PT-Magazin 05 2020
Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Meilensteine.
Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Meilensteine.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
42 Wirtschaft<br />
Industrie 4.0 und<br />
Digitalisierungsstrategien<br />
„<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Herr Dietrich, wie geht es<br />
dem industriellen Mittelstand hierzulande?<br />
Peter Dietrich: Viele Industrieunternehmen<br />
in Deutschland stehen in einem<br />
starken internationalen Wettbewerb. Sie<br />
arbeiten auf internationalen Benchmarks,<br />
die einen enormen Kostendruck erzeugen.<br />
Nehmen Sie allein die stetig steigenden<br />
Sicherheitsanforderungen, die hohen<br />
Qualitätsanforderungen oder den generellen<br />
Trend zur Digitalisierung und die<br />
daraus resultierende Vielzahl an technischen<br />
Möglichkeiten. Als einer der international<br />
führenden Anbieter von Messtechnik<br />
und Automatisierungslösungen<br />
für die industrielle Verfahrenstechnik<br />
sind wir in vielen Industrien zu Hause:<br />
von der Chemie, Petrochemie, Life Sciences,<br />
Lebensmittel, Wasser und Abwasser,<br />
Grundstoffe sowie Energie, um die<br />
wesentlichen zu nennen. Dabei sind wir<br />
sehr nah an unseren Kunden dran. Die<br />
Corona-Pandemie hat den Kosten- und<br />
Digitalisierungsdruck noch erhöht. Aktuelle<br />
Umfragen zeigen, dass 60 % der Mittelständler<br />
noch ein langes Nachwirken<br />
der Krise erwarten. Jetzt geht es um Digitalisierungsstrategien,<br />
die wirklich funktionieren.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Wie kann ein Unternehmen<br />
die für sich passende Digitalisierungsstrategie<br />
finden?<br />
Peter Dietrich: Industrie 4.0 funktioniert<br />
nur gemeinsam, wenn unterschiedliche<br />
Abteilungen und Hierarchieebenen<br />
kooperieren. Das ist also zunächst einmal<br />
eine Frage der Einstellung. Dann sollten<br />
sich Digitalisierungsstrategien immer<br />
an bestehenden Geschäftsprozessen orientieren.<br />
Die Fragen „Passt das zu unseren<br />
Prozessen?“ und „Was wollen wir<br />
damit genau erreichen?“ sind Kernfragen<br />
einer Digitalisierungsstrategie. Ziele<br />
können zum Beispiel sein, die Sicherheit<br />
zu erhöhen, Personal einzusparen, oder<br />
Wartungsprozesse einer Anlage zu optimieren.<br />
Viele Unternehmen bauen digitale<br />
Testanwendungen, die gar nicht zum<br />
Kerngeschäft passen. Dabei sollte sich ein<br />
Unternehmen gerade hier ausschließlich<br />
an seinen Produkten und Prozessen orientieren.<br />
Idealerweise sind die digitalen<br />
Dienste ein fester Bestandteil der Kernprodukte<br />
und kein eigenes Geschäftsfeld.<br />
Solche Themen können gut in bereichsübergreifenden<br />
Design-Thinking-Workshops<br />
bearbeitet werden.<br />
© Endress+Hauser<br />
Umfangreiches Monitoring dank smarter<br />
Sensoren mit dem neuen Füllstands-<br />
Sensor Micropilot FWR30 und dem<br />
Cloud-Service Netilion Inventory von<br />
Endress+Hauser<br />
„Die größten Hindernisse sind Silodenken<br />
und proprietäre Insellösungen“ warnt Peter Dietrich,<br />
Abteilungsleiter Marketing Solution und Industrie 4.0,<br />
Endress+Hauser (Deutschland) GmbH+Co. KG, die mehrfach<br />
beim „Großen Preis des Mittelstandes“ ausgezeichnet wurde,<br />
zuletzt 2013 als Premier.<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>: Die digitale Transformation<br />
ermöglicht Unternehmen aller Branchen,<br />
ein neues Level an operativer Effizienz,<br />
Qualität und Mitarbeiterproduktivität<br />
zu erreichen. Welche Hindernisse bestehen<br />
zurzeit noch? Und wie kann man die<br />
Hürden abbauen?<br />
Peter Dietrich: Die größten Hindernisse<br />
bei der Umsetzung der Industrie<br />
4.0 sind derzeit das Silodenken und die<br />
proprietären Insellösungen, die durch den<br />
Wettlauf der Plattformen und Datenmodelle<br />
entstanden sind. Wegen fehlender<br />
Interoperabilität und Durchgängigkeit<br />
ist die Implementierung von Industrie<br />
4.0-Konzepten zudem oft komplex. Auch<br />
wir haben sehr schnell festgestellt, dass<br />
wir bei der Umsetzung unserer Industrie<br />
4.0-Lösungen bei unseren Kunden<br />
immer mit vielen anderen Playern aus<br />
dem Operation-Technology Bereich – also<br />
den Technologiebereichen zur produktionsnahen<br />
Steuerung aller operativen<br />
Abläufe – und der IT zusammentreffen.<br />
Aus diesem Grund haben wir zusammen<br />
mit anderen Unternehmen aus unterschiedlichen<br />
Branchen die übergreifende<br />
Plattform „Open Industrie 4.0“ als<br />
Gründungsmitglied initiiert. Heute sind<br />
daran schon mehr als 50 Unternehmen<br />
aus allen Branchen beteiligt und laufend<br />
kommen neue hinzu.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2020</strong>