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Die Antiken in den Stichen Marcanton's Agostino ... - Warburg Institute

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XSERE Untersuchung hat gezeigt, welche Ausdehnung der E<strong>in</strong>fluss antiker Denkmäler im Anfang<br />

des XVI. Jahrhunderts gewonnen hatte, da wir demselben nicht alle<strong>in</strong> auf dem Gebiete historischer<br />

und mythologischer, sondern auch auf dem religiöser Darstellungen und bei <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>sten<br />

Meistern begegnet s<strong>in</strong>d. Wir kommen jetzt noch e<strong>in</strong>mal auf die <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung aufgeworfene Frage<br />

zurück:<br />

Haben \\ir bei <strong>den</strong> Blättern, welche antike Denkmäler mit Absicht auf Treue wiedergeben, die<br />

Vermittlung Raphaels anzunehmen oder nicht? Hat <strong>in</strong> letzterem Falle der Stecher auch selbst gezeichnet<br />

oder sich der Vorlagen Anderer bedient? Ich glaube, man wird die eigenhändige Thätigkeit Raphaels<br />

auszuschliessen haben. Zwei Anhaltspunkte bieten sich für e<strong>in</strong>e Prüfung der Stiche darauf h<strong>in</strong> dar:<br />

1. Giebt uns das Parisurtheil als beglaubigtes Werk des Urb<strong>in</strong>aten nach der Antike e<strong>in</strong>en Massstab<br />

an die Hand. Es zeigt uns, wie derselbe copirte.<br />

2. Besitzen wir <strong>in</strong> der Zeichnung der Albert<strong>in</strong>a zum Tanz der Faunen und Bacchant<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e<br />

direkte Vorlage für <strong>den</strong> Stich Marcantons, welche sicher nicht von Raphael ist.<br />

Von ke<strong>in</strong>em anderen Werke des Meisters ist e<strong>in</strong>e solche Ausnutzung e<strong>in</strong>es alten Vorbildes<br />

nachgewiesen w or<strong>den</strong>, wie von dem Parisurtheile. Es kann ke<strong>in</strong> Zweifel se<strong>in</strong>, dass er selbst nach <strong>den</strong><br />

Reliefs gezeichnet hat. Und doch, wie merkwürdig haben sich die Formen unter se<strong>in</strong>er Hand verändert!<br />

Unmerklich ist aus der Antike e<strong>in</strong>e moderne Schöpfung gewor<strong>den</strong>, gleichsam die musikalische Variation<br />

e<strong>in</strong>es alten, schlichten Themas durch e<strong>in</strong>en grossen Componisten. Bei ke<strong>in</strong>er der anderen Reproductionen<br />

f<strong>in</strong><strong>den</strong> wir auch nur entfernt e<strong>in</strong>e gleiche Behandlung. Kann auch der Zeichner derselben die malerische<br />

Auffassung und se<strong>in</strong>e ihm eigenthümlichen Kopftypen beim Copiren nicht ganz vergessen, so ist diese<br />

Subjectivität doch nicht bewusst und beabsichtigt. Er will getreu copiren. Ke<strong>in</strong> Werk Raphaels aber<br />

giebt uns die Berechtigung, anzunehmen, dass auch er dies gethan. <strong>Die</strong> Zeichnungen nach der Antike,<br />

die man ihm früher zuschrieb, s<strong>in</strong>d jetzt fast sämmtlich als Arbeiten se<strong>in</strong>er Schule erkannt. Ausserdem<br />

zw<strong>in</strong>gt die Ungleichartigkeit der Reproductionen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Stichen</strong>, die Thätigkeit verschie<strong>den</strong>er Zeichner<br />

zu behaupten. Neben x\rbeiten, die e<strong>in</strong>e sichere und geschickte Hand verrathen, wie der bacchische<br />

Sarkophag <strong>in</strong> Neapel, der Alte und junge Bacchant, die drei Grazien, der Apollo von Belvedere, die<br />

Laokoongruppe und die Löwenjagd begegnen wir schwächeren, wie <strong>den</strong> Reliefs von der Trajanssäule<br />

neben verhältnissmässig stilistischer Wiedergabe leise vom Manierismus gestreifte Reproductionen,<br />

wie die drei Statuen der Sammlung Rustici, das Entellus und Daresrelief, und die Orest und Pylades-<br />

darstellung. Am ersten dürften noch die Reliefs des Neapeler Sarkophages auf e<strong>in</strong>e Raphael'sche<br />

Zeichnung Anspruch machen; aber auch diese, wie die envähnten besseren Arbeiten entbehren <strong>den</strong><br />

Stempel se<strong>in</strong>es Geistes, jene nur ihm eigene Auffassung und Interpretation, die selbst die Werke, <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong>en er fremde Gedanken benutzt, doch stets wieder <strong>in</strong> Raphael'sche Schöpfungen verwandelt.<br />

Ist es endlich wahrsche<strong>in</strong>lich anzunehmen, dass Raphael bei se<strong>in</strong>er geradezu räthselhaft grossen,<br />

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