Tourisme de<br />

l’Agglomération de Bastia<br />

Place Saint-Nicolas<br />

20200 Bastia<br />

Telefon: +33 (0)4 95 54 20 40<br />

www.bastia-tourisme.com<br />

les Calanche<br />

D 81<br />

Piana<br />

Calacuccia<br />

Porto<br />

D 84<br />

Scala di<br />

Santa Regina<br />

D 623<br />

Gorges de la<br />

Restonica<br />

N 193<br />

Pont de Castirla<br />

Corte<br />

Office Municipal de Tourisme<br />

d’Ajaccio<br />

3, boulevard du Roi Jérôme<br />

20000 Ajaccio<br />

Telefon: +33 (0)4 95 51 53 03<br />

www.ajaccio-tourisme.com<br />

La Restonica<br />

Chez César<br />

Direkt an der D 623<br />

Eisenbahn<br />

Chemins de Fer de la Corse<br />

(CFC)<br />

Telefon: +33 (0)4 95 32 80 57<br />

N 198<br />

Ajaccio<br />

Propriano<br />

Sartène<br />

Porto-<br />

Vecchio<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />

Bonifacio


Anreise<br />

Flugzeug: Obwohl Direktflüge in den Mittelmeerraum<br />

selbst von Provinzflughäfen bereits zum Standardprogramm<br />

gehören, ist das Angebot nach Korsika immer<br />

noch recht beschränkt. Dabei verfügt die Insel über<br />

vier Flughäfen: Ajaccio im Westen, Calvi und Bastia<br />

im Norden und Figari im Süden. Allerdings wird keiner<br />

dieser Airports von Lufthansa, Swiss oder Austrian<br />

Airlines angeflogen. Air France bedient die vier Flughäfen<br />

gemeinsam mit dem Partner CCM via Paris.<br />

Reisende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />

müssen dabei aber meistens einen Flughafenwechsel<br />

von Roissy-CDG nach Orly in der französischen<br />

Hauptstadt einplanen. Zudem bietet Air France und<br />

CCM regelmäßige Verbindungen nach Marseille<br />

und Nizza sowie saisonale Verbindungen in viele<br />

andere französische Städte an. Als einzige deutsche<br />

Billigfluggesellschaft hat Germanwings Korsika im<br />

Flugprogramm und fliegt die Strecke Köln-Bastia. Von<br />

den Chartergesellschaften bietet Hapagfly Flüge von<br />

Düsseldorf und Frankfurt a.M. nach Calvi an.<br />

Auto/Fähre: Aus Deutschland, Österreich und der<br />

Schweiz bietet sich vor allem die Anreise über Italien<br />

und einen italienischen Fährhafen an. Die Strecke über<br />

Frankreich, insbesondere übers Rhone-Tal, ist meist<br />

weiter, kann aber eine Alternative darstellen, wenn<br />

man die Reise nach Korsika mit ein paar Tagen auf<br />

dem französischen Festland verbinden möchte. Vier<br />

Fährgesellschaften bieten Verbindungen nach Korsika<br />

an, wobei Corsica Ferries und die SNCM das dichteste<br />

Netz haben. Beide besitzen Schnellboote in ihrer<br />

Flotte, die die Reisezeit zwischen dem Festland und<br />

der Insel signifikant verkürzen. Corsica Ferries fährt ab<br />

den französischen Fährhäfen Toulon und Nizza sowie<br />

den italienischen Städten Savona und Livorno nach<br />

Korsika. Die SNCM bietet Verbindungen ab Marseille,<br />

Toulon und Nizza an. Die wichtigsten Zielhäfen auf<br />

Korsika sind Ajaccio, Calvi und Bastia. Neben der<br />

SNCM und Corsica Ferries hat die italienische Moby<br />

Line Bastia ab Genua und Livorno im Programm. La<br />

Meridionale bedient zudem Korsika von Marseille aus.<br />

Berlin-Bastia ca. 1.320 km, Köln-Bastia ca. 1.140 km,<br />

Wien-Bastia ca. 950 km und Zürich-Bastia ca. 600 km.<br />

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Frankreich.<br />

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Kulturschock<br />

On connaît<br />

la chanson?<br />

In unserem Berliner Freundeskreis waren sie berühmtberüchtigt,<br />

die sogenannten « Franzosenpartys », zu denen<br />

die französischen Arbeitskollegen meines Freundes einluden.<br />

Veranstaltungen, die sich schlicht dadurch definierten,<br />

dass auf ihnen mehr Franzosen als Deutsche anzutreffen<br />

waren. Nicht, dass wir Deutschen uns auf diesen Partys<br />

nicht amüsiert hätten. Im Gegenteil, die Stimmung dort<br />

war, vorsichtig formuliert, immer sehr ausgelassen. Was uns<br />

allerdings anfangs irritierte, war ein seltsames Ritual, das wir<br />

gegen Ende dieser Partys immer wieder beobachten konnten.<br />

In den frühen Morgenstunden, wenn nur noch der harte<br />

Kern der Gäste anwesend war, wurde die Musikauswahl auf<br />

einmal sehr frankophon, und die noch anwesenden Franzosen<br />

versammelten sich auf der Tanzfläche. Nicht nur, um<br />

zu tanzen, sondern vor allem auch, um aus voller Kehle mit<br />

erstaunlicher Textsicherheit mitzusingen.<br />

Wir Deutschen schauten diesem Treiben teils befremdet,<br />

teils belustigt zu und lernten mit der Zeit die Lieder<br />

kennen, für die wir die Kategorie « Franzosenpartysongs »<br />

schufen. Inzwischen wohne ich als Exildeutsche in Paris<br />

und hatte Gelegenheit festzustellen, dass das oben beschriebene<br />

Ritual offensichtlich auch im eigenen Land gepflegt<br />

wird. Glücklicherweise bin ich mittlerweile vorbereitet und<br />

kann die anwesenden Franzosen meist mit meiner umfangreichen<br />

Sachkenntnis beeindrucken, die ich gerne an Sie<br />

weitergebe. Hier also die ultimative Zusammenstellung der<br />

tubes (« Röhren », so heißen diese Lieder seltsamerweise auf<br />

Französisch), die Sie unbedingt kennen müssen, um auf<br />

einer Franzosenparty glänzen zu können. Aber Achtung:<br />

Die folgende Zusammenstellung ist nicht das Ergebnis<br />

einer repräsentativen Umfrage, daher mit Sicherheit unvollständig<br />

und auf jeden Fall ohne Gewähr.<br />

Beginnen wir mit der schlechten Nachricht: Mitte der<br />

80er schafften es in Deutschland zwei französischsprachige<br />

Hits an die Spitze der Charts. Wenn Sie nun allerdings<br />

denken, mit Ihrer Kenntnis von Desireless’ « Voyage, voyage<br />

» und France Galls « Ella elle l’a » punkten zu können,<br />

muss ich Sie leider enttäuschen. Auch wenn diese Lieder in<br />

Deutschland mitunter noch gerne gespielt werden, gehören<br />

sie nicht in die Kategorie der kultigen « Franzosenpartyhits<br />

». Wenn France Gall überhaupt ein Platz auf dieser<br />

Liste gebührt, dann mit « Poupée de cire, poupée de son »,<br />

der Gainsbourg-Komposition, mit der sie 1965 für Luxemburg<br />

den Eurovision Song Contest – damals noch Grand<br />

Prix d’Eurovision de la Chanson – gewonnen hat. Immerhin<br />

heißt es in der von ihr selbst gesungenen deutschen<br />

Version doch: « Das war eine schöne Party, Darling, oh die<br />

war bon... » – eine Meisterleistung der Textübertragung.<br />

Was ihre französischen Werke angeht, kann man vielleicht<br />

noch « Les sucettes » nennen. Beliebt wegen der von Gainsbourg<br />

eingebauten textlichen Zweideutigkeiten, wobei man<br />

sich allerdings ernsthaft die Frage stellen kann, ob die gute<br />

France überhaupt wusste, was sie da eigentlich singt...<br />

Weniger unverfänglich und ein garantierter Stimmungserfolg<br />

ist dagegen Sheilas « Les rois mages ». Ein mitreißendes<br />

Lied, in dem die Sängerin ihrem Auserwählten mitteilt,<br />

sie werde sich wie ein Schatten an ihn heften und ihm immer<br />

folgen, so wie die heiligen drei Könige hartnäckig dem<br />

Stern über Bethlehem folgten. Ein zweiter sehr beliebter<br />

Titel Sheilas, « Spacer », gehört übrigens nur bedingt in<br />

diese Aufstellung, da sie ihn auf Englisch singt. Jenseits solcher<br />

Sprachkritik steht allerdings die Ikone des populären<br />

französischen Chansons, die große Dalida. Unabdingbar<br />

ihr Discohit « Laissez-moi danser », auch wenn das Intro des<br />

Backgroundchors auf Englisch gesungen wird. Zu packend<br />

die Aussage des Textes: « Statt mich mit den Widrigkeiten<br />

des Alltags zu beschäftigen, lasst mich lieber tanzen! » Aber<br />

Dalida hat nicht nur Disco mitgemacht und mit « Génération<br />

78 » das erste Dancemedly der Musikgeschichte aufgenommen.<br />

Mit « Salma ya salama » hat sie 1977 bereits<br />

arabisch beeinflussten Ethno-Pop geschaffen, bevor es diese<br />

Bezeichnung überhaupt gab. Auch dieses Lied muss man<br />

einfach kennen, wobei hier der Inhalt eher zweitrangig ist.<br />

Ein Mann zieht durch die Wüste, oder so. Egal.<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Kommen wir zu der aus deutscher Sicht teilweise nur<br />

schwer nachvollziehbaren Begeisterung für Michel Sardou.<br />

Selbst in Frankreich ist dieser Sänger, der seinen rechtskonservativen<br />

Ansichten und seinem Patriotismus mitunter<br />

etwas zu deutlich Ausdruck verleiht, nicht unumstritten.<br />

Zugeben muss man allerdings, dass ein Lied wie « Les<br />

lacs de Connemara » ein echter Knaller ist: heroisch-melodramatischer<br />

Inhalt (der irische Freiheitskampf gegen die<br />

Briten), eingängige, irisch angehauchte Melodie (fast schon<br />

ein Fußball-Fangesang), ein Tempo, das sich immer weiter<br />

steigert – super zum Abfeiern und für viele der absolute<br />

Partyhöhepunkt. In diese Kategorie gehört auch « Être une<br />

femme ». Immerhin ganz lustig dieses Lied, in dem Sardou<br />

sich auf einer Reise in die Absurdität, die er aus Langeweile<br />

unternimmt, vorstellt, wie es wohl sein muss, eine Frau zu<br />

sein. Auch wenn man sich stellenweise fragt, wo die Satire<br />

aufhört und die Frauenfeindlichkeit anfängt. Aber wer hört<br />

zu einem solchen Zeitpunkt der Party schon kritisch auf<br />

den Text? Also Schwamm drüber und einfach mittanzen.<br />

Wirklich lustig dagegen sind die tubes von Claude<br />

François. « Alexandrie, Alexandra » stellt<br />

die Hörer musikalisch völlig zufrieden,<br />

ein echter Partyhit, der einige Höhepunkte<br />

in der Textdichtung bietet. Stellen<br />

wie: « Ich habe größeren Appetit als<br />

ein Barracuda und werde den ganzen Nil<br />

leer trinken, wenn Du mich nicht zurückhältst », sind echte<br />

Perlen, die ihresgleichen suchen. Immer wieder schön ist<br />

auch sein Lied « Cette année-là » über das Jahr 1962, in dem<br />

er mit « Belles, belles, belles » seinen ersten großen Erfolg<br />

feierte. Schließlich muss man noch Mylène Farmer nennen,<br />

die mit « Sans contrefaçon » sozusagen das Gegenstück<br />

zu Sardous « Être une femme » schuf und sich mit diesem<br />

einen Lied (« Keine Nachahmung – ich bin ein Junge ») auf<br />

ewig die Verehrung des schwulen Publikums sicherte. Zu<br />

ihren tubes zählt sicherlich auch – trotz des zeitkritischen<br />

Inhalts – « Désenchantée » aus dem Jahre 1991, die Hymne<br />

der desillusionierten Jugend der 90er.<br />

Wenn Sie alle diese Lieder mehrmals gehört haben, die<br />

Texte auswendig kennen und diese auch noch im angeheiterten<br />

Zustand wiedergeben können, sind Sie gut gerüstet,<br />

um bei der nächsten Franzosenparty noch mehr Spaß zu<br />

haben. Zum Schluss ein echter Geheimtipp: Wenn Sie Ihre<br />

französischen Gastgeber wirklich beeindrucken wollen,<br />

besorgen Sie sich eine Aufnahme von « Bravo, tu as gagné »<br />

von Mireille Mathieu. Ja, ich meine wirklich die Mireille<br />

Mathieu. Das Lied kennen Sie nicht? Es ist die französische<br />

Version des Abba-Klassikers « The Winner Takes It All »,<br />

von Mireille in ihrer unverwechselbaren Art interpretiert,<br />

unterstützt von den Original-Abbas im Backgroundchor.<br />

Kennt nicht jeder in Frankreich, kommt aber immer gut an<br />

– ist schließlich Abba.<br />

In der Rubrik Kulturschock<br />

finden Sie immer<br />

eine Zeichnung,<br />

die einem berühmten<br />

Künstler nachempfunden<br />

ist. Haben<br />

Sie erkannt, wer<br />

sich hinter dem<br />

Bild der Juli/August-Ausgabe<br />

verbarg?<br />

Es war eine Reminiszenz<br />

an Gaston<br />

Chaissac (1910-1964),<br />

französischer Maler, der<br />

dank eines deutschen<br />

Freundespaares die Malerei<br />

entdeckte. Und dieses Mal?<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 41


Frankreich heute Deutschlandbild<br />

Hat die Fußball-WM<br />

das Deutschlandbild<br />

der Franzosen<br />

verändert?<br />

Eines ist sicher: Die Fußball-<br />

WM <strong>2006</strong> war eine vortreffliche<br />

Gelegenheit, in Frankreich verstärkt<br />

über das rechtsrheinische Nachbarland<br />

zu reden. Wie so oft konnte<br />

sich auch dieses Mal kaum jemand dem<br />

Bann des sportlichen Großereignisses<br />

entziehen. Aber neben den Fußballspielen<br />

war es vor allem die Vielzahl<br />

von Zeitungsartikeln sowie Fernsehund<br />

Radiobeiträgen über Deutschland,<br />

die in Frankreich für Aufmerksamkeit<br />

sorgten. Es waren ereignisreiche Wochen,<br />

die den Franzosen mehr Wissenswertes<br />

über ihren doch recht unbekannten<br />

Nachbarn näher gebracht haben,<br />

als dass dies Informationskampagnen<br />

über Jahre hinweg hätten tun können.<br />

Der Fußball als Vorwand half dabei,<br />

Vorurteile zu überwinden und ein veraltetes<br />

Deutschlandbild durch ein aktuelles<br />

zu ersetzen.<br />

Es mag überraschen, aber gerade<br />

die geographischen Kenntnisse wurden<br />

bei vielen Franzosen durch die<br />

verschiedenen Austragungsorte gefestigt<br />

oder neu erworben. Dies bedeutet<br />

nicht, dass sie auch in Zukunft, ohne<br />

zu zögern, Frankfurt a.M., Köln,<br />

Hannover oder Dortmund auf einer<br />

Landkarte platzieren könnten, aber<br />

immerhin ist jetzt bekannt, dass es<br />

sich im Gegensatz zu Frankreich um<br />

ein stark föderalistisches Land handelt.<br />

Als 1998 die WM in Frankreich<br />

ausgetragen wurde, war die ganze Organisation<br />

um das Stade de France in<br />

Paris zentralisiert. Im Gegensatz dazu<br />

standen in Deutschland die Fußballarenen<br />

der ganzen Republik im Mittelpunkt,<br />

was wiederum in unserem<br />

Nachbarland undenkbar gewesen wäre.<br />

Jedes wichtige Spiel musste einfach in<br />

der Hauptstadt angepfiffen werden, in<br />

Deutschland fanden jedoch weder das<br />

Eröffnungsspiel, noch die Halbfinale<br />

oder das Spiel um den dritten Platz in<br />

Berlin statt.<br />

Geradezu einstimmig lobten die<br />

französischen Medien auch die deutsche<br />

Organisation der Weltmeisterschaft,<br />

und noch eindrucksvoller war<br />

die warmherzige Gastfreundschaft<br />

der Deutschen. Anders als von vielen<br />

erwartet, bemühten die Sportjournalisten<br />

nicht wieder die alten Klischees,<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


sondern begegneten mit Interesse und<br />

Offenheit dem doch so unbekannten<br />

Nachbarn. Libération, eine der wichtigsten<br />

französischen Tageszeitungen,<br />

veröffentlichte jeden Tag eine kleine<br />

Rubrik mit « Geschichten, die das Leben<br />

schrieb », in der Anekdoten und<br />

charmante Begebenheiten aus dem<br />

deutschen Alltagsleben präsentiert wurden,<br />

die schließlich in einem anziehenden<br />

und lebendigen Gesamtbild mündeten.<br />

Dies hatte einen wundervollen<br />

Nebeneffekt: Deutschland wurde<br />

nicht mehr nur mit Bier oder Trachten<br />

gleichgesetzt, sondern die gesamte<br />

Vielfalt eines modernen Landes, welche<br />

auch die Journalisten mit Erstaunen<br />

entdeckten, wurde sichtbar. Vor<br />

allem die Dynamik Berlins hinterließ<br />

bei vielen Vertretern der schreibenden<br />

Zunft einen bleibenden Eindruck.<br />

Selbstredend war für einige Medienvertreter<br />

aus der Stadt des Moulin<br />

Rouge zunächst der Bericht über das<br />

3.000 Quadratmeter große Bordell in<br />

der Nähe des Berliner Olympiastadions<br />

einen großen Artikel wert, aber schon<br />

nach kurzer Zeit ließen sich viele von<br />

der positiven Grundstimmung anstecken<br />

und die kritischen Anmerkungen<br />

verstummten.<br />

Aber nicht nur die Modernität<br />

Deutschlands überraschte viele Franzosen.<br />

Auch die allgemeine Lebensfreude<br />

sowie das durch die zahlreichen<br />

Flaggen zum Ausdruck gebrachte Nationalgefühl<br />

waren für die linksrheinischen<br />

Nachbarn neu. « Auch wenn<br />

die Deutschen am 4. Juli leider aus<br />

dem Wettbewerb geworfen wurden,<br />

so bleibt dieser Monat für das gesamte<br />

Volk unvergessen. Vier Wochen haben<br />

ausgereicht, um eine ganze Nation<br />

nach schwierigen historischen Belastungen<br />

wieder mit ihrer Nationalflagge<br />

und dem damit verbundenen stolzen<br />

Gefühl fürs Vaterland zu versöhnen.<br />

Nie zuvor hat man die Deutschen so<br />

ausgelassen ihre Nationalfarben zur<br />

Schau stellen gesehen, selbst nicht bei<br />

der deutschen Wiedervereinigung »,<br />

schrieb Antoine Jacob in der Tageszeitung<br />

Le Monde am 6. Juli <strong>2006</strong>.<br />

Ein weiteres Faszinosum war es, die<br />

Vielfältigkeit Deutschlands auch an der<br />

Nationalmannschaft selbst zu beobachten.<br />

So wie in Frankreich nach dem<br />

Gewinn der Fußballweltmeisterschaft<br />

1998 viel über das Team « Black Blanc<br />

Beur » (etwa Schwarz, Weiß, Arabisch)<br />

geschrieben wurde, so war dies auch<br />

ein Anlass, den gleichen Trend jetzt<br />

in Deutschland zu beobachten. Claude<br />

Askolovitch schrieb am 9. Juni <strong>2006</strong><br />

in Le Nouvel Observateur: « Die Deutschen<br />

sind geradezu hingerissen von<br />

dieser liebenswerten Mannschaft. Die<br />

Vielfalt zeigt sich nicht nur am Spiel,<br />

sondern auch an den Spielern. Klose,<br />

Podolski, Asamoha und andere sind<br />

durch ihren Migrationshintergrund<br />

noch bereichernder für das Team geworden.<br />

Aber vor allem Klinsmann,<br />

dieser Globetrotter mit Wohnsitz in<br />

Kalifornien, ermöglichte es, aus einem<br />

eher pessimistischen ein fröhliches<br />

Volk zu machen. Damit hat er auch<br />

alle Zweifler, die in ihm nur eine Notlösung<br />

sahen, eines Besseren belehrt. »<br />

Im Grunde genommen ist der<br />

größte Zauber der WM, dass das negative<br />

Bild der Deutschen durch ein<br />

offenherziges, lachendes und respektvolles<br />

ersetzt wurde. Zusätzlich entdeckten<br />

die Franzosen, dass man den<br />

Fußball und die Völkerverständigung<br />

noch mehr lieben kann als die eigene<br />

Mannschaft. Zahlreiche französische<br />

Journalisten merkten in ihren Artikeln<br />

an, dass von vielen deutschen Balkonen<br />

nicht nur deutsche Flaggen, sondern<br />

auch die anderer Nationen wehten. Die<br />

Deutschen konnten anscheinend gleichzeitig<br />

türkisch und deutsch, italienisch<br />

und deutsch oder brasilianisch und<br />

deutsch sein. Damit war der Fußball<br />

keine reine nationale Angelegenheit<br />

mehr, sondern wurde um seiner selbst<br />

willen gemocht. Schließlich lernten<br />

die Franzosen dank der Deutschen<br />

auch die kleinen Fahnen kennen, die<br />

man auf die Autofenster stecken konnte.<br />

Ohne Zweifel werden diese jetzt<br />

bei jeder Weltmeisterschaft mit von<br />

der Partie sein.<br />

Selbst die Niederlage der Deuschen<br />

im Halbfinale beeindruckte viele französische<br />

Medienvertreter. Sie waren<br />

von dem hohen Maß an Fairplay begeistert<br />

und erstaunt, dass die Niederlage<br />

die Volksfeststimmung nicht wirklich<br />

schmälerte. Am 29. Juni beschrieb<br />

L’Express deshalb die Stimmung wie<br />

folgt: « ‹ An einem solchen Abend ist<br />

die Niederlage nicht unbedingt das<br />

größte Problem, was wir Deutschen<br />

haben. Hier in Dortmund und sicherlich<br />

auch anderswo sind wir überzeugt<br />

davon, dass, obwohl die WM noch<br />

nicht beendet ist, ein sehr positives<br />

Bild von Deutschland die Leute geprägt<br />

hat ›, sagt Julia Denkert, eine<br />

23-jährige Studentin. ‹ Die ganze Nation<br />

ist glücklich, es gab keine Probleme,<br />

jeder liebt uns, alle sind freundlich,<br />

das sollte man doch wahrnehmen... ›,<br />

fügt sie mit einem traurigen Lächeln<br />

hinzu. ‹ Ich wünsche den Italienern<br />

viel Glück, denn sie haben den Sieg<br />

verdient ›, korrigiert André Kodweiss.<br />

Trotz des Endes eines Traumes ist der<br />

39-jährige Bänker nicht schlechter<br />

Stimmung. ‹ Wir haben wahrlich enthusiastische<br />

Momente erlebt, was in<br />

diesem Land nicht häufig vorkommt,<br />

da unser Charakter eher von Düsterheit<br />

geprägt ist. Umso mehr freut<br />

mich, diese Zeit erlebt zu haben. › Mit<br />

diesen Worten und einem deutschen<br />

sowie italienischen Schal um den Hals<br />

verschwindet André im Dunkeln. »<br />

Am 9. Juli <strong>2006</strong> hat sich Le Monde<br />

sogar in seiner Titelgeschichte « Die<br />

Deutschen haben ihre Weltmeisterschaft<br />

gewonnen » gefragt, ob die<br />

deutsche Mannschaft nicht sogar die<br />

besseren Spieler als die Franzosen hat,<br />

da sie souveräner mit der Niederlage<br />

umgehen konnten: « Und wenn der<br />

deutsche Fußball trotz seiner Niederlage<br />

der wahre Sieger wäre? Deutschland<br />

war ein wunderbarer Gastgeber,<br />

die Nationalmannschaft hat alle überrascht<br />

und die Stadien wollten sich gar<br />

nicht mehr leeren. » Zu guter Letzt<br />

noch ein kleines Detail am Rande.<br />

Fast alle französischen Journalisten<br />

waren glücklich, in ihre Berichte ein<br />

deutsches Wort einfließen zu lassen:<br />

la Mannschaft. Es ist wahrscheinlich<br />

aussichtslos, ihnen zu erklären, dass<br />

man den Begriff in Deutschland in<br />

dieser Form nicht verwendet und<br />

dass es wenig Sinn macht, nur von la<br />

Mannschaft zu sprechen. Aber ist es<br />

am Ende nicht dieser Stolz, « Deutsch<br />

zu sprechen », der wahre Beweis der<br />

deutsch-französischen Freundschaft?<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 43


Frankreich heute Bio-Sorelia<br />

Bio-Sorelia:<br />

Eine kleine Nuss erobert das Herz der Franzosen<br />

oder wie die Franzosen ein Bioprodukt entdecken<br />

Dass Frankreich Deutschland hinterherhinkt, wenn es um die Herstellung und Anwendung<br />

biologischer oder umweltschonender Produkte geht, ist bekannt. Doch inzwischen<br />

haben die Franzosen begonnen, diesen Rückstand aufzuholen. Oft bringen originelle<br />

Ideen oder persönliche Initiativen die Franzosen dazu, ihre Gewohnheiten zu<br />

ändern. Das kleine Unternehmen Bio-Sorelia hat seinen Sitz in der Nähe von Chartres<br />

im Departement Eure-et-Loire. Ganz allein tritt es mit seinem alternativen, umweltverträglichen<br />

Produkt, einer Waschnuss, gegen die Waschmittelindustrie an. Zunächst<br />

wurde das Produkt belächelt, doch nun kommt es in Frankreich in Mode. Porträt<br />

eines nicht alltäglichen Unternehmens.<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Marc Duval, 51 Jahre, hat einen untypischen beruflichen<br />

Weg eingeschlagen: Vor 25 Jahren arbeitete<br />

er in der chemischen Industrie an der Herstellung<br />

von Reinigungsmitteln. « Beim ständigen Hantieren mit den<br />

chemischen Substanzen sagte ich mir eines Tages, dass es so<br />

nicht mehr weitergehen kann, dass es mit der ganzen Chemie<br />

aufhören muss, denn sonst zerstört man die Umwelt »,<br />

erzählt er. « Es müsste doch ein Mittel geben, mit dem man<br />

seine Wäsche umweltschonender waschen kann ». Marc verließ<br />

den Industriekonzern, für den er arbeitete, und gründete<br />

ein eigenes Unternehmen im IT-Sektor. « Aber die Idee<br />

eines ökologischen Waschmittels ließ mich nicht mehr los.<br />

Immer wieder ging es mir durch den Kopf. Man kann die<br />

Welt der Reinigungsmittel nicht so einfach hinter sich lassen.<br />

Es ist eine echte Leidenschaft. Alles, was mit Saubermachen<br />

zu tun hat, interessiert mich… ». Kein Wunder, dass<br />

ihm im Jahr 2000 beim angesehenen Concours Lépine in Paris<br />

eine Silbermedaille für den von ihm entwickelten « Tonstein<br />

» verliehen wurde, bei dem es sich um ein natürliches<br />

Produkt auf der Basis von Ton handelt, das Fett und Kalk im<br />

Haushalt entfernt. Bei diesem Wettbewerb, der jedes Jahr<br />

stattfindet, werden besonders originelle und innovative Erfindungen<br />

ausgezeichnet. « Im Prinzip war meine Überlegung<br />

ganz einfach: Ich fragte mich, wie die Leute in früheren<br />

Jahrhunderten putzten, als es noch keine Chemie gab. Sie<br />

besaßen Erde und Asche zum Reiben und Wasser zum Abspülen.<br />

So kam ich auf den Ton und habe 1999 den Tonstein<br />

auf den Markt gebracht ».<br />

Durch Mundpropaganda wurde dieses erste Produkt<br />

zu einem Erfolg. Die Leute probierten das Mittel aus und<br />

erzählten anderen davon. So wurde es langsam bekannt.<br />

Marcs kleines Unternehmen verfügte natürlich nicht über<br />

die Ressourcen für große Werbekampagnen. Seine Stärke<br />

lag in der Qualität der Produkte und der Entschlossenheit<br />

seines Besitzers. Für ihn stand fest, dass man putzen und<br />

waschen können muss, ohne die Umwelt zu schädigen.<br />

Selbst ohne große finanzielle Mittel gelang es Marc, neue<br />

innovative Produkte einzuführen. Bisher dominierten die<br />

großen Industriekonzerne in diesem Bereich die Forschung<br />

und brachten in einem rücksichtslosen Wettbewerb ständig<br />

neue Waschmittel auf den Mark. Es war die Zeit, als in<br />

Frankreich gerade eine Werbung für eine Waschmittelmarke<br />

lief, die « weißer als weiß » zu waschen versprach. Aber<br />

Marc ließ sich nicht beirren, im Gegenteil: « Ja, klar, verglichen<br />

mit denen war ich ein Niemand mit meinen kleinen<br />

gelben Töpfen mit Tonstein. Aber ich habe immer geglaubt,<br />

dass es auch in meiner Situation möglich ist, Forschung zu<br />

betreiben. Es ist mehr eine Frage des Einfallsreichtums als<br />

des Geldes. Ich arbeite nicht auf der Ebene der Moleküle,<br />

bei mir geht es um die Mischungen. Vor allem aber werde<br />

ich nicht durch kommerzielle Denkmuster behindert ».<br />

Nochmals wendete Marc das gleiche Prinzip an: Er<br />

fragte sich wiederum, was Menschen, die keine Chemie<br />

zur Verfügung haben, tun, um ihre Kleider zu waschen.<br />

Bei seinen Forschungen untersuchte er entlegene Gebiete<br />

Südamerikas, Chinas und insbesondere Indiens. Vor Ort<br />

probierte er die Methoden an seiner eigenen Kleidung<br />

aus. In Nordindien fand er schließlich, was er suchte: die<br />

Waschnuss. Seit Jahrhunderten verwendet man dort diese<br />

Nuss, die Frucht eines Baumes mit dem botanischen Namen<br />

Sapindus Mukorossis, die ohne Dünger und Pestizide<br />

auf diesem 15 bis 20 Meter hohen Baum wächst. Diese<br />

Früchte werden beim Reifungsprozess braun und klebrig.<br />

Nach dem Pflücken trocknet man sie zuerst und schlägt sie<br />

dann auf. Die Nussschale enthält Saponin, ein natürliches<br />

Waschmittel. Die Schalen werden so abgepackt, dass eine<br />

gute Haltbarkeit gewährleistet ist. Der Kern ist nicht essbar<br />

und kann nicht weiterverwertet werden. « Diese Nüsse haben<br />

die gleiche Waschkraft wie ein normales Waschmittel<br />

und vor allem schädigen sie die Wäsche nicht, in Indien<br />

wird sogar Seide damit gewaschen », erklärt Marc.<br />

Sein Unternehmen Bio-Sorelia importiert derzeit alle<br />

zwei Wochen einen Container mit acht Tonnen Nüssen.<br />

Die Früchte kommen aus Nepal und Pakistan. Wegen<br />

steigender Nachfrage soll die Produktion verstärkt werden.<br />

« Die Händler haben den Preis um 50 Prozent in einem Jahr<br />

erhöht. Aber ich denke, das wird sich wieder legen, auch<br />

wenn das Produkt immer begehrter wird. Neue Bäume<br />

wurden gepflanzt, aber bis zur ersten Ernte dauert es drei<br />

Jahre ». 500 Gramm Nüsse, die für weniger als 15 Euro<br />

verkauft werden, reichen für 100 bis 150 Waschmaschinenfüllungen.<br />

Diese Alternative ist somit viel wirtschaftlicher<br />

als übliche Waschmittel. In Frankreich beschäftigt<br />

das Unternehmen vier Vollzeitkräfte. Die Verpackung<br />

übernimmt ein Betrieb, in dem Behinderte ins Berufsleben<br />

integriert werden sollen. « Manche betrachten uns immer<br />

noch als Träumer, aber die Waschmittelhersteller fangen<br />

an, aufmerksam zu werden. Sie sehen, dass wir für unsere<br />

Produkte zahlreiche Auszeichnungen erhalten und dass die<br />

Verbraucher sich heute mehr um die Umwelt sorgen. Unsere<br />

Kunden sind begeistert von unserer Arbeit: Sie schreiben<br />

uns, rufen uns an und kommen zu uns ins Haus. Das ist<br />

eine alternative Form von Wirtschaft ».<br />

Die Nüsse werden über das Internet, in Bioläden und<br />

auf Märkten verkauft. Der Verkauf beschränkt sich nicht<br />

nur auf Frankreich, sondern zum Beispiel auch in Deutschland<br />

werden die Waschnüsse angeboten. In Frankreich<br />

läuft der Vertrieb noch sehr individuell ab. Trotzdem<br />

kommt das Produkt immer besser an. Es ist einfach zu einer<br />

Mode geworden, überall spricht man darüber. Bedeutende<br />

Zeitungen haben über die Waschnuss berichtet, bekannte<br />

Persönlichkeiten gaben an, sie zu benutzen, und Fernsehsendungen<br />

meldeten die Entdeckung eines neuen Waschmittels...<br />

Kurz und gut, die Franzosen haben entdeckt, dass<br />

man auch ohne Umweltverschmutzung waschen kann. Eine<br />

kleine Revolution!<br />

Bio-Sorelia im Internet<br />

www.biosorelia.com<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 45


Frankreich heute Interview<br />

Claude<br />

Martin<br />

Französischer Botschafter<br />

in der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

Claude Martin wurde im Jahre 1944 nahe Paris in<br />

Saint-Germain-en-Laye geboren, seine Wahlheimat<br />

ist jedoch die Auvergne, der er sich herzlich<br />

verbunden fühlt. Nachdem er unter anderem zwischen<br />

1990 und 1993 französischer Botschafter in<br />

China war, wurde er im April 1999 zum französischen<br />

Botschafter in Deutschland ernannt. Heute<br />

empfängt er Frankreich erleben in seinem Berliner<br />

Büro mit Blick auf das Brandenburger Tor.<br />

Monsieur l‘Ambassadeur, wonach suchen Ihrer Meinung<br />

nach die Deutschen, die nach Frankreich reisen?<br />

Die Deutschen kennen Frankreich gut. Jedes Jahr bereist<br />

eine stattliche Anzahl von ihnen das Land. Einige<br />

haben dort sogar Feriendomizile. Mehr und mehr zeichnen<br />

sich die bevorzugten Urlaubsgebiete ab: die Normandie,<br />

die Bretagne, die Mittelmeerküste. Das ist ganz normal,<br />

denn unsere deutschen Freunde werden, wie wir alle, in der<br />

Mehrzahl von Sonne und Meer angelockt, in der Tat das<br />

beliebteste Ferienziel. Uns Franzosen geht es genauso: Für<br />

unseren Urlaub konzentrieren wir uns auf die Küsten, die<br />

Häfen, wir möchten Meeresfrüchte essen und die Ferien<br />

auf ganz und gar « klassische » Weise genießen. Daher ist<br />

es nicht verwunderlich, dass sich der Tourismus stark auf<br />

die schmalen Küstenregionen Frankreichs konzentriert. Ich<br />

wünschte mir, das französische Binnenland bekäme mehr<br />

Aufmerksamkeit. Es gibt dort viel zu entdecken!<br />

Dieses Unterfangen müsste doch durch das lebendige Interesse,<br />

das zwischen den beiden Ländern herrscht, erleichtert<br />

werden…<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Sicherlich. Auch wenn das Interesse heutzutage, wie<br />

ich meine, im Vergleich zu früher etwas nachgelassen<br />

hat. Paradoxerweise sind wir nun weniger benachbart, als<br />

wir es noch vor hundert Jahren waren. Das war ein wenig<br />

wie bei Flurnachbarn: Sie haben nur die Wahl, gut oder<br />

schlecht miteinander auszukommen. Lange Zeit, und die<br />

Geschichte hat es bewiesen, beruhten die Beziehungen<br />

zwischen Frankreich und Deutschland auf diesem Prinzip.<br />

Heute haben sich die Dinge geändert, mit der Entwicklung<br />

der neuen Technologien beispielsweise ist die<br />

ganze Welt sozusagen zu « unserem Nachbar » geworden.<br />

Das gilt auch auf individueller Ebene. Ich zum Beispiel<br />

sammele alte Bücher, und dank ebay ist es mir schon gelungen,<br />

ein Buch in Kalifornien zu finden und zu kaufen.<br />

Mein Bruder, der alte Autos liebt, hat manchmal einen<br />

Auspuff in Serbien oder im Senegal ausfindig gemacht…<br />

Zugleich kann ein Hin- und Rückflug Berlin-Hongkong<br />

unter Umständen günstiger sein als ein Ticket Berlin-Paris.<br />

Da jetzt alles viel näher liegt, fährt man nicht mehr<br />

wie früher nach Paris oder Berlin einfach aus dem Grund,<br />

weil es der Nachbar ist, sondern weil man sich bewusst für<br />

dieses Ziel entscheidet.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 47


Frankreich heute Interview<br />

Wenn man seinen Urlaubsort heute « freier » wählt,<br />

so muss sich Frankreich folglich seinerseits erfolgreich<br />

verkaufen und Touristen anziehen. Das bedeutet beispielsweise,<br />

die Deutschen zu verstehen, ihre Sprache zu<br />

sprechen…<br />

«<br />

Zugleich<br />

Wenn Frankreich möchte, dass weiterhin mehr<br />

deutsche Touristen ins Land kommen, dann muss<br />

es sicherlich auch ihren Erwartungen entgegenkommen.<br />

Wie ich bereits sagte, verfügen wir über<br />

große touristische Ressourcen, aber im Landesinneren<br />

ist noch viel zu tun. Der ländliche Tourismus<br />

muss entwickelt werden. Und wir müssen in der<br />

Tat die Fremdsprachenkompetenz verbessern, die<br />

Kenntnisse der Franzosen auf diesem Gebiet sind<br />

nicht ausreichend. Hier muss sich einiges ändern:<br />

Nehmen Sie beispielsweise die Broschüren, die an zentralen<br />

Orten für Touristen ausliegen. Es wundert mich immer<br />

wieder, dass nur wenige auf Deutsch sind. Und es kommt<br />

kann ein Komfort anbieten. Sich<br />

Hin- und Rückflug anzupassen bedeutet auch,<br />

Berlin-Hongkong unter die Deutschen zu verstehen,<br />

Umständen günstiger und da geht es oft um Kleinigkeiten.<br />

Einmal habe ich<br />

sein als ein Ticket Berlin-<br />

Paris. Da jetzt alles viel mit deutschen Freunden Urlaub<br />

gemacht. Ich fahre sehr<br />

näher liegt, fährt man<br />

nicht mehr wie früher gerne Fahrrad und wir sind<br />

nach Paris oder Berlin gemeinsam zu einer Radtour<br />

einfach aus dem Grund, aufgebrochen. Ich radele<br />

weil es der Nachbar gerne einfach morgens los,<br />

ist, sondern weil<br />

»<br />

man ohne die Dinge wirklich<br />

sich bewusst für dieses vorauszuplanen, ich steige<br />

Ziel entscheidet. auf mein Fahrrad und lasse<br />

mich von den Zufällen des<br />

Weges leiten. Mir ist aber<br />

sehr schnell klar geworden, dass meine deutschen Freunde<br />

im Gegensatz dazu lieber im Vorfeld die Etappen festlegen<br />

und Zimmer reservieren. Darin liegt ein kultureller Unterschied.<br />

Meiner Meinung nach ist es eine Stärke,<br />

sich das bewusst zu machen, und schließlich macht<br />

es das deutsch-französische Verhältnis nur noch<br />

spannender!<br />

Verfügt eines der beiden Völker – Deutsche oder<br />

Franzosen – Ihres Erachtens über eine bessere Kenntnis<br />

des jeweils anderen?<br />

Der offizielle Eingang der Botschaft<br />

am Pariser Platz in unmittelbarer<br />

Nähe zum Brandenburger Tor.<br />

Ich glaube nicht, dass es auf der einen Seite eine<br />

bessere Kenntnis gibt als auf der anderen. Hingegen<br />

bin ich davon überzeugt, dass sich die beiden<br />

Länder grundlegend ändern. Ich bin seit acht<br />

Jahren in Deutschland, und diese Entwicklung ist<br />

hier offensichtlich: Das « neue Deutschland » ist<br />

wesentlich dynamischer und optimistischer. Es hat<br />

auch viel mehr Selbstvertrauen. Die Weltmeisterschaft<br />

unlängst war das beste Beispiel dafür. Die<br />

sehr selten vor, dass ein Franzose einen<br />

Deutschen in dessen Sprache begrüßt.<br />

Die Deutschen hingegen versuchen,<br />

wenn sie in Frankreich sind, die Wörter<br />

anzuwenden, die sie in unserer<br />

Sprache kennen. Ich glaube, dass die<br />

Franzosen im Grunde davon ausgehen,<br />

dass jeder Französisch spricht. Das ist<br />

natürlich nicht so. Es ist wirklich an<br />

der Zeit, in dieser Angelegenheit etwas<br />

zu unternehmen.<br />

Um mehr Touristen anzuziehen,<br />

sollten wir vielleicht in manchen<br />

Bereichen, zum Beispiel im Hotelwesen,<br />

größere Genauigkeit und mehr<br />

Der innere Botschaftsgarten.<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Die Bibliothek der Botschaft.<br />

Claude Martin während des Interviews in seinem Arbeitszimmer.<br />

Franzosen beginnen, dies zwar allmählich wahrzunehmen,<br />

stellen sich Deutschland aber, wie ich<br />

finde, weiterhin als ein Land auf der Suche nach<br />

sich selbst vor. Umgekehrt haben die Deutschen<br />

ein staatlich reglementiertes, zentralistisches und<br />

interventionistisches Frankreich vor Augen. Dabei<br />

haben zahlreiche Veränderungen stattgefunden,<br />

wie etwa Privatisierungen und die Entwicklungen<br />

im Zusammenhang mit der Regionalisierung. Die<br />

Klischees sind hartnäckig, aber die Dinge entwickeln<br />

sich trotzdem weiter.<br />

Man muss sich anpassen können: Der deutsche<br />

Föderalismus beispielsweise hat zur Folge, dass<br />

ich mich an die 16 deutschen Erziehungsminister<br />

wende, um zu erklären, warum das Fach Französisch<br />

ausgebaut werden sollte. Einem Franzosen<br />

erscheint das seltsam, da wir nur einen Erziehungsminister<br />

haben. Im Gegenzug ist der Laizismus für einen<br />

Deutschen nur schwer verständlich. Ein Beispiel: Ich bin<br />

katholisch – dennoch nehme ich am 3. <strong>Oktober</strong>, dem Tag<br />

der Deutschen Einheit, nicht am Gedenkgottes­<br />

«<br />

Umgekehrt<br />

dienst teil, obgleich ich dazu eingeladen bin. In<br />

einem Schreiben erkläre ich, dass ich nur zu dem<br />

anschließenden Empfang kommen werde. Meine<br />

deutschen Gesprächspartner verstehen das. Sie<br />

wissen, dass wir alle unsere kulturellen Eigenheiten<br />

haben. Um sich gut zu verstehen, kommt<br />

es tatsächlich vor allem darauf an, zu beobachten<br />

und zu vergleichen. Nichts ist schlimmer, als sich<br />

mangelndes gegenseitiges Verständnis vorzuwerfen.<br />

Häufig heißt es, die Franzosen verstünden<br />

sich besser mit den Belgiern oder den Spaniern,<br />

aber die Geschichte zeigt uns doch, dass die wichtigen<br />

Entscheidungen immer zusammen mit den<br />

Deutschen gefällt wurden. Das muss man immer<br />

im Hinterkopf behalten.<br />

Betrachten die Franzosen Deutschland<br />

als Urlaubsziel?<br />

Nicht genügend. Die Vorstellung,<br />

seinen Urlaub in Deutschland zu verbringen,<br />

ist in Frankreich nicht sehr<br />

verbreitet. Das ist sehr schade! Denn<br />

schließlich scheint in Deutschland<br />

genauso die Sonne und es ist ebenso<br />

warm wie in Frankreich. Und vor allem<br />

– und das bedenkt man in Frankreich<br />

häufig nicht – funktioniert hier alles<br />

reibungslos, die öffentlichen Verkehrsmittel,<br />

die Restaurants, die Hotels.<br />

Und die Gastfreundschaft ist riesig!<br />

Lange Zeit war für die Franzosen<br />

vor allem das attraktiv, was für sie am<br />

nächsten lag: der Schwarzwald zum<br />

Beispiel, oder Köln, eine Art Deutschland, das in gewisser<br />

Weise manchen Ecken Frankreichs ähnelt. Heutzutage<br />

wagt sich der französische Tourist weiter nach Deutschland<br />

vor. Berlin zum Beispiel<br />

haben die<br />

Deutschen ein staatlich<br />

reglementiertes,<br />

zentralistisches und<br />

interventionistisches<br />

Frankreich vor Augen.<br />

Dabei haben zahlreiche<br />

Veränderungen stattgefunden,<br />

wie etwa<br />

Privatisierungen und<br />

die Entwicklungen im<br />

Zusammenhang mit der<br />

Regionalisierung.<br />

»<br />

wirkt da wie ein Magnet,<br />

eine neue, unbekannte, sich<br />

ständig verändernde und<br />

fundamental moderne Stadt,<br />

aber auch Dresden, wegen<br />

seiner Schönheit, seines symbolischen<br />

Wertes und seines<br />

Wiederaufbaus.<br />

Bei den Franzosen lässt<br />

sich der Anstieg eines gezielteren<br />

und individuelleren<br />

Tourismus beobachten. Das<br />

ist nicht mehr der Massentourismus<br />

von früher. Die<br />

Deutschen verstehen es mei­<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 49


Frankreich heute Interview<br />

ner Ansicht nach, sich<br />

dieser Entwicklung<br />

anzupassen. In Frankreich<br />

müssen wir das<br />

auch tun. Wir bauen<br />

immer noch auf ein<br />

Tourismuskonzept für<br />

die « Masse ». Es ist<br />

übrigens kein Zufall,<br />

dass das französische<br />

Fremdenverkehrsamt<br />

in Frankfurt a.M. ansässig<br />

ist. Strategisch<br />

betrachtet ist dies der<br />

Ort, an dem die wichtigsten<br />

Urlaubsziele<br />

des Massentourismus<br />

geplant werden.<br />

Meiner Meinung<br />

nach sollte jetzt der<br />

Individualtourismus<br />

gefördert werden, die<br />

Möglichkeit, versteckte Orte zu entdecken<br />

oder das Landleben kennenzulernen.<br />

Und warum dies nicht anlässlich<br />

sportlicher Ereignisse? Im nächsten<br />

Jahr wird Frankreich die Rugby-Weltmeisterschaft<br />

ausrichten. Versuchen wir,<br />

diese Gelegenheit genauso gut zu nutzen<br />

wie unsere deutschen Freunde, um unser<br />

Land noch bekannter und beliebter zu<br />

machen!<br />

Ich bin mir sicher, dass man an kleinen,<br />

unspektakulären Orten besonders gut<br />

«<br />

Im<br />

Gegenzug ist der<br />

L aizismus für einen<br />

Deutschen nur schwer<br />

verständlich. EinBeispiel:<br />

Ich bin katholisch –<br />

dennoch nehme ich am<br />

3. <strong>Oktober</strong>, dem Tag der<br />

Deutschen Einheit, nicht<br />

am Gedenkgottesdienst<br />

teil, obgleich ich dazu<br />

eingeladen bin.<br />

»<br />

das typische « Frankreichgefühl<br />

» genießen<br />

kann. Auch wenn das<br />

nicht leicht zu erklären<br />

ist: Ich wurde einmal<br />

von einer Zeitung<br />

gebeten, meine « Geheimtipps<br />

» zu verraten.<br />

Ich habe mehrere<br />

vorgeschlagen, aber sie<br />

wurden nicht berücksichtigt…<br />

Es war wohl<br />

nicht « postkartenmäßig<br />

» genug. Ich bin<br />

jedoch überzeugt, dass<br />

die deutschen Leser die<br />

Terrasse irgendeines<br />

Cafés im Marseiller<br />

Hafen, wie ich empfohlen<br />

hatte, gemocht<br />

hätten. Einfach dort<br />

zu sitzen, ein Croissant<br />

zu essen und das Treiben der Stadt zu beobachten,<br />

ist ein wahres Vergnügen. Aber<br />

ich bin überzeugt davon, dass man weitermachen<br />

und die Neugier wecken muss,<br />

und die ist groß in dem Land Goethes!<br />

Neugier zu erwecken und zur Entdeckung<br />

Frankreichs einzuladen, war von<br />

Anfang an unser Ziel und dem werden<br />

wir auch in unseren nächsten Ausgaben<br />

treu bleiben. Monsieur l‘Ambassadeur, wir<br />

danken Ihnen für dieses Gespräch.<br />

Das Gebäude der französischen Botschaft in Berlin<br />

Frankreichs neues Botschaftsgebäude wurde vom<br />

Architekten Christian de Portzamparc entworfen und steht<br />

an historischer Stelle im Herzen von Berlin, am Standort der<br />

früheren Botschaft am Pariser Platz 5, schräg gegenüber<br />

dem Brandenburger Tor. Das Grundstück hatte Napoleon III.<br />

1860 für Frankreich erworben. Die französische Gesandtschaft<br />

residierte von da an in einem Stadtpalais aus dem<br />

frühen 18. Jahrhundert, das Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

zerstört wurde. Nach Abriss der Ruine im Jahr 1959 lag das<br />

Gelände bis zum Fall der Berliner Mauer im Todesstreifen und<br />

damit brach. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands<br />

erreichte Frankreich die Rückgabe des Grundstücks. Die<br />

Französische Botschaft sollte im Rahmen des Regierungsumzugs<br />

am historischen Ort wiedererrichtet werden und alle<br />

in Berlin ansässigen französischen Einrichtungen aufnehmen.<br />

Die gesamte bebaute Fläche beträgt 20.000 Quadratmeter.<br />

Mit etwa 250 Beschäftigten ist die Französische Botschaft in<br />

Deutschland eine der größten diplomatischen Vertretungen<br />

Frankreichs in der Welt.<br />

Das Botschaftsgebäude umfasst:<br />

• Büros für die Beschäftigten des Außenministeriums sowie<br />

die Dienststellen weiterer französischer Ministerien wie das<br />

Verteidigungs-, Innen-, Wirtschafts- und Finanzministerium<br />

• Ein Auditorium, Empfangsräume, Konferenzräume, Ausstellungsräume<br />

sowie eine Bibliothek<br />

• Die Residenz des Botschafters, Gästezimmer, Räume für das<br />

Personal und einen Wohnbereich mit Dienstwohnungen<br />

• Eingangsbereich, Lager und Archive sowie eine Cafeteria für<br />

die Mitarbeiter<br />

• 80 Tiefgaragenstellplätze<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


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Leben in Frankreich<br />

Wie telefoniert man günstig in Frankreich?<br />

Bis 1998, vor der Öffnung des<br />

französischen Telekommunikationsmarktes,<br />

hatte France Télécom das<br />

nationale Monopol in diesem Bereich.<br />

Es führte kein Weg an dem<br />

staatlichen Unternehmen vorbei, was<br />

dafür das Land mit einem durchaus<br />

modernen Telefonsystem ausgestattet<br />

hatte. Stolzes Beispiel war<br />

Minitel (vergleichbar, wenn auch<br />

ausgereifter, mit dem BTX-System<br />

in Deutschland), das schon lange<br />

vor dem Internet den Austausch von<br />

Daten mit Hilfe der Telefonleitung<br />

ermöglichte. Das Jahr 1998 führte<br />

dann zu einem großen Einschnitt,<br />

und der Markt wurde mit neuen<br />

Angeboten privater Telefongesellschaften<br />

geradezu überschwemmt.<br />

Die Preise sanken im Sturzflug, und<br />

der Kunde sah sich mit einem schwer<br />

durchschaubaren Tarifdschungel<br />

konfrontiert. Im Folgenden ein paar<br />

Tipps, wie Sie vor allem während einer<br />

Reise durch Frankreich ihr Telefonbudget<br />

möglichst niedrig halten<br />

können:<br />

1. Verstehen Sie das<br />

Nummernsystem<br />

In Frankreich gibt es keine Vorwahlen<br />

und eine Telefonnummer<br />

besteht immer aus zehn Ziffern. Ausnahmen<br />

bilden nur bestimmte Sondernummern,<br />

wie die kostenfreien<br />

Notrufnummern (112 für Notfälle,<br />

17 für die Polizei, 18 für die Feuerwehr)<br />

oder einige teure Servicenummern<br />

(0820, 0825,...). Die gewöhnlichen<br />

Anschlüsse beginnen immer<br />

mit zwei Ziffern, über die sich der<br />

Anschluss geografisch zuordnen<br />

lässt: 01 für den Pariser Großraum,<br />

02 für den Nordwesten, 03 für den<br />

Nordosten, 04 für den Südosten und<br />

<strong>05</strong> für den Südwesten des Landes.<br />

Diese beiden Ziffern müssen übrigens<br />

immer mitgewählt werden. Nur<br />

bei Anrufen vom Ausland her lässt<br />

man die 0 weg. Mobilnummern beginnen<br />

immer mit einer 06. Anrufe<br />

aufs Handy sind – wie in den meisten<br />

Ländern – auch in Frankreich viel<br />

teurer als Anrufe ins Festnetz.<br />

2. Vermeiden Sie<br />

Anrufe aus dem Hotel<br />

Obwohl es diverse Versuche gab,<br />

Hoteliers davon zu überzeugen, die<br />

Telefonpreise für Anrufe aus dem<br />

Hotelzimmer zu senken, sind die<br />

Telefongebühren in den meisten Häusern<br />

unverändert überteuert. Manchmal<br />

werden neben exzessiven Minutenpreisen<br />

sogar Mindestgebühren<br />

für einen Anruf verlangt.<br />

3. Benutzen Sie vorausbezahlte<br />

Telefonkarten<br />

An vielen Verkaufsstellen in<br />

Frankreich (Supermärkten, Buchhandlungen,<br />

Tabakläden etc.) können<br />

Sie vorausbezahlte Telefonkarten<br />

erwerben. Im Angebot sind<br />

diverse Beträge von 5, 10, 15 oder<br />

mehr Euro. Damit können Sie von<br />

jedem beliebigen Apparat aus telefonieren.<br />

Sie müssen nur die auf der<br />

Karte markierte kostenfreie Nummer<br />

wählen, anschließend die angegebene<br />

Zugangsnummer eingeben<br />

und schon können Sie Ihr Gespräch<br />

führen. Der Betrag wird automatisch<br />

von Ihrem erworbenen Guthaben<br />

abgezogen.<br />

4. Misstrauen Sie<br />

Nummern, die mit 08<br />

oder 36 beginnen<br />

Bei einem Großteil der Nummern,<br />

die mit den Ziffern 08 oder<br />

36 beginnen, handelt es sich um teure<br />

Servicenummern, die gerne von<br />

Reservierungszentralen, Auskunftsstellen<br />

und anderen Hotlines benutzt<br />

werden. Die französische Gesetzgebung<br />

schreibt eindeutig vor,<br />

dass die Telefonkosten von solchen<br />

Nummern klar und deutlich angegeben<br />

werden müssen. Oft versuchen<br />

die Anbieter aber, diese Angaben<br />

möglichst versteckt zu positionieren.<br />

Eine wichtige Ausnahme stellen allerdings<br />

die Nummern dar, die mit<br />

0800 beginnen. Diese sind gratis!<br />

5. Vermeiden Sie Telefongespräche<br />

mit Kreditkarten<br />

Viele öffentliche Telefone in<br />

Frankreich, wie beispielsweise Telefonkabinen<br />

auf der Straße oder in<br />

Restaurants, ermöglichen das Telefonieren<br />

mit der Kreditkarte. Auch<br />

wenn dieses Angebot auf dem ersten<br />

Blick bequem erscheint, seien Sie vorsichtig.<br />

Einige Anbieter verlangen<br />

eine oft gesalzene Grundgebühr, unabhängig<br />

von der tatsächlichen Dauer<br />

des Gesprächs. Die böse Überraschung<br />

merken Sie meist erst bei<br />

Erhalt der Kreditkartenabrechnung.<br />

6. Nutzen Sie die<br />

Internet-Telefonie<br />

Nicht nur von Zuhause, auch im<br />

Urlaub bietet die Internet-Telefonie<br />

eine preiswerte Möglichkeit zum<br />

weltweiten Telefonieren. Öffentliche<br />

Internetzugänge werden in<br />

Frankreich immer verbreiteter. So<br />

sind viele Bahnhöfe, Flughäfen,<br />

Raststätten, Restaurants etc. längst<br />

mit WLAN ausgestattet. Manchmal<br />

sind die Zugänge kostenpflichtig,<br />

manchmal gratis. Einige Städte wie<br />

beispielsweise Bordeaux bauen sogar<br />

ein kostenfreies WLAN-System in<br />

ihren Straßen auf. Mit Ihrem Notebook<br />

und Programmen wie Skype<br />

oder X-Lite können Sie kostengünstig<br />

in der ganzen Welt anrufen.<br />

Nach kostenlosen Internetzugängen<br />

können Sie u.a. auf den folgenden<br />

Webseiten suchen:<br />

http://fr.maps.fon.com/<br />

https://secure.adael.net/deleg/ad/<br />

networkmap/paris27foradael.net.html<br />

M<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


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Unterwegs in Frankreich Marseille<br />

Marseille ist<br />

zwar die zweitgrößte<br />

Stadt<br />

Frankreichs, doch<br />

nur die wenigsten Reisenden kennen sie. In den Köpfen halten sich hartnäckig<br />

die Klischees, dass die Metropole an der Rhone-Mündung ein armes, dreckiges<br />

und gefährliches Moloch sei. Viele verbinden mit Marseille auch die drei « Ps »: Pastis,<br />

Pétanque und Marcel Pagnol, ein bekannter Schriftsteller und Regisseur. Aber<br />

inzwischen entdecken immer mehr Besucher den unverwechselbaren Charme<br />

der dynamischen Hafenstadt. Marseille lässt sich schwer in Worte fassen, man<br />

muss die Stadt und ihren Facettenreichtum erleben und sich ihr vor allem<br />

ohne Vorurteile nähern. Wir haben für Sie 10 Gründe zusammengestellt,<br />

die Marseille liebenswert machen. Sicherlich gibt es noch viele weitere,<br />

aber diese haben uns ganz besonders gefallen. Es sind<br />

Momente im Leben, wie man sie wohl nur in Frankreichs<br />

Mittelmeermetropole erfahren kann.<br />

Der Genuss einer Tasse Kaffee<br />

und eines Croissants auf<br />

der Terrasse des Cafés « La Sa­<br />

Es ist ein Tipp von<br />

Claude Martin, franzö­<br />

maritaine » am Alten Hafen<br />

sischer Botschafter in Berlin. In diesem<br />

Café trifft man auf das authentische Lebensgefühl der Hafenstadt. Marseille ist eine Stadt, die<br />

man auf sich wirken lassen sollte. Die Terrassen der zahlreichen Cafés bieten sich geradezu dafür<br />

an. Die beiden Publizisten Michel Le Bris und Jean-Claude Izzo, beide regelrechte Marseille-Kenner,<br />

erwähnen die Adresse in ihrem Buch « Méditerranées » (Librio-Verlag) aus dem Jahre 1988. Sie<br />

schreiben darin poetisch: « Auf der Terrasse des Cafés ‹ La Samaritaine › genießt man sorglos bis zum<br />

letzten Schimmer dieses wunderschöne, herbstliche Lichtspiel, das von fünf Uhr nachmittags an<br />

wie ein Schleier vom Himmel fällt. Wen dieses Licht nicht in seinen Bann zieht, dem fehlt das<br />

Verständnis für die Schönheit dieser Stadt. Man ist von ihm eingenommen, selbst wenn es grell<br />

scheint und man gezwungen ist, die Augen davor zu verschließen. Marseille ist die Stadt des<br />

Lichtes und des Windes. »<br />

La Samaritaine, 2 quai du Port, 13002 Marseille, Telefon: +33 (0)4 91 90 31 41<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Das Naturparadies der Calanques<br />

– zum Preis eines Bustickets<br />

Die Buslinie 21, eigentlich eine Linie wie alle anderen. Ihre Endhaltestelle ist an der Universität Luminy. Kein<br />

Wunder also, dass man im Bus auf viele Studenten trifft. Einige der Fahrgäste haben jedoch ein Strandlaken dabei.<br />

Sie gehören zu den wenigen, die den wunderschönen Pfad vom Parkplatz der Endstation direkt zu den fjordähnlichen<br />

Calanques kennen. Dieses Naturparadies lädt mit über 3.400 Pfaden und Wegen zu langen Spaziergängen<br />

ein, aber auch zum Schwimmen oder zum Entdecken der zahlreichen kleinen Buchten, die nur zu Fuß oder<br />

manchmal sogar ausschließlich von der Meerseite her zugänglich sind. Zum Preis eines Fahrscheins entführt<br />

Sie der Bus 21 also zu einem der Naturwunder von Marseille. Die Fahrt vom Stadtzentrum dauert<br />

ungefähr eine halbe Stunde, der Fußmarsch entlang der kleinen Buchten rund eine Stunde.<br />

Diesen Ausflug sollten Sie sich keinesfalls entgehen lassen!<br />

Die Buslinie 21 fährt im Stadtzentrum von der Haltestelle « Cannebière Bourse » oder<br />

der U-Bahnstation « Rond-Point du Prado » ab. Steigen Sie an der Haltestelle<br />

« Luminy » aus. Von dort ist der Weg zu den Calanques ausgeschildert.<br />

Busticketpreis: 1,70 €.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 55


Unterwegs in Frankreich Marseille<br />

Nostalgie und High-Tech:<br />

eine Fahrt auf dem kleinen<br />

Fährboot im Alten Hafen<br />

« Le César » heißt dieses kleine Boot, das<br />

schon hundert Jahre alt ist. Ein echtes Wahrzeichen<br />

von Marseille! Für ein paar Cent bringt es seine<br />

Fahrgäste von einem Ende des Alten Hafens zum<br />

anderen, pro Tag über 100-mal vom Rathaus zur<br />

Place aux Huiles. Die Überfahrt dauert nur wenige<br />

Minuten, bedeutet jedoch einen echten Zeitgewinn,<br />

da man dadurch den Weg ums Hafenbecken nicht zu<br />

Fuß auf sich nehmen muss. In Marseille werden im<br />

Sommer oft schweißtreibende Temperaturen erreicht.<br />

Umso dankbarer sind die Stadtbewohner für diese<br />

« Abkürzung ». In jeder anderen Stadt wäre dieses Wassertaxi<br />

aus Kostengründen längst eingestellt worden.<br />

In Marseille hat man es nicht nur erhalten, sondern<br />

sogar entschieden, es zu modernisieren. Die Stadtverwaltung<br />

will den alten Motor erneuern lassen. Das<br />

Schiff wird dann durch Solarzellen auf dem Dach mit<br />

Sonnenenergie angetrieben. So wird aus einem der<br />

ältesten Boote von Marseille ein moderner High-<br />

Tech-Kahn. Und noch ein Tipp für die Überfahrt:<br />

Nutzen Sie die fünf Minuten der Schiffspassage,<br />

um den Marseillais, wie die Bewohner der Stadt<br />

bezeichnet werden, aufmerksam zuzuhören.<br />

Meist finden sich Stammfahrgäste auf der<br />

kleinen Fährverbindung. So erleben Sie<br />

Marseiller Lebensart hautnah.<br />

Fährboot am Alten Hafen, täglich von<br />

7.00 bis 19.20 Uhr, Anlegestellen<br />

gegenüber dem Rathaus (La<br />

Mairie) oder der Place aux<br />

Huiles. Preis 0,50 €.<br />

« Monsieur, kann ich deine<br />

Fahrkarte haben? » An den Ausgängen der Metrostationen<br />

hört man diese Frage<br />

Die kleinen Gefälligkeiten oft. Ein Unbekannter bittet Sie um<br />

nach Marseiller Art Ihre Fahrkarte, bevor Sie diese unachtsam<br />

wegschmeißen. Fast jeder U-Bahn-Nutzer ist<br />

mit einem Einzelfahrschein namens « Ticket Solo » unterwegs, der nach Entwertung<br />

eine Stunde gültig ist und mit dem man einmal umsteigen darf. Was Sie also<br />

wegwerfen wollen, kann durchaus für einen anderen Fahrgast noch brauchbar sein!<br />

Der Tickettausch ist natürlich offiziell verboten, da die Fahrscheine nicht übertragbar<br />

sind, aber dennoch gibt es kaum jemanden, der es nicht macht. Es ist eine kleine Gefälligkeit<br />

ganz nach Marseiller Art: Man erweist jemand anderem einen Gefallen und<br />

niemand stört sich daran, ganz im Gegenteil. Ein typisches Beispiel für die Denkweise<br />

der Stadtbewohner.<br />

Das « Ticket Solo » ist erhältlich in allen Bussen, an den Fahrkartenautomaten der Metro-Stationen sowie<br />

an den Verkaufsstellen der Marseiller Verkehrsbetriebe (RTM). Preis: 1,70 €.<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


a<br />

Einfallsreichtum:<br />

die ungewöhnlichen<br />

Straßennamen<br />

voller Poesie<br />

Oft hört man, Marseille sei eine harte Stadt. Doch bisweilen präsentiert<br />

sie sich voller Poesie und Kreativität. Ein eindrucksvolles Beispiel sind die<br />

Straßennamen. Bereits das Betrachten des Stadtplans regt die Phantasie<br />

an. So findet man beispielsweise eine « Rue va à la calanque » (« Geh-zuden-Calanques-Straße<br />

»), eine « Avenue du point d’interrogation »<br />

(« Fragezeichen-Avenue »), einen « Chemin des bons voisins »<br />

(« Weg der guten Nachbarn »), eine « Rue du bon Jésus »<br />

(« Straße des guten Jesus ») oder eine « Rue entre deux<br />

murs » (« Straße zwischen zwei Mauern »).<br />

Auf jedem guten Stadtplan und in<br />

den Straßen von Marseille.<br />

Die Schiffsverbindungen<br />

zum « Château<br />

d’If » und den<br />

« Iles du Frioul »<br />

Vom Wasser aus<br />

hat man den wahrscheinlich<br />

schönsten Blick auf Marseille. Am<br />

besten, man nimmt bereits am frühen<br />

Morgen ein Schiff zum « Château d’If » und<br />

den « Iles du Frioul ». Um diese Zeit ist das Licht<br />

bezaubernd, wenn Marseille im Sonnenaufgang<br />

erstrahlt. Gerade eine gute Viertelstunde dauert das<br />

Spektakel. Wenn Sie sich auf die richtige Seite setzen,<br />

haben Sie einen atemberaubenden Blick auf die Hafenstadt.<br />

Da die Schiffe stündlich hin- und zurückfahren,<br />

bietet der Ausflug eine einzigartige Möglichkeit, die Stadt<br />

für einen Kurztrip zu annehmbaren Preisen zu verlassen und<br />

aufs offene Meer hinauszufahren. Die Inseln laden zudem zu<br />

wunderschönen Spaziergängen und Wanderungen ein.<br />

Schiffsverbindungen zum Château d’If und den Iles du Frioul vom<br />

Quai des Belges vor dem Fischmarkt am Alten Hafen, täglich von<br />

6.30 bis 23.30 Uhr. Tickets: 10 €, Ermäßigungen für Familien. Telefon:<br />

+33 (0)6 26 99 39 69.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 57


Unterwegs in Frankreich Marseille<br />

Der Reiz markanter<br />

Orte und faszinierender<br />

Ausblicke<br />

Marseille ist eine Stadt markanter<br />

Orte und faszinierender<br />

Ausblicke. Die Kirche « Notre Dame<br />

de la Garde », die den Marseillern ganz<br />

besonders am Herzen liegt und von ihnen<br />

« Bonne Mère » genannt wird, thront<br />

weit sichtbar über dem Häusermeer der Innenstadt.<br />

Das historische Viertel « Panier »<br />

oberhalb des Alten Hafens mit seinen zahlreichen<br />

verwinkelten Gassen, die große Treppe<br />

gegenüber dem Bahnhof und der Ausblick,<br />

der sich von ihr aus eröffnet, das ehemalige<br />

Krankenhaus und heutige Museum « Vieille Charité » mit seiner je nach Lichteinfall anders wirkenden Außenfassade,<br />

die kleinen Häfen « Port de la Joliette » und « Vallon des Auffes » oder die Siesta, die man auf der Grünfläche vor dem<br />

« Palais du Pharo » hält, dies alles macht die Stadt so einmalig. Es sind markante Orte einer Großstadt, die einem als<br />

Bilder lange in Erinnerung bleiben werden. Orte, die zum ausgiebigen Verweilen oder auf einen Streifzug durch<br />

die umliegenden Straßen einladen. Daneben gibt es noch weitere bemerkenswerte, weniger bekannte Plätze,<br />

die ebenfalls zum Charme von Marseille beitragen. Wenn Sie beispielsweise tanken müssen, nutzen Sie die<br />

Tankstelle am Einkaufszentrum « Grand Littoral ». Von den Zapfsäulen aus können Sie einen atemberaubenden<br />

Blick über die Stadt genießen. Aber Vorsicht! Lassen Sie vor lauter Entzückung nicht<br />

den Tank überlaufen.<br />

Tankstelle am Einkaufszentrum « Grand Littoral ». Auf der A 55, Ausfahrt 6 B « Saint<br />

Antoine » oder auf der A 7, Ausfahrt 32 « Saint Antoine/ Hôpital Nord ».<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Der Singsang der<br />

Marseiller und ihre<br />

lokalen Ausdrücke<br />

Sogar für einen waschechten Franzosen hört sich<br />

das in der Stadt gesprochene Französisch exotisch<br />

an. Man spricht viel und laut und kommuniziert<br />

dabei mit zahlreichen Gesten. Fast hat man den<br />

Eindruck, dass das Sprechen mehr einem Sprechgesang<br />

ähnelt. Zudem hört man Ausdrücke, sei<br />

es im Bus, in der U-Bahn oder einem Café, die es<br />

sonst nirgendwo gibt. Hören Sie bei Ihrem nächsten<br />

Marseille-Besuch aufmerksam zu, vielleicht<br />

erkennen Sie einen dieser Ausdrücke wieder: Ein<br />

doppelter Pastis-Schnaps wird beispielsweise<br />

als ein « 102 » bezeichnet, « quelqu’un qui fait le<br />

cacou » ist ein kleiner Angeber. Wundern Sie<br />

sich nicht, wenn Sie an jedem Satzende das<br />

Wort « peuchère » hören, das heißt so viel<br />

wie « der Arme ». Und « La Cagole » ist eine Frau derberen Charakters,<br />

die sich aufreizend schminkt und kleidet.<br />

An allen Orten der Mittelmeermetropole, an denen<br />

sich Einheimische aufhalten.<br />

Eine Nacht in der<br />

« strahlenden Wohnsiedlung »,<br />

der Cité Radieuse<br />

Die Marseiller<br />

nennen sie auch<br />

humorvoll « das Haus des Verrückten<br />

». Erst kürzlich hat der überdimensionierte<br />

Gebäudekomplex des französischen Star-Architekten Le Corbusier sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. 330 Apartments,<br />

eine Vorschule, eine Turnhalle, eine Laufstrecke, ein Solarium, ein Theater, ein Kino und eine Einkaufsstraße<br />

im siebten Stock sind darin untergebracht. Le Corbusier hat eine Kleinstadt inmitten einer Großstadt errichtet. Dabei<br />

verfolgte er vier Zielsetzungen mit seinem Bau: Wohnen, Arbeiten, Kultur und Bildung sowie die ungehinderte Fortbewegung<br />

unter einem Dach. Heute ist das Gebäude immer noch bewohnt und Besuchern frei zugänglich. Seit einigen Jahren<br />

bieten zudem die beiden Architekturliebhaber Dominique und Alban Gerardin 20 Gästezimmer ganz in der Philosophie<br />

des Baus an: original, nüchtern und schlicht in der Konzeption. Eines ist sicher: Aus purem Zufall kommt hier niemand<br />

her, das Gros der Gäste sind Architekturliebhaber, Geschichtsinteressierte oder Besucher, die Originalität und ein ruhiges,<br />

harmonisches Ambiente schätzen. Das Restaurant bietet traditionelle, abwechslungsreiche Gerichte und exklusive Feinschmeckermenüs<br />

an. Eine exzellente Adresse, um Marseille « von innen » kennen zu lernen.<br />

Die Cité Radieuse ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet, der Eintritt ist frei. Da das Gebäude bewohnt ist, sollten Besucher das<br />

Wachpersonal in der Eingangshalle ansprechen. Dort erhalten sie Auskunft, welche Bereiche frei zugänglich sind.<br />

Cité Radieuse le Corbusier, 280 boulevard Michelet, 13008 Marseille. Buslinien 21, 21 S, 22 und 22 S, Haltestelle « Le Corbusier ».<br />

U-Bahn-Station « Rond Point du Prado ».<br />

Hôtel Le Corbusier: Zimmer zwischen 50 und 85 € mit Meerblick, zusätzliches Bett optional, Apartments 100 €. Frühstücksbuffet<br />

8 €. Telefon: +33 (0)4 91 16 78 00. Internet: www.hotellecorbusier.com.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 59


A 11 / E 50<br />

Châteaudun<br />

N 77<br />

A 5 / E 17 - E 54<br />

Chaumont<br />

Colmar<br />

es<br />

Chartre<br />

r le Loir<br />

Vendôme<br />

Unterwegs in Frankreich Marseille<br />

A 10 / E 60<br />

LOIRE<br />

Orleans<br />

D 965<br />

Chablis<br />

Montbard<br />

A 31<br />

Belfort<br />

A 35 / E 25<br />

Mulhouse<br />

Loches<br />

Blois<br />

10.<br />

Romorantin-<br />

Lanthenay<br />

Die Verlockung der<br />

Vierzonlokalen BourgesGetränke<br />

A 85 / E 604<br />

A 71 / E 9<br />

Issoudun<br />

Ein Eindruck von<br />

Marseille ist nicht vollkommen,<br />

wenn man nicht zumindest<br />

einmal den berühmten Pastis<br />

probiert hat. In der südfranzösischen<br />

Metropole wird aber auch ein Spitzenbier<br />

gebraut, das « Cagole ». Die « Fada Cola »<br />

ist der Name einer Cola-Sorte, die in Marseille<br />

hergestellt wird und der übermächtigen<br />

US-amerikanischen Konkurrenz<br />

trotzt. Fast schon hat es den Anschein,<br />

dass, wer Fada nicht trinkt, nicht als<br />

richtiger Marseiller gilt.<br />

N 6<br />

Avallon<br />

A 6<br />

Dijon<br />

A 38<br />

A 39<br />

Dole<br />

Lons-le-<br />

Saunier<br />

A 404<br />

Besancon<br />

FRANCE<br />

Pontarlier<br />

Les Fourgs<br />

St Claude<br />

Nantua<br />

SUISSE<br />

Lausanne<br />

A 1<br />

Genève<br />

A 36<br />

A 5<br />

Neuchâtel<br />

A 1<br />

A 9<br />

In vielen Bistros und Cafés der<br />

Stadt.<br />

Gap<br />

Anreise<br />

A51<br />

Florac<br />

Flugzeug: Lufthansa fliegt von Düsseldorf, Frankfurt a.M.,<br />

München und Stuttgart direkt nach Marseille. Air France<br />

D 992<br />

Millau<br />

bietet von vielen deutschen, schweizerischen und österreichischen<br />

Flughäfen Umsteigeverbindungen über Paris<br />

N 9<br />

A 75 / E 11<br />

Béziers<br />

Lodève<br />

A 9<br />

le Vigan<br />

nach Marseille an. Auch einige Billigfluggesellschaften haben<br />

die Hafenstadt im Flugplan. So HLX von Köln und demnächst<br />

Ryanair von Hahn sowie Karlsruhe/Baden-Baden.<br />

Auto: Über die Rhone-Tal-Autobahn erreicht man problemlos<br />

Marseille. Aus Österreich und Südostdeutschland bietet<br />

Montpellier<br />

sich eine Anreise über Norditalien und die Côte d’Azur an.<br />

Berlin-Marseille ca. 1.550 km, Köln-Marseille ca. 1.040, Wien-<br />

Marseille ca. 1.370 km und Zürich-Marseille ca. 750 km.<br />

Zug: Von Paris aus ist man in drei Stunden mit dem TGV in<br />

Marseille. Für alle Autoreisenden bietet sich auch der DB<br />

Autozug nach Avignon an, von wo aus es nur noch ein<br />

Katzensprung bis Marseille ist.<br />

E 15 – E 80<br />

A 9<br />

Nîmes<br />

Avignon<br />

Arles<br />

A7<br />

A55<br />

Marseille<br />

A51<br />

Aix-en-Provence<br />

A52<br />

A50<br />

A8/E80<br />

Toulon<br />

Digneles-Bains<br />

Die Reise-Informationen zu den einzelnen Tipps finden Sie<br />

dieses Mal direkt im Artikel.<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Marktplatz<br />

Unterkünfte<br />

Reiseveranstalter<br />

Restaurants<br />

Urlaub im Ferienhaus<br />

Atlantikküste<br />

Vendée<br />

Perigord<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ile de Ré<br />

Aquitaine<br />

Wir bieten Ihnen über<br />

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Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 61


Art Unterwegs de Vivre in Kulturszene<br />

Frankreich Bordelais<br />

Ein<br />

Traumwochenende<br />

im Bordelais<br />

Das Ganze hat mit einer leicht verrückten Wette bei<br />

einer unserer Redaktionskonferenzen angefangen.<br />

Deutsche und französische Journalisten diskutieren<br />

gemeinsam darüber, welche Themen sie gerne in den kommenden<br />

Ausgaben von Frankreich erleben behandeln würden.<br />

Ich bin an der Reihe und soll einen Artikel vorschlagen.<br />

Dazu muss ich sagen, dass ich am Vorabend mit Freundinnen<br />

in Hamburg zu Abend gegessen hatte. Im Laufe des Abends<br />

kam das Gespräch auf meinen Job, und sie sagten mir, ich<br />

könne mich wirklich glücklich schätzen, für Frankreich erleben<br />

zu arbeiten. Schließlich hätte ich so die Möglichkeit,<br />

ständig zu reisen und ganz Frankreich kennenzulernen. Natürlich<br />

habe ich versucht, ihnen zu erklären, dass die Sache<br />

so einfach nicht sei, dass man neben dem Reisen auch über<br />

sehr viel Zeit hinweg Hintergrundinformationen recherchieren,<br />

über neue Themen schreiben, Leute treffen, immer<br />

Französisch sprechen und alle Informationen überprüfen<br />

müsse, kurz, dass man<br />

oft total erschöpft zu<br />

Hause ankäme und direkt<br />

wieder los müsse. Aber an<br />

ihrem Lächeln und ihren neidischen<br />

Blicken habe ich gesehen,<br />

dass für sie die Sache völlig klar war: Ich hatte einen wirklichen<br />

Traumjob!<br />

Da also offensichtlich jeder denkt, dass es ein Traumjob<br />

sei, für Frankreich erleben zu schreiben, habe ich mir gesagt,<br />

das überprüfe ich jetzt mal bei der Redaktionssitzung. Als<br />

ich also an der Reihe bin, sage ich – ein bisschen wie bei<br />

einer Wette – zu den versammelten Kollegen: « Ich schlage<br />

vor, dass ich mal ein Wochenende lang teste, ob man wirklich<br />

wie Gott in Frankreich leben kann ». Nun stellen Sie<br />

sich die Blicke der Redaktionsmitglieder vor! Alle drehen<br />

sich zu mir um. Dann herrscht erst einmal großes Schwei­<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


gen, gefolgt von einigen Lachern. Der Chefredakteur sieht mich an und<br />

sagt: « Petra, habe ich das richtig verstanden, du hältst dich also für Gott<br />

in Frankreich? » – « Nein, nein », antworte ich schnell, « ich will nur mal<br />

wissen, wie es ist, ein Traumwochenende in Frankreich zu verbringen.<br />

Alle reden immer davon, ich will es eben ausprobieren. » Und stellen Sie<br />

sich vor – es hat funktioniert!<br />

Drei Tage später ruft mich die Redaktion an, um mir mitzuteilen,<br />

dass die Sache klargeht: Ich kann zu einer kleinen Verwöhnreise nach<br />

Frankreich aufbrechen. Das Ziel der Reise steht schon fest: Es soll in die<br />

Region rund um Bordeaux gehen. Ein echter Glücksfall, ich habe nämlich<br />

mit dem Team gesprochen, das aus dem Bordelais zurückgekehrt ist,<br />

um für die vorige Ausgabe einen Leitartikel zum Thema Atlantikküste<br />

zu schreiben. Die Berichte haben mich wirklich neugierig gemacht. Ich<br />

werde also in diese großartige Stadt aus dem 18. Jahrhundert fahren,<br />

Entenleberpastete essen, Weinberge sehen und guten Wein trinken!<br />

Schon so lange habe ich mich darauf gefreut, am Kai von Bordeaux entlang<br />

zu flanieren und die neu gestaltete Place de la Bourse zu sehen. Im<br />

Büro fangen die Kollegen an, mich ein bisschen zu beneiden und sich<br />

zu ärgern, dass sie nicht schon früher auf dieselbe Idee gekommen sind.<br />

Kurz vor der Abreise bestellt mich der Chefredakteur in sein Büro: « Petra,<br />

das war wirklich ein guter Vorschlag, den Du hattest. Aber vergiss<br />

nicht, dass Du nach Bordeaux fährst, um einen Artikel zu schreiben. Ich<br />

hoffe sehr, dass Du mit einem sachlichen Bericht zurückkommst. Wir<br />

schicken Dich nicht zum Urlaubmachen dorthin! » Das ist eine klare<br />

Ansage: Zwar darf ich ein Traumwochenende im Bordelais verbringen,<br />

soll aber vor allem mit einem Artikel im Gepäck zurückkommen.<br />

Einige Tage später sitze ich mitten im Zentrum von Bordeaux auf<br />

der Terrasse eines Cafés und warte auf meinen Leihwagen. Mehr hat<br />

man mir im Vorfeld nicht verraten. « Du wirst staunen, mehr kann ich<br />

Dir jetzt nicht verraten, aber es handelt sich um ein echtes Traumauto...<br />

», hatte mir unser Grafiker Henning geheimnisvoll in der Redaktion<br />

gesagt. Durch Nachbohren habe ich schließlich erfahren, dass es<br />

sich um ein brandneues Modell handeln soll. Ich bin dann aber wirklich<br />

überrascht, als ich vor der Brasserie einen wunderschönen schwarzen,<br />

windschnittigen Wagen sehe. Augenblicklich drehen sich alle Fußgänger<br />

nach dem Auto um. Es scheint wirklich Aufmerksamkeit zu erregen.<br />

Ich stehe also auf, gehe hin und erkenne das Modell. Es ist der neue<br />

Citroën C6, der in Frankreich gerade erst vom Band gelaufen ist. Der<br />

Fahrer braucht einige Unterschriften von mir und händigt mir dann die<br />

Schlüssel aus. 48 Stunden, ein ganzes Wochenende lang, darf ich also<br />

am Steuer dieser fürstlichen Limousine durchs Bordelais fahren. Das<br />

Traumwochenende kann in der Tat beginnen.<br />

Auf dem Vordersitz aus Leder finde ich einen an mich adressierten<br />

Briefumschlag. Er enthält die Adresse des Hotels, in dem ich heute<br />

übernachten werde, mitten in Weinbergen gelegen. Der Besuch eines<br />

berühmten Weinguts ist auch vorgesehen. Ich habe also wirklich ein<br />

Riesenglück. Vielleicht hatten meine Freundinnen doch Recht. Aber<br />

trotzdem beruhige ich mich schnell wieder, denn schließlich muss ich<br />

auch an meinen Artikel denken. Jetzt verfüge ich über die nötigen materiellen<br />

Rahmenbedingungen, um ein Traumwochenende zu verleben. Ich<br />

muss nur noch überprüfen, ob die Vorstellung, die ich mir von diesem<br />

Traum gemacht habe, auch wirklich mit der Realität übereinstimmt, ob<br />

man wirklich leben kann wie « Gott in Frankreich ». Ich muss schmunzeln,<br />

als ich sehe, dass die Geschwindigkeitsanzeige des Autos direkt<br />

Der frisch renovierte Brunnen der drei Grazien auf der Place de la Bourse.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 63


Unterwegs in Frankreich Bordelais<br />

auf der Windschutzscheibe angezeigt wird, wie bei einem<br />

Jagdflieger. Wenn es Götter geben sollte – ob sie dann wohl<br />

auch solche modernen Fortbewegungsmittel haben? Ziemlich<br />

schnell finde ich das Auto extrem praktisch. Und denke<br />

daran, dass es mir schwer fallen wird, mich nach meiner<br />

Rückkehr wieder an meinen kleinen Polo zu gewöhnen.<br />

An jeder roten Ampel starren die Leute auf mich. Dazu<br />

sollte man sagen, dass in Frankreich jeder neue Citroën<br />

schon mit Spannung erwartet wird. Egal, ob es der Traction<br />

Avant, der 2CV oder der Torpedo war. Die Franzosen<br />

haben einen fast familiären Bezug zu dieser Automarke.<br />

Und immerhin konnte Charles de Gaulle am 22. August<br />

Oben und rechts:<br />

Grand Théâtre von<br />

Bordeaux.<br />

Le Cours de l‘Intendance,<br />

einer der verkehrsberuhigten<br />

Boulevards<br />

in der Innenstadt<br />

von Bordeaux.<br />

1962 dank eines Citroën DS, dem berühmten Wagen mit<br />

Hydraulikfederung, einem Attentat in Petit Chamart entkommen.<br />

Trotz mehrerer Schüsse und zweier platter Reifen<br />

konnte der Fahrer losfahren und Tempo aufnehmen. General<br />

de Gaulle, seine Frau, sein Schwiegersohn und der<br />

Fahrer kamen unbeschadet davon. Man sagt, dass Mme de<br />

Gaulle sich danach vor allem um die Hühner sorgte, die im<br />

Kofferraum untergebracht waren. Aber auch die erfreuten<br />

sich noch bester Gesundheit. Da wundert man sich natürlich<br />

nicht darüber, dass auch Jacques Chirac heute am liebsten<br />

mit einem C6 fährt. Die Marke hat den Status eines<br />

« Präsidentenwagens » erlangt.<br />

Die Stadt Bordeaux hat sich sehr verändert. Die Gemäuer,<br />

die mit der Zeit schwarz geworden waren, sind<br />

heute wieder hell und sauber. Zahlreiche neue Bars und<br />

Restaurants haben eröffnet. Die Straßenbahn, die ganz<br />

modern mit einer unterirdischen Stromversorgung unter<br />

der Straßendecke ausgestattet ist, sorgt für ein völlig<br />

modifiziertes Stadtbild. Die Straßen sind nun größer,<br />

autofrei und mit mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer.<br />

Natürlich mache ich einen Abstecher zur Place de la<br />

Bourse und den neuen Kaianlagen. Anschließend treffe<br />

ich Freunde von mir. Sie erzählen, wie gut ihnen das<br />

Leben in Bordeaux<br />

gefällt: das Meer<br />

ganz in der Nähe,<br />

der TGV, wenn<br />

man mal nach Paris<br />

fahren möchte,<br />

der Flughafen, der<br />

boomt. Das ist in<br />

der Tat überzeugend.<br />

Das Design<br />

des Restaurants, in<br />

dem wir zu Abend<br />

essen, begeistert<br />

mich ebenfalls.<br />

Es befindet sich<br />

auf dem Dach des<br />

Museums für zeitgenössische<br />

Kunst<br />

(CAPC). Das Restaurant hat eine riesengroße Terrasse,<br />

einen hervorragenden Service und moderate Preise. Eine<br />

perfekte Mischung. Ich will unbedingt zeitig zu Abend<br />

essen, denn anschließend gehe ich in die Oper. Im Restaurant<br />

wird mir jedoch klar, dass Franzosen dies meistens<br />

umgekehrt machen: Erst gehen sie ins Theater oder<br />

in die Oper und danach essen sie in einer der zahlreichen<br />

Brasserien, die noch offen haben und auf Gäste warten.<br />

Den C6 parke ich in einem der zahlreichen unterirdischen<br />

Parkhäuser, die im Rahmen der Umbauarbeiten<br />

in der Stadt gebaut worden sind. Ich suche einen Frauenparkplatz<br />

in der Nähe des Ausgangs, stelle aber fest,<br />

dass es so etwas in Frankreich wohl nicht gibt. Trotzdem<br />

fühle ich mich sicher. Ich nehme die Eintrittskarte, die<br />

für mich reserviert worden ist, und gehe zum Opern­<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


haus. Dieses heißt hier « Grand Théâtre ».<br />

Auch dieses Gebäude ist im Rahmen der<br />

Stadterneuerung komplett saniert worden.<br />

Es wirkt majestätisch<br />

und hat eine<br />

beeind r uckende<br />

Treppe. Ich bleibe<br />

stehen, um ein<br />

bisschen die Leute<br />

zu beobachten.<br />

Auch hier hat sich<br />

einiges geändert:<br />

Leute jeder Altersgruppe<br />

gehen<br />

in die Oper. Die<br />

Kleidung ist ganz<br />

unterschiedlich,<br />

vom Abendkleid bis zur Jeans kann man hier alles sehen. Im<br />

Konzertsaal sitze ich im Parkett in einem roten Samtsessel,<br />

der sicher noch aus dem 18. Jahrhundert stammt. Man hat<br />

sich Mühe gegeben, den Geist jener Zeit beizubehalten. Um<br />

mich herum füllt sich der Saal allmählich, zuerst kommen<br />

die Leute, die Logenplätze haben. Die Inszenierung ist originell.<br />

Dabei dachte ich immer, in Frankreich und zumal<br />

an so namhaften Orten wie hier würde man eher klassische<br />

Inszenierungen zu sehen bekommen, weil man sich vor<br />

zuviel Modernität scheut. Heute aber ist das Bühnenbild<br />

modern, und die einzelnen Bühnenbilder werden über einen<br />

Mechanismus miteinander verbunden, der perfekt funktioniert.<br />

Und was noch vor einigen Jahren in Frankreich unmöglich<br />

gewesen wäre: Eine nackte Frau betritt die Bühne.<br />

Das Publikum amüsiert sich, klatscht und ist hingerissen.<br />

Während der Pause kann man in einem goldverzierten Saal<br />

ein Glas Champagner genießen. Wenn die Götter Musik<br />

mögen, werden sie hier ihr Glück finden.<br />

Mein Hotel, das Château Cordeillan-Bages, befindet<br />

sich mitten in einem Weinberg nördlich von Bordeaux, im<br />

Médoc. Es ist eine so genannte « Kartause », ein wunderschönes<br />

Haus aus dem 17. Jahrhundert. Die bescheidene<br />

Größe – es gibt knapp 30 Zimmer – macht es zu einer<br />

außergewöhnlichen Adresse. Auch hier kommt mir Frankreich<br />

moderner vor als vor einigen Jahren:<br />

Früher hat man um jeden Preis versucht, bei<br />

Bauarbeiten den Originalzustand zu erhalten.<br />

Heute mischen die Architekten gerne<br />

Stein und Glas, Stahl und Holz. Das Design<br />

ist durchdacht und in schlichtem Stil<br />

Die Weinfelder des Médoc.<br />

Hotel Château Cordeillan-Bages.<br />

gehalten. Der Ort hat nicht nur seinen historischen<br />

Charme bewahrt, sondern durch<br />

einen klaren Stil an Schönheit gewonnen.<br />

Es ist einfach herrlich, morgens aufzuwachen,<br />

durch das Fenster endlose Weinberge<br />

zu sehen und das Frühstück mit frischen<br />

Croissants auf der kleinen Terrasse einzunehmen. Überall<br />

wurden Rosenstöcke gepflanzt. Später erfahre ich, dass<br />

so die Weinstöcke vor Krankheiten geschützt werden. Ich<br />

muss an meine Hamburger Freundinnen denken. Mädels,<br />

ihr hattet doch Recht! Ich habe es wirklich gut…<br />

Am späten Vormittag mache ich mich auf, um ein in<br />

der Nähe gelegenes berühmtes Weingut zu besichtigen:<br />

das Château Lafite Rothschild. Ich nutze die Gelegenheit<br />

für einen Zwischenstopp auf dem Marktplatz des kleinen<br />

Dörfchens Margaux. In einem winzigen Postamt kaufe<br />

ich Briefmarken. Die Postangestellte sieht aus, als ob sie<br />

glücklich wäre, hier arbeiten zu dürfen. Ich kann sie verstehen.<br />

Alles ist ruhig und einladend. Auf das Grundstück<br />

des Château Lafite zu fahren, lässt niemanden unberührt.<br />

Das bedeutet nämlich, sich an einen geschichtsträchtigen<br />

Ort zu begeben. Die Reifen des C6 knirschen auf dem<br />

Kies der Einfahrt. Auf einmal fühle ich mich ganz klein.<br />

So viele berühmte Leute müssen über diese Allee gefahren<br />

sein. Dieser Ort steckt voller Geschichten. 1755 suchte<br />

beispielsweise Richelieu einen Arzt in Bordeaux auf. Der<br />

riet ihm als beste und wirkungsvollste Medizin, einen Château-Lafite-Wein<br />

zu trinken. Nachdem Richelieu nach Paris<br />

zurückgekehrt war, konnte sich König Ludwig XV. gar<br />

nicht genug über seinen blendend guten Zustand wundern.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 65


Unterwegs in Frankreich Bordelais<br />

« Aber Majestät », antwortete ihm Richelieu, « ich habe den<br />

berühmten Jungbrunnen gefunden. » Bald sprach man in<br />

Versailles nur noch vom Lafite-Wein, jeder wollte davon<br />

trinken. Der Wein wurde zum « Wein des Königs ». Einige<br />

Zeit später, im Mai 1787, am Vorabend der Französischen<br />

Revolution, weilte Thomas Jefferson, künftiger Präsident<br />

der Vereinigten Staaten, in Bordeaux. Er war vom Weinanbau<br />

begeistert und träumte davon, auch in seinem Land<br />

Wein zu kultivieren. Innerhalb von fünf Tagen suchte er<br />

die größten Weinhändler der Stadt auf und sammelte jede<br />

Menge Informationen, die er mit nach Hause nahm. Sein<br />

ganzes Leben lang blieb er einer der treuesten Anhänger<br />

großer Bordeaux-Weine.<br />

Der Weinkeller dieses berühmten Hauses ist ein Gewölbekeller,<br />

den man unter dem Schloss ausgehoben hat und in<br />

den man über eine ziemlich steile Treppe gelangt. Die Temperatur<br />

ist hier zu jeder Jahreszeit konstant. Die ältesten<br />

Weinflaschen des Weingutes lagern in diesem Keller. Hier<br />

befindet sich gewissermaßen das Weinarchiv. Die Sammlung<br />

geht zurück bis in das Jahr 1797. Von diesem Jahrgang<br />

gibt es noch genau drei Flaschen. Von 1797 bis 1914 ist<br />

hier von jedem Jahrgang der passende Wein vorrätig. Insgesamt<br />

lagern 1.500 Flaschen im historischen Weinkeller.<br />

Die jüngsten Jahrgänge werden hingegen im sogenannten<br />

Großen Keller (Grande Cave) aufbewahrt, der sich zwischen<br />

den Weinlagern<br />

für die erste und<br />

zweite Lese mit<br />

mehr als 25.000<br />

Flaschen befindet.<br />

Ich verstehe natürlich,<br />

dass man<br />

nicht einmal im<br />

Traum daran denken<br />

sollte, einen<br />

dieser Weine zu<br />

kosten. Es handelt<br />

sich hier eher<br />

um ein Museum,<br />

das Ehrfurcht<br />

vor vergangenen<br />

Zeiten hervorruft.<br />

Der Baron Eric<br />

de Rothschild sagt<br />

deshalb auch: « Ich<br />

Die Vorfahrt zum<br />

Château Lafite<br />

Rothschild.<br />

bin nur ein vorübergehender Hüter von Château<br />

Lafite Rothschild ». In diesen Flaschen<br />

lagert ein Teil der Menschheitsgeschichte.<br />

Aber denken Sie deswegen nur nicht,<br />

dass das altehrwürdige Weingut sich auf<br />

seiner berühmten Vergangenheit ausruhe.<br />

Ganz in der Nähe hat man 1986 unter der<br />

Leitung des Architekten Ricardo Bofill mit<br />

dem Bau des weltweit ersten Weinlagers<br />

begonnen, das nicht mehr linear angeordnet<br />

ist. Dieser Keller von 50 Metern Durchmesser<br />

hat Platz für 2.000 Fässer. Die Weine der zweiten Lese<br />

reifen hier in Eichenfässern. Die Außenfassade des Gebäudes<br />

besteht aus zwei Wänden, der Eingang des Kellers<br />

ist monumental. Die moderne Architektur und achteckige<br />

Form des Weinkellers kontrastiert mit der edlen Atmosphäre,<br />

die dieser Ort ausstrahlt. In der Mitte fällt Licht<br />

durch einen Schacht herein, ein ganz besonderes, fast geheimnisvolles<br />

Licht.<br />

Auf der Rückfahrt nach Bordeaux sehe ich die Weinberge<br />

des Médoc vorüberziehen. Der Gewitterhimmel ist<br />

fast schwarz, aber in der Ferne reißen die Wolken auf und<br />

die Sonne kommt heraus. In weniger als 48 Stunden habe<br />

ich einzigartige Momente erlebt. Dieses Wochenende hat<br />

mich zweifellos verändert – durch die neuen Eindrücke, die<br />

besondere Atmosphäre, die Orte, die ich glücklicherweise<br />

aufsuchen durfte. Dieses Wochenende hat mir bestätigt,<br />

dass es hier eine ganz besondere Lebensqualität gibt. « Leben<br />

wie Gott in Frankreich » – warum eigentlich nicht? Ich<br />

glaube, in den vergangenen Tagen habe ich eine Ahnung<br />

davon bekommen, was dies wirklich bedeutet. Als ich die<br />

Schlüssel meines Hotelzimmers und des C6 zurückgegeben<br />

habe, laufe ich alleine durch die Straßen von Bordeaux. Ich<br />

suche den Shuttle-Bus zum Flughafen, als mein Telefon<br />

klingelt. Mein Kollege Jan aus der Redaktion ruft an. « Und,<br />

wie war es? », fragt er mich. « Hast Du aufgehört zu träumen?<br />

» Ich weiß<br />

gar nicht, was ich<br />

ihm antworten<br />

soll. Aber eines ist<br />

sicher: An dieses<br />

Traumwochenende<br />

im Bordelais werde<br />

ich mich noch lange<br />

erinnern!<br />

Der Pool des Hotels<br />

Château Cordeillan-<br />

Bages.<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Roscoff<br />

D58<br />

N12/E50<br />

Lannion<br />

Dinard<br />

St Malo<br />

Brest<br />

Morlaix<br />

St Guingamp<br />

St Brieuc<br />

St Brieuc<br />

D26<br />

Dinan<br />

St Malo<br />

Châteulin<br />

Douarnenez<br />

Quimper<br />

N164<br />

Pontivy Pontivy<br />

N12/E50<br />

N137<br />

Rennes<br />

Rennes<br />

Fougères<br />

Mayenne<br />

MAYENNE<br />

Alencon<br />

Mam<br />

A 81 / E 50<br />

Die Weinberge des Château Lafite Rothschild.<br />

Anreise<br />

Flugzeug: Lufthansa fliegt Bordeaux<br />

nonstop von München aus an, mit<br />

Zubringerflügen von vielen deutschen<br />

Flughäfen. Air France verbindet<br />

Deutschland, Österreich und die<br />

Schweiz mit Bordeaux via Paris.<br />

Auto: Bordeaux und das Bordelais<br />

erreicht man mit dem Auto über die<br />

A 10 (Paris-Bordeaux) oder die A 89<br />

(Lyon-Bordeaux). Berlin-Bordeaux ca.<br />

1.700 km, Köln-Bordeaux ca. 1.070 km,<br />

Wien-Bordeaux ca. 1.740 km, Zürich-<br />

Bordeaux ca. 960 km.<br />

Zug: Der TGV braucht von Paris nach<br />

Bordeaux rund 3 Stunden.<br />

Informationen im Internet<br />

www.tourisme-aquitaine.fr/de/<br />

www.bordeaux-tourisme.com<br />

Adressen vor Ort<br />

Office de Tourisme de Bordeaux<br />

12, cours du XXX Juillet<br />

33000 Bordeaux<br />

Telefon: + 33 (0)5 56 00 66 00<br />

Hotel Château Cordeillan-Bages<br />

332<strong>05</strong> Pauillac<br />

Lorient<br />

Quiberon<br />

N24<br />

Vannes<br />

N166<br />

N165/E60<br />

Telefon: + 33 (0)5 56 99 24 24<br />

www.cordeillanbages.com<br />

Geschlossen vom 15.12. bis 14.2.<br />

Anfahrt: Autobahn A 10 in Richtung<br />

Mérignac, Ausfahrt 7, über die N 215<br />

nach Saint-Laurent, von dort über die<br />

D 206 nach Pauillac. Alternativ über<br />

die D 2 von Bordeaux nach Pauillac.<br />

St Nazaire<br />

St Nazaire<br />

Musée d’Art Contemporain de Bordeaux<br />

(CAPC)<br />

7, rue Ferrère<br />

33000 Bordeaux<br />

Telefon: + 33 (0)5 56 00 81 50<br />

Täglich außer montags geöffnet, 11.00<br />

– 18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr.<br />

Dauerausstellungen Eintritt frei, Sonderausstellungen<br />

5 €, ermäßigt 2,50 €.<br />

Das Restaurant befindet sich auf<br />

der letzten Etage des Museums. Am<br />

Museumseingang Bescheid sagen,<br />

dass man zum Restaurant möchte.<br />

Zugang ist kostenlos.<br />

Telefon: + 33 (0)5 56 44 71 61<br />

Grand Théâtre de Bordeaux<br />

Place de la Comédie<br />

33000 Bordeaux<br />

Telefon: + 33 (0)5 56 00 85 95<br />

Programm: www.opera-bordeaux.com<br />

Das Office du Tourisme de Bordeaux<br />

organisiert Führungen durchs Grand<br />

Redon<br />

N137/E3<br />

N 137 / E 3<br />

Châteaubrian<br />

Châteaubrian<br />

A 83 / E 3<br />

Phare de<br />

Cordouan<br />

Pointe de<br />

Grave<br />

ERDRE<br />

Arcachon<br />

A 11 / E 60<br />

LOIRE<br />

N 249<br />

SÉVRE NANTAISE<br />

Royan<br />

A 87<br />

Pauillac<br />

A 10<br />

Bordeaux<br />

A 63<br />

Laval<br />

Châteu-Gontier<br />

la Segré<br />

A 62<br />

Angres<br />

Théâtre. Ticket 5,50 €, ermäßigt 4,50 €.<br />

Cognac<br />

Langon<br />

SARTHE<br />

Château Lafite Rothschild<br />

Nantes<br />

33250 Nantes Pauillac<br />

www.lafite.com<br />

Cholet<br />

Anfahrt: Wie für Château Cordeillan-<br />

Bages. Im Ort ausgeschildert.<br />

Besichtigungen montags bis freitags<br />

nach Anmeldung von 14.00 – 15.30 Uhr.<br />

Anmeldung per E-Mail (visites@lafite.<br />

com) oder per Fax (+33 (0)5 56 59 26<br />

83). Das Weingut ist am Wochenende,<br />

Feiertagen sowie in den Monaten<br />

August, <strong>September</strong> und <strong>Oktober</strong><br />

geschlossen.<br />

N 10<br />

A 11<br />

la Flèche<br />

Angoulême<br />

A 89<br />

Libourne<br />

N113<br />

Le Mans<br />

A 85<br />

Saumur<br />

Marmande<br />

C<br />

LOI<br />

LOIR<br />

Ch<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 67


Unterwegs in Frankreich Cordouan<br />

Cordouan,<br />

das kleine Versailles<br />

im Atlantik<br />

Wo die Gironde in den Atlantik mündet, steht der Leuchtturm von<br />

Cordouan. Seine Lampe befindet sich in 68 Metern Höhe und dient<br />

den Schiffern seit Jahrhunderten als Orientierungspunkt. Der Leuchtturm<br />

ist einer der letzten bewohnten Leuchttürme Frankreichs, ein<br />

kleines Architekturjuwel, das man gerne auch « das kleine Versailles<br />

im Atlantik » nennt. Heutzutage spielt der Turm nicht nur im Kampf<br />

gegen die Wellen eine wichtige Rolle, sondern er ist auch zu einer<br />

Touristenattraktion geworden.<br />

Angesichts unserer technischen Möglichkeiten<br />

vergessen wir heute gerne<br />

einmal, dass es Zeiten gab, wo es mit<br />

Unsicherheit, Angst und Gefahr verbunden war,<br />

wenn man in die See stach. Man fuhr meist nur<br />

tagsüber und möglichst von Kap zu Kap. Wenn<br />

die Nacht hereinbrach, musste man mit dem<br />

Schiff vor Anker gehen. Wenn ein Anker fehlte,<br />

verwendete man große Steine, um das Schiff im<br />

Stillstand zu halten. Die Ägypter haben entdeckt,<br />

wie man sich anhand der Sterne orientieren<br />

kann. Das Astrolabium wurde jedoch erst<br />

im 2. Jahrhundert v. Chr. vom griechischen Astronom<br />

Hipparchos erfunden. Und auch damit<br />

war es nur ungefähr und nur bei klarem Nachthimmel<br />

möglich, die eigene Position auf dem<br />

Meer zu bestimmen. Um den Seeleuten einen<br />

Fixpunkt zu geben, erbaute man deshalb<br />

Leuchttürme. Der bekannteste war der von<br />

Alexandrien, der im 3. Jahrhundert v. Chr. auf<br />

der Insel Pharos erbaut wurde und von dem das<br />

französische Wort für Leuchtturm – phare – abgeleitet<br />

ist. Was die Sicherheit der Seefahrt betrifft,<br />

war die Erfindung dieser Leuchtfeuer ein<br />

Meilenstein.<br />

Heute ist es dank GPS und anderer technischer<br />

Hilfsmittel glücklicherweise weitaus<br />

ungefährlicher, zur See zu fahren. Dennoch<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


leibt ein gewisses Restrisiko bestehen, wie<br />

jeder Seemann bestätigen wird. Kein GPS<br />

verschafft einem ein solches Gefühl der Sicherheit<br />

wie der Anblick eines Leuchtturms. Man<br />

sieht ihn und kann rufen: « Land in Sicht! ». In<br />

Cordouan hält der Atlantik eine solch freudige<br />

Entdeckung für alle Seefahrer bereit. Mitten<br />

im Wasser, auf der womöglich kleinsten Atlantikinsel,<br />

steht ein Leuchtturm auf einer<br />

Sandbank, die nur bei Ebbe sichtbar wird. Mit<br />

seinen 68 Metern Höhe steht der Turm an der<br />

Stelle, wo die Gironde in den Atlantik fließt,<br />

mitten in der Mündung zwischen Royan und<br />

der Landspitze Pointe-de-Grave. Sein Licht<br />

ist bis zu 40 Kilometer weit zu sehen. Was den<br />

Leuchtturm von anderen unterscheidet, ist<br />

aber vor allem die Tatsache, dass er als einer<br />

der letzten Leuchttürme seiner Art noch von<br />

zwei Leuchtturmwärtern bewohnt wird. Die<br />

meisten Leuchttürme sind nämlich im Laufe<br />

der Zeit längst automatisiert worden. Der<br />

Spardruck führte dazu, dass menschliche Arbeitskraft<br />

durch Technik ersetzt wurde.<br />

Cordouan ist ein winziges Eiland im Ozean:<br />

Die Insel, oder genauer die Sandbank, ist<br />

kaum größer als das Fundament des Leuchtturms,<br />

dessen Durchmesser rund 40 Meter<br />

beträgt. Bei Ebbe kann man den Leuchtturm<br />

per Schiff erreichen und über eine Treppe erklimmen,<br />

die sich hinter einer massiven Holztür<br />

auftut. Schon die Architektur des Leuchtturms<br />

ist den Weg dorthin wert. Das Gebäude,<br />

welches bereits seit 1862 – im selben Jahr, als<br />

in Paris Notre-Dame erbaut wurde – unter<br />

Denkmalschutz steht, wurde in mehreren<br />

Etappen erbaut. Der ursprüngliche Leuchtturm<br />

stammte aus dem Jahre 1360, aber erst im<br />

Jahre 1591 entstand ein Turm mit den heutigen<br />

Ausmaßen. Der Bau dauerte insgesamt 25<br />

Jahre und wurde von Hunderten von Arbeitern<br />

bewerkstelligt. Cordouan galt zu jener Zeit als<br />

einer der schönsten Leuchttürme der Welt. Allerdings<br />

hinterließ das Meer bald seine Spuren<br />

und das Geld fehlte, um ihn instand zu halten.<br />

Nur fünfzig Jahre später war er schon in so<br />

schlechtem Zustand, dass die Wärter sich nicht<br />

mehr trauten, das Leuchtfeuer anzuzünden.<br />

Da er aber an strategisch so bedeutsamer Stelle<br />

stand und die Zahl der Schiffbrüche auf den<br />

umliegenden Sandbänken dramatisch anstieg,<br />

entschloss man sich schließlich doch dazu, ihn<br />

zu restaurieren. Seine heutige Form stammt aus<br />

dem Jahre 1790 und vermittelt einen Eindruck<br />

von der Architektur des 18. Jahrhunderts. Er<br />

gilt als der König der Leuchttürme und wird<br />

deshalb auch gerne das « Versailles im Atlantik<br />

» genannt. Cordouan ist zudem der älteste<br />

erhaltene Leuchtturm Europas. Zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts schlug Augustin Fresnel<br />

vor, die Leuchtapparate, die aus Parabolen mit<br />

Lampen bestanden, durch eine Glaslinse zu ersetzen.<br />

Der sogenannte « Fresnelsche Apparat »<br />

war geboren und sollte bald weltweit auf allen<br />

Leuchttürmen zu finden sein. So auch auf<br />

Cordouan, nachdem der Apparat zunächst auf<br />

dem Pariser Triumphbogen getestet wurde.<br />

Auch heute ragt der Leuchtturm noch stolz<br />

in die Höhe. Damit das so bleibt, wurde sogar<br />

eine Gesellschaft gegründet, die den Leuchtturm<br />

instand halten und öffentliche Gelder<br />

einwerben soll. Denn wieder ist eine Renovierung<br />

dringend notwendig. Der Aufruf hat Gehör<br />

gefunden, denn die ersten Arbeiten wurden<br />

bereits in die Wege geleitet. Dabei begann man<br />

mit dem Wichtigsten: dem Bau einer Schutzmauer.<br />

Wieder einmal konnte Cordouan also<br />

vor dem Ansturm der Wassermassen gerettet<br />

werden. Vor allem aber erlebt der Turm eine<br />

zweite Blütezeit, die ihn diesmal wirklich retten<br />

könnte: der Tourismus.<br />

Leuchtturmwärter stellt man sich gerne<br />

als schrullige, verschlossene und einsilbige<br />

Einzelgänger vor. Man glaubt, dass sie äußerst<br />

misstrauisch beäugen, wie der Leuchtturm, ihr<br />

Leuchtturm, für die Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht wird. Aber falsch gedacht: Serge Andron<br />

ist 55 Jahre alt und Leuchtturmwächter<br />

auf Cordouan. Er sagt ganz klar, dass für ihn<br />

diese Öffnung für Besucher mit der Hoffnung<br />

verbunden ist, seinen Leuchtturm funktionsfähig<br />

zu halten und vor Wasserschäden retten zu<br />

können. « Meine Frau beschwert sich oft, dass<br />

ich aufhören soll, von Cordouan zu erzählen.<br />

Aber wie soll ich sagen, man wird hier eben ein<br />

bisschen plemplem. Wissen Sie, man muss das<br />

erlebt haben, wie abends das letzte Boot ablegt.<br />

Man schaut ihm noch eine Weile nach und<br />

schließt dann die Tür. Tja, und dann denkt<br />

man: So, jetzt sind wir nur noch zu zweit,<br />

von der Außenwelt abgeschnitten. Hier ist<br />

alles ruhig. Klar. Die Geräusche vom Festland<br />

kommen nur manchmal bei starkem Wind als<br />

Echo hier an. Wenn ich wieder an Land gehe<br />

und zu meiner Familie zurückkehre, brauche<br />

ich immer ein bisschen Zeit, um mich wieder<br />

einzugewöhnen und nachzudenken. Man muss<br />

erst den normalen Rhythmus wiederfinden. »<br />

Wenn man Leuchtturmwächter auf Cordouan<br />

ist, hat man das Glück, Tag und Nacht auf<br />

einem historischen Monument zu verbringen.<br />

Über dem Erdgeschoss gelangt man zunächst<br />

zum « Gemach des Königs ». Es ist nicht genau<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 69


Unterwegs in Frankreich Cordouan<br />

bekannt, warum die Räume so heißen.<br />

Fakt ist aber, dass in ihnen nie ein König<br />

gelebt hat. Darüber befindet sich<br />

eine Kapelle, die einzige auf der Welt,<br />

die auf einem Leuchtturm zu finden<br />

ist. Danach kann man über die Stufen<br />

einer prunkvollen Treppe, die einem<br />

richtigen Schloss alle Ehre machen<br />

würde, die Ebene mit dem Leuchtfeuer<br />

erklimmen, von wo aus sich ein fantastischer<br />

Ausblick auftut. « Oft spaziere<br />

ich durch alle Zimmer. Man kann hier<br />

so herrlich träumen », erzählt Serge.<br />

Natürlich ist es nicht immer einfach,<br />

von der Außenwelt isoliert auf dem<br />

Leuchtturm zu leben. Obwohl die<br />

Leuchtturmwärter Telefon, Radio und<br />

sogar Fernsehen haben. Sie sammeln<br />

Regenwasser, um zu duschen oder<br />

Geschirr zu spülen. Das Trinkwasser<br />

wird in Tanks oder Flaschen geliefert.<br />

Die Übergabe findet regelmäßig<br />

an der Pointe-de-Grave statt. Jeden<br />

Freitag kommt das Versorgungsboot,<br />

das Wasser, Benzin, Lebensmittel und<br />

Baustoffe, wie zum Beispiel Zement,<br />

für die Wartungsarbeiten bringt.<br />

Die Leuchtturmwärter gehören<br />

verwaltungstechnisch zum Ministerium<br />

für Infrastruktur, genauer zur<br />

Abteilung « Leuchttürme und Bojen ».<br />

Sie sind also Beamte des französischen<br />

Staates. Die zuständige Abteilung des<br />

Ministeriums betreut ca. 40 Leuchttürme<br />

vor den französischen Küsten<br />

und ungefähr 200 auf dem Festland.<br />

Aber die Leuchtturmwärter sind weit<br />

von dem gängigen Berufsbild des Beamten<br />

entfernt, den man sich doch eher<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Roscoff<br />

D58<br />

N12/E50<br />

Lannion<br />

Dinard<br />

St Malo<br />

Brest<br />

Morlaix<br />

St Guingamp<br />

St Brieuc<br />

St Brieuc<br />

D26<br />

Dinan<br />

St Malo<br />

Châteulin<br />

Douarnenez<br />

gemütlich am Schreibtisch sitzend vorstellt.<br />

« Manchmal gibt es hier große aber dafür kann man sich die Zeit frei<br />

beitszeiten sind die Quimper<br />

Pontivy Pontivy Zeiten hier extrem,<br />

Unwetter mit richtiger Sturzsee und einteilen. Die Hauptsache ist immer,<br />

hohem Wellengang. Das ist wirklich dass der Leuchtturm funktioniert. »<br />

atemberaubend. Aber der Leuchtturm<br />

ist solide, der hat schon ganz anderen Wärter nun auch die Besucher in<br />

Unwettern standgehalten. Wovor ich Empfang nehmen, die mit dem Boot<br />

am meisten Angst habe, sind Gewitter « La Quiberon<br />

Bohème » ankommen. Acht Kilometer<br />

mit Blitzeinschlag. Der Maschinenraum<br />

trennen den Leuchtturm vom<br />

stand schon mal in Flammen », Festland. In Cordouan läuft man beim<br />

sagt Serge. Bei solchen Gelegenheiten Ablegen ein kurzes Stück zu Fuß<br />

St Nazaire<br />

ist die Anwesenheit eines Wärters durchs Wasser zum Boot, daher sollte<br />

mehr als gerechtfertigt. Aber auch man Gummistiefel oder altes Schuhwerk<br />

an gewöhnlichen Tagen braucht man<br />

mitnehmen. Der ganze Ausflug<br />

die Leuchtturmwärter, denn sie kümmern<br />

dauert ca. dreieinhalb Stunden, unge­<br />

sich um die Instandhaltung des fähr 30 Minuten entfallen davon auf<br />

Leuchtturms. Die Stromaggregate die Besichtigung des Leuchtturms und<br />

müssen mit Treibstoff versorgt werden<br />

den Aufstieg zur Laterne. Von dort<br />

– so ein Leuchtturm verbraucht oben aus versteht man, wieso dieser<br />

täglich ungefähr 25 Liter Benzin für Leuchtturm strategisch so wichtig<br />

seine Stromversorgung. Reparieren, ist: Man sieht die Sandbänke und begreift,<br />

streichen, irgendetwas gibt es immer<br />

wie gefährlich diese für Schiffe<br />

zu tun. « Verglichen mit normalen Ar­<br />

werden können. Serge erklärt uns:<br />

N164<br />

N24<br />

N166<br />

St Nazaire<br />

N 137 / E 3<br />

A 83 / E 3<br />

ERDRE<br />

A 11 / E 60<br />

LOIRE<br />

N 249<br />

SÉVRE NANTAISE<br />

Fougères<br />

A 87<br />

Mayenne<br />

MAYENNE<br />

A 81 / E 50<br />

Laval<br />

Sandbänke. Hier bei Cordouan ist der<br />

N165/E60<br />

N12/E50<br />

N137<br />

« Der Anhaltspunkt Rennes für die Schiffe<br />

Rennes<br />

ist die helle Meeresfärbung durch die<br />

Seeweg sehr gefährlich. Die Schiffe<br />

N137/E3<br />

SARTHE<br />

Châteu-Gontier<br />

Seit Lorient einigen Jahren dürfen die müssen der Leuchtturmanzeige folgen<br />

Vannes<br />

Redon und sich außerdem noch auf la einen Segré an­<br />

Châteaubrian<br />

Châteaubrian<br />

deren Leuchtturm oder eine Boje hin<br />

ausrichten. Nur dann können sie sicher<br />

Angres<br />

sein, dass sie wirklich richtig positioniert<br />

sind. Auch mit einem GPS ist<br />

das wichtig. Denn auch ein GPS kann<br />

Nantes<br />

mal kaputtgehen. Nantes »<br />

Hinter Serge fängt die Fresnel­<br />

Cholet<br />

sche Laterne an, sich zu drehen. Die<br />

Nacht bricht an und der Leuchtturm<br />

strahlt hell in die Dunkelheit hinein.<br />

Alle Augen sind auf ihn gerichtet.<br />

Der Leuchtturm setzt seine Arbeit<br />

im Dienste der Schiffsleute unbeirrbar<br />

fort, Nacht für Nacht, und macht<br />

damit heute neben den Seefahrern und<br />

Wärtern auch noch den Touristen eine<br />

große Freude.<br />

A 11<br />

Le Mans<br />

la Flèche<br />

A 85<br />

Saumur<br />

Alencon<br />

Mam<br />

C<br />

LOI<br />

LOIRE<br />

Ch<br />

Besichtigung<br />

Besichtigungen von April bis <strong>September</strong><br />

mit dem Boot « La Bohème » vom Hafen<br />

Pointe-de-Grave aus. Dauer ca. 3 ½<br />

Stunden. Die Abfahrtszeiten variieren<br />

je nach Gezeiten. Ticket 28 € bzw. 18 €<br />

für Kinder unter 12 Jahren. Achtung:<br />

Das Ausbooten erfolgt durch seichtes<br />

Gewässer, also Gummistiefel oder alte<br />

Schuhe anziehen.<br />

Auskunft<br />

Richard Grass<br />

33123 Le Verdon-sur-Mer<br />

Telefon: +33 (0)5 56 09 62 93<br />

(Es wird auch Deutsch gesprochen)<br />

Internet<br />

www.vedettelaboheme.com<br />

Anreise<br />

Von Bordeaux aus über die N 215 in<br />

Richtung Soulac. Von dort aus weiter<br />

zum Hafen von Pointe-de-Grave.<br />

Phare de<br />

Cordouan<br />

Pointe de<br />

Grave<br />

Arcachon<br />

N 215<br />

Royan<br />

Lesparre<br />

Blaye<br />

Bordeaux<br />

A 63<br />

A 62<br />

Cognac<br />

Jonzac<br />

A 10<br />

N 10<br />

Angoulême<br />

A 89<br />

Libourne<br />

Langon<br />

N113<br />

Marmande<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 71


Unterwegs in Frankreich Hotel<br />

L’Hermitage Gantois<br />

Design-Hotel im Herzen von Lille, eingerichtet in einem ehemaligen Hospiz der Stadt.<br />

Im Jahre 1460 gründet ein wohlhabender<br />

Bürger namens Jean de la<br />

Cambe, der gebürtig aus der Stadt<br />

Gent stammt, ein Krankenhaus in Lille.<br />

Nach seiner Herkunft erhält es den<br />

Namen L’Hospice Gantois, denn « Gantois<br />

» ist im Französischen das Adjektiv<br />

zu Gent. Die Einrichtung, die in mehreren<br />

Gebäudeflügeln aus rotem Ziegelstein<br />

untergebracht ist, überlebt die<br />

Jahrhunderte ohne große Schäden.<br />

Selbst Revolutionen und Kriege können<br />

ihr nichts anhaben. Man bleibt die<br />

ganze Zeit über der medizinischen Bestimmung<br />

treu. Im Zweiten Weltkrieg<br />

dient die Anlage der Unterbringung<br />

von Frauen und Bedürftigen, die dort<br />

Hilfe und Unterstützung erfahren.<br />

Nonnen betreiben das Hospiz, bis es<br />

1995 endgültig geschlossen wird, da die<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Gebäude als zu veraltet und baufällig<br />

gelten. Zu jener Zeit ist die Anlage<br />

noch in öffentlicher Hand und gehört<br />

der Betreibergesellschaft der Krankenhäuser<br />

von Lille, die über die Einrichtung<br />

eines Krankenhausmuseums laut<br />

nachdenkt.<br />

Doch dann schlägt eine private<br />

Hotelinvestmentgesellschaft vor, das<br />

ehemalige Hospiz in ein modernes<br />

Luxushotel zu verwandeln, dessen Stil<br />

die historische Architektur des Gebäudes,<br />

welches seit 1923 unter Denkmalschutz<br />

steht, bewahrt und zeitgenössische<br />

Designelemente aufnimmt.<br />

Die Umbauarbeiten dauern zwei Jahre<br />

und nicht weniger als 32 Unternehmen<br />

sind daran beteiligt. Rund 15 Millionen<br />

Euro werden verbaut. Die feierliche<br />

Eröffnung findet schließlich am<br />

5. <strong>September</strong> 2003 statt.<br />

So kommt Lille zu einem außergewöhnlichen<br />

Design-Hotel im Herzen<br />

der Innenstadt, nur wenige Minuten<br />

vom Bahnhof und der historischen<br />

Altstadt entfernt, welches vielleicht<br />

als die schönste Herberge der Stadt<br />

gelten kann. Mit 67 Zimmern ist die<br />

L’Hermitage Gantois nur etwas größer<br />

als ein klassisches Boutique-Hotel und<br />

weit entfernt von anonymen Großstadthotels.<br />

Auch zwölf ehemalige<br />

Schlafräume der Nonnen wurden in<br />

Hotelzimmer umgewandelt. Erhalten<br />

blieb zudem die einstige Kapelle, die<br />

Bibliothek und der beeindruckende<br />

Hospizsaal aus dem 15. Jahrhundert.<br />

Jedes Zimmer ist individuell eingerichtet,<br />

zum Teil mit Möbelstücken<br />

großer Designer wie Philippe Starck.<br />

Kulinarisch verwöhnt der Chefkoch<br />

Sébastian Blanchet mit einer innovativen<br />

Speisekarte, die auch regionale<br />

L’Hermitage Gantois<br />

224, rue de Paris<br />

59000 Lille<br />

Telefon: +33 (0)3 20 85 30 30<br />

Fax: +33 (0)3 20 42 31 31<br />

E-Mail:<br />

reservation@hotelhermitagegantois.com<br />

Internet<br />

www.hotelhermitagegantois.com<br />

Zimmerpreise<br />

DZ 195 – 260 €, Suite 390 €, regelmäßige<br />

Sonderangebote im Internet<br />

Hotelausstattung<br />

67 Zimmer, Parkplatz, Bibliothek<br />

Kreditkarten<br />

Visa, MasterCard, AMEX, Diners Club<br />

Spezialitäten vorsieht. Und wer abends<br />

gerne einen Drink einnehmen möchte,<br />

ist in der luftig gestalteten Lobby in<br />

einem überdachten Innenhof bestens<br />

aufgehoben. Die L’Heritage Gantois<br />

ist mit seinen vielen Gängen, Höfen<br />

und Räumen kein Hotel wie jedes andere,<br />

sondern eine kleine Design-Oase<br />

im Großstadtdschungel.<br />

A 26 / E 15<br />

A 25<br />

Dunkerque<br />

Arras<br />

Lille<br />

Lens<br />

Douai<br />

FRANCE<br />

Amiens<br />

A 1 / E 15<br />

A 1 / E 17<br />

A 27<br />

Roubaix<br />

A 23<br />

Cambrai<br />

Gent<br />

BELGIQUE<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 73<br />

Dinard<br />

St Malo<br />

26<br />

St Malo


Boutique<br />

Olivenöl CastelaS<br />

Flasche 0,75 l – 22,90 e<br />

Kanister 1,0 l – 25,95 e<br />

Kanister 3,0 l – 74,00 e<br />

Artisane en Prouvènço<br />

Die Provence – eine Region, die für Lebensfreude und Genuss<br />

steht. Artisane hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses provenzalische<br />

Lebensgefühl durch ein reichhaltiges Sortiment regionaler<br />

Produkte nach Hause zu bringen. Dabei gehört es zur<br />

Philosophie des Unternehmens, durch eine direkte Zusammenarbeit<br />

mit den Herstellern, günstige Preise mit guter Qualität<br />

zu verbinden. Nach der Anfangszeit in Deutschland hat sich<br />

Artisane inzwischen in der Nähe von Avignon und L’Ile-sur-la-<br />

Sorgue angesiedelt, mitten im Herzen der Provence. Alle Produkte<br />

lassen sich bequem im Internet oder telefonisch bestellen. Selbst<br />

spezielle Kundenwünsche werden gerne erfüllt.<br />

Telefon: 0800/5035696 (gebührenfrei aus Deutschland)<br />

Fax: 02389/951067<br />

www.artisane.de<br />

Elisir M.P. Roux<br />

0,375 l – 19,25 e<br />

Pastis Henri<br />

Bardouin<br />

0,75 l – 17,95 e<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Pflegelinie Graine de Pastel<br />

Creme de Cocagne – 24,50 e<br />

Cube de Cocagne 125 g – 5,50 e<br />

Cube de Cocagne 400 g – 11,00 e<br />

Shampoo de Cocagne – 11,00 e<br />

Körpermilch de Cocagne – 14,50 e<br />

Körperöl de Cocagne – 21,50 e<br />

Geschenkset Seifen – 25,00 e<br />

Olivenholzschüsseln<br />

Größe 1 (16 cm) – 38,00 e<br />

Größe 2 (22 cm) – 87,00 e<br />

Größe 3 (25 cm) – 117,00 e<br />

Valdrome<br />

Tischset – 15,80 e<br />

Serviette – 6,30 e<br />

Tischkörbchen – 17,50 e<br />

Quadratischer Teller – 19,50 e<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 75


Art de Vivre Pariser Museen<br />

Paris:<br />

andere Orte<br />

Die Fondation Cartier im 14. Arrondissement von Paris.<br />

Maison de Balzac, Musée national Gustave Moreau und Fondation Cartier pour l’art<br />

contemporain, drei museale Orte außerhalb des Alltagsgeschehens der hektischen<br />

französischen Hauptstadt.<br />

Wenn wir einen gewissen Lebensweg hinter uns<br />

gebracht haben », so heißt es in einer Erzählung<br />

« von Honoré de Balzac, « kennen wir den geheimen<br />

Einfluss, den Orte auf die Beschaffenheit unserer<br />

Seele ausüben. » Jeder kennt sie, diese besonderen Plätze außerhalb<br />

des Alltagsgeschehens. Die « anderen Räume » hat<br />

sie der französische Philosoph Michel Foucault einmal genannt.<br />

Solche Orte muss man suchen. Sie liegen – das macht<br />

sie aus – bisweilen ziemlich versteckt und in jedem Fall abseits<br />

der ausgetretenen Pfade, aber sie bieten ihrem Entdecker<br />

einen bereichernden Blick auf scheinbar Altbekanntes.<br />

Wie kaum eine andere Großstadt ist Paris voll von diesen<br />

ein bisschen geheimnisvollen, diesen ungewöhnlichen<br />

Orten. Oft findet man sie in Form eines kleinen Museums.<br />

In seiner « Gebrauchsanweisung für Paris » nennt der amerikanische<br />

Schriftsteller Edmund White sie die « verlassenen<br />

Schreine für vergessene Götter ». Eine poetische Beschreibung<br />

für Plätze mit einer ganz besonderen Aura, die es zu<br />

entdecken gilt, und die genauso rätselhaft ist, wie die Wirkung,<br />

die von ihnen ausgeht. Schließlich sind es meist ganz<br />

banale Orte, die uns einfach nur ihre Geschichte erzählen<br />

wollen und dadurch zu etwas Besonderem werden.<br />

Einer von ihnen befindet sich im vornehmen Westen der<br />

Stadt, im 16. Arrondissement in einer noblen Wohngegend,<br />

nur einen Steinwurf vom Eiffelturm entfernt. An der Rue<br />

Raynouard, die zu diesem « anderen » Ort führt, reihen sich<br />

die Appartementbauten aneinander; einer beeindruckender<br />

als der andere. Immer wieder sind schöne Innenhöfe, Gärten<br />

und Brunnen durch Torbögen und Einfahrten zu erkennen.<br />

Mitten im Häusermeer dann eine unscheinbare graue<br />

Mauer mit dem Hinweis, dass sich hinter ihr die Maison de<br />

Balzac verbirgt. Nun ist Balzac alles andere als vergessen,<br />

dieser Ort scheint es aber zu sein. Der große Schriftsteller<br />

hatte sich 1840 auf der Flucht vor seinen Gläubigern und<br />

auf der Suche nach einem ruhigen, abgeschiedenen Arbeitsplatz<br />

hierher zurückgezogen und lebte sieben Jahre in<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


einer bescheidenen Wohnung, die heute als sein letzter noch<br />

vorhandener Wohnsitz in Paris zu besichtigen ist.<br />

Diese Wohnung befand sich in einem Nebengebäude<br />

eines Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert und in der Nachbarschaft<br />

kinderreicher Arbeiterfamilien. Die Hoffnung<br />

auf einen ruhigen Arbeitsplatz erfüllte sich also nicht unbedingt.<br />

Auch seine Gläubiger spürten ihn immer wieder auf,<br />

und er nutzte oft den Hinterausgang, um ihnen zu entkommen.<br />

Um ungestört arbeiten zu können, verlegte er seine<br />

Arbeitszeiten in die Nacht, hielt sich mit Kaffee wach, den<br />

er literweise zu sich nahm, und schlief tagsüber einige wenige<br />

Stunden. Er versuchte, den unangenehmen<br />

Besuchen seiner Gläubiger zu entgehen, indem<br />

er sich Monsieur de Brengnol nannte, und wer<br />

diesen antreffen wollte, musste sich mit den<br />

Worten « Ich bringe Brüssler Spitzen » an der<br />

Haustür melden. Kein Wunder, dass Balzac<br />

seinen Aufenthalt in Passy, wie der Stadtteil<br />

auch heißt, wenig angenehm fand.<br />

Heute steht seine Wohnung allen Besuchern<br />

kostenlos offen. Das dort eingerichtete<br />

literarische Museum hat zum Ziel, das Werk<br />

des Schriftstellers durch eine Ausstellung zu<br />

erhellen, und so finden sich hier Portraits großer<br />

Zeitgenossen Balzacs ebenso wie Exponate,<br />

die seine Liebesgeschichte mit Eva Hanska<br />

erzählen. Der interessanteste Raum des Museums,<br />

und ein wirklicher « anderer » Ort, ist<br />

das Schreibzimmer Balzacs, der einzige Raum<br />

Der Maler Gustave Mareau hatte zu Lebzeiten genug Geld, sich ein<br />

eigenes Museum für seine Werke einzurichten.<br />

des Museums, dessen originales Mobiliar noch<br />

vorhanden ist. Hier, in diesem kleinen Zimmer<br />

in einer gewöhnlichen Wohnung in einem noch<br />

damaligen Vorort von Paris also hat der Meister<br />

des französischen realistischen Romans an der Vollendung<br />

der geplanten 137 Bände seiner « Comédie humaine »<br />

gearbeitet. In einem Brief an Eva Hanska, den er im März<br />

1843 in selbigen Zimmer geschrieben hat, spricht er davon,<br />

dass er kaum Zeit für die einfachste Körperpflege fände, da<br />

er täglich 15 bis 18 Stunden arbeite. Selbst diese Zeit reiche<br />

ihm kaum, da er jede Seite bis zu 16-mal überarbeite.<br />

Die Ausstellung zeigt diese exzessive Arbeitsweise anhand<br />

von Druckseiten, die über und über mit handschriftlichen<br />

Korrekturen des Autors beschrieben sind. Oft verbesserte<br />

Balzac seine Texte nicht nur, sondern er verlängerte<br />

Maison de Balzac: Würde man nicht den Eiffelturm sehen, könnte man<br />

sich fast wie auf dem Lande fühlen.<br />

sie, da er nach dem Umfang des Manuskripts<br />

bezahlt wurde. Obwohl – oder vielleicht gerade<br />

weil – Balzac unermüdlich arbeitete, konnte<br />

er seinen Romanzyklus nicht vollenden. 1848<br />

starb er, 51-jährig, und wurde auf dem Friedhof<br />

Père Lachaise beigesetzt. Von der Besessenheit,<br />

mit der er sein Werk vorangetrieben hat, und<br />

von den mitunter extremen Umständen, unter<br />

denen es geschaffen wurde, erfährt der Besucher<br />

seiner Wohnung in Passy mehr, als ein<br />

Vorwort zu seinen Romanen jemals vermitteln<br />

könnte.<br />

Zum Museum gehört ein angenehmer kleiner<br />

Garten, der dazu einlädt, noch einmal innezuhalten,<br />

bevor man in den Großstadtlärm zurückkehrt.<br />

Vielleicht sollte man mal wieder einen<br />

Roman von Balzac zur Hand nehmen. Warum<br />

nicht – trotz seines Umfangs – « Glanz und Elend<br />

der Kurtisanen », entstanden genau hier, an diesem<br />

unscheinbaren Ort, der so viel über seinen<br />

Schöpfer zu erzählen hat. Und spätestens mit diesen<br />

Überlegungen ist man, ehe man sich versieht,<br />

dem Einfluss eines « anderen » Ortes erlegen.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 77


Art de Vivre Pariser Museen<br />

Treppe von einem Atelier zum anderen im<br />

Musée Gustave Moreau.<br />

Aber egal, ob<br />

man nun den Balzac<br />

aus dem Regal holt<br />

oder nicht, wenn man<br />

einmal seine Augen<br />

für die ungewöhnlichen<br />

Orte geöffnet<br />

hat, entdeckt man<br />

sie überall. Im 9. Arrondissement<br />

etwa<br />

findet sich das Musée<br />

national Gustave<br />

Moreau, ein in<br />

vielfacher Hinsicht<br />

besonderes Museum.<br />

Der Maler Gustave<br />

Moreau war schon zu<br />

Lebzeiten eine Legende.<br />

Seine geheimnisvollen<br />

symbolistischen<br />

Gemälde,<br />

die meist biblische,<br />

mythische oder phantastische Inhalte hatten,<br />

beeindruckten seine Zeitgenossen. Er stellte<br />

nicht die Begebenheiten und Schicksale dar,<br />

sondern versuchte das Unergründliche von<br />

Traumzuständen, Schauer und Schrecken auf<br />

die Leinwand zu bannen. Seine Kunst regte<br />

die Phantasie Oscar Wildes an, dessen « Bildnis<br />

des Dorian Gray » deutliche Spuren der<br />

Verehrung des Schriftstellers für den Maler<br />

aufweist. Marcel Proust verfasste « Bemerkungen<br />

zur geheimnisvollen Welt des Gustave<br />

Moreau », in J.K. Huysmans’ « Bibel der<br />

Dekandenz ». In « Gegen den Strich » spielen<br />

seine Gemälde eine Rolle und der junge Claude<br />

Debussy nannte, neben Botticelli, Moreau<br />

als seinen Lieblingskünstler.<br />

Doch Moreau scheint geahnt zu haben,<br />

dass seine Berühmtheit mit seinem Tod verblassen<br />

sollte. Der exzentrische Maler kümmerte<br />

sich lieber selbst um seinen Nachruhm.<br />

Anders als Balzac hatte er mehr als genug<br />

Geldmittel zur Verfügung und verwandelte<br />

das Stadthaus seiner Familie in der Rue de la<br />

Rochefoucauld in ein Museum seiner Werke,<br />

ein in der Kunstgeschichte wohl einmaliger<br />

Vorgang. Obwohl seine Bilder hohe Preise<br />

erzielten, verkaufte er nicht mehr, sondern<br />

konzentrierte sich auf die Einrichtung einer<br />

Dauerausstellung, die er genau so anordnete,<br />

wie er es für ideal hielt. An den Wänden<br />

hängen einige seiner Meisterwerke und für seine über<br />

4.800 Zeichnungen und Skizzen entwarf er eine einzigartige<br />

Ausstellungsmethode. Wie die Seiten eines riesigen<br />

Buches hängen sie in beweglichen Glasschaukästen an den<br />

Wänden. So lässt sich die Entstehung seiner<br />

Bilder anhand ihrer Vorstudien verfolgen.<br />

Nach seinem Tod 1898 vermachte er sein<br />

so ausgestattetes Haus dem französischen Staat<br />

und sein Wunsch nach einem « Musée Gustave<br />

Moreau » ging in Erfüllung, auch wenn sein<br />

Ruhm trotzdem geringer wurde und seine<br />

Bilder lange Zeit als minderwertig abqualifiziert<br />

wurden. 1992 wurde die Ausstellung des<br />

Museums um die Privatwohnung Moreaus<br />

im gleichen Haus erweitert, so dass sich nun<br />

zusätzlich die Möglichkeit bietet, neben dem<br />

Maler die Privatperson zu entdecken. In allen<br />

Räumen spürt man den Geist einer Epoche,<br />

die oft mit den Worten Ästhetizismus, Dekadenz<br />

und Dandytum beschrieben wird – Begriffe,<br />

die verständlich werden, wenn man die<br />

oberflächlich schönen und dennoch seltsam<br />

unergründlich-rätselhaften Bilder Moreaus in<br />

seinem selbstgeschaffenen Museum betrachtet.<br />

Wie gesagt, die Liste der « anderen » Pariser<br />

Orte ist lang und umfasst<br />

weit mehr als nur<br />

die Wohnungen von<br />

Künstlern. Auch liegen<br />

diese Orte nicht<br />

nur in der Vergangenheit,<br />

sondern manchmal<br />

fast schon in der<br />

Zukunft. So steht im<br />

14. Arrondissement<br />

ein spektakulärer Bau<br />

des französischen<br />

Stararchitekten Jean<br />

Nouvel. 1994 hat er<br />

für die Fondation<br />

Cartier pour l’art contemporain,<br />

die Cartier-Stiftung<br />

für zeitgenössische<br />

Kunst,<br />

ein Ausstellungs- und<br />

Bürogebäude am Boulevard<br />

Raspail entworfen.<br />

Das eigentliche<br />

Bauwerk erhebt sich<br />

zwischen gigantischen<br />

Glaswänden,<br />

die es mit ihrer<br />

Transparenz begrenzen.<br />

Doch zwischen<br />

ihnen stehen nicht<br />

nur Mauern, sondern<br />

auch ein lebendiges Kunstwerk, ein Garten fern jeder üblichen<br />

Definition, geschaffen von Lothar Baumgarten.<br />

Weder Landschaftspark noch französischer Garten noch<br />

Skulpturengarten und gleichzeitig all dies, damit bezieht<br />

Von seinen Zeitgenossen wurde Moreau als<br />

Maler nicht ernst genommen.<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Max<br />

e Douai<br />

e Fontaine<br />

Rue Ballu<br />

es<br />

lériot<br />

Rue<br />

agh<br />

l<br />

Avenue Paul Doumer<br />

Ru<br />

Rue<br />

Rue Cortambert<br />

e de l’Annonciation<br />

irabeau<br />

Rue de<br />

Rue<br />

Place<br />

de la pte<br />

d’Auteuil<br />

Nicolo<br />

la Tour<br />

de Passy<br />

Av. de Lamballe<br />

Raynouard<br />

Pont de Grenelle<br />

SEINE<br />

Av de Président Kennedy<br />

Quai André Citroën<br />

Rue<br />

Voie Georges Pompidou<br />

Avenue Émile Zola<br />

Rue de la Convention<br />

Boulevard Suchet<br />

Boulevard de Montmorency<br />

Rue Poussin<br />

d‘Auteuil<br />

ge<br />

Rue Saint Charles<br />

Rue Raffet<br />

Blick in den Garten der Fondation Cartier.<br />

Maison de Balzac<br />

47, rue Raynouard<br />

75016 Paris<br />

Internet<br />

www.paris-france.org/musees/balzac<br />

Öffnungszeiten<br />

Di - So 10.00 – 18.00 Uhr<br />

An Feiertagen geschlossen<br />

Eintrittspreise<br />

Der Eintritt zur Dauerausstellung ist frei<br />

Rue<br />

16 .<br />

15.<br />

R de l’Yvette<br />

Avenue<br />

17.<br />

8.<br />

7.<br />

Rue du Ranelagh<br />

Mozart<br />

de l’Assomption<br />

Rue Ribera<br />

Rue La<br />

Rue de Remusat<br />

Av Théophile<br />

Ru<br />

e Mirabeu<br />

1. 2. 3.<br />

4.<br />

6.<br />

14.<br />

18 .<br />

9. 10 .<br />

5.<br />

13 .<br />

Fontaine<br />

19.<br />

11.<br />

Gautier<br />

Av Perrichont<br />

Rue des Vignes<br />

ou<br />

12 .<br />

20.<br />

Rue de Boulainvilliers<br />

Rue<br />

Quai Louis Blériot<br />

Avenue de Versailles<br />

Rue<br />

Rue Cortambert<br />

Avenue Paul Doumer<br />

Ru<br />

Pont Mirabea<br />

Rue de<br />

e de l’Annonciation<br />

Rue<br />

Nicolo<br />

la Tour<br />

de Passy<br />

Av. de Lamballe<br />

SEINE<br />

Raynouard<br />

Pont de Grenelle<br />

Av de Président Kennedy<br />

Quai André Citroën<br />

Voie Georges Pompidou<br />

Rue Olivier de Serres<br />

Boulevard Lefebvre<br />

Avenue<br />

Rue<br />

ile Zola<br />

Rue de Dantzig<br />

Albert Bartholomé<br />

Boulevard Perip<br />

Dombasle<br />

Musée national<br />

Gustave Moreau<br />

14, rue de la Rochefoucauld<br />

75009 Paris<br />

Internet<br />

www.musee-moreau.fr<br />

Öffnungszeiten<br />

Mi – Mo 10.00 – 12.45 & 14.00 – 17.15 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

4 €, ermäßigt 2,60 € (sonntags ermäßigter<br />

Eintrittspreis für alle Besucher)<br />

16 .<br />

15.<br />

Place<br />

de l’Europe<br />

Parc Georges<br />

Brassens<br />

n Bleuzen<br />

17.<br />

8.<br />

7.<br />

Gare<br />

St-Lazare<br />

1. 2. 3.<br />

4.<br />

6.<br />

14.<br />

18 .<br />

9. 10 .<br />

5.<br />

Rue<br />

Rue de Liège<br />

13 .<br />

19.<br />

11.<br />

12 .<br />

20.<br />

Rue Londres<br />

Rue de Clichy<br />

Rue Saint Lazare<br />

Rue des Morillons<br />

Rue Brancion<br />

R d’Alleray<br />

Rue des Volontaires<br />

Rue de<br />

Rue de Vouillé<br />

R P. Barruel R St Armand<br />

Rue Castagnary<br />

nves<br />

lia Bartet<br />

R Labrouste<br />

R. Joubert<br />

Place<br />

Max<br />

Rue Ballu<br />

Rue Moncey<br />

R Dudot R Dr Roux<br />

Rue Falguière<br />

Rue Vercingétorix<br />

Boulev<br />

Rue<br />

Rue de Douai<br />

Rue Blanche<br />

Rue Raymond Losserand<br />

Place<br />

Blanche<br />

Rue Fontaine<br />

Rue Chaptal<br />

Bd Pasteur<br />

la Procession Rue de Gergovie<br />

R de La Rochefoucauld<br />

Rue St Lazare<br />

de Chateaudun<br />

Rua de la Victoire<br />

Rue d’Alésia<br />

Rue P. Larousse<br />

Rue Pernety<br />

Rue Didot<br />

R du Ctd Mouchotte<br />

R Vercingétorix<br />

R Jean Zay<br />

R du Châteu<br />

16 .<br />

15.<br />

17.<br />

Rue de Quest<br />

8.<br />

7.<br />

Avenue du Maine<br />

Place<br />

de l’Europe<br />

1. 2. 3.<br />

4.<br />

6.<br />

14.<br />

18 .<br />

9. 10 .<br />

5.<br />

13 .<br />

11.<br />

Cimentière du<br />

Montparnasse<br />

Rue Froidevaux<br />

Gare<br />

St-Lazare<br />

19.<br />

12 .<br />

20.<br />

Rue de Liège<br />

Rue Londres<br />

Rue Notre Dame<br />

Boulevard Raspail Boulevard Raspail<br />

des Champs<br />

Rue Vavin<br />

Rue d’Assas<br />

Boulevard du Montparnasse<br />

R Huyghens<br />

R Campagne<br />

Rue E. Richard<br />

Rue de Clichy<br />

Rue Saint Lazare<br />

R. Joubert<br />

Première<br />

Rue Moncey<br />

sich der Künstler mit dem Titel « Theatrum<br />

Botanicum » auf die Tradition der mittelalterlichen<br />

Klostergärten, die er effektvoll in<br />

die Zukunft führt. Auch sein Garten liegt<br />

hinter Mauern, aber diese Mauern sind aus<br />

Glas und so verbindet sich seine Pflanzenwelt<br />

aus über 200 verschieden einheimischen<br />

Gewächsen und Bäumen harmonisch<br />

mit der transparenten Architektur und der<br />

ausgestellten Kunst in immer wieder neuen<br />

Perspektiven. Ein wahrhaft ungewöhnlicher<br />

Ort, eine grüne Oase der Kunst ganz in der<br />

Nähe des verkehrsreichen Platzes Denfert-<br />

Rochereau. Zu erleben ist sie immer wieder<br />

neu in Verbindung mit den jährlich fünf<br />

Ausstellungen, die in den Räumen der Stiftung<br />

gezeigt werden.<br />

Künstler und Architekten nehmen Einfluss<br />

auf unsere Sichtweisen, indem sie die<br />

Magie eines « anderen » Ortes spielen lassen.<br />

So unterschiedlich die drei besuchten Museen<br />

auf den ersten Blick scheinen, etwas<br />

haben sie doch gemeinsam: Sie eröffnen<br />

eine neue Perspektive. Man verlässt sie ein<br />

bisschen nachdenklich und tritt manchmal<br />

nur ungern wieder in die Wirklichkeit ein,<br />

die man für einen Moment mit anderen Augen<br />

gesehen hat.<br />

Fondation Cartier pour<br />

l’art contemporain<br />

261, boulevard Raspail<br />

75014 Paris<br />

Internet<br />

www.fondation.cartier.fr<br />

Öffnungszeiten<br />

Di – So 12.00 – 20.00 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

6,50 €, ermäßigt 4,50 €<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 79<br />

Rue<br />

Rue Blanche<br />

Rue Chaptal<br />

R de La Rochefoucauld<br />

Rue St Lazare<br />

de Chateaudun<br />

Rua de la Victoire


Art de Vivre Kulturprogramm<br />

Supernova<br />

Reims, bis 31.10.<strong>2006</strong><br />

Foire Européenne<br />

Straßburg, 01. – 11.09.<strong>2006</strong><br />

Festival der<br />

Kathedralen<br />

Picardie, 02.09. – 14.10.<strong>2006</strong><br />

Das dritte Jahr in Folge lädt die<br />

Ausstellung « Supernova » in die<br />

Hauptstadt der Champagne ein.<br />

30 Meter unter der Erde, in den<br />

Kellern des Champagnerherstellers<br />

Pommery, entfaltet sich diese<br />

futuristische Veranstaltung, die<br />

laut Organisator « keinem klaren<br />

Konzept folgt ». 38 internationale<br />

Künstler präsentieren ihre Werke<br />

und entführen in die Science-Fiction-Welt.<br />

Dabei stößt man bei<br />

einem Besuch auf fast das gesamte<br />

Spektrum der plastischen Kunst,<br />

von der geometrischen Malerei bis<br />

hin zu surrealistischen Skulpturen,<br />

von der minimalen Abstraktion<br />

bis hin zu Pop. Für wen diese<br />

Ausstellung zu futuristisch ist, der<br />

kann sich am Ausgang auf ein Glas<br />

Champagner freuen.<br />

Domaine Pommery<br />

5, place du Général Gouraud<br />

51100 Reims<br />

Telefon: +33 (0)3 26 61 62 56<br />

Öffnungszeiten<br />

Täglich 10.00 – 18.00 Uhr.<br />

Eintrittspreise<br />

8 €, einschließlich einem Glas Champagner.<br />

Zum 74. Mal bittet die « Foire<br />

Européenne » in Straßburg zum Besuch.<br />

Letztes Jahr fanden mehr als<br />

210.000 Menschen für diesen Anlass<br />

den Weg ins Elsass. Allein der<br />

« Schlemmergarten » ist eine Reise<br />

wert: Diverse Spezialitäten verwöhnen<br />

dort die Gaumen der Besucher.<br />

Vielleicht ist dies auch ein Grund, warum<br />

93 Prozent der Gäste erklären,<br />

mit ihrem Besuch auf der Messe sehr<br />

zufrieden zu sein. Im Laufe der Jahre<br />

ist der Salon zu einem Treffpunkt<br />

der Generationen geworden, bei dem<br />

jeder nach seinem Geschmack und<br />

seinen Interessen ein attraktives Angebot<br />

vorfindet: Shopping, Schlemmen,<br />

Reisen etc. Das diesjährige<br />

Ehrengastland heißt Russland.<br />

Parc des expositions du Wacken<br />

Place de Bordeaux<br />

67082 Strasbourg<br />

Internet<br />

www.foireurop.com<br />

Öffnungszeiten<br />

Täglich 10.00 – 19.00 Uhr, samstags bis<br />

22.00 Uhr.<br />

Eintrittspreise<br />

6 €, ermäßigt 4 €, Kinder bis 6 Jahre frei.<br />

06.09. & 11.09. 3 € für jeden.<br />

Es ist eine einmalige Möglichkeit,<br />

das reiche Erbe der Region<br />

anhand zahlreicher Konzerte der<br />

Spitzenklasse kennenzulernen.<br />

Das Festival der Kathedralen stellt<br />

bereits seit 19 Jahren eine Brücke<br />

von der gotischen Architektur der<br />

Picardie zu einem anspruchsvollen<br />

Konzertprogramm mit historischen<br />

Instrumenten dar. Die Veranstaltungen<br />

finden in den schönsten<br />

Kathedralen der Region statt und<br />

richten sich an den fortgeschrittenen<br />

Musikliebhaber genauso<br />

wie an den Musiklaien. Weltweit<br />

bekannte Künstler treffen sich zu<br />

einer « musikalischen Reise », einer<br />

« Woche der Renaissance » oder<br />

einem internationalen Wettbewerb<br />

von Kirchenchören.<br />

Diverse Veranstaltungsorte<br />

Programm und Informationen<br />

Festival des Cathédrales de Picardie<br />

53, rue de l’Amiral Courbet<br />

80000 Amiens<br />

Telefon: +33 (0)3 22 22 44 94<br />

www.festivaldescathedrales.com<br />

Eintrittspreise<br />

Konzerte für 9 – 20 €, Abonnement für<br />

4 Konzerte 45 €, Dauerkarten 50 – 1<strong>05</strong> €.<br />

.<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Internationaler<br />

Automobilsalon<br />

Paris, 30.09. – 15.10.<strong>2006</strong><br />

85. Prix de l’Arc de<br />

Triomphe<br />

Paris, 01.10.<strong>2006</strong><br />

Lille 3000<br />

Lille, 14.10.<strong>2006</strong> – 14.01.2007<br />

Mit mehr als 1,4 Millionen Besuchern,<br />

mehr als 500 Marken aus<br />

mehr als 30 Ländern und mehr als<br />

11.000 Journalisten aus 98 Ländern<br />

ist der Internationale Automobilsalon<br />

in Paris die meist besuchte und<br />

mediatisierte Automesse der westlichen<br />

Welt. Die Automobilhersteller<br />

nutzen die Messetage gerne zur<br />

Vorstellung oder Ankündigung von<br />

neuen Modellen und Prototypen.<br />

Für die Besucher ist es die Chance,<br />

sich ihren sonst nicht erreichbaren<br />

Traumautos zu nähern. Doch der<br />

Salon führt jedes Jahr auch wieder<br />

zu endlosen Staus im Pariser Westen.<br />

Also lieber mit den öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln anreisen...<br />

Parc des expositions de Paris<br />

Place de la Porte de Versailles<br />

75015 Paris<br />

Internet<br />

www.mondial-automobile.com<br />

Öffnungszeiten<br />

Di – Fr 10.00 – 22.00 Uhr, Sa – Mo 10.00<br />

– 20.00 Uhr, Nutzfahrzeugausstellung<br />

täglich bis 20.00 Uhr.<br />

Eintrittspreise<br />

12 €, Kinder bis 12 Jahre frei.<br />

Kartenvorverkauf im Internet.<br />

Seit dem Jahre 1920 rückt die<br />

traditionsreiche Pferderennbahn von<br />

Longchamp im Pariser Westen an<br />

jedem ersten Wochenende im <strong>Oktober</strong><br />

ins Rampenlicht. Der renommierte<br />

Preis lockt die besten Pferde<br />

aus der ganzen Welt an. Das Finale<br />

gilt als das beste Galopprennen der<br />

Welt und findet auf einer Strecke<br />

von 2.400 Metern statt. Doch neben<br />

der sportlichen Bedeutung ist das<br />

Rennen von Longchamp auch ein<br />

gesellschaftliches Ereignis. Jedes<br />

Jahr wird es von mehr als einer Milliarde<br />

Fernsehzuschauern auf der<br />

ganzen Welt verfolgt.<br />

Hippodrome de Longchamp<br />

Route des Tribunes<br />

Bois de Boulogne<br />

75116 Paris<br />

Telefon: +33 (0)1 44 30 75 00<br />

Internet<br />

www.prixarcdetriomphe.com<br />

Veranstaltungszeiten<br />

Das Rennen beginnt um 13.30 Uhr,<br />

Einlass ab 11.00 Uhr.<br />

Eintrittspreise<br />

8 €, für Senioren über 60 Jahre und<br />

Studenten 4 €, Kinder bis 18 Jahre<br />

und Frauen mit Hüten frei.<br />

Mit dem Projekt Lille 3000 will<br />

die Stadt an den sensationellen Erfolg<br />

der Europäischen Kulturhauptstadt<br />

im Jahre 2004 anschließen.<br />

Es handelt sich um ein kulturelles<br />

Großereignis, das sich alle zwei Jahre<br />

mit der Modernität und den Weltkulturen<br />

befasst und dabei Künstler,<br />

Besucher und Einheimische in<br />

Kontakt bringen soll. In diesem Jahr<br />

dreht sich auf dem Festival alles um<br />

Indien. Diverse Veranstaltungen,<br />

Ausstellungen, Kunstinstallationen,<br />

Filmvorführungen etc. finden an<br />

verschiedenen Ecken der Stadt statt.<br />

Am 14. <strong>Oktober</strong> geht es mit « Diwali<br />

», dem Fest des Lichtes, welches ein<br />

wichtiges Ereignis in Indien ist, los.<br />

Anschließend wird sich Lille drei<br />

Monate lang ganz indisch geben.<br />

Diverse Veranstaltungsorte<br />

Programm und Informationen<br />

www.lille3000.com<br />

Eintrittspreise<br />

Tageskarte 15 €, 2-Tagekarte 30 €,<br />

3-Tagekarte 45 €. Die Tageskarten<br />

erlauben neben dem Eintritt zu<br />

den Veranstaltungen von Lille 3000<br />

auch die kostenlose Benutzung der<br />

öffentlichen Nahverkehrsmittel.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 81


Art de Vivre Kulturszene<br />

CDs<br />

Raphaël:<br />

Caravane<br />

Coup de boule<br />

Es ist der Sommer-Hit in Frankreich. Dabei war das Lied am Anfang als Witz<br />

gedacht: Zwei Brüder komponieren diesen Song mit humorvollem Text am<br />

Tag nach dem verlorenen WM-<br />

Fußballfinale und dem Kopfstoß<br />

von Zidane, um damit Freunde<br />

zum Lachen zu bringen. Doch<br />

noch am selben Abend läuft<br />

das Lied auf einem der großen<br />

Radiosender und am nächsten<br />

Tag rufen bereits die Musikbosse<br />

an. Warner unterbreitet das<br />

beste Angebot und in nur 48<br />

Stunden wird die Single produziert<br />

und kommerzialisiert.<br />

Bereits ein Rekord für sich...<br />

Raphaël hat <strong>2006</strong> gleich<br />

dreimal die « Victoires de la<br />

Musique » gewonnen, und<br />

zwar als bester männlicher<br />

Sänger, für das beste Chanson-Album<br />

und mit dem Lied « Caravane » für den<br />

originellsten Chanson. Geboren 1975 als<br />

Sohn einer argentinischen Mutter und<br />

eines halb marokkanisch-jüdischen, halb<br />

russischen Vaters wirft er einen besonders<br />

romantischen Blick auf die Welt.<br />

Filme<br />

Corneille:<br />

Les marchands<br />

de rêves<br />

Corneille wurde 1977<br />

in Deutschland geboren. 1984 entdeckt er<br />

sein Heimatland – Ruanda. Neun Jahre später<br />

wird seine Karriere als Sänger plötzlich durch<br />

den Ausbruch des Bürgerkrieges gestoppt.<br />

1997 zieht er nach Montreal in Kanada. Seine<br />

Lieder handeln von der Liebe und verstorbenen<br />

Landsleuten. Die Texte sind rührend wie in<br />

« Reposez en paix » oder ein Aufruf zum Frieden<br />

wie in « Le bon Dieu est une femme ».<br />

In den Süden<br />

Frankreich 20<strong>05</strong>, 1<strong>05</strong> Minuten<br />

• Originaltitel « Vers le Sud » •<br />

Ein Film von Laurent Cantet<br />

mit Charlotte Rampling, Louise<br />

Portal und Karen Young •<br />

Kinostart: 21. <strong>September</strong> <strong>2006</strong>,<br />

im Verleih von Alamode<br />

Haiti in den späten 70er Jahren – Sonne, Meer und Sex. Das<br />

verheißt für die drei Nordamerikanerinnen Ellen, Brenda und Sue<br />

ein abwechslungsreiches Intermezzo. Einsam und vernachlässigt<br />

von den Männern in ihrer Heimat, können sie auf Haiti für ein paar<br />

Wochen ihre sexuellen Sehnsüchte ohne Scham ausleben. Und<br />

zwar durch die Dienste einiger gutaussehender einheimischer<br />

junger Männer. Doch die Harmonie im Garten Eden beginnt zu<br />

bröckeln, als sich zwei Frauen in denselben Mann verlieben.<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Buch<br />

Pierre Michon: Leben der kleinen Toten<br />

244 Seiten, Suhrkamp<br />

In « Leben der kleinen Toten » erzählt Pierre Michon von Menschen, die ohne ihn<br />

wohl kaum einen Biographen gefunden hätten und die mit dem Ende ihres Daseins<br />

sang- und klanglos verschwunden wären. Da ist zum Beispiel jener an Kehlkopfkrebs<br />

erkrankte Bauer, der sich weigert, in ein Pariser Krankenhaus eingeliefert zu werden,<br />

wo er behandelt und geheilt werden könnte. Von allen Seiten bedrängt, offenbart er<br />

schließlich den Grund seiner Weigerung: « Ich bin Analphabet. » Er spürt: Krankenhäuser<br />

und moderne Behandlungsmethoden sind nicht für Leute wie ihn gemacht, die noch<br />

nicht einmal ein Einlieferungsformular ausfüllen können. Auf wunderbare Weise gelingt<br />

es Pierre Michon, Menschen aus kleinen, meist bäuerlichen Verhältnissen zu porträtieren,<br />

ohne ihrem Elend auch nur eine Spur von malerischer Idylle anhaften zu lassen.<br />

Ein perfekter Platz<br />

Frankreich <strong>2006</strong>, 1<strong>05</strong> Minuten • Originaltitel<br />

« Fauteuil d’orchestre » • Ein Film von Danièle<br />

Thompson mit Cécile de France, Valérie Lemercier,<br />

Albert Dupontel, Claude Brasseur, Dani und Christopher<br />

Thompson • Kinostart: 31. August <strong>2006</strong>, im<br />

Verleih von Tobis Film<br />

Jessica, eine junge Frau aus der Provinz, zieht<br />

spontan nach Paris – quasi auf den Spuren ihrer<br />

geliebten Großmutter, die ihr Leben lang als<br />

Toilettenfrau in Pariser Luxushotels gearbeitet<br />

hat. Jessica ist voller Optimismus, Begeisterung<br />

und Tatendrang. Doch in der Hauptstadt<br />

Arbeit und Unterkunft zu finden, gestaltet sich<br />

schwieriger als erwartet. Sie ergattert schließlich<br />

einen Job als Aushilfskellnerin in einem kleinen<br />

Bistro in der luxuriösen Avenue Montaigne. Dort<br />

lernt Jessica in den folgenden Tagen eine Handvoll faszinierender Menschen kennen.<br />

Zufallsbegegnungen, die nicht nur Jessicas Leben prägen und verändern werden,<br />

sondern auch das Leben der anderen... Als der Film im Frühjahr <strong>2006</strong> auf Anhieb die Spitze<br />

der französischen Kino-Hitparade eroberte, lobte ihn die einheimische Presse einhellig.<br />

Inzwischen sahen nahezu 2 Millionen Franzosen den dritten Film von Danièle Thompson.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 83


Art de Vivre Wein<br />

Champagner:<br />

Lebensgenuss pur<br />

Er verzaubert durch seinen Mythos<br />

und sein tanzendes Perlenspiel.<br />

Kaum ein anderes Getränk<br />

gilt derart als Synonym für Luxus<br />

und High Society. Heute lebt gar<br />

eine ganze Region von seinem<br />

legendären Ruf. Auf den Spuren<br />

dieses edlen Schaumweines aus<br />

der Champagne.<br />

Bereits die Geschichte des Champagners ist einzigartig. Alles soll<br />

auf Saint Rémi zurückgehen, den Bischof von Reims, der am<br />

Ende des 5. Jahrhunderts König Chlodwig taufte und als neue<br />

Idee Wein der Region aus einem leeren Fass fließen ließ und damit den<br />

Geschmack der Menschen traf. Es war sicherlich auch ein glücklicher<br />

Umstand, dass von 898 bis 1825 in Reims, der Hauptstadt der Champagne,<br />

die französischen Könige gekrönt wurden. So konnten zu diesen Anlässen<br />

der französische Adel und ausländische Herrscher zugleich die<br />

Weine der Champagne kennen und schätzen lernen, denn die Krönungszeremonien<br />

wurden von üppigen Festmählern begleitet. Im Mittelalter<br />

wurden zudem Handelsmessen in der Region veranstaltet. So hatten auch<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Kaufleute aus der ganzen Welt die Möglichkeit, den Wein aus der Champagne<br />

zu kosten.<br />

Im Laufe der Geschichte entwickelte sich der Champagner immer<br />

mehr zu einem Wein für Festlichkeiten und wichtige Ereignisse. Auf<br />

dem Wiener Kongress 1814/15 soll er allgegenwärtig gewesen sein<br />

und die Stimmung der Teilnehmer fürstlich aufgeheitert haben. Die<br />

Dichterzunft erklärte den Champagner zudem zum Wein des Geistes.<br />

So meinte Voltaire: « Die perlende Frische dieses Weines offenbart<br />

der Franzosen heitere Lebensart ». Alexandre Dumas gab an, ein Glas<br />

Champagner stets neben seinem Tintenfass zu haben. Heute lässt sich<br />

keine große Begebenheit mehr ohne Champagner vorstellen. Egal, ob<br />

die Geburt eines Kindes, die Begrüßung eines neuen Jahres, die Taufe<br />

eines Schiffes oder die Unterzeichnung eines wichtigen Vertrages, das<br />

Anstoßen mit einem Glas Champagner wurde zum festen Ritual und<br />

zugleich Sinnbild eines ausgelassenen Lebensstils.<br />

Verändert hat sich im Laufe der Zeit jedoch der Geschmack des edlen<br />

Getränks. Im 18. Jahrhundert war der Wein aus der Champagne noch<br />

wesentlich süßer, zu vergleichen mit einem halbtrockenen Champagner<br />

von heute. Damals galt er bereits als ein Wein, der auch ohne Speisen<br />

eingenommen werden konnte. Meist wurde er zu Desserts gereicht. Ein<br />

Jahrhundert später trank man ihn dann vor allem zum Auftakt eines<br />

Essens, bis die weniger süßen, feinherben Champagner (brut) entwickelt<br />

wurden, die man auch durchgängig während des Essens trinken<br />

konnte. Das Produkt der Trauben von damals ist mit dem Champagner<br />

von heute ohnehin kaum zu vergleichen. Die heutigen Kellermeister<br />

verfügen über eine größere Expertise als ihre Vorfahren, den natürlichen<br />

Gärungsprozess des Weins zu steuern, dabei seine Klarheit zu erhalten<br />

und seine Launen zu kontrollieren.<br />

Eine besondere Rolle bei der Champagner-Herstellung spielt natürlich<br />

auch die Region, aus der er kommt. In der Champagne zwischen<br />

Paris im Westen und Lothringen im Osten liegen die Weinberge auf<br />

einer dicken Kreideschicht, die dem empfindlichen Weinstock ihre gespeicherte<br />

Wärme und Wasser abgibt, ihn so ernährt und gleichzeitig<br />

schützt. So erhalten die Trauben das einzigartige Aroma. Die hügelige<br />

Landschaft, durch die die Weinstöcke die optimale Sonneneinstrahlung<br />

bekommen, ist für das Gedeihen der Trauben ebenfalls von großer<br />

Bedeutung. Anschließend kann der Champagner tief im Inneren der<br />

Kreideschicht in einem 250 Kilometer langen Netz aus unterirdischen<br />

Tipps zum Champagner-Genuss<br />

Aufbewahren:<br />

Einige Jahre lagern sollte man Champagner<br />

nur kühl und lichtgeschützt. Eine Lagerung ist<br />

jedoch nicht notwendig, weil der Reifeprozess<br />

bereits beim Hersteller stattgefunden hat.<br />

Kühlen:<br />

Champagner sollte gekühlt getrunken werden,<br />

jedoch niemals eiskalt. Die optimale Temperatur<br />

von 8-10 Grad erreicht Champagner<br />

nach rund 20 Minuten in einem Eiskübel<br />

oder 20 Minuten liegend im Kühlschrank.<br />

Tiefkühltruhen werden nicht empfohlen.<br />

Öffnen:<br />

Den Drahtkorb entfernen, den Korken in die<br />

Hand nehmen und die Flasche aufrecht um<br />

sich selbst drehen. Dann entkorkt sich der<br />

Champagner wie von selbst.<br />

Servieren:<br />

Champagner wird gerne als Aperitif getrunken,<br />

kann aber auch während eines Essens<br />

und zu jeder Tages- und Nachtzeit genossen<br />

werden.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 85


Art de Vivre Wein<br />

Weinkellern hervorragend vor Licht geschützt und ohne<br />

Temperaturschwankungen reifen. Ein weiterer Faktor für<br />

den besonderen Geschmack sind die drei verwendeten<br />

Rebsorten, die sich den örtlichen Begebenheiten ideal<br />

anpassen. Die weiße Traube Chardonnay gibt dem Wein<br />

Leichtigkeit und Frische, während die blaue Traube Pinot<br />

Noir Körper und Langlebigkeit hinzufügt. Schließlich ergänzt<br />

die ebenfalls blaue Traube Pinot Meunier das Aroma<br />

der Frucht und Jugend.<br />

Diese speziellen Merkmale findet man nur in der<br />

Champagne. Die Anbaugebiete von insgesamt 34.165<br />

Hektar Fläche lassen sich in vier große Regionen einteilen:<br />

Die Montagne de Reims, wo sich die Weinberge im Naturschutzgebiet<br />

befinden, das Marne-Tal, in dem die Weinhänge<br />

links und rechts des Flusses liegen, die Côte des Blancs,<br />

deren Weinberge sich an der Felswand entlangschlängeln,<br />

und die Côte des Bar, wo die Hänge sanfter abfallen. Die<br />

Region Champagne, eine alte französische Provinz, gab<br />

dem Champagner seinen Namen. So gilt bis heute: Es gibt<br />

keinen Champagner, der nicht in der Champagne hergestellt<br />

worden ist. Dies basiert auf der Grundlage eines Gesetzes<br />

von 1927, welches die Grenzen des Weinbaugebiets,<br />

einzelne Flurstücke und Parzellen festlegt. Dabei wurde<br />

die Weinbaugeschichte der einzelnen Weinorte sehr genau<br />

berücksichtigt. Heute kümmert sich der Champagner-<br />

Gesamtverband, das « Comité Interprofessionel du Vin de<br />

Champagne », darum, die Einzigartigkeit der Appellation<br />

zu schützen.<br />

Der Champagner selbst entsteht schließlich im Weinkeller.<br />

Dort wird der Saft in Weinfässer oder Gärbehälter<br />

gefüllt, wo durch die Umwandlung von Zucker in Alkohol<br />

die erste Gärung stattfindet. Nach einigen Monaten wird<br />

durch die streng geheime Mischung verschiedener Jahrgänge,<br />

Rebsorten und Lagen eine harmonische und individuelle<br />

Cuvée hergestellt. Jede Cuvée unterscheidet sich, und die<br />

einzelnen Kellermeister hüten ihr Geheimnis genau. Auf<br />

dem Etikett tragen die Weine fast immer die Namen ihrer<br />

Hersteller. Dies zeugt davon, dass jeder Champagner eine<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Champagner-Familien<br />

Wenn man sich genauer mit den<br />

unterschiedlichen Sorten befasst, kann<br />

man die ganze Vielfalt wahrnehmen, die<br />

in der Welt des Champagners existiert. So<br />

können die Sinne des Menschen diverse<br />

Merkmale wahrnehmen: Über die Augen<br />

werden die Blässe eines leichten Weines<br />

von der Dichte eines reifen, goldenen Typs<br />

unterschieden. Die Nase differenziert holzige<br />

Aromen gegenüber Zitrusfrüchten, Veilchen<br />

oder Mandelaromen. Im Mund erkennt<br />

letztendlich der Gaumen die Frische und<br />

die Länge, die der Champagner bleibt. So<br />

unterscheidet man die Merkmale von vier<br />

Champagnerfamilien:<br />

Champagner mit viel Körper<br />

Sinnlich, kraftvoll, rund und sehr intensiv, Holz<br />

kann durchgeschmeckt werden, Gewürze<br />

und rote Früchte<br />

Champagner mit viel Esprit<br />

Lebendig, leicht und voller Zartheit, Pflanzenoder<br />

Zitrusaromen<br />

Champagner mit Herz<br />

Warm, sehr harmonisch, vollmundig, Aromen<br />

von Gebäck, Zimt, Honig, eher Rosé oder<br />

halbtrockene Weine<br />

Champagner mit Seele<br />

Diese sind vollends gereift, komplex und sehr<br />

gehaltvoll, Aromen von Gewürzen, häufig<br />

Spezial-Cuvées und seltene Jahrgangsweine<br />

Eigenkreation ist, die sich in Stil, Persönlichkeit<br />

und Tradition von anderen unterscheidet.<br />

Nur wenn der Wein eines Jahrgangs besonders<br />

gut ist, wird die Cuvée ausschließlich aus<br />

diesem Wein hergestellt und dann Millésimé<br />

genannt. Ein Blancs de Blancs enthält in diesem<br />

Fall ausschließlich Chardonnay-Trauben,<br />

während ein Blancs de Noirs aus Pinot Noir und<br />

Pinot Meunier gewonnen wird.<br />

Das Abfüllen in Flaschen bezeichnet man<br />

als « Abziehen ». Dabei werden Hefe und Zucker<br />

zugefügt, womit eine langsamere, zweite<br />

Gärung in den Flaschen initiiert wird, die 15<br />

Monate bis mehrere Jahre dauert und während<br />

dieser der typische Schaum entsteht. Im<br />

Anschluss wird « degorgiert ». Dabei wird das<br />

bei der Gärung gebildete Hefedepot aus der<br />

Flasche genommen und der dadurch verlorene<br />

Wein mit Champagner und Rohrzucker<br />

aufgefüllt. Die Menge des Zuckers hängt<br />

von der jeweiligen Sorte ab, ob brut, sec oder<br />

demi-sec. So ist der Champagner fertig für den<br />

endgültigen Schliff: den mit dem Drahtkorb<br />

befestigten Korken, eine Kapsel aus Zinnfolie,<br />

eine Halskrause und ein Etikett. Durch diese<br />

Elemente erlangt die Champagnerflasche ihr<br />

ganz typisches Aussehen. Die Flasche selbst<br />

ist dick und dunkel, damit die Schaumbildung<br />

ohne Gefahr verläuft und der Wein vor Licht<br />

geschützt wird. Durch einen aufwendigen<br />

Prozess ist so das Lieblingsgetränk vieler Genießer<br />

entstanden.<br />

Doch nicht nur die Champagner-Produktion<br />

ist ein Grund für eine Reise in die Champagne.<br />

So gibt es in der hochgelobten Region<br />

auch abseits der Weingüter viel zu entdecken.<br />

Neben der wunderschönen Landschaft und<br />

dem Anblick der Weinberge locken berühmte<br />

und historische Orte wie Reims, die Stadt der<br />

Königskrönungen, oder Epernay, welches im<br />

Herzen der Region liegt und als Hauptstadt<br />

des Champagners gilt. Man kann Troyes besichtigen,<br />

die Stadt aus dem Mittelalter, oder<br />

Château-Thierry, Heimatort von Jean de la<br />

Fontaine. Dabei entdeckt man allerlei romantische<br />

Gärten, historische Kirchen, gotische<br />

Kathedralen, ländliche Häuser und aristokratische<br />

Güter. Und natürlich Champagner!<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 87


Art de Vivre Restaurant<br />

A Pineta – Strandlounge<br />

Bereits die Anreise stimmt einen verheißungsvoll. Die<br />

D 55, auf der man die korsische Hauptstadt in Richtung<br />

Süden verlässt, folgt beständig dem Küstenverlauf<br />

und ermöglicht immer wieder fantastische Ausblicke auf<br />

den Golf von Ajaccio. Nach rund 20 Minuten erreicht man<br />

auf der rechten Seite einen Parkplatz. Allerdings muss man<br />

hier sein Auto nicht selbst parken. Ganz in Schwarz gekleidete<br />

Angestellte des Hauses nehmen freundlich den Autoschlüssel<br />

in Empfang und erledigen diese Aufgabe für die<br />

Gäste. Ein Hauch von Luxus und Exklusivität liegt in der<br />

Luft, wie man ihn sonst nur selten auf Korsika findet.<br />

Man sollte vielleicht sagen, dass man ins A Pineta vor<br />

allem aus zwei Gründen kommt: Erstens die wunderbare<br />

Lage an einem der feinsten und weißesten Strände der<br />

Insel und zweitens das moderne Design dieser Luxuslounge.<br />

Bereits von weitem verkünden die weißen Flaggen<br />

mit der Aufschrift des Restaurants, dass man sich<br />

hier der Schönheit materieller Gegenstände verpflichtet<br />

fühlt. Lounge, Strandbar, Restaurant – das A Pineta bietet<br />

alles in einem. Die « Terrasse » ist in verschiedene Zonen<br />

eingeteilt: Im vorderen, zur Straße gelegenen Bereich<br />

laden gemütliche Sessel zu einem Drink bzw. Tischgruppen<br />

aus Teakholz zum Genuss einer Kleinigkeit ein. Im<br />

hinteren Abschnitt, dem Meer zugewandt, können es<br />

sich die Gäste dagegen auf komfortablen Liegen unter<br />

Sonnenschirmen aus Stroh bequem machen. Auch im<br />

Innenbereich der Lounge fühlt sich jeder Designliebhaber<br />

auf Anhieb wohl, aber wer möchte auf Korsika schon<br />

drinnen sitzen...?<br />

Hat man es sich erst einmal gemütlich gemacht, gleitet<br />

der Blick immer wieder auf das dunkelblaue Wasser des<br />

Golfs von Ajaccio. In der Ferne, auf der anderen Seite der<br />

Bucht, sieht man die Skyline der korsischen Hauptstadt.<br />

Dahinter ragen die Berge des Hinterlandes in die Höhe.<br />

Unter den Füßen spürt man den samtweichen Sand dieser<br />

Badebucht. Egal ob man gerade den Sonnenuntergang<br />

mit einem Cocktail in der Hand genießt oder unter der<br />

brütenden Mittagssonne ein Eis verspeist: Hier schweifen<br />

die Gedanken schnell ab und man fühlt sich in ein kleines<br />

Paradies versetzt. Der Service ist korrekt, wenn auch nicht<br />

außergewöhnlich. Doch wer achtet bei dieser Lage schon<br />

wirklich auf solche Kleinigkeiten...?<br />

88 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


der Luxusklasse<br />

A Pineta<br />

Verghia<br />

20138 Coti Chiavari<br />

Telefon: +33 (0)4 95 25 44 08<br />

L‘Ile-Rousse<br />

Bastia<br />

Anfahrt<br />

Calvi<br />

Von Ajaccio zunächst über die<br />

Schnellstraße (N 196) in Richtung Süden<br />

fahren. Nachdem man das Flughafengebiet<br />

umfahren und den Prunelli<br />

überquert hat, am Kreisel nach<br />

rechts auf die D 55. Dieser Straße<br />

immer folgen, bis auf der rechten<br />

Straßenseite das A Pineta auftaucht.<br />

Verghia<br />

Corte<br />

Ajaccio<br />

D 55<br />

Propriano<br />

Sartène<br />

Bonifacio<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 89


Art de Vivre Chantals Rezept<br />

«<br />

Nach<br />

den heißen Sommertagen und in Vorbereitung<br />

auf die ersten herbstlichen Wetterkapriolen empfehle ich<br />

Ihnen eine herzhafte Tomaten-Tarte, die man am besten<br />

zusammen mit einem Salat genießt. Das Prinzip einer<br />

« Tarte tartin » ist dabei, dass diese auf dem « Kopf liegend<br />

» gebacken und anschließend gewendet wird.<br />

»<br />

Chantal, Kochexpertin von Frankreich erleben, beantwortet<br />

gerne Ihre Fragen: chantal@frankreicherleben.de<br />

Für 3-4 Personen<br />

Zubereitungszeit: 30 min<br />

Backzeit: 30 – 35 min<br />

Tarte tatin<br />

à la tomate<br />

90 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Zutaten<br />

1 Mürbeteig<br />

1,5 kg Tomaten<br />

4 EL Olivenöl<br />

4 EL Puderzucker<br />

1 TL Rosmarinblätter,<br />

klein geschnitten<br />

Zubereitung<br />

• Tomaten waschen, an der<br />

oberen Seite aufschneiden<br />

und mit einem Löffel aushöhlen,<br />

anschließend einige<br />

Minuten gut abtropfen lassen.<br />

hohem<br />

• Eine Tarte-Auflaufform mit<br />

Rand mit Olivenöl<br />

(2 EL) einfetten und mit Puderzucker<br />

(2 EL) einstäuben.<br />

Anschließend die Tomaten eng<br />

beieinander in die Auflaufform<br />

mit der offenen Seite nach oben<br />

setzen. Auflaufform bei mittlerer<br />

Temperatur auf dem Herd<br />

erhitzen. Die Tomaten fangen<br />

langsam an, zu karamellisieren.<br />

• Währenddessen in einer<br />

Kasserolle 2 EL Olivenöl mit<br />

2 EL Puderzucker erhitzen und<br />

gleichmäßig über die Tomaten<br />

gießen. Auflaufform weiter auf<br />

dem Herd belassen, bis die Tomaten<br />

vollkommen karamellisiert<br />

sind (insgesamt ca. 20 min).<br />

• In dieser Zeit den Mürbeteig<br />

zubereiten. Das Mehl dabei mit<br />

den Rosmarinblättern vermischen.<br />

• Sobald die Tomaten goldbraun<br />

karamellisiert sind, den fertigen<br />

Mürbeteig über die Tomaten<br />

legen, wobei der Teig an den<br />

Rändern zwischen Tomaten und<br />

Auflaufform gesteckt wird.<br />

• Auflaufform bei 200 Grad in<br />

den vorgeheizten Backofen<br />

stellen und die Tarte 30 bis<br />

35 min backen lassen.<br />

• Anschließend die Tarte auf<br />

einem großen Teller stürzen<br />

und warm oder kalt servieren.<br />

Salate als Beilage<br />

Zu einer Tomaten-Tarte passen am besten Salate. Hier drei alternative Rezepte,<br />

die schnell und ohne großen Aufwand zuzubereiten sind.<br />

Salade frisée aux petits lardons<br />

Friseesalat oder Endiviensalat waschen und<br />

gut abtropfen lassen, anschließend mit einer<br />

jungen, in kleine Scheiben geschnittenen<br />

Zwiebel, Pinienkernen, Petersilie, Salz<br />

und Pfeffer vermischen. In einer Pfanne<br />

20 g Speck in Olivenöl anbraten und<br />

anschließend mit einem EL Balsamessig<br />

ablöschen. Speck auf dem Salat verteilen.<br />

Salade de roquette<br />

Ruccolasalat waschen und<br />

mit in Scheiben geschnittenem<br />

Parmesan sowie einigen<br />

Tomatenscheiben anrichten.<br />

Arganöl mit Koriander, Salz<br />

und Pfeffer würzen und als<br />

Dressing über den Salat geben.<br />

Salade frisée au jambon de Parme<br />

Friseesalat waschen und mit einem Dressing<br />

aus Olivenöl, einer geriebenen Knoblauchzehe,<br />

Korianderblättern oder Petersilie, Salz, Pfeffer<br />

und Balsamessig abwürzen. Anschließend<br />

Parmaschinken über den Salat legen.<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 91


Arte-Programm<br />

Montag bis Freitag, 18. – 22. Sept., 20.15 Uhr<br />

programmempfehlungen<br />

Montag bis Freitag, 4. – 8. Sept., 20.15 Uhr<br />

Von Chamonix nach Zermatt<br />

- Unterwegs auf der<br />

Hochgebirgsroute<br />

Doku-Serie, fünfmal 26 min<br />

Eine Gruppe<br />

aus 18 Bergw<br />

a n d e r e r n ,<br />

die sich nicht<br />

kennen, steht<br />

vor einer<br />

großen, außergewöhnlichen<br />

H e r a u s f o r ­<br />

derung: Sie<br />

wollen auf der<br />

legendären Hochgebirgsroute von Chamonix nach Zermatt<br />

wandern. Der jüngste Teilnehmer ist 12 Jahre, der<br />

älteste 74 Jahre alt. Acht Tage Fußmarsch in traumhafter<br />

Berglandschaft stehen ihnen bevor. Die Teilnehmer der<br />

Tour sind zum ersten Mal im Hochgebirge und machen<br />

einige neue Erfahrungen – Höhenrausch, große Blasen<br />

und kleine Schwächen. Eine Initiationsreise, die Spuren<br />

hinterlässt.<br />

Montag, 11. <strong>September</strong>, 22.15 Uhr<br />

11‘ 09“ 01 - <strong>September</strong> 11<br />

Spielfilm, Iran/Frankreich/Ägypten 2002, OmU<br />

11. <strong>September</strong><br />

2001: Eine<br />

Tragödie spielt<br />

sich ab. Eine<br />

Tragödie, die<br />

Wellen schlägt.<br />

Nicht nur New<br />

York steht unter<br />

Schock. Indien,<br />

Afrika, Japan,<br />

Israel – die ganze<br />

Welt hält betroffen den Atem an. Die Idee dieses Films<br />

ist es, die bekanntesten Regisseure der Welt nach ihrer<br />

Version des 11. <strong>September</strong>s zu fragen. Jeder von ihnen hat<br />

dafür elf Minuten und neun Sekunden Zeit. Das Ergebnis<br />

ist ergreifend.<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong><br />

Südfrankreich – very british<br />

Doku-Serie, fünfmal 26 min<br />

Für die Protagonisten der<br />

Doku-Serie ist Frankreich<br />

der Inbegriff von Lebenskunst,<br />

schöner Landschaft<br />

und Lebensqualität. Sie sind<br />

überwiegend aus Großbritannien<br />

in den Süden Frankreichs<br />

gekommen, um sich hier ihren Traum vom Glück zu<br />

erfüllen. In tragischkomischen Szenen zeigt die Doku-Serie<br />

mit unverkennbar englischem Humor das neue Leben<br />

der Helden des Alltags. In der ersten Folge versucht Justin<br />

die englische Küche nach Frankreich zu importieren.<br />

Montag, 25. <strong>September</strong>, 22.40 Uhr<br />

Hommage an<br />

Jacques Brel<br />

Dokumentation, 90 min<br />

15 Jahre lang war Jacques Brel<br />

ein Stern am Himmel des französischen<br />

Chansons. Arte widmet dem Sänger, Schauspieler<br />

und Regisseur eine 90-minütige Dokumentation, die von<br />

seiner Kindheit und Jugend, seiner Familie, seinen Träumen<br />

und Enttäuschungen erzählt.<br />

Donnerstag, 12. Okt. – Donnerstag, 26. Okt.<br />

Romy<br />

Schneider-<br />

Reihe<br />

Donnerstag, 12. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />

Das Mädchen und der Kommissar<br />

Spielfilm, Frankreich/Italien 1970<br />

Donnerstag, 19. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />

Ein Pechvogel namens Otley von Dick Clement<br />

Spielfilm, Großbritannien 1968<br />

Mittwoch, 25. <strong>Oktober</strong>, 22.45 Uhr<br />

Nachtblende von Andrzej Zulawski<br />

Spielfilm, Deutschland/Frankreich/Italien 1974<br />

Donnerstag, 26. <strong>Oktober</strong>, 20.45 Uhr<br />

Eine einfache Geschichte von Claude Sautet<br />

Spielfilm, Frankreich/Deutschland 1977<br />

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3-stellige Kreditkarten-Prüfnr.**)<br />

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abenteuer und reisen erscheint im Verlag:<br />

wdv GmbH & Co. OHG • Siemensstr. 6 • 61352 Bad Homburg<br />

Handelsregister Bad Homburg v.d.H HRA 3087<br />

*) Alle genannten Preise enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

**) Die Prüfnummer setzt sich aus den letzten drei Ziffern der Nummer<br />

im Unterschriftsfeld auf der Rückseite Ihrer Kreditkarte zusammen.<br />

Frankr506


Haben Sie eine Ausgabe von<br />

Übersicht der Reisethemen, nach Regionen geordnet:<br />

11<br />

9<br />

12<br />

10<br />

1 Paris und Umgebung<br />

• Mac/Val - Erster zeitgenössischer<br />

Kunsttempel in einem Vorort von Paris<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Hotel - Kube Rooms and Bars Paris<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Stadtteile - Spaziergang durch eine<br />

sinnliche Metropole Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Märkte - Jedem seinen Markt<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Interview - Anne Hidalgo, die starke<br />

Frau an der Seite des Pariser Bürgermeisters<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Hinter den Kulissen der Gewächshäuser<br />

von Auteuil Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Bistros - «Un crème et un croissant<br />

s.v.p.» Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Gastronomie - Chez Antoine<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

2 Nordfrankreich<br />

• Lille - Frankreichs flämische<br />

Metropole Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

8<br />

3 Elsass / Lothringen /<br />

Champagne<br />

• Stockweiher - Der Wolf im Schafspelz<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

2<br />

1 3<br />

7<br />

4<br />

5<br />

6<br />

4 Burgund / Jura<br />

• Burgund - Mit dem Hausboot auf dem<br />

Kanal du Nivernais Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Jura - Hundeschlittenfahren im hohen<br />

Norden... des Jura Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Wein - Chablis, weißes Gold des<br />

Burgund Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

5 Alpen / Rhone-Tal<br />

• Lyon - Eine Stadt entdeckt die Magie<br />

des Lichts Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

6 Korsika<br />

• Hotel - Casadelmar Porto-Vecchio<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

7 Mittelmeerküste / Provence<br />

• Bambouseraie - Die Poesie eines 150 Jahre<br />

alten Bambusgartens Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Narbonnaise - Ein Morgen mit Gérard<br />

beim Aalfang... Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hotel - Le Delos, Mittelmeerküste<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Saint-Tropez - Wo der Luxus zu Hause<br />

ist Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Villages perchés - Wo Dörfer auf<br />

Gipfeln thronen Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Confiserie - Wo Blüten zu süßen<br />

Köstlichkeiten werden Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Gastronomie - Calissons Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

8 Zentralfrankreich /<br />

Pyrenäen<br />

• Land der Katharer - Von Foix über<br />

Toulouse und Albi nach Carcassonne<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Viadukt von Millau - Die Brücke über<br />

den Wolken Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

9 Atlantikküste<br />

• Inseln - Ile de Noirmoutier und Ile<br />

d‘Yeu - das Leben vor der Küste<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• La Leyre - « Wenn du die Region<br />

wirklich kennen lernen möchtest,<br />

interessiere dich für die Leyre...»<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Nantes - Eine Stadt organisiert<br />

ihre kulturelle Metamorphose<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hossegor - Wo Architektur den<br />

legendären Ruf eines Seebades<br />

begründet Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Portraits - Salzbauern, Austernzüchter,<br />

Kiwiproduzenten, die nicht ganz<br />

alltäglichen Berufe entlang der Küste<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hotel - Les Sources de Caudalie,<br />

Bordelais Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Hinter den Kulissen des Aquariums<br />

von La Rochelle Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Wein - Bordelais: Les Vignobles<br />

Peyvergès Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Bordeaux - Das Erwachen einer<br />

schlafenden Schönheit<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1<br />

10 Loire-Tal<br />

• Schlösser - Die etwas anderen<br />

Schlösser Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Schlossbesitzer - Als Schlossherr im<br />

Jahr <strong>2006</strong>... Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Höhlenwohnungen - Moderne<br />

Troglodyten, Höhlenwohnungen am<br />

Loir Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Gärten & Parks - Es grünt so grün...<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Fahrradtouren - Mit dem Fahrrad<br />

entlang der Loire Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Wein - Jasnières du Loir<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Gastronomie - Chez Miton<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

11 Bretagne<br />

• Bretagne - Thalassotherapie: die<br />

heilsamen Kräfte des Meeres<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 2<br />

12 Normandie<br />

• Le Havre - Frankreichs neuestes<br />

Weltkulturerbe Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Hinter den Kulissen der Camembert-<br />

Herstellung Ausgabe <strong>Nr</strong>. 3


Frankreich erleben verpasst?<br />

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innerhalb von 14 Tagen beim Leserservice schriftlich ohne Angabe von Gründen<br />

widerrufen werden kann.<br />

Telefonnummer für Rückfragen<br />

Geldinstitut<br />

Datum, Unterschrift


Leserbriefe<br />

Ich habe heute zum ersten Mal Eure Zeitschrift gekauft<br />

und muss sagen, dass ich richtig begeistert bin. Die Artikel<br />

sind wirklich sehr lebensnah verfasst und bringen mich auf<br />

meinen langen Zugfahrten zum Träumen… Macht weiter<br />

so! Gibt es vielleicht eine Ausgabe, in der man mehr über<br />

die französischen Traditionen erfahren kann? Und über die<br />

Esskultur mit ein paar Rezepten?<br />

Heidemarie Schimkus, per E-Mail<br />

Redaktion: In jeder Ausgabe stellt unsere Kochexpertin<br />

Chantal ein Rezept vor. Im Laufe der Zeit wird daraus eine<br />

beachtliche Sammlung entstehen. Französische Traditionen<br />

werden mit Sicherheit einmal in unseren Rubriken Kulturschock<br />

und Leben in Frankreich thematisiert werden.<br />

Nachdem meine Frau und ich die erste Ausgabe Ihrer<br />

Zeitschrift am Kiosk gesehen, gekauft und gelesen haben,<br />

sind wir als Frankreichfan davon begeistert. Man kann es<br />

kaum erwarten bis zum Erscheinen der nächsten Ausgabe.<br />

Machen Sie weiter so! Zu Ihrer letzten Ausgabe <strong>Nr</strong>. 4 habe<br />

ich eine Frage, den Artikel auf der Seite 24 (« Wenn du die<br />

Region… ») betreffend: Im Michelin-Autoatlas wird dieser<br />

Fluss bis etwa zum Ort Moustey als Grande Leyre bzw.<br />

Petite Leyre angegeben. Danach lautet die Bezeichnung<br />

Eyre bis zu Mündung in die Bucht von Arcachon. Im<br />

oben genannten Bericht wird er Leyre genannt. In einem<br />

Prospekt aus Frankreich wird dieser Fluss mit der Bezeichnung<br />

L‘Eyre angegeben. Was ist richtig?<br />

Franz G. Braun, per E-Mail<br />

Redaktion: Ähnlich der Bezeichnung Dune de Pyla bzw.<br />

Pilat herrscht auch bei der Flussbezeichnung für die Leyre<br />

keine Einigkeit in der Region. Der Name Leyre sei dabei<br />

eine inkorrekte Ableitung der lokalen Aussprache für den<br />

Fluss [L’Euyre]. Der Archäologe Peyneau aus Mios vermutet,<br />

dass das Wort « Eyre » soviel bedeutet wie « Fluss des Pays de<br />

Buch », das dann als « Leyre » geschrieben wurde, ein Wort,<br />

das « fließendes Wasser » bedeutet. Es ist jedoch unstrittig,<br />

dass die Petite Leyre und die Grande Leyre im Ort Moustey<br />

ineinanderfließen, um dann als Leyre bei Le Teich in die Bucht<br />

von Arcachon zu münden. Die Schreibweisen Leyre bzw.<br />

L’Eyre sind dabei beide gültig und gebräuchlich.<br />

Ich bin zusammen mit meiner Familie eine begeisterte<br />

Leserin von Ihrem Magazin Frankreich erleben und freue<br />

mich nach dem Lesegenuss schon immer auf die nächste<br />

Ausgabe. So werde ich in den nächsten Tagen ein Abo<br />

bestellen, um keine Ausgabe zu verpassen. Ihr Heft gefällt<br />

mir so gut, dass ich von der aktuellen Ausgabe einige Exemplare<br />

zusammen mit einer Flasche Wein an Freunde, die<br />

im Juli Geburtstag haben, verschenken werde. « Entspannung<br />

bei einer guten Lektüre gleichzeitig mit einem guten<br />

Tropfen », ich finde dies, genau wie bei Ihrem Heft, eine<br />

gelungene Komposition. Wir sind begeisterte Frankreichfans,<br />

hier interessiert uns besonders die Region Languedoc,<br />

und dies haben wir in Ihrer letzten Ausgabe auch bestätigt<br />

bekommen. Weiter so. Diese aufstrebende Region hat<br />

uns so fasziniert, dass wir von dort seit einigen Jahren im<br />

Nebenerwerb Wein- und Feinkostprodukte verkaufen. So<br />

haben wir bei unseren Touren bisher nur positive Eindrücke<br />

gewonnen. Für Ihr Magazin wünsche ich Ihnen weiterhin<br />

ein gutes Händchen bei der Auswahl der Themen. So wird<br />

man als Leser immer einen umfassenden Eindruck über das<br />

gesamte Land bekommen.<br />

Hilde Theisen, Eschweiler<br />

Ihre Zeitschrift ist super! Anregungen: Informationen<br />

über Einkaufsmöglichkeiten, z.B. Outlet-Shops oder andere<br />

Insider-Informationen wären sicher für viele interessant.<br />

Wie kommt man hin, was wird geboten, wie hoch ist der<br />

Preisnachlass? Was ist der französische Landhausstil oder<br />

wie richten sich unsere Nachbarn ein, was gefällt ihnen?<br />

Herzliche Grüße von Ihrer neuen Abonnement-Leserin.<br />

Dr. Vesta Stargardt, Mittenaar<br />

Heute habe ich eine Entdeckung gemacht: Ihr Heft<br />

Frankreich erleben. Mir fielen gleich zwei Hefte – <strong>Nr</strong>. 2 und<br />

3 – in die Hände – und es war fast wie Urlaub. Frankreich ist<br />

vielen Deutschen wohl wegen der Sprachdifferenzen noch<br />

immer ein Buch mit sieben Siegeln. Vielen Deutschen ist<br />

diese Sprache, die so anders klingt, als sie sich liest, einfach<br />

suspekt. Und unsere französischen Nachbarn haben mit der<br />

Sprache nur Probleme, wenn es sich nicht um Französisch<br />

handelt. Dabei sind die Menschen beiderseits des Rheins<br />

sich eigentlich ähnlicher als andere Nachbarn in Europa –<br />

trotz Camembert und Schweinsbraten. Und es gibt Hände,<br />

Augen und Lachen – beste Basis für eine erfolgreiche<br />

Konversation. Die Väter der inzwischen mit so viel Leben<br />

erfüllten Freundschaft hätten sich wohl nicht träumen lassen,<br />

dass dies so eine Erfolggeschichte werden sollte. Im<br />

Gegensatz zur von oben oktroyierten Völkerfreundschaft in<br />

der DDR hat man die Sache durch Städtepartnerschaften<br />

richtig mit Leben erfüllt – und wir, die eher individuell im<br />

Nachbarland per Wohnmobil herumreisen, haben so viele<br />

Bekanntschaften und auch einige richtige Freundschaften<br />

geschlossen. Das Land ist so vielfältig, dass Sie für Ihr Heft<br />

über Jahrzehnte Themen haben werden. Also: Viel Glück<br />

mit Ihrem neuen Magazin. Und machen Sie den Deutschen<br />

Mut, Frankreich zu bereisen. Auch gebildete Menschen<br />

scheuen sich, der mangelnden Sprachkenntnisse wegen, das<br />

herrlich interessante Land zu bereisen.<br />

Bernd Meuer, Bendorf-Stromberg<br />

Ich möchte Ihnen für die Ausgabe über die Atlantikküste<br />

gratulieren. Schon seit vielen Jahren fahren wir<br />

dorthin, meistens nach Aquitanien. Meiner Meinung nach<br />

wird diese Küstenregion noch viel zu wenig beachtet. Sie<br />

haben es in Ihrem Titelthema geschafft, unentdeckte Seiten<br />

der Küste vorzustellen. Bravo. Es war eine große Freude<br />

über eine Deutsche zu lesen, die Austern in der Bucht von<br />

Arcachon züchtet, oder über Bauern, die Kiwis wie in Neuseeland<br />

anbauen. Toll auch, dass Sie bei den Atlantikinseln<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


die unbekanntere Ile d’Yeu vorstellen und nicht die nach meiner Meinung langweiligeren<br />

Inseln Ile d’Oléron oder Ile de Ré. Und zu guter Letzt habe ich mich<br />

auch gefreut, über die Architektur von Hossegor zu lesen. Alles in allem ein sehr<br />

gelungenes Fokusthema.<br />

Jürgen Probst, Starnberg<br />

Vielen Dank für die tollen Hotelportraits in Ihrem Magazin. Die Artikel und<br />

besonders die Bilder machen sofort Lust, die Koffer zu packen und loszufahren.<br />

Allerdings ist mir aufgefallen, dass Sie insbesondere Design-Hotels vorstellen.<br />

Ich würde mir wünschen, dass ab und zu vielleicht auch mal ein Hotel mit klassischer<br />

Einrichtung vorkommen würde. Aber ansonsten bin ich sehr zufrieden.<br />

Weiter so!<br />

Lukas Sommer, Wien<br />

Hallo Frankreich erleben! Ich habe Deutsch in der Schule gelernt, und leider,<br />

viel vergessen! Als Kind hatte meine Mutter immer mir gesagt « du musst die<br />

deutsche Sprache lernen… das ist wichtig, um in der besten Schulklasse zu sein!<br />

Und Latein wird dir helfen, Deutsch zu lernen… » Jetzt bin ich 31 Jahren alt<br />

und wohne in Paris. Ich hatte heutzutage keine Grund, Deutsch zu sprechen.<br />

Aber ich war so froh, Frankreich erleben im Internet zu sehen! Ich habe ein Heft<br />

online bestellt. Es ist so lustig für mich, etwas über Frankreich im Deutsch zu<br />

lernen! Und etwas Neues! Zum Beispiel kannte ich nicht « die Bambouseraie »<br />

vorher! Ich mag auch gern wie dieses Magazine Frankreich heute erzählt, auch<br />

mit Politik, Leben in Frankreich… Und auch eine Rubrik wie Kulturschock ist<br />

super! Jetzt werde ich versuchen, meine deutsche Sprache mit Frankreich erleben<br />

zu verbessern. Ich hoffe es wird klappen! Und nächste Mal werde ich eine perfekte<br />

Leserbrief schreiben! Bon courage et Merci!<br />

Pierre Masson, Paris<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen?<br />

Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />

Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

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Frankreich erleben - Leserbriefe -<br />

Globus Medien GmbH<br />

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Impressum<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

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ISSN: 1861-4256<br />

Herausgeber: Markus Harnau<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 3, rue Franquet · 75015 Paris<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Chantal Cobac, Dominique Cache,<br />

Kristina von Domarus, Luis Encinas, Laurent Fournerie,<br />

Andrea Garbe, Dr. Jan Grasshoff, Sebastian Griese,<br />

Ursula Hennigfeld, Sylvain Hirigoyen, Olivier Huonnic,<br />

Alain Lardière, Nolwen Lequerre, Dr. Petra Morich, Gérard<br />

Rival, Serge Robin, Helga Saar, Marion Schotsch, Ester<br />

Segura, Rudolf-Peter Vogler<br />

Lektorat: Ina Muñoz, Susanne Ziegler<br />

Layout: Werner Hasselbach Design<br />

Anzeigen Deutschland, Österreich und Schweiz:<br />

corps. Corporate Publishing Services GmbH<br />

Kasernenstraße 69 · 40213 Düsseldorf<br />

Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky<br />

Anzeigenmarketing: Jeannette Kirchhoff<br />

Telefon: +49 (0)211 887-3186<br />

jeannette.kirchhoff@corps-verlag.de<br />

Auftragsmanagement: Nadine König<br />

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Druck: Neef + Stumme GmbH & Co. KG<br />

Vetrieb:<br />

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Kürzung und Bearbeitung von Leserbriefen vor. Es gelten die<br />

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Darstellungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck,<br />

auch auszugsweise, Vervielfältigung auf fotomechanischen<br />

und anderen Wegen sowie Nutzung auf Datenträgern<br />

bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle zwei Monate und ist im gut<br />

sortierten Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der<br />

Schweiz, Luxemburg und Südtirol sowie per Abonnement<br />

erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 4,90 E (D), 5,50 E (A), 9,60<br />

CHF (CH), 5,90 E (F/L/B/NL), 6,50 E (I)<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach unten) : Titel : Jan Grasshoff • S.5 : Ajc Presse • S.6 : Jan Grasshoff; Jean-Julien<br />

Bault; Musée Gustave Moreau; Serge Robin : Ajc Presse • S.7 : Paul Prescott, Istock; Philippe Maille, CIVC • Institut Géographique National; Ville de Paris •<br />

S.9 : S.Robin, Ajc Presse • S.10 : Gérard Rey, OT de la Grande Motte • S.12-23: Jan Grasshoff • S.24 : Corsicarobase; Fotolia • S.25-27 : Jan Grasshoff • S.28 :<br />

Photothèque Mairie de Bastia • S.29-34 : Jan Grasshoff • S.35 : Hassan Bensliman, Fotolia • S.36 : Photothèque Chemins de Fer Corses • S.40-41 : Maurice<br />

A. und Chantal Cobac für Frankreich erleben, Ajc Presse • S.42 : Paul Prescott, Istock • S.44 : Serge Robin, Ajc Presse • S. 46-50 : M.A., Ajc Presse • S.54-55 :<br />

Jean-Julien Bault; H.Auer, OTC Marseille; Photothèque RTM • S.56-57 : Jean-Julien Bault; Photothèque RTM; Jean-Julien-Bault; OTC Marseille; S.58-59 : Jean-<br />

Julien Bault; Laurent Fournerie • S.60 : Jean-Julien Bault • S.62-63 : Serge Robin, Ajc Presse • S.64 : Thomas Sanson, OT Bordeaux • S.65-67 : Serge Robin, Ajc<br />

Presse • S.68-71 : Serge Robin, Ajc Presse • S.72-73 : L’Hermitage Gantois • S.76 : Adagp, Paris, 2004 / Jean Nouvel, Patrick Gries • S.77 : Photothèque Maison<br />

de Balzac; Musée Gustave Moreau • S.78 : Musée Gustave Moreau • 79 : Adagp, Paris, 2004 / Lothar Baumgarten, Patrick Gries • S.81 : Scoop Dyga, France<br />

Galop • S.84 : Jean-Marie Lecomte, CIVC; Alain Cornu, CIVC • S.85 : Jean-Marie Lecomte, CIVC; John Hodder, CIVC • S.86 : Yvon Monet, CIVC; John Hodder,<br />

CIVC • S. 88-89 : Jan Grasshoff • S.90-91 : Maurice A. und Chantal Cobac für Frankreich erleben, Ajc Presse • S.92 : Benoît Aymon, TSR/ Arte; WDR/ Arte; Arte<br />

France; Kayaert / RTBF / Arte; Arte • S.98 : Amélie Dupont, OT Paris; Serge Robin, Ajc Presse; Jan Grasshoff; B.Naegelen, CRT Alsace.<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 25,20 E (D), 29,70 E<br />

(A), 57,60 CHF (CH), alle anderen Länder: 39,50 E<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche<br />

Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2006</strong> Globus Medien GmbH, Hamburg<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 97


VoRschau<br />

Fokus: Paris<br />

Zum Weihnachtsshopping an die Seine<br />

Musée du Désert<br />

Auf den Spuren der Hugenotten<br />

Elsass<br />

Hochburg der<br />

Weihnachtsmärkte<br />

Le Luc en Provence<br />

Erste Formel-1-Fahrschule der Welt<br />

... und viele weitere Themen<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 6 - November / Dezember <strong>2006</strong> erscheint am 2. November <strong>2006</strong><br />

98 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong>


Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2006</strong> · 99


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