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KÖPFCHEN. Trumps „MAGA“<br />
Kappe als Politgadgetund eine<br />
Alternative, entworfen vondem<br />
NewYorker Label Public School.<br />
MASKENBALL. Mit MNS oder<br />
ohne?Modischoder medizinisch<br />
clean?Plakativ oder,wie Emmanuel<br />
Macron, dezent mit Tricolore?<br />
Mit oder ohne, lustig-bunt oder klinischneutral,<br />
mit Camouflagemuster oder<br />
dezent aufgenähtem Tricolore-Fähnchen:<br />
Die Maskenfrage stellte sich<br />
weltweit auch Vertretern der Spitzenpolitik<br />
in den letzten Wochen –bei ihnen allerdings kam<br />
der jeweils getroffenen Entscheidung bei öffentlichen<br />
Auftritten unweigerlich eine Dimension der „Message<br />
Control“ bei. Nancy Pelosi etwa entschied sich nicht nur<br />
für relativ auffällige Modelle, teilweise abgestimmt auf<br />
ihre Kleidung, sondern, durch dieses modische Betonen<br />
ihres Mund-Nasen-Schutz-Tragens, auch für eine Untermauerung<br />
ihrer Opposition zu einem krisennegierenden,<br />
maskenlosen Präsidenten Trump.<br />
Selbst in Österreich lassen sich deutliche Unterschiede<br />
in den politisch relevanten Maskierungsgepflogenheiten<br />
bemerken –und das auch jenseits<br />
von zum Teil verstörenden Bildern aus dem<br />
Hohen Haus, die unmaskierte Parlamentsmitglieder<br />
ohne Sicherheitsabstand zueinander zeigten:<br />
Die Wahl einer medizinischen Einwegmaske mit<br />
neutraler Anmutung transportiert eine andere<br />
Botschaft als eine textile Mehrwegmaske aus afrikanischem<br />
Wachsstoff.<br />
Ohne Schuhe,ohne Krawatte. Hier wie anderswo<br />
gilt: Vertreter des Volkes haben Vorbildwirkung,<br />
stehen im Licht der Öffentlichkeit und sollten im<br />
Idealfall durch ihr Auftreten ihr verantwortungsvolles<br />
Handeln unterstreichen. Wenn schon in<br />
Managementseminaren der Business-Dresscode<br />
anhand zahlreicher Dos und Don’ts dekliniert wird,<br />
gehören Übersetzungen desselben selbstverständlich<br />
auch zur politischen „Message Control“. Das MNS-Tragen<br />
inCoronazeiten stellt eine Zuspitzung der Situation<br />
dar –oder einen phasenweise unterhaltsamen Diskurs –,<br />
eigentlich geht es aber um den Machtanspruch, der<br />
auch mit vestimentären Codes untermauert wird.<br />
Wer sich freilich auf das Gebiet der Stilkritik in diesem<br />
Zusammenhang bewegt, betritt ein heikles Terrain. Ein<br />
PROTEST. Die<br />
grellpinken<br />
„Pussyhats“<br />
wurden zur<br />
obligaten Kopfbedeckung<br />
bei<br />
Protestmärschen<br />
vonFrauen im<br />
Winter2016.<br />
Kommentar zur falschen Zeit –und sei es zu früh –oder<br />
aus fragwürdigem Blickwinkel zieht seinerseits Kritik<br />
und Häme auf sich. Als etwa die „Presse“ den ersten<br />
öffentlichen Auftritt von Brigitte Bierlein als Alexander<br />
van der Bellens Kandidatin für die Interimskanzlerinnenschaft<br />
analysierte und den Rüschenkragen ihrer<br />
Bluse als Verweis auf die Tradition richterlicher Bekleidung<br />
und damit ein mögliches Amtsverständnis interpretierte,<br />
fand das nicht nur Zustimmung. Viele, die sich<br />
zu Wort meldeten, bemängelten allerdings nicht die<br />
inhaltliche Ebene der Analyse, sondern dass diese überhaupt<br />
stattfand.<br />
Das Sensorium von Beobachtern ist freilich zu Recht<br />
sensibel geschärft: Wenn es nur oder vorwiegend darum<br />
ginge, Frauen in politischen Ämtern auf ihre Kleidungsgewohnheiten<br />
abzuklopfen, wäre das völlig<br />
unzulässig. Umgekehrt ist die Bandbreite der zur<br />
Verfügung stehenden Möglichkeiten im Bereich<br />
der Damenmode ungleich größer als bei Herren.<br />
Auch hier stellte aber das Auftauchen einer Generation<br />
von Slim-Fit-Anzugträgern ein Novum dar,<br />
ebenso wie der Verzicht auf Krawatten impolitischen<br />
Berufsalltag oder gar, was unlängst in<br />
Österreich für ein Dresscode-Skandälchen sorgte,<br />
bei der Angelobung des Vizekanzlers.<br />
In Erinnerung geblieben sind auch jene weißen<br />
Turnschuhe, in denen Joschka Fischer die politische<br />
Bühne betrat –ebenso wie der Verzicht auf<br />
jedes Schuhwerk im Falle des aktuellen Finanzministers<br />
bei einer Rede im Parlament. Kurios<br />
macht sich wiederum die Ankündigung von Ex-<br />
Vizekanzler Strache im Interview mit einer Zeitungsbeilage<br />
aus, er erwäge, das wenig kleidsame T-Shirt aus<br />
dem berühmten „Ibiza-Video“ eines Tages bei einer Charity-Auktion<br />
zu versteigern.<br />
Gucci oder America First? Selbst jene Politiker, die an<br />
und für sich ein Faible für Mode haben mögen (Brigitte<br />
Bierlein dürfte zuihnen zählen, letztes Jahr eröffnete<br />
sie noch die Wiener Modewoche und sagte da: „Mode ist<br />
<strong>Schaufenster</strong> 13<br />
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