• • <strong>60plusminus</strong> hautnah Roussos, und zündet kurz vor Schluss noch mal ein echtes Hit-Feuerwerk: Leinwandgroß klingt „Über sieben Brücken“ (Peter Maffay), opulent arrangiert ist auch Heinz-Rudolf Kunzes Song über die schönsten Schmerzen, die es gibt („Dein Ist mein ganzes Herz“). Davor lässt er unter anderm minimalistische Strophen auf wuchtige Refrains treffen („Wunder gibt es immer wieder“) und verbindet auch mal schnellere Gesangspassagen mit getragenen Walzermelodien („Wir wollen niemals auseinandergehen“): Alles Klassiker, denen Kollo mit viel Respekt und noch mehr Gefühl seinen Stempel aufdrückt. Als René Kollodzieyski im November 1937 in Berlin geboren, sollte sich seine „Mary Lou“ tatsächlich als wichtigste Weichenstellerin entpuppen: Ihr Erfolg ließ Kollo einerseits umdenken (denn ursprünglich wollte er zum Film). Andererseits gab sie ihm gewissermaßen das nötige Startbudget an die Hand, um ein solides Fundament aufzubauen: „Durch den Erfolg sagte ich mir, dass ich jetzt mal richtig Schauspiel- und Gesangsunterricht nehmen würde.“ Obwohl „Mary Lou“ bekanntermaßen nicht sein einziger Schlager-Hit war, zog es ihn bald an die Oper: „Nach ungefähr fünf Jahren sang ich dann in Braunschweig vor.“ Ab da ging alles Schlag auf Schlag, seine Karriere führte ihn geradewegs nach Bayreuth auf den Grünen Hügel: Als Steuermann war er in einer Neuproduktion des „Fliegenden Holländers“ so erfolgreich, dass Kollo bald darauf zum Wagner-Tenor par excellence avancierte. Er glänzte als Lohengrin, als Siegfried, als Tristan. Marathon-Herausforderungen, über die Kritiker sagen: bis heute unerreicht. „Wäre das ohne die ‘Mary Lou’ möglich gewesen?“, fragt sich der Ausnahmekünstler. „Wochen später machte ich mit Herbert von Karajan eine Gesamtaufnahme der ‘Meistersinger’ in Dresden. Karajan und ich gingen in Dresden spazieren, und er sagte zu den Presseleuten, dass er 40 Jahre auf einen solchen Stolzing gewartet hätte. Damit war ich natürlich schlagartig weltbekannt ... das ging durch die Klassikwelt wie ein Lauffeuer“, berichtet René Kollo. Tatsächlich folgten Auftritte in aller Welt – von New York bis London, von Wien bis Tokio –, wobei Kollo auch immer wieder an die Deutsche Oper in Berlin für gefeierte Heimspiele oder nach München an die Bayerische Staatsoper zurückkehrte. Als reiner Opernsänger gefiel er sich dabei nie und machte zwischenzeitlich immer wieder Abstecher auf anderes Terrain: Mal als Theater-Intendant, mal als Musical-Schirmherr; zwischendurch moderierte er jahrelang eine erfolgreiche ZDF-Show wie „Ich lade gern mir Gäste ein“. Mehr noch: Kollo befasste sich auch mit Geschichtsschreibung, verfasste einen Krimi, eröffnete sogar mal kurz ein Restaurant für seine Tochter. Vor allem aber hatte er nie ein Problem damit, einfach Unterhaltsames zu machen – so wie vor ihm schon der Vater und der Großvater, die beide vorwiegend Schlager und Revuen komponiert hatten. Kaum ein Entertainer konnte sich ähnlich elegant und frei zwischen den sonst so streng getrennten Bereichen E- und U-Musik bewegen – und sich genau deshalb über Jahrzehnte hinweg treu bleiben. Schon 1979 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt, folgte 15 Jahre später auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse; dazu konnte er sich über den Bayerischen Verdienstorden, 2 GRAMMY Awards sowie etliche weitere Preise freuen. Zuletzt bekam der Sänger, der sich zur Jahrtausendwende aus dem Ersten Tenorfach zurückzog, den Österreichischen Musiktheaterpreis für sein Lebenswerk verliehen. „Wäre das alles ohne die ‘Mary Lou’ so geworden?“, fragt er ein weiteres Mal – und hat die Antwort natürlich auch parat: „Sie hat mich damals an die Hand genommen und in die Welt hinausgeschubst. Jetzt, nach 50 Jahren Weltkarriere, will ich den Kreis schließen und mich bei ihr bedanken für ein unglaubliches, anstrengendes, aber wunderbares Leben.“ … und das gelingt ihm nun auf besondere Weise mit seinem Album „Meine große Liebe“, das im September bei Telamo erschienen ist. • 6 <strong>60plusminus</strong> hautnah
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