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Schaufenster 2020-06-12

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KÖPFCHEN. Trumps „MAGA“­<br />

Kappe als Politgadgetund eine<br />

Alternative, entworfen vondem<br />

NewYorker Label Public School.<br />

MASKENBALL. Mit MNS oder<br />

ohne?Modischoder medizinisch<br />

clean?Plakativ oder,wie Emmanuel<br />

Macron, dezent mit Tricolore?<br />

Mit oder ohne, lustig-bunt oder klinischneutral,<br />

mit Camouflagemuster oder<br />

dezent aufgenähtem Tricolore-Fähnchen:<br />

Die Maskenfrage stellte sich<br />

weltweit auch Vertretern der Spitzenpolitik<br />

in den letzten Wochen –bei ihnen allerdings kam<br />

der jeweils getroffenen Entscheidung bei öffentlichen<br />

Auftritten unweigerlich eine Dimension der „Message<br />

Control“ bei. Nancy Pelosi etwa entschied sich nicht nur<br />

für relativ auffällige Modelle, teilweise abgestimmt auf<br />

ihre Kleidung, sondern, durch dieses modische Betonen<br />

ihres Mund-Nasen-Schutz-Tragens, auch für eine Untermauerung<br />

ihrer Opposition zu einem krisennegierenden,<br />

maskenlosen Präsidenten Trump.<br />

Selbst in Österreich lassen sich deutliche Unterschiede<br />

in den politisch relevanten Maskierungsgepflogenheiten<br />

bemerken –und das auch jenseits<br />

von zum Teil verstörenden Bildern aus dem<br />

Hohen Haus, die unmaskierte Parlamentsmitglieder<br />

ohne Sicherheitsabstand zueinander zeigten:<br />

Die Wahl einer medizinischen Einwegmaske mit<br />

neutraler Anmutung transportiert eine andere<br />

Botschaft als eine textile Mehrwegmaske aus afrikanischem<br />

Wachsstoff.<br />

Ohne Schuhe,ohne Krawatte. Hier wie anderswo<br />

gilt: Vertreter des Volkes haben Vorbildwirkung,<br />

stehen im Licht der Öffentlichkeit und sollten im<br />

Idealfall durch ihr Auftreten ihr verantwortungsvolles<br />

Handeln unterstreichen. Wenn schon in<br />

Managementseminaren der Business-Dresscode<br />

anhand zahlreicher Dos und Don’ts dekliniert wird,<br />

gehören Übersetzungen desselben selbstverständlich<br />

auch zur politischen „Message Control“. Das MNS-Tragen<br />

inCoronazeiten stellt eine Zuspitzung der Situation<br />

dar –oder einen phasenweise unterhaltsamen Diskurs –,<br />

eigentlich geht es aber um den Machtanspruch, der<br />

auch mit vestimentären Codes untermauert wird.<br />

Wer sich freilich auf das Gebiet der Stilkritik in diesem<br />

Zusammenhang bewegt, betritt ein heikles Terrain. Ein<br />

PROTEST. Die<br />

grellpinken<br />

„Pussyhats“<br />

wurden zur<br />

obligaten Kopfbedeckung<br />

bei<br />

Protestmärschen<br />

vonFrauen im<br />

Winter2016.<br />

Kommentar zur falschen Zeit –und sei es zu früh –oder<br />

aus fragwürdigem Blickwinkel zieht seinerseits Kritik<br />

und Häme auf sich. Als etwa die „Presse“ den ersten<br />

öffentlichen Auftritt von Brigitte Bierlein als Alexander<br />

van der Bellens Kandidatin für die Interimskanzlerinnenschaft<br />

analysierte und den Rüschenkragen ihrer<br />

Bluse als Verweis auf die Tradition richterlicher Bekleidung<br />

und damit ein mögliches Amtsverständnis interpretierte,<br />

fand das nicht nur Zustimmung. Viele, die sich<br />

zu Wort meldeten, bemängelten allerdings nicht die<br />

inhaltliche Ebene der Analyse, sondern dass diese überhaupt<br />

stattfand.<br />

Das Sensorium von Beobachtern ist freilich zu Recht<br />

sensibel geschärft: Wenn es nur oder vorwiegend darum<br />

ginge, Frauen in politischen Ämtern auf ihre Kleidungsgewohnheiten<br />

abzuklopfen, wäre das völlig<br />

unzulässig. Umgekehrt ist die Bandbreite der zur<br />

Verfügung stehenden Möglichkeiten im Bereich<br />

der Damenmode ungleich größer als bei Herren.<br />

Auch hier stellte aber das Auftauchen einer Generation<br />

von Slim-Fit-Anzugträgern ein Novum dar,<br />

ebenso wie der Verzicht auf Krawatten impolitischen<br />

Berufsalltag oder gar, was unlängst in<br />

Österreich für ein Dresscode-Skandälchen sorgte,<br />

bei der Angelobung des Vizekanzlers.<br />

In Erinnerung geblieben sind auch jene weißen<br />

Turnschuhe, in denen Joschka Fischer die politische<br />

Bühne betrat –ebenso wie der Verzicht auf<br />

jedes Schuhwerk im Falle des aktuellen Finanzministers<br />

bei einer Rede im Parlament. Kurios<br />

macht sich wiederum die Ankündigung von Ex-<br />

Vizekanzler Strache im Interview mit einer Zeitungsbeilage<br />

aus, er erwäge, das wenig kleidsame T-Shirt aus<br />

dem berühmten „Ibiza-Video“ eines Tages bei einer Charity-Auktion<br />

zu versteigern.<br />

Gucci oder America First? Selbst jene Politiker, die an<br />

und für sich ein Faible für Mode haben mögen (Brigitte<br />

Bierlein dürfte zuihnen zählen, letztes Jahr eröffnete<br />

sie noch die Wiener Modewoche und sagte da: „Mode ist<br />

<strong>Schaufenster</strong> 13<br />

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