27.08.2020 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 18

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Politiker wie Ruedi Noser spekulieren darauf, per Digitalisierung<br />

‹20 bis 30 %› der Stellen im Service public zu streichen. Oliver Fahrni<br />

19<br />

Was macht Swisscom in Riga?<br />

Swisscom baut in Riga ein Zentrum für Softwareentwicklung<br />

auf. Was treibt den Konzern in den hohen Nordosten Europas?<br />

Die Auslandsverlagerungen der Swisscom<br />

gehen weiter. Nach Rotterdam eröffnet<br />

sie nun auch in der lettischen<br />

Hauptstatdt Riga ein sogenanntes<br />

Dev Ops-Center. DevOps ist eine Methode<br />

für schnelle, hochspezialisierte<br />

Software-Entwicklungen und Anwendungen,<br />

etwa die Vernetzung von<br />

Clouds. Offizielle Begründung der<br />

Swisscom: «Uns gelingt es nicht, genügend<br />

DevOps-Fachkräfte in der<br />

Schweiz zu rekrutieren.»<br />

Lettland meldet ebenfalls<br />

Fachkräftemangel<br />

Doch seltsam: Lettland (2 Millionen<br />

Einwohner) meldet selbst einen akuten<br />

Notstand an IT-Fachkräften. Das<br />

Land ist mit einer rasenden Aufholjagd<br />

gerade dabei, den Nachbarn<br />

Estland zu überflügeln. Das kleine<br />

Estland (1,3 Millionen Einwohner,<br />

Hauptstadt Tallinn) gilt als Riese der<br />

Digitalisierung. Sämtliche Bewohner*innen<br />

sind mit einer elektronischen<br />

ID erfasst und mit einer entsprechenden<br />

Chip-Karte versehen.<br />

Zugang zu Service-public-Dienstleistungen<br />

haben sie nur mit dieser Karte.<br />

Sie speichert alles: Identität, Ausbildung,<br />

Strafregister, Patientendaten,<br />

Steuerdaten etc. Verwaltung, Politik<br />

und Medizin sind weitgehend digitalisiert,<br />

die Esten wählen ihr Parlament<br />

im E-Voting. Künftig soll ein Algorithmus<br />

sogar Gerichtsurteile sprechen.<br />

Riesenprobleme beim Datenschutz<br />

Klar, schafft die digitale Vollerfassung<br />

der Menschen enorme Probleme beim<br />

Datenschutz. Als sich die EU-Regierungschefs<br />

im Herbst 2017 zum «Digitalgipfel»<br />

in Tallinn trafen, mussten<br />

wegen einer Sicherheitslücke die<br />

ID-Karten von 800 000 Esten gesperrt<br />

werden – ein GAU. In der EU beobachtet<br />

man mit wachsender Sorge die<br />

digitale Aushebelung demokratischer<br />

Grundrechte – und pfiff die Balten<br />

schon mehrmals zurück.<br />

Nach Rotterdam entsteht nun in Riga ein zweites DevOps-Center. (© Swisscom)<br />

Ist das Baltikum ein geeignetes<br />

Vorbild für die Schweiz?<br />

Dennoch gelten Estland und Lettland<br />

Schweizer Digitalisierungsturbos als<br />

Vorbilder. Kein Monat vergeht, ohne<br />

dass eine Regierungs- oder Wirtschaftsdelegation<br />

ins Baltikum reist.<br />

Experten wie der frühere estnische<br />

Chefdigitalisierer Taavi Kotka geben<br />

in Bern den Ton an. Jetzt spekulieren<br />

bürgerliche Politiker wie der Zürcher<br />

Freisinnige Ruedi Noser darauf, per<br />

Digitalisierung «20 bis 30 Prozent» der<br />

Stellen im Service public zu streichen.<br />

Da möchte Swisscom doch an vorderster<br />

Front mit dabei sein.<br />

Oliver Fahrni<br />

Mehr zum Thema auf <strong>syndicom</strong>.ch:<br />

Bit.ly/3j8ig7b<br />

Die Selbständigen<br />

verschaffen sich<br />

politisches Gehör<br />

Michael Moser,<br />

Zentralsekretär Sektor Medien<br />

Hätte mir anfangs Jahr jemand gesagt,<br />

dass im Sommer über eine Sondersession<br />

zu den Problemen der Selbständigen<br />

diskutiert wird und dass der<br />

Bundesrat zwei Milliarden an Unterstützungsgeldern<br />

gesprochen haben<br />

wird, hätte ich das kaum geglaubt. Seit<br />

Jahren engagiert sich <strong>syndicom</strong> für<br />

die Anliegen der Selbständig erwerben<br />

den, und über tausend unserer<br />

Mitglieder verdienen ihren Lebensunterhalt<br />

unterdessen als Freie oder<br />

Selbständige – Tendenz steigend.<br />

Es ist nicht so, dass die Corona-<br />

Pandemie eine heile Welt zum Einsturz<br />

gebracht hätte. Vielmehr sind<br />

viele Probleme, etwa was man tun<br />

kann, wenn einem plötzlich Aufträge<br />

wegbrechen oder einfach keine neuen<br />

mehr reinkommen, allen Selbständigen<br />

bekannt. Mit Corona wurde aus<br />

diesem individuellen Problem jedoch<br />

plötzlich ein kollektives. Und nun<br />

scheint es, als hätten endlich auch Gesellschaft<br />

und Politik realisiert, dass<br />

Handlungsbedarf besteht. Die Illusion,<br />

dass alle Selbständigen so viel verdienen,<br />

dass es keine soziale Absicherung<br />

braucht, ist definitiv vom Tisch.<br />

Jetzt müssen Lösungen gesucht<br />

werden. <strong>syndicom</strong> wird sich aktiv einbringen,<br />

wie diese ausgestaltet werden<br />

sollen. Mit der Unterstützung von<br />

SP-Nationalrätin Mattea Meyer, die im<br />

Parlament unglaublich stark für die<br />

Anliegen unserer Mitglieder und die<br />

weiteren Selbständigen gekämpft hat,<br />

ist der Grundstein für eine starke Vertretung<br />

der Selbständigen auch in der<br />

Politik gelegt.

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