KölnerLeben Juni / Juli 2020
Gut informiert älter werden! √ Leben in Köln: Fitness im Park - Wo jeder frei trainieren kann √ Leben in Köln: Mehr Wohnkomfort - Umgestalten, um zu bleiben √ Gesund leben: Lärm in der Stadt - Dezibel unter Druck
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Leben in Köln<br />
Wenn Kraklinge<br />
rheinmachen<br />
Mit Abfallsäcken und Greifzangen rücken die „Kraklinge“ gegen die<br />
Hinterlassenschaften gedankenloser Mitmenschen an. Begonnen<br />
hat alles vor vier Jahren mit einem Aufruf von Christian Stock.<br />
Mit einem knallig orangefarbenen<br />
Müllsack in der einen und einer<br />
Greif zange in der anderen Hand<br />
schreitet Christian Stock langsam<br />
das Ufer des Rheins im Kölner<br />
Rheinpark ab. Hier sammelt er eine<br />
geleerte Plastikflasche auf, dort<br />
die Folienverpackung eines Schokoriegels.<br />
Sogar die eine oder andere<br />
achtlos weggeworfene Zigarettenkippe<br />
zwischen den Steinen<br />
pickt er mit seinem Werkzeug auf<br />
und steckt sie in den Abfallsack.<br />
So ein 120-Liter-Müllsack wiege<br />
je nach Inhalt durchschnittlich 25<br />
Kilo gramm, wenn er voll ist, schätzt<br />
er. Der Schauspieler lebt in Köln<br />
und hat vor vier Jahren die „Kölner<br />
Rhein-Aufräum-Kommando-<br />
Einheit“, kurz „K.R.A.K.E.“, ins<br />
Leben gerufen. Im digitalen Netzwerk<br />
Facebook gründete er eine<br />
gleichnamige Gruppe, in der sich<br />
Freiwillige zu gemeinsamen Müllsammelaktionen<br />
verabreden – vor<br />
allem am Rheinufer, aber auch an<br />
Seen, in Parks und Wäldchen.<br />
Mittlerweile hat die Gruppe mehr<br />
als 4.000 Mitglieder. „Kraklinge“<br />
nennen sie sich.<br />
Bis zu hundert volle Säcke<br />
„Diese Gruppe entstand, weil uns<br />
die Vermüllung des Rhein ufers und<br />
als Folge auch der Meere chronisch<br />
auf den Zeiger ging“, stellt<br />
sich die K.R.A.K.E. auf Facebook<br />
vor. „Anstatt rumzujammern oder<br />
Schuldige zu finden, packen wir<br />
lieber selber an und bewaffnen<br />
uns mit Handschuhen und Müllsäcken.<br />
Macht mit mehreren Leuten<br />
sogar Spaß!“ Zwischen zwölf<br />
und fünfzig Menschen jeden Alters<br />
machen bei diesen Aktionen mit,<br />
die in unregelmäßigen Abständen<br />
an verschiedenen Orten in Köln<br />
stattfinden. In einer zweieinhalbstündigen<br />
Müllsammelaktion trage<br />
eine Person je nach Einsatzort<br />
zwischen vier und zehn Säcke zusammen,<br />
erzählt „Krakenpapa“<br />
Christian Stock. „Siebzig bis hundert<br />
volle Säcke insgesamt am Ende<br />
sind keine Seltenheit.“ Mancher<br />
Müll kommt von rheinaufwärts.<br />
An bestimmten Stellen am Rhein<br />
sammele er sich durch den Strömungsverlauf<br />
und Hochwasser,<br />
zum Beispiel im Süden Kölns in<br />
der Westhovener Aue oder zwischen<br />
Stammheim und Flittard im<br />
Norden. Und dann gebe es natürlich<br />
jene Orte am Rhein und<br />
auf anderen Grünflächen, an denen<br />
Umweltsünder viel Müll hinterlassen,<br />
besonders an sonnigen<br />
Wochenenden.<br />
Nach Angabe des Naturschutzbundes<br />
Deutschland (NABU)<br />
schwemmt der Rhein jedes Jahr<br />
geschätzte 380 Tonnen Kunststoff<br />
in die Nordsee. Eine große Gefahr<br />
für Wale und Delfine, Meeresschildkröten,<br />
Seevögel und Fische,<br />
die bis zum Tod der Tiere führen<br />
kann. „Jedes Stück Müll, das ich<br />
aufsammle, kann nicht im Meer<br />
schwimmen“, bringt Christian<br />
Stock seine Motivation auf den<br />
Punkt. Dieser Gedanke mache<br />
bei den Sammelaktionen ein gutes<br />
Gefühl. Und: „Mittlerweile fehlt<br />
mir schon richtig was, wenn ich eine<br />
Woche keinen Müll gesammelt<br />
habe.“ Da störe es auch nicht, dass<br />
Kraklinge von Passanten schon<br />
mal eine dumme Bemerkung kassierten,<br />
weil sie anderen ihren<br />
Müll hinterherräumten. Der weit-<br />
<strong>KölnerLeben</strong> Heft 3 | 20