LERNEN MIT ZUKUNFT Juni 2020
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information & integration<br />
Mehrsprachigkeitsansatz:<br />
Der Schlüssel zur sozialen Welt<br />
SPRACHENSENSIBLE GESTALTUNG DES PÄDAGOGISCHEN ALLTAGS<br />
Dr. in Karin Steiner ˇ<br />
zuständig für<br />
pädagogische Entwicklungen<br />
und Bildungskooperationen<br />
bei den<br />
Wiener Kinderfreunden<br />
Foto: Felix Zangerl<br />
26 | JUNI <strong>2020</strong><br />
LITERATUR<br />
Krumm,H.J. (2017): Mehrsprachigkeit<br />
als Ziel und als Rahmenbedingung.<br />
Vortrag im Rahmen von BIG am<br />
24.10.2017<br />
List, G. & List, G. (Hg.) (2001):<br />
Quersprachigkeit. Zum transkulturellen<br />
Registergebrauch in Laut- und<br />
Gebärdensprachen. Stauffenburg,<br />
Tübenburg.<br />
Tracy, R. (2008): Wie Kinder Sprachen<br />
lernen. Und wie wir sie dabei<br />
unterstützen können. Francke Verlag<br />
Ein bewusster Umgang mit der Ressource<br />
Sprache ist ein bildungspolitisches<br />
Ziel ersten Ranges.<br />
Denn diese hat die Aufgabe,<br />
junge Menschen zu einem Leben in einer<br />
mehrsprachigen Welt unter den Bedingungen<br />
der sprachlichen und kulturellen<br />
Vielfalt zu befähigen.<br />
„Das bedeutet zum einen, Kinder und<br />
Erwachsene, die bereits mehrsprachig<br />
sind, nicht einsprachig zu machen,<br />
sondern ihre Sprachen und sprachlichen<br />
Fähigkeiten zu nutzen und zu erweitern;<br />
und das bedeutet zum andern, auch<br />
einsprachigen Kindern früh einen Zugang<br />
zu Mehrsprachigkeit zu eröffnen.“<br />
(Krumm, 2017)<br />
Die Wiener Kinderfreunde stellen sich<br />
mit der Pilotierung eines neuen sprachensensiblen<br />
Ansatzes in ihren Piloteinrichtungen<br />
dieser Aufgabe.<br />
WIE KANN EINE POSITIVE HALTUNG<br />
GEGENÜBER DER MEHRSPRACHIG-<br />
KEIT IM KINDERGARTEN-ALLTAG<br />
KOMMUNIZIERT WERDEN?<br />
Die Antwort ist Potentiale entdecken<br />
und Ressourcen entfalten; sowohl bei<br />
den Kindern als auch beim Team. Das<br />
gesamte System des Kindergartens wird<br />
hierbei einbezogen, um Sprachressourcen<br />
optimal zu nutzen und alltagsintegrierter<br />
mehrsprachlicher Bildung<br />
institutionell einen Platz zu geben. Die<br />
Potentiale und Entwicklungen, die sich<br />
dabei zeigen, wenn Alle alle Sprachen<br />
sprechen dürfen, sind beeindruckend.<br />
Denn Kinder wollen von sich aus Sprache<br />
lernen, weil diese für sie der Schlüssel<br />
zur sozialen Welt ist.<br />
Sie brauchen Deutsch als Brückensprache für<br />
anderssprachige Kinder und lernen sie in kürzester<br />
Zeit, wenn sie dabei nicht zu sehr unter<br />
Druck gesetzt werden und sie keine Angst haben<br />
müssen, dass man ihnen ihre Sicherheitsund<br />
Selbstbewusstseinssprache verbieten oder<br />
diese durch Deutsch verdrängen will. Denn sie<br />
wollen dazugehören und anerkannt werden.<br />
Kinder übernehmen neue Sprachmodelle umso<br />
rascher, je enger sie den/die SprecherIn ins<br />
Herz geschlossen haben. (W. Maier 1988:73)<br />
Sprechen und Sprachenlernen sind somit eine<br />
soziale Angelegenheit, für jüngere Kinder in<br />
ganz besonderem Maße, wo die Dominanz der<br />
Familiensprache noch die nächsten ein/zwei<br />
Jahre vorherrscht. Es ist daher wichtig, Räume<br />
zu schaffen, in denen Kinder gerne kommunizieren<br />
in kleinen Gruppen, mit verschiedensprachigen<br />
Bezugspersonen, so dass auch zurückhaltende<br />
Kinder gefördert werden können.<br />
KINDER ALS SPRACHEXPERTINNEN…<br />
Dürfen Alle alle Sprachen sprechen, bekommen<br />
Kinder so auch die Gelegenheit, als ExpertInnen<br />
aufzutreten. Sie erleben, dass sie etwas<br />
Besonderes können, nämlich das Sprechen<br />
weiterer Sprachen. Diese Wertschätzung<br />
beeinflusst das Kind positiv in seiner Persönlichkeitsentwicklung,<br />
da Sprache ein Teil seiner<br />
Identität ist.<br />
Wichtig jedoch ist, beim einzelnen Kind<br />
zunächst zu erkennen, was es bereits kann<br />
(inkl. der weiteren Sprachen!), es individuell<br />
zu fördern und da »abzuholen«, wo es gerade<br />
steht – dies gilt für alle Bereiche, auch für die<br />
Sprachentwicklung.<br />
Nimmt man Kinder in dieser Individualität