Jahresbericht 2010 - Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gGmbH
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Seite 22 <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong><br />
Abb. 1 Udabno. Luftbild der<br />
Siedlungen Udabno<br />
Studien zu den Kleinfunden von Udabno I-III (Ostgeorgien)<br />
Dipl.-Arch. René Kunze<br />
Ausgehend von den Untersuchungen<br />
der Universita t<br />
Tu bingen in Troia und dem<br />
daraus resultierenden Interesse<br />
an der Region des<br />
Schwarzen Meeres entstand<br />
in den 1990er Jahren<br />
parallel zu den Grabungen<br />
in Troia der Forschungsschwerpunkt<br />
Kaukasus mit<br />
dem Udabno-Ausgrabungsprojekt,<br />
welches von<br />
Manfred Korfmann initiiert<br />
und nach seinem Tod 2005<br />
von Ernst Pernicka (Tu -<br />
bingen) weitergefu hrt wurde<br />
(Bertram & Pizchelauri<br />
2005, 323).<br />
Die Spa tbronze-/ Fru heisenzeitlicheSiedlungsanlage<br />
von Udabno mit den<br />
drei Ausgrabungsfla chen<br />
Udabno I-III befindet sich<br />
50 Kilometer su do stlich<br />
der georgischen Hauptstadt<br />
Tbilisi in der David-<br />
Garedschi Steppe nahe der<br />
Stadt Sagaredscho (Provinz<br />
Kakheti). Die strategisch<br />
auf Hu gelru cken angelegten<br />
Siedlungen konnten<br />
sa mtlichen Handelsverkehr<br />
zwischen Kaspischem- und<br />
Schwarzem Meer beobachten<br />
und vermutlich auch<br />
kontrollieren.<br />
Die uniforme Gestaltung<br />
und Bauweise der Ha user<br />
(Architektur, Ausrichtung,<br />
Inventare) sprechen fu r<br />
eine geplante Anlage der<br />
Siedlungen (Abb. 1).<br />
Das bisherige Fehlen o ffentlicher<br />
Bauten und Verwaltungsstrukturen<br />
u berrascht<br />
und la sst den<br />
Schluss zu, dass diese fu r<br />
die architektonische Bauweise<br />
der Anlagen unerla<br />
ssliche Institution ihren<br />
Sitz nicht auf einer der drei<br />
gegrabenen Siedlungen<br />
hatte.<br />
Anna hernd gleichma ßige<br />
Verteilungen der Steinartefakte<br />
(Mahlsteine und Bauwerkzeuge)<br />
ergeben keinen<br />
unmittelbaren Hinweis<br />
auf unterschiedliche Berufsgruppen<br />
oder soziale<br />
Unterschiede. Besonders<br />
die Steinhacken, die sog.<br />
Tochis, deuten darauf hin,<br />
dass die Bewohner zum<br />
Zeitpunkt kurz vor der Zersto<br />
rung noch damit bescha<br />
ftigt waren, ihre Ha user<br />
fertig zu stellen respektive<br />
zu erweitern. Neben<br />
diesen Ta tigkeiten<br />
wurde der Landwirtschaft,<br />
insbesondere der Viehzucht<br />
nachgegangen (Kunze<br />
2011 a).<br />
Infolge der dokumentierten<br />
Öfen- bzw. Herdanlagen<br />
in den Nordwestecken<br />
der meisten Ha user geht<br />
eine dezentrale Produktion<br />
hervor, d.h. jedes Haus versorgte<br />
sich selbst mit Nahrung.<br />
Deutliche Konzentrationen<br />
von Mahlsteinen<br />
und Brotstempeln (Abb. 2-<br />
3) innerhalb und außerhalb<br />
der westlichen Zitadellenmauer<br />
(Ha user U I-A<br />
bis U I-D) liefern zwar Indizien<br />
fu r einen auf Backhandwerk<br />
spezialisierten<br />
Bereich, sind allerdings nur<br />
in Folge der Funktion der<br />
Zitadelle als Vorratslager<br />
zu betrachten.<br />
Vor allem, aber nicht ausschließlich<br />
im Bereich der<br />
Zitadelle ha ufen sich Funde<br />
von Webwerkzeugen. Dazu<br />
geho ren Webka mme, Webgewichte,<br />
Spinnwirtel und<br />
weitere Artefakte, die auf<br />
eine nicht unbedeutende<br />
Textilherstellung in Udabno<br />
verweisen. Neben diesen<br />
Artefakten fanden sich<br />
in unterschiedlichen Bereichen<br />
der Siedlungen drei<br />
Depots von Schmuckwaren<br />
– fertige und unfertige Anha<br />
nger aus Tonschiefer<br />
und Bronzeblechen sowie<br />
Karneolperlen (Abb. 4-5).