TOPFIT Juli 2020
Bescheid wissen - gesund bleiben Ihr Magazin für Gesundheit, Fitness und Wellness
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Diagnose & Therapie
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Priv.-Doz. Dr. Johann Spatz, Chefarzt der Klinik für Allgemein-
und Viszeralchirurgie (links), und Oberarzt der
Chirurgie Dr. Alexander Gratz sind verantwortlich für die
Gründung und Leitung des Departments für Hepato-
Pankreato-Biliäre (HPB-)Chirurgie.
Hautschnitt ist zwar deutlich kleiner als bei
einer offenen Operation, aber doch so groß,
dass neben der Einführung der Spezialinstrumente
auch eine manuelle Unterstützung
im Operationsgebiet möglich ist. Das Organ
lässt sich also, wie bei der offenen Chirurgie,
ertasten, jedoch ohne dafür ein größeres
Gewebetrauma in Kauf nehmen zu müssen.
Zudem erlaubt uns diese Vorgehensweise,
auch an schwer zugängliche Organregionen
zu gelangen. Wie bei der reinen minimalinvasiven
Chirurgie erfolgt der Eingriff unter
Sicht einer Videokamera. Man könnte die
Hybrid-Verfahren demnach auch als handassistierte
Schlüssellochchirurgie bezeichnen,
die die Vorteile beider Operationstechniken
vereinen.
Kann auch eine Gallenblase mithilfe der
Hybrid-Technik entfernt werden?
PD Dr. Spatz: Wenn Gallensteine bzw. eine
Gallenblasenentzündung vorliegen, ist die
laparoskopische Entfernung der Gallenblase
die Therapie der Wahl. Manchmal kommt es
jedoch vor, dass die histologische Untersuchung
des entfernten Organs eine Krebserkrankung
offenbart. Dann muss der Patient
nachoperiert werden. Diesen Eingriff führen
wir, wenn möglich, mithilfe der minimalinvasiven
Hybridtechnik durch.
Welchen Stellenwert hat die minimal-invasive
Chirurgie heute in der Tumorbehandlung?
PD Dr. Spatz: Tatsächlich bescheinigen
immer mehr Studien der minimal-invasiven
Chirurgie, dass mit ihr im Rahmen der operativen
Krebsbehandlung bei entsprechender
Indikation ähnlich gute Langzeitergebnisse
erzielt werden können wie mit der offenen
Chirurgie. Mitunter ist sie ihr sogar überlegen,
dies zeigen z. B. Langzeitstudien zur
Beurteilung der Erfolgsquote von laparoskopisch
behandeltem Dickdarmkrebs.
Man muss allerdings auch sagen, dass die
minimal-invasive Chirurgie bei Tumoren
der Bauchspeicheldrüse oder Leber eine
besondere Expertise erfordert — und genau
dies zeichnet das Expertenteam des Departments
für HPB-Chirurgie aus: Unsere Mediziner
sind alle hochqualifiziert und erfahren.
Wer entscheidet, welches chirurgische
Verfahren im Einzelfall infrage kommt?
Dr. Gratz: Sämtliche operativen und nichtoperativen
Maßnahmen zur Behandlung wie
auch zur Nachsorge einer Krebserkrankung
der Leber, Bauchspeicheldrüse oder des
Gallengangsystems werden individuell im
interdisziplinären Tumorboard festgelegt.
Zu den Personen
Einmal pro Woche kommen Chirurgen,
Onkologen, Gastroenterologen, Radiologen,
Pathologen und Strahlentherapeuten
zusammen, um gemäß dem aktuellen Stand
der Wissenschaft für jeden Patienten die
individuell beste Therapie zu finden. Aber
auch während der Behandlung tauschen
sich die Ärzte regelmäßig aus, um den eingeschlagenen
Therapieweg kontinuierlich
zu überprüfen. Dabei ist natürlich die enge
fachliche und personelle Verzahnung von
Leberkrebszentrum, Pankreaskrebszentrum
und dem Department für HPB-Chirurgie
unter einem Dach von Vorteil …
PD Dr. Spatz: … im Übrigen kann auch
eine Kombination von Therapien infrage
kommen. In manchen Fällen bietet es sich
z. B. an, den Tumor vor dem chirurgischen
Eingriff erst einmal mithilfe einer Chemotherapie
zu verkleinern. Bei einigen Lebertumoren
hat sich auch eine Chemoembolisation
bewährt. Das Verfahren kombiniert die
Prinzipien der regionalen Chemotherapie
mit einer Embolisation und erlaubt eine Verkleinerung
des Tumors, ohne dass ausgeprägte
Nebenwirkungen zu erwarten sind.
Im Idealfall kann im Anschluss eine Thermoablation
oder sogar ein chirurgischer Eingriff
zur endgültigen Entfernung des Tumors
durchgeführt werden. Diese und andere
Therapieoptionen werden im Tumorboard
stets interdisziplinär erörtert. So gesehen,
bietet das Tumorboard zugleich den optimalen
Rahmen, um auch in Grenzbereichen
der Machbarkeit die Behandlungsstrategie
sinnvoll und realistisch zu planen.
Privatdozent Dr. med. Johann Spatz ist Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Krankenhaus
Barmherzige Brüder München und zusammen mit Prof. Dr. Christian Rust Leiter des Leberkrebszentrums,
das von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert ist. Hier wird das gesamte Therapiespektrum zur
Behandlung von lebereigenen Tumoren und Lebermetastasen angeboten: von der offenen Leberchirurgie und
minimal-invasiven Eingriffen bis hin zu interventionell-radiologischen Therapien.
Oberarzt Dr. Alexander Gratz ist Leiter des neu gegründeten Departments für Hepato-Pankreato-Biliäre
(HPB-)Chirurgie. Sein Spezialgebiet ist die Weiterentwicklung von minimal-invasiven (Hybrid-)Operationstechniken
im Bereich der HPB-Chirurgie.
Es besteht eine enge Kooperation des Leberkrebszentrums und des Departments für HPB-Chirurgie mit dem
Pankreaskrebszentrum sowie mit dem zertifizierten Darmzentrum des Hauses.
Nähere Infos: www.barmherzige-muenchen.de
Bildnachweis links oben: © Olta Elezi, Krankenhaus Barmherzige Brüder München
TOPFIT 2 / 2020