21.07.2020 Aufrufe

Wirtschaftsspiegel 2019: Marke Arbeitgeber & Recruiting

Die 62. Ausgabe des Wirtschaftsspiegels der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK) steht unter dem Leitthema "Arbeitgeber". Was mache einen guten Chef aus, was müssen die Angestellten mitbringen und wie hält man seine Arbeitnehmer möglichst lange im Unternehmen?

Die 62. Ausgabe des Wirtschaftsspiegels der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK) steht unter dem Leitthema "Arbeitgeber". Was mache einen guten Chef aus, was müssen die Angestellten mitbringen und wie hält man seine Arbeitnehmer möglichst lange im Unternehmen?

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MARKE ARBEITGEBER<br />

WIR KÖNNEN<br />

AUCH KOMPLEX<br />

Die Hagsfelder Werkstätten für Menschen mit Behinderung fertigen für namhafte Industrieunternehmen<br />

aus der Region und sind damit seit Jahren ein wichtiger Partner am Wirtschaftsstandort Karlsruhe.<br />

Mit hoher Konzentration<br />

verkabelt Enver<br />

Luzha die Baugruppe.<br />

Die Herausforderung<br />

besteht in der Vielfalt<br />

der Varianten. So sind<br />

Länge und Farben der<br />

Kabel je nach Baugruppe,<br />

die bestückt<br />

wird, unterschiedlich.<br />

Selbst der kleinste<br />

Montagefehler kann<br />

gravierende Folgen<br />

haben – nämlich,<br />

dass die Maschine, in<br />

welche die Baugruppe<br />

eingebaut wird, ihre<br />

Funktion nicht erfüllt.<br />

Fotos Patrick Werner<br />

Doch genau das reizt Enver Luzha,<br />

der eigentlich aus der Gastronomie<br />

kommt. Aufgrund einer chronischen<br />

psychischen Erkrankung arbeitet er<br />

bei den Hagsfelder Werkstätten am<br />

Standort Südstadt. Dort hat er seine<br />

Leidenschaft für hochkomplexe Elektromontagearbeiten<br />

entwickelt und<br />

deckt einen Teil des Montageprozesses<br />

der Baugruppe ab, zu dem neben der<br />

Verkabelung und Montage auch die<br />

Beschriftung der Baugruppen und die<br />

Prüfung der eingebauten Sensoren<br />

gehört.<br />

Diese komplexe Baugruppe fertigen<br />

die Hagsfelder Werkstätten seit 2017<br />

für das Karlsbader Unternehmen<br />

Sonotronic. Die Baugruppen werden<br />

von Sonotronic in Maschinen eingesetzt,<br />

die mit Hilfe von Ultraschall-<br />

Technologie Kunststoffverkleidungen<br />

in Autos verschweißen. Um beispielsweise<br />

die Türverkleidungen eines<br />

bestimmten Fahrzeugtyps zu fertigen,<br />

werden bis zu 300 Baugruppen für<br />

eine solche Maschine benötigt.<br />

„Für die Hagsfelder Werkstätten ist die<br />

Zusammenarbeit mit Sonotronic ein<br />

echter Gewinn“, sagt Andrea Maisch,<br />

Geschäftsleitung für den Bereich<br />

Fertigung und Technik bei den Hagsfelder<br />

Werkstätten. Bereits bei der<br />

aufwändigen Projektierung beziehe<br />

Sonotronic die Experten der Fertigung<br />

der Hagsfelder Werkstätten mit ein,<br />

was unter anderem auch den HWK-<br />

Vorrichtungsbau betrifft. „Wir arbeiten<br />

da absolut auf Augenhöhe“, bestätigt<br />

Thomas Borne, Leiter Einkauf und Materialwirtschaft<br />

bei Sonotronic. Neben<br />

der Professionalität schätze er vor allem<br />

die Verlässlichkeit der Zusammenarbeit:<br />

„Bei den Hagsfelder Werkstätten habe<br />

ich einen festen und vor allem kompetenten<br />

Ansprechpartner.“<br />

Das ist Daniel Waechter. Der Maschinenbauer<br />

ist für das Projektmanagement<br />

bei den Hagsfelder Werkstätten<br />

zuständig und damit Schnittstelle<br />

zwischen den Industriekunden, dem<br />

Vorrichtungsbau und den Betriebsstätten<br />

der Hagsfelder Werkstätten.<br />

Er prüft Anfragen von Industriekunden<br />

auf Machbarkeit, koordiniert und<br />

kalkuliert die Aufträge. „Wir können<br />

vor allem mit unserer Fertigungstiefe<br />

punkten“, sagt Waechter. Damit spielt<br />

er auf die unterschiedlichen Kompetenzen<br />

der Hagsfelder Werkstätten an.<br />

Denn neben den klassischen Montageund<br />

Verpackungsarbeiten beherrscht<br />

das gemeinnützige Unternehmen auch<br />

Kunststoff-, Metall-, Holz- und Textilverarbeitung<br />

und ist einer der führenden<br />

Anbieter im Bereich Tampondruck<br />

in der Region.<br />

„Durch unser breites<br />

Leistungsspektrum können<br />

wir auch komplexe Aufträge<br />

realisieren.“,<br />

erklärt Waechter. Diese würden vor<br />

Ort in entsprechende Arbeitsschritte<br />

zerlegt, die sich an den Fähigkeiten<br />

der Beschäftigten in der Werkstatt<br />

orientieren. Über 1.200 Menschen mit<br />

geistiger, psychischer und mehrfacher<br />

Behinderung sind bei den Hagsfelder<br />

Werkstätten tätig. Neben Sonotronic<br />

arbeiten sie für namhafte Konzerne<br />

wie Siemens oder L‘Òréal sowie für<br />

zahlreiche Klein- und Mittelständler aus<br />

der Region und sind damit seit Jahren<br />

ein wichtiger Partner am Wirtschaftsstandort<br />

Karlsruhe. Dennoch kämpfen<br />

die Hagsfelder Werkstätten bis heute<br />

gegen das Image einer „Bastelstube“.<br />

„Viele Menschen wissen nicht, dass wir<br />

Einblick in den Montageprozess komplexer<br />

Baugruppen<br />

enger Partner der Industrie sind und<br />

damit die gleichen Anforderungen wie<br />

Schnelligkeit, Qualität und Termintreue<br />

erfüllen müssen“, sagt Andrea Maisch.<br />

Einen Sozialbonus gebe es nicht, „auch<br />

bei uns zählt letztlich die Qualität“. Ein<br />

Erfolgsfaktor sei die hohe Motivation<br />

der Werkstattbeschäftigten. „Unsere<br />

Leute sind stolz darauf, für namhafte<br />

Firmen zu arbeiten und identifizieren<br />

sich in hohem Maße mit ihrer Arbeit“,<br />

sagt Maisch. Dies wirke sich entsprechend<br />

auf die Ergebnisse aus.<br />

Die gelernte Produktionsmanagerin<br />

für Kunststofftechnik hat viele Jahre in<br />

leitender Funktion in der Kunststoffindustrie<br />

gearbeitet und kennt daher die<br />

Anforderungen aus der freien Wirtschaft.<br />

Noch heute beeindruckt sie,<br />

wie diese bei den Hagsfelder Werkstätten<br />

mit den Bedürfnissen der Beschäftigten<br />

mit Handicap verknüpft werden.<br />

„Die Kunst besteht darin, die Arbeit für<br />

den Menschen und seine Fähigkeiten<br />

mittels Vorrichtungsbau, vor allem aber<br />

einer fachkundigen Anleitung passend<br />

zu machen“, sagt Maisch und „darin<br />

sind Werkstätten für Menschen mit<br />

Behinderung so manchem Wirtschaftsunternehmen<br />

weit voraus.“<br />

www.hwk.com<br />

30 NR 62 <strong>2019</strong> WIRTSCHAFTSSPIEGEL<br />

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