Simbacher Anzeiger Heimatseiten - Simon Breu
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1. Februar 2020<br />
<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />
Nr. 3/2020<br />
SIMBACHER<br />
EHRENBÜRGER<br />
In der Serie „Ehrenbürger der Stadt Simbach“<br />
geht es in der aktuellen Ausgabe des<br />
<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong>s um den bekannten<br />
Komponisten <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong>.<br />
Die Musik und Lieder von <strong>Simon</strong><br />
<strong>Breu</strong> sind, wie die vieler seiner<br />
Zeitgenossen, bei der jungen<br />
Generation weitgehend in<br />
Vergessenheit geraten. Man liebt<br />
heute Beat und Rock, Pop und<br />
Jazz mehr als das alte deutsche<br />
Volkslied. Der Zeitgeist ist einer<br />
ständigen Wandlung unterworfen<br />
und wird auch in Zukunft das<br />
vergessen haben, was heute<br />
hochgepriesen wird. Darum wissen<br />
auch so wenige um das Leben und<br />
Wirken eines Mannes, der noch zu<br />
Beginn des letzten Jahrhunderts<br />
zu den ganz Großen im Bereich der<br />
Musik gehörte, in einer Zeit also,<br />
wo das Lied noch eine Melodie<br />
hatte und nicht nur vom Rhythmus<br />
bestimmt wurde. Es geht um <strong>Simon</strong><br />
<strong>Breu</strong>, den in Simbach geborenen<br />
Komponisten, Musikpädagogen<br />
und Schöpfer wertvollen Liedgutes,<br />
das zuweilen noch heute zu hören ist. Denn<br />
immer noch gibt es Leute, die ihre Freude am<br />
echten deutschen Liedgut finden.<br />
Das Elternhaus von <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> steht in der<br />
Innstraße 46, kurz vor der Innbrücke, in dem<br />
er am 15. Januar 1858 geboren wurde. Sein<br />
Vater war der Frauenkleidermacher Johann<br />
von Matha <strong>Breu</strong>. Er war ein fröhlicher Mann<br />
und seine Mitbürger nannten ihn kurz den<br />
„<strong>Breu</strong>schneider”. Die Mutter, Barbara Blum,<br />
war sangeslustig und eine immer fröhliche<br />
Frau. <strong>Simon</strong> war der Zweitgeborene von<br />
fünf Kindern. Schon als Schulbub war er<br />
begeisterter Sänger und beim alljährlichen<br />
„Raunachtsingen” war kein anderer als der<br />
„Schneider-Simmerl”, wie er von seinen<br />
Kameraden genannt wurde, stets der<br />
Stimmführer. Eigentlich wollte <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong><br />
einen Handwerkerberuf erlernen, aber der<br />
Vater wünschte, dass er Lehrer werden sollte.<br />
Nach sieben Jahren Werktagsschule richtete<br />
der Junge am 1. Oktober 1870 ein Gesuch an<br />
die „Königliche Regierung von Niederbayern,<br />
um gnädige Aufnahme in die kgl.<br />
Präparandenschule (Vorbereitungsschule)<br />
zu Pfarrkirchen“. Dieses Gesuch liegt noch<br />
heute im Archiv der Stadt Würzburg. <strong>Simon</strong><br />
<strong>Breu</strong> wurde aufgenommen. Drei Jahre<br />
Präparandenschule in Pfarrkirchen dienten<br />
ihm als Vorbereitung auf das Lehrerseminar<br />
in Straubing, in das er 1873 eintrat. Dort<br />
wurden auch seine musikalischen Talente<br />
entdeckt. Sein Lehrer, Alois Edenhofer,<br />
förderte den jungen Mann und unterrichtete<br />
ihn im Klavier-, Orgel- und Violinspiel. Groß<br />
war der Eifer des Schülers. Schon mit 16<br />
Jahren durfte er vertretungsweise die große<br />
Orgel in der St. Jakobs-Kirche in Straubing<br />
spielen. Daneben pflegten Lehrer und Schüler<br />
zusammen feine Kammermusik in der<br />
Wohnung des Lehrers.<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> im Jahr 1905<br />
Mit 17 Jahren verließ <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> als junger<br />
Lehrer das Seminar in Straubing und erhielt<br />
seine erste Anstellung als Hilfslehrer in<br />
Hengersberg. Die erste Anschaffung aus<br />
dem dürftigen Lehrergehalt war ein Klavier.<br />
Neben dem Schulunterricht spielte er noch die<br />
Kirchenorgel im benachbarten Schwarzach und<br />
erteilte Musikunterricht im Kloster-Damenstift<br />
der Englischen Fräulein. Hier, im stillen Dorf<br />
Hengersberg, entstanden auch seine ersten<br />
Marienlieder. Auch echte bayerische Tänze<br />
schrieb der junge Schulgehilfe, zu dem er<br />
bald nach dem Bestehen der Prüfung ernannt<br />
wurde. Die ganze Umgebung kannte bald den<br />
musikfrohen Schullehrer von Hengersberg.<br />
Nach seiner Versetzung zur Schule Neuburg<br />
an der Donau traf er mit dem dortigen<br />
Stadtpfarrer und Landtagsabgeordneten Josef<br />
Zach zusammen, der den jungen <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong><br />
bald mit der von Regensburg ausgehenden<br />
Cäcilianischen Bewegung (Kirchenmusik) in<br />
Verbindung brachte.<br />
Nun war sein musikalischer Weg vorgezeichnet.<br />
Seine ersten Chorlieder entstanden hier, die<br />
von der „Liedertafel Kehlheim” übernommen<br />
und uraufgeführt wurden. 1881 wurde <strong>Simon</strong><br />
<strong>Breu</strong> wieder nach Straubing berufen. Als<br />
Lehrer an der Kreistaubstummenanstalt fand er<br />
Gelegenheit, seine über alles geliebte Musik zu<br />
pflegen. 1882 übernahm er die Dirigentenstelle<br />
des Straubinger „Liederkranzes”. Schon nach<br />
drei Jahren fruchtbarer Tätigkeit in Straubing<br />
bewarb er sich nach Würzburg. In der dortigen<br />
Kreistaubstummenanstalt war die Stelle als<br />
Oberlehrer und Hausvater ausgeschrieben.<br />
Doch dafür war er noch zu jung. Man bot ihm<br />
stattdessen die Stelle eines gewöhnlichen<br />
Ehrenbürger<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong><br />
von Walter Geiring<br />
Lehrers in derselben Anstalt an, die er auch<br />
annahm.<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> versprach sich von Würzburg<br />
aus mehr musikalische Möglichkeiten als<br />
von Straubing. Noch im Jahre seiner<br />
Übersiedlung nach Würzburg, es<br />
war 1885, trat er die Nachfolge des<br />
verstorbenen Domkapellmeisters<br />
und Dirigenten des „Würzburger<br />
Sängervereins” an, wozu ihn der<br />
Direktor der Musikschule empfahl.<br />
Dieser hatte schnell die Fähigkeit<br />
des gebürtigen <strong>Simbacher</strong>s<br />
erkannt, nachdem <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> in<br />
der kgl. Musikschule Würzburg ein<br />
gründliches Studium begonnen<br />
hatte. 1889 übernahm der nun schon<br />
bekannte Musikus die musikalische<br />
Leitung des „Akademischen<br />
Gesangvereins”. In dieser Zeit<br />
entstanden eine Reihe seiner<br />
besten Kompositionen. „Sonntag<br />
ist’s” niedergeschrieben in einer<br />
Unterrichtspause, wurde zu einem<br />
der meistgesungen Männerchöre<br />
Deutschlands. Ein rundes Dutzend<br />
Studentenlieder fielen ebenfalls<br />
in diese Zeit, da er Lehrer, Dirigent und<br />
Musikstudierender zugleich war.<br />
Im Jahr 1890 trifft <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> Johannes<br />
Brahms und Richard Strauß im<br />
österreichischen Ischl. Die Wagnersängerin<br />
Marianne Wilt singt, von Brahms am Klavier<br />
begleitet, einige Lieder von <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong>. Die<br />
große, entscheidende Stunde für den nun<br />
schon namhaften Tondichter schlug im Jahre<br />
1894. Die Würzburger Musikschule, an der<br />
er lange selbst studiert hatte, berief ihn als<br />
Lehrer für Theorie und Chorgesang.<br />
Die Zeit als Taubstummenlehrer war vorüber,<br />
seine brennende Liebe zur Musik konnte<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> nun zum Beruf machen. Er<br />
setzte sein überragendes Können so intensiv<br />
ein, dass er, nachdem er noch dazu einen<br />
neuen Lehrplan für die Ausbildung zum<br />
Die Gedenktafel an <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> ist an dessen<br />
Geburtshaus in der Innstraße 46 angebracht<br />
Schulmusiker entworfen hatte und seine<br />
vollkommen neuen Lehrmethoden bald<br />
in allen höheren Lehranstalten Bayerns<br />
eingeführt wurden, 1912 „Sachbearbeiter
1. Februar 2020<br />
<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />
Nr. 3/2020<br />
des bayerischen Kultusministeriums für das<br />
musikalische Unterrichtswesen“ wurde. Seine<br />
schöpferische Arbeit widmete er vor allen den<br />
Männerchören. Er wurde Ehrenchormeister<br />
der berühmtesten Chöre. Das von ihm<br />
bearbeitete „Deutsche Jugendliederbuch für<br />
höhere Lehranstalten” hat jahrzehntelang<br />
in den Schulen als Unterrichtsbuch gedient<br />
und als Kaiser Wilhelm II. die Herausgabe<br />
eines „Volksliederbuches für Männerchöre”<br />
veranlasste, hat der einstige <strong>Simbacher</strong><br />
maßgeblich mitgewirkt. Insgesamt umfasst<br />
sein musikalischer Nachlass rund 300<br />
Werke. Viele seiner Lieder und Chöre<br />
gehören heute zum unveräußerlichen<br />
Bestand des Gesangvereins-Repertoires<br />
und manche von ihnen sind mittlerweile so<br />
volkstümlich geworden, dass man darüber<br />
den Komponisten ganz vergessen hat.<br />
Zahlreich waren die Ehrungen und<br />
Auszeichnungen des großen Niederbayern.<br />
1906 wurde er Professor, stellvertretender<br />
Direktor und 1924 Oberstudienrat. Vom<br />
Prinzregent Luitpold wurde er mehrfach<br />
ausgezeichnet. Die Stadt Würzburg<br />
überreichte ihm zu seinem 75. Geburtstag<br />
1933 die silberne Stadt-Ehrenmünze. Der<br />
Würzburger „General-<strong>Anzeiger</strong>“ widmete<br />
dem gebürtigen <strong>Simbacher</strong> zu seinem<br />
Geburtstagsjubiläum fast eine ganze Seite.<br />
Musikkritiker und Musikautor Dr. Alfons Stier<br />
ging auf den musikalischen Lebensweg von<br />
<strong>Breu</strong> ein, stellte die besondere Begabung<br />
des Komponisten heraus und die Bedeutung<br />
seiner musikalischen Werke. <strong>Breu</strong> spendete<br />
der Stadt Würzburg am 21. Januar 1933 1000<br />
Reichsmark, die für eine Stiftung gedacht war.<br />
Zum gleichen Anlass nahmen auch die<br />
<strong>Simbacher</strong> Gemeinderäte die Gelegenheit wahr,<br />
ihn zum Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde<br />
zu ernennen. Sein Geburtshaus in der<br />
Innstraße 46 trägt seitdem eine Gedenktafel.<br />
Simbachs Bürgermeister Dr. Franz Eisenreiter<br />
kündigte zunächst in einem Schreiben vom<br />
14. Januar 1933 an, die Ehrenbürgerurkunde<br />
durch eine Abordnung überreichen zu<br />
lassen, was allerdings aufgrund der großen<br />
Entfernung zwischen Würzburg und Simbach<br />
nicht zustande kam. Die Urkunde samt den<br />
Geburtstagsglückwünschen wurde auf dem<br />
Postweg an <strong>Breu</strong> übersandt.<br />
Bereits im Jahr 1930 beschloss der Stadtrat<br />
von Münnerstadt (Landkreis Bad Kissingen)<br />
<strong>Breu</strong> das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. <strong>Breu</strong><br />
schuf die Melodie zu den von Adolf Schafsteck<br />
im Jahr 1925 verfassten Gedichte, die so<br />
genannten Mürschten Lieder. Auch in der rund<br />
7 700 Einwohner zählenden unterfränkischen<br />
Stadt ist eine Straße nach dem bekannten<br />
<strong>Simbacher</strong> Komponisten benannt.<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> hatte in seinem Privatleben, im<br />
Gegensatz zu seinen beruflichen Erfolgen,<br />
Unglück erleiden müssen. Seine über alles<br />
geliebte Frau Helene starb 1883 nach erst<br />
einjähriger Ehe, unmittelbar nachdem sie<br />
ihm einen Sohn geboren hatte, der ebenfalls<br />
starb. Der Komponist trug schwer an diesem<br />
Schicksalsschlag. Er heiratete nicht wieder.<br />
Seine Schwester Regina führte ihm von da an<br />
33 Jahre lang den Haushalt.<br />
Als 75-Jähriger zog sich <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> auf einer<br />
Kur in Bad Brückenau eine Fußverletzung<br />
zu, es entstand eine Venenentzündung mit<br />
nachfolgender Embolie. Als gläubiger Katholik<br />
ließ er sich während seiner Krankentage<br />
noch täglich die heilige Kommunion reichen,<br />
ordnete noch bei vollem Bewusstsein seine<br />
Verhältnisse und starb still und friedlich<br />
am 9. August 1933. In Erinnerung an den<br />
großen Komponisten benannte die Stadt<br />
Würzburg am 29. August eine Straße<br />
nach <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong>. Neben Hengersberg gibt<br />
es auch in Münnerstadt/Landkreis Bad<br />
Kissingen Straßen, die den Namen von<br />
<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> tragen. In Münnerstadt handelt<br />
es sich um eine 192 Meter lange Straße,<br />
die als Namenspatron nach dem <strong>Simbacher</strong><br />
benannt wurde.<br />
(Quelle: Referat für den Musikunterricht von Christoph<br />
<strong>Breu</strong> am 16. Februar 1995. Stadtarchiv Würzburg, ZGS,<br />
Biografische Mappe „<strong>Breu</strong>, <strong>Simon</strong>“, Zeitungsartikel<br />
„<strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong> 75 Jahre alt“ aus dem Würzburger<br />
General-<strong>Anzeiger</strong> vom 14. Januar 1933. Unterlagen<br />
Stadtarchiv Münnerstadt/Stadtarchivar Klaus<br />
Dieter Guhling. Foto <strong>Simon</strong> <strong>Breu</strong>: Quelle Stadtarchiv<br />
Würzburg, NL-Nr. 90, <strong>Breu</strong>, <strong>Simon</strong>, Sign. 3.