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n Bereich forderungen soll, rekommunalisiert ... - Bundeskartellamt

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<strong>Bundeskartellamt</strong> 53113 Bonn<br />

10. Beschlussabteilung Kaiser-Friedrich-Straße 16<br />

B 10 – 219/01 Telefon: (0228) 9499 414<br />

1. Trienekens AG<br />

Beschluss<br />

In dem Verwaltungsverfahren<br />

Zentrale: (0228) 9499 0<br />

Greefsallee 1 – 5<br />

41747 Viersen - Beteiligte -<br />

Verfahrensbevollmächtigte zu 1.:<br />

Rechtsanwälte Clifford Chance Pünder<br />

Cecilienallee 6<br />

40474 Düsseldorf<br />

2. Stadt Essen<br />

Geschäftsbereich Finanzen<br />

Rathaus Porscheplatz<br />

45127 Essen - Beteiligte -<br />

3. Entsorgungsbetriebe Essen GmbH<br />

Elisenstraße 76<br />

45139 Essen - Beteiligte -<br />

4. Rethmann Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG<br />

Dieselstraße 3<br />

Telefax: (0228) 9499 142<br />

44805 Bochum - Beigeladene –


Verfahrensbevollmächtigte zu 4.:<br />

Rechtsanwälte Gleiss Lutz Hootz Hirsch<br />

Prinzregentenstraße 50<br />

80538 München<br />

5. Schönmackers Umweltdienste GmbH & Co. KG<br />

Am Selder 9<br />

47906 Kempen - Beigeladene -<br />

Verfahrensbevollmächtigte zu 5.:<br />

Rechtsanwälte Schmidt-Sibeth Heisse Weisskopf Kursawe<br />

Spichernstraße 75 – 77<br />

50672 Köln<br />

6. ALBA AG<br />

Franz-Josef-Schweitzer-Platz 1<br />

16727 Velten - Beigeladene –<br />

Verfahrensbevollmächtigte zu 6.:<br />

Rechtsanwälte de Witt Oppler<br />

Bernburger Straße 24-25<br />

10963 Berlin<br />

7. SKP Recycling AG & Co.<br />

Am Sandtorkai 75<br />

20457 Hamburg - Beigeladene –<br />

8. SITA Deutschland GmbH<br />

Industriestraße 161<br />

50999 Köln - Beigeladene –<br />

Verfahrensbevollmächtigter zu 8.:<br />

Rechtsanwälte Huth Dietrich Hahn<br />

Warburgstraße 50<br />

20354 Hamburg<br />

2


Wegen Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 GWB hat die 10.<br />

Beschlussabteilung des <strong>Bundeskartellamt</strong>es am 29. April 2002 beschlossen:<br />

I. Der mit Schreiben vom 7. November 2001 angemeldete Erwerb von<br />

49 % der Anteile der Entsorgungsbetriebe Essen GmbH, Essen, durch<br />

die Trienekens AG, Viersen, wird unter folgenden aufschiebenden<br />

Bedingungen freigegeben:<br />

1. Die Trienekens AG veräußert die gesamten Anteile in Höhe von 49,9 %, die sie<br />

bzw. verbundene Unternehmen und der Gesellschafterstamm Hellmut<br />

Trienekens einschließlich verbundener Unternehmen an der AWB<br />

Abfallwirtschaftsbetriebe Köln GmbH & Co. KG, Köln, sowie an der AWB<br />

Abfallwirtschaftsbetriebe Köln Verwaltung GmbH Köln, Köln, (AWB<br />

Gesellschaften) halten.<br />

2. Bei dem Erwerber muss es sich um ein Unternehmen handeln, an dem die<br />

Trienekens AG einschließlich aller verbundenen Unternehmen und der<br />

Gesellschafterstamm Hellmut Trienekens einschließlich verbundener<br />

Unternehmen zum Zeitpunkt des Vollzuges der Anteilsveräußerung weder<br />

personell noch durch Kapitalbeteiligungen (gleich in welcher Höhe) beteiligt<br />

sind und auf das sie keinen wettbewerblich erheblichen Einfluss ausüben<br />

können.<br />

3. Der Erwerber bedarf der vorherigen Zustimmung des <strong>Bundeskartellamt</strong>es. Diese<br />

kann nur verweigert werden, wenn festgestellt wird, dass durch den Erwerb die<br />

Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB vorliegen oder aus den<br />

unter 2. genannten Gründen.<br />

4. Der Zusammenschluss darf vollzogen werden, wenn ein bindender Kaufvertrag<br />

über die Veräußerung der unter 1. genannten Anteile an den AWB<br />

Gesellschaften mit einem Erwerber abgeschlossen wurde und das<br />

<strong>Bundeskartellamt</strong> dem Erwerber zugestimmt hat.<br />

II. Der mit Schreiben vom 7. November 2001 angemeldete Erwerb von 49 % der<br />

Anteile der Enderling Entsorgung GmbH, Essen, durch die Entsorgungsbetriebe<br />

Essen GmbH, Essen, wird freigegeben.<br />

3


III. Die Gebühr für diese Entscheidung wird auf<br />

XXX €<br />

(in Worten: XXX Euro)<br />

festgesetzt und den Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldnern auferlegt.<br />

A. SACHVERHALT<br />

1. Mit Schreiben vom 7. November 2001, beim <strong>Bundeskartellamt</strong> eingegangen am<br />

8. November 2001, hat die Trienekens AG (Trienekens) den beabsichtigten<br />

Erwerb von 49% der Anteile an der Entsorgungsbetriebe Essen GmbH (EBE),<br />

Essen, angemeldet. Im Rahmen der Teilprivatisierung <strong>soll</strong> die EBE 49% der<br />

Anteile an der Enderling Entsorgung GmbH (Enderling), Essen, einer 100%igen<br />

Tochtergesellschaft von Trienekens, erwerben.<br />

2. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 wurde den Anmeldern mitgeteilt, dass die<br />

Beschlussabteilung in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüf-<br />

verfahren) eingetreten ist.<br />

3. Mit Beschluss vom 26. November 2001 wurde die Firma Rethmann<br />

Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG, Bochum, auf ihren Antrag hin zum<br />

Verfahren beigeladen.<br />

4. Mit Beschluss vom 15. Februar 2002 wurde die Firma Schönmackers<br />

Umweltdienste GmbH & Co. KG, Kempen, auf ihren Antrag hin zum Verfahren<br />

beigeladen.<br />

5. Mit Beschluss vom 10. April 2002 wurden die Firmen Alba AG, Berlin, SKP<br />

Recycling AG & Co., Hamburg, und SITA Deutschland GmbH, Köln, auf ihren<br />

Antrag hin zum Verfahren beigeladen.<br />

6. Mit Schreiben vom 23. November 2001 beantragte die Firma Harmuth<br />

Containerdienst GmbH, Mülheim an der Ruhr, ihre Beiladung zu dem<br />

Verfahren. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 wurde dieser<br />

Beiladungsantrag wieder zurückgenommen.<br />

4


7. Mit Schreiben vom 19. Februar 2002, 6. März 2002 und 9. April 2002 stimmte<br />

der Verfahrensbevollmächtigte von Trienekens sukzessive einer<br />

Fristverlängerung bis zum 28. März 2002, 15. April 2002 und 15. Mai 2002 zu.<br />

Die Stadt Essen ist der Anmeldung vom 7. November 2002 mit Schreiben vom<br />

10. April 2002 beigetreten. In Ihrer Eigenschaft als Anmelderin hat sie der<br />

Fristverlängerung bis zum 15. Mai 2002 widersprochen und zuletzt mit<br />

Schreiben vom 23. April 2002 einer Verlängerung der Frist bis zum 3. Mai 2002<br />

zugestimmt.<br />

I. DIE BETEILIGTEN UNTERNEHMEN<br />

1. Die Entsorgungsbetriebe Essen GmbH<br />

8. Die EBE ist von der Stadt Essen umfassend mit Aufgaben der Abfallentsorgung<br />

beauftragt. Sie ist in den <strong>Bereich</strong>en Sammlung und Transport sowie Beseitigung<br />

und Verwertung von Siedlungs- und Gewerbeabfällen, Sammlung und Transport<br />

von DSD-Materialien, Straßenreinigung, Winterdienst, Betrieb von<br />

Recyclinghöfen, Wochenmärkten sowie eines Fuhrparks tätig. Für den <strong>Bereich</strong><br />

der Abfälle zur Beseitigung aus Haushaltungen ist EBE beauftragter Dritter,<br />

hinsichtlich der Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen und der<br />

Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen sind ihr die Pflichten<br />

zur Entsorgung gemäß § 16 Abs. 2 KrW/AbfG übertragen worden.<br />

9. EBE liefert die von ihr im Stadtgebiet erfassten Abfälle aus privaten Haushalten<br />

unentgeltlich an das Müllheizkraftwerk Essen-Karnap (MHKW Karnap) an, das<br />

von der RWE Energie AG betrieben wird. EBE hat darüber hinaus die<br />

Berechtigung, auf das Kontingent der Stadt Essen im MHKW Karnap (50% der<br />

an dem jeweiligen Werktag zur Verfügung stehenden Annahmekapazität des<br />

MHKW) Abfälle aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit gegen Zahlung eines nach<br />

dem Gebührenrecht gemäß Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalen<br />

kostendeckenden Entgelts an das MHKW Karnap anzuliefern. Vertragliche<br />

Vereinbarungen, etwa eine bring-or-pay-Verpflichtung, bestehen jedoch nicht.<br />

Das wirtschaftliche Risiko für die Auslastung des MHKW Karnap liegt bei den<br />

Karnap-Städten (Essen, Bottrop, Gelsenkirchen, Gladbeck, Mülheim an der<br />

Ruhr).<br />

10. Die EBE erzielte im Jahr 2000 Umsätze in Höhe von ca. 69 Mio. €. Ihre Anteile<br />

werden zur Zeit zu 100% von der Stadt Essen gehalten.<br />

5


2. Trienekens/RWE Umwelt<br />

11. Die Anteile der Trienekens halten zu je 50% die RWE Umwelt AG und der<br />

Stamm Hellmut Trienekens. Sie wird von diesen beiden Gesellschaftern<br />

gemeinsam beherrscht. Trienekens erzielte im Geschäftsjahr 2000/2001<br />

Umsatzerlöse in Höhe von 957,8 Mio. €. Sie ist im <strong>Bereich</strong> der Sammlung und<br />

des Transports von Abfällen, der Abfallsortierung, -verwertung, -behandlung<br />

und –beseitigung sowie der Deponierung, Sonderabfallentsorgung, Altlasten-<br />

sanierung, Kompostierung, Zerlegung von Elektroaltgeräten und der Altautover-<br />

wertung tätig.<br />

12. Die RWE Umwelt AG ist bundesweit in den Sparten Wasser/Abwasser, Abfall,<br />

Recycling und Umweltconsulting tätig. Sie erzielte 1999/2000 Umsätze von<br />

insgesamt ca. 2,2 Mrd. €. Die zurechenbaren Umsatzerlöse der RWE AG<br />

(Muttergesellschaft von RWE Umwelt AG) für das Jahr 2000/2001 betragen ca.<br />

62,9 Mrd. €. Davon entfallen ca. 47,6 Mrd. € auf die EU und davon wiederum<br />

ca. 39,06 Mrd. € auf Deutschland. Die RWE Umwelt hat außerdem angemeldet,<br />

dass sie beabsichtigt, die restlichen Anteile der Trienekens AG vollständig zu<br />

erwerben.<br />

3. Enderling<br />

13. Enderling betreibt in Essen eine Aufbereitungsanlage für Bauschutt und Straßen-<br />

4. Stadt Essen<br />

aufbruch und eine Sortieranlage für Baustellenmischabfälle und<br />

Bodenaufbereitung mit einem Umsatz von ca. 6 Mio. € im Jahr 2000.<br />

14. Die Stadt Essen hielt im Jahr 2000 Beteiligungen an insgesamt 52 Unternehmen<br />

und Einrichtungen, vor allem in den <strong>Bereich</strong>en Versorgung und Verkehr, Bau,<br />

Wirtschaftsförderung, Soziales, Freizeit und Kultur sowie Entsorgung<br />

(Beteiligungsbericht der Stadt Essen 2000). Die Beteiligungen im<br />

Entsorgungsbereich werden mittelbar über die EBE gehalten. Es sind im<br />

einzelnen<br />

• 100% an der EBE Vermögens- und Betriebs-GmbH, die das Fuhrpark-<br />

management für Fahrzeuge der Stadt Essen und der EBE übernehmen <strong>soll</strong>,<br />

• 51% an der TREBE Recycling GmbH (übrige 49% Trienekens), die eine<br />

Anlage zur Aufbereitung von Bauschutt und Baustellenmischabfällen betreibt,<br />

6


• 24,68% an der Verwertung und Entsorgung Karnap-Städte Holding GmbH<br />

(VEKS, übrige Anteile: andere Karnap-Städte, 49% RWE Umwelt), die für die<br />

Karnapstädte die im Zusammenhang mit der Einführung der Verpackungs-<br />

verordnung und weiterer Verordnungen zur Abfallwirtschaft entstandenen<br />

Aufgaben steuert und koordiniert. Die VEKS vermarktet zudem freie Kapazi-<br />

täten des MHKW Karnap. Allerdings steht dieses Vermarktungsrecht hinter<br />

den Vermarktungsaktivitäten der Karnap-Städte zurück, und VEKS wird als<br />

Maklerin für die Städte tätig. Die VEKS ist mit 49% an der Duales Entsor-<br />

gungssystem Karnap-Städte GmbH beteiligt (übrige Anteile: Trienekens), die<br />

den DSD-Vertrag hält.<br />

15. Die Gesamtumsätze der Stadt Essen betrugen im Jahr 1999 ca. 588 Mio. €.<br />

II. DAS VORHABEN<br />

16. Trienekens beabsichtigt, 49% der Anteile an EBE von der Stadt Essen zu<br />

erwerben. Im Rahmen der Teilprivatisierung <strong>soll</strong> EBE dann 49% der Anteile an<br />

Enderling erwerben (Einbringung im Wege der Sacheinlage).<br />

III. DER VERFAHRENSVERLAUF<br />

17. Den am Verfahren beteiligten Unternehmen wurde mehrfach Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme gegeben. Sowohl die Zusammenschlussbeteiligten als auch die<br />

Beigeladenen haben ihre Stellungnahmen zum Zusammenschluss mündlich und<br />

schriftlich abgegeben. Die zuletzt beigeladenen Unternehmen Alba und Sita<br />

hatten in einem Gespräch am 19. April 2002 Gelegenheit zur Stellungnahme auf<br />

der Grundlage der ihnen übermittelten Akten. Die Beigeladene SKP hat sich<br />

nicht geäußert. Trienekens sind die fusionsrechtlichen Bedenken der<br />

Beschlussabteilung in Gesprächen am 15. und am 18. Februar 2002 mitgeteilt<br />

worden. Mit Schreiben vom 21. März 2002 hat die Beschlussabteilung ihre<br />

fusionsrechtlichen Bedenken auch schriftlich mitgeteilt (Abmahnschreiben). Der<br />

Schriftsatz der Beigeladenen Rethmann vom 13. Februar 2002 ist Trienekens<br />

umgehend übermittelt worden. Die beabsichtigte Stellungnahme von Trienekens<br />

zu den Gesprächen und zu dem Schriftsatz ist durch Trienekens wiederholt<br />

aufgeschoben worden und erst am Abend des 20. März 2002 erfolgt, obwohl<br />

Trienekens bekannt war, dass die Beschlussabteilung beabsichtigte, das<br />

Abmahnschreiben spätestens am 22. März 2002 abzusenden. Der Einwand von<br />

Trienekens, durch die vorzeitige Zusendung des Abmahnschreibens um einen<br />

Tag sei deren Gelegenheit zu rechlichem Gehör in unzulässiger Weise<br />

beschnitten worden, ist deshalb unverständlich.<br />

7


18. Die beigeladenen Unternehmen Rethmann und Schönmackers machen in ihren<br />

Stellungnahmen insbesondere geltend, dass der Markt der Sammlung und des<br />

Transportes von Siedlungsabfällen regional eng abzugrenzen sei und entgegen<br />

der im Verfahren Trienekens – Köln 1 durch die Beschlussabteilung getroffenen<br />

bundesweiten Marktabgrenzung auf einen Regionalmarkt NRW abzustellen sei.<br />

Für die Abgabe von Angeboten auf diesem Markt sei die räumliche Nähe zu<br />

bisherigen Tätigkeitsgebieten der Anbieter entscheidend. Aktivitäten im <strong>Bereich</strong><br />

der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen seien aktuell nur noch<br />

lohnend und wirtschaftlich darstellbar, wenn sie mit bestehenden<br />

Entsorgungsaktivitäten verknüpft werden könnten. Die Beigeladene Rethmann<br />

hält die Bedingungen, unter denen die Freigabe ergeht, für unzureichend. Ihrer<br />

Auffassung zufolge sind die ursprünglichen Anteilserwerbe von Trienekens an<br />

den AWB Gesellschaften aufgrund von Verstößen gegen vergabe- und<br />

beihilferechtliche Vorschriften gemäß § 134 BGB nichtig. Weil der Abschluss<br />

der AWB-Kaufverträge mit Trienekens darüber hinaus sittenwidrig gewesen sei,<br />

folge die Nichtigkeit der Verträge auch aus § 138 Abs. 1 BGB. Im weiteren<br />

hätten bei der Veräußerung der AWB-Anteile Verstöße gegen §§ 19, 20 GWB<br />

und das nordrhein-westfälische Kommunalrecht vorgelegen. Daraus folge, dass<br />

der Marktanteilszuwachs durch den Erwerb von 49 % der Anteile an EBE nicht<br />

durch eine Veräußerung der Anteile an den AWB Gesellschaften kompensiert<br />

werden könne. Die Bedingungen seien aber auch unzureichend, wenn von der<br />

Frage der Nichtigkeit abgesehen werde. Aufgrund von fortbestehenden<br />

Verflechtungen der Stadt Köln mit Trienekens sei davon auszugehen, dass<br />

Trienekens weiterhin einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf die Stadt<br />

Köln ausüben könne und die Stadt Köln nicht als Wettbewerber zu betrachten<br />

sei.<br />

19. Die beigeladenen Unternehmen Alba und Sita haben geltend gemacht, dass der<br />

Markt bundesweit abzugrenzen sei. Eine Begrenzung auf Nordrhein-Westfalen<br />

sei nicht sachgerecht. Auch für die übrigen Bundesländer könne nicht von<br />

Regionalmärkten in den Grenzen der Bundesländer ausgegangen werden. Alle<br />

großen Entsorgungsunternehmen würden sich bundesweit an Ausschreibungen<br />

beteiligen. Ein Vergleich der Ausschreibungsteilnehmer in Nordrhein-Westfalen<br />

und anderer Bundesländer würde vergleichbare Ergebnisse bringen. Die<br />

Großunternehmen der Entsorgungsbranche seien immer als Wettbewerber<br />

vertreten. Die Annahme unterscheidbarer Wettbewerbsverhältnisse sei deshalb<br />

nicht zutreffend. Gerade in Nordrhein-Westfalen sei der Wettbewerb sehr<br />

1 Beschluss vom 17.11.00; B 10 – 101/00<br />

8


intensiv. Die meisten großen Entsorgungsunternehmen hätten ihren Sitz in<br />

Nordrhein-Westfalen, weswegen die Feststellung, dass sich nur nordrhein-<br />

westfälische Unternehmen an Ausschreibungen beteiligten, weder überrasche<br />

noch geeignet sei, den Markt räumlich einzugrenzen.<br />

20. Trienekens hat sich zu den zuletzt mit Schreiben vom 21. März 2002<br />

übermittelten fusionsrechtlichen Bedenken der Beschlussabteilung mit<br />

Schreiben vom 5. April 2002 und in Gesprächen am 8. und am 18. April 2002<br />

geäußert und weist diese in vollem Umfang zurück. Sowohl die<br />

Marktabgrenzung als auch das Ergebnis der Prüfung, dass eine<br />

marktbeherrschende Stellung von Trienekens durch den Zusammenschluss<br />

verstärkt werde, seien falsch und nicht nachvollziehbar. Insbesondere bestünden<br />

in Nordrhein-Westfalen keine besonderen Marktverhältnisse, welche eine<br />

Differenzierung von räumlichen Märkten zuließen. Objektive Gründe gegen<br />

einen Marktzutritt außerhalb von Nordrhein-Westfalen tätiger Unternehmen<br />

seien nicht vorgetragen worden, und der tatsächliche Wettbewerb von außerhalb<br />

sei nicht berücksichtigt worden. Auch auf einem Regionalmarkt Nordrhein-<br />

Westfalen wäre Trienekens nach eigener Auffassung jedoch auf dem Markt der<br />

Sammlung und des Transports von Siedlungsabfällen nicht marktbeherrschend.<br />

Zum einen seien der von der Beschlussabteilung errechnete Marktanteil und die<br />

Zurechnung der Marktanteile von Beteiligungsunternehmen fehlerhaft. Zum<br />

anderen spiele der Marktanteil auf den hier unstreitig vorliegenden<br />

Ausschreibungsmärkten generell keine Rolle. Auch die übrigen von der<br />

Beschlussabteilung aufgeführten strukturellen Vorteile von Trienekens seien<br />

entweder so nicht gegeben, oder aber hätten unter den speziellen Bedingungen<br />

des Ausschreibungsmarktes keine Bedeutung.<br />

B. GRÜNDE<br />

I. FORMELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />

1. Zusammenschluss<br />

21. Der Erwerb von je 49% der Anteile an EBE durch Trienekens sowie an<br />

Enderling durch EBE stellt jeweils einen Zusammenschluss gemäß § 37 Abs. 1<br />

Nr. 2, Nr. 3 Buchst. b und Nr. 3 Satz 3 GWB dar.<br />

2. Anwendungsbereich des GWB<br />

22. Das Vorhaben fällt aufgrund der Umsätze der beteiligten Unternehmen in den<br />

Geltungsbereich der deutschen Zusammenschlusskontrolle (§35 GWB). Die<br />

9


Schwellenwerte der europäischen Fusionskontrollverordnung sind nicht erreicht,<br />

da alle Zusammenschlussbeteiligten mehr als zwei Drittel ihres<br />

gemeinschaftsweiten Umsatzes in Deutschland erzielen.<br />

II. MATERIELLE UNTERSAGUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />

1. Der Markt der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen<br />

1.1. Sachliche Marktabgrenzung<br />

23. Die Stadt Essen ist die gem. Landesabfallrecht für die Entsorgung von Abfällen<br />

aus privaten Haushalten sowie hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen (zusammen<br />

Siedlungsabfälle) zuständige Gebietskörperschaft. Sie hat diese<br />

Entsorgungspflichten auf die EBE übertragen.<br />

24. Siedlungsabfällle sind gemäß § 13 Abs. 1 KrW/AbfG den öffentlich-rechtlichen<br />

Entsorgungsträgern zu überlassen. In die Verantwortung der öffentlich-<br />

rechtlichen Entsorgungsträger fällt die Einsammlung der Abfälle bei den<br />

Anfallstellen und die ordnungsgemäße Entsorgung dieser Abfälle durch<br />

Verwertung und/oder Beseitigung der Abfälle. Das Landesabfallrecht bestimmt<br />

die Zuständigkeit der verschiedenen juristischen Personen näher. In Nordrhein-<br />

Westfalen sind die Kreise und kreisfreien Städte gem. § 5 Abs. 1 LAbfG NRW<br />

mit der Entsorgung von Abfällen beauftragt. Die Sammlung der Abfälle und der<br />

Transport zu den Abfallentsorgungsanlagen oder Müllumschlagstationen erfolgt<br />

gem. § 5 Abs. 6 LAbfG NRW durch die kreisangehörigen Gemeinden und die<br />

kreisfreien Städte.<br />

25. Die Leistungen der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen<br />

einerseits und der Verwertung/Beseitigung (Entsorgung) von Siedlungsabfällen<br />

andererseits sind bei der wettbewerblichen Beurteilung zu trennen. Die<br />

Ermittlungen in dem Verfahren Trienekens AG/Stadtwerke Köln (B 10 –<br />

101/00) haben ergeben, dass eine Koppelung der Aufträge für die Sammlung<br />

und den Transport von Siedlungsabfällen einerseits und für die<br />

Verwertung/Beseitigung andererseits nicht erfolgt. Die Leistungen als solche<br />

unterscheiden sich deutlich und die Anbieterstrukturen, die Nachfragerstruktur<br />

und die Vertragsstrukturen sind auf den beiden Märkten sehr unterschiedlich, so<br />

dass nicht vom Vorliegen einheitlicher sachlich relevanter Märkte ausgegangen<br />

werden kann.<br />

26. Ein Markt für die Sammlung und den Transport von Siedlungsabfällen wird<br />

eröffnet, wenn die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger private Entsorgungs-<br />

10


unternehmen oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen unter Beteiligung von<br />

privaten Partnern mit der Leistung beauftragen.<br />

27. In dem Entsorgungsgebiet des jeweiligen öffentlich-rechtlichen<br />

Entsorgungsträgers haben die mit der Sammlung und dem Transport von<br />

Siedlungsabfällen beauftragten Unternehmen Monopole inne. Wettbewerb findet<br />

regelmäßig nur bei der Vergabe der Entsorgungsaufträge statt. Sofern der<br />

öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Entsorgungsaufgaben nicht selbst<br />

durchführt, sondern an private Dritte vergeben will, ist er bei Überschreiten der<br />

Schwellenwerte gem. §§ 97 ff. GWB i.V.m. VOL verpflichtet, eine<br />

Ausschreibung der Leistung durchzuführen. Umstritten ist, ob auch die Vergabe<br />

von Beteiligungen an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, die mit der<br />

Erbringung von Dienstleistungen beauftragt werden, ausschreibungspflichtig ist.<br />

Unabhängig von der Rechtslage kann jedoch davon ausgegangen werden, dass<br />

aufgrund des anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Drucks zukünftig<br />

vermehrt Beteiligungen im Wettbewerb vergeben werden. Der Wettbewerb<br />

findet dann auf dieser Stufe statt.<br />

28. Die mit den Leistungen der Sammlung und des Transportes von<br />

Siedlungsabfällen beauftragten Unternehmen haben für die Gestellung der<br />

Sammelbehälter zu sorgen und müssen die Abfälle in einem festen Turnus mit<br />

geeigneten Sammelfahrzeugen und –personal im gesamten Vertragsgebiet bei<br />

allen Anfallstellen abholen. Die Abfälle sind bis zu einer Umschlagstation oder<br />

auch direkt bis zur Entsorgungsanlage zu transportieren, von der ab die<br />

entsorgungspflichtige Gebietsköperschaft sie selber oder wiederum durch<br />

beauftragte Dritte einer Entsorgung zuführt.<br />

29. Nach dem Zusammenschluss werden die Leistungen der Sammlung und des<br />

Transports von Siedlungsabfällen in der Stadt Essen von einem teilprivaten<br />

Unternehmen erbracht. Die Sammlung und der Transport von Siedlungsabfällen<br />

ist der von dem Zusammenschlussvorhaben betroffene sachlich relevante Markt.<br />

1.2. Räumliche Marktabgrenzung<br />

30. Die Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes bestimmt sich nach den aus<br />

der Sicht der Nachfrager gegebenen räumlichen Ausweichmöglichkeiten 2 .<br />

31. Im Verfahren Trienekens AG/Stadtwerke Köln war ein bundesweiter Markt<br />

abgegrenzt worden, weil fast alle befragten Unternehmen, die Leistungen auf<br />

2 vgl. Langen/Bunte-Ruppelt, a.a.O., § 19 Rndr. 25<br />

11


dem Gebiet der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen anbieten,<br />

auch außerhalb ihrer regionalen Umsatz- bzw. Tätigkeitsschwerpunkte an<br />

Ausschreibungen über die Sammlung und den Transport von Siedlungsabfällen<br />

teilgenommen hatten. Marktzutrittsschranken, die das Vordringen in Regionen<br />

außerhalb des räumlichen Tätigkeitsschwerpunktes eines Entsorgers behindern<br />

könnten, wurden von den befragten Unternehmen jedenfalls ab einer<br />

Einwohnerzahl des Vertragsgebietes von mehr als 50.000 ausdrücklich verneint.<br />

Die zur Durchführung der Leistung erforderlichen Anschaffungen seien durch<br />

Leasing zu finanzieren, für erforderliche Neuinvestitionen seien die<br />

Ausschreibungszeiträume lang genug, um eine wirtschaftliche Abschreibung<br />

sicherzustellen. Daneben sei auch die Durchführung der Aufträge durch<br />

Subunternehmer vor Ort in der Regel möglich. Bei der Marktabgrenzung war<br />

maßgeblich auf die Frage der bundesweiten Ausschreibungsteilnahme abgestellt<br />

worden. Die Erfolgschancen und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anbieter in<br />

der Lage sein würde, ein konkurrenzfähiges Angebot abzugeben, waren nicht<br />

bewertet worden. Damit wurde ein wesentlicher Faktor bei der<br />

Marktabgrenzung, nämlich die Sichtweise und die Auswahlmöglichkeiten der<br />

Nachfrager, außer Acht gelassen. Die Entscheidung basierte außerdem auf dem<br />

Eindruck, der sich aus den bundesweiten Aktivitäten der befragten Unternehmen<br />

ergab, ohne die Situation in Nordrhein-Westfalen einer gesonderten Prüfung zu<br />

unterziehen und ohne die tatsächlichen Auswahlmöglichkeiten der dortigen<br />

Nachfrager eingehender zu untersuchen.<br />

32. Die Ermittlungen im vorliegenden Verfahren haben ergeben, dass der räumlich<br />

relevante Markt aufgrund der im Bundesland Nordrhein-Westfalen bestehenden<br />

besonderen Verhältnisse das Bundesland Nordrhein-Westfalen ist und –<br />

entgegen dem Ergebnis im Verfahren Trienekens AG/Stadtwerke Köln (Az. B<br />

10 – 101/00, Beschluss vom 17.11.2000) - kein bundesweiter Markt vorliegt.<br />

33. Dabei stellt die Beschlussabteilung in erster Linie auf die tatsächliche<br />

Bewerbungssituation und die damit den Nachfragern tatsächlich zur Verfügung<br />

stehenden Auswahlalternativen in den durchgeführten Ausschreibungsverfahren<br />

und die tatsächliche Situation bei der Auftragsvergabe im Bundesland<br />

Nordrhein-Westfalen ab. Nur diese lassen Rückschlüsse auf die den öffentlich-<br />

rechtlichen Körperschaften als Nachfrager zur Verfügung stehenden relevanten<br />

Auswahlmöglichkeiten zu, welche die aktuellen Wettbewerbsbedingungen in<br />

Nordrhein-Westfalen prägen.<br />

12


34. Maßgeblich für die räumliche Marktabgrenzung ist - wie bei der sachlichen<br />

Marktabgrenzung auch 3 – die tatsächliche Handhabung durch die Abnehmer<br />

(Nachfrager). Diese Betrachtung der Beschlussabteilung steht in<br />

Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die<br />

dieses in dem Beschluss vom 21. September 2001 im Verfahren Trienekens<br />

AG/Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH (Kart 25/01<br />

(V); B 10 – 23/01) aufgestellt hat: „Auch die Abgrenzung des räumlich<br />

relevanten Marktes richtet sich in erster Linie nach den Austauschmöglichkeiten<br />

der Marktgegenseite. Da es sich im Prinzip um dasselbe Kriterium wie bei der<br />

Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes handelt (...), ist auch für die<br />

Bestimmung des räumlich relevanten Marktes die tatsächliche Anschauung der<br />

Abnehmer und das tatsächliche Abnehmerverhalten von Bedeutung (...) .“<br />

(OLG Düsseldorf, aaO., III. 1.)b)a)aa), S. 13; Hervorhebungen vom Verf.). Die<br />

Aussage des OLG bezog sich auf die Frage der Bewertung von Ausschreibungen<br />

zur Entsorgung unvorbehandelter Siedlungsabfälle, die von anderen als<br />

nordrhein-westfälischen Gebietskörperschaften getätigt worden waren, und<br />

welche von der Beschlussabteilung als Beleg für eine Austauschbarkeit<br />

verschiedener Entsorgungsverfahren auch für nordrhein-westfälische<br />

Auftraggeber herangezogen worden waren. Der Beschlussabteilung lag damals<br />

nur eine Ausschreibung aus Nordrhein-Westfalen vor. Nach Auffassung des<br />

OLG ist bei der Frage der regionalen Marktabgrenzung jedoch in erster Linie auf<br />

die Austauschmöglichkeiten der vom Zusammenschluss unmittelbar betroffenen<br />

Nachfrager abzustellen. Dabei ist unerheblich, dass der Beschluss des OLG sich<br />

auf einen anderen sachlich relevanten Markt, nämlich den Markt der Entsorgung<br />

unvorbehandelter Siedlungsabfälle, bezog. Die vom OLG in Vereinbarkeit mit<br />

der herrschenden Lehre und Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur<br />

Marktabgrenzung haben eine über den Einzelfall und den konkret betroffenen<br />

sachlich relevanten Markt hinausgehende Bedeutung.<br />

35. Die Austauschmöglichkeiten der unmittelbar betroffenen Nachfrager sind auf<br />

der Basis der den Nachfragern tatsächlich zur Verfügung stehenden<br />

Angebotsalternativen zu ermitteln. Nur innerhalb der zur Verfügung stehenden<br />

Angebotsalternativen können die Nachfrager ihre Anschauung und ihr<br />

Abnehmerverhalten im Wege eine konkret ausgeübten Nachfrage äußern. Die<br />

Frage der vorhandenen Angebotsalternativen ist demzufolge der Frage des<br />

tatsächlichen Nachfrageverhaltens vorgelagert und stellt die äußere Grenze der<br />

Ausweichmöglichkeiten der Nachfrager dar. Bezogen auf die räumliche<br />

3 vgl. insoweit Immenga/Mestmäcker/Möschel, a.a.O., § 19 Rdnr. 28<br />

13


Marktabgrenzung kann der räumlich relevante Markt höchstens so weit<br />

abgegrenzt werden, wie es die tatsächlich zur Verfügung stehenden<br />

Angebotsalternativen vorgeben und wäre aufgrund des tatsächlichen<br />

Nachfragerverhaltens ggf. noch enger abzugrenzen.<br />

36. Dieses Vorgehen entspricht systematisch auch dem Vorgehen bei der sachlichen<br />

Marktabgrenzung und stellt keine unzulässige Vermengung von räumlicher<br />

Marktabgrenzung und fusionsrechtlicher Bewertung der Marktstellung und der<br />

innerhalb eines Marktes gegebenen Verhaltensspielräume der Marktteilnehmer<br />

dar. Bei der sachlichen Marktabgrenzung werden zunächst alle den Nachfragern<br />

theoretisch zur Verfügung stehenden und von ihrem Verwendungszweck her<br />

ähnlichen Produkte/ Dienstleistungen einbezogen. Der Kreis der tatsächlich aus<br />

Sicht der verständigen Nachfrager als Austauschalternative zur Verfügung<br />

stehenden Produkte/Dienstleistungen wird dann auf der Grundlage des<br />

tatsächlichen Nachfragerverhaltens eingegrenzt und als sachlich relevanter<br />

Markt der sich anschließenden Prüfung der Marktverhältnisse zugrundegelegt.<br />

37. Dies zeigt sich konkret auf dem hier zu prüfenden sachlich relevanten Markt, auf<br />

dem Dienstleistungsaufträge europaweit ausgeschrieben werden müssen. Eine<br />

Einbeziehung aller theoretisch vorhandenen Anbieter würde räumlich zu einer<br />

europaweiten Marktabgrenzung führen, die offenkundig zu weit wäre, weil sich<br />

Unternehmen aus dem europäischen Ausland, die nicht mit Tochterunternehmen<br />

in Deutschland tätig sind, gar nicht bewerben. Dementsprechend müssen jedoch<br />

auch solche Anbieter als Wettbewerber ausgeschlossen werden, die sich an<br />

Ausschreibungen in einer bestimmten Region nicht beteiligen. Zum Zweck der<br />

räumlichen Marktabgrenzung ist zu ermitteln, ob es in einer Region besondere<br />

Wettbewerbsbedingungen und –strukturen gibt, welche die Abgrenzung eines<br />

gesonderten räumlich relevanten Marktes rechtfertigen.<br />

38. Dabei kann nicht ausschlaggebend sein, welchen Teilnehmerkreis die<br />

ausschreibenden Gebietsköperschaften mit der Ausschreibung ansprechen<br />

möchten. Dies ist vor dem Hintergrund der Pflicht zur europaweiten<br />

Ausschreibung auch völlig unerheblich. Ausschlaggebend ist vielmehr, welche<br />

Anbieter ihnen regelmäßig zur Verfügung stehen. Dies sind den Ermittlungen<br />

der Beschlussabteilung zufolge weder Unternehmen aus dem europäischen<br />

Ausland noch in relevantem Umfang Unternehmen, die bisher in Nordrhein-<br />

Westfalen nicht tätig sind. Die grundsätzliche Bereitschaft der Nachfrager, einen<br />

weiteren Kreis von Anbietern am Wettbewerb zu beteiligen, hat keine relevanten<br />

Auswirkungen auf die tatsächlich Beteiligung von Anbietern am Wettbewerb.<br />

14


Ermittlungsergebnisse<br />

39. Die Beschlussabteilung hat im vorliegenden Fall zur Abgrenzung des räumlich<br />

relevanten Marktes insgesamt 32 Ausschreibungen von Gebietskörperschaften in<br />

Nordrhein-Westfalen im Detail ausgewertet 4 . Von den befragten<br />

entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften wurden die Bieterlisten komplett<br />

übermittelt. Zusätzlich wurden alle großen Wettbewerber der<br />

Zusammenschlussbeteiligten danach befragt, an welchen Ausschreibungen in<br />

Nordrhein-Westfalen sie sich seit 1998 beteiligt hatten. Als Teilnehmer am<br />

Ausschreibungswettbewerb und damit als Wettbewerber wurden nur solche<br />

Unternehmen berücksichtigt, die tatsächlich ein verbindliches Angebot<br />

abgegeben haben. Nur bei diesen Unternehmen besteht ein ernsthaftes Interesse<br />

am Auftrag. Die bloße Existenz von allgemein an der Ausschreibung und an<br />

deren Konditionen interessierten Wettbewerbern, die jedoch nicht tatsächlich in<br />

den Wettbewerb treten, ist nicht geeignet, den Markt räumlich zu erweitern und<br />

die tatsächlich zur Verfügung stehenden Auswahlalternativen der Nachfrager zu<br />

erhöhen. Nur hierauf kommt es aber an. Bei Verfahren mit vorgeschaltetem<br />

beschränktem Teilnahmewettbewerb wurden ebenfalls nur die Bieter<br />

berücksichtigt, welche von der vergebenden Stelle zur Abgabe eines Angebotes<br />

aufgefordert wurden und die ein solches Angebot verbindlich abgegeben haben.<br />

Unternehmen, die von der vergebenden Stelle vom Wettbewerb ausgeschlossen<br />

wurden, sind offensichtlich von dieser selbst nicht als in Betracht kommende<br />

Anbieter gewertet worden. Die Auswertung dieser Informationen konnte den im<br />

Verfahren Trienekens/Köln gewonnenen Eindruck, dass sich alle<br />

Entsorgungsunternehmen unabhängig vom Standort bzw. dem räumlichen<br />

Schwerpunkt ihrer unternehmerischen Aktivitäten bundesweit an<br />

Ausschreibungen beteiligen, jedenfalls für Nordrhein-Westfalen nicht<br />

bestätigen.<br />

40. Es liegen die Bieterlisten folgender Ausschreibungen vor: Stadt Arnsberg, Bad<br />

Lippspringe, Bedburg, Stadt Bonn, Stadt Düsseldorf, Stadt Eschweiler, Stadt<br />

Essen, Gescher, Geseke, Grefrath, Greven, Haan, Hamminkeln, Herford, Inden,<br />

Isselburg, Kempen, Kirchhundem, Lengerich, Linnich, Meerbusch, Meschede,<br />

Monheim, Nettersheim, Rees, Stolberg, Wachtendonk, Wegberg, Welver,<br />

Wermelskirchen, Willich und Wülfrath. Die Einwohnerzahlen dieser<br />

Ausschreibungsgebiete schwanken zwischen 7.500 und 595.000. Bei den 32<br />

überprüften Ausschreibungen wurden in 24 Fällen ausschließlich Angebote von<br />

4 Insgesamt sind der Beschlussabteilung 36 Ausschreibungen bekannt, die ca. seit 1998 in Nordrhein-<br />

Westfalen stattgefunden haben. Von vier Ausschreibungen konnten die Bieterlisten bis zum<br />

Verfahrensabschluss nicht ermittelt werden.<br />

15


Unternehmen abgegeben oder in der letzten Stufe des Bieterverfahrens berück-<br />

sichtigt, die bereits in Nordrhein-Westfalen ansässig sind, und die dort<br />

Leistungen der Sammlung und des Transports von Siedlungsabfällen<br />

durchführen. An acht Ausschreibungen haben sich auch Unternehmen beteiligt,<br />

die noch nicht im <strong>Bereich</strong> der Sammlung und des Transports von<br />

Siedlungsabfällen in Nordrhein-Westfalen tätig sind. Bezogen auf die insgesamt<br />

ausgeschriebene Einwohnerzahl von knapp 2,5 Mio. entspricht der Anteil der<br />

Einwohner, um die sich Unternehmen von außerhalb Nordrhein-Westfalens<br />

beworben haben, knapp 10 %. Erfolgreich war davon lediglich die Bewerbung<br />

der Firma Holtmeyer aus Georgsmarienhütte in Niedersachsen für den Auftrag<br />

Lengerich. Georgsmarienhütte und Lengerich liegt in unmittelbarer Nähe zur<br />

Landesgrenze Nordrhein-Westfalen. Auf die insgesamt ausgeschriebenen<br />

Einwohner umgerechnet entspricht dies einem Anteil von unter 1 %. Hinzu<br />

kommt, dass Holtmeyer auch den Altvertrag inne hatte und deshalb ein<br />

Unternehmen ist, dass bereits auf dem sachlich relevanten Markt in Nordrhein-<br />

Westfalen tätig war. Bei fünf dieser acht Ausschreibungen belegten die<br />

Teilnehmer von außerhalb Nordrhein-Westfalens jeweils die letzten Plätze in der<br />

Rangliste der Bieter. Diese Tatsachen belegen, dass die tatsächlichen<br />

Auswahlmöglichkeiten der nordrhein-westfälischen Nachfrager auf bereits in<br />

Nordrhein-Westfalen tätige Unternehmen beschränkt sind. Punktuelle<br />

Bewerbungen von Unternehmen außerhalb Nordrhein-Westfalens sind nicht<br />

geeignet, dies zu widerlegen. Die Marktabgrenzung ist bezogen auf den<br />

Schwerpunkt der auf einem Markt stattfindenden Austauschbeziehungen<br />

vorzunehmen. Die Bewerbung von Unternehmen außerhalb Nordrhein-<br />

Westfalens stellt jedoch den Sonderfall dar. Diese Unternehmen sind in der<br />

Regel auch nicht in der Lage, mit ihrer Bewerbung einen relevanten<br />

Wettbewerbsdruck auszuüben, denn ihre Gebote weichen von denen der<br />

Spitzengruppe so weit ab, dass sie nie ernsthaft mit einem Zuschlag rechnen<br />

konnten. Dies ist für die Wettbewerber auch vorhersehbar (siehe auch Ziffer 66<br />

ff.).<br />

41. Innerhalb Nordrhein-Westfalens lässt sich anhand der tatsächlichen Angebots-<br />

abgabe der bedeutendsten Wettbewerber sogar eine noch weitergehende<br />

räumliche Differenzierung beobachten. Diese Unternehmen haben in Nordrhein-<br />

Westfalen räumliche Tätigkeitsschwerpunkte, innerhalb derer sie überwiegend<br />

tätig werden. Die räumliche Verteilung der Entsorgungsaktivitäten der einzelnen<br />

Entsorger in Nordrhein-Westfalen beeinflusst offensichtlich auch deren<br />

Wettbewerbsaktivitäten innerhalb von Nordrhein-Westfalen und deren Aussicht<br />

auf eine erfolgreiche Angebotsabgabe. Nachfolgend wird für die wichtigsten<br />

16


Wettbewerber 5 dargestellt, wo deren Tätigkeitsschwerpunkte in Nordrhein-<br />

Westfalen sind, und an wievielen Ausschreibungen diese Unternehmen<br />

innerhalb und außerhalb ihrer Tätigkeitsschwerpunkte (Kerngebiet) in<br />

Nordrhein-Westfalen teilgenommen haben.<br />

Anbieter Kerngebiet Anzahl der<br />

Angebote auf<br />

Ausschreibungen<br />

im Kerngebiet<br />

Trienekens Regierungsbezirke<br />

Arnsberg,<br />

Düsseldorf und<br />

Köln<br />

Altvater Regierungsbezirk<br />

Detmold<br />

Rethmann Regierungsbezirke<br />

Münster,<br />

Arnsberg und<br />

Detmold<br />

Schönmackers Regierungsbezirke<br />

Düsseldorf und<br />

Köln<br />

Sita Regierungsbezirke<br />

Arnsberg und<br />

Köln<br />

Waste<br />

Management<br />

Regierungsbezirke<br />

Münster und<br />

Arnsberg<br />

Tönsmeier Regierungsbezirk<br />

Detmold<br />

17<br />

davon<br />

erfolgreich<br />

Anzahl der<br />

Angebote auf<br />

Ausschreibungen<br />

außerhalb des<br />

Kerngebietes<br />

17 6 3 0<br />

14 1 0 0<br />

8 1 12 2<br />

19 4 10 0<br />

6 0 6 0<br />

4 2 4 0<br />

3 2 6 0<br />

davon<br />

erfolgreich<br />

42. Mit Ausnahme von Rethmann ist es keinem Entsorgungsunternehmen gelungen,<br />

außerhalb des Kerngebietes der eigenen Tätigkeiten erfolgreich Angebote<br />

abzugeben, obwohl eine Teilnahme am Vergabewettbewerb auch außerhalb<br />

dieser Gebiete stattfand.<br />

43. Dass bei der Vergabe eine starke Tendenz besteht, die vor Ort bereits tätigen<br />

Entsorger zu berücksichtigen bzw. deren Vorteil im Vergabewettbewerb, wird<br />

durch die Tatsache belegt, dass bei mehr als der Hälfte der Ausschreibungen der<br />

bereits vorher tätige Entsorger auch wieder den Zuschlag erhalten hat. In 18 von<br />

36 Fällen ging der neue Auftrag an den alten Vertragsinhaber. In sieben Fällen<br />

5 Die aufgeführten Unternehmen einschließlich Trienekens haben zusammen einen Marktanteil von ca. 80<br />

% bei Sammlung und Transport von Siedlungsabfällen in Nordrhein-Westfalen.


fand ein Wechsel des Entsorgers statt. Für 7 Vergaben liegen der<br />

Beschlussabteilung die Informationen nicht vollständig vor. Mindestens vier<br />

Vergaben betreffen Privatisierungen, bei denen der "Altentsorger" ein<br />

kommunales Unternehmen war.<br />

44. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass den nordrhein-westfälischen<br />

Kommunen, die Nachfrager von Leistungen der Sammlung und des Transports<br />

von Siedlungsabfällen sind, andere Anbieter als die bereits in Nordrhein-<br />

Westfalen tätigen Entsorgungsunternehmen gegenüberstehen. Auswärtige<br />

Unternehmen beteiligen sich nicht in relevantem Umfang am<br />

Vergabewettbewerb. Das Wettbewerbsgeschehen wird maßgeblich durch die<br />

nordrhein-westfälischen Entsorgungsunternehmen geprägt.<br />

45. Die Unternehmen Nehlsen und Alba, die bisher in Nordrhein-Westfalen nicht<br />

aktiv sind, haben jeweils nur einmal ein Angebot abgegeben und haben damit<br />

die letzten Rängen der Bieterliste erreicht. Becker ist gar nicht in Nordrhein-<br />

Westfalen tätig geworden. Gerade diese Unternehmen geben jedenfalls<br />

außerhalb von Nordrhein-Westfalen auch außerhalb der Gebiete, in denen sie<br />

ihren Umsatzschwerpunkt haben, Angebote ab. Nehlsen mit<br />

Umsatzschwerpunkt in Bremen/Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und<br />

Sachsen-Anhalt ist als Anbieter in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-<br />

Pfalz, Sachsen-Anhalt und dem Saarland in Erscheinung getreten. Alba mit<br />

Umsatzschwerpunkt in Berlin/Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat<br />

zum Teil erfolgreich Angebote in Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen<br />

abgegeben. Becker mit Umsatzschwerpunkt in Rheinland-Pfalz, Brandenburg,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt sich an Ausschreibungen im Saarland<br />

und in Sachsen.<br />

46. Die Tatsache, dass die nordrhein-westfälischen Anbieter auch außerhalb<br />

Nordrhein-Westfalens tätig sind und so wie SKP auch ihren Unternehmenssitz<br />

und/oder ihren Umsatzschwerpunkt außerhalb des Bundeslandes haben, ist nicht<br />

geeignet zu belegen, dass den Nachfragern andere Unternehmen als Anbieter zur<br />

Verfügung stehen, als die in Nordrhein-Westfalen bereits tätigen Unternehmen.<br />

Gerade die großen Entsorger aus Nordrhein-Westfalen sind in vielen anderen<br />

Bundesländern mit Niederlassungen vertreten, und damit auch in diesen<br />

Regionen gerade nicht von außen kommende Newcomer im Wettbewerb. Auch<br />

die Unternehmen Sita und SKP, die beide ihre Umsatzschwerpunkte außerhalb<br />

von Nordrhein-Westfalen haben, sind nicht durch Leistungsimporte in den<br />

18


nordrhein-westfälischen Markt eingedrungen. Ihre Marktstellung ist<br />

ausschließlich auf die von ihnen in Nordrhein-Westfalen erworbenen<br />

Unternehmen zurückzuführen, die dort als Entsorgungsunternehmen seit langer<br />

Zeit tätig sind.<br />

Besondere Wettbewerbsstrukturen in Nordrhein-Westfalen<br />

47. Die Wettbewerbsstrukturen in Nordrhein-Westfalen unterscheiden sich deutlich<br />

von denen anderer Bundesländer. Zwar ist es richtig, dass die meisten großen<br />

Entsorgungsunternehmen aus Nordrhein-Westfalen stammen und deshalb der<br />

Befund, dass als Wettbewerber in Nordrhein-Westfalen im wesentlichen<br />

Unternehmen aus diesem Bundesland auftreten, zwar eine notwendige, aber<br />

keine ausreichende Bedingung für das Vorliegen eines eigenständigen<br />

Regionalmarktes ist. Nordrhein-Westfalen weist jedoch im Entsorgungsbereich<br />

eine Reihe von Besonderheiten auf:<br />

• In Nordrhein-Westfalen sind die Kommunen für die Sammlung und den<br />

Transport von Siedlungsabfällen zuständig und nicht die Kreise, wie es in den<br />

meisten anderen Bundesländern der Fall ist. Die Kommunen haben zum Teil<br />

sehr geringe Einwohnerzahlen von deutlich unter 50.000. Der Einwohner-<br />

zahlendurchschnitt der privat entsorgten Kommunen liegt bei ca. 31.000.<br />

Schon aus diesem Grund dürfte ein Marktzutritt für nicht in Nordrhein-<br />

Westfalen ansässige Unternehmen, aber auch für Unternehmen, die nicht in<br />

räumlicher Nähe zum Ausschreibungsgebiet tätig sind, wirtschaftlich proble-<br />

matisch sein. Nach übereinstimmender Auffassung der größten Wettbewerber<br />

auf dem Markt lohnt sich eine Angebotsabgabe ohne eine bestehende<br />

Tätigkeit vor Ort erst ab einer Einwohnerzahl von 50.000.<br />

• Nordrhein-Westfalen ist im Entsorgungsbereich traditionell ein autarkes<br />

Bundesland. Es werden zwar Entsorgungsleistungen in andere Bundesländer<br />

exportiert, Importe finden jedoch nach den bisherigen Erkenntnissen der<br />

Beschlussabteilung nicht statt. Ca. 98,5 % der aus Nordrhein-Westfalen<br />

stammenden Gewerbeabfälle werden auch in Nordrhein-Westfalen thermisch<br />

verwertet werden. Im <strong>Bereich</strong> der Gewerbeabfallsortierung werden 96 % der<br />

nordrhein-westfälischen Abfälle im Land sortiert 6 . Abfälle zur Beseitigung<br />

werden zu 100 % in Nordrhein-Westfalen beseitigt.<br />

48. Die sehr hoch entwickelte und gewachsene Entsorgungsstruktur in Nordrhein-<br />

Westfalen steht dem Tätigwerden etwaiger alternativer Anbieter außerhalb des<br />

Bundeslandes entgegen. Im Landesabfallrecht wird für die dort behandelten<br />

6 Vgl. Beschluss BkartA v. 28.01.02, B 10 – 142/01, Rdnr. 25<br />

19


Abfallströme ausdrücklich eine Entsorgungsautarkie innerhalb des<br />

Bundeslandes und wo möglich sogar innerhalb einzelner Regierungsbezirke<br />

angestrebt. Von Anbietern außerhalb Nordrhein-Westfalens geht auf keinem der<br />

bislang eingehender geprüften Märkte ein spürbarer Wettbewerbsdruck aus.<br />

Dies führt dazu, dass auch auf dem Markt der Sammlung und des Transportes<br />

von Siedlungsabfällen Aktivitäten von Wettbewerbern außerhalb Nordrhein-<br />

Westfalens nicht zu erwarten sind. Denn diese erfordern in der Regel auch<br />

Tätigkeiten auf den benachbarten Märkten der Siedlungsabfallentsorgung und<br />

der Gewerbeabfallentsorgung, um wirtschaftlich lohnend zu sein.<br />

49. Für unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse spricht auch die unterschiedliche<br />

Verteilung der bundesweiten Marktanteile und der Marktanteile in Nordrhein-<br />

Westfalen. Wenn sich alle Wettbewerber gleichmäßig bundesweit an<br />

Ausschreibungen beteiligten und auch die Bedingungen für eine<br />

Ausschreibungsteilnahme innerhalb der verschiedenen Regionen für alle<br />

unabhängig von bestehenden Tätigkeitsschwerpunkten gleich wären, so müssten<br />

jedenfalls ähnliche Marktanteilsverteilungen in einzelnen Regionen wie auch im<br />

gesamten Bundesgebiet und auch in Nordrhein-Westfalen erwartet werden<br />

können. Ohne der wettbewerblichen Beurteilung des zu prüfenden<br />

Zusammenschlusses vorgreifen zu wollen, sei zur Illustrierung der tatsächlichen<br />

Marktverhältnisse die Marktanteilsverteilung für Nordrhein-Westfalen und für<br />

das gesamte Bundesgebiet ohne Nordrhein-Westfalen dargestellt:<br />

Unternehmen Marktanteil in % in<br />

NRW<br />

Trienekens/RWE 43 % 15 %<br />

Rethmann 5 – 10 5 – 10<br />

Schönmackers 5 – 10 < 5<br />

SKP < 5 < 5<br />

Sita < 5 10 – 15<br />

Altvater < 5 15 - 20<br />

Alba 0 5 – 10<br />

Tönsmeier 5 – 10 < 5<br />

Becker 0 < 5<br />

Nehlsen 0 < 5<br />

Marktanteil in %<br />

bundesweit ohne NRW<br />

20


Im bundesweiten Durchschnitt weichen die Marktanteilsverteilungen sehr deutlich<br />

von der in Nordrhein-Westfalen ab. Ein Herunterbrechen auf einzelne Bundesländer<br />

würde die Unterschiedlichkeit der Marktstrukturen bezogen auf einzelne Regionen<br />

noch deutlicher machen.<br />

Zusammenfassung<br />

50. Der von dem Zusammenschlussvorhaben betroffene Markt ist demnach der<br />

Markt der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen in Nordrhein-<br />

Westfalen.<br />

51. Obwohl auch innerhalb von Nordrhein-Westfalen große Unterschiede<br />

hinsichtlich der räumlichen Tätigkeitsschwerpunkte der einzelnen Wettbewerber<br />

bestehen, wäre die Abgrenzung noch engerer Teilmärkte innerhalb Nordrhein-<br />

Westfalens nicht sachgerecht. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der<br />

tatsächlichen Beteiligung der meisten Wettbewerber an Ausschreibungen auch<br />

außerhalb ihrer räumlichen Tätigkeitsschwerpunkte in Nordrhein-Westfalen<br />

diese Unternehmen den Nachfragern als Auswahlalternative zur Verfügung<br />

stehen und von ihnen im Rahmen der Ausschreibung ausreichender<br />

Wettbewerbsdruck erzeugt wird.<br />

1.3 Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung<br />

52. Durch den Zusammenschluss von Trienekens mit EBE wird die<br />

marktbeherrschende Stellung von Trienekens auf dem Markt der Sammlung und<br />

des Transportes von Siedlungsabfällen in Nordrhein-Westfalen verstärkt.<br />

Berechnungsgrundlagen<br />

53. Insgesamt werden die Leistungen der Sammlung und des Transportes von Sied-<br />

lungsabfällen in Nordrhein-Westfalen für ca. 9,7 Mio. Einwohner von privaten<br />

bzw. gemischtwirtschaftlichen Unternehmen durchgeführt. Dies ist auch das<br />

zugrundezulegende Marktvolumen. Die restlichen ca. 8,3 Mio. Einwohner<br />

werden von den Kommunen bzw. kommunalen Eigenbetrieben bedient.<br />

54. Bei der Marktanteilsberechnung wurden die Einwohner, die auf die<br />

Gemeinschaftsunternehmen Plum & Braun, Braun & Trienekens und Gerke mit<br />

Beteiligung von Trienekens entfallen, Trienekens voll zugerechnet. Diese<br />

Unternehmen haben keinen von Trienekens unabhängigen Spielraum im<br />

Wettbewerb, sondern werden für Trienekens auf dem Markt tätig. Trienekens<br />

hat sich an keiner der Ausschreibungen, an denen sich die genannten<br />

Gemeinschaftsunternehmen beteiligt haben, mit einem eigenen Angebot<br />

21


eteiligt. Es wurden außerdem die Einwohner, die auf Arbeitsgemeinschaften<br />

mit Beteiligung von Trienekens entfallen, Trienekens voll zugerechnet. Eine<br />

Aufteilung zwischen den privaten Partnern ist nicht sachgerecht, weil in der<br />

Regel ein gemeinsames Angebot erstellt wird und die Partner der<br />

Arbeitsgemeinschaft als gemeinsame Anbieter gegenüber dem Auftraggeber<br />

auftreten. Der Einfluss von Trienekens auf die Arbeitsgemeinschaften dürfte der<br />

eines mitkontrollierenden Gesellschafters sein. Eine andersartige Zurechnung<br />

von Marktanteilen als bei verbundenen Unternehmen ist deshalb nicht<br />

sachgerecht. Letztlich sind diese Zurechnungsfragen jedoch nicht<br />

ausschlaggebend, denn Trienekens ist unabhängig von der Zurechnung bereits in<br />

der Ausgangssituation als marktbeherrschendes Unternehmen zu betrachten. Zur<br />

besseren Nachvollziehbarkeit werden die Marktanteile deshalb nachfolgend<br />

alternativ unter Berücksichtigung der einzelnen Zurechnungsoptionen<br />

dargestellt, wobei die Beschlussabteilung als maßgeblichen Marktanteil den<br />

Anteil einschließlich Gemeinschaftsunternehmen und mit voller Zurechnung<br />

von Arbeitsgemeinschaften zugrundelegt.<br />

Marktanteilsverteilung<br />

55. Die aktuelle Marktanteilsverteilung stellt sich wie folgt dar, die Wettbewerber<br />

sind absteigend nach der Höhe ihres Marktanteils geordnet:<br />

Unternehmen Marktanteil in %<br />

auf<br />

Einwohnerbasis<br />

22<br />

Marktanteil in % ohne<br />

Plum& Braun,<br />

Braun&Tr.; volle<br />

Zurechnung von<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

Trienekens 43,33 40,51 38,33<br />

Schönmackers 5 – 10 5 – 10 5 – 10<br />

Rethmann 5 – 10 5 – 10 5 – 10<br />

Tönsmeier 5 – 10 5 – 10 5 – 10<br />

Sita < 5 < 5 5 - 10<br />

SKP (Waste Management<br />

Deutschland)<br />

< 5 < 5 < 5<br />

Stenau < 5 < 5 < 5<br />

Stratmann < 5 < 5 < 5<br />

Altvater < 5 < 5 < 5<br />

Reiling < 5 < 5 < 5<br />

Marktanteil in % ohne<br />

Plum& Braun,<br />

Braun&Tr. und bei<br />

anteiliger Zurechnung<br />

von<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

56. Durch den Zusammenschluss mit EBE steigt die Zahl der Einwohner, die von<br />

privaten bzw. gemischtwirtschaftlichen Unternehmen bedient werden, auf ca.<br />

10,3 Mio. an. Die Stadt Essen hat ca. 595.000 Einwohner. Auf dem so


erweiterten Markt hätte Trienekens nach dem Zusammenschluss einen<br />

Marktanteil von ca. 46,6 %. Die Marktanteilsaddition beträgt ca. 3,3 %. Die<br />

Anteile der übrigen Wettbewerber vermindern sich, bleiben aber innerhalb der<br />

angegebenen Bandbreiten.<br />

Marktbeherrschung und Verstärkung<br />

57. Die bereits vor dem Zusammenschluss marktbeherrschende Stellung von<br />

Trienekens würde durch den Zusammenschluss mit EBE verstärkt werden. Dies<br />

gilt auch für den Fall, dass weder die auf Gemeinschaftsunternehmen<br />

entfallenden Marktanteile zugerechnet werden, noch die vollen auf<br />

Arbeitsgemeinschaften entfallenden Einwohner. Der große Marktanteil von<br />

Trienekens, die Marktanteilsabstände zu den Wettbewerbern und die Struktur<br />

der Wettbewerber, die überragende Finanzkraft, der allen Wettbewerbern<br />

überlegene Zugang zu den Absatzmärkten sowie die Verflechtungen mit den<br />

Nachfragern und die hohen Marktzutrittsschranken verschaffen Trienekens<br />

schon vor dem Zusammenschluss eine überragende Marktstellung auf dem<br />

Markt der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen in Nordrhein-<br />

Westfalen. Durch den Zusammenschluss wird die strukturelle Absicherung des<br />

Marktanteils von Trienekens ausgebaut. Außerdem wird es Trienekens durch<br />

den Zusammenschluss erleichtert, den Marktanteil durch ein Vordringen in<br />

benachbarte Gebiete zusätzlich auszubauen und abzusichern.<br />

58. Der Marktanteil von Trienekens von ca. 43 % vor dem Zusammenschluss und<br />

46,60 % nach dem Zusammenschluss überragt die Marktanteile aller<br />

Wettbewerber deutlich. Der Marktanteilsabstand zum nächstfolgenden<br />

Wettbewerber beträgt mehr als 30 % vor bzw. mehr als 35 % nach dem<br />

Zusammenschluss. Keiner der Wettbewerber hat einen Marktanteil von über<br />

10 %.<br />

59. Der Marktanteil von Trienekens ist zu einem hohen Anteil strukturell<br />

abgesichert, im Gegensatz zu den Anteilen der Wettbewerber. Aufträge für die<br />

Sammlung und den Transport von Siedlungsabfällen werden nicht länger als für<br />

fünf bis sieben Jahre vergeben. Danach erfolgt eine Neuausschreibung, und der<br />

bisherige Vertragsinhaber kann den Vertrag und damit entsprechende<br />

Marktanteile verlieren. Trienekens dagegen hält viele Verträge über<br />

Beteiligungen an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Die Laufzeiten dieser<br />

Verträge betragen 15 – 20 Jahre, und Vertragspartner ist der Partner in dem<br />

gemeinsamen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Von den Aufträgen über<br />

Sammlung und Transport, die Trienekens derzeit in Nordrhein-Westfalen hält,<br />

23


sind, gemessen an den Einwohnern, knapp 1,9 Mio. Einwohner oder ca. 47 %<br />

aller Verträge von Trienekens solche langfristig strukturell abgesicherten<br />

Verträge. Dieser Anteil würde nach dem Zusammenschluss mit EBE auf knapp<br />

51 % ansteigen. Keiner der Wettbewerber hält in auch nur annähernd<br />

vergleichbarem Umfang Beteiligungen an gemischtwirtschaftlichen<br />

Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Der Anteil der strukturell gesicherten<br />

Einwohner von Rethmann beträgt ca. 20 %, der von Schönmackers ca. 13 %.<br />

Daraus ist auch zu folgern, dass der Marktanteil von Trienekens langfristig<br />

gesichert ist und im Prognosezeitraum ein deutliches Absinken nicht zu erwarten<br />

ist.<br />

60. Trienekens verfügt über gegenüber allen Wettbewerbern deutlich überlegene<br />

Ressourcen zum Einsatz auf den Entsorgungsmärkten. Die Wettbewerber sind in<br />

Bezug auf ihre Entsorgungsumsätze nicht annähernd mit Trienekens, der die<br />

Entsorgungsumsätze der RWE zugerechnet werden müssen, vergleichbar. Der<br />

Entsorgungsumsatz von Trienekens einschließlich RWE beträgt ca. 2,2 Mrd. €.<br />

Der nächstgrößere Wettbewerber auf dem Markt der Sammlung und des<br />

Transportes von Siedlungsabfällen in Nordrhein-Westfalen, Rethmann, erzielt<br />

bundesweit Entsorgungsumsätze in Höhe von ca. 0,8 Mrd. €. Die Umsätze von<br />

Schönmackers liegen unter 200 Mio. €. Auch SKP (Waste<br />

Management/GKN/Brambles) und Sita (Suez) sind trotz der finanzstarken<br />

Konzernmütter nicht mit annähernd so großen Ressourcen ausgestattet bzw.<br />

können diese verfügbar machen wie Trienekens/RWE. Der Entsorgungsumsatz<br />

von Sita und von SKP beträgt in Deutschland jeweils weniger als 450 Mio. €.<br />

Die Unternehmensstrategien von deren Konzernmüttern sind nicht darauf<br />

ausgerichtet, durch das Angebot umfassender Ver- und Entsorgungsleistungen<br />

als Komplettanbieter gegenüber den Kommunen tätig zu werden. Die RWE hat<br />

gerade dies als erklärtes Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, ist deshalb eine<br />

Konzernstrategie, mit der durch erhöhten Ressourceneinsatz Märkte erschlossen<br />

werden, in denen die Marktstellung im Vergleich zu den übrigen bearbeiteten<br />

Märkten noch ausbaufähig ist, wirtschaftlich sinnvoll. In einer Marktsituation, in<br />

der allgemein unter den Entsorgern beklagt wird, dass die bislang<br />

auskömmlichen Margen bei Sammlung und Transport von Siedlungsabfällen auf<br />

ein kaum noch kostendeckendes Maß schrumpfen, ist die Fähigkeit, auf Dauer<br />

finanzielle Ressourcen einsetzen zu können und damit langfristig Wettbewerber<br />

vom Markt verdrängen zu können, ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, den in<br />

Nordrhein-Westfalen nur Trienekens hat. Es ist nicht zu erwarten, dass Sita und<br />

Waste Management mit ihren geringen Marktanteilen in Nordrhein-Westfalen in<br />

24


einen Ressourcenwettkampf mit Trienekens eintreten. Ihre Schwerpunktgebiete<br />

im Entsorgungsbereich liegen in anderen Regionen.<br />

61. Trienekens hat darüber hinaus durch seine Anbindung an RWE erhebliche<br />

Vorteile beim Zugang zu den Absatzmärkten, über welche die Wettbewerber<br />

nicht verfügen. Die kommunalen Verflechtungen der RWE bestehen in<br />

Nordrhein-Westfalen unverändert fort. Ca. 30 % der Anteile der RWE werden<br />

noch von nordrhein-westfälischen Kommunen gehalten, die damit ein<br />

unmittelbares wirtschaftliches Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der RWE<br />

und ihrer verbundenen Unternehmen haben. RWE und auch Trienekens sind<br />

über diese strukturellen Verflechtungen hinaus traditionell auf allen Ebenen in<br />

der Ver- und Entsorgung für Kommunen in Nordrhein-Westfalen tätig. Die<br />

gewachsenen Beziehungen haben sich in Nordrhein-Westfalen in einem<br />

Geflecht zwischen RWE/Trienekens und der Kommunalpolitik<br />

niedergeschlagen, das zu einem regen Personalaustausch zwischen Politik und<br />

Unternehmen geführt hat und das RWE/Trienekens bei der Auftragsvergabe eine<br />

bevorzugte Position verschafft 7 .<br />

62. Trienekens ist in Nordrhein-Westfalen darüber hinaus auf allen Entsorgungs-<br />

märkten flächendeckend tätig und ist in der Regel Marktführer. Als Beispiele<br />

sind die Märkte der Gewerbeabfallverbrennung, der Gewerbeabfallsortierung,<br />

der Entsorgung von Siedlungsabfällen und des Recyclings von Baureststoffen zu<br />

nennen. Diese Präsenz eröffnet Trienekens die Möglichkeit, sich den<br />

Kommunen als Partner in allen <strong>Bereich</strong>en anzubieten und mit ihnen in<br />

Geschäftsbeziehungen zu treten. In Viersen ist Trienekens in jüngster Zeit auch<br />

als Versorgungsunternehmen tätig geworden. Die ganze Palette der Ent- und<br />

Versorgungsleistungen kann "aus einer Hand" angeboten werden. Keiner der<br />

Wettbewerber in Nordrhein-Westfalen ist in einer auch nur annähernd<br />

vergleichbaren Position.<br />

63. Die Marktzutrittsschranken sind in Nordrhein-Westfalen offensichtlich hoch.<br />

Bei der Vergabe von Kleinaufträgen unter 50.000 Einwohnern ist der Zutritt<br />

nach übereinstimmender Meinung der wesentlichen Wettbewerber nicht<br />

lohnend, wenn ein Unternehmen nicht bereits über eine Entsorgungsinfrastruktur<br />

vor Ort verfügt. Die Größe des Auftrages und die geringen Laufzeiten von fünf<br />

bis sieben Jahren stehen einer Amortisation der erforderlichen<br />

Neuanschaffungen bei Fahrzeugen und Betriebsgeländen entgegen. Aber auch<br />

bei größeren Aufträgen in Vertragsgebieten mit mehr als 50.000 Einwohnern,<br />

7 Vgl. z.B. Die Zeit vom 14.3.02, S. 33 ff. "Der Abfall der Genossen"<br />

25


die nach überwiegender Meinung der meisten Wettbewerber unabhängig von der<br />

Präsenz vor Ort die Abgabe eines wirtschaftlichen Angebotes ermöglichen,<br />

bestehen jedenfalls in Nordrhein-Westfalen hohe Markzutrittsschranken. Städte<br />

oder Gemeinden mit Einwohnerzahlen von mehr als 100.000 haben die<br />

Abfallwirtschaft bisher ausschließlich über die Beteiligung von privaten<br />

Partnern an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen (teil-)privatisiert. Dies war<br />

in der Vergangenheit bei den Privatisierungen Köln, Mönchengladbach, Krefeld,<br />

Mülheim, Neuss und Oberhausen der Fall. Alle diese Privatisierungen hat<br />

Trienekens für sich entschieden. In Oberhausen ist Trienekens in einem<br />

Gemeinschaftsunternehmen mit Rethmann privater Partner der Stadt. Auch bei<br />

den anstehenden Vergaben Essen, Düsseldorf und Bonn ist Trienekens<br />

aussichtsreicher Bieter. Bei Privatisierungen mit Einwohnerzahlen zwischen<br />

50.000 und 100.000 Einwohnern kam Trienekens insgesamt zehnmal zum Zuge.<br />

Die Unternehmen Rethmann und Schönmackers konnten jeweils zwei<br />

Privatisierungsverfahren dieser Größenordnung für sich entscheiden, Altvater,<br />

Tönsmeier und Sita jeweils eins. Privatisierungen stellen hohe An<strong>forderungen</strong><br />

an die Entsorgungsunternehmen. Es werden überwiegend ineffiziente<br />

Kommunalbetriebe übernommen, für die langfristige Beschäftigungsgarantien<br />

abgegeben werden müssen. Außerdem verlangen die Kommunen häufig den<br />

Ausbau der Aktivitäten des Gemeinschaftsunternehmens vor Ort und die<br />

Einbringung von Entsorgungsaktivtäten des privaten Partners vor Ort in das<br />

Gemeinschaftsunternehmen (vgl. z.B. Ausschreibung AWISTA). Trienekens<br />

beabsichtigt z.B., das im <strong>Bereich</strong> des Bauschuttrecyclings tätige Unternehmen<br />

Enderling in die EBE einzubringen. Das Erfordernis der Einbringung bereits<br />

vorhandener Entsorgungsaktivitäten des Privaten aufgrund der An<strong>forderungen</strong><br />

der Kommunen, aber auch aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit,<br />

ineffiziente Personalstrukturen der kommunalen Betriebe durch die Erweiterung<br />

des Tätigkeitsspektrums aufzufangen, stellt für Unternehmen, die nicht vor Ort<br />

vertreten sind, und die über keine oder wenig Ressourcen verfügen, eine hohe<br />

Marktzutrittsschranke dar. Trienekens dagegen ist in Nordrhein-Westfalen<br />

flächendeckend mit Aktivitäten in allen Entsorgungsbereichen vertreten und<br />

verfügt über die Ressourcen, die beim Erwerb von Anteilen an<br />

gemischtwirtschaftlichen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen erforderlich<br />

sind.<br />

64. Auch zukünftig ist nicht zu erwarten, dass der Marktanteil von Trienekens unter<br />

die Schwelle der Marktbeherrschungsvermutung absinkt. Ausschlaggebend<br />

dafür ist der hohe Anteil strukturell abgesicherter Aufträge von Trienekens, die<br />

überlegene Ressourcenkraft und die engen Verbindungen zu den Nachfragern.<br />

26


Trienekens ist außerdem in der Lage, einen weiteren Marktanteilszuwachs durch<br />

die fusionskontrollfreie Akquisition von Aufträgen zu realisieren.<br />

65. Durch den Erwerb der EBE mit der entsprechenden Ausstattung an Personal und<br />

Sachmitteln wird die Marktstellung von Trienekens auch über den bloßen<br />

Marktanteilszuwachs und die strukturelle Absicherung dieses Marktanteils<br />

hinaus langfristig gestärkt. Die Präsenz in Essen verbessert die Chancen von<br />

Trienekens, Aufträge für die Sammlung und den Transport von<br />

Siedlungsabfällen in angrenzenden Regionen zu erhalten 8 , denn Trienekens<br />

würde in die Lage versetzt, benachbarte Gebiet von Essen aus zu bedienen und<br />

damit auch die Auslastung und Produktivität des ineffizienten<br />

Kommunalbetriebs zu verbessern. Dadurch können Aufträge in benachbarten<br />

Gebieten mit im Vergleich zu den regional nicht in diesem Umfang vertretenen<br />

Wettbewerbern günstig kalkuliert werden. Die Erfolgswahrscheinlichkeit für den<br />

Zuschlag bei weiteren Aufträgen steigt. Die Marktstellung von Trienekens wird<br />

deshalb über den durch diesen Zusammenschluss zu realisierenden<br />

Marktanteilszuwachs hinaus verstärkt.<br />

Ausschreibungsmärkte<br />

66. Die Beschlussabteilung hat die wettbewerbliche Würdigung in Kenntnis der<br />

Tatsache, dass der Markt der Sammlung und des Transportes von<br />

Siedlungsabfällen ein Ausschreibungsmarkt ist, vorgenommen. Es wird nicht in<br />

Abrede gestellt, dass die Wettbewerbsbedingungen auf Ausschreibungsmärkten<br />

von denen auf anderen Märkten abweichen können und es deshalb gerechtfertigt<br />

sein kann, die Aussagekraft des Marktanteils zu relativieren. Gründe dafür<br />

können zum Beispiel in der Individualität der zu vergebenden Aufträge und ihrer<br />

Unabhängigkeit von bereits erbrachten Leistungen im Markt liegen, welche die<br />

Abschätzung eines erfolgversprechenden Angebotspreises erschweren. Auch<br />

wenn Namen und Zahl der Wettbewerber sowie die Ergebnisse vorheriger<br />

Ausschreibungen unbekannt sind, wird taktisches Verhalten im Wettbewerb und<br />

die Ausnutzung überlegener Marktstellungen wesentlich erschwert.<br />

67. Auf dem vorliegend untersuchten Markt der Sammlung und des Transportes von<br />

Siedlungsabfällen liegen solche Besonderheiten jedoch nicht vor. Die<br />

Bedingungen, unter denen Angebote abgegeben werden und somit die<br />

Ausschreibungsteilnahme stattfindet, ähneln vielmehr denen auf normalen<br />

8 Benachbarte Gebiete, die zur Zeit noch kommunal entsorgt werden sind Duisburg (515.000 EW),<br />

Hilden, Langenfeld, Mettmann, Ratingen, Velbert (insges. ca. 300.000 EW), Bochum (391.000 EW),<br />

Hattingen, Witten, Schwelm, Wetter, Herdecke, Gevelsberg (inges. ca. 278.000 EW), Bottrop (120.000<br />

EW) und Gelsenkirchen (287.000 EW).<br />

27


Produkt- bzw. Dienstleistungsmärkten, auf denen der Marktanteil unbestritten<br />

eine hohe Aussagekraft für die Beurteilung der Marktstellung eines<br />

Unternehmens hat. Die ausgeschriebene Leistung ist weitgehend standardisiert<br />

und bietet wenig Spielraum für Innovationen. Bei einer gegebenen Anzahl von<br />

Einwohnern muss in einem vorbestimmten Rhythmus mit branchenweit<br />

einheitlichen Fahrzeugen der Hausmüll in genau definierten Behältern<br />

eingesammelt werden. Auch ist jedenfalls in Nordrhein-Westfalen bekannt,<br />

welche Wettbewerber sich üblicherweise an solchen Ausschreibungen<br />

beteiligen, denn der Kreis der Teilnehmer ist den Ermittlungen der<br />

Beschlussabteilung zufolge klar begrenzt. Der voraussichtlich zu erzielende<br />

Preis lässt sich anhand der bekannten Ergebnisse vorangegangener<br />

Ausschreibungen abschätzen 9 . Es ist auch bekannt, mit welchen<br />

Voraussetzungen Wettbewerber ihr Angebot kalkulieren müssen. Die<br />

Entsorgungsunternehmen wissen, in welchem Umfang welcher Wettbewerber<br />

bereits auf sachlich und/oder räumlich benachbarten Märkten des<br />

Ausschreibungsgebietes tätig ist.<br />

68. Das Wettbewerbsgeschehen auf dem Markt der Sammlung und des Transports<br />

von Siedlungsabfällen findet deshalb auch nicht isoliert und unbeeinflusst von<br />

den übrigen Aktivitäten der Marktteilnehmer auf dem räumlichen Markt statt.<br />

Die Fähigkeit, ein wettbewerbsfähiges Angebot abzugeben ist zum einen davon<br />

abhängig, in welchem Umfang die Ausschreibungsteilnehmer bereits auf dem<br />

gleichen sachlich und räumlich relevanten Markt tätig sind. Vorhandene<br />

Tätigkeiten in der Nähe zum Ausschreibungsgebiet sind den Ermittlungen der<br />

Beschlussabteilung zufolge (vgl. Ziffer 41) eine wesentliche Voraussetzung für<br />

ein erfolgreiches Angebot. Deshalb hat auch der auf diesem Markt bereits<br />

erreichte Marktanteil eine hohe Aussagekraft. Die Fähigkeit, ein<br />

wettbewerbsfähiges Angebot abzugeben hängt zum anderen davon ab, in<br />

welchem Umfang ein Unternehmen auf benachbarten Märkten tätig ist.<br />

Bestehende Tätigkeiten im <strong>Bereich</strong> der DSD-Entsorgung, der<br />

Gewerbeabfallentsorgung und der Siedlungsabfallentsorgung ermöglichen die<br />

Verteilung von Fixkosten auf mehrere Einsatzgebiete. Umgekehrt dienen<br />

Aufträge im <strong>Bereich</strong> der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen<br />

auch als Grundlage zur Erweiterung und Verbesserung der Marktposition auf<br />

benachbarten Märkten. Die Ausgangssituation im Wettbewerb ist deshalb auch<br />

durch schon bestehende Marktaktivitäten geprägt und auch prognostizierbar.<br />

Auf "typischen" Ausschreibungsmärkten wie dem Markt für Bauleistungen<br />

9 Der Preis des Bestbietenden und dessen Name werden bei europaweiten Leistungsausschreibungen im<br />

Supplement des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaft veröffentlich.<br />

28


findet der Wettbewerb dagegen weitgehend losgelöst von anderen bereits<br />

durchgeführten Aufträgen auf dem betroffenen Markt und auf benachbarten<br />

Märkten statt.<br />

69. Damit liegen auf dem Markt der Sammlung und des Transports von<br />

Siedlungsabfällen keine anderen Wettbewerbsbedingungen vor, als auf anderen<br />

Märkten auch. Wettbewerber, Leistung und Marktpreise sind allen<br />

Marktteilnehmern hinreichend bekannt. Der Markt und damit das<br />

Wettbewerbsgeschehen sind transparent. Dies eröffnet den Anbietern die<br />

Möglichkeit strategischen Verhaltens und der Ausnutzung von Vorsprüngen im<br />

Wettbewerb. Die Wettbewerbsintensität wird deshalb durch die Ausschreibung<br />

als solche auf diesem Markt nicht erhöht. Der Marktanteil hat eine<br />

unverminderte Aussagekraft, denn ein Angebot und dessen Preis hängen im<br />

wesentlichen von der vorhandenen Marktpräsenz des Anbieters ab. Auch ist<br />

gerade in Nordrhein-Westfalen nicht zu befürchten, dass unbekannte Dritte als<br />

Wettbewerber auftreten. Daraus folgt, dass der Wettbewerbsdruck nicht größer<br />

ist, als auf Märkten ohne Ausschreibungswettbewerb. Der Marktanteil ist<br />

deshalb auf dem Markt der Sammlung und des Transports von Siedlungsabfällen<br />

ein wesentlicher Indikator zur Beschreibung der Marktverhältnisse und der<br />

Marktpositionen der Teilnehmer.<br />

Prognose unter Einbeziehung konkret geplanter Privatisierungen<br />

70. Auch wenn man annähme, dass bei den weiteren anstehenden Privatisierungs-<br />

vorhaben Düsseldorf und Bonn jeweils der zweitplazierte Wettbewerber<br />

Rethmann den Zuschlag erhielte und Trienekens nicht zum Zuge käme, so<br />

würde der Marktanteil von Trienekens vor der Fusion mit EBE immer noch<br />

39,76 % 10 betragen. Durch den Zusammenschluss ergäbe sich eine Addition von<br />

3,21 % auf 42,97 %. Die Marktanteilsverteilung nach dem Zusammenschluss<br />

mit EBE wäre wie folgt:<br />

10 Basis: Marktvolumen vor Zusammenschlüssen + Einwohner Bonn und Düsseldorf, ca. 10,581 Mio,<br />

29


Unternehmen Marktanteil in %<br />

auf<br />

Einwohnerbasis<br />

30<br />

Marktanteil in %<br />

ohne Plum&<br />

Braun, Braun&Tr.<br />

Trienekens 42,97 40,52 38,63<br />

Schönmackers 5 - 10 5 – 10 5 – 10<br />

Rethmann 15 - 20 15 – 20 15 - 20<br />

Tönsmeier 5 – 10 5 – 10 5 – 10<br />

Sita < 5 < 5 5 - 10<br />

SKP (Waste Management<br />

Deutschland)<br />

< 5 < 5 < 5<br />

Stenau < 5 < 5 < 5<br />

Stratmann < 5 < 5 < 5<br />

Altvater < 5 < 5 < 5<br />

Reiling < 5 < 5 < 5<br />

Marktanteil in %<br />

ohne Plum&<br />

Braun, Braun&Tr.<br />

und bei anteiliger<br />

Zurechnung von<br />

Arges<br />

71. Die Marktanteile aller Wettbewerber mit Ausnahme von Rethmann sinken<br />

deutlich ab. Der Anteil von Rethmann steigt auf 15 – 20 % an. Der<br />

Marktanteilsabstand von Trienekens zu Rethmann betrüge jedoch immer noch<br />

mehr als 25 %.<br />

72. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Strukturfaktoren, welche die<br />

marktbeherrschende Stellung von Trienekens begründen, ist nicht ersichtlich,<br />

dass Trienekens nicht auch unter Einbeziehung von theoretisch zu erwartenden<br />

Änderungen der Markt- und Wettbewerbsstruktur mit einem Marktanteil von<br />

39,76 % eine marktbeherrschende Stellung inne hätte, die durch den<br />

Zusammenschluss mit EBE deutlich verstärkt würde.<br />

Gesamtbetrachtung<br />

73. Durch den Zusammenschluss würde die marktbeherrschende Stellung von<br />

Trienekens auf dem nordrhein-westfälischen Markt der Sammlung und des<br />

Transports von Siedlungsabfällen verstärkt werden. Trienekens hat gegenüber<br />

den Wettbewerbern uneinholbare Vorsprünge sowohl im Hinblick auf den<br />

Marktanteil als auch im Hinblick auf strukturelle Wettbewerbsvorsprünge und<br />

Ressourcenvorteile.


2. Markt des Recyclings mineralischer Baureststoffe und des Recyclings von<br />

Baustellenmischabfällen<br />

74. EBE ist mit 51 % an der TREBE Recycling GmbH, Essen, beteiligt, die<br />

restlichen Anteile hält Trienekens. TREBE wird von ihren Gesellschaftern schon<br />

bisher gemeinsam kontrolliert und ist Trienekens in der Vergangenheit<br />

wettbewerblich voll zugerechnet worden. Der Zusammenschluss wurde unter<br />

dem Az. B 10 – 100/00 geprüft und freigegeben. TREBE ist in Essen im <strong>Bereich</strong><br />

des Recyclings mineralischer Baureststoffe und des Recyclings von<br />

Baustellenmischabfällen tätig.<br />

75. Das Unternehmen Enderling, das nach dem Zusammenschluss Trienekens –<br />

EBE in die EBE eingebracht werden <strong>soll</strong>, ist bisher ein 100 %iges<br />

Tochterunternehmen von Trienekenes und ist ebenfalls in Essen im <strong>Bereich</strong> des<br />

Recyclings mineralischer Baureststoffe und des Recyclings von<br />

Baustellenmischabfällen tätig.<br />

76. Durch den Zusammenschluss erhöht sich mittelbar der Anteil von Trienekens an<br />

der TREBE. Wettbewerblich sind jedoch keine negativen Auswirkungen auf den<br />

Märkten des Recyclings mineralischer Baureststoffe und des Recyclings von<br />

Baustellenmischabfällen zu erwarten. Die Marktstellung von Trienekens<br />

verändert sich gegenüber der Marktstellung in dem Verfahren Trienekens -<br />

Remex 11 nicht. Der Erwerb von Enderling durch EBE wäre deshalb<br />

fusionsrechtlich unproblematisch. Die Untersagungsvoraussetzungen liegen auf<br />

den betroffenen Märkten des Recyclings mineralischer Baureststoffe und des<br />

Recyclings von Baustellenmischabfällen nicht vor.<br />

3. Entsorgung unvorbehandelter Siedlungsabfälle<br />

77. Die EBE ist von der Stadt Essen auch mit der Entsorgung der gesammelten<br />

Siedlungsabfälle beauftragt worden. Sie nimmt die Entsorgungsleistungen<br />

jedoch nicht selbst vor, sondern liefert die Abfälle an das MHKW Essen-Karnap<br />

an. Die Stadt Essen hat im MHKW Essen-Karnap einen festen Anteil an der<br />

Verbrennungskapazität von 50 %, dies entspricht ca. 337.000 t/a. EBE wird<br />

selbst auf dem Markt der Entsorgung unvorbehandelter Siedlungsabfälle nicht<br />

tätig. Der Markt ist vom Zusammenschluss nicht betroffen.<br />

11 vgl. Beschluss vom 26.11.01, B 10 – 131/01<br />

31


4. Weitere betroffene Märkte<br />

78. Die EBE ist auf weiteren Märkten wie Straßenreinigung, Fuhrpark und<br />

Werkstätten tätig. Diese sind als Annextätigkeiten zur Haupttätigkeit Sammlung<br />

und Transport von Abfällen zu werten. Die Marktzutrittsschranken auf diesen<br />

Märkten sind niedrig, die Entstehung oder Verstärkung einer<br />

marktbeherrschenden Stellung durch den Zusammenschluss ist nicht zu<br />

erwarten.<br />

III. ABWÄGUNG<br />

79. Es ist nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich, dass durch den<br />

Zusammenschluss die Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten verbessert<br />

werden.<br />

IV. ZUSAMMENFASSUNG<br />

80. Durch den Zusammenschluss wird die marktbeherrschende Stellung von<br />

Trienekens auf dem Markt der Sammlung und des Transports von<br />

Siedlungsabfällen verstärkt. Auf den ebenfalls von dem Zusammenschluss<br />

betroffenen Märkten des Recyclings von Baureststoffen liegen die<br />

Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB dagegen nicht vor.<br />

V. ZUR BEDINGUNG<br />

81. Das Zusammenschlussvorhaben ist gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 GWB, verbunden<br />

mit den im Tenor aufgeführten aufschiebenden Bedingungen, freizugeben.<br />

82. Die Bedingung ist geeignet, die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1<br />

GWB zu beseitigen. Mit Bedingungseintritt wird der Marktanteil von<br />

Trienekens um den durch den Zusammenschluss mit EBE hinzuzugewinnenden<br />

Marktanteil reduziert. Ein Marktanteilszuwachs findet nicht statt. Der Austausch<br />

der Beteiligung an einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen in Köln mit<br />

der Beteiligung an einem gemischtwirtschaftlichem Unternehmen in Essen führt<br />

auch nicht zu anderweitigen strukturellen Vorteilen zugunsten von Trienekens,<br />

welche auch ohne Marktanteilszuwachs grundsätzlich zu einer Verstärkung der<br />

marktbeherrschenden Stellung von Trienekens führen könnten.<br />

83. Zur vollständigen Kompensation des Marktanteilszuwachses durch den<br />

Anteilserwerb an der Entsorgungsbetriebe Essen GmbH, Essen, werden von den<br />

durch die Veräußerung der Anteile an den AWB Gesellschaften<br />

32


abgeschmolzenen Einwohnern auf dem Markt der Sammlung und des<br />

Transportes von Siedlungsabfällen 755.000 angerechnet. Die über die<br />

Kompensation hinausgehende Marktanteilsreduzierung, die einer Zahl von<br />

208.000 Einwohnern entspricht, kann im Rahmen einer weiteren<br />

Bedingungslösung im Rahmen anderer Fusionskontrollverfahren im Jahr 2002<br />

angerechnet werden. Der Marktanteil von Trienekens entspricht bei Anrechnung<br />

von 755.000 Einwohnern nach Vollzug der Bedingung und nach dem<br />

anschließenden Anteilserwerb an EBE exakt dem Marktanteil vor dem<br />

Zusammenschluss mit EBE. Damit ist die Bedingung auch verhältnismäßig.<br />

84. Die ergänzenden Bedingungen im Tenor (I., 2. – 4.) sind erforderlich und<br />

geeignet, um sicherzustellen, dass der Erwerber der Anteile an den AWB<br />

Gesellschaften ein von Trienekens und dem Gesellschafterstamm Hellmut<br />

Trienekens unabhängiges Unternehmen ist, gegen das auch keine<br />

fusionsrechtlichen Bedenken geltend gemacht werden können. Der Eintritt der<br />

aufschiebenden Bedingung wird hinreichend konkretisiert. Da erst mit Erteilung<br />

der vorherigen Zustimmung durch das <strong>Bundeskartellamt</strong> und der anschließenden<br />

Veräußerung der Anteile die Bedingung eintritt, ist gesichert, dass die AWB<br />

Gesellschaften an einen geeigneten Erwerber übergangen sind, bevor die<br />

Wirkung der Freigabe eintritt.<br />

85. Die aufschiebende Bedingung ist auch erforderlich. Im vorliegenden Fall hängt<br />

die Veräußerung der Anteile an den AWB Gesellschaften von der Mitwirkung<br />

und Zustimmung der nicht an dem Zusammenschluss beteiligten Stadtwerke<br />

Köln GmbH ab. Ob diese herbeigeführt werden kann, ist unsicher.<br />

86. Entgegen dem Vortrag der Beigeladenen Rethmann ist der Anteilserwerb an den<br />

AWB Gesellschaften durch Trienekens auch wirksam und deshalb die Abgabe<br />

dieser Beteiligung geeignet, um den durch den Zusammenschluss mit EBE<br />

bewirkten Marktanteilszuwachs zu kompensieren.<br />

87. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich der Sache nach um einen externen<br />

Beschaffungsvorgang durch einen öffentlichen Auftraggeber gehandelt hat,<br />

dessen Ausschreibung unter Verstoß gegen die einschlägigen vergaberechtlichen<br />

Bestimmungen unterblieben ist, so ist der Vertragsschluss zwar in<br />

vergaberechtswidriger Weise zustande gekommen, nicht jedoch nichtig. Dies<br />

ergibt sich bereits aus § 114 Abs. 2 S. 1 GWB, wonach auch die<br />

Vergabekammer einen einmal erteilten Zuschlag im Sinne eines<br />

Vertragsschlusses nicht aufheben kann, auch wenn er unter Verstoß gegen die<br />

Ausschreibungspflicht zustande gekommen ist (ausführlich hierzu<br />

33


Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 13.7.01, VK 1 19/01; Reidt, in<br />

Reidt Stickler Glahs, Vergaberecht Kommentar, S. 260). Die Bestimmung gibt<br />

nur die ohnehin geltende Rechtslage wider. Wollte man das Vergaberecht als<br />

gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB qualifizieren, so wäre die<br />

Rechtsschutzmöglichkeit des Nachprüfungsverfahrens obsolet.<br />

88. Eine Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB scheidet<br />

bei Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen in aller Regel aus. Kenntnis<br />

von einem etwaigen Verstoß gegen Vergaberecht begründet keine<br />

Sittenwidrigkeit. Dies ist von der vergaberechtlichen Rechtsprechung<br />

ausdrücklich bestätigt worden (vgl. dazu BayOblG, Beschl. v. 2.8.01 – Verg<br />

8/01 -, BA S. 7; OLG Dresden, Beschl. v. 13.7.00 – WVerg 0003/00 -, BA S. 12<br />

f.; 1. VK Bund, Beschl. v. 13.7.01 – VK 1 – 19/01 -, BA S. 10 f.).<br />

89. Der Anteilserwerb wäre auch nicht unwirksam gem. § 134 BGB, wenn damit<br />

gegen das Beihilfeverbot des Art. 87 Abs. 1 EGV verstoßen worden wäre.<br />

Gegen eine Anwendbarkeit von § 134 BGB spricht zunächst, dass sich das<br />

Verbot der Gewährung unzulässiger Beihilfen ausschließlich an den Staat richtet<br />

und damit nur an eine Partei eines Kaufvertrages über staatliches Vermögen. Bei<br />

nur einseitigen Verbotsgesetzen ist jedoch in der Regel das verbotswidrige<br />

Geschäft zivilrechtlich wirksam (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. A.,<br />

§ 134 Rz. 9).<br />

90. Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 87 Abs. 1 EGV wäre zunächst,<br />

dass durch die Gewährung der Beihilfe der Handel zwischen den<br />

Mitgliedsstaaten beeinträchtigt wurde. Hieran bestehen bereits begründete<br />

Zweifel, denn der betroffene Markt ist räumlich auf Nordrhein-Westfalen<br />

begrenzt.<br />

91. Die einzige Rechtsfolge eines angenommenen Verstoßes gegen das<br />

Beihilfeverbot wäre dann eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe,<br />

nicht aber die Nichtigkeit des Kaufvertrages (Vgl. auch Entscheidung der<br />

Kommission vom 14. April 1992 über eine Beihilfe des Landes Berlin an die<br />

Daimler Benz AG Deutschland – C 3/91 ex NN 5/91; Koenig/Kühling in NZ<br />

Bau 8/2001, S. 409 ff.). Darin erschöpft sich auch der Schutzcharakter von Art.<br />

88 Abs. 3 EGV, der Konkurrenten vor der Gewährung rechtswidriger<br />

unzulässiger Beihilfen schützen <strong>soll</strong>, aber nicht dazu dient, Konkurrenten den<br />

Erwerb von Grundstücken oder Anteilen an staatlichen Unternehmen zu<br />

ermöglichen.<br />

34


92. Die Voraussetzungen der §§ 19, 20 GWB sind schon deshalb nicht gegeben,<br />

weil die Stadt Köln weder als Nachfragerin nach Leistungen der Sammlung und<br />

des Transportes von Siedlungsabfällen noch als Anbieterin einer<br />

Unternehmensbeteiligung auf diesem Markt marktbeherrschend ist. Ausgehend<br />

von den Auswahlmöglichkeiten der Marktgegenseite, also der Anbieter der<br />

Leistungen bzw. der Nachfrager nach Beteiligungsmöglichkeiten, stehen in<br />

Nordrhein-Westfalen eine Reihe anderer Nachfrager bzw. Anbieter zur<br />

Verfügung.<br />

93. Die Bedingung ist auch nicht deshalb unzureichend, weil die Stadt Köln und<br />

Trienekens an weiteren Unternehmen gemeinsam beteiligt sind und Trienekens<br />

daraus Einflussmöglichkeiten entstehen, die einen "Gruppeneffekt" befürchten<br />

lassen. Der Beschlussabteilung sind die bestehenden gemeinsamen<br />

Beteiligungen an der AVG Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft<br />

Köln mbH, Köln, der BAV Baustellenabfall Verwertungs GmbH, Köln, der<br />

KAREC Kölner Auto-Recycling GmbH Köln, der GVG<br />

Gewerbeabfallsortierung und Verwertung Gesellschaft Köln mbH, Köln, der<br />

KVK Kompostierung und Verwertung Gesellschaft Köln, Köln, und der GEW<br />

AG, Köln, bekannt. Die gemeinsamen Gesellschaften sind auf den Märkten der<br />

Müllverbrennung, des Recyclings von Baustellenabfällen, des<br />

Automobilrecyclings, der Gewerbeabfallsortierung, der Kompostierung und der<br />

Energieversorgung tätig. Keine der Gesellschaften ist auf dem Markt der<br />

Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen tätig. Nach einer<br />

Veräußerung der Anteile der AWB Gesellschaften durch Trienekens bestehen<br />

zwar weiterhin unternehmerische Verbindungen zur Stadt Köln, diese führen<br />

jedoch nicht dazu, dass die Stadt Köln unter einem wettbewerblichen Einfluss<br />

von Trienekens steht und die Aktivitäten der Stadt oder Dritter im <strong>Bereich</strong> der<br />

Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen einem Einfluss von<br />

Trienekens unterliegen. Diese Annahme würde zum einen das Gewicht, dass den<br />

übrigen gemeinsamen Entsorgungsaktivitäten zukommt weit überschätzen. Im<br />

<strong>Bereich</strong> der Sammlung und des Transportes von Siedlungsabfällen wurden 1999<br />

von Köln Umsätze von mehr als 360 Mio. DM erzielt. Die übrigen<br />

Entsorgungsumsätze lagen 1998 gemeinsam unter 320 Mio. DM. Zum anderen<br />

ist bei der Beurteilung der Möglichkeit der Einflussnahme zu unterscheiden, ob<br />

wirtschaftliche Verflechtungen mit einem Privatunternehmen bestehen, oder ob<br />

es sich um eine Stadtverwaltung handelt, in der Entscheidungen politisch<br />

getroffen werden. Die Voraussetzungen, politisch auf Entscheidungsprozesse<br />

Einfluss zu nehmen, sind andere, als die hier dargelegten<br />

Unternehmensverbindungen.<br />

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94. Auch ein wie auch immer gearteter "Gruppeneffekt" ist nicht festzustellen.<br />

Voraussetzung für einen Gruppeneffekt ist, dass ein von zwei Gesellschaftern<br />

gemeinsam betriebenes Unternehmen auf dem gleichen Markt wie die<br />

Muttergesellschaften tätig ist. Daran fehlt es hier jedoch. Die Stadt Köln ist kein<br />

Wettbewerber auf dem Markt der Sammlung und des Transportes von<br />

Siedlungsabfällen. Vor der Teilprivatisierung der AWB Gesellschaften hat die<br />

Stadt Köln diese Leistungen in Eigenregie erbracht. Über das eigene Stadtgebiet<br />

hinaus ist sie auf diesem Markt nicht tätig geworden. Auch nach der<br />

Teilprivatisierung ist die AWB nicht außerhalb von Köln tätig geworden. Daran<br />

würde sich in Bezug auf die Stadt Köln auch nichts ändern, unabhängig davon,<br />

ob der Anteilsbesitz an den AWB Gesellschaften "<strong>rekommunalisiert</strong>" wird oder<br />

an einen Privaten veräußert wird.<br />

95. Die im Tenor aufgeführten Bedingungen sind deshalb geeignet und erforderlich,<br />

....<br />

die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB zu beseitigen.<br />

VI. GEBÜHREN<br />

Rechtsmittelbelehrung<br />

____________ ____________ _____________<br />

Holz Müller Zigelski<br />

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