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8 Diagnose & Therapie Fotos: © Krankenhaus für Naturheilweisen München Supportive Krebstherapie Nebenwirkungen lindern – Lebensqualität verbessern Eine Krebserkrankung ist für die Betroffenen eine große Belastung – sowohl psychisch als auch physisch. Viele körperliche und seelische Beschwerden können in Zusammenhang mit der Erkrankung, aber auch mit der Krebsbehandlung auftreten. Um diese Beschwerden zu lindern, ist eine individuelle, auf die speziellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmte Therapie nötig. Von Alexander Friedrich Als eine der größten komplementärmedizinischen Kliniken Deutschlands bietet das Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN) in München die unterstützende (supportive) Behandlung bei Krebserkrankungen an. Im Gespräch mit TOPFIT erklärt die Ärztliche Direktorin und Chefärztin Dr. Michaela Moosburner, wie krebskranken Patient:innen effektiv geholfen werden kann, um belastende Begleiterscheinungen wie eine Fatigue oder ein Hand-Fuß- Syndrom zu lindern. Frau Dr. Moosburner, mit welchen Beschwerden als Begleitfolgen einer schulmedizinischen Krebstherapie kommen Ihre Patienten auf der Suche nach Linderung zu Ihnen? Dr. Moosburner: Viele Krebspatient:innen sind sowohl durch ihre krankheitsbedingten Beschwerden wie auch durch die Folgen der Krebsbehandlung sehr in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Sehr häufig sind die Patient:innen von einer tumorbedingten Fatigue betroffen, was sich durch ausgeprägte Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Erschöpfung und verminderte Leistungsfähigkeit äußert. Durch diese teils auch über einen längeren Zeitraum anhaltenden Symptome können Betroffene stark in ihrem Alltag, Beruf, Partnerschaft und sozialen Bereich eingeschränkt sein. Neben der Fatigue können aber auch viele weitere Beschwerden nach oder während einer Krebserkrankung und deren Behandlung auftreten ... Dr. Moosburner: ... Genau, dazu zählen z. B. chronische Schmerzen, Magen-Darm-Probleme wie andauernde Übelkeit, Appetitlosigkeit und Verdauungsstörungen, Gewichtsverlust und Mangelernährung, aber auch Medikamentennebenwirkungen wie eine Polyneuropathie oder ein Hand- Fuß-Syndrom. Hinzu kommen häufige Infekte durch Viren und Bakterien, die u. a. durch ein geschwächtes Immunsystem bedingt sind. Um die Beschwerden zu lindern, ist eine individuelle, auf die speziellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmte Therapie nötig. Können Sie uns das Integrative Behandlungskonzept des KfN kurz erklären? Dr. Moosburner: Unser ganzheitlicher Therapieansatz orientiert sich am Menschen und an der Komplexität seiner Erkrankung. Dabei verbinden wir gezielt das Beste aus zwei Welten: die evidenzbasierte Schulmedizin und anerkannte Therapieformen der Komplementärmedizin. Dazu gehört ein breites Spektrum an bewährten Naturheilverfahren. Viele therapie- oder krankheitsbedingte Symptome lassen sich durch eine naturheilkundlich orientierte Supportivtherapie deutlich verbessern. Eine konventionelle onkologische Therapie können und sollen Naturheilverfahren aber nicht ersetzen! Die Hyperthermie bei Krebs ist ein wichtiger Therapiebaustein, den wir im KfN oft einsetzen und mit dem wir gute Erfolge erzielen. Mit Wärme gegen Krebs? Was genau kann man sich darunter vorstellen? Dr. Moosburner: Fieber und eine Erhöhung der Körpertemperatur stellen eine natürliche Reaktion des Körpers dar, die der Gesunderhaltung und der Abwehr krankheitsauslösender Reize dienen. Umgekehrt aktiviert eine künstliche Erhöhung der Körpertemperatur – die so genannte Hyperthermie – viele Regulationsvorgänge, die die Selbstheilungskräfte fördern und bei chronischen Krankheiten wie auch bei Krebs zu einer nachhaltigen Linderung von Symptomen beitragen können. Die Hyperthermie ist ein klassisches Naturheilverfahren und wird zu den hydro-thermischen Therapien gezählt. Also ist die Hyperthermie bei Krebs sozusagen Ihr »Ass im Ärmel«? Wie genau würden Sie diese Therapie beschreiben? Dr. Moosburner: Die Hyperthermie ist ein wärmetherapeutisches Verfahren, bei dem die Körpertemperatur der Patient:innen künstlich erhöht wird. Die fieberähnlichen physiologischen Wirkungen der Überwärmung des Körpers können sehr unterschiedliche Regulations- und TOPFIT 3 / 2023
Diagnose & Therapie 9 Selbstheilungsprozesse beeinflussen. Gerade bei Erschöpfungszuständen hat die Hyperthermie oft eine gute Wirkung. Das Immunsystem und das vegetative Nervensystem werden reguliert und regenerative Prozesse werden angestoßen. Der Allgemeinzustand wird verbessert und durch die gesteigerte Durchblutung der Muskulatur lösen sich spannungsbedingte Schmerzen. Wir verwenden hier zwei unterschiedliche Hyperthermie-Verfahren: die moderate Ganzkörperhyperthermie und die lokoregionale Tiefenhyperthermie. Worin besteht der Unterschied? Dr. Moosburner: Die moderate Ganzkörperhyperthermie erwärmt den Körper des Patienten auf eine Körpertemperatur zwischen 38,5 °C bis maximal 40,5 °C. Die Körpertemperatur kann durch zwei unterschiedliche Methoden erhöht werden. Wir unterscheiden zwischen der Infrarot-Ganzkörperhyperthermie und dem Überwärmungsbad nach Schlenz. Bei Ersterer dient eine Infrarotstrahlung als Wärmequelle. Bei der zweiten Variante wird Wasser als Wärmequelle genutzt. In der sich anschließenden Wärmestauphase wird das Temperaturniveau über weitere 30 Minuten hochgehalten. Während der gesamten Behandlung werden die Patient:innen mittels Monitor überwacht. Die Hyperthermie ist ein wirkungsvolles aber auch anstrengendes Verfahren, das wir nur dann einsetzen können, wenn der Allgemeinzustand der Patient:innen es zulässt. Die lokoregionale Tiefenhyperthermie wird fast ausschließlich bei Krebspatient:innen angewendet, die lokalisierte und solide Tumoren haben, die durch eine Operation nicht entfernt werden können. Die Behandlung bei der lokoregionalen Tiefenhyperthermie ist einfach und nicht belastend. Sie dauert 40 bis 60 Minuten und wird in Abständen von zwei bis drei Tagen oft parallel oder kurz nach Abschluss einer Chemotherapie durchgeführt. Wie funktioniert das Verfahren? Dr. Moosburner: Die Patient:innen liegen auf einem beheizten Wasserbett. Eine schwenkbare Applikationselektrode wird über dem entsprechenden Tumorareal positioniert. Die lokale Wärmeapplikation führt zu einer thermischen Schädigung der Krebszellen, während das gesunde Gewebe hierbei nicht geschädigt wird. Dies erleichtert dem Immunsystem, die Tumorzellen zu erkennen und anzugreifen. Die lokoregionale Tiefenhyperthermie kann sowohl mit weiteren schulmedizinischen onkologischen Therapien als auch mit komplementärmedizinischen Verfahren gut kombiniert werden. Synergie-Effekte der Therapiemaßnahmen führen zu einer gegenseitigen Wirkungsverstärkung. Patient:innen mit einer Krebserkrankung wollen häufig selbst aktiv zu einem Therapieerfolg beitragen und suchen nach Möglichkeiten, ihren Körper zu unterstützen. Wie schaffen sie das? Dr. Moosburner: Die Ordnungstherapie ist ein wesentlicher Bestandteil der supportiven Tumortherapie. Im Rahmen der Ordnungstherapie unterstützen wir besonders auch die Eigeninitiative unserer Patient:innen. Sie sollen ihre Krankheit verstehen und lernen, damit besser zurechtzukommen. Sie sollen erkennen, dass sie selbst zur Linderung von Beschwerden und zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beitragen können. Die bei uns gelernten Strategien können nach dem Klinikaufenthalt dann zu Hause selbständig weitergeführt werden. Also Hilfe zur Selbsthilfe? Dr. Moosburner: So kann man es nennen, ja. Die Ordnungstherapie nimmt Einfluss auf Körper und Geist, die Patient:innen werden dabei aktiv in die Therapie mit einbezogen. Das physische und psychische Gleichgewicht soll durch einen ausgewogenen Rhythmus von Aktivität und Ruhe, Wachen und Schlafen sowie durch verschiedene Übungen zur Entspannung und zum Stressabbau stabilisiert werden. Auch eine ausgewogene, gesunde Ernährung und vor allem eine konsequente regelmäßige Bewegung spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Ordnungstherapie kann damit in vielen Fällen sowohl die Tumorkrankheit als auch häufige Beschwerden und die Lebensqualität positiv beeinflussen. Beispielsweise verbessern körperliche Aktivität, aber auch regelmäßige Entspannung bei vielen Krebsarten die Tumor-Fatigue und haben nachweislich einen günstigen Effekt auf die Prognose. Gibt es neben den bereits genannten Therapieformen noch weitere Behandlungsmethoden? Dr. Moosburner: Ja, weitere Bausteine der Integrativen Tumorbehandlung im KfN sind: • Bewegungstherapie, wie beispielsweise Ausdauer- und Krafttraining wie Nordic Walking, Zur Person individuelle Medizinische Trainingstherapie, Ergometertraining • Physikalische Therapie, z. B. Manuelle Therapie, osteopathische Verfahren, Kneippsche Güsse, reflektorische Atemtherapie und andere Reflexzonen-Behandlungen • Phytotherapie, also die Behandlung mit Arzneipflanzen und deren Zubereitungen. Dabei achten wir besonders darauf, dass es keine Wechselwirkungen zwischen der Phytotherapie, der onkologischen Medikation und gegebenenfalls weiteren Begleitmedikamenten gibt. • Entspannungsverfahren, z. B. progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Atemgruppe, Bodyscan • Kunsttherapie • Ernährungstherapie und Schulung, z. B. Ernährungsvorträge, Anleitung zu einer gesunden, vollwertigen Ernährung, basenbetonte Ernährung, individuelle Ernährungskonzepte – gerade bei Tumorerkrankungen spielt die Ernährung für die Patient:innen eine große Rolle. Das Küchen-Team des KfN kocht eine moderne mediterrane Vollwertkost und verwendet Lebensmittel aus überwiegend nachhaltigem, regionalem Anbau. Dabei werden krankheitsspezifische Besonderheiten bei der Verpflegung unserer Patient:innen selbstverständlich berücksichtigt. Unser Küchen-Chef hat zusätzlich eine Qualifikation als Vollwertkoch und Gesundheitstrainer für Ernährung. Er und sein Team aus qualifizierten Diätassistent:innen schulen unsere Patient:innen im Rahmen von Ernährungsvorträgen und individuellen Beratungen. Würden Sie die Supportivtherapie also als unverzichtbaren Bestandteil einer onkologischen Behandlung sehen? Dr. Moosburner: Definitiv. Durch eine naturheilkundlich-orientierte Supportivtherapie lassen sich die belastenden Symptome einer Krebserkrankung und die Nebenwirkungen einer Tumortherapie oft bessern. Zudem wirken sich einige Begleitmaßnahmen sogar positiv auf das Überleben und das Rezidivrisiko aus. Dr. med. Michaela Moosburner Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie, Naturheilverfahren, Ernährungsmedizin und Homöopathie Ärztliche Direktorin und Chefärztin Krankenhaus für Naturheilweisen Seybothstraße 65 81545 München Tel. 089 / 62505-0 E-Mail: sekretariat@kfn-muc.de Nähere Infos: www.krankenhaus-naturheilweisen.de TOPFIT 3 / 2023
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