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Binnenschiff Journal 3/2020

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und von der Pandemie ebenso zu einem Zeitpunkt<br />

erfasst wurden, als man gerade mit<br />

der neuen Saison beginnen wollte. Wie in der<br />

Flusskreuzfahrt, gab und gibt es in der Passagierschifffahrt<br />

auf den Seen viele Unklarheiten<br />

bei den aktuellen Regelungen, die eine ohnehin<br />

schon dramatische Situation nicht gerade<br />

leichter machen. Ausgelöst durch zahlreiche<br />

Änderungen auf dem Verordnungsweg, kam<br />

und kommt es noch immer zu kuriosen Situationen.<br />

So durften zum Beispiel zunächst Radfähren<br />

ihren Betrieb aufnehmen, Personenschiffe<br />

aber nicht – obwohl es im Bordbetrieb<br />

praktisch keinen Unterschied gibt. Später<br />

durften auch Personenschiffe fahren, aber<br />

nur solche, die unterwegs Stationen anlaufen.<br />

Schiffe, die nur eine Rundfahrt anbieten, durften<br />

nicht fahren. Noch verwirrender wurden<br />

die Regelungen durch die Differenzierung<br />

zwischen Passagierschifffahrt und gewerblicher<br />

Bootsvermietung.<br />

Das führte dazu, dass ein Personenschiff mit<br />

10 Passagieren nicht fahren durfte, ein Personenschiff<br />

mit 100 Passagieren aber schon<br />

und ein Bootsvermieter mit acht Passagieren<br />

auch. Im Gegensatz zur Passagierschifffahrt,<br />

müssen sich der Bootsvermieter und seine<br />

Passagiere weder an Maskenpflicht noch an<br />

die Abstandsregeln halten. Ein Kapitän, der<br />

mit diesem Wirrwarr konfrontiert ist, ist Wolfram<br />

Pschernig (69). Der Familienvater betreibt die<br />

einzige schwimmende Bibliothek in Österreich<br />

mit dem Heimathafen Maria Wörth am<br />

Wörthersee. Pschernig, der vom Virus bisher<br />

zum Glück verschont blieb hofft, am 29. Mai<br />

mit der Saison beginnen zu können. Ein Monat<br />

später als jene Schiffe, die zu den sogenannten<br />

„Massenverkehrsmitteln“ zählen. Für<br />

ihn bedeutet das zwei Monate Verzögerung<br />

und durch den Corona bedingten Ausfall eines<br />

Hauptkunden, einen Umsatzverlust von<br />

70 Prozent. Auch er fühlt sich durch den wöchentlichen<br />

Wirrwarr und teils inkompetenten<br />

Informationen im Stich gelassen. Für seine<br />

schwimmende Bibliothek rechnet er erst ab<br />

2021 wieder mit einem Normalbetrieb – vorher<br />

hoffentlich bald ohne Maskenpflicht. Corona<br />

hat Pschernig generell zum „Neudenken“<br />

– betrieblich und privat – veranlasst.<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass<br />

die Kapitäne und Besatzungen der <strong>Binnenschiff</strong>fahrt<br />

ganz sicher schon jetzt zu den<br />

großen Verlierern der Pandemie zählen. In<br />

Abhängigkeit von der Dauer, in der wir noch<br />

mit Corona leben müssen, werden dieses<br />

Desaster vermutlich nicht alle Kapitäne wirtschaftlich<br />

überleben können und viele werden<br />

ihre Ersparnisse gänzlich aufbrauchen<br />

müssen, um über die Runden zu kommen.<br />

(PB)

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