TOPFIT Herbst 2023
Bescheid wissen - gesund leben
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GESUNDHEITSMAGAZIN<br />
Nr. 3 / <strong>2023</strong><br />
Jahrgang 23<br />
DAS<br />
KOSTENLOSE<br />
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BESCHEID WISSEN<br />
GESUND BLEIBEN<br />
Morgensteifigkeit<br />
Was steckt dahinter?<br />
Maßgefertigte<br />
Fingerschiene<br />
Rasche Rückkehr aufs Volleyballfeld<br />
Rat aus der Apotheke<br />
Ein Hoch auf den Salbei<br />
Leben mit<br />
Endometriose
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Thema aktuell<br />
Inhalt<br />
dass der Oktober seit mehr als zwei<br />
Jahrzehnten zum Brustkrebsmonat ausgerufen<br />
wird, ist mit dem Ziel verbunden,<br />
die Öffentlichkeit zum einen besser<br />
über die Erkrankung, ihre Ursachen<br />
und Konsequenzen zu informieren und<br />
zum anderen über Möglichkeiten der<br />
Prävention und Behandlung aufzuklären.<br />
Denn Fakt ist: Fast 70 000 Mal im<br />
Jahr stellen die Ärzte hierzulande die Diagnose »Brustkrebs«, damit<br />
ist das Mammakarzinom die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.<br />
Weltweit ist Brustkrebs sogar die mit Abstand häufigste Krebsart vor<br />
dem 50. Lebensjahr – Tendenz steigend, wie gerade eine internationale<br />
Erhebung ergeben hat. Rechtzeitig erkannt und behandelt, ist<br />
Brustkrebs heute in vielen Fällen heilbar: Inzwischen überleben knapp<br />
80 Prozent aller Erkrankten die ersten zehn Jahre, damit sterben<br />
heute weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor 20 Jahren. Trotz der<br />
medizinischen Fortschritte ist und bleibt Brustkrebs jedoch eine Erkrankung,<br />
die tödlich verlaufen kann – ein sehr belastendes Wissen,<br />
deren psychische Auswirkungen auf die betroffenen Frauen Experten<br />
sogar mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung gleichsetzen.<br />
Auch eine Endometriose – eine der häufigsten chronischen Frauenkrankheiten<br />
– hat für die Betroffenen erhebliche Einbuße der<br />
Lebensqualität zur Folge. Nicht nur, dass oft Jahre vergehen, bis die<br />
Diagnose steht, sondern letztlich kann keine Behandlung garantieren,<br />
dass die Symptome vollständig verschwinden oder nach einer Phase<br />
der weitgehenden Beschwerdefreiheit wieder aufflammen. Über die<br />
Ursachen ist bislang ebenfalls nur wenig bekannt. Deshalb hat die<br />
Bundesregierung fünf Millionen Euro zur Erforschung der Erkrankung<br />
bereitgestellt. Bis erste Ergebnisse vorliegen, wird es jedoch noch<br />
eine Weile dauern. Unbestritten ist: Die besten Aussichten, dass eine<br />
Endometriose zeitnah erkannt und angemessen behandelt wird,<br />
bieten spezialisierte Zentren. An eine solche Einrichtung sollten sich<br />
die betroffenen Frauen wenden.<br />
Einen sonnigen <strong>Herbst</strong> wünscht Ihnen<br />
Dr. Nicole Schaenzler, Chefredakteurin<br />
PS: Gewinnerin des Gewinnspiels der letzten Ausgabe ist<br />
Doris M. aus München.<br />
4 Grippeschutzimpfung:<br />
Das sollten Sie wissen<br />
6 Entzündliche Botenstoffe:<br />
böse Buben, gutes Werk<br />
7 Der Oktober ist pink<br />
Diagnose & Therapie<br />
8 Supportive Krebstherapie:<br />
Nebenwirkungen lindern –<br />
Lebensqualität verbessern<br />
10 Blasenkrebs –<br />
wichtigstes Alarmzeichen: Blut im Urin<br />
12 Endometriose –<br />
häufig verkannt, zu selten angemessen behandelt<br />
14 Hallux valgus und Hallus rigidus:<br />
ähnliche Namen, unterschiedliche<br />
Krankheitsbilder<br />
16 Schonende Faltenbehandlung<br />
für ein natürliches Ergebnis<br />
17 Alarmzeichen Morgensteifigkeit<br />
Was tun, wenn nach dem Aufstehen alles wehtut?<br />
18 Ganzheitliche Migränetherapie<br />
18 FAST-Test: So erkennt man schnell einen Schlaganfall!<br />
19 Notfallsituation im Alter:<br />
Wenn es auf rasches Handeln ankommt<br />
20 Reizdarm-Syndrom:<br />
Schon mal was von SIBO gehört?<br />
22 Individuelle Fingerschiene –<br />
unverzichtbar bei Fingerverletzungen im Ballsport<br />
Rat aus der Apotheke<br />
24 Arzneipflanze des Jahres <strong>2023</strong>:<br />
Der Echte Salbei<br />
Fitness<br />
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26 Wandern in den Voralpen – für jeden etwas<br />
Rubriken<br />
25 Impressum / Medizinische Fachberatung<br />
28 Gewinnspiel<br />
30 Rätsel
IRAK: Unsere jordanische<br />
Kinderärztin Tanya Haj-Hassan<br />
untersucht ein Neugeborenes<br />
in Mossul. © Peter Bräunig<br />
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4 Thema aktuell<br />
Grippeschutzimpfung –<br />
das sollten Sie wissen!<br />
Die jährliche Grippeschutzimpfung<br />
ist das beste Mittel,<br />
um sich vor der »echten« Grippe<br />
zu schützen. Denn bei einer<br />
Influenza fühlen sich die Betroffenen<br />
nicht nur sehr krank,<br />
sondern die Infektion kann<br />
auch eine Lungenentzündung<br />
und andere schwerwiegende<br />
Komplikationen haben.<br />
Von Isabel Virnich<br />
Wer sollte sich impfen lassen?<br />
Für Menschen über 60 Jahre und Patientinnen<br />
und Patienten mit einer Vorerkrankung wie Diabetes,<br />
Asthma, einer Herz-Kreislauf-Erkrankung<br />
oder einer angeborenen bzw. erworbenen<br />
Immunschwäche kann die »echte« Grippe besonders<br />
gefährlich werden. Ihnen empfiehlt die<br />
Ständige Impfkommission am Robert Koch-<br />
Institut (STIKO) – ebenso wie Schwangeren (ab<br />
dem zweiten Schwangerschaftsdrittel) – eine<br />
jährliche Schutzimpfung gegen Influenza. Aber<br />
auch Bewohner von Alters- und Pflegeheimen<br />
oder Personen, die in Arztpraxen, Kliniken und<br />
anderen Gesundheitseinrichtungen arbeiten,<br />
sollten sich laut STIKO impfen lassen.<br />
Wann ist der beste Zeitpunkt für eine<br />
Grippeimpfung?<br />
Für unsere Breitengrade wird empfohlen, die<br />
Impfung möglichst jedes Jahr in der Zeit zwischen<br />
Ende September und Ende November<br />
durchführen zu lassen. Da der Impfschutz bereits<br />
etwa 10 bis 14 Tage nach der Impfung voll<br />
ausgeprägt ist, ist eine Impfung aber auch zu<br />
einem späteren Zeitpunkt noch möglich, etwa<br />
wenn sich Hinweise auf eine epidemieartige<br />
Zunahme von Influenza-Fällen ergeben. Die<br />
Impfung schützt in der Regel über die gesamte<br />
Grippesaison.<br />
Warum ist die Gefahr, sich eine Influenzainfektion<br />
zuzuziehen, in den <strong>Herbst</strong>- und Wintermonaten<br />
besonders groß?<br />
Das hat mehrere Gründe: Zum einen können<br />
sich die Viren in der kalten Jahreszeit, wenn<br />
die Luftfeuchtigkeit gering ist und die Temperaturen<br />
niedrig sind, besonders schnell verbreiten.<br />
Zum anderen trocknet die Heizungsluft die<br />
Schleimhäute aus und macht sie damit anfällig<br />
für einen Befall mit Viren. Begünstigend kommt<br />
hinzu, dass durch die niedrigen Außentemperaturen<br />
und den Mangel an immunstimulierendem<br />
Sonnenlicht die Funktionsfähigkeit des<br />
Immunsystems leicht herabgesetzt ist. Der enge<br />
Kontakt in geschlossenen Räumen erleichtert<br />
zudem in der kalten Jahreszeit die Übertragung.<br />
Aus den gleichen Gründen befürchten Virologen<br />
übrigens auch, dass die Corona-Pandemie<br />
hierzulande in den kälteren Jahreszeiten wieder<br />
an Fahrt aufnehmen könnte.<br />
Wie hoch ist der Impfschutz?<br />
Eine Grippeimpfung wirkt in der einen Saison<br />
besser, in einer anderen weniger gut. Laut Angaben<br />
des Robert Koch-Instituts beträgt ihre<br />
Schutzrate etwa 60 bis 70 Prozent. Damit ist sie<br />
relativ hoch, reicht aber nicht an die Schutzrate<br />
der Standardimpfungen heran. Ein Grund ist,<br />
dass die Antigenkombination des Impfstoffs jedes<br />
Jahr neu festgelegt werden muss, um gegen<br />
die aktuell zirkulierenden Virusstämme überhaupt<br />
wirksam zu sein. Aufgrund ihrer genetischen<br />
Beschaffenheit verändert sich die Oberfläche<br />
des Influenza-Virus nämlich praktisch<br />
permanent.<br />
Das Prozedere birgt jedoch Tücken. Denn die<br />
Virenarten können sich bis zum eigentlichen<br />
Beginn der »Virensaison« noch einmal so stark<br />
verändern, dass der Impfstoff nicht mehr passt<br />
und damit keinen optimalen Schutz mehr bietet.<br />
So geschehen z. B. in der Saison 2014/2015:<br />
Laut dem US-Center for Disease Control and<br />
Prevention (CDC) fiel die Schutzvermittlung<br />
des Grippeimpfstoffs aufgrund der Veränderung<br />
der Viren damals sogar unter 20 Prozent.<br />
Demgegenüber lag die Schutzrate der Grippeimpfung<br />
in der vergangenen Saison jedoch bei<br />
über 80 Prozent.<br />
Ist die Impfung gut verträglich?<br />
Die Grippeschutzimpfung wird in den allermeisten<br />
Fällen gut vertragen. Allerdings können<br />
vereinzelt Beschwerden an der Einstichstelle<br />
auftreten. In ein bis zehn Prozent der Fälle<br />
treten zudem grippeähnliche Symptome auf.<br />
Diese sind jedoch vorübergehend und klingen<br />
im Allgemeinen 24 bis 48 Stunden nach der<br />
Impfung wieder ab.<br />
Wann darf nicht geimpft werden?<br />
Wer an einer fieberhaften Erkrankung über<br />
38,5 Grad Celsius oder einer akuten Infektion<br />
leidet, sollte bis zur Genesung nicht geimpft<br />
werden.<br />
Personen, bei denen eine Allergie gegen Bestandteile<br />
des Impfstoffs vorliegt, sollten immer<br />
die Ärztin bzw. den Arzt informieren und gegebenenfalls<br />
auf eine Impfung verzichten oder<br />
– bei einer Hühnereiweißallergie – auf einen<br />
Grippeimpfstoff ausweichen, der kein Hühnereiweiß<br />
enthält (siehe Seite 5).<br />
Besteht die Gefahr einer »Überimmunisierung«,<br />
wenn ich mich jedes Jahr gegen Grippe<br />
impfen lasse?<br />
Nein, schon deshalb nicht, weil es sich in der<br />
Regel immer um einen etwas anderen Impfstoff<br />
handelt. Es liegen auch keine Hinweise vor, wonach<br />
eine regelmäßig vorgenommene Grippeimpfung<br />
das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen<br />
erhöht oder diese dadurch ausgeprägter<br />
auftreten.<br />
Ist eine Grippeimpfung bei Kindern ähnlich<br />
wirksam wie bei Erwachsenen?<br />
Es gibt Hinweise, dass die Wirksamkeit der herkömmlichen<br />
Grippeimpfung bei Kindern um<br />
einiges schlechter ist als bei Erwachsenen. Inzwischen<br />
steht jedoch ein Influenza-Lebendimpfstoff<br />
als Nasenspray zur Verfügung, der<br />
deutlich besser wirksam ist und deshalb bei Kindern<br />
und Jugendlichen im Alter von 2 bis einschließlich<br />
17 Jahren bevorzugt verwendet werden<br />
sollte. Besteht jedoch eine Immunschwäche,<br />
schweres Asthma oder wird eine Salicylat-Therapie<br />
durchgeführt, darf nicht mit dem Lebendimpfstoff<br />
geimpft werden.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Thema aktuell 5<br />
Ich bin gegen Hühnereiweiß allergisch. Gibt<br />
es einen Grippeimpfstoff, der trotzdem für<br />
mich infrage kommt?<br />
Der Grippeimpfstoff kann Spuren von Hühnereiweiß<br />
enthalten. Deshalb: Ist eine schwerwiegende<br />
Hühnereiweißallergie bekannt, sollte<br />
man dies unbedingt vorab mit der Ärztin oder<br />
dem Arzt besprechen. Inzwischen gibt es einen<br />
hühnereiweißfreien, in Zellkulturen hergestellten<br />
Grippeimpfstoff, der für Hühnereiweiß-Allergiker<br />
(ab einem Lebensalter von 2 Jahren) geeignet<br />
ist.<br />
Ich gehöre keiner Risikogruppe an, soll ich<br />
mich trotzdem impfen lassen?<br />
Generell steht es jedem frei, sich gegen Influenza<br />
impfen zu lassen. Allerdings: Zwar bescheinigen<br />
viele Erfahrungsberichte der Grippeimpfung<br />
eine vorbeugende Wirkung und eine gute<br />
Verträglichkeit. Es gibt jedoch noch keine aussagekräftigen<br />
wissenschaftlichen Belege dafür,<br />
dass gesunde Menschen unter 60 Jahren und<br />
ohne Risikofaktoren wie chronische Atemwegsoder<br />
Stoffwechselerkrankungen von der Impfung<br />
profitieren.<br />
Kann gleichzeitig gegen Grippe und Corona<br />
geimpft werden?<br />
Laut STIKO kann eine Grippeimpfung gleichzeitig<br />
mit einer Coronaimpfung bzw. mit dem<br />
Boostern stattfinden. Ein Abstand von 14 Tagen,<br />
wie früher empfohlen, muss nicht mehr<br />
eingehalten werden. Es kann allerdings passieren,<br />
dass die Impfreaktionen, also leichte Nebenwirkungen,<br />
etwas stärker ausfallen.<br />
Und wie sieht es mit einer gleichzeitigen<br />
Impfung gegen Grippe und Gürtelrose aus?<br />
Auch in diesem Fall hat die STIKO keine Bedenken.<br />
Derzeit wird jedoch dazu geraten, dass<br />
die Gürtelroseimpfung mit dem empfohlenen<br />
Totimpfstoff nur in Kombination mit einem<br />
inaktivierten Standard-Grippeimpfstoff ohne<br />
Wirkverstärker (Adjuvanz) gegeben werden<br />
sollte. Zur zeitgleichen Impfung mit anderen<br />
Impfstoffen, etwa dem für Personen ab 60 Jahre<br />
empfohlenen Hochdosis-Impfstoff gegen Grippe,<br />
liegen nämlich bislang keine Studienergebnisse<br />
vor.<br />
Echte Grippe –<br />
kein Vergleich mit einem<br />
grippalen Infekt!<br />
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
an einer »echten« Grippe zu<br />
erkranken?<br />
Influenzaviren sind hoch ansteckend,<br />
sodass bereits geringe Virusmengen<br />
eine Infektion auslösen. Jedes Jahr<br />
gibt es Grippewellen, im Extremfall<br />
kann sich auch eine Pandemie entwickeln.<br />
Die höchsten Erkrankungsraten<br />
findet man bei Kindern und<br />
Jugendlichen.<br />
Wie wird die Erkrankung<br />
übertragen?<br />
Übertragen wird Influenza durch erregerhaltige<br />
Sekrettröpfchen, die beim<br />
Sprechen, Husten oder Niesen abgegeben<br />
und dann eingeatmet werden<br />
(Tröpfcheninfektion).<br />
Wann treten die ersten<br />
Symptome auf?<br />
Die Zeit zwischen der Infektion und<br />
dem Beginn der Symptome beträgt ein<br />
bis drei Tage.<br />
Welche Symptome sind typisch?<br />
Die Influenza geht mit plötzlich auftretendem<br />
hohen Fieber (> 38, 5 °C),<br />
Schüttelfrost und Schweißausbrüchen<br />
sowie mit Erkältungssymptomen wie<br />
trockenem Husten, (mäßiger) Schnupfen,<br />
Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen<br />
einher; außerdem besteht ein starkes<br />
Krankheitsgefühl.<br />
Warum treten relativ oft Komplikationen<br />
auf?<br />
Die durch die Viren geschädigte Atemwegsschleimhaut<br />
ist ein idealer Nährboden<br />
für Bakterien, die nun ungehindert<br />
eindringen und so ihrerseits eine<br />
Infektion hervorrufen können. Eine<br />
solche bakterielle Super- oder Sekundärinfektion<br />
verläuft dann oft sehr viel<br />
schwerer als die eigentliche Influenza.<br />
Häufigste bakteriell bedingte Komplikationen<br />
sind eine Nasennebenhöhlen-<br />
und/oder Mittelohrentzündung<br />
(vor allem bei Kindern) und vor allem<br />
eine Lungenentzündung. Diese sind<br />
besonders gefürchtet, weil sie einen<br />
lebensgefährlichen Verlauf nehmen<br />
und im Extremfall Abszesse in der<br />
Lunge verursachen können. Weitere<br />
Komplikationen können neben Herzrhythmusstörungen<br />
oder einer Herzschwäche<br />
auch eine Hirnhaut- oder<br />
Gehirnentzündung sein. Da das Influenza-Virus<br />
aber prinzipiell jedes Organ<br />
schädigen kann, sind auch Symptome<br />
wie Leberschwellung oder Magen-<br />
Darm-Erkrankungen möglich.<br />
Welche Behandlung kommt<br />
infrage?<br />
Medikamente, die eine virushemmende<br />
Wirkung haben und damit an der<br />
Ursache ansetzen, kommen nur dann<br />
infrage, wenn sie in den ersten 48 Stunden<br />
nach Krankheitsausbruch verabreicht<br />
werden – danach haben sie keinen<br />
therapeutischen Einfluss mehr auf<br />
den Krankheitsverlauf. Ansonsten kommen<br />
Maßnahmen zur Symptomlinderung<br />
in Betracht, etwa fiebersenkende<br />
oder schmerzstillende Medikamente<br />
(z. B. Paracetamol), ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />
oder hustenstillende Mittel;<br />
außerdem ist Bettruhe wichtig. Hat<br />
sich zusätzlich eine bakterielle Zweitinfektion<br />
entwickelt, werden Antibiotika<br />
eingesetzt.<br />
Kann ich durch die Impfung Influenza<br />
bekommen?<br />
Die übliche jährliche Grippeimpfung ist ein<br />
Totimpfstoff. Er enthält also keine vermehrungsfähigen<br />
Erreger und kann daher weder<br />
eine Erkrankung hervorrufen, noch können<br />
Impfviren an Dritte weitergegeben werden.<br />
Dass dennoch immer wieder der Verdacht geäußert<br />
wird, die Impfung könne auch die Erkrankung<br />
auslösen, hat im Wesentlichen zwei<br />
Gründe: Zum einen wird in der Erkältungssaison<br />
geimpft. So kann es passieren, dass Geimpfte<br />
zufällig zeitgleich eine Erkältung bekommen<br />
und die Impfung dafür verantwortlich<br />
machen. Zum anderen können nach der<br />
Impfung Allgemeinsymptome wie Frösteln,<br />
Müdigkeit, Übelkeit oder Muskelschmerzen<br />
auftreten. Solche Impfreaktionen klingen in<br />
der Regel jedoch nach ein bis zwei Tagen wieder<br />
ab.<br />
Etwas anders liegt der Fall bei der Verabreichung<br />
des Lebendimpfstoffs für Kinder und<br />
Jugendliche, der in die Nase gesprüht wird:<br />
Hier besteht ein, wenn auch sehr geringes Risiko<br />
der Übertragung von Impfviren auf stark<br />
immungeschwächte Personen.<br />
Schützt eine Grippeimpfung auch gegen<br />
Erkältungen?<br />
Nein, sie schützt nur vor einer Erkrankung<br />
durch Influenzaviren, nicht vor einem grippalen<br />
Infekt, der durch andere Erreger hervorgerufen<br />
wird. Meist handelt es sich bei einer<br />
»Erkältung« um virusbedingte Infekte, für die<br />
mehr als 200 verschiedene Erkältungsviren und<br />
ihre Subtypen infrage kommen.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
6 Thema aktuell<br />
Vektorbild oben: vladimirfloyd / fotolia.com<br />
Neues aus der Forschung<br />
Entzündliche Botenstoffe:<br />
böse Buben, gutes Werk<br />
Gefäßmuskelzellen nutzen entzündliche<br />
Botenstoffe, um schützende<br />
Funktionen von Fresszellen aufrechtzuerhalten<br />
und so eine arteriosklerotische<br />
Gefäßverkalkung zu verringern.<br />
Diesen völlig neuen Aspekt der körpereigenen<br />
Schutzmaßnahmen gegen<br />
Arteriosklerose hat eine aktuelle<br />
Studie aufgedeckt – und er könnte<br />
neue anti-entzündliche Therapieoptionen<br />
eröffnen.<br />
von Klaus Wilhelm<br />
Herzinfarkt oder Schlaganfall sind Erkrankungen,<br />
die jedes Jahr Millionen von Menschen<br />
das Leben kosten. Verursacht werden sie<br />
durch den Prozess der Arteriosklerose, die auch<br />
»Arterienverkalkung« genannt wird. Bei der<br />
Entstehung der Arteriosklerose in den Gefäßwänden<br />
spielen u. a. Fresszellen, sogenannte Makrophagen,<br />
eine besonders relevante Rolle, die<br />
wiederum durch ganz bestimmte Botenstoffe<br />
des Immunsystems im Sinne einer schädlichen<br />
Dauerentzündung rekrutiert werden. Aber diese<br />
Botenstoffe haben zwei Gesichter, wie Forschende<br />
des LMU Klinikums München um Dr. Kami<br />
Pekayvaz und Prof. Dr. Konstantin Stark von der<br />
Medizinischen Klinik I in Großhadern zusammen<br />
mit Kollegen anderer Institutionen jetzt<br />
entdeckt haben: Die ansonsten entzündungsfördernd<br />
wirkenden Botenstoffe sind innerhalb<br />
der Gefäßwand – ausgeschüttet von Gefäßmuskelzellen<br />
– überraschenderweise entzündungshemmend.<br />
Neue anti-entzündliche Therapien in<br />
der Forschung sollten diesen Effekt berücksichtigen,<br />
um einen maximalen Effekt zu erreichen.<br />
Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im hochrangigen<br />
Fachjournal Immunity veröffentlicht.<br />
Am Anfang stehen Cholesterinablagerungen<br />
Arteriosklerose entsteht, wenn Cholesterinablagerungen<br />
sich in der Wand von Blutgefäßen ansammeln<br />
und Entzündungszellen in die Gefäßwand<br />
einwandern. Dort baut sich eine schädliche<br />
Entzündungsreaktion auf, die sich verselbstständigt,<br />
chronisch wird und zu Ablagerungen<br />
führt, die im Fachjargon Plaques genannt werden.<br />
Sie verengen die Gefäße. Mehr noch: Auf<br />
den Plaques können Gerinnsel entstehen und<br />
sich lösen, durch das Blut wandern und Gefäße<br />
im Herzen oder im Gehirn verstopfen. Dadurch<br />
entsteht ein Herzinfarkt oder Schlaganfall.<br />
Makrophagen gehören zu den Immunzellen, die<br />
in den Geweben unseres Körpers u. a. Zelltrümmer<br />
entsorgen und weitere wichtige Funktionen<br />
erfüllen. Aber: Sie sind auch wesentlich an der<br />
arteriosklerotischen Plaque-Bildung in der Ge-<br />
fäßwand beteiligt. «Bisher war nur bekannt, wie<br />
die Fresszellen zur arteriosklerotischen Ablagerung<br />
rekrutiert werden und zur Krankheitsentstehung<br />
beitragen«, sagt der Erstautor der Studie,<br />
Dr. Kami Pekayvaz. Dabei spielen bestimmte<br />
Botenstoffe des Immunsystems, die CCL2<br />
und MIF genannt werden, eine entscheidende<br />
Rolle.<br />
Die Forschenden untersuchten in ihrer Studie<br />
nun mittels moderner Analyse-Methoden detailliert,<br />
was nach der Rekrutierung von Fresszellen<br />
in die Gefäßwand geschieht. Sie entschlüsselten,<br />
wie Muskelzellen in der Gefäßwand das<br />
lokale Entzündungsmilieu aktiv beeinflussen –<br />
und machten eine überraschende Entdeckung:<br />
Gefäßmuskelzellen schütten die als besonders<br />
schädlich geltenden Botenstoffe CCL2 und MIF<br />
aus, die stark auf die Funktion und die Verteilung<br />
von Fresszellen wirken.<br />
Dies führt aber nicht zu einer entzündungsfördernden<br />
Beeinflussung von Fresszellen, sondern<br />
sichert die normalen, gesunden Funktionen der<br />
Fresszellen. Denn als die Wissenschaftler die<br />
Ausschüttung von CCL2 und MIF verhinderten,<br />
starben die Makrophagen ab oder arbeiteten<br />
nicht mehr richtig, »was die Entstehung der<br />
Gefäßentzündung und der Arteriosklerose beschleunigte«,<br />
so Pekayvaz. Abhängig vom Ort<br />
in der Gefäßwand entfalten die eigentlich bösen<br />
Buben mithin einen schützenden Effekt für den<br />
arteriosklerotischen Prozess, der weltweit Millionen<br />
Menschen das Leben kostet. Diese Entdeckung<br />
ist sehr wichtig für die weitere Herz-<br />
Kreislauf-Forschung, denn in ihren Laboren<br />
arbeiten Forschende weltweit an anti-entzündlichen<br />
Therapien. »Diese Therapien sollten aber<br />
nicht die potentiell vorteilhaften Effekte der Botenstoffe<br />
in gewissen Bereichen des Gefäßsystems<br />
blockieren und sollten somit zellspezifisch<br />
sein«, betont der Münchner Forscher, »um die<br />
Wirkung dieser innovativen Behandlungsansätze<br />
optimal zu gestalten«.<br />
Publikation:<br />
Mural cell-derived chemokines provide a protective<br />
niche to safeguard vascular macrophages<br />
and limit chronic inflammation<br />
Pekayvaz et al., <strong>2023</strong>, Immunity 56, 1-17<br />
DOI: https://doi.org/10.1016/j.immuni.<strong>2023</strong>.08.002<br />
Kontakt<br />
Dr. med. Kami Pekayvaz<br />
Medizinische Klinik I<br />
LMU Klinikum München<br />
Tel: 089/2180-76505<br />
www.lmu-klinikum.de<br />
Foto: © LMU Klinikum München<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Thema aktuell 7<br />
Brustkrebsmonat<br />
Der Oktober ist pink<br />
Schleife: © MesserWoland, Wikipedia<br />
Seit 1991 wird der Oktober weltweit<br />
jedes Jahr zum Brustkrebsmonat ausgerufen.<br />
Ziel ist es aufzuklären, zu<br />
informieren – und Solidarität mit den<br />
betroffenen Frauen zu bekunden.<br />
Von Isabel Virnich<br />
Der Oktober steht im Zeichen der pinkfarbenen<br />
Schleife (Pink Ribbon): dem internationales<br />
Symbol für das Engagement gegen Brustkrebs.<br />
Dabei geht es vor allem um ...<br />
• ... die Prävention und Früherkennung von<br />
Brustkrebs,<br />
• ... die genaue Erforschung der Ursachen von<br />
Brustkrebs,<br />
• ... die Suche nach Therapien zur Heilung von<br />
Brustkrebs.<br />
Brustkrebs ist ein Thema,<br />
dass letztlich jede Frau angeht.<br />
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung<br />
bei Frauen. Laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten<br />
am Robert Koch-Institut erkranken jedes<br />
Jahr in Deutschland etwa 69 700 Frauen an<br />
Brustkrebs. Hinzu kommen noch etwa 6 000<br />
Vor- oder Frühformen von Brustkrebs, so genannte<br />
»in situ«-Tumoren. Das Durchschnittsalter,<br />
in dem Frauen an Brustkrebs erkranken,<br />
liegt unter dem für Krebs allgemein. Fast drei<br />
von zehn betroffenen Frauen sind jünger als 55<br />
Jahre alt, wenn sie die Diagnose erhalten.<br />
Früherkennung ist wichtig<br />
Anlässlich des Brustkrebsmonats empfiehlt die<br />
Deutsche Krebsgesellschaft einmal mehr, regelmäßig<br />
an der Brustkrebs-Früherkennung teilzunehmen:<br />
In Deutschland haben Frauen zwischen<br />
50 und 69 Jahren die Möglichkeit, alle<br />
zwei Jahre zur Mammographie zu gehen.<br />
Die Mammographie ist das einzige in Deutschland<br />
zugelassene Röntgenverfahren zur Früherkennung.<br />
Ziel des Mammographie-Screening-<br />
Programms ist es, Brustkrebs in einem so frühen<br />
Stadium zu entdecken, in dem der Tumor<br />
noch klein ist und die Lymphknoten noch nicht<br />
befallen hat. Dann haben Frauen die Chance auf<br />
eine günstige Prognose, schonendere Behandlung<br />
und darauf, vor dem Tod durch Brustkrebs<br />
bewahrt zu werden.<br />
Auch wenn das Risiko für einen falsch-positiven<br />
Befund nicht vollständig auszuschließen ist: Der<br />
Nutzen des Mammographie-Screenings gegenüber<br />
den Risiken überwiegt, das belegen auch<br />
zahlreiche Studien. Danach sterben durch das<br />
Screening weniger Frauen an Brustkrebs als zuvor<br />
– auch im internationalen Vergleich.<br />
Ausweitung der Altersgrenze<br />
Gemeinsam<br />
gegen Krebs<br />
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Krankenhaus für Naturheilweisen<br />
Fachklinik für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Homöopathie<br />
„<br />
Unsere Patient*innen erleben,<br />
dass sie keine passiven Zuschauer,<br />
sondern aktive Teilnehmer<br />
ihrer Behandlung sind.<br />
“<br />
Derzeit ist sogar eine Ausweitung der Altersgrenze<br />
im Gespräch. So könnten laut Bundesamt<br />
für Strahlenschutz auch Frauen zwischen<br />
70 und 75 Jahren von den regelmäßigen Untersuchungen<br />
profitieren. Diese positive Einschätzung<br />
des Bundesamts ist für eine erweiterte Zulassung<br />
des Screenings erforderlich, weil es sich<br />
um eine Röntgenuntersuchung handelt.<br />
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit<br />
im Gesundheitswesen (IQWiG) geht noch<br />
einen Schritt weiter und empfiehlt neben einer<br />
Anhebung der Altersgrenze außerdem ein<br />
Mammographie-Screening für unter 50-jährige<br />
Frauen. Mögliche Schäden durch falsch-positive<br />
Befunde oder Überdiagnosen stehe bei Frauen<br />
im Alter zwischen 45 und 49 Jahren ein »brustkrebsspezifischer<br />
Überlebensvorteil« gegenüber,<br />
der überwiege, heißt es. Im Übrigen rät auch<br />
eine EU-Leitlinie dazu, Frauen dieses Alters<br />
in ein Brustkrebs-Früherkennungsprogramm<br />
einzubeziehen.<br />
Noch ist nicht entschieden, ob sich das Mammographie-Screening-Programm<br />
künftig auch<br />
an jüngere bzw. ältere Frauen richtet. Mit einer<br />
Reaktion des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />
(G-BA) wird jedoch in den nächsten Monaten<br />
gerechnet.<br />
Rufen Sie<br />
uns gerne an!<br />
089 62505-437<br />
info@kfn-muc.de<br />
Seybothstraße 65 · 81545 München · www.krankenhaus-naturheilweisen.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
8 Diagnose & Therapie<br />
Fotos: © Krankenhaus für Naturheilweisen München<br />
Supportive Krebstherapie<br />
Nebenwirkungen lindern –<br />
Lebensqualität verbessern<br />
Eine Krebserkrankung ist für die Betroffenen eine große Belastung – sowohl psychisch als<br />
auch physisch. Viele körperliche und seelische Beschwerden können in Zusammenhang<br />
mit der Erkrankung, aber auch mit der Krebsbehandlung auftreten. Um diese Beschwerden<br />
zu lindern, ist eine individuelle, auf die speziellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmte<br />
Therapie nötig.<br />
Von Alexander Friedrich<br />
Als eine der größten komplementärmedizinischen<br />
Kliniken Deutschlands bietet<br />
das Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN) in<br />
München die unterstützende (supportive) Behandlung<br />
bei Krebserkrankungen an. Im Gespräch<br />
mit <strong>TOPFIT</strong> erklärt die Ärztliche Direktorin<br />
und Chefärztin Dr. Michaela Moosburner,<br />
wie krebskranken Patient:innen effektiv geholfen<br />
werden kann, um belastende Begleiterscheinungen<br />
wie eine Fatigue oder ein Hand-Fuß-<br />
Syndrom zu lindern.<br />
Frau Dr. Moosburner, mit welchen<br />
Beschwerden als Begleitfolgen einer<br />
schulmedizinischen Krebstherapie kommen<br />
Ihre Patienten auf der Suche nach<br />
Linderung zu Ihnen?<br />
Dr. Moosburner: Viele Krebspatient:innen sind<br />
sowohl durch ihre krankheitsbedingten Beschwerden<br />
wie auch durch die Folgen der Krebsbehandlung<br />
sehr in ihrer Lebensqualität eingeschränkt.<br />
Sehr häufig sind die Patient:innen von einer tumorbedingten<br />
Fatigue betroffen, was sich durch<br />
ausgeprägte Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Erschöpfung<br />
und verminderte Leistungsfähigkeit äußert.<br />
Durch diese teils auch über einen längeren Zeitraum<br />
anhaltenden Symptome können Betroffene<br />
stark in ihrem Alltag, Beruf, Partnerschaft und sozialen<br />
Bereich eingeschränkt sein.<br />
Neben der Fatigue können aber auch<br />
viele weitere Beschwerden nach oder<br />
während einer Krebserkrankung und<br />
deren Behandlung auftreten ...<br />
Dr. Moosburner: ... Genau, dazu zählen z. B.<br />
chronische Schmerzen, Magen-Darm-Probleme<br />
wie andauernde Übelkeit, Appetitlosigkeit und<br />
Verdauungsstörungen, Gewichtsverlust und Mangelernährung,<br />
aber auch Medikamentennebenwirkungen<br />
wie eine Polyneuropathie oder ein Hand-<br />
Fuß-Syndrom. Hinzu kommen häufige Infekte<br />
durch Viren und Bakterien, die u. a. durch ein geschwächtes<br />
Immunsystem bedingt sind.<br />
Um die Beschwerden zu lindern, ist<br />
eine individuelle, auf die speziellen<br />
Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmte<br />
Therapie nötig. Können Sie uns das<br />
Integrative Behandlungskonzept des<br />
KfN kurz erklären?<br />
Dr. Moosburner: Unser ganzheitlicher Therapieansatz<br />
orientiert sich am Menschen und an<br />
der Komplexität seiner Erkrankung. Dabei verbinden<br />
wir gezielt das Beste aus zwei Welten: die<br />
evidenzbasierte Schulmedizin und anerkannte<br />
Therapieformen der Komplementärmedizin.<br />
Dazu gehört ein breites Spektrum an bewährten<br />
Naturheilverfahren. Viele therapie- oder krankheitsbedingte<br />
Symptome lassen sich durch eine<br />
naturheilkundlich orientierte Supportivtherapie<br />
deutlich verbessern. Eine konventionelle onkologische<br />
Therapie können und sollen Naturheilverfahren<br />
aber nicht ersetzen! Die Hyperthermie bei<br />
Krebs ist ein wichtiger Therapiebaustein, den wir<br />
im KfN oft einsetzen und mit dem wir gute Erfolge<br />
erzielen.<br />
Mit Wärme gegen Krebs? Was genau<br />
kann man sich darunter vorstellen?<br />
Dr. Moosburner: Fieber und eine Erhöhung der<br />
Körpertemperatur stellen eine natürliche Reaktion<br />
des Körpers dar, die der Gesunderhaltung und<br />
der Abwehr krankheitsauslösender Reize dienen.<br />
Umgekehrt aktiviert eine künstliche Erhöhung der<br />
Körpertemperatur – die so genannte Hyperthermie<br />
– viele Regulationsvorgänge, die die Selbstheilungskräfte<br />
fördern und bei chronischen Krankheiten<br />
wie auch bei Krebs zu einer nachhaltigen<br />
Linderung von Symptomen beitragen können. Die<br />
Hyperthermie ist ein klassisches Naturheilverfahren<br />
und wird zu den hydro-thermischen Therapien<br />
gezählt.<br />
Also ist die Hyperthermie bei Krebs sozusagen<br />
Ihr »Ass im Ärmel«? Wie genau<br />
würden Sie diese Therapie beschreiben?<br />
Dr. Moosburner: Die Hyperthermie ist ein wärmetherapeutisches<br />
Verfahren, bei dem die Körpertemperatur<br />
der Patient:innen künstlich erhöht<br />
wird. Die fieberähnlichen physiologischen<br />
Wirkungen der Überwärmung des Körpers<br />
können sehr unterschiedliche Regulations- und<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
9<br />
Selbstheilungsprozesse beeinflussen. Gerade<br />
bei Erschöpfungszuständen hat die Hyperthermie<br />
oft eine gute Wirkung. Das Immunsystem<br />
und das vegetative Nervensystem werden reguliert<br />
und regenerative Prozesse werden angestoßen.<br />
Der Allgemeinzustand wird verbessert und<br />
durch die gesteigerte Durchblutung der Muskulatur<br />
lösen sich spannungsbedingte Schmerzen.<br />
Wir verwenden hier zwei unterschiedliche Hyperthermie-Verfahren:<br />
die moderate Ganzkörperhyperthermie<br />
und die lokoregionale<br />
Tiefenhyperthermie.<br />
Worin besteht der Unterschied?<br />
Dr. Moosburner: Die moderate Ganzkörperhyperthermie<br />
erwärmt den Körper des Patienten auf<br />
eine Körpertemperatur zwischen 38,5 °C bis maximal<br />
40,5 °C. Die Körpertemperatur kann durch<br />
zwei unterschiedliche Methoden erhöht werden.<br />
Wir unterscheiden zwischen der Infrarot-Ganzkörperhyperthermie<br />
und dem Überwärmungsbad<br />
nach Schlenz. Bei Ersterer dient eine Infrarotstrahlung<br />
als Wärmequelle. Bei der zweiten Variante<br />
wird Wasser als Wärmequelle genutzt. In der<br />
sich anschließenden Wärmestauphase wird das<br />
Temperaturniveau über weitere 30 Minuten hochgehalten.<br />
Während der gesamten Behandlung werden<br />
die Patient:innen mittels Monitor überwacht.<br />
Die Hyperthermie ist ein wirkungsvolles aber auch<br />
anstrengendes Verfahren, das wir nur dann einsetzen<br />
können, wenn der Allgemeinzustand der<br />
Patient:innen es zulässt.<br />
Die lokoregionale Tiefenhyperthermie wird fast<br />
ausschließlich bei Krebspatient:innen angewendet,<br />
die lokalisierte und solide Tumoren haben,<br />
die durch eine Operation nicht entfernt werden<br />
können. Die Behandlung bei der lokoregionalen<br />
Tiefenhyperthermie ist einfach und nicht belastend.<br />
Sie dauert 40 bis 60 Minuten und wird<br />
in Abständen von zwei bis drei Tagen oft parallel<br />
oder kurz nach Abschluss einer Chemotherapie<br />
durchgeführt.<br />
Wie funktioniert das Verfahren?<br />
Dr. Moosburner: Die Patient:innen liegen auf<br />
einem beheizten Wasserbett. Eine schwenkbare<br />
Applikationselektrode wird über dem entsprechenden<br />
Tumorareal positioniert. Die lokale<br />
Wärmeapplikation führt zu einer thermischen<br />
Schädigung der Krebszellen, während das gesunde<br />
Gewebe hierbei nicht geschädigt wird. Dies<br />
erleichtert dem Immunsystem, die Tumorzellen<br />
zu erkennen und anzugreifen. Die lokoregionale<br />
Tiefenhyperthermie kann sowohl mit weiteren<br />
schulmedizinischen onkologischen Therapien als<br />
auch mit komplementärmedizinischen Verfahren<br />
gut kombiniert werden. Synergie-Effekte der Therapiemaßnahmen<br />
führen zu einer gegenseitigen<br />
Wirkungsverstärkung.<br />
Patient:innen mit einer Krebserkrankung<br />
wollen häufig selbst aktiv zu<br />
einem Therapieerfolg beitragen und suchen<br />
nach Möglichkeiten, ihren Körper<br />
zu unterstützen. Wie schaffen sie das?<br />
Dr. Moosburner: Die Ordnungstherapie ist ein<br />
wesentlicher Bestandteil der supportiven Tumortherapie.<br />
Im Rahmen der Ordnungstherapie unterstützen<br />
wir besonders auch die Eigeninitiative<br />
unserer Patient:innen. Sie sollen ihre Krankheit<br />
verstehen und lernen, damit besser zurechtzukommen.<br />
Sie sollen erkennen, dass sie selbst zur Linderung<br />
von Beschwerden und zur Verbesserung ihrer<br />
Lebensqualität beitragen können. Die bei uns<br />
gelernten Strategien können nach dem Klinikaufenthalt<br />
dann zu Hause selbständig weitergeführt<br />
werden.<br />
Also Hilfe zur Selbsthilfe?<br />
Dr. Moosburner: So kann man es nennen, ja. Die<br />
Ordnungstherapie nimmt Einfluss auf Körper und<br />
Geist, die Patient:innen werden dabei aktiv in die<br />
Therapie mit einbezogen. Das physische und psychische<br />
Gleichgewicht soll durch einen ausgewogenen<br />
Rhythmus von Aktivität und Ruhe, Wachen<br />
und Schlafen sowie durch verschiedene Übungen<br />
zur Entspannung und zum Stressabbau stabilisiert<br />
werden. Auch eine ausgewogene, gesunde Ernährung<br />
und vor allem eine konsequente regelmäßige<br />
Bewegung spielen dabei eine wichtige Rolle.<br />
Die Ordnungstherapie kann damit in vielen Fällen<br />
sowohl die Tumorkrankheit als auch häufige<br />
Beschwerden und die Lebensqualität positiv beeinflussen.<br />
Beispielsweise verbessern körperliche<br />
Aktivität, aber auch regelmäßige Entspannung<br />
bei vielen Krebsarten die Tumor-Fatigue und haben<br />
nachweislich einen günstigen Effekt auf die<br />
Prognose.<br />
Gibt es neben den bereits genannten<br />
Therapieformen noch weitere Behandlungsmethoden?<br />
Dr. Moosburner: Ja, weitere Bausteine der Integrativen<br />
Tumorbehandlung im KfN sind:<br />
• Bewegungstherapie, wie beispielsweise Ausdauer-<br />
und Krafttraining wie Nordic Walking,<br />
Zur Person<br />
individuelle Medizinische Trainingstherapie,<br />
Ergometertraining<br />
• Physikalische Therapie, z. B. Manuelle Therapie,<br />
osteopathische Verfahren, Kneippsche<br />
Güsse, reflektorische Atemtherapie und andere<br />
Reflexzonen-Behandlungen<br />
• Phytotherapie, also die Behandlung mit Arzneipflanzen<br />
und deren Zubereitungen. Dabei achten<br />
wir besonders darauf, dass es keine Wechselwirkungen<br />
zwischen der Phytotherapie, der onkologischen<br />
Medikation und gegebenenfalls weiteren<br />
Begleitmedikamenten gibt.<br />
• Entspannungsverfahren, z. B. progressive<br />
Muskelrelaxation nach Jacobson, Atemgruppe,<br />
Bodyscan<br />
• Kunsttherapie<br />
• Ernährungstherapie und Schulung, z. B. Ernährungsvorträge,<br />
Anleitung zu einer gesunden, vollwertigen<br />
Ernährung, basenbetonte Ernährung,<br />
individuelle Ernährungskonzepte – gerade bei<br />
Tumorerkrankungen spielt die Ernährung für die<br />
Patient:innen eine große Rolle.<br />
Das Küchen-Team des KfN kocht eine moderne<br />
mediterrane Vollwertkost und verwendet Lebensmittel<br />
aus überwiegend nachhaltigem, regionalem<br />
Anbau. Dabei werden krankheitsspezifische<br />
Besonderheiten bei der Verpflegung unserer<br />
Patient:innen selbstverständlich berücksichtigt.<br />
Unser Küchen-Chef hat zusätzlich eine Qualifikation<br />
als Vollwertkoch und Gesundheitstrainer für<br />
Ernährung. Er und sein Team aus qualifizierten<br />
Diätassistent:innen schulen unsere Patient:innen<br />
im Rahmen von Ernährungsvorträgen und individuellen<br />
Beratungen.<br />
Würden Sie die Supportivtherapie also<br />
als unverzichtbaren Bestandteil einer<br />
onkologischen Behandlung sehen?<br />
Dr. Moosburner: Definitiv. Durch eine naturheilkundlich-orientierte<br />
Supportivtherapie lassen<br />
sich die belastenden Symptome einer Krebserkrankung<br />
und die Nebenwirkungen einer Tumortherapie<br />
oft bessern. Zudem wirken sich einige Begleitmaßnahmen<br />
sogar positiv auf das Überleben und<br />
das Rezidivrisiko aus.<br />
Dr. med. Michaela Moosburner<br />
Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie, Naturheilverfahren,<br />
Ernährungsmedizin und Homöopathie<br />
Ärztliche Direktorin und Chefärztin<br />
Krankenhaus für Naturheilweisen<br />
Seybothstraße 65<br />
81545 München<br />
Tel. 089 / 62505-0<br />
E-Mail: sekretariat@kfn-muc.de<br />
Nähere Infos:<br />
www.krankenhaus-naturheilweisen.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
10 Diagnose & Therapie<br />
Blasenkrebs<br />
Wichtigstes<br />
Alarmzeichen:<br />
Blut im Urin<br />
Foto: © ocskaymark / 123rf.com<br />
Mit jährlich rund 30 000 Neuerkrankungen<br />
ist Blasenkrebs in Deutschland gar<br />
nicht so selten. Wie bei allen bösartigen<br />
Tumorerkrankungen gilt auch bei dieser<br />
Krebsart: Je früher er entdeckt wird,<br />
desto besser lässt er sich behandeln.<br />
Ein ernstzunehmender Hinweis ist Blut<br />
im Urin – dann sollte baldmöglich der<br />
Urologe bzw. die Urologin aufgesucht<br />
werden.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Bei Männern ist Blasenkrebs (Harnblasenkrebs,<br />
Urothelkarzinom, Transitionalzellkarzinom)<br />
nach Prostata-, Lungen- und Darmkrebs<br />
der vierthäufigste Tumor. Frauen sind<br />
zwar seltener von Blasenkrebs betroffen, doch<br />
kommt die Erkrankung auch bei ihnen oft erst<br />
im höheren Lebensalter vor. Sowohl bei Frauen<br />
als auch bei Männern steigt das Erkrankungsrisiko<br />
deutlich, wenn sie rauchen.<br />
Tatsächlich wissen nur wenige, dass viele der im<br />
Zigarettenrauch enthaltenen Substanzen nicht<br />
nur in der Lunge, sondern auch in der Harnblase<br />
das Wachstum von Karzinomen auslösen<br />
können. Denn die krebserregenden Stoffe<br />
werden bei der Ausscheidung aus dem Körper<br />
über die Harnwege in der Blase in konzentrierter<br />
Form zwischengelagert. Ebenso kann es am<br />
Arbeitsplatz, etwa beim Friseurhandwerk, in<br />
der Druck- oder Lederindustrie, zu einer Belastung<br />
durch Karzinogene kommen; dies hat<br />
dazu geführt, dass Blasenkrebs mittlerweile als<br />
Berufskrankheit anerkannt ist. Weitere mögliche<br />
Auslöser sind bestimmte Medikamente (z.<br />
B. Chlornaphazin) oder eine vorangegangene<br />
Strahlentherapie im Beckenbereich. Aber auch<br />
chronische Blasenentzündungen über lange Zeit<br />
können ein sogenanntes Plattenepithelkarzinom<br />
der Harnblase begünstigen.<br />
Blasenkrebs entsteht hierzulande meist in der<br />
Schleimhautschicht der Blase (Urothel); oft sind<br />
die Tumorzellen an mehreren Stellen in dem Organ<br />
zu finden. Zusätzlich können die Schleimhaut<br />
der Nierenauskleidung und der Harnleiter<br />
befallen sein. Tückisch ist, dass es lange Zeit<br />
dauern kann, bis sich Blasenkrebs durch Beschwerden<br />
bemerkbar macht. Als Leitsymptom<br />
gilt Blut im Urin, ohne dass gleichzeitig Schmerzen<br />
bestehen – hiervon sind 80 Prozent der Patienten<br />
mit Blasenkrebs betroffen. »Ein blutiger<br />
Urin muss bis zum Beweis des Gegenteils deshalb<br />
immer erst einmal als mögliche Folge eines<br />
Tumors eingestuft werden«, betont Prof.<br />
Dr. Alexander Karl, Chefarzt der Urologischen<br />
Klinik des Krankenhauses Barmherzige Brüder<br />
München, des größten Zystektomie-Zentrums<br />
in ganz Deutschland. Weitere Alarmzeichen<br />
können eher unspezifische Beschwerden beim<br />
Wasserlassen mit einem chronischen Reizzustand<br />
der Blase sein.<br />
Eine sorgfältige Diagnostik ist<br />
entscheidend<br />
Ob hinter diesen Beschwerden eine harmlose<br />
Ursache oder Blasenkrebs steckt, lässt sich nur<br />
mithilfe einer sorgfältigen Diagnostik klären.<br />
Den Beginn machen in der Regel eine Ultraschalluntersuchung<br />
des Bauchraums sowie eine<br />
Urinprobe: Mithilfe einer Urinkultur wird abgeklärt,<br />
ob ein Harnwegsinfekt die Ursache für die<br />
Symptome ist, eine Urinzytologie gibt Auskunft,<br />
ob Tumorzellen im Urin nachweisbar sind. Die<br />
wichtigste Untersuchung ist jedoch die Blasenspiegelung<br />
(Zytoskopie): Sie erlaubt einen direkten<br />
Blick in das Innere der Harnblase. Besteht<br />
der Verdacht auf einen Tumor in der Blase, wird<br />
eine sogenannte TUR-Blase (Transurethrale<br />
Resektion der Blase) in Narkose durchgeführt.<br />
Noch genauer wird die diagnostische Aussage,<br />
wenn zusätzlich ein Fluoreszenzfarbstoff zum<br />
Einsatz kommt: »Der Fluoreszenzfarbstoff wird<br />
von Tumorzellen verstärkt aufgenommen, was<br />
sich diagnostisch unter Verwendung eines blauen,<br />
Fluoreszenz anregenden Lichts während der<br />
Operation nutzen lässt«, erläutert Prof. Karl.<br />
Insbesondere bei der Aufdeckung von hoch aggressiven<br />
Tumoren mit einem flachen Wachstum<br />
(Carcinoma in situ) oder einer sehr geringen<br />
Größe leistet die photodynamische Diagnostik<br />
(PDD) oder Fluoreszenzendoskopie wertvolle<br />
Dienste, denn sie können im Rahmen der<br />
herkömmlichen Blasenspiegelung leicht übersehen<br />
werden. Zudem lassen sich die Ausläufer eines<br />
Tumors genauer feststellen.<br />
Nicht nur der Nachweis, sondern auch die Bestimmung<br />
von Art, Größe und Lage des Tumors<br />
ist wegweisend für die Therapieplanung; außerdem<br />
lässt das Stadium der Krebserkrankung<br />
(mithilfe der TNM-Klassifikation) Rückschlüsse<br />
auf die Prognose zu.<br />
Die Aussicht auf einen Erhalt der Harnblase ist<br />
groß, wenn sich der Tumor noch im Bereich der<br />
Schleimhaut befindet – bei sieben von zehn Patienten<br />
ist dies bei der Erstdiagnose der Fall. Es<br />
kann aber auch sein, dass der Tumor bereits in<br />
die darunterliegende Muskelschicht vorgedrungen<br />
(muskelinvasiver Blasenkrebs) ist; wenn<br />
dann keine Streuung des Tumors nachzuweisen<br />
ist, ist oftmals eine komplette Entfernung der<br />
Harnblase notwendig, wobei je nach Allgemeinzustand<br />
und individuellem Patientenwunsch<br />
eine kontinente (Ileumneoblase) oder inkontinente<br />
Harnableitung (Ileumconduit) zur Verfügung<br />
stehen.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
11<br />
Zertifiziertes Uro-Onkologisches Zentrum in München<br />
Die Urologie hat im Krankenhaus Barmherzige<br />
Brüder eine über 100-jährige Tradition:<br />
»Sie ist praktisch die Keimzelle unseres<br />
Hauses«, sagt Dr. Nadine Schmid-Pogarell.<br />
Daher sei es nur konsequent gewesen,<br />
beständig an der Weiterentwicklung der<br />
Klinik für Urologie zu arbeiten und sie auf<br />
dem medizinisch modernsten und qualitativ<br />
höchsten Stand zu halten, so die Geschäftsführerin<br />
des Krankenhauses. Beispielsweise<br />
verfügt die Klinik für Urologie<br />
über das derzeit modernste System des da<br />
Vinci-Programms, das sogenannte XI System.<br />
»Insbesondere auf dem Gebiet der<br />
Prostatektomie haben sich Operationen<br />
mit dem da Vinci-Robotersystem als besonders<br />
schonende Alternative zu offenen<br />
Operationen etabliert«, erklärt Prof Karl.<br />
Hinzu kommt ein Höchstmaß an Präzision:<br />
Im Gegensatz zur herkömmlichen Schlüssellochtechnik<br />
sind die Instrumente des da<br />
Vinci-Systems mehrgelenkig und in allen<br />
Richtungen beweglich. Diese enorme Flexibilität<br />
ermöglicht es dem Operateur, auf<br />
kleinstem Raum hoch komplexe Bewegungen<br />
auszuführen und somit minimal-invasiv<br />
auch an sonst nur schwer erreichbare Stellen<br />
zu gelangen.<br />
Die Klinik für Urologie ist von der Deutschen<br />
Krebsgesellschaft (DKG) als Uro-Onkologisches<br />
Zentrum zertifiziert: Ihr wird<br />
speziell in den Bereichen Prostatakrebs-,<br />
Harnblasenkrebs- und Nierenkrebsversorgung<br />
bescheinigt, dass die notwendige<br />
Therapie auf den neuesten wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen und aktuellsten Leitlinien<br />
basiert - und damit eine besonders hohe<br />
Versorgungsqualität gewährleistet ist.<br />
NACHGEFRAGT<br />
Wie wird Blasenkrebs behandelt? Welche<br />
Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit<br />
organerhaltend operiert werden kann?<br />
Diese und andere Fragen stellte <strong>TOPFIT</strong><br />
dem renommierten Chefarzt der Klinik für<br />
Urologie im Krankenhaus Barmherzige<br />
Brüder München, Prof. Dr. Alexander Karl.<br />
Herr Prof. Karl, wie wird ein nicht-muskelinvasiver<br />
Blasentumor behandelt?<br />
Prof. Karl: Bei der sogenannten TUR-Blase wird<br />
der Tumor über die Harnröhre zunächst endoskopisch<br />
abgetragen. Hierbei wird versucht,<br />
den Tumor von Anfang an komplett zu entfernen.<br />
Die Fluoreszenzendoskopie kann dabei<br />
helfen, das Ausmaß des Tumors genauer<br />
zu definieren und manchmal nur schwer zu<br />
erkennende flache Läsionen besser darzustellen<br />
und vollständig zu entfernen. Das entnommene<br />
Tumorgewebe wird dann in die Pathologie<br />
zur weiteren Analyse gesandt. Hier entscheidet<br />
sich, welche Art von Tumor vorliegt.<br />
Wie wichtig ist es für die Behandlungsstrategie,<br />
dass die Art des Tumors genau bekannt ist?<br />
Prof. Karl: Sehr wichtig. Es gibt in der Blase<br />
sehr unterschiedliche Tumorvarianten, wobei<br />
die Therapie etwa bei einem einzelnen sogenannten<br />
Ta low grade Tumor in der alleinigen<br />
Abtragung des Tumors besteht und zunächst<br />
keine weiterführenden Maßnahmen notwendig<br />
sind. In diesem Fall raten wir lediglich<br />
zur regelmäßigen Nachsorge mit Ultraschall,<br />
Urinuntersuchung und Blasenspiegelung. Bei<br />
aggressiveren nicht-muskelinvasiven Tumoren,<br />
den Ta high grade Tumoren, ist meist<br />
eine Nachresektion (erneute TUR-Blase) nach<br />
drei bis vier Wochen angezeigt. Denn hier<br />
kann das Ausmaß des Tumors unterschätzt<br />
werden; außerdem sprechen die Therapien<br />
nach aktueller Studienlage besser an, wenn<br />
eine Nachresektion stattgefunden hat. Bei<br />
neu diagnostiziertem high grade Tumor kann<br />
beispielsweise eine lokale Immuntherapie der<br />
Harnblase mit BCG (Bacille Calmette Guerin)<br />
sinnvoll sein. Leider ist die Rezidivrate auch<br />
bei den nicht-muskelinvasiven Tumoren in den<br />
ersten zwei Jahren nach Erstdiagnose relativ<br />
hoch, weshalb engmaschige Nachsorgeuntersuchungen<br />
unbedingt notwendig sind.<br />
Wann ist eine Entfernung der Harnblase<br />
notwendig?<br />
Prof. Karl: Eine Entfernung der Harnblase ist<br />
dann anzuraten, wenn der Tumor bereits die<br />
Harnblasenmuskulatur erfasst hat (T2-Stadium<br />
oder höher) oder therapeutische Maßnahmen<br />
bei einem mehrfach wiederkehrenden<br />
aggressiven nicht-muskelinvasiven Tumor (Ta<br />
high grade) nicht zum Erfolg geführt haben.<br />
Wichtig vor einer Operation ist aber, dass der<br />
Tumor lokal begrenzt bleibt, d. h. noch nicht<br />
in Lymphknoten oder andere Organe gestreut<br />
hat. Dies wird vor einer möglichen Entfernung<br />
der Harnblase mittels CT bzw. MRT abgeklärt.<br />
Man nennt diese Art der Untersuchung auch<br />
»Staging«. Hat sich nun herausgestellt, dass<br />
der Tumor auf die Blase begrenzt geblieben<br />
ist, wird eine radikale Zystektomie (komplette<br />
Entfernung der Harnblase) empfohlen. Gegebenenfalls<br />
ist auch eine neoadjuvante Chemotherapie<br />
(Chemotherapie im Vorfeld der<br />
Operation) mit dem Patienten zu diskutieren,<br />
wobei hier individuelle Faktoren eine große<br />
Rolle spielen.<br />
Wie gelangt der Urin aus dem Körper, wenn die<br />
Harnblase fehlt?<br />
Prof. Karl: Wird bei der Operation die Harnblase<br />
entfernt, muss für eine entsprechende<br />
Harnableitung gesorgt werden. Unsere Nieren<br />
produzieren kontinuierlich Urin, der dann<br />
über die Harnleiter in Richtung Blase transportiert<br />
wird. Fehlt die Blase, muss der Urin in der<br />
Folge entweder über ein Stoma über die Haut<br />
nach außen geleitet werden: Ein Stoma beutel<br />
fängt den Urin auf, und der Patient kann diesen<br />
Beutel über einen Ventilmechanismus<br />
selbst entleeren. Oder es kann eine Neoblase<br />
zum Einsatz kommen. Hierbei werden in der<br />
Regel ca. 60 Zentimeter Dünndarm des Patienten<br />
für die Schaffung einer neuen Blase verwendet,<br />
die dann an die Stelle der ursprünglichen<br />
Blase angeschlossen wird. Die Patienten<br />
können so willkürlich den Urin speichern und<br />
entleeren. Diese Form der Blase kommt der<br />
Funktion der eigenen Blase am nächsten.<br />
Welche Rolle spielt die Immuntherapie in der<br />
Blasenkrebsbehandlung?<br />
Prof. Karl: Man unterscheidet die lokale Immuntherapie<br />
innerhalb der Blase bei nicht-muskelinvasiven<br />
Tumoren mit BCG von einer systemischen<br />
Immuntherapie bei fortgeschrittenen<br />
Tumoren. Bei der lokalen Therapie wird das<br />
Medikament über einen Katheter in die Blase<br />
verabreicht und ruft hier eine lokale Immunreaktion<br />
hervor, die den Körper zur Bekämpfung<br />
der Tumorzellen anregen soll. Die systemische<br />
Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren<br />
kommt bei Patienten mit metastasierten<br />
Tumoren zum Einsatz, die entweder nicht für<br />
eine Chemotherapie geeignet sind oder aber<br />
nach einer Chemotherapie einen Tumorprogress<br />
erleiden.<br />
Zur Person<br />
Prof. Dr. med. Alexander Karl<br />
ist Chefarzt der Klinik für Urologie<br />
im Krankenhaus Barmherzige<br />
Brüder München und seit<br />
fast 20 Jahren sowohl klinisch<br />
als auch wissenschaftlich auf<br />
dem Gebiet der Blasentumorforschung<br />
tätig. Er zählt weltweit<br />
zu den Operateuren mit der<br />
größten Erfahrung bei der Behandlung von Harnblasentumoren.<br />
Mit mehr als 2 000 durchgeführten<br />
transurethralen Blasentumorresektionen und einer<br />
einzigartigen Expertise auf dem Gebiet der Fluoreszenzendoskopie<br />
gehört Prof. Karl zu den Experten<br />
in Deutschland und Europa. Nach Angaben des<br />
unabhängigen Projekts WEISSE LISTE (weisse-liste.<br />
de) führt die Klinik für Urologie des Krankenhauses<br />
Barmherzige Brüder München unter seiner Leitung<br />
die meisten Harnblasenentfernungen bei Harnblasenkrebs<br />
in ganz Deutschland durch.<br />
Nähere Infos:<br />
www.barmherzige-muenchen.de<br />
Bildnachweis: Krankenhaus Barmherzige Brüder München<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
12 Diagnose & Therapie<br />
Jahre vergehen, bis die betroffene Frau die endgültige<br />
Diagnose »Endometriose« erhält. Denn<br />
auch wenn die Erkrankung in letzter Zeit verstärkt<br />
in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt<br />
ist: Immer noch fehlt bei der Behandlung von<br />
Frauen mit ausgeprägten Menstruationsschmerzen,<br />
die sich kaum durch schmerzstillende oder<br />
krampflösende Medikamente mildern lassen,<br />
allzu oft das Verständnis dafür, dass höchstwahrscheinlich<br />
von einer krankhaften Ursache<br />
ausgegangen werden muss.<br />
Foto oben: © Halfpoint / Adobe Stock<br />
Endometriose<br />
häufig verkannt,<br />
zu selten angemessen behandelt<br />
Endometriose ist eine der häufigsten chronischen Frauenkrankheiten<br />
– und ein häufiger Grund für ungewollte Kinderlosigkeit. Leider<br />
ist der Weg zur Diagnose oft lang. Umso wichtiger ist es, sich nicht<br />
mit den Beschwerden abzufinden und ärztliche Hilfe zu suchen – am<br />
besten in einem Endometriose-Zentrum, wo spezialisierte Frauenärztinnen<br />
und Frauenärzte arbeiten.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
»Da muss ich halt durch!« Wenn Frauen jeden<br />
Monat aufs Neue mit ärgsten Menstruationsschmerzen<br />
zu kämpfen haben, versuchen viele,<br />
irgendwie damit zurecht zu kommen. Auch<br />
wenn das bedeutet, tagelang kaum aktiv am Leben<br />
teilhaben zu können. Dass sich hinter ihren<br />
Beschwerden eine manifeste gynäkologische Erkrankung<br />
– eine Endometriose - verbirgt, die<br />
zwar nicht geheilt, aber gut behandelt werden<br />
kann, erfahren sie oft erst nach Jahren.<br />
Schätzungsweise rund zehn Prozent aller Frauen<br />
zwischen 15 und 50 Jahren sind hierzulande von<br />
Endometriose betroffen. Und jedes Jahr kommen<br />
etwa 40 000 Neuerkrankungen dazu. »Die<br />
Dunkelziffer dürfte jedoch sehr viel höher sein«,<br />
vermutet Oberarzt Prof. Dr. Thomas Kolben<br />
und Zentrumskoordinator des zertifizierten Endometriose-Zentrums<br />
der LMU Frauenklinik.<br />
Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass vom<br />
Auftreten der Symptome im Mittel ganze 10,4<br />
Eine solche Ursache können gutartige Veränderungen<br />
von gebärmutterschleimhautartigem<br />
Gewebe sein, die jedoch außerhalb der Gebärmutterhöhle<br />
wachsen, die Ärzte sprechen auch<br />
von Endometrioseherden. Häufige Orte sind<br />
zum Beispiel die Muskelwand der Gebärmutter,<br />
die Eierstöcke oder die Region zwischen<br />
Gebärmutter und Mastdarm. Aber auch in der<br />
Bauchhöhle, an Harnblase, Nieren und sogar<br />
am Zwerchfell sowie in der Lunge können sich<br />
Gewebeinseln angesiedelt haben. Anhand der<br />
Lokalisation der Herde unterscheiden die Ärzte<br />
dann verschiedene Endometriosetypen.<br />
Chamäleon der Gynäkologie<br />
Je nach befallenem Organ oder Gewebe können<br />
die Beschwerden ganz unterschiedlich sein. Deshalb<br />
wird Endometriose auch als »Chamäleon<br />
der Gynäkologie« bezeichnet. So kann es sein,<br />
dass neben starken Menstruationsschmerzen<br />
auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, bei<br />
der gynäkologischen Untersuchung, beim Wasserlassen<br />
oder beim Stuhlgang, aber auch chronische<br />
Schmerzen im Beckenraum (Chronic<br />
Pelvic Pain Syndrom), Durchfall, Übelkeit, Erbrechen,<br />
ausgeprägte Erschöpfung, Ohnmachtsanfälle,<br />
Migräne und viele weitere Beschwerden<br />
zum Krankheitsbild gehören. Für die Intensität<br />
der Schmerzen spielt die Ausdehnung einer Endometriose<br />
jedoch allenfalls eine untergeordnete<br />
Rolle: »Schon sehr kleine Endometrioseherde<br />
können massive Beschwerden verursachen,<br />
wohingegen wir auch Patientinnen mit sehr<br />
ausgedehntem Befall kennen, die nur über sehr<br />
geringe Symptome berichten«, erklärt Prof. Kolben.<br />
Vor allem aber ist die Erkrankung eine der<br />
Hauptursachen für ungewollte Kinderlosigkeit:<br />
»Fast die Hälfte der Patientinnen in der reproduktionsmedizinischen<br />
Betreuung wegen unerfüllten<br />
Kinderwunsches leidet unter Endometriose«,<br />
sagt Prof. Kolben. Insgesamt seien etwa 30<br />
Prozent der Betroffenen von Sterilität betroffen,<br />
so der Endometrioseexperte.<br />
Spekulationen über die<br />
Entstehungsmechanismen<br />
Noch fehlt eine schlüssige Erklärung, was Zellen,<br />
die der Gebärmutterschleimhaut sehr ähnlich<br />
sind oder womöglich sogar von ihr abstammen,<br />
dazu veranlasst, sich an fremden Gewe-<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
13<br />
Illu oben: © isn5000 / 123rf.com<br />
ben und Organen anzusiedeln. Einer Theorie<br />
zufolge kommt es zu übermäßigen Kontraktionen<br />
der Gebärmuttermuskulatur und damit zu<br />
Verletzungen in tieferen Schleimhautschichten.<br />
Dies führt dann womöglich dazu, dass Zellen<br />
aus diesen Schichten im Sinne eines Rückflusses<br />
von Menstruationsblut (retrograde Menstruation)<br />
über die Eileiter in den Bauchraum gelangt<br />
und sich dort ansiedeln. Aber auch Zellumwandlungen<br />
könnten eine Rolle spielen.<br />
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass<br />
Zellen des Bauchfells die Fähigkeit besitzen, sich<br />
eigenständig in Gebärmutterschleimhautzellen<br />
umzuwandeln. Es gibt noch einige weitere Theorien<br />
zur Entwicklung einer Endometriose; abschließend<br />
geklärt sind die Entstehungsmechanismen<br />
bislang nicht.<br />
Geschlechtshormone als Taktgeber<br />
Fest steht jedoch, dass die Endometrioseherde<br />
denselben hormonellen Einflüssen unterworfen<br />
sind wie die Gebärmutterschleimhaut: Unter<br />
dem Einfluss der Geschlechtshormone wachsen<br />
sie zu Beginn des Monatszyklus genauso wie<br />
die Schleimhaut der Gebärmutter – und bei jeder<br />
Menstruation bluten sie mit. Problematisch<br />
kann es werden, wenn das Blut nicht abfließen<br />
kann. Dann können große blutgefüllte Zysten<br />
entstehen. »Hinzu kommen weitere Komplikationen<br />
wie lokale Entzündungsreaktionen sowie<br />
eine daraus resultierende Überempfindlichkeit<br />
von schmerzübermittelnden Nerven. Ebenso<br />
kann es zu einer Neueinsprossung derartiger<br />
Nerven kommen. Zudem führt der wiederkehrende<br />
Schmerz zu Lern- und Anpassungsprozessen<br />
im Gehirn, dies spielt in der Schmerzchronifizierung<br />
eine wichtige Rolle«, erklärt<br />
Prof. Kolben.<br />
Auffällige Symptome können bereits mit der<br />
ersten Monatsblutung beginnen. Häufiger treten<br />
sie jedoch im Alter zwischen 20 und 30 Jahren<br />
auf – und sie werden dann zu ständigen Begleitern,<br />
die nicht mehr von selbst wieder ver-<br />
Spezialsprechstunde<br />
Das Endometriosezentrum des<br />
LMU Klinikums bietet jeden<br />
Montag und Mittwoch von 8.30<br />
Uhr bis 14.30 Uhr eine Endometriosesprechstunde<br />
an. Interessierte<br />
Frauen können sich entweder<br />
von ihrer Frauenärztin<br />
oder ihrem Frauenarzt überweisen<br />
lassen oder selbst einen Termin<br />
ausmachen.<br />
Nähere Infos unter<br />
www.lmu-klinikum.de<br />
schwinden. Erst mit Beginn der Wechseljahre<br />
tritt meist eine deutliche Besserung ein. »Aber<br />
es kommt auch vor, dass Frauen jenseits der<br />
Menopause noch mit Symptomen zu kämpfen<br />
haben«, weiß Prof. Kolben.<br />
Weshalb Frauen überhaupt an Endometriose<br />
erkranken, ist unklar. Obwohl die Krankheit<br />
schon seit über hundert Jahren bekannt ist<br />
und so viele Frauen betroffen sind, weiß man<br />
bislang nur wenig über die Ursachen. Auffällig<br />
ist, dass Töchter von Endometriosepatientinnen<br />
deutlich häufiger erkranken als Töchter<br />
von gesunden Frauen. Doch müssen, so die<br />
einhellige Expertenmeinung, noch andere Faktoren<br />
hinzukommen, damit es zum Ausbruch<br />
der Erkrankung kommt. »Zu verstehen, wie<br />
Endometriose entsteht, ist letztlich die grundsätzliche<br />
Voraussetzung, eine kausale Therapie<br />
zu entwickeln«, sagt Professor Kolben. Deshalb<br />
hat die Bundesregierung gerade fünf Millionen<br />
Euro zur Erforschung der Erkrankung bereitgestellt.<br />
Bis erste Ergebnisse vorliegen, wird es<br />
jedoch noch eine Weile dauern.<br />
Schwierige Diagnose<br />
Leicht zu diagnostizieren ist Endometriose<br />
nicht, gerade in frühen Stadien basiert die Diagnosestellung<br />
vor allem auf der entsprechenden<br />
Krankengeschichte. Ein erfahrener Arzt oder<br />
eine erfahrene Ärztin kann jedoch durch eine<br />
Tast- und Ultraschalluntersuchung insbesondere<br />
tief infiltrierende Endometrioseherde relativ<br />
gut identifizieren. Die abschließende definitive<br />
Diagnose kann letztlich nur mit einer<br />
Bauchspiegelung gesichert werden. »Die Laparoskopie<br />
dient dann meist nicht nur der Diagnostik,<br />
sondern auch gleich der Therapie«, erklärt<br />
Prof. Kolben.<br />
Ganzheitlicher Ansatz in der Therapie<br />
Auch Medikamente zur Schmerzlinderung<br />
oder die Gabe von Hormonen (wie Gestagene,<br />
GnRH-Analoga), die die Aktivität der Endometriose-Herde<br />
unterdrücken, sind Behandlungsoptionen.<br />
Nicht alle Frauen sprechen jedoch auf<br />
diese Maßnahmen an. Zudem sind Nebenwirkungen<br />
häufig. Oft greift etwa eine hormonelle<br />
Therapie tief in den natürlichen Hormonhaushalt<br />
ein, sodass dann z. B. keine Menstruation<br />
mehr stattfindet. Schmerzmittel können wiederum<br />
Leber und Nieren schädigen, insbesondere<br />
wenn sie regelmäßig eingenommen werden. Die<br />
Behandlung von Patientinnen, die unter Endometriose<br />
leiden, sollte deshalb als ganzheitlicher<br />
Ansatz verstanden werden. Hierbei müssen die<br />
Wünsche und Bedürfnisse sowie Lebensumstände<br />
der Patientinnen in das Therapiekonzept<br />
mit einfließen. »In unserem Endometriose-Zentrum<br />
der LMU Frauenklinik, das auf der<br />
höchsten Stufe zertifiziert ist, gewährleisten wir<br />
dies in enger Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern<br />
der verschiedenen anderen<br />
Fachdisziplinen«, sagt Prof. Kolben. »Außerdem<br />
arbeiten wir im Rahmen zahlreicher Forschungsprojekte<br />
aktiv an der Verbesserung der<br />
Diagnostik und Therapie auf dem Gebiet der<br />
Endometriose« – so sei das Team stets auf dem<br />
neuesten Stand, um allen Patientinnen eine optimale<br />
Beratung und Behandlung an der LMU<br />
Frauenklinik anbieten zu können.<br />
Zur Person<br />
Prof. Dr. med. Thomas Kolben<br />
Oberarzt der Klinik und Poliklinik<br />
für Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
LMU Klinikum<br />
Zentrumskoordinator des<br />
Endometriose-Zentrums<br />
Campus Großhadern<br />
Tel. 089/4400-76800<br />
www.lmu-klinikum.de<br />
Foto: © LMU Klinikum München<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
14 Diagnose & Therapie<br />
Hallux valgus und Hallux rigidus<br />
Ähnliche Namen –<br />
unterschiedliche Krankheitsbilder<br />
Foto oben: vladimirfloyd / Adobe Stock<br />
Die Fehlstellungen Hallux valgus<br />
und Hallux rigidus betreffen beide<br />
die Großzehe, haben aber völlig andere<br />
Ursachen und werden unterschiedlich<br />
behandelt. Im Gespräch<br />
mit <strong>TOPFIT</strong> erklärt der Münchner<br />
Fußspezialist Dr. Steffen Zenta vom<br />
MVZ im Helios die Unterschiede –<br />
und dass das eine Krankheitsbild<br />
das andere durchaus bedingen<br />
kann.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Hallux valgus ist der medizinische Fachausdruck<br />
für eine deformierte Großzehe: Sie<br />
ist aus ihrer natürlichen Stellung herausgetreten<br />
und winkelt sich nun in Richtung der anderen<br />
Zehen ab. Damit einher geht eine sichtbare<br />
Beule, die sich am Ballen gebildet hat. Deshalb<br />
nennen die Betroffenen ihr Fußproblem oft auch<br />
»Ballenzeh« – darunter leiden in Deutschland<br />
mehr als zehn Millionen Menschen. Ein Hallux<br />
valgus sieht nicht nur unschön aus, sondern<br />
er schreitet weiter fort und verursacht starke<br />
Schmerzen, wenn er unbehandelt bleibt. Irgendwann<br />
ist es kaum mehr möglich, feste Schuhe zu<br />
tragen.<br />
Die Fußfehlstellung ist vor allem ein Frauenproblem:<br />
Von zehn Betroffenen sind neun Frauen.<br />
Ein Grund ist, dass viele Frauen eine Vorliebe<br />
für enge Schuhe mit hohen Absätzen haben –<br />
und diese Modelle zwingt die Großzehe regelrecht<br />
in eine Valgus-Stellung. »Wichtigster Risikofaktor<br />
ist jedoch eine erbliche Veranlagung.<br />
Haben Mutter oder Großmutter bereits mit einem<br />
Hallux valgus zu kämpfen gehabt, ist die<br />
Wahrscheinlichkeit hoch, selbst irgendwann<br />
betroffen zu sein«, erklärt der Münchner Orthopäde<br />
Dr. Steffen Zenta vom MVZ im Helios.<br />
Oft kommen weitere Auslöser dazu, allen voran<br />
ein schwaches Bindegewebe und eine schwache<br />
Fußmuskulatur. Aber auch Übergewicht oder<br />
eine rheumatische Erkrankung können der Entstehung<br />
eines Hallux valgus Vorschub leisten.<br />
Was nur wenige wissen: Einem Hallux valgus<br />
geht fast immer ein Spreizfuß voraus. »Letztlich<br />
beeinflussen sich ein Spreizfuß und ein Hallux<br />
valgus gegenseitig. Denn die eine Fußformveränderung<br />
fördert ein Voranschreiten der anderen<br />
und umgekehrt«, erklärt Dr. Zenta. Damit<br />
es gar nicht erst zu diesem Teufelskreis komme,<br />
sei es wichtig, auch schon bei einem Spreizfuß<br />
frühzeitig gegenzusteuern, etwa mithilfe von<br />
individuellen Einlagen oder einer Fußgymnastik,<br />
zum Beispiel nach dem Spiraldynamik-Konzept.<br />
»Zumal auch ein Spreizfuß beim Gehen zu<br />
Schmerzen an den Fußballen führen kann«, betont<br />
der Fußspezialist.<br />
Steife Großzehe<br />
Hat sich erst einmal ein Hallux valgus entwickelt,<br />
lässt er sich meist nicht mehr rückgängig<br />
machen. Zudem leistet die Fehlstellung weiteren<br />
Erkrankungen Vorschub. Vor allem besteht<br />
die Gefahr, dass sich nun auch eine Arthrose<br />
im Großzehengrundgelenk, ein Hallux rigidus,<br />
entwickelt. »Tritt ein Hallux rigidus an beiden<br />
Füßen auf, besteht häufig bereits eine Grunderkrankung<br />
wie Rheuma oder ein Diabetes«, so<br />
Dr. Zenta. Auch eine erbliche Veranlagung könne<br />
dazu führen, dass beide Grundgelenke der<br />
großen Zehe von behandlungsbedürftigen Abnutzungserscheinungen<br />
betroffen seien.<br />
Ein Hallux rigidus behindert die natürliche Abrollbewegung<br />
des Fußes über den großen Zeh,<br />
der dann mit Schmerzen reagiert. Vor allem die<br />
Bewegung der Großzehe in Richtung Fußrücken<br />
ist oft nicht mehr vollständig möglich. Deshalb<br />
versuchen viele Betroffene häufig unbewusst,<br />
das beeinträchtigte Zehengelenk zu entlasten.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
15<br />
Die Folge: Der Fuß wird nun verstärkt über den<br />
Außenrand abgerollt. Dadurch kommt es zu einer<br />
Veränderung der Belastungszonen, sodass<br />
sich mit der Zeit Schmerzen im Außenrand, aber<br />
auch im Bereich der anderen Zehengrundgelenke<br />
hinzugesellen. »Um das Gelenk zu schützen,<br />
bildet der Körper Extraknochen. Diese Ausziehungen<br />
verschlimmern die Beschwerden, insbesondere<br />
wenn feste Schuhe getragen werden«, erklärt<br />
der Fußspezialist. Zudem sind immer wieder<br />
aufflackernde Entzündungen mit Rötungen,<br />
Schwellungen und einer Überwärmung des betroffenen<br />
Gelenks möglich. Ein Hallux rigidus ist<br />
keine Bagatellerkrankung:<br />
»Bleibt eine Behandlung aus, steift die große<br />
Zehe vollständig ein und die Abrollbewegung<br />
des Fußes ist endgültig nicht mehr möglich«, so<br />
Dr. Zenta. Um das zu verhindern sei es wichtig,<br />
dass möglichst früh mit der Behandlung begonnen<br />
werde: »Im Anfangsstadium lassen sich die<br />
Beschwerden oft noch mit steifen Einlegesohlen<br />
oder speziellen Abrollhilfen lindern. Eine Physiotherapie<br />
zielt darauf ab, die Beweglichkeit im<br />
Großzehengrundgelenk zu verbessern. Schmerzlindernde<br />
und entzündungshemmende Medikamente<br />
können bei einer Entzündung im Gelenk<br />
helfen«. Ist das Gelenk völlig versteift, kommt<br />
man um einen chirurgischen Eingriff meist nicht<br />
mehr herum. »Wenn möglich, wird gelenkerhaltend<br />
operiert. Auf diese Weise gelingt es meist,<br />
die Funktionstüchtigkeit des Fußes wiederherzustellen«,<br />
sagt Dr. Zenta. Sei die Arthrose jedoch<br />
bereits weit fortgeschritten, müsse über Maßnahmen<br />
nachgedacht werden, die direkte Auswirkungen<br />
auf die Beweglichkeit haben.<br />
Methode der Wahl:<br />
die klassische Versteifung<br />
Tatsächlich stehen seit einigen Jahren spezielle<br />
Endoprothesen zur Verfügung, die vor allem<br />
dann in Betracht kommen, wenn kaum mehr<br />
Knorpel vorhanden ist. Doch anders als der chirurgische<br />
Gelenkersatz von Hüfte und Knie, der<br />
hierzulande inzwischen zu den häufigsten Operationen<br />
gehört und sich durch eine hohe Erfolgsquote<br />
auszeichnet, haben sich Endoprothesen<br />
oder Kappenprothesen als Therapieoption<br />
bei einem Hallux rigidus bislang nicht wirklich<br />
durchgesetzt. So ist für den Fußspezialisten die<br />
klassische Versteifungsoperation weiterhin die<br />
Methode der Wahl: »Dass man keine Schmerzen<br />
mehr hat, ist vielen Patienten wichtiger als das<br />
leicht veränderte Gehverhalten.«<br />
Fortgeschrittener Hallux valgus: Keine<br />
Alternative zur operativen Korrektur<br />
Und wie geht man vor, wenn ein Hallux valgus so<br />
starke Schmerzen verursacht, dass man praktisch<br />
keine Schuhe mehr tragen kann? »Fakt ist: Nur<br />
auf chirurgischem Weg kann ein Hallux valgus<br />
so korrigiert werden, dass er seine ursprüngliche<br />
Position zurückerhält und die natürlichen Verhältnisse<br />
im Fuß wiederhergestellt werden«, betont<br />
der Münchner Orthopäde.<br />
Früher waren die Hallux-valgus-Operationen<br />
vor allem darauf ausgerichtet, den störenden<br />
Ballen wegzuschneiden und damit die krumme<br />
Großzehe zu begradigen. In den letzten Jahren<br />
hat sich jedoch viel getan: Ziel der modernen<br />
und schonenderen Techniken ist die Wiederherstellung<br />
der gestörten Biomechanik. Das erlaubt<br />
dem Fußchirurgen heute in den meisten Fällen,<br />
gelenkerhaltend vorzugehen. Welche Methode<br />
im Einzelfall angewendet wird, hängt von der<br />
genauen anatomischen Lokalisation und dem<br />
Ausmaß der Fehlstellung ab. »Pauschal kann<br />
man sagen, dass bei fast allen Operationen sowohl<br />
die Sehnen als auch die Gelenkkapsel korrigiert<br />
werden; ebenso wird ein Teil des Mittelfußknochens<br />
durchtrennt, neu justiert und das<br />
Ergebnis dann mit kleinen Schrauben fest fixiert«,<br />
so Dr. Zenta.<br />
Moderne Implantate<br />
Auch in der Implantatversorgung ist man neue<br />
Wege gegangen. Implantate haben bei einer Hallux-valgus-Operation<br />
einen stabilisierenden Effekt,<br />
um die chirurgisch korrigierte Position der<br />
Knochen zu sichern. Wenn diese wieder zusammengewachsen<br />
und fest sind – was in der Regel<br />
sechs Wochen dauert –, kann der Fuß wieder<br />
voll belastet werden. Davor wird für diese Zeit<br />
im Allgemeinen ein Spezialschuh getragen, mit<br />
dem man den Fuß aber nach kurzer Zeit bereits<br />
wieder voll belasten kann. Normalerweise werden<br />
Schrauben aus Titan oder Stahl verwendet.<br />
Aber es gibt Alternativen. Eine Spezialklammer,<br />
die im begradigten Mittelfußknochen verankert<br />
wird, stabilisiert den Knochen derart, dass der<br />
operierte Fuß theoretisch direkt nach der Operation<br />
wieder vollbelastet werden kann. Auf der Suche<br />
nach dem optimalen bioresorbierbaren Material<br />
hat die Forschung jedoch auch ihren Blick<br />
auf Substanzen gerichtet, die im Körper abgebaut<br />
werden können. Als überzeugendstes Ergebnis<br />
haben sich dabei Schrauben erwiesen, die aus einer<br />
Legierung auf Magnesiumbasis bestehen.<br />
Zur Person<br />
Dr. med. Steffen Zenta praktiziert im MVZ im Helios München<br />
und behandelt sämtliche Erkrankungen und Fehlstellungen des Fußes.<br />
Zu seinen chirurgischen Schwerpunkten gehören z. B. gelenkerhaltende<br />
Operationen bei Hallux valgus und anderen Vorfußerkrankungen,<br />
die operative Hammer- und Krallenzehkorrektur sowie die<br />
endoprothetische Versorgung des Großzehengrund- und des Sprunggelenks.<br />
Außerdem ist Dr. Zenta Gründer des Hand- und Fußzentrum München (HFZ).<br />
Nähere Infos:<br />
www.mvz-im-helios.de<br />
www.hfz-muenchen.de<br />
Schrauben auf Magnesiumbasis<br />
Eine Magnesiumschraube besteht zu mehr als<br />
90 Prozent aus Magnesium, also aus einem Material,<br />
das ein natürlicher Bestandteil des Stoffwechsels<br />
unseres Körpers ist; deshalb sind die<br />
Magnesiumschrauben sehr gut verträglich. Ein<br />
weiterer Vorteil ist, dass der Körper den Mineralstoff<br />
mit der Zeit vollständig resorbiert, das<br />
überschüssige Magnesium wird dann einfach<br />
über die Nieren ausgeschieden. Auf diese Weise<br />
löst sich die Magnesiumschraube langsam auf<br />
und wird durch nachwachsendes Knochengewebe<br />
ersetzt. Damit entfällt auch eine zweite<br />
Operation, wie sie manchmal einige Monate<br />
nach der ersten Hallux-valgus-Operation zur<br />
Entfernung herkömmlicher Implantate notwendig<br />
ist.<br />
Gleichwohl ist das Implantat stabil und fest genug,<br />
sodass es die Knochen in den ersten Wochen<br />
zuverlässig in der richtigen Position hält<br />
und dennoch eine frühe Belastung des operierten<br />
Fußes erlaubt. »Studien zeigen, dass<br />
das Knochenwachstum durch die Magnesiumschraube<br />
sogar sehr effektiv angeregt wird. Ich<br />
rate meinen Patienten jedoch dazu, die ersten<br />
vier bis sechs Wochen nach der Operation einen<br />
Spezialschuh zu tragen und erst nach zwei Wochen<br />
wieder mit der vollen Belastung zu beginnen«,<br />
sagt Dr. Zenta. Eine begleitende Physiotherapie<br />
fördere ebenfalls den Heilungsprozess.<br />
Hat die Magnesiumschraube auch Nachteile?<br />
»Für den Fußchirurgen ist die Implantation<br />
einer Magnesiumschraube technisch anspruchsvoller<br />
als zum Beispiel der Einsatz einer<br />
Titanschraube. Hinzu kommt: Ob die Magnesiumschraube<br />
im Einzelfall tatsächlich das<br />
Implantat der Wahl ist, lässt sich oft erst endgültig<br />
beurteilen, wenn die Operation bereits<br />
begonnen hat. Es kommt vor, dass sie einfach<br />
nicht richtig passt«, sagt Dr. Zenta. Schrauben<br />
aus Titan oder Edelstahl seien deshalb nach<br />
wie vor der Goldstandard: »Auch sie sind gut<br />
verträglich und müssen längst nicht immer<br />
zwingend wieder entfernt werden.«<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
16 Diagnose & Therapie<br />
Schonende Faltenbehandlung<br />
für ein natürliches Ergebnis<br />
Ein müde wirkendes Gesicht wirkt wieder erfrischt,<br />
eingesunkene Wangen erhalten ihr<br />
natürliches Volumen zurück, Fältchen und<br />
Falten verschwinden – nie waren die Aussichten,<br />
schonend und ganz ohne Skalpell wieder<br />
ein jüngeres, vitaleres Aussehen zu erhalten,<br />
besser als heute. Für ein schönes Ergebnis ist<br />
jedoch langjährige Erfahrung und ein gutes<br />
Gespür für den richtigen Umgang mit den<br />
Faltenkillern wichtig. Denn es geht darum,<br />
»dem Gesicht wieder einen jüngeren und vitaleren<br />
Ausdruck zu verleihen, ohne dass die<br />
individuellen Züge verändert werden oder<br />
ein ›gelifteter‹ Eindruck entsteht«, wie der<br />
Münchner Facharzt für Plastisch-Ästhetische<br />
Chirurgie Dr. Hans-Hermann Wörl betont.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Herr Dr. Wörl, wer viel lacht, neigt zu Lachfältchen.<br />
Das hat dann erst einmal nicht viel mit dem<br />
natürlichen Alterungsprozess zu tun – oder?<br />
Dr. Wörl: Einige Falten im Gesicht können sich<br />
tatsächlich schon bei jüngeren Erwachsenen zeigen,<br />
allen voran die feinen Linien rund um die<br />
Augen oder um den Mund. Diese Fältchen entstehen,<br />
wenn das Gesicht – wie beim Lachen - viel<br />
in Bewegung ist. Sie werden deshalb auch dynamische<br />
oder Mimikfalten genannt. Typische Mimikfalten<br />
sind auch die Falten auf der Stirn oder<br />
die Zornesfalten zwischen den Augenbrauen,<br />
ausgelöst durch häufiges Stirnrunzeln oder Zusammenziehen<br />
der Augenbrauen. Mit den Jahren<br />
graben sich die Fältchen jedoch immer tiefer in<br />
die Haut ein und werden zu ausgeprägten Falten.<br />
Wie entstehen Marionettenfalten?<br />
Dr. Wörl: Statische Falten, die wie die Marionettenfalten<br />
von den Mundwinkeln in Richtung<br />
Kinn ziehen, oder die tief liegenden Falten zwischen<br />
Nasenflügel und Mundwinkel sind eine<br />
direkte Folge des altersbedingten Verlusts der<br />
Haut an Hyaluronsäure. Dadurch büßt die Haut<br />
immer mehr an Feuchtigkeit und Elastizität ein.<br />
Aber auch die darunterliegenden Schichten werden<br />
vom Alterungsprozess erfasst: Das Unterhautfettgewebe<br />
wird weniger, sodass das Gesicht<br />
an Fülle verliert, gleichzeitig sinken Partien wie<br />
Lider, Wangen- und Mundpartie ab. Mit der Zeit<br />
verliert die Gesichtsform ihre jugendliche Kontur;<br />
das Gesicht wird eckiger, kantiger, Falten<br />
werden immer deutlicher sichtbar.<br />
Können in diesen Fällen Filler helfen?<br />
Dr. Wörl: Filler sind biologische, vollständig resorbierbare<br />
Füllmaterialen, die ins Gewebe<br />
injiziert werden, um dort den Substanzverlust<br />
auszugleichen, der durch den Alterungsprozess<br />
entstanden ist. Durch dieses »Auffüllen« können<br />
Falten effektiv geglättet werden - deshalb bilden<br />
sie die Basis der Faltenbehandlung. Der wichtigste<br />
Filler ist Hyaluronsäure, eine natürliche,<br />
gut verträgliche Substanz, mit der der Körper<br />
bestens vertraut ist. In unserer Praxis verwenden<br />
wir verschieden verkettete Hyaluronsäuren, mit<br />
denen wir sehr wirkungsvoll nicht nur feine Fältchen,<br />
sondern auch tiefe Falten glätten können.<br />
Aber auch zum Volumenaufbau ist dieser Qualitätsfiller<br />
bestens geeignet.<br />
Was ist das Ziel einer Volumentherapie?<br />
Dr. Wörl: Mit der Volumentherapie erreichen wir<br />
eine doppelte Wirkung: Einerseits geben wir dem<br />
Gesicht wieder sein natürliches Volumen zurück,<br />
andererseits sorgen wir für den erwünschten<br />
Straffungseffekt, wodurch Falten deutlich gemildert<br />
werden. Die Behandlung lässt sich gut mit<br />
anderen Methoden kombinieren, etwa mit einer<br />
Botox-Behandlung.<br />
Was ist der Unterschied zwischen einer Faltenunterspritzung<br />
mit Hyaluronsäure und einer<br />
Botox-Behandlung?<br />
Dr. Wörl: Während Hyaluronsäure in erster Linie<br />
bei statischen, stets sichtbaren Falten zum Einsatz<br />
kommt, eignet sich Botulinumtoxin – oder<br />
Botox - zur Glättung von Mimikfalten. Wie bei<br />
der Faltenunterspritzung mit Hyaluronsäure ist<br />
auch hier Fachwissen gefragt: Nur wer mit der<br />
Wechselwirkung zwischen hebender und senkender<br />
mimischer Muskulatur bestens vertraut<br />
ist und sich zudem mit der Dosierung genau auskennt,<br />
verhilft seinen Patienten zu einem schönen,<br />
natürlichen Ergebnis.<br />
Wann raten Sie zu einer Behandlung mit<br />
Ultraschallwellen?<br />
Dr. Wörl: Ultherapy, so der Name des Verfahrens,<br />
setzen wir in erster Linie zur Straffung und<br />
Strukturverbesserung der Haut bzw. des Bindegewebes<br />
ein. Hierfür kommen fokussierte Ultraschallwellen<br />
zum Einsatz, die mithilfe eines<br />
Schallkopfs durch die Hautoberfläche hindurch<br />
gezielt in die tief gelegene Unterhautschicht geleitet<br />
werden. Das Verfahren eignet sich ebenso zur<br />
großflächigen Anwendung wie zur Behandlung<br />
einzelner Gesichtspartien, so z. B. abgesunkene<br />
Augenbrauen, erschlaffte Wangen oder eine unscharfe<br />
Kinnlinie. Auch ein faltiger Hals oder ein<br />
knittriges Dekolleté lassen sich mit der Methode<br />
behandeln.<br />
Was verstehen Sie unter Liquid-Lifting?<br />
Dr. Wörl: Beim Liquid-Lifting werden verschiedene<br />
Filler miteinander kombiniert. Dabei wird<br />
das Gesicht mithilfe von Unterspritzungen komplett<br />
modelliert, ohne dass ein operativer Eingriff<br />
notwendig ist. Das Ergebnis ist ein frisches,<br />
jünger wirkendes Gesicht. Ob ein Liquid-Lifting<br />
im Einzelfall erfolgversprechend ist, kann jedoch<br />
nur in einem ausführlichen Beratungsgespräch<br />
geklärt werden. Aber egal, welche Methode<br />
sich als individuell beste Option anbietet:<br />
Immer ist es unser Ziel, dem Gesicht wieder ein<br />
erholtes, lebendiges Aussehen zu verleihen - und<br />
nicht, es komplett alterslos zu machen und ihm<br />
damit seine Einzigartigkeit und seine Natürlichkeit<br />
zu nehmen.<br />
Der Münchner Facharzt für Plastische Chirurgie Dr. Hans-Hermann Wörl praktiziert<br />
gemeinsam mit Kollegen in der Praxisgemeinschaft Widenmayer 16 — Plastische Chirurgie<br />
& Ästhetik an der Isar. Im Einzelnen umfasst sein Behandlungsspektrum nahezu sämtliche<br />
Leistungen der Rekonstruktiven (u. a. Korrekturen nach Brustkrebs, Folgeoperationen<br />
nach massivem Gewichtsverlust, Fettabsaugung bei Lipöde men, chirurgische Behandlung<br />
des Lymphödems) und der Ästhetischen Chirurgie. Dazu gehören alle (nicht-)operativen<br />
Maßnahmen zur Gesichtsverjüngung, Lidkorrektur, Brustvergrößerung,<br />
Brustverkleinerung und -straffung, Fettabsaugung, Bodycontouring / Bodylift,<br />
Oberarm-, Oberschenkel- und Bauchdeckenstraffung.<br />
Nähere Infos: www.widenmayer16.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
17<br />
Alarmzeichen Morgensteifigkeit<br />
Was tun, wenn nach dem<br />
Aufstehen alles wehtut?<br />
Bildnachweis (oben): © motortionfilms / 123rf.com<br />
Morgens erfrischt aufzustehen und sich voller<br />
Elan in den Tag zu stürzen, ist für viele<br />
eine Wunschvorstellung. Stattdessen schaffen<br />
sie es nur mit Mühe aus dem Bett – weil<br />
der Rücken schmerzt, Gelenke steif oder<br />
Muskeln verspannt sind. Nicht immer sind<br />
die Gründe besorgniserregend: Manchmal<br />
ist eine falsche Schlafposition der Auslöser<br />
oder man hat am Tag zuvor zu lange vor<br />
dem Computer gesessen. Ein steifer Nacken<br />
oder Blockadegefühl im Rücken kann<br />
auch mit der Matratze zusammenhängen.<br />
»Wenn sich das Leiden jedoch jeden Morgen<br />
wiederholt, sollte es ärztlich abgeklärt<br />
werden. Denn Morgensteifigkeit kann auch<br />
ein Alarmzeichen sein«, erklärt der Münchner<br />
Orthopäde Dr. Heribert Konvalin vom<br />
MVZ im Helios.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Ein häufiger Grund für »eingerostete« Gelenke<br />
ist z. B. ein abgenutzter Gelenkknorpel: Dann<br />
können die ersten Schritte ins Bad größte Probleme<br />
bereiten oder das Marmeladenglas lässt sich<br />
wegen der steifen Fingergelenke kaum öffnen. Bei<br />
Anlaufschmerzen ist die Steifigkeit mit Schmerzen<br />
verbunden – typisches Symptom einer Arthrose:<br />
Die Beschwerden lassen erst nach, wenn die<br />
Gelenke länger bewegt werden. Ähnlich kann sich<br />
eine Osteochondrose auswirken, bei der Knorpel<br />
und Knochen von Gelenken oder Wirbelsäule degenerativ<br />
verändert sind. Bei Fibromyalgie oder<br />
Rheuma ist das Leiden am Morgen noch stärker<br />
ausgeprägt. Ein steifer, schmerzender Rücken<br />
nach dem Aufstehen kann zudem die Folge von<br />
Bandscheibenschäden und anderen Verschleißerscheinungen<br />
der Wirbelsäule sein. »Aber auch<br />
Verspannungen der Rückenmuskulatur sind ein<br />
häufiger Grund«, weiß Dr. Konvalin.<br />
Gezielte Maßnahmen, die helfen<br />
Nicht immer liegt der Grund im Bewegungsapparat<br />
– auch Menschen mit Übergewicht oder<br />
Frauen während der Wechseljahre können betroffen<br />
sein. Oder die morgendlichen Probleme<br />
sind erblich bedingt. Ist eine Erkrankung die Ursache,<br />
die sich gut behandeln lässt, verschwindet<br />
auch die Morgensteifigkeit. Häufiger kommt es<br />
jedoch vor, dass gezielte Maßnahmen notwendig<br />
sind. »Dehnübungen vor dem Aufstehen und<br />
heiße Duschen nach dem Aufstehen verbessern<br />
die Beweglichkeit«, erklärt Dr. Konvalin. Begleitend<br />
helfen eine Physiotherapie, regelmäßige<br />
Bewegung und eine ausgewogene, fleischarme<br />
Ernährung. Aus ergonomischer Sicht ist es gut,<br />
auf dem Rücken zu schlafen. Gegebenenfalls gehört<br />
auch die Matratze auf den Prüfstand: »Ist<br />
sie zu hart, schadet sie Schultern, Hüften und<br />
Wirbelsäule genauso wie eine zu weiche«, betont<br />
Dr. Konvalin.<br />
Arthrose - eine häufige Ursache<br />
Bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparats<br />
ist eine konsequente Behandlung wichtig<br />
– auch wenn, wie etwa bei Arthrose, keine<br />
Heilung erzielt werden kann. »Immerhin stehen<br />
uns einige bewährte Maßnahmen zur Verfügung,<br />
mit denen wir die erkrankungsbedingten<br />
Beschwerden effektiv lindern und ein Fortschreiten<br />
des Gelenkverschleißes aufhalten können«,<br />
sagt Dr. Konvalin. Neben der Einnahme von Medikamenten<br />
zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung<br />
haben sich zudem Physiotherapie<br />
und Hyaluronsäure-Injektionen bewährt.<br />
»Auch die ACP-Therapie ist eine Option, der in<br />
der Arthrosetherapie ein wichtiger Stellenwert<br />
eingeräumt wird«, ergänzt der erfahrene Orthopäde.<br />
ACP ist die Abkürzung für Autologes Conditioniertes<br />
Plasma. Das Verfahren macht sich<br />
die körpereigene Fähigkeit zunutze, angegriffenes<br />
Knorpelgewebe mithilfe von Wachstumsfaktoren<br />
und Blutplättchen positiv zu beeinflussen.<br />
Gewonnen werden diese heilfördernden Substanzen<br />
aus einer kleinen Menge Blut, das aus<br />
der Armvene entnommen wurde. Anschließend<br />
wird das Blut zentrifugiert und die Lösung mit<br />
einer speziellen Spritze in die zu behandelnde Region<br />
injiziert.<br />
Zur Person<br />
In der Regel sind mehrere Behandlungen notwendig.<br />
Aber oft setzt bereits nach der ersten<br />
oder zweiten Behandlung eine spürbare Besserung<br />
ein.<br />
Dr. med. Heribert Konvalin ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie,<br />
Sport medizin, spezielle Schmerztherapie und Physikalische Medizin und<br />
praktiziert im MVZ im Helios. Zu seinen Leistungsschwerpunkten gehören<br />
die Behandlung von Kniegelenkserkrankungen sowie Schultererkrankungen,<br />
aber auch Ellbogen- und Sprunggelenkarthroskopie, arthroskopische<br />
Kreuzband operationen, Fußchirurgie, regenerative Knorpeltherapie zur<br />
Behandlung von Arthrose sowie interven tionelle Schmerztherapie einschließlich<br />
minimal-invasiver Wirbelsäulenoperationen.<br />
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de<br />
Arthrose: Das passiert im Gelenk<br />
Der glatte, elastische Überzug aus Knorpel,<br />
der die Gelenkflächen umgibt, ist ein wichtiger<br />
Schutz für die Gelenke: Er dient als<br />
eine Art Stoßdämpfer, der verhindert, dass<br />
die Gelenkflächen nicht aufeinander reiben.<br />
Liegt eine Arthrose vor, hat sich der Gelenkknorpel<br />
degenerativ verändert, sodass er seiner<br />
»Pufferfunktion« nicht mehr im vollen<br />
Umfang nachkommen kann. »Prinzipiell<br />
kann sich an allen Gelenken eine Arthrose<br />
entwickeln. Besonders oft sind Knie- und<br />
Hüftgelenke betroffen«, sagt Dr. Konvalin.<br />
• Zunächst betreffen die Abnutzungserscheinungen<br />
die Knorpeloberfläche, die rauer<br />
und rissiger wird.<br />
• Mit der Zeit wird der Knorpel jedoch dünner,<br />
die Schäden werden größer, das Knorpelgewebe<br />
wird immer weniger – bis die beiden<br />
Knochenenden schließlich schmerzhaft<br />
aufeinander reiben.<br />
• Bleibt eine Arthrose unbehandelt, werden<br />
auch andere Gelenkstrukturen erfasst:<br />
die Knochen, die Gelenkinnenhaut und die<br />
Gelenkkapsel, aber auch die Bänder oder die<br />
umgebende Muskulatur.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
18 Diagnose & Therapie<br />
Ganzheitliche Migränetherapie<br />
Neben Kopfschmerzen mit unterschiedlicher Ausprägung leiden zunehmend mehr Menschen<br />
an Migräne. Auch diese hat viele Muster. Konventionell wird meist zu Schmerzmitteln gegriffen.<br />
Doch bezieht man die unterschiedlichen Einflüsse in die Behandlung ein, ergibt sich ein breites<br />
Spektrum erfolgversprechender Behandlungsansätze.<br />
Von Anke Neumann-Roß<br />
Foto: © petrovichvadim / 123rf.com<br />
Welche Einflüsse können an einer Migräne<br />
beteiligt sein?<br />
Eine Migräne ist sehr individuell und kann einoder<br />
beidseitig auftreten, die Augen mitbetreffen,<br />
mit oder ohne Aura sein. Erschreckend zu sehen<br />
ist, dass immer mehr Jugendliche und Schulkinder<br />
davon betroffen scheinen. Neben psychischen<br />
Gründen spielen hier oft Verspannungszustände<br />
eine Rolle. Nicht nur im Schulter-Nacken-Bereich,<br />
sondern zusätzlich — meist kaum beachtet<br />
— im Bereich des Kopfes. Die feine Struktur der<br />
Faszien in der gesamten Kopfhaut, um die Ohren<br />
und im Gesicht können entscheidenden Einfluss<br />
auf das Auftreten von Migräne haben. Meist handelt<br />
es sich hier um ungleiche Spannungsverhältnisse<br />
zwischen links und rechts, Stirn und Hinterkopf.<br />
Zudem besteht oft eine Unbeweglichkeit<br />
der einzelnen Schädelplatten gegeneinander, da<br />
auch die Schädelnähte unter der gleichen Spannung<br />
stehen. Diese »Starre« kann zur Folge haben,<br />
dass hier eine freie Zirkulation der Gehirnflüssigkeit<br />
sowie von Blut und Lymphe behindert<br />
werden. Dies kann zu Stauungen, Durchblutungsstörungen<br />
und Druckschmerz führen. Verspannungen<br />
oder Fehlstellungen des Kiefergelenkes<br />
ergänzen diese Problematik.<br />
Neben diesen mechanischen Hintergründen<br />
zeigt sich oft eine gestörte Durchblutung im Kapillarbereich,<br />
die neben dem Körper auch den<br />
Kopf betrifft und so eine Migräne begünstigen<br />
kann. Ein immer mehr in den Vordergrund rückender<br />
und vor allem bei Jugendlichen anzutreffender<br />
weiterer Punkt sind zudem gravierende<br />
Nährstoffmängel. Bestehen diese schon über<br />
viele Jahre, obwohl der Körper gerade in der<br />
Entwicklung einen sehr hohen Bedarf hat, kann<br />
dies die Entstehung von Schmerzen als Mangelsymptom<br />
fördern. Oft liegen hier Mikroentzündungen<br />
zugrunde, da den vielen oxidativen<br />
Stoffwechselabfällen zu wenige Antioxidantien<br />
gegenüberstehen. Auch dem Progesteron als<br />
Hormon kommt bei der Migräne oft eine wichtige<br />
Rolle zu.<br />
Wie kann Migräne natürlich behandelt<br />
werden?<br />
Neben ausreichend Bewegung und Atemübungen<br />
ist eine Beseitigung der Nährstoffmängel<br />
dringend angeraten. Auch eine sanfte Korrektur<br />
im Hormonhaushalt wirkt oft Wunder. Zudem<br />
ist ein gesunder Schlaf wichtig. Mängel an Nährstoffen<br />
bestehen immer häufiger an Vitamin C<br />
und D, Mineralien, Omega3-Fettsäuren und natürlich<br />
an Vitamin B – unseren Nervenvitaminen.<br />
Letztere sowie ein Mineralienmangel können<br />
zu Fehlregulationen der Gefäße und damit<br />
ebenfalls zu einer gestörten Durchblutung führen.<br />
All diese Vitalstoffe wirken basisch, daher<br />
liegt bei Mängeln in der Regel eine starke Übersäuerung<br />
mit Begünstigung chronischer Entzündungen<br />
vor. Für die oben genannten Verspannungen<br />
im Bereich von Kopf, Gesicht und<br />
Kiefer ist die Migräne-Therapie nach Kern® eine<br />
effektive Möglichkeit. Hier löst der Therapeut<br />
auf sehr sanfte Weise die Verspannungen im gesamten<br />
Kopfbereich, was spürbar zur Entstauung<br />
führt und die Zirkulation aller Flüssigkeiten<br />
verbessern kann. Ergänzt durch eine Regulation<br />
des Säure-Basen-Haushaltes und die Versorgung<br />
mit den richtigen Vitalstoffen können Migräne<br />
und Kopfschmerz sehr positiv beeinflusst<br />
werden. Denn lässt der Schmerz endlich nach,<br />
die Lebensfreude kann wieder steigen.<br />
Nähere Infos:<br />
Anke Neumann-Roß<br />
Heilpraktikerin<br />
Vogelweide 2c, 85375 Neufahrn<br />
Tel: 08165 / 51 04<br />
E-Mail: info@heilpraxis-an.de<br />
www.heilpraxis-an.de<br />
FAST-Test<br />
So erkennt man schnell einen Schlaganfall!<br />
In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa<br />
270 000 Menschen einen Schlaganfall.<br />
Die meisten trifft es völlig unerwartet. Ein<br />
Schlaganfall kann bleibende Schäden wie<br />
Sprachstörungen, Lähmungen und/oder<br />
schwere kognitive Beeinträchtigungen hervorrufen,<br />
im Extremfall kann er auch zum<br />
Tod führen. Umso wichtiger ist schnelles<br />
Handeln: Je früher der Betroffene – am<br />
besten in einer Stroke Unit – behandelt<br />
wird, desto größer ist die Chance, dass er<br />
den Notfall überlebt und das Risiko für<br />
weitreichende Folgen deutlich minimiert<br />
wird.<br />
Von Dr. Nina Schreiber<br />
Eine schnelle und einfache Methode, einen<br />
Schlaganfall zu erkennen, ist der FAST-Test:<br />
• Face (Gesicht): Betroffene sollten versuchen<br />
zu lächeln – hängt ein Mundwinkel,<br />
kann das ein Hinweis auf eine halbseitige<br />
Lähmung sein.<br />
• Arms (Arme): Kann der Betroffene beide<br />
Arme gleichzeitig nach vorn heben und die<br />
Handflächen nach oben drehen? Bei einer<br />
Lähmung können nicht beide Arme gehoben<br />
werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.<br />
• Speech (Sprache): Anwesende sollten die<br />
betreffende Person bitten, einen einfachen<br />
Satz nachzusprechen. Ist das nicht mehr<br />
möglich, ist der Satz nur noch schwer verständlich<br />
oder klingt die Stimme verwaschen,<br />
können dies Anzeichen für eine<br />
Sprachstörung sein.<br />
• Time (Zeit): Gelingt es dem Betroffenen<br />
nicht, den Test durchzuführen oder zeigen<br />
sich bei einem der Schritte Auffälligkeiten,<br />
sollte man umgehend den Notruf 112 wählen.<br />
FAST-Test mit der APP<br />
Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet<br />
eine App mit dem »FAST-Test« an – auf<br />
diese Weise soll Laien geholfen werden, einen<br />
möglichen Schlaganfall zu erkennen. Außerdem<br />
kann aus der App heraus direkt der Notruf<br />
112 ausgelöst werden. Die App ist mehrsprachig<br />
und kostenlos in den bekannten<br />
Stores erhältlich.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
19<br />
Notfallsituationen im Alter<br />
Wenn es auf rasches Handeln ankommt<br />
Durch Bewegungseinschränkungen,<br />
einen Sturz oder eine chronische Erkrankung<br />
können Senioren in ihrem Alltag<br />
plötzlich in eine Notfallsituation geraten.<br />
Es gibt jedoch einige Vorkehrungen, die<br />
man für den Ernstfall treffen kann – und<br />
mit denen langwierige Krankenhausaufenthalte<br />
und Pflegebedürftigkeit oft<br />
vermieden werden können.<br />
Von Isabel Virnich<br />
Mit dem Alter steigt das Risiko, dass sich<br />
Zuhause ein Unfall ereignet oder dass<br />
eine bereits bestehende Erkrankung plötzlich<br />
Symptome einer akuten Verschlechterung<br />
hervorruft. Wenn ein solcher Notfall einritt,<br />
kommt es auf rasches Handeln an. Idealerweise<br />
können sich die Betroffenen selbst darum<br />
kümmern, umgehend Hilfe zu holen.<br />
Aber es kann auch sein, dass sie auf fremde Hilfe<br />
angewiesen sind. Dann ist es gut, wenn bereits<br />
im Vorfeld konkrete Maßnahmen in die<br />
Wege geleitet wurden, um die Situation gut zu<br />
meistern:<br />
• Besprechen Sie und Ihre Angehörigen mit<br />
dem behandelnden Arzt sowie mit Ihrem zuständigen<br />
medizinischen Fachberater bereits<br />
im Vorfeld mögliche (krankheitsbedingte)<br />
Notfallsituationen.<br />
• Deponieren Sie Ihren Personalausweis<br />
und Ihre Krankenversicherungskarte sowie<br />
weitere wichtige Dokumente (wie Röntgenpass,<br />
Allergiepass, Diabetikerausweis, Betreuungsvollmacht,<br />
aber auch Vorsorgevollmacht,<br />
Patientenverfügung) an einer Stelle,<br />
wo sie stets griffbereit sind.<br />
• Legen Sie auch Ihren Medikamentenplan<br />
dazu, in dem alle Medikamente in der Dosierung<br />
aufgelistet sind, die Sie regelmäßig<br />
einnehmen.<br />
• Welche behandlungsbedürftigen Erkrankungen<br />
liegen vor? Ist eine Medikamentenallergie<br />
bekannt? Tragen Sie einen Herzschrittmacher?<br />
Notieren Sie diese und andere wichtige<br />
Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand<br />
auf einem Blatt Papier.<br />
• Notieren Sie, was Ihnen im Notfall<br />
wichtig ist (für den Fall einer<br />
Einwilligungsunfähigkeit).<br />
• Im Notfall einfach nur den Knopf drücken:<br />
Es gibt viele gute Argumente, sich in<br />
der Wohnung ein Hausnotrufsystem installieren<br />
zu lassen, das rund um die Uhr an 365<br />
Tagen im Jahr aktiv ist. Ein solches System<br />
besteht aus zwei Komponenten: aus einem<br />
Basisgerät mit Freisprecheinrichtung und<br />
Notruftaste, das in die Steckdose gesteckt<br />
wird und mit dem Telefonanschluss verbunden<br />
ist, und einem mobilen, wasserfesten<br />
Funksender, der als Armband oder als<br />
Halskette rund um die Uhr getragen wird.<br />
Wird dieser Notrufknopf gedrückt, wird<br />
ein Notsignal abgesendet – und innerhalb<br />
kürzester Zeit kommt Hilfe. Wichtig: Um<br />
einen einwandfreien Betrieb zu gewährleisten,<br />
sollte das System fachgerecht installiert<br />
werden. Und: Bei vorhandenem Pflegegrad<br />
übernimmt die Pflegeversicherung unter bestimmten<br />
Voraussetzungen die Kosten für<br />
den Basistarif.<br />
Damit es gar nicht erst dazu kommt<br />
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Wohnung an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.<br />
Wichtig ist, dass es auch tatsächlich<br />
Ihre ganz persönlichen Bedürfnisse sind. »Individuelle<br />
Beratung« ist hier das Stichwort.<br />
Gibt es Stolperfallen in Ihrer Wohnung? Sollte<br />
im Badezimmer die Sicherheit (etwa durch<br />
Haltegriffe) erhöht werden? Ist die Beleuchtung<br />
ausreichend? Aber auch: Was brauchen<br />
Sie wirklich, was könnte für Sie vielleicht sogar<br />
eher hinderlich sein?<br />
Krankheitsbedingte<br />
Einschränkungen<br />
Welche kleineren und größeren Alltagsunterstützer<br />
für wen passend sind, hat nicht nur<br />
viel mit dem eigenen Wohlbefinden zu tun,<br />
auch bestimmte krankheitsbedingte Einschränkungen<br />
können den entscheidenden<br />
Punkt für oder gegen eine Umgestaltung oder<br />
Neuanschaffung bedeuten. Nehmen Sie sich<br />
also Zeit, spüren Sie die persönlichen »Brennpunkte«<br />
Ihres Alltags auf, und lassen Sie sich<br />
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<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
20 Diagnose & Therapie<br />
Reizdarm-Syndrom<br />
Schon mal was von SIBO<br />
gehört?<br />
Small Intestinal Bacterial Overgrowth,<br />
kurz SIBO, heißt die<br />
Darmerkrankung, bei der sich<br />
Dickdarmbakterien fälschlicherweise<br />
im Dünndarm ausbreiten.<br />
Inzwischen gilt SIBO als eine der<br />
wesentlichen Ursachen für das<br />
Reizdarm-Syndrom.<br />
Von Tanja Echter<br />
Lange galt ein Reizdarm als psychosomatisch<br />
und sogar als eingebildete<br />
Krankheit …<br />
Inzwischen ist klar: Das Reizdarm-Syndrom<br />
ist nicht, wie jahrzehntelang so definiert, eine<br />
rein funktionelle Störung ohne organische Ursache.<br />
Es ist nicht psychisch bedingt. Ganz im<br />
Gegenteil. Heute kann man sicher sagen: Der<br />
Reizdarm ist durchaus ein organisches Leiden,<br />
hervorgerufen durch konkrete körperliche Veränderungen,<br />
die eindeutig im Darm lokalisiert<br />
sind.<br />
Wie man heute weiß, ist für das<br />
Reizdarm-Syndrom eine veränderte<br />
Zusammensetzung der Darmbakterien<br />
charakteristisch …<br />
Ja, und es wird immer klarer: Im Darmmikrobiom<br />
liegt sehr wahrscheinlich der Schlüssel für<br />
die Wahl der richtigen Behandlungsstrategie.<br />
Das Interessante: Es kommt nicht nur auf die<br />
Zusammensetzung der verschiedenen Bakterienarten<br />
an, sondern auch darauf, wo sich diese<br />
Bakterien befinden. Denn der Darm kontrolliert<br />
die Bakterienverteilung in seinem Inneren<br />
streng. Darmbakterien sind vor allem im Dickdarm<br />
beheimatet, im Dünndarm kommen nur<br />
wenige und zudem überwiegend andere Bakterienarten<br />
vor. Durch bestimmte Auslöser kann<br />
es jedoch passieren, dass die darmeigenen Maßnahmen<br />
zum Schutz vor einer Wanderschaft der<br />
Bakterien von unten nach oben ausgehebelt werden.<br />
Dickdarmkeime dringen dann ungehindert<br />
in den Dünndarm vor, sie setzen sich dort fest<br />
und überwuchern ihn. Mit weitreichenden Folgen:<br />
Der Dünndarm wird nun massiv in seiner<br />
Funktionsfähigkeit beeinträchtigt.<br />
Eine neue Krankheit also?<br />
Ja, kurz SIBO genannt, das steht für Small Intestinal<br />
Bacterial Overgrowth, also »übermäßiges<br />
bakterielles Wachstum im Dünndarm«.<br />
Mittlerweile hört man auch oft den Begriff<br />
»Overgrowth-Syndrom«.<br />
Wie äußert sich SIBO?<br />
Die Auswirkungen reichen von behandlungsbedürftigen<br />
Vitamin- und Mineralstoffmängeln<br />
bis hin zu chronischen Darmschleimhautentzündungen<br />
oder einer ausgeprägten Immunschwäche.<br />
Die Beschwerden lassen sich von den<br />
typischen Symptomen eines Reizdarms kaum<br />
unterscheiden. Mit SIBO gibt es aber jetzt eine<br />
konkrete organische Ursache.<br />
Gibt es ein Hauptsymptom?<br />
Fast alle Betroffenen leiden unter Blähungen.<br />
Beschwerden stellen sich innerhalb der ersten<br />
Stunde, oft etwa 40 bis 60 Minuten nach dem<br />
Essen ein. Typisch auch: Kohlenhydratreiche<br />
Mahlzeiten wie Pasta oder Pizza verschlimmern<br />
die Beschwerden. Eine Besserung tritt ein,<br />
wenn länger nichts gegessen wurde. Es kann sogar<br />
sein, dass der Betroffene nach einer längeren<br />
Nüchternphase, etwa am Morgen oder in der<br />
Nacht, weitgehend symptomfrei ist.<br />
Wie viele Reizdarmpatienten<br />
könnten betroffen sein?<br />
Es sind zwar noch viele Fragen offen, aber inzwischen<br />
spricht vieles dafür, dass SIBO zu den<br />
wichtigsten Auslösern eines Reizdarms gehört.<br />
Aktuelle Studien sowie zwei Metaanalysen legen<br />
nahe, dass die Anzahl der SIBO-Patienten auf jeden<br />
Fall deutlich höher ist als lange Zeit gedacht.<br />
Bei etwa der Hälfte der Patienten mit Reizdarm-<br />
Beschwerden kann man eine bakterielle Fehlbesiedelung<br />
des Dünndarms nachweisen. Es könnten<br />
sogar mehr als 60 Prozent, womöglich sogar<br />
bis zu 75 Prozent der Patienten mit einem diagnostizierten<br />
Reizdarm erkrankt sein. Die Zahl<br />
der SIBO-Betroffenen geht also in die Millionen.<br />
Das heißt aber auch, ganz viele wissen<br />
noch nichts davon?<br />
In der Tat ist SIBO eine unterdiagnostizierte Erkrankung.<br />
Viele der Patientinnen und Patienten<br />
wissen nichts davon, dass in ihrem Dünndarm<br />
Bakterien sind, die dort nicht hingehören. Das<br />
bedeutet also auch, dass sie nicht die Therapie<br />
bekommen, die sie bräuchten.<br />
Was sollten die Menschen tun, die<br />
das jetzt lesen und den Verdacht<br />
haben, sie könnten betroffen sein?<br />
Bei anhaltenden Bauchbeschwerden sollten sie<br />
auf jeden Fall ihren Arzt oder ihre Ärztin aufsuchen<br />
und das Thema Dünndarmfehlbesiedlung<br />
gemeinsam abklären. Dazu gehört auch, einen<br />
Atemtest zu machen. Mit diesem Test werden<br />
nicht die Bakterien ermittelt, sondern die<br />
Konzentration ihrer Stoffwechselprodukte, also<br />
Wasserstoffgas (Hydrogen, H2), das entsteht,<br />
wenn Dickdarmbakterien Kohlenhydrate aus<br />
der Nahrung fermentieren.<br />
Vielfältiges Beschwerdebild<br />
»Reizdarm« ist unter den Magen-Darm-Erkrankungen<br />
die am häufigsten gestellte Diagnose.<br />
Allein in Deutschland sind 10 bis<br />
15 Millionen Menschen erkrankt, darunter<br />
auch Kinder und Jugendliche. Frauen sind<br />
doppelt so oft betroffen wie Männer. Das<br />
Verhältnis verändert sich allerdings im höheren<br />
Lebensalter: Bei den über 50-jährigen<br />
Reizdarmpatienten fällt der Geschlechterunterschied<br />
weniger deutlich aus. Bauchkrämpfe,<br />
Völlegefühl, Blähungen, aber auch<br />
plötzlicher Stuhldrang, Verstopfung, Durchfall<br />
– wer an einem Reizdarmsyndrom leidet,<br />
kann mit der gesamten Palette an Verdauungsstörungen<br />
konfrontiert sein. Trotzdem<br />
kann der erfahrene Arzt ein Reizdarmsyndrom<br />
heutzutage meist sicher von anderen<br />
Darmerkrankungen abgrenzen. Und auch,<br />
was die Auslöser betrifft, ist die Medizin ein<br />
großes Stück weitergekommen – und hat<br />
damit den Weg für neue Therapieansätze<br />
bereitet.<br />
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Der Hersteller medi spricht mit dem Slogan<br />
»Push your Performance« aktive Menschen an, die<br />
ein Plus an Stabilität, Komfort und Funktion von ihrer<br />
Bandage erwarten.<br />
Das Material, die Passform und das Gestrick mit<br />
Kompression der E + motion Performance-Bandagen<br />
bieten eine effektive Unterstützung bei jeder<br />
Bewegung.<br />
Unvermeidbar: Schwitzen beim Sport. Die lebenswichtige<br />
und gesunde Körperfunktion beugt<br />
der Überhitzung des Körpers vor. Aber: Staunässe<br />
beeinträchtigt das Wohlbefinden. Damit Bekleidung<br />
und Bandagen nicht unangenehm auf der<br />
Haut kleben, sind die Auswahl der Materialien<br />
und deren Aufbau sehr wichtig. Die Dry Skin Technologie<br />
sorgt dafür, dass Feuchtigkeit bis zu zweimal<br />
schneller von der Haut an die Oberfläche der<br />
Bandage abtransportiert wird, wo sie verdunstet<br />
(Produktvergleich von medi mit eigenen Produkten).<br />
Das Performance Material mit Merino-Wolle<br />
ist geruchshemmend und thermoregulierend.<br />
Durchdacht bis ins Detail: Die Merino-Wolle ist<br />
auf der Innenseite der Bandage verarbeitet. Dadurch<br />
entsteht auch nach mehrmaligem Waschen<br />
kein Pilling-Effekt.<br />
Gelenkbandagen und -orthesen können bei medizinischer<br />
Notwendigkeit vom Arzt verordnet werden.<br />
Im medizinischen Fachhandel (beispielsweise<br />
Sanitätshaus) werden sie angepasst.<br />
Zweckbestimmung: Epicomed® E + motion®: Ellenbogen-<br />
Kompressionsbandage mit Pelotte l Manumed active<br />
E + motion®: Handgelenk-Kompressionsbandage l Levamed®<br />
E + motion®: Bandage zur Sprunggelenk-Weichteilkompression<br />
l Lumbamed® E + motion®: Orthese zur<br />
Stabilisierung der LWS mit Rückenpelotte l Genumedi®<br />
E+motion®: Kniebandagen zur Weichteilkompression.<br />
Fotos: © www.medi.de<br />
Sportler haben hohe Ansprüche an Passform und<br />
Ergonomie ihrer Bandage. Das ergonomische<br />
Sportgestrick der E + motion Performance-Bandagen<br />
bietet einen passgenauen, nahezu faltenfreien<br />
Sitz und hohen Tragekomfort bei jeder Bewegung.<br />
Gleichzeitig gibt das Gestrick viel Bewegungsfreiheit.<br />
Dafür sorgen spezielle Bewegungszonen in<br />
den besonders sensiblen Beugebereichen wie der<br />
Kniekehle oder dem Ellenbogen.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
22 Diagnose & Therapie<br />
Individuelle<br />
Fingerschiene –<br />
unverzichtbar bei<br />
Fingerverletzungen im Ballsport<br />
Herr Scherzl, im Ballsport wie Volleyball sind<br />
Fingerverletzungen häufig. Kann das Tragen<br />
einer Fingerschiene einen verletzten Finger<br />
wirksam schützen?<br />
Herr Scherzl: Auf jeden Fall. Oftmals erlaubt erst<br />
das Tragen einer Fingerorthese bzw. -schiene den<br />
Betroffenen, dass sie das Training so rasch wie<br />
möglich wieder aufnehmen und an Spielen und<br />
sogar Wettkämpfen teilnehmen können. Wichtig<br />
ist, dass die Schiene individuell passend auf<br />
den Finger und das Verletzungsbild entwickelt<br />
wurde. Dies können konfektionierte Orthesen im<br />
Allgemeinen nicht leisten. Außerdem hat es sich<br />
bewährt, den gesamten Finger und nicht z. B. ein<br />
einzelnes Fingerglied mit einer Orthese zu versorgen<br />
– auf diese Weise wird zum einen ein größtmöglicher<br />
Schutz, zum anderen eine gute Mobilisierung<br />
des Fingers erreicht. Gleichzeitig muss die<br />
Schiene aber auch sehr strapazierfähig sein, ohne<br />
dass die Sportler irgendwelche Einbuße beim Tragekomfort<br />
haben.<br />
Welche Anforderungen muss eine<br />
Fingerschiene erfüllen?<br />
Herr Scherzl: Für einen verletzten oder operierten<br />
Finger bilden Orthesen einen wichtigen Bestandteil<br />
im Rehabilitationsprozess. Die Anforderungen<br />
an eine Fingerschiene können dabei variieren, je<br />
nachdem, ob der Knochen des Fingers gebrochen,<br />
ein Gelenk verletzt, das Seitenband gedehnt, die<br />
Strecksehne abgerissen oder eine Kapsel eingerissen<br />
ist. Aber auch während des Heilungsprozesses<br />
können an eine Fingerschiene unterschiedliche<br />
Ansprüche gestellt werden. Beispielsweise steht in<br />
den ersten Tagen nach dem Ereignis oft zunächst<br />
die uneingeschränkte Ruhigstellung des verletzten<br />
oder operierten Fingers im Vordergrund, in diesem<br />
Fall kann dann erst einmal eine starre Schiene<br />
hilfreich sein. Später, wenn es darum geht, dass<br />
der Finger seine volle Beweglichkeit zurückerlangt<br />
und sich wieder problemlos strecken und beugen<br />
lässt, muss die Schiene dem Finger etwas Bewegungsspielraum<br />
lassen und ihn gleichzeitig weiterhin<br />
gut schützen. Während des Trainings oder<br />
Spiels muss die Schiene dann den größtmöglichen<br />
Schutz bieten, ohne dass sich die Sportler in ihrer<br />
Beweglichkeit eingeschränkt fühlen. Diese Anforderungen<br />
lassen sich nur erfüllen, wenn die Fingerschiene<br />
maßgefertigt wird.<br />
Also wird praktisch immer ein Unikat<br />
hergestellt?<br />
Herr Scherzl: Genau. Auch für Amelie Quintar<br />
haben wir ein Modell kreiert, dass es vorher nicht<br />
gab. Schienen können mit verschiedenen Fertigungstechniken<br />
produziert werden, beispielsweise<br />
mit einem Gipsabdruck, der Laminattechnik oder<br />
einem 3D-Druck. In ihrem Fall haben wir uns dazu<br />
entschieden, die Volleyballschiene aus einem speziellen,<br />
thermoplastisch verformbaren Kunststoff<br />
zu fertigen, die direkt am Finger geformt und so<br />
exakt auf die individuelle Anatomie des Fingers abgestimmt<br />
ist. Zugleich galt es, die Schiene richtig<br />
zu positionieren, sodass sich die Öffnungen an den<br />
richtigen Stellen befinden und die Befestigungen<br />
genau passen – dies lässt sich am besten erreichen,<br />
wenn man direkt am Finger arbeitet. Letztlich geht<br />
es immer darum, die speziellen Anforderungen,<br />
die an die Orthese gestellt werden, auch wirklich<br />
zu erfüllen und so das individuell bestmögliche<br />
Ergebnis für die Betroffenen zu finden.<br />
Eine weitere häufige Volleyballverletzung<br />
betrifft den Daumen. Kann auch bei dieser<br />
Verletzung eine Orthese helfen?<br />
Herr Scherzl: Ja, sicherlich. Ein häufige Verletzung<br />
im Volleyball ist z. B. eine Umknickverletzung,<br />
durch die dann oft z .B. der Kapsel-Band-Apparat<br />
des Daumens geschädigt wird. Hier leistet eine<br />
Daumenorthese wertvolle Dienste, indem sie für<br />
die nötige Stabilisierung sorgt oder, wenn der<br />
chirurgische Einsatz einer Bandplastik notwendig<br />
ist, das Operationsergebnis durch eine gezielte<br />
Ruhigstellung sichert und so wesentlich zur Förderung<br />
des Heilungsprozesses beiträgt. Hierfür<br />
verordnet der Arzt häufig eine maßgefertigte<br />
Daumenorthese, die genau auf die anatomischen<br />
Gegebenheiten des Daumens abgestimmt ist –<br />
dies vermag ein vorgefertigtes Modell, wie gesagt,<br />
kaum zu leisten.<br />
Sie erwähnen die 3D-Drucktechnologie, die<br />
im medizinischen Bereich weltweit auf dem<br />
Vormarsch ist. Ist die neue Technologie auch<br />
schon eine Option für die Anfertigung von<br />
Daumen- oder Fingerorthesen?<br />
Herr Scherzl: Auf jeden Fall, wir selbst bieten<br />
bereits seit einiger Zeit maßgefertigte Orthesen<br />
an, die im 3D-Drucker entstanden sind – und wir<br />
haben gute Erfahrungen damit gemacht. Hierfür<br />
arbeiten wir mit einem deutschen Unternehmen<br />
zusammen, das sich auf die Herstellung von individuellen<br />
Hilfsmitteln mittels 3D-Druck spezialisiert<br />
hat. Meiner Meinung nach hat die neue Technologie<br />
das Potenzial, das Versorgungsspektrum der<br />
Orthopädietechnik gerade im Bereich der maßgefertigten<br />
Orthesen optimal zu ergänzen. Noch ist<br />
das 3D-Verfahren jedoch nicht im Hilfsmittelkatalog<br />
der Gesetzlichen Krankenkassen gelistet.<br />
Franz Scherzl ist Orthopädietechnikermeister und<br />
Geschäftsführender Gesellschafter der Orthoforum<br />
Orthopädietechnik in München-Perlach.<br />
Pfanzeltplatz 4<br />
81737 München<br />
Tel. 089/49026126 | FAX 089/49026128<br />
www.orthoforum.info<br />
kontakt@orthoforum.info<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Diagnose & Therapie<br />
23<br />
Fingerbruch beim Volleyball<br />
»Ohne meine Schiene hätte ich nicht so<br />
schnell wieder einsteigen können!«<br />
Amelie Quintar gehört zu den großen Talenten im deutschen Hallenvolleyball und Beachvolleyball:<br />
Ende Juni hat sie sich im Beachvolleyball den Bayerischen Meistertitel U18 und damit auch die<br />
Qualifikation für die Deutsche Jugendmeisterschaft gesichert. Eine tolle Leistung – und dies obwohl<br />
sie drei Monate zuvor eine schwere Fingerverletzung erlitten hatte und deshalb mit Fingerschiene<br />
spielte. Für sie kein Handicap, sondern im Gegenteil ein gutes Hilfsmittel, dank dem sie ihr ganzes<br />
Können abrufen konnte.<br />
Von Dr. Nicole Schaenzler<br />
Fotos: © privat / Orthoforum<br />
Volleyball ist ein extrem schneller Sport:<br />
Schnelle Antritte im Wechsel mit ebenso<br />
schnellen Stopps prägen das Spiel. Ebenso sind<br />
Denkschnelligkeit und blitzschnelles Reaktionsvermögen<br />
gefragt. Aber auch die Bälle erreichen<br />
enorm hohe Geschwindigkeiten – und immer<br />
sind es die Hände und Finger, die im Zentrum<br />
des Geschehens stehen: beim oberen oder unteren<br />
Zuspiel, dem Pritschen oder Baggern, wie<br />
es im Volleyballsport heißt, aber auch beim Angriffsschlag,<br />
Blocken oder Aufschlag.<br />
Volleyball ist vor allem harte<br />
Handarbeit<br />
Kein Wunder, dass im Volleyball eine der häufigsten<br />
Verletzungen die Finger betrifft. Prallt<br />
der Ball z. B. mit Wucht auf die ausgestreckten<br />
Finger, kann die Strecksehne des Fingers reißen<br />
oder ein Knochen brechen. Letzteres ist der<br />
17-jährigen Hallenvolley- und Beachvolleyballerin<br />
Amelie Quintar im März dieses Jahres passiert:<br />
Während einer Abwehrhandlung traf der<br />
Ball so ungünstig auf den gestreckten kleinen<br />
Finger, dass es knackte. Sich vorzeitig auswechseln<br />
zu lassen, kam für sie nicht infrage. Stattdessen<br />
spielte die talentierte Nachwuchsleistungssportlerin<br />
vom Verein TSV Turnerbund<br />
München e.V. (TBM) weiter. »Wie schmerzhaft<br />
die Verletzung eigentlich ist, spürte ich erst später«,<br />
sagt Amelie Quintar.<br />
Auch in den folgenden Tagen ließen die Schmerzen<br />
nicht nach, deshalb führte der Weg schließlich<br />
ins Krankenhaus, um den Finger genauer<br />
untersuchen zu lassen. Im Röntgenbild zeigte<br />
sich dann das ganze Ausmaß der Verletzung:<br />
Der kleine Finger war gebrochen und zwar so,<br />
dass es keine Alternative zu einem operativen<br />
Eingriff gab. »Es wurde empfohlen, die Fingerfraktur<br />
mit zwei Schrauben zu stabilisieren«, erinnert<br />
sich Amelie Quintar.<br />
Auch wenn sich die Zwangspause etwas länger<br />
hinzog als ursprünglich gedacht: Schon bald<br />
standen Ergotherapie und moderates Kraft- und<br />
Athletiktraining auf dem Programm, um dem<br />
Finger nach und nach seine Kraft und Beweglichkeit<br />
zurückzugeben und die gewohnte körperliche<br />
Fitness zurückzuerlangen. Das erklärte<br />
Ziel: So rasch wie möglich wieder aufs Spielfeld<br />
zu kommen. Letztendlich reichte die Zeit<br />
jedoch nicht aus, um wie geplant mit der Bayernauswahl<br />
am großen Bundespokal teilzunehmen<br />
– ein Ausfall, den auch ihre Trainer sehr<br />
bedauerten.<br />
Triumpf im Beachvolleyball<br />
Eine Variante des Volleyballs ist Beachvolleyball.<br />
Im Gegensatz zum Hallenvolleyball wird<br />
ausschließlich auf Sandplätzen und meist unter<br />
freiem Himmel gespielt. Zudem ist das Spielfeld<br />
kleiner, denn eine Mannschaft besteht nicht, wie<br />
beim Hallenvolleyball aus sechs, sondern nur<br />
aus zwei Spielern. Im Juni fanden die Bayerischen<br />
Meisterschaften der verschiedenen Nachwuchsjahrgänge<br />
statt, Amelie Quintar trat bei<br />
der Bayerischen Meisterschaft der U18 an und<br />
Mit der maßgefertigten Fingerschiene zu spielen, stört<br />
das 17-jährige Volleyballtalent kein bisschen –<br />
im Gegenteil.<br />
Volleyballerin Amelie Quintar ist dieses Jahr<br />
Bayerische Meisterin U18 geworden.<br />
zeigte mit ihrer Vereinskollegin eine außergewöhnliche<br />
Leistung: Nach sechs umkämpften<br />
Spielen sicherten sich die beiden den Meistertitel<br />
der Bayerischen U18 und damit die Teilnahme<br />
an der Deutschen Meisterschaft. Während des<br />
Turniers hatte die 17-Jährige eine spezielle Schiene<br />
getragen, die Orthopädietechnikermeister<br />
Franz Scherzl von Orthoforum Orthopädietechnik<br />
für sie nach Maß gefertigt hatte. Die Schiene<br />
schützt ihren Finger, ohne die Beweglichkeit der<br />
Hand zu beeinträchtigen: »Ich spüre die Schiene<br />
praktisch nicht und sie schränkt mich auch<br />
nicht ein«, erklärt Amelie Quintar.<br />
Nächste Herausforderung:<br />
2. Bundesliga<br />
Seit September liegt ihr Fokus wieder mehr auf<br />
dem Hallenvolleyball. Denn die Damen 1 des<br />
TSV Turnerbunds München ist in die 2. Bundesliga<br />
Süd aufgestiegen – nach nur einem Jahr<br />
in der 3. Bundesliga. Diagonalspielerin Amelie<br />
Quintar freut sich schon sehr auf die neue Herausforderung.<br />
Längst hat sie ihr altes Leistungsniveau<br />
erreicht und auch die Verletzung ist gut<br />
ausgeheilt: Der Fingerknochen ist wieder vollständig<br />
zusammengewachsen. Aus medizinischer<br />
Sicht müsste Amelie Quintar deshalb eigentlich<br />
keine Schiene mehr tragen. Doch noch<br />
zögert sie, ganz auf die Orthese zu verzichten<br />
– das sei aber vor allem eine »Kopfsache«, wie<br />
sie erklärt: »Es macht mich noch etwas sicherer,<br />
wenn ich weiß, dass der Finger gut geschützt ist.«<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
24 Rat aus der Apotheke<br />
Foto: © oben li.: Cillas | CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6774912<br />
Arzneipflanze des Jahres <strong>2023</strong><br />
Der Echte Salbei<br />
Der Echte Salbei ist die Arzneipflanze<br />
des Jahres <strong>2023</strong>. Seine medizinische<br />
Verwendung reicht über viele Jahrhunderte<br />
zurück. Heute ist er beliebter denn<br />
je – und er wird sowohl innerlich als<br />
auch äußerlich angewendet.<br />
Von Apotheker Thomas Knaier<br />
Im Altertum standen seine Blätter als Zauberund<br />
Liebesmittel in hohem Ansehen – heute<br />
schätzt man den Echten Salbei mit dem botanischen<br />
Namen Salvia officinalis vor allem als<br />
wirksames Mittel zur Linderung einer Vielzahl<br />
unterschiedlicher Leiden: von dyspeptischen Beschwerden<br />
wie Blähungen und Sodbrennen bis<br />
hin zu Hautentzündungen oder Entzündungen<br />
im Mund-, Hals- und Rachenbereich. Jetzt wurde<br />
die zur Familie der Lippenblütler zählende<br />
Pflanze aufgrund ihrer »reichhaltigen Nutzung<br />
in Geschichte und Gegenwart und dem großen<br />
Potential für weitere Forschungen« vom Interdisziplinären<br />
Studienkreis Entwicklungsgeschichte<br />
der Arzneipflanzenkunde zur Arzneipflanze<br />
des Jahres <strong>2023</strong> gekürt.<br />
Erste Anwendungen im Altertum<br />
Die breitgefächerte Heilkraft der Pflanze als<br />
Universalmedizin klingt ja schon in ihrem botanischen<br />
Namen an, denn ‚Salvia‘ lässt sich von<br />
salvare ableiten, was übersetzt »heilen« bedeutet.<br />
Und so reicht denn die medizinische Verwendung<br />
von Salbei in Europa bis weit ins Altertum<br />
zurück – auch wenn damals noch andere Arten<br />
aus der mit etwa 1000 Arten sehr umfangreichen<br />
Gattung im Vordergrund standen. So schwärmt<br />
beispielsweise Dioskurides, einer der bekanntes-<br />
Der Echte Salbei hat u. a. eine antiseptische,<br />
antibiotische, krampflösende<br />
und blähungslindernde Wirkung, aber<br />
er hat auch einen antisekretorischen,<br />
die Schweißdrüsen verengenden<br />
Effekt.<br />
ten Ärzte der Antike, von einer harntreibenden,<br />
wundheilungs- und menstruationsfördernden<br />
sowie blutstillenden Heilkraft der Pflanze.<br />
Eine große Rolle spielte der Echte Salbei dann in<br />
der Klostermedizin des Mittelalters. Walahfrid<br />
Strabo, Abt des Klosters auf der Reichenau im<br />
Bodensee, beschreibt ihn in seinem Lehrgedicht<br />
über den Anbau von Heilpflanzen gleich zu Beginn.<br />
Hildegard von Bingen widmet dem Salbei<br />
rund 300 Jahre später in ihrer Naturkunde eines<br />
der umfangreichsten Kapitel und nennt acht<br />
verschiedene Anwendungsgebiete von Mundgeruch<br />
über Appetitlosigkeit bis hin zu Kopfschmerzen,<br />
Bauchschmerzen und Blutungen.<br />
Auch Karl der Große empfahl seinen Anbau<br />
im ‚Capitulare de villis‘. Und im Kräutergarten<br />
des berühmten St. Gallener Klosterplans war<br />
die Heilpflanze ebenfalls vertreten. Im ‚Macer<br />
floridus‘ werden als Hauptindikationen schon<br />
Verdauungsbeschwerden, Schwindel, Epilepsie,<br />
Husten und schlecht heilende Wunden genannt.<br />
Welch großes Ansehen die Pflanze damals genoss,<br />
zeigt auch das ‚Regimen sanitatis salernitanum‘,<br />
dessen Lob auf den Salbei in der Frage<br />
mündet: »Warum stirbt denn überhaupt der<br />
Mensch, dem Salbei im Garten wächst? Salbei<br />
schafft Remedur, Salbei der Rat der Natur!« Im<br />
späten 16. Jahrhundert sind zudem erste kosmetische<br />
Anwendungen belegt. So nutzte man Salbeiblätter<br />
z. B. gern als »Zahnbürste«, was aus<br />
heutiger Sicht vor allem auf die entzündungsund<br />
bakterienhemmenden Wirkstoffe wie Aucubin<br />
zurückzuführen ist.<br />
Leonhart Fuchs schrieb den Echten Salbei in<br />
seinen Kräuterbüchern (1542/43) menstruationsfördernde<br />
Eigenschaften zu und nannte die<br />
Behandlung von Husten, Wunden und Juckreiz<br />
— Anwendungsgebiete des Salbeis, die bis ins 20.<br />
Jahrhundert üblich waren.<br />
Heimat Mittelmeerraum<br />
Der Salbei gehört zur Familie der Lippenblütler.<br />
Er ist ein aromatisch stark duftender Halbstrauch,<br />
der bis zu 80 Zentimeter hoch werden<br />
kann. Der aufrechte, in Bodennähe stark verholzende<br />
Stängel trägt oft viele filzig-behaarte,<br />
abstehende Seitenäste mit einfach gebauten,<br />
langgestielten Blättern, die unterseits charakteristisch<br />
weißfilzig behaart sind. In der Blütezeit<br />
von Mai bis Juli zeigen sich Blüten in den Farben<br />
weiß über rosa bis blauviolett, die meist als fünfbis<br />
zehnblütige Scheinquirle angeordnet sind.<br />
Die Pflanze bevorzugt sonnige Standorte mit<br />
trockenem Boden und ist im gesamten Mittelmeerraum<br />
beheimatet. Dort findet man die drei<br />
Arten Salvia officinalis, Salvia lavandulifolia<br />
und Salvia fruticosa. In Osteuropa, Asien, USA<br />
und Südafrika wird er gewerblich angebaut.<br />
Pflanzenteile und Inhaltsstoffe<br />
Heilkundlich verwendet werden die ganzen<br />
oberen Pflanzenteile, vor allem die Salbeiblätter,<br />
seltener auch die Blüten. Insbesondere die Blätter<br />
enthalten ätherisches Öl, Flavonoide, sowie<br />
Gerb- und Bitterstoffe, die sowohl viren- und<br />
bakterien- und entzündungshemmend als auch<br />
die Schleimhäute zusammenziehend (adstringierend),<br />
verdauungsfördernd und Schweißdrüsen<br />
verengend und damit schweißhemmend<br />
wirken.<br />
Das ätherische Öl (bis 3,6 Prozent) enthält viel<br />
alpha-Thujon (oft Hauptwirkstoff) und beta-<br />
Thujon (zusammen bis 60 Prozent), zudem kleinere<br />
Mengen Campher, 1,8-Cineol und andere<br />
Monoterpene. Ferner: Phenolcarbonsäuren (ca.<br />
sechs Prozent) wie Rosmarinsäure (Labiatengerbstoff),<br />
weitere Flavonoide, Diterpene wie<br />
Carnosol (Bitterwert 14 000) und Rosmanol,<br />
eine organische Verbindung aus der Klasse der<br />
phenolischen Diterpene.<br />
Anwendungsgebiete<br />
Salbei ist als Heilpflanze in seiner Anwendung<br />
ausgesprochen vielseitig. Wissenschaftlich anerkannt<br />
ist die äußerliche Anwendung von Salbeiblättern<br />
bei Schleimhautentzündungen im<br />
Mund- und Rachenraum, bei leichten Hautentzündungen<br />
sowie bei Verdauungsbeschwerden,<br />
etwa als Salbeitee bzw. als Spül- und Gurgellösung<br />
auf der Basis von Salbeitee. Gleiches gilt<br />
für die innerliche Anwendung bei übermäßigem<br />
Schwitzen am Tag und in der Nacht. Auch die<br />
Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat diese<br />
Anwendungsgebiete 2017 anerkannt.<br />
Pharmakologie heute<br />
• Es gibt Hinweise, wonach verschiedene<br />
Salbeiarten das Enzym Acetylcholinesterase<br />
hemmt, was für die Behandlung von Alzheimer-<br />
Demenz bedeutsam sein könnte. Hierzu ist jedoch<br />
weitere Forschung notwendig.<br />
• Neuere klinische Studien bestätigen die historische<br />
Anwendung von Salbeiblättern gegen<br />
wechseljahrsbedingtes Schwitzen bei Frauen<br />
und bei Männern gegen Hitzewallungen nach<br />
antiandrogener Therapie.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Rat aus der Apotheke<br />
25<br />
• In Kombination mit Echinacea zeigte ein<br />
Spray mit Salbei bei Halsentzündungen eine<br />
ebenso gute Wirkung wie ein entsprechendes<br />
Spray mit synthetischem Desinfektions- und<br />
Schmerzmittel.<br />
• Laut einer iranischen Studie lindert Salbei<br />
Beschwerden des prämenstruellen Syndroms.<br />
Andere Studien zeigen eine Stoffwechsel fördernde<br />
Wirkung bei Patienten mit zu hohen<br />
Fett- bzw. Cholesterinwerten – auch bei Diabetes<br />
und beim Polyzystischen Ovarialsyndrom.<br />
• Die antiinfektiöse Wirkung von Salbei konnte<br />
in Untersuchungen bei lokaler Behandlung<br />
von vaginalem Pilzbefall gezeigt werden.<br />
Verschiedene Darreichungsformen<br />
Werden Salbeiblätter als Tee angewendet, sollten<br />
standardisierte Extrakte in Arzneiteequalität<br />
verwendet werden. Therapeutisch genutzt werden<br />
neben Salbeitinkturen auch ätherische Öle,<br />
die aus den Blättern des Echten Salbeis gewonnen<br />
werden. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass<br />
Salbeiöl sehr stark wirkt. Vor einer innerlichen<br />
Anwendung des reinen ätherischen Öls warnen<br />
die Behörden sogar, weil die Gefahr einer toxischen<br />
Wirkung speziell durch die Inhaltsstoffe<br />
Campher und dem Nervengift Thujon besteht.<br />
Gurgeln mit Salbeiöl (ein bis zwei Tropfen Öl<br />
auf ein Glas Wasser), z. B. bei Halsschmerzen, ist<br />
aber unproblematisch. Bei äußerlichen Anwendungen<br />
sollte Salbeiöl ausschließlich verdünnt<br />
auf Haut und Schleimhäute aufgetragen werden.<br />
Rat des Apothekers<br />
Allgemeine Dosierungsempfehlungen<br />
für die innerliche Anwendung des<br />
Echten Salbeis:<br />
• Salbeiblätter als Tee: Tagesdosis 4<br />
bis 6 Gramm<br />
• Ätherisches Öl: Tagesdosis 0,1 bis<br />
0,3 Gramm<br />
• Tinktur: Tagesdosis 2,5 bis 7,5<br />
Gramm<br />
• Zur Behandlung von Entzündungen<br />
im Hals- und Rachenbereich haben<br />
sich Salbeitees und Spülungen mit<br />
Salbeitinkturen bewährt, mit denen<br />
man mehrmals täglich gurgeln sollte.<br />
• Gegen eine übermäßige Schweißsekretion<br />
lautet die Empfehlung für<br />
die Teezubereitung, 2 bis 3 Teelöffel<br />
Salbeiblätter pro Tasse zu verwenden.<br />
• Menschen mit einem empfindlichen<br />
Magen sollten mit höheren Salbei-<br />
Dosierungen jedoch grundsätzlich<br />
vorsichtig sein.<br />
• Generell gilt: Als Nebenwirkung bei<br />
Überdosierung (mehr als 15 Gramm<br />
pro Tag) und Daueranwendung können<br />
Krämpfe, Schwindel- und Hitzegefühl<br />
auftreten. Insgesamt sollten<br />
Salbeiarzneien und -zubereitungen<br />
nicht länger als vier Wochen lang<br />
eingenommen werden.<br />
Es gibt eine Vielzahl von Präparaten<br />
aus Salbeiblätterextrakten, die zu<br />
medizinischen Zwecken eingesetzt<br />
werden – sie sind nur in der Apotheke<br />
erhältlich.<br />
Hier eine kleine Auswahl:<br />
• Bei leichten Entzündungen von<br />
Zahnfleisch und Mundschleimhaut z.B.<br />
Salviathymol N® Tropfen<br />
• Zur Linderung von vermehrter<br />
Schweißbildung z.B. Salvysat® 300<br />
mg Filmtabletten oder Sweatosan®<br />
überzogene Tabletten<br />
• Bei übermäßiger Schweißabsonderung<br />
sowie zur Spülung bei Entzündungen<br />
im Mund- und Rachenraum<br />
z. B. Salvysat® Flüssigkeit oder Salbei®<br />
Curarina Tropfen<br />
• Bei übermäßigem Schwitzen und<br />
Wärmegefühl in den Wechseljahren<br />
z. B. Menosan Salvia® Tabletten<br />
• Bei Mundtrockenheit als Speichelersatzpräparat<br />
z. B. Salvia natura®<br />
Mundspray<br />
• Bei Zahnfleischproblemen z. B.<br />
Salviagalen® und Salviagalen® F<br />
Homöopathika auf Salbeibasis z. B.<br />
• Salvia Oligoplex® Liquid<br />
• Ceres Salvia officinalis Urtinktur<br />
• Pflügerplex® Salvia 122 Tropfen<br />
• Synergon 27 Salvia N Tropfen<br />
• Salvia officinalis D4 Tabletten und<br />
Dilution (DHU)<br />
• Salvia officinalis D6 Dilution<br />
Impressum<br />
Verlag: Letter Content Media<br />
Inhaberin: Dr. Nicole Schaenzler<br />
(verantwortlich für Anzeigen)<br />
Sebastian-Bauer-Straße 20c<br />
81737 München<br />
Tel.: 089 / 637 47 43<br />
Fax: 089 / 679 201 61<br />
E-Mail: N.Schaenzler@letter-content.de<br />
Chefredaktion: Dr. Nicole Schaenzler (verantwortlich<br />
für redaktionellen Inhalt) — Adresse wie Verlag<br />
Anzeigenverkauf: Sabine Ehinger<br />
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Mitarbeit: Tanja Echter, Alexander Friedrich,<br />
Sabine Jansen, Apotheker Thomas Knaier, Anke<br />
Neumann-Roß, Dr. Nina Schreiber, Herbert Schwinghammer,<br />
Isabel Virnich, Klaus Wilhelm<br />
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Urheber- und Leistungsschutzrecht nicht zugelassene<br />
Verwertung bedarf der vorherigen schriftlichen<br />
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Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung,<br />
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Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos<br />
wird keine Haftung übernommen. Mit der Annahme<br />
des Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche<br />
Verwertungsrecht.<br />
Diese Zeitschrift kann u. a. werbliche Informationen<br />
über verschreibungspflichtige und frei verkäufliche<br />
Arzneimittel enthalten. Ihre Anwendung ersetzt keinesfalls<br />
die Inanspruchnahme eines Arztes.<br />
Aus Gründen der Lesbarkeit wird weiterhin das generische<br />
Maskulin verwendet. Es soll alle Geschlechter<br />
gleichberechtigt anzeigen.<br />
Für die medizinische Fachberatung<br />
in dieser Ausgabe danken wir<br />
Prof. Dr. med. Alexander Karl<br />
Chefarzt der Klinik für Urologie<br />
Krankenhaus Barmherzige Brüder<br />
Romanstraße 93 | 80639 München<br />
Tel. 089 / 1797-2603 (Sekretariat)<br />
www.barmherzige-muenchen.de<br />
Prof. Dr. med. Thomas Kolben<br />
Oberarzt der Klinik und Poliklinik für<br />
Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
LMU Klinikum München<br />
Zentrumskoordinator des Endometriose-Zentrums<br />
Campus Großhadern<br />
Marchioninistr. 15 | 81377 München<br />
Tel. 089/4400-76800<br />
www.lmu-klinikum.de<br />
Dr. med. Heribert Konvalin<br />
MVZ im Helios<br />
Helene-Weber-Allee 19 | 80637 München<br />
Tel. 089 / 15 92 77-0<br />
www.mvz-im-helios.de<br />
Anke Neumann-Roß<br />
Heilpraktikerin<br />
Vogelweide 2c | 85375 Neufahrn<br />
Tel: 08165 / 51 04<br />
www.heilpraxis-an.de<br />
Dr. med. Kami Pekayvaz<br />
Medizinische Klinik I<br />
LMU Klinikum München<br />
Campus Großhadern<br />
Marchioninistr. 15 | 81377 München<br />
Tel: 089 / 2180-76505<br />
www.lmu-klinikum.de<br />
Dr. med. Hans-Hermann Wörl<br />
Widenmeyerstraße 16 | 80538 München<br />
Tel. 089 / 54 80 66 66<br />
www.widenmayer16.de<br />
Dr. med. Steffen Zenta<br />
MVZ im Helios<br />
Helene-Weber-Allee 19 | 80637 München<br />
Tel. 089 / 15 92 77-0<br />
www.mvz-im-helios.de<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
26 Fitness<br />
Moderater Sport für Muskeln, Knochen und Gelenke<br />
Wandern in den Voralpen -<br />
für jeden etwas<br />
Fotos: (oben) © Letter Content Media; (rechts) © wirestock / 123rf.com<br />
Von kinderwagentauglichen Wanderwegen in den Voralpen bis hin zum alpinen Steig<br />
in die höheren Lagen bietet das Voralpenland alle Schwierigkeitsstufen des Wanderns.<br />
Es ist dafür bekannt, dass Wanderer jeden Tag eine andersartige Tour unternehmen können.<br />
Sehr gut ausgebaute, fast ebene Rundwanderwege fürs Panorama-Genuss-Wandern<br />
grenzen an Berge mit Pfaden und Steigen, die zügig nach oben bis an die Waldgrenze<br />
und darüber hinaus führen. Wer sich dagegen gern in den Höhenlagen ohne die Mühe<br />
eines Aufstiegs aufhält, findet im Randgebirge auch Bergbahnen, von deren Bergstationen<br />
eine große Auswahl an Wanderwegen und Steigen zum erholsamen Bergwandern in<br />
mittleren Höhen einlädt.<br />
Von Herbert Schwinghammer<br />
Wandern in den Bergen verheißt nicht nur<br />
abwechslungsreiche Stunden an der frischen<br />
Luft, sondern auch eine Beanspruchung<br />
des Körpers, die je nach Leistungsfähigkeit beliebig<br />
dosiert werden kann. Ob stundenlange<br />
Bergtouren in höheren Lagen oder bequeme<br />
Wanderungen im Tal, richtig geplant profitieren<br />
sowohl Knochen, Muskeln und Gelenke als auch<br />
innere Organe wie Herz und Lunge von der körperlichen<br />
Bewegung.<br />
Mit der passenden Ausrüstung und einer der<br />
Leistungsfähigkeit angepassten Planung bietet<br />
Bergwandern auch für weniger trainierte, übergewichtige<br />
oder ältere Menschen die Möglichkeit,<br />
das Naturerlebnis mit effektivem Ausdauertraining<br />
zu verbinden.<br />
Die »mittleren Höhen« versprechen<br />
Genusswandern und viel Positives für<br />
die Gesundheit<br />
Vor allem Bewegung in den »mittleren Höhen«<br />
zwischen 1 000 und 2 000 Metern, die am<br />
Übergang vom Voralpenland ins Randgebirge<br />
anzutreffen sind, wirkt auf das Herz-Kreislauf-System<br />
besonders anregend und stärkend.<br />
Beim Bergaufgehen werden fast alle Organsysteme<br />
wie Herz, Lunge, Muskulatur und Gelenke<br />
trainiert. Sogar die Knochen werden durch gesteigerte<br />
Muskelkraft besser geschützt, und die<br />
Beweglichkeit wird erhöht. So kann man Osteoporose,<br />
aber auch einem vorzeitigen Gelenkverschleiß<br />
vorbeugen. Die Höhenluft unterstützt<br />
zudem das Immunsystem und verschafft Allergikern<br />
in der in dieser Höhe nahezu pollenfreien<br />
Luft Erleichterung. Ruhe, Naturerlebnis und Bewegung<br />
steigern das psychische Wohlbefinden,<br />
die Schlafqualität nimmt zu.<br />
Ein Aufenthalt in den höheren Lagen ist ein<br />
Ganzkörpertraining, das sich bis in die Körperzellen<br />
auswirkt, denn auch der Sauerstofftransport<br />
im Blut wird durch die vermehrte Bildung<br />
von roten Blutkörperchen verbessert. Und kaum<br />
eine andere Sportart eignet sich so gut für den<br />
sportlichen Wiedereinstieg wie das Wandern,<br />
etwa nach einer Krankheit oder nach längerer<br />
Sportpause.<br />
Aber auch der Genuss kommt nicht zu kurz,<br />
weil »sanfte« Wegführungen in diesen Höhen<br />
überwiegen und viel Zeit und Ruhe bleibt, um<br />
die Schönheit der Landschaft auf sich wirken zu<br />
lassen. Es sollte das alte Prinzip »Der Weg ist das<br />
Ziel« im Vordergrund stehen und das Rennen<br />
um Höhenmetern getrost vergessen werden.<br />
Immer mit der Ruhe<br />
Für Untrainierte gilt, die Belastung langsam<br />
zu steigern und nicht sofort mit sportlichen<br />
Höchstleistungen zu beginnen. Eine zwei- bis<br />
dreistündige Tour in flachem bis leicht hügeligem<br />
Gelände ist ein guter (Wieder-)Einstieg in<br />
das Bergwandern. Zu Beginn ist es nicht ratsam,<br />
sich für den Aufstieg länger als eine, höchstens<br />
zwei Stunden vorzunehmen. Oder man nimmt<br />
eine Bergbahn und läuft sich bequem in den<br />
Höhenlagen »warm«. Zudem sollte man nicht<br />
zögern, bei Problemen vorzeitig den Rückweg<br />
anzutreten. Und wenn eine Gruppe unterwegs<br />
ist, muss sich unbedingt das Tempo nach dem<br />
langsamsten Mitglied richten, denn niemand<br />
darf den Anschluss verlieren oder sich körperlich<br />
verausgaben müssen, um mit den anderen<br />
Schritt zu halten.<br />
Die Almen laden ein: ausgiebige<br />
Pausen einplanen<br />
In den Höhenlagen, aber auch im Tal stehen viele<br />
Einkehrmöglichkeiten zur Verfügung, die für<br />
Pausenzeiten in die Tour eingeplant werden sollten.<br />
Denn unerfahrene Wanderer muten sich oft<br />
zu viel zu. Sie gehen zu schnell, steigen zu hastig<br />
auf und sind dann erschöpft. Das kann Verletzungen<br />
und Stürze vor allem beim Abstieg zur Folge<br />
haben. Besser ist es, etwa alle zwei Stunden das<br />
Pausenpaket auszupacken oder in einer der vielen<br />
Almen und Berghütten einzukehren. Wer noch<br />
viel vorhat, sollte eher leichter Kost den Vorzug<br />
geben und sich die verführerischen Süßspeisen<br />
für die letzte Rast oder fürs Abendessen aufheben.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Fitness<br />
27<br />
Bild links: Häufig bilden Moorlandschaften<br />
den Übergang vom Voralpenland in die Alpen,<br />
wie hier z. B. bei Inzell.<br />
Alpine Steige sind schon im Randgebirge zu finden, wie<br />
hier z. B. in der Gipfelregion der Kampenwand (1669 m).<br />
Ganz wichtig ist es, viel zu trinken – auch wenn<br />
man vielleicht gar keinen Durst verspürt. Tatsächlich<br />
kann der Flüssigkeitsverlust je nach Belastungsintensität<br />
und Umgebungstemperatur<br />
durch Schwitzen bis zu zwei Liter pro Stunde<br />
betragen. Flüssigkeitsmangel schränkt nicht nur<br />
die körperliche Leistungsfähigkeit ein, sondern<br />
begünstigt auch eine Überhitzung – selbst bei<br />
herbstlichen Temperaturen. Und auch bei kalter<br />
Witterung im Winter darf der Flüssigkeitsverlust<br />
über die Atmung nicht unterschätzt werden.<br />
Aber Vorsicht: Keinesfalls sollte man unterwegs<br />
viel Alkohol zu sich nehmen! Schon ein Bier<br />
kann nach dem Genuss die Leistungsfähigkeit<br />
merklich verschlechtern.<br />
Richtige Ausrüstung: ein Muss, aber<br />
keine Gewähr gegen Unfälle<br />
Es erscheint selbstverständlich, dass eine gute<br />
und sinnvolle Ausrüstung unerlässlich ist. Anfänger<br />
sollten sich in entsprechenden Fachgeschäften,<br />
die in jedem größeren Ort zu finden<br />
sind, gut beraten lassen. Dabei geht es vor allem<br />
um geeignete Wanderschuhe, denn jedes Gelände<br />
erfordert spezielle Schuhe. Wer beispielsweise<br />
nicht im Hochgebirge in Geröllfeldern unterwegs<br />
ist, braucht auch keine schweren Bergschuhe<br />
mit starren Sohlen. In gemäßigten Höhenlagen<br />
sollte man jedoch durchaus festere Schuhe<br />
tragen, die auch mal einige Stunden Gehen im<br />
Regen auf nassem, aufgeweichtem Boden vertragen,<br />
ohne dass die Füße durchnässt werden, was<br />
sehr unangenehm werden kann. Hat man sich<br />
entschieden, sollte man in den Wanderschuhen<br />
seiner Wahl auf jeden Fall im Geschäft eine Weile<br />
auf- und abgehen. Tipp: Ziehen Sie die Bergschuhe<br />
vor der ersten Tour ein paar Tage auch<br />
im Alltag an – das gibt Sicherheit für den »Ernstfall«,<br />
auch wenn moderne Bergwanderschuhe<br />
kaum mehr eingelaufen werden müssen.<br />
Wanderstöcke sind nicht nur Geübten vorbehalten,<br />
auch wenn ihr Gebrauch durchaus Übung<br />
erfordert. Gerade Einsteiger können damit die<br />
Gelenke vor allem beim Bergabgehen entlasten.<br />
Nebenbei geben sie auf schwierigem Untergrund<br />
Halt und Balance. Sinnvoll sind gefederte Wanderstöcke,<br />
die die harten Stöße nicht an Hände<br />
und Arme weiterleiten, sondern abdämpfen. Besonders<br />
beliebt sind dreiteilige Teleskopstöcke,<br />
die bei Nichtgebrauch zusammengeschoben und<br />
leicht am Rucksack befestigt werden können.<br />
Auch sind Handschuhe beim Gebrauch der Stöcke<br />
zu empfehlen, sie können aber auch generell<br />
eine große Hilfe sein, weil sie z. B. beim Griff an<br />
ausgefranste Stahlseile oder an scharfkantigen<br />
Karst vor Verletzungen schützen.<br />
Aber auch die spezielle (Berg-)Wanderbekleidung<br />
und ein geeigneter Rucksack erfordern<br />
große Aufmerksamkeit und gute Beratung.<br />
Denn in den Bergen kann in kurzer Zeit ein<br />
Wetterumschwung eintreten, der häufig Gewitter<br />
mit rasch sinkenden Temperaturen mit sich<br />
bringt. Deshalb sollte in den Rucksack neben der<br />
Brotzeit und den Getränken vor allem warme<br />
und regenfeste Kleidung hineinpassen.<br />
Einen Überblick über die aktuelle Wettersituation<br />
sollte man sich unbedingt vor Antritt der<br />
Tour verschaffen, um nicht überraschend in sehr<br />
schlechtes Wetter zu geraten. Denn ein Gewitter<br />
oder auch heftiger Niederschlag in höheren<br />
Lagen sollte keineswegs unterschätzt werden:<br />
Abgesehen von der Blitzschlaggefahr kann man<br />
durch eine schlechte Sicht, einen nassen rutschigen<br />
Boden und/oder durch einen durch starken<br />
Wind ausgelösten Steinschlag innnerhalb von<br />
wenigen Minuten in eine ernstzunehmende<br />
Gefahrensituation geraten. Für diese Fälle ist es<br />
wichtig, wenn sich im Rucksack auch Utensilien<br />
wie beispielsweise ein Erste-Hilfe-Set befinden,<br />
zu dem auch eine Rettungsdecke und eine Salbe<br />
bzw. Medikamente zur Schmerzlinderung gehören<br />
sollten. Empfohlen wird außerdem eine Signalpfeife,<br />
um im Notfall auf sich aufmerksam<br />
machen zu können.<br />
Die Rauschbergbahn bei Ruhpolding ist seit November 2022 nach 70 Jahren Betriebszeit Geschichte. Sie soll<br />
abgebaut und bis 2025 neu errichtet werden. Die Bahn war ein gutes Beispiel für die Möglichkeit von<br />
Genusswandern in mittleren bis höheren Lagen ohne die Mühe eines langen Aufstiegs.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / 2021 <strong>2023</strong>
28 Gewinnspiel<br />
Ayurveda Resort Mandira<br />
Mit Holistic Ayurveda & Beyond gegen die »Pandemien nach der Pandemie«.<br />
Raus aus der Erschöpfung — rein ins Leben!<br />
Corona haben wir abgehakt. Dennoch:<br />
Immer wieder begegnet<br />
man Menschen, die an den Folgen<br />
der Infektion leiden. Long<br />
Covid ist präsenter denn je. Aber<br />
auch Burnout, Fatigue und chronische<br />
Erschöpfung nehmen drastisch<br />
zu. »Die deutliche Zunahme<br />
von Long Covid und chronischen<br />
Erschöpfungssyndromen ist evident«,<br />
bestätigt auch Dr. med.<br />
Alexandra Koller vom Ayurveda<br />
Resort Mandira in der Steiermark<br />
in Österreich.<br />
Ganzheitlich gegen chronische<br />
Erschöpfung<br />
Durch chronische Inflammationen,<br />
ein geschwächtes Immunsystem<br />
und chronischen Stress, steigt das<br />
oxidative Stresslevel, wodurch<br />
Körper und Psyche ständig überfordert<br />
werden. Um diese chronischen<br />
Inflammationen auszumerzen,<br />
haben die medizinischen und<br />
ayurvedischen Spezialisten im Ayurveda<br />
Resort Mandira ein maßgeschneidertes<br />
Paket für Long-Covid-<br />
& Fatigue-Betroffene entwickelt,<br />
das direkt in der Zellgesundheit<br />
ansetzt.<br />
»Wir haben im Holistic Ayurveda<br />
die Erkenntnisse aus der jahrtausendealten<br />
indischen Medizin für<br />
unsere heutigen Bedürfnisse adaptiert<br />
und mit den neuesten Erkenntnissen<br />
aus der Schul- und evidenzbasierten<br />
Komplementärmedizin<br />
verbunden«, erklärt Dr. Koller. Aus<br />
dieser Synergie ergeben sich völlig<br />
neue und hocheffektive Ansätze,<br />
die über die herkömmliche Symptomtherapie<br />
hinausreichen. Dazu<br />
Fotos: © Ayurveda Resort Mandira<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Gewinnspiel<br />
29<br />
werden spezielle Infusionstherapien<br />
mit frequenzmedizinischer Diagnostik<br />
und Therapie kombiniert.<br />
Ein Clean-Food-Ernährungsplan,<br />
ganzheitliche Anwendungen und<br />
eine ärztlich-therapeutische Betreuung<br />
komplettieren das Programm.<br />
Schritt 1: Zellen entlasten, Organismus<br />
entgiften. Oxidativen Stress<br />
und Silent Inflammations (chronische<br />
Entzündungen) reduzieren.<br />
Schritt 2: Entstressen – Vagusnerv<br />
und Parasympathikus stärken, stimulieren<br />
und balancieren.<br />
Schritt 3: Neue Energie gewinnen,<br />
mit voller Kraft zurück ins Leben.<br />
Express zurück zu voller<br />
Kraft & Vitalität<br />
Für alle, die noch schnell präventiv<br />
aktiv werden wollen,<br />
bietet das Ayurveda Resort<br />
Mandira ein viertägiges Express-<br />
Power-Programm: »Das Express-<br />
Power-Plus-Programm kombiniert<br />
die hocheffektive NAD+- und Q10-<br />
Infusionstherapie mit der Mitochondrien-Power-Infusion«,<br />
erklärt<br />
Dr. Koller.<br />
Die Infusionen sorgen für eine<br />
hohe Regeneration der Zellfunktion<br />
und -stabilität, wodurch die<br />
Energiespeicher in kürzester Zeit<br />
wieder aufgefüllt werden.<br />
Gewinnen Sie<br />
einen HOLISTIC SHORT STAY im<br />
Ayurveda Resort Mandira, um aktiv<br />
Stress zu reduzieren und frische<br />
Energie zu generieren.<br />
3 Nächte für 2 Personen<br />
inklusive<br />
• Mandira-Ahara-Vollpension<br />
• Mandira-Inklusivleistungen<br />
• Abhyanga – ayurvedische<br />
Ganzkörperölmassagen<br />
• Shirodhara – Stirnölguss (30 min)<br />
in Kombination mit Abhyanga<br />
• Udvartana – Kräuterpulvermassage<br />
• Yoga, Meditation & Aktivitäten<br />
lt. Wochenprogramm<br />
• Nutzung des Ayurveda Spa<br />
• Nutzung der hoteleigenen<br />
Thermal-Heilquelle<br />
Mehr Information:<br />
www.mandira-ayurveda.at<br />
* Das Angebot ist nur nach Verfügbarkeit für eine vom Hotel festgelegte Zimmerkategorie gültg. Der Verlag hat hierauf keinen Einfluss und übernimmt auch keine Gewähr.<br />
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inklusive (siehe oben im Kasten)<br />
Teilnahme am Gewinnspiel nur mit diesem Coupon möglich an den Verlag:<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Hausnummer<br />
PLZ, Ort<br />
Ayurveda Resort Mandira<br />
WAGERBERG 120 | A-8271 BAD WALTERSDORF<br />
TEL.: +43 3333 2801<br />
E-Mail: info@mandira-ayurveda.at<br />
www.mandira-ayurveda.at<br />
Telefon oder ggf. E-Mail-Adresse<br />
So geht’s: Ausreichend frankierte Postkarte oder Brief an Letter Content Media,<br />
Sebastian-Bauer-Straße 20c, D-81737 München schicken (nicht direkt an das Hotel!).<br />
Stichwort: »Hotel-Gewinnspiel«.<br />
Einsendeschluss: 30.11.<strong>2023</strong> (Datum des Poststempels). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
<strong>TOPFIT</strong> 3 / <strong>2023</strong>
Sudoku (schwer)<br />
Gehirntraining<br />
Schwedenrätsel<br />
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Kontakt<br />
Leitung: Prof. Dr. med. Nadia Harbeck<br />
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81377 München<br />
Telefon: 089 4400-76806<br />
Campus Innenstadt<br />
Ziemssenstr. 1<br />
80336 München<br />
Telefon: 089 4400-34650<br />
neue Adresse !<br />
Zentrale E-Mail-Adresse: brustzentrum@med.uni-muenchen.de<br />
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