LERNEN MIT ZUKUNFT SEPTEMBER 2021
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LEBENSRAUM: MENSCH<br />
IMPULSMAGAZIN FÜR ERWACHSENE<br />
September <strong>2021</strong><br />
SPRACHE ALS SINN UND ZIEL<br />
Parliamo l’italiano<br />
VOM NORDKAP NACH KAPSTADT<br />
geistige & kulturelle Grenzen überschreiten<br />
MEIN FERIENJOB AM ATTERSEE<br />
Europacamp
inhalt & impressum<br />
inhalt<br />
bildung<br />
Kooperation auf Augenhöhe<br />
Ein normales Schuljahr?<br />
entwicklung<br />
Dr. Jekyll und Mr. Hyde<br />
Sprache als Sinn und Ziel<br />
Mein Ferienjob am Attersee<br />
Erziehung ist (k)ein Kinderspiel<br />
Kinder postiv bestärken<br />
gesellschaft<br />
Back to School<br />
Sie fühlen sich alleine gelassen?<br />
Verständlich und einfach erklärt<br />
umwelt<br />
Vom Nordkap nach Kapstadt<br />
Narturpark Zirbitzkogel-Grebenzen<br />
gedanken<br />
Wien, Wien nur du allein<br />
vielfalt<br />
Eine Welt durch die Linse betrachtet<br />
ABC-Schützen in Frankfurt/Oder<br />
04<br />
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impressum<br />
Medieninhaber, Herausgeber & Verleger <strong>LERNEN</strong><br />
<strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong>, 1220 Wien, Mühlwasserpromenade<br />
23/ Haus 13, e-mail: office@LmZukunft.at<br />
Herausgeber/Grafik: Karl H. Schrittwieser<br />
Redaktion (Bild/Text): Birgit Menke, Tina Cakara<br />
Titelseite - Foto: ©Monfocus | pixabay.com<br />
Blattlinie:<br />
Mit unserer Themenvielfalt laden wir Erwachsene<br />
ein, sich für die Entwicklung unserer Lebenswelt<br />
und für künftige Generationen einzusetzen.<br />
Dazu geben wir Informationen, Gedankenimpulse<br />
und Anregungen.<br />
Die AutorInnen übernehmen selbst die<br />
Verantwortung für den Inhalt ihrer Artikel.<br />
Auflage: 4 mal im Jahr<br />
unterstützung durch<br />
www.improve.or.at<br />
www.2dudes.online<br />
2 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
editorial & information<br />
Um Vertrauen bemüht:<br />
Wo stehen wir?<br />
MAN MUSS DIE <strong>ZUKUNFT</strong> ALS CHANCE BEGREIFEN, STATT SIE ALS<br />
BEDROHUNG ZU EMPFINDEN (© Wolfgang Kownatka)<br />
Vor einigen Tagen habe ich eine Diskussion im Fernsehen<br />
verfolgt, in der Vertreter aller Generationen ihre Anliegen<br />
und Wünsche an Politiker unterschiedlicher Parteien<br />
richten konnten. Die Politiker waren aufgefordert,<br />
zukunftsweisende Lösungen anzubieten und auch die Möglichkeit<br />
zu nutzen, der offensichtlichen Skepsis in die Politik<br />
entgegenzuwirken und Vertrauen zu schaffen.<br />
Unter anderem wurde eine Chancengerechtigkeit für alle Kinder<br />
im Bildungsbereich gefordert, unabhängig von der sozialen Herkunft<br />
und den damit oft verbundenen Vorurteilen. Ein Mitspracherecht der<br />
Schüler*innen in Angelegenheiten, die sie betreffen. Mehr Lerninhalte, die der<br />
Lebensvorbereitung dienen. Erweiterte Lernunterstützung im Internet, um nicht<br />
verstandene Lehrinhalte wiederholen zu können.<br />
Rahmenbedingungen für Kinder, Lehrkräfte und alle Schulen gleichermaßen zu<br />
schaffen und auch, die Eltern mit ins Boot zu holen.<br />
Dabei sollten nicht die Interessen der Eltern im Vordergrund stehen, die immer<br />
„das Beste“ für das eigene Kind wünschen, sondern das Kind selbst. Wünschenswert<br />
ist ein Bildungspaket, das den Bedürfnissen und Begabungen des<br />
Kindes entspricht. Individuelle Förderung, digitaler Zugang in allen Schulen und<br />
auch die Betreuung sollten gewährleistet sein, um die meist berufstätigen Eltern<br />
zu entlasten.<br />
Unter anderem wurde in der Diskussion auch angesprochen, dass Handwerker<br />
in Zukunft die Spitzenverdiener sein werden, da der Fachkräftemangel in den<br />
unterschiedlichen Branchen bereits jetzt zu großen Problemen führt.<br />
Die Anregungen der Schülerin haben mich beeindruckt. Die junge Generation<br />
hat eine starke Stimme, mit der die Politik vermehrt in den Dialog treten sollte.<br />
Denn diese Generation bestimmt die Geschicke unserer Zukunft.<br />
Ich wünsche Ihnen einen farbenfrohen Herbst und bleiben Sie gesund,<br />
Ihr<br />
Karl H. Schrittwieser<br />
Obmann und Herausgeber<br />
<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />
Foto © Wolfgang Eckert | pixabay.com<br />
3 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & bildung<br />
Unverzichtbar:<br />
Kooperation auf Augenhöhe<br />
OFFENHEIT UND EHRLICHKEIT SIND DIE BAUSTEINE FÜR EINE GELINGENDE<br />
BILDUNGSPARTNERSCHAFT<br />
Elisabeth Rechberger<br />
Unternehmensberaterin<br />
für pädag. Bildungseinrichtungen<br />
Business- und Personalcoach<br />
Elternbildnerin<br />
Elementarpädagogin<br />
www.zusammenwachsen.or.at<br />
Gelingende Bildungspartnerschaft,<br />
gute Zusammenarbeit mit den<br />
Eltern Kindergarten - ein Ziel, das<br />
sich wohl jede Pädagog*in setzt<br />
und auch wünscht, dass es eintritt. Wenn<br />
man einige wesentliche Dinge im Umgang<br />
mit den Eltern beachtet, gelingt dies und vor<br />
allem auch professionell.<br />
Kommunikation und hier vor allem Gespräche<br />
bilden die Basis für eine gute<br />
Zusammenarbeit mit Eltern und sind ein<br />
fixer Bestandteil einer Bildungspartnerschaft.<br />
Im persönlichen Austausch werden<br />
Beziehungen aufgebaut, Konflikte gelöst,<br />
Entscheidungen über den Alltag oder auch<br />
das weitere Vorgehen in unterschiedlichen<br />
Situationen getroffen.<br />
Besonders zu beachten in Gesprächen ist,<br />
dass hier zwar die Pädagogin das Fachwissen<br />
mitbringt, doch die Eltern sind und<br />
bleiben die Expert*innen für ihr Kind/ ihre<br />
Kinder.<br />
Gespräche sollten generell wertschätzend<br />
aufgebaut sein. Das bedeutet, dass positive<br />
und konkrete Formulierungen gemacht<br />
werden. Konjunktive (eigentlich, könnte,<br />
sollte,…) vermieden werden, um Klarheit im<br />
Gespräch mit dem Gegenüber zu schaffen.<br />
WELCHEN ERSTEN EINDRUCK HABE ICH<br />
VON DEN ELTERN – VORSICHT<br />
SCHUBLADENDENKEN<br />
Eltern prägen in ihren Familien familienspezifische<br />
Kommunikationsstile. Das bedeutet<br />
für die Pädagog*innen, jeder Elternteil<br />
bringt auch andere Voraussetzungen in der<br />
Kommunikation mit. Jedes Kind und jeder<br />
Elternteil haben das Recht als Mensch so<br />
akzeptiert zu sein wie er/sie ist und ihnen<br />
mit Willkommen und Respekt gegenüberzutreten.<br />
Das heißt aber nicht, dass ein<br />
Verhalten eines Elternteils so akzeptiert<br />
und geduldet werden muss, wenn es<br />
nicht erwünscht ist. Hier ist es sinnvoll<br />
mit Offenheit und Ehrlichkeit, dem<br />
Gegenüber zu kommunizieren, dass<br />
dieses Verhalten hier im Kindergarten<br />
nicht erwünscht ist und auch zu sagen,<br />
welches Verhalten erwünscht ist.<br />
Ein gemeinsamer positiver Blick auf<br />
das Kind, auf seine Stärken und Potenziale<br />
ist förderlich für die Zusammenarbeit<br />
und stärkt die Vertrauensbasis mit<br />
den Eltern.<br />
OFTMALS SIND ES<br />
UNSICHERHEITEN, DIE DEN<br />
KOMMUNIKATIONSFLUSS STÖREN<br />
Ich - Botschaften und aktives Zuhören<br />
stärken eine gelingende Beziehung und<br />
gute Zusammenarbeit mit den Eltern,<br />
regen den Kommunikationsfluss an<br />
und geben Sicherheit im Gespräch.<br />
Ich-Botschaften respektieren dem Gegenüber<br />
mit seiner Wahrnehmung auf<br />
die Situation und bringen die eigene<br />
Befindlichkeit, Wünsche und Anliegen<br />
deutlich zum Ausdruck. Sie beinhalten<br />
eine Haltung von Kongruenz, Respekt<br />
und Wertschätzung.<br />
Beim „Aktiven Zuhören“ erfasst<br />
der Zuhörer nicht nur das inhaltlich<br />
Gesagte, sondern das tatsächlich<br />
Gesagte und auch die Gefühle, die<br />
mitschwingen. Durch die Wiedergabe<br />
mit eigenen Worten, bekommt man<br />
rückgespiegelt, was beim anderen<br />
angekommen ist und was nicht.<br />
Voraussetzungen für aktives Zuhören:<br />
• Blickkontakt<br />
• Zugewandte Körperhaltung<br />
4 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
• Pausen lassen<br />
• Offene Fragen (W-Fragen- Wer, Wie, Wo, Was,)<br />
• Akzeptanz des Gegenübers<br />
• Sich vergewissern, ob man den anderen richtig verstanden hat (Nachfragen!)<br />
REFLEXION DER EIGENEN HALTUNG UND KOMMUNIKATION <strong>MIT</strong> DEN ELTERN<br />
Zur Professionalität der Pädagog*innen gehört die Reflexion der, dem eigenen Handeln zugrunde liegenden Motive.<br />
Reflektiert wird die Wirkung des Auftretens (sozial kompetentes Verhalten) auf die Eltern. Neben der Fähigkeit<br />
zur Empathie sind Klarheit im Denken, im Handeln und in der verwendeten Sprache notwendige Bestandteile einer<br />
professionellen Gesprächsführung, sowie die Bereitschaft, das Gespräch durchgehend zu strukturieren. Hier gilt es,<br />
Emotionen geschickt aufzufangen und die Eltern zur Selbstreflexion anzuregen (Steuerungsfunktion).<br />
Eine echte Bildungspartnerschaft setzt jedoch voraus, dass die Eltern das Konzept des Kindergartens und dessen Umsetzung<br />
kennen, verstehen und mittragen. Zudem ist es wichtig, dass Pädagog*innen die Beziehungskultur zwischen<br />
Eltern und ihren Kindern verstehen und eigenständig bewerten.<br />
Eine intensive Kontaktpflege zwischen Eltern und den Pädagogi*innen, gemeinsame Absprachen, wechselseitige<br />
Informationen sichern die Kontinuität der Erziehung der Kinder.<br />
Foto: © Engin Akyurt | pixabay.com<br />
5 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & bildung<br />
Bildung in der Krise:<br />
Ein normales Schuljahr?<br />
DIE VERUNSICHERUNG IST IMMER NOCH GROSS<br />
DI Roswitha Wurm<br />
Dipl. Lerndidaktikerin<br />
Lese- und Rechtschreibtrainerin,<br />
Kinderbuchautorin<br />
Interaktive Lesungen<br />
an Schulen buchbar unter:<br />
www.lesenmitkindern.at<br />
Wann wird es endlich<br />
wieder so, wie es früher<br />
war? - Mit großen Augen<br />
blickt mich Sophie an.<br />
Das Mädchen sehnt wie so viele<br />
eine Schule und eine Lernumgebung<br />
herbei, wie sie vor der Pandemie<br />
Alltag war.<br />
Im aktuell wieder neu startenden<br />
Schuljahr sind besonders die Zweitklässler<br />
gefordert. Man stelle sich<br />
vor: Sie haben in ihrer Schullaufbahn<br />
noch kein normales Schuljahr erlebt!<br />
Als sie gerade eingeschult waren,<br />
mussten sie bereits auf Online-Unterricht<br />
umstellen – eine riesengroße<br />
Herausforderung nicht nur für die<br />
ABC-Schützen selbst, sondern auch<br />
für deren Eltern.<br />
KINDER INDIVIDUELL<br />
BEOBACHTEN<br />
Die Pandemie und die damit verbundene<br />
Krise gehen an den Kinderseelen<br />
nicht spurlos vorüber. Mache<br />
Kinder ziehen sich mit ihren Ängsten<br />
und Problemen zurück, andere reagieren<br />
aggressiv und auffällig. In beiden<br />
Fällen sind Unterstützung und<br />
Gespräche mit erwachsenen Bezugspersonen<br />
gefragt. Wichtig ist, dass<br />
Kinder individuell betreut werden<br />
und ihre persönlichen Ängste und<br />
Schwierigkeiten, die durch die pandemiebedingten<br />
Schulschließungen<br />
entstanden sind, aufgearbeitet und<br />
besprochen werden können.<br />
Probleme entstehen bei einigen auch<br />
dadurch, weil durch das Distance<br />
Learning Defizite, Teilleistungsdifferenzierungen<br />
und Lernschwierigkeiten<br />
leichter übersehen wurden.<br />
Eltern sind zunehmend verunsichert<br />
und suchen Rat bei Spezialisten,<br />
weil ihr Kind die Freude am Lernen<br />
völlig verloren hat und sich weigert<br />
die schulischen Arbeitsaufträge zu<br />
erledigen. Dennoch sollten Eltern<br />
es vermeiden, die Aufgaben ihrer<br />
Kinder zu übernehmen. Viele haben<br />
die Homeschoolingzeit dazu genutzt<br />
ihren Kindern durch zu gut gemeinte<br />
Hilfestellungen zu guten Noten zu<br />
verhelfen. Sobald allerdings wieder<br />
der normale Schulalltag mit Prüfungssituationen<br />
vor Ort eintritt,<br />
kommt das schlimme Erwachen.<br />
Legasthene oder dyskalkule Kinder<br />
bzw. SchülerInnen mit anderen Lernschwierigkeiten<br />
sind nicht plötzlich<br />
„geheilt“, nur weil ihre Defizite<br />
durch das Homeschooling kaschiert<br />
werden konnten. Wer allerdings<br />
auch während der Pandemie an seinen<br />
Schwächen gearbeitet hat, wird<br />
auch gut in das kommende Schuljahr,<br />
was auch immer es bringen<br />
wird, starten.<br />
Foto: © 7089643 | pixabay.com<br />
6 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
EIN VERLORENES JAHR?<br />
Auch wenn das vergangene Jahr SchülerInnen vor viele Herausforderungen<br />
stellte, war es doch kein verlorenes Schuljahr. Unsere Kinder haben<br />
in jedem Fall einige wichtige Skills dazugewonnen: Selbständigkeit und<br />
Eigenverantwortung beim Lernen. Anpassung an schwierige Lebenssituationen,<br />
also Resilienz. Letzteres haben Kinder in früheren Generationen bei<br />
weltweiten Krisen immer wieder erfahren dürfen. Erklären wir den Kindern<br />
die Pandemie bedingten Umstände also nicht nur als Verlust, sondern<br />
auch als Chance.<br />
Die Sehnsucht nach Normalität ist bei Kindern, Pädagogen und Eltern gleichermaßen<br />
groß. Dennoch wäre es verfrüht, Sophie und all den anderen<br />
Kindern ein „Schuljahr wie früher“ zu versprechen. Unsere Aufgabe als<br />
PädagogInnen und Eltern kann es daher nur sein, die Ängste und Sorgen<br />
unserer Kinder ernst zu nehmen und einmal mehr Mut und Hoffnung zu<br />
vermitteln. Gemeinsam schaffen wir auch das Schuljahr <strong>2021</strong>/22. Hoffentlich<br />
das letzte, in dem wir mit Einschränkungen im schulischen Unterricht<br />
leben müssen.
information & gesellschaft<br />
Back to School:<br />
German School Campus<br />
UNSER ERSTER SCHULTAG, ZURÜCK AUF DEM CAMPUS NACH<br />
18 MONATEN DER PANDEMIE<br />
Ursula Schoeneich<br />
Direktorin der German<br />
School Campus in Newport<br />
Beach, CA USA<br />
www.germanschoolcampus.<br />
com<br />
Erste Schultage sind immer etwas<br />
ganz Besonderes. Für einige bedeutet<br />
der erste Schultag das Ende<br />
des Sommers und es fällt wieder<br />
etwas schwerer, sich in die Schule zu<br />
begeben. Das geht uns Lehrern nicht<br />
anders. Aber wenn man nach Newport<br />
Beach kommt, sich an der Sea Base umsieht<br />
und sich die Sommerbrise um die<br />
Nase wehen lässt, freut man sich schon<br />
darauf, hier den Schülern wieder etwas<br />
Wichtiges fürs Leben beibringen und mit<br />
ihnen in der Pause spielen zu können.<br />
Seit März letzten Jahres ist das durch die<br />
Corona-Pandemie leider nicht möglich<br />
gewesen.<br />
Am Montag, den 23. August war es so<br />
weit. Ein wunderschöner, warmer und<br />
sonniger Nachmittag in Newport Beach.<br />
Bei Kaffee und Pflaumenkuchen haben<br />
wir unsere neuen und unsere zurückkehrenden<br />
Schüler und Eltern auf der<br />
Terrasse begrüßt, uns ausgetauscht und<br />
über die COVID Regeln an der Schule<br />
gesprochen.<br />
Wir folgen einem alten Brauch aus dem<br />
19. Jahrhundert in Deutschland, dem<br />
Schulkind am ersten Schultag eine Schultüte<br />
mitzugeben.<br />
Die Umstellung von Onlineunterricht<br />
in Präsent Unterricht war eine große<br />
Umstellung für die Kinder und die<br />
Lehrer. Für viele Schüler bedeutete der<br />
Onlineunterricht weniger Struktur und<br />
unkonzentrierte Mitarbeit. Sie waren<br />
teilweise sehr abgelenkt vom Haushalts-<br />
geschehen, deswegen war es wichtig<br />
am Anfang wieder Struktur in den<br />
Unterricht zu bringen.<br />
Einigen Schülern fiel es schwer in den<br />
strukturierten Unterricht zurückzukommen,<br />
z.B. der Umgang untereinander,<br />
die Bereitschaft aktiv mitzuarbeiten<br />
oder sich an die Regeln und<br />
Rituale des Lehrers zu halten.<br />
Wir haben die ersten Schulstunden<br />
am Campus „aktiv“ genutzt. Um uns<br />
genauer kennen zu lernen haben wir<br />
gruppenstärkende Spiele gespielt.<br />
Gerade am Anfang ist es wichtig, dass<br />
die Schüler und Lehrer sich genauer<br />
kennen lernen und die Scheu zueinander<br />
verlieren.<br />
KLASSE KINDERGARTEN-<br />
1. SCHULJAHR<br />
In einer Sitzrunde haben wir uns<br />
unterhalten und kennengelernt. Mit<br />
bunten Stapelsteinen konnten schon<br />
Farben in der deutschen Sprache gelernt<br />
werden, Zahlen bis 10, und die<br />
Kinder hatten viel Spaß bei Spielen<br />
mit und rund um diese Stapelsteine.<br />
KLASSE 2. SCHULJAHR UND 3.<br />
SCHULJAHR<br />
In einer Gruppe von jeweils 2 Kindern<br />
haben wir eine Papierrolle ausgerollt<br />
und jeder musste seinen Partner in<br />
Lebensgröße zeichnen. Während des<br />
Zeichnens haben die Schüler ihren<br />
jeweiligen Partner gefragt: wie heißt<br />
du, wie alt bist du, was ist dein Hobby<br />
etc.<br />
Fotos © germanschoolcampus<br />
8 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Die Schüler hatten großen<br />
Spaß dabei, es war ein schönes<br />
Gefühl Kinder wieder lachen<br />
und toben zu sehen.<br />
Danach haben wir die Exemplare<br />
in der Klasse aufgehängt.<br />
Bunt gestaltete Kinderzeichnungen<br />
mit Glitzer und Sticker<br />
voller Fantasie hingen an der<br />
Wand. Nun sollte jeder seinen<br />
Partner vorstellen mit den<br />
Informationen die er/sie während<br />
des Zeichnens gesammelt<br />
hatte.<br />
hat. Vielleicht setzen wir die Geschichte<br />
ja in den folgenden Klassen fort, denn<br />
wenn Kartoffel und Avocado nicht<br />
gegessen wurden, dann leben sie noch<br />
weiter.<br />
KLASSE 4. SCHULJAHR UND<br />
5. SCHULJAHR<br />
In der Klasse fing dann der<br />
richtige Spaß an; wir haben<br />
uns durch ein paar Spiele erst<br />
einmal näher kennen gelernt,<br />
fast ausschließlich Deutsch<br />
aber auch etwas Spanisch<br />
gesprochen. Hausaufgaben<br />
gab es auch schon, aber das<br />
war gar nicht so schlimm, denn<br />
sie sind auf einer Webseite und<br />
gleichen mehr einem Videospiel.<br />
Nachdem jeder es einmal<br />
kurz ausprobiert hat, fanden<br />
die Kinder es alle ganz toll.<br />
Am Ende haben wir uns in die<br />
Sonne gesetzt und eine lustige<br />
Geschichte geschrieben, indem<br />
jedes Kind immer nur ein Wort<br />
dazu beitrug. Es ging um eine<br />
Kartoffel, die früh aufgestanden<br />
ist und einige komische<br />
Dinge erlebt, aber letztendlich<br />
eine Avocado kennengelernt<br />
9 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & entwicklung<br />
Welche Gehirnhälfte ist für was zuständig?:<br />
Dr. Jekyll und Mr. Hyde<br />
GIBT ES FÜR „UNBEDACHTE AUSSETZER“ IM HANDELN EINE EINFACHE<br />
ERKLÄRUNG?<br />
Thomas Kolbe<br />
Fachwissenschaftler<br />
für Versuchstierkunde,<br />
Ao. Prof. für die<br />
Service-Plattform<br />
Biomodels Austria<br />
Veterinärmedizinische<br />
Universität Wien<br />
INFO<br />
Michael S. Gazzaniga: Die Ich-Illusion<br />
Sally S. Springer und Georg Deutsch:<br />
Linkes – rechtes Gehirn. Funktionelle<br />
Asymmetrien.<br />
Daniel Kahneman: Schnelles Denken,<br />
langsames Denken. München 2012.<br />
Bei Umfragen bezeichnen sich<br />
80% der AutofahrerInnen als<br />
überdurchschnittlich gute FahrerInnen.<br />
Es sollte einleuchten, dass<br />
30% der Befragten sich irren müssen.<br />
Aber diese irrige Selbsteinschätzung,<br />
oder hier besser Selbstüberschätzung<br />
taucht auch in anderen Befragungen auf.<br />
Bei einer Gesellschaftsstudie zur Meinungsbildung<br />
im Auftrag der Heinz-<br />
Lohmann-Stiftung wollen AutofahrerInnen<br />
umweltfreundlich unterwegs sein,<br />
aber nicht auf PS verzichten. 50% der<br />
befragten Personen, die im Diskounter<br />
Billigfleisch kaufen, lehnen Massentierhaltung<br />
ab. Wie kommt das? Sagen die<br />
Leute bei der Befragung nicht die Wahrheit?<br />
Oder werden später doch wieder<br />
schwach? Die Erklärung liefert uns die<br />
Neurophysiologie mit dem Phänomen<br />
der „kognitiven Dissonanz“.<br />
Das menschliche Gehirn besteht überwiegend<br />
aus zwei Hälften, die durch<br />
einen dicken Strang von Nervenbahnen<br />
miteinander verbunden sind. Die rechte<br />
Gehirnhälfte kontrolliert die linke<br />
Körperseite und umgekehrt.<br />
Die beiden Gehirnhälften haben<br />
nun unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte:<br />
Die linke Hälfte<br />
ist wichtiger für das Sprechen<br />
und logisches Denken. Die<br />
rechte Hälfte kann räumliche Informationen<br />
besser verarbeiten.<br />
Normalerweise koordinieren<br />
sich beide Gehirnhälften bevor<br />
es zu einer Reaktion kommt.<br />
Aber eben nicht immer.<br />
Wichtige Erkenntnisse dazu wurden<br />
an Epilepsie-Patienten gewonnen, bei<br />
denen diese Verbindung der Gehirnhälften<br />
aus medizinischen Gründen unterbrochen<br />
wurde und an Kriegsopfern mit<br />
einem vergleichbaren Schaden. Für diese<br />
Forschung bekam Roger Wolcott Sperry<br />
1981 den Medizin-Nobelpreis. Die linke<br />
Hälfte kontrolliert nicht nur das Sprechen,<br />
sondern interpretiert Erlebnisse<br />
auch, baut Erinnerungen ein und erfindet<br />
eine Geschichte, die zu den subjektiven<br />
Erinnerungen passen. Während die<br />
rechte Hälfte eher für die Koordination<br />
aktueller Handlungen zuständig ist. Daher<br />
beschließt z.B. die linke Gehirnhälfte,<br />
dass man mehr Sport treiben sollte, die<br />
rechte Gehirnhälfte platziert einen dann<br />
aber doch auf das Sofa vor den Fernseher.<br />
Oder die linke Gehirnhälfte überlegt<br />
noch, wie man sich bei dem neuen Chef<br />
beliebt machen könnte, damit es mit der<br />
Beförderung auch klappt und die rechte<br />
Gehirnhälfte übernimmt dann kurzfristig<br />
und lässt einen Kommentar über den<br />
komischen Modegeschmack des neuen<br />
Chefs heraus. Wir sollten uns gewahr<br />
sein, dass es kein einziges „Ich“ gibt,<br />
sondern mehrere Selbst: Ein erinnerndes<br />
Selbst, welches ein Wunschbild formt<br />
und Erinnerungen selektiv unterdrückt<br />
oder verstärkt. Und ein erlebendes<br />
Selbst, welches in aktuellen Situationen<br />
die Führung übernimmt. Das können wir<br />
selten kontrollieren, wenn wir sehr spontan<br />
handeln. Aber allein, dass uns diese<br />
Tatsache bewusst ist, führt vielleicht<br />
zu besser überlegten Handlungen bei<br />
Entscheidungen im Alltag.<br />
10 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Fotos © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
11 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & entwicklung<br />
Parliamo l’italiano:<br />
Sprache als Sinn und Ziel<br />
WIE DAS <strong>LERNEN</strong> VON ITALIENISCH MICH DURCH DIE PANDEMIE TRUG<br />
Tina Čakara<br />
Studentin<br />
Junge Redaktion<br />
Foto:<br />
Fotostudio primephoto<br />
Im Februar 2020 hatte ich einen<br />
Monat Semesterferien an der Uni<br />
und beschloss meine eingerosteten<br />
Italienischkenntnisse wieder aufzufrischen.<br />
Irgendwo in mir schlummerten<br />
noch die klangvollen Verben parlare,<br />
mangiare, cantare und die typischen<br />
Sätze aus dem Sprachunterricht Come ti<br />
chiami? und Parlo l’italiano solo un po‘!<br />
Ich meldete mich für einen dreiwöchigen<br />
Intensivkurs an der Uni an, der abends<br />
in den Räumen einer Schule abgehalten<br />
wurde. Nach einer Woche konnte ich die<br />
Verben wieder problemlos konjugieren<br />
und von meinem Tagesablauf erzählen.<br />
Nach zwei Wochen erzählte ich im<br />
imperfetto aus meiner Kindheit und nach<br />
drei Wochen bestand ich die schriftliche<br />
und mündliche Prüfung ohne Probleme.<br />
Meine Motivation war geweckt! Beim<br />
Abschlussessen am letzten Kurstag in<br />
einer Pizzeria beschlossen viele von uns:<br />
Wir wollen uns beim nächsten Italienischkurs<br />
wiedersehen! Und dann kam<br />
Corona…<br />
BILDSCHIRMPAUSE, ADE!<br />
Im März 2020 fuhr ich ein<br />
einziges Mal an die Uni. Dann<br />
kam die Nachricht vom ersten<br />
Lockdown und unser ganzes<br />
Leben lief plötzlich aus dem<br />
Ruder. Ich hatte mich da bereits<br />
für einen Italienisch-Semesterkurs<br />
angemeldet. Doch schon bald stand<br />
fest: Alles findet online statt. Jeden<br />
Montagabend für drei Stunden saß ich<br />
also vor meinem Laptop und versuchte<br />
mich auf den geteilten Bildschirm des<br />
Italienischlehrers zu konzentrieren. Disziplin<br />
beim Lernen war für mich nie ein<br />
Problem. Doch in diesem Semester stieß auch<br />
ich an meine Grenzen: Die Beine wollten nicht<br />
mehr sitzen, die Augen nicht mehr das blaue<br />
Bildschirmlicht einsaugen und das Gehirn<br />
hatte es satt, ständig die gleiche Wand anzustarren.<br />
Der Italienischlehrer gab sich Mühe<br />
und die Teilnehmenden des Kurses loggten<br />
sich tapfer Woche für Woche in die Videokonferenzen<br />
ein. Das Semester verging und mein<br />
Italienisch schien sich keinen Zentimeter vom<br />
Fleck bewegt zu haben. Doch ich übersah<br />
in meinem Frust etwas ganz Wichtiges: Den<br />
Aspekt der Regelmäßigkeit.<br />
EIN VIDEO PRO TAG<br />
Der Online-Italienischkurs bot mir zwar nicht<br />
das gleiche wie ein Kurs im Klassenzimmer,<br />
aber er gab meiner Woche eine Struktur und<br />
meinem Montag ein Ziel. Er säte die Samen<br />
für eine Leidenschaft, die in den nächsten<br />
Monaten anwachsen sollte: Während des<br />
ersten Lockdowns im Frühling 2020 beschloss<br />
ich meine freie Zeit in das Italienischlernen zu<br />
investieren. Neben dem Kurs begann ich auf<br />
YouTube Videos auf Italienisch anzuschauen.<br />
Ein YouTuber aus Italien, der einen Kanal<br />
für Italienisch als Fremdsprache betreibt,<br />
stellte jeden Tag ein mindestens 5-minütiges<br />
Video auf Italienisch aus seinem Leben in der<br />
Quarantäne online. Er erzählte von seiner Familie,<br />
zeigte was er kochte oder sprach über<br />
seine Leidenschaft für Sprachen. Jeden Tag<br />
nahm ich mir die Zeit für seine Videos und<br />
die Lebensenergie, die er versprühte. Damals<br />
fragte ich mich, ob mein Italienisch jemals<br />
Fortschritte machen würde. Nur 5 Minuten<br />
pro Tag würden doch niemals reichen, oder?<br />
EIN SCHRITT NACH DEM ANDEREN<br />
Ich begann zu dem Zeitpunkt alles aufzusaugen,<br />
was mir auf Italienisch unter die Finger<br />
12 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
kam: Facebookseiten, TED Talks, Blogs, Zutatenlisten,<br />
Bücher für Sprachanfänger, Magazine. Ich<br />
baute mir aus all diesen Bausteinen einen Weg,<br />
der mich durch die schwierigen Monate und vielen<br />
Veränderungen trug. Jedes Mal, wenn ich beschloss<br />
Italienisch zu lernen, hob sich meine Laune.<br />
Ich bemerkte endlich kleine Fortschritte, was mich<br />
noch mehr antrieb. Im Herbst 2020 wagte ich mich<br />
an einen zweiten Online-Italienischkurs, bei der<br />
gleichen Lehrerin wie beim Intensivkurs in den<br />
Semesterferien. Sie freute sich, mich als einzige<br />
von damals im Kurs wiederzusehen.<br />
Im März <strong>2021</strong>, also ein Jahr seit dem Beginn der<br />
Pandemie, beschloss ich noch einen Schritt weiterzugehen:<br />
Ich fand über Facebook eine Tandempartnerin<br />
aus Neapel, mit der ich daraufhin einmal<br />
die Woche über Skype einen Sprachaustausch<br />
begann. Es war das erste Mal, dass ich mit einer<br />
echten Italienerin außerhalb eines Kurses sprach.<br />
Ein belebendes Gefühl!<br />
Im Sommer diesen Jahres besuchte mich ein<br />
Bekannter aus Italien und wir beschlossen nur Italienisch<br />
zu sprechen, zwei Tage lang. Trotz meiner<br />
Angst, Fehler zu machen oder ein Wort nicht zu<br />
kennen, zwang ich mich zu sprechen. Und siehe<br />
da: Er verstand mich problemlos. Oft musste ich<br />
Wörter auf Englisch oder Deutsch einwerfen oder<br />
auch meine Hände zum Erklären benutzen. Aber<br />
wir wissen ja alle: In Italien geht sowieso nichts<br />
ohne Gestik!<br />
Fotos © Gerd Altmann - pixabay.com | fancycrave - pixabay.com |<br />
J. Kelly Brito - unsplash.com<br />
13 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Sie fühlen sich allein gelassen?:<br />
Der Lebensbegleiter ist an ihrer Seite<br />
DIE DIPLOMAUSBILDUNG <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />
Karl H. Schrittwieser<br />
Obmann<br />
IMPROVE-Bildung mit Zukunft<br />
gemeinnütziges Institut<br />
für Erwachsenenbildung<br />
www.improve.or.at<br />
Lebensbegleiter haben eine fundierte<br />
Ausbildung und unterstützen<br />
gerne.<br />
FÜR WEN SIND LEBENSBEGLEITER<br />
DA?<br />
Verschiedene Generationen und Bevölkerungsgruppen<br />
haben unterschiedliche<br />
Anforderungen. Kinder, Jugendliche, Erwachsene,<br />
Senioren, Gruppen, Vereine.<br />
Jede/r kann von einer unterstützenden<br />
Begleitung profitieren.<br />
WAS SIND SPEZIELLE SITUATIONEN,<br />
IN DENEN LEBENSBEGLEITUNG<br />
BESONDERS HILFREICH IST?<br />
Bei Kindern und Jugendlichen: Schulprobleme,<br />
Probleme mit den Eltern,<br />
Mobbing, Lernprobleme, Suchtverhalten,<br />
gesundes Leben (Bewegung, Ernährung),<br />
Alltagsbewältigung<br />
Bei Erwachsenen und Senioren: Existenzängste,<br />
Umsetzungsschwächen,<br />
Alltagsbewältigung, Wissenserwerb<br />
(Mentoring), Mobbing, Selbstzweifel,<br />
gesellschaftliche Einbindung, Einsamkeit<br />
Bei Gruppen und Vereinen: Kommunikationsprobleme,<br />
Zielkonflikte, Führungsprobleme<br />
WAS KANN EIN LEBENSBEGLEITER<br />
LEISTEN?<br />
Zuallererst schafft er mit den von ihm<br />
Begleiteten eine persönliche Vertrauensbasis.<br />
Begleitete und Begleiter sollen<br />
sich genau kennen<br />
Ziele werden gemeinsam erarbeitet<br />
Alle Maßnahmen werden gemeinsam<br />
erarbeitet, nichts passiert ohne das ausdrückliche<br />
Wollen der Begleiteten<br />
Lebensbegleiter sind sozusagen der<br />
Blick von außen, sie helfen den Begleiteten,<br />
die Probleme zu erkennen, richtig<br />
zu bewerten und mit ihrer Unterstützung<br />
Lösungen zu finden<br />
Lebensbegleiter unterstützen die<br />
Begleiteten bei – manchmal heikler –<br />
Kommunikation<br />
Manchmal ist auch eine Änderung des<br />
eigenen Verhaltens notwendig. Lebensbegleiter<br />
erarbeiten mit den Begleiteten<br />
die Sicht darauf und die notwendigen<br />
Maßnahmen<br />
Gemeinsam mit den Begleiteten wird<br />
regelmäßig Rückschau gehalten auf das<br />
schon Erreichte und auf das, was noch<br />
nicht so gut läuft<br />
Lebensbegleiter sind die Stütze im<br />
Hintergrund<br />
Mehr Infos<br />
finden Sie unter:<br />
http://lpa.improve.or.at<br />
Foto © OpenClipart-Vectors - pixabay.com<br />
14 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Sie wissen<br />
selbst am<br />
besten,<br />
womit Sie<br />
Ihr Wissen<br />
ergänzen<br />
wollen!<br />
IMPROVE-Bildung mit Zukunft<br />
www.improve.or.at<br />
Fotos © faculty, student, girl | pixabay.com
information & entwicklung<br />
Europacamp:<br />
Mein Ferienjob am Attersee<br />
FREIER SEEZUGANG UND LEISTBARE ERHOLUNG FÜR ALLE<br />
Aylin Celik,<br />
Lehramtsstudentin<br />
Deutsch und Geschichte<br />
Fotos: © Archiv Aylin Celik<br />
16 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong><br />
Der Bewerbungprozess.<br />
Ich kann mich noch genau an<br />
den Abend erinnern, als ich zum<br />
ersten Mal vom Europacamp<br />
gehört habe. Es war an einem Sonntagabend,<br />
am 7. März 2020, der letzte<br />
Tag vor Bewerbungsschluss. Ein Freund<br />
erzählte mir, dass er vorhabe sich quasi<br />
in letzter Minute zu bewerben und fragte<br />
mich, ob ich nicht auch Interesse hätte,<br />
einen Monat im Juli beim Camp zu<br />
arbeiten. Gemeinsame Freundinnen von<br />
uns haben dort bereits öfter ein oder<br />
mehrere Monate im Zeitraum von Mai<br />
bis September gearbeitet. So konnten wir<br />
schnell all unsere offenen Fragen klären.<br />
NUN, WAS GENAU IST DENN JETZT<br />
DAS EUROPACAMP?<br />
Das Europacamp ist eine Freizeitanlage<br />
in Weißenbach am Attersee in Oberösterreich<br />
mit unterschiedlichen Unterkunftsmöglichkeiten.<br />
Es verfügt über ein<br />
Strandbad namens Europabad, welches<br />
öffentlich und unentgeltlich, inklusive<br />
gratis Parkmöglichkeiten, zugänglich ist.<br />
Mit der Petition Platz da! Her mit dem<br />
freien Seezugang! fordert die Sozialistische<br />
Jugend eine Öffnung der Seeufer<br />
für alle. 1951 wurde das Grundstück an<br />
das Land Oberösterreich verkauft. „Im<br />
Kaufvertrag wurde vereinbart, dass der<br />
SJ Bestandsrecht für 99 Jahre übertragen<br />
wird. Und zwar gegen einen jährlichen<br />
Anerkennungszins von 25 Schillingen.<br />
Zum Zwecke, der Errichtung eines<br />
Jugenderholungslagers – so wird das<br />
Europacamp auch bis heute geführt!“<br />
Nähere Informationen über die Geschichte<br />
des Europacamps sind hier zu finden:<br />
https://www.europacamp.at/europacamp/ueberuns.<br />
MEIN ARBEITSBEREICH<br />
Voriges Jahr standen folgende drei Bereiche<br />
zur Auswahl: die Küche, das Buffet oder die<br />
Reinigung. Heuer wurde auch Personal in der<br />
Rezeption gesucht. Ursprünglich wollte ich in<br />
der Küche oder beim Buffet arbeiten. Da diese<br />
jedoch die beliebteren sind, wurden sie schnell<br />
vorgemerkt. Außerdem werden in der Küche sowie<br />
beim Buffet Personen mit Berufserfahrung<br />
bevorzugt. Daher landete ich mit zwei anderen<br />
Kolleginnen im Putzteam. „Putzi Gang, Putzi<br />
Gang, Putzi Gang“ war unser Motivationssong<br />
an Tagen, an denen wir um 06:00 Dienstbeginn<br />
hatten.<br />
In meiner Freizeit war ich, sobald es das Wetter<br />
zugelassen hat, beim Attersee baden, Tretbootfahren<br />
oder spielte mit meinen Arbeitskolleg_innen<br />
Kartenspiele. Das Team besteht jedes<br />
Jahr überwiegend aus Maturant_innen sowie<br />
Studierenden. Der Spaziergang zum Nixenfall<br />
ist meiner Meinung nach sehr zu empfehlen.<br />
Leider habe ich es aus zeitlichen Gründen nicht<br />
geschafft den Schoberstein zu besteigen. Diese<br />
Wanderung wurde mir von mehreren Personen<br />
empfohlen. An regnerischen Tagen las ich<br />
ein Buch, plauderte mit dem Kollegium beim<br />
Buffet bzw. Aufenthaltsraum oder entspannte<br />
in meinem Zimmer. Da die Teamatmosphäre so<br />
angenehm war, vergingen die freien Tage sowie<br />
Abende immer sehr schnell.<br />
MEIN FAZIT<br />
Als eine Großstadtperson, war es für mich<br />
anfangs ziemlich ungewohnt für einen Monat in<br />
eine Ortschaft zu ziehen, in der beispielsweise<br />
der nächstgelegene Supermarkt 5 km entfernt<br />
ist. Doch wie erfüllend die Zeit für mich voriges<br />
Jahr war, habe ich gemerkt, als ich mich dieses<br />
Jahr wieder zum Arbeiten beim Europacamp<br />
beworben habe. Auch heuer wieder als Putzi,
wie wir uns im Team nennen. Der Attersee, die<br />
landschaftliche Umgebung sowie das Umfeld<br />
sprechen für sich. Da lässt sich die teilweise sehr<br />
stressige und unangenehme Arbeit viel leichter<br />
aushalten. Bei diesem Sommerjob wurde mir bewusst<br />
wie wichtig das gesamte Bild und nicht nur<br />
die Tätigkeit selber ist. Wenn die Kolleg_innen,<br />
die Vorgesetzten sowie die Umgebung der Arbeit<br />
zufriedenstellend sind, kann das Putzen Spaß<br />
machen.<br />
Ich persönlich bedauere es, dass in Österreich<br />
viele Seezugänge privatisiert sind. Daher gefällt<br />
mir das Europacamp mit dem Europabad so<br />
gut. Denn meiner Meinung nach sollten alle das<br />
Recht auf einen unentgeltlichen freien Seezugang<br />
haben, der bevorzugt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
erreichbar ist. Denn ich als Wienerin<br />
besitze gar keinen Führerschein.<br />
17 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & umwelt<br />
Geistige und kulturelle Grenzen überschreiten:<br />
Vom Nordkap nach Kapstadt<br />
ALLES WIRKLICHE LEBEN IST BEGEGNUNG<br />
Dipl.Ing. Alexander Ristic<br />
Journalist<br />
mehr infos<br />
Sie können ein Teil dieser Geschichten<br />
sein ….<br />
https://www.facebook.com/thairabud/<br />
https://www.instagram.com/thairabud/<br />
Thair Abud aus Graz macht sich<br />
zu Fuß auf den Weg. Er möchte<br />
vom nördlichsten Punkt Europas<br />
(Nordkap) zum südlichsten<br />
Punkt Afrikas (Kap der Guten Hoffnung)<br />
wandern. Drei Jahre hat er ursprünglich<br />
für die 30.000 km lange Wanderung<br />
eingeplant. Durch die Pandemie wurde<br />
die Reise jedoch kurzfristig unterbrochen<br />
und dann wieder fortgeführt. Derzeit ist<br />
Thair in Süditalien – Sizilien.<br />
Thair ist 56 Jahre alt und als Sohn einer<br />
Deutschen und eines Irakers in Duisburg<br />
geboren. Er wuchs bis zum 14. Lebensjahr<br />
im Irak auf, lebt seit 1979 in Graz<br />
und ist Vater zweier erwachsener Söhne.<br />
Als seine Schwester 2013 an Brustkrebs<br />
erkrankte, änderte er komplett sein<br />
Leben. Um seine Schwester moralisch zu<br />
unterstützen und mit seinen Geschichten<br />
von ihrer Krankheit abzulenken,<br />
machte er sich auf den Weg, um von<br />
Graz auf den Jakobsweg nach Santiago<br />
de Compostela zu gehen. Auf den 3.250<br />
Kilometern entstand auch das Versprechen,<br />
bei ihrer Gesundung und seiner<br />
wohlbehaltenen Ankunft in Compostela<br />
sofort von Graz nach Mekka zu gehen.<br />
2014 machte er sich auf den Weg: nach<br />
286 Tagen und 8.670 Kilometern kam er<br />
in Mekka an.<br />
Nach seinen Wanderungen wurde ihm<br />
klar, dass er sich komplett verändert hatte.<br />
Das frühere Leben wollte er nicht mehr<br />
leben. Er hing seinen Job an den Nagel<br />
und stellte sich die Frage nach dem Sinn<br />
des Lebens, den eigenen Lebenszielen und<br />
Prioritäten in seinem weiteren Leben. Ihm<br />
wurde die Endlichkeit des Lebens bewusst.<br />
Er fühlte sich eingesperrt in seinem<br />
„normalen“ Leben, erdrückt und gefesselt<br />
von materiellem Besitz und wollte das<br />
umgehend ändern.<br />
Er startete am 25. April 2018 seine<br />
Wanderung vom Nordkap. Das Ziel war<br />
das Kap der guten Hoffnung in Kapstadt.<br />
Das Wandern ist Lebensmotto und auch<br />
Lebensziel geworden, denn dabei kann er<br />
jeden Tag Neues sehen und kennenlernen.<br />
Jeden Tag entstehen neue Geschichten<br />
über Orte, Gedanken und Erlebnisse am<br />
Weg, über Einsamkeit und Nächstenliebe<br />
in der Begegnung mit verschiedenen<br />
Menschen.<br />
Es geht um die Reflexion über die Freiheit<br />
und Mut sein Leben zu verändern. Leben<br />
mit einem Minimum an Besitz während<br />
seiner Reise.<br />
Mit seiner herzlichen Art erlebt er viel<br />
Unterstützung auf der langen Reise. Die<br />
Menschen begegnen ihm mit Offenheit,<br />
Fotos: © Archiv Thair Abud<br />
18 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
sind interessiert an seinen erlebten Geschichten<br />
und überwinden in der Begegnung<br />
ihre Vorsicht vor dem „Fremden“.<br />
Es sind sehr herzliche und bereichernde<br />
Begegnungen = „alles Leben ist Begegnung“.<br />
Auf seinem Weg sammelt er Spenden<br />
für sein Herzensprojekt. Er unterstützt<br />
das Projekt „Doctor Clown“ für kranke<br />
Kinder in Tansania.<br />
Seine Geschichten erzählt er regelmäßig<br />
auf Facebook. Es ist faszinierend und<br />
bereichernd seinen Weg mitzuverfolgen.<br />
Sie können Thair’s spannende Wanderung<br />
täglich in seinem Facebook Bericht<br />
folgen und ihn unterstützen, indem Sie<br />
eine personalisierte Postkarte bestellen.<br />
Denn jeden Tag entstehen Geschichten.<br />
Foto: © OpenClipart-Vectors | pixabay.com<br />
19 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & vielfalt<br />
Fotografie:<br />
Eine Welt durch die Linse betrachtet<br />
WIE ICH DIESE WELT ENTDECKTE UND WIEVIEL MEHR ICH DURCH SIE<br />
ENTDECKEN KONNTE<br />
Dominika Letko<br />
Studentin<br />
Fotograf*innen sind unsere Augen<br />
zur Welt. Ob es sich nun um etablierte<br />
Künstler*innen, berichtende<br />
Journalist*innen oder leidenschaftliche<br />
Nachwuchsfotograf*innen handelt<br />
– sie informieren, inspirieren, verblüffen<br />
und bewegen uns. Mit jedem Foto werden<br />
Geschichten erzählt und gleichzeitig<br />
schreiben diese selbst Geschichte. Und<br />
da Fotos eine Universalsprache sprechen,<br />
die alle verstehen, können auch<br />
alle von diesen Geschichten erfahren.<br />
In dieser Hinsicht zähle auch ich mich<br />
zu diesen Geschichtenerzähler*innen.<br />
Mein Weg zur Fotografie begann klein<br />
und ohne große Erwartungen, wie sich<br />
dieses Hobby zukünftig entwickeln<br />
würde. Ich wusste nur, dass es mir Spaß<br />
machte und dass ich mich auf diese<br />
Weise kreativ ausleben wollte. Ein paar<br />
Jahre später startete ich schließlich mein<br />
Medien- und Kommunikationsdesign-<br />
Studium, wo Fotografie einen großen<br />
Zweig darstellte und ich mein Wissen<br />
auf unerprobten Gebieten noch erweitern<br />
konnte, was die Leidenschaft für<br />
mein Hobby noch mehr festigte.<br />
WIE ALLES BEGANN<br />
Als ich mit 15 Jahren meine erste Kamera<br />
geschenkt bekam, geriet ich erstmals<br />
in Kontakt mit der Fotografie. Auch<br />
wenn es nur eine Kompaktkamera war,<br />
die nicht allzu viele Funktionen aufwies,<br />
begann ich mit amateurhafter Begeisterung,<br />
diverse Motive abzulichten: Sonnenuntergänge,<br />
Landschaften, Blumen,<br />
Haustiere. Bald wurden mir jedoch die<br />
technischen Grenzen meiner Kamera bewusst<br />
und ich sehnte mich nach dem<br />
nächsten Upgrade: einer digitalen<br />
Spiegelreflexkamera. Diesen Traum<br />
erfüllte ich mir schließlich mit 18<br />
Jahren in einem Secondhandladen. Es<br />
war zwar nicht das neueste Modell,<br />
doch sie hatte sämtliche Funktionen,<br />
die ich für ein gutes Foto für wichtig<br />
erahnte. Meine ersten Aufnahmen<br />
beschränkten sich auf Landschaften<br />
und Natur, doch je mehr ich fotografierte<br />
und den Prozess kennenlernte,<br />
desto mehr Abwechslung suchte ich<br />
bei meinen Motiven. Und dann wagte<br />
ich mich an die Portraitfotografie.<br />
DIE FASZINATION HINTER<br />
PORTRAITS<br />
Jede*r (Hobby-)Fotograf*in hat ein<br />
Spezialgebiet. Ich dachte anfangs, das<br />
wäre bei mir die Natur- und Landschaftsfotografie.<br />
Doch dann traten<br />
Menschen vor meine Linse und es<br />
entfachte ein völlig neues Gefühl in<br />
mir. Die Fotos fühlten sich plötzlich<br />
lebendig an, da sie all diese Gesichter<br />
mit all ihren Emotionen zeigten.<br />
Zusätzlich wurde ich zu einer Art<br />
„Creative Director“, die nun gezielte<br />
Überlegungen zur Wahl des Sets, der<br />
Belichtung und der Körperhaltung anstellen<br />
konnte. Meine Models waren<br />
Freund*innen und Familienmitglieder<br />
und sie fragten mich dann auch<br />
immer, wie sie schauen oder sich<br />
positionieren sollten. Auch wenn ich<br />
anfangs immer etwas Unbehagen von<br />
den Models spürte, merkte ich, wie<br />
20 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
sie zunehmend auftauten und lockerer<br />
wurden, je mehr Fotos ich machte. Die<br />
Anweisungen wurden weniger, denn<br />
das Posen kam von selbst und es freute<br />
mich zu sehen, wie sie mit einem Mal<br />
ihre Komfortzone verlassen hatten und<br />
auch noch Spaß daran hatten, vor der<br />
Kamera zu stehen. Und am Ende freuten<br />
sie sich dann über ein paar schöne Fotos<br />
von sich.<br />
TIPPS UND TRICKS FÜR<br />
ANFÄNGER*INNEN<br />
Wer ebenso eine Leidenschaft für Fotografie<br />
in sich spürt und dieser nachgehen<br />
möchte, dem kann ich mit diesem<br />
kleinen Ratgeber etwas aushelfen:<br />
1. WAHL DER KAMERA:<br />
Du brauchst kein teures High-End-<br />
Gerät, wenn du gerade erst mit<br />
der Fotografie startest. Gerade bei<br />
digitalen Spiegelreflexkameras gibt<br />
es diverse Einstiegsmodelle, die auch<br />
preislich sehr ansprechend sind – ob<br />
nun neu oder gebraucht. (Ich habe<br />
z.B. mit einer gebrauchten Canon EOS<br />
400D begonnen, die ich um 150 EURO<br />
bekommen habe.)<br />
2. SPEZIALGEBIET:<br />
Was möchtest du fotografieren? Dein<br />
Motiv ist unter anderem entscheidend<br />
dafür, welche Objektive du<br />
benötigst, um das Beste aus deinem<br />
Foto herauszuholen. In der Portraitfotografie<br />
wird etwa mit lichtstarken<br />
Objektiven gearbeitet. Das bewirkt,<br />
dass die Person auf dem Bild heraussticht,<br />
während der Hintergrund ganz<br />
unscharf wird.<br />
3. DER PERSÖNLICHE STIL:<br />
Dieser Punkt geht über das Spezialgebiet<br />
hinaus, wird jedoch erst über<br />
einen längeren Zeitraum sichtbar. So<br />
verleiht der persönliche Stil deinen<br />
Fotos eine individuelle Marke, ein<br />
Kennzeichen. Etwa ein bestimmter<br />
Bearbeitungsstil (z.B. matte Farben),<br />
ein Muster in der Ausrichtung des Sets<br />
(z.B. Portraits in der Natur) oder ein<br />
Einsatz bestimmter Requisiten oder<br />
Effekte (z.B. Lichter, Reflexionen).<br />
Das ist natürlich längst nicht alles, doch<br />
mit etwas Recherche lassen sich die<br />
wichtigsten Grundlagen der Fotografie<br />
schnell erlernen. Was Inspiration für die<br />
eigenen Fotos angeht, so lässt sich diese<br />
am besten bei anderen Fotograf*innen<br />
aus aller Welt finden.<br />
Foto: © Dariusz Sankowski-pixabay.com | Free-Photos-pixabay.com<br />
21 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & gedanken<br />
Professor Abakus:<br />
Verständlich und einfach erklärt<br />
Prof. Abakus ist ein aufgeweckter Junge. Er erzählt von Erlebnissen und Beobachtungen<br />
aus seiner kleinen Welt und bezieht das Verhalten Erwachsener mit ein.<br />
Verträumt, idealistisch und mit einem Augenzwinkern beschäftigt er sich mit der<br />
Welt von heute und morgen. Und da gibt es in seinen Augen einiges zu tun.<br />
• "Eine Hand wäscht die andere" ist eine Geschichte über Geben und Nehmen<br />
• „Bitte sofort aufwachen" ist eine Geschichte über Traum oder Vision?<br />
Foto: © Mykola Velychko - Fotolia.com<br />
Professor Abakus<br />
Zu finden sind alle HÖR | IMPULSE auf unserer Homepage: http://magazin.LmZukunft.at/<br />
podcasts.html<br />
Aber auch auf Youtube und SoundCloud finden Sie Professor Abakus, geben Sie einfach<br />
„Professor Abakus“ ein.<br />
22 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Schenken<br />
Sie doch heuer<br />
eine Ziege.<br />
Schenken mit Sinn macht mehrfach Freude<br />
Einerseits unterstützen Sie damit Projekte, die notleidenden Menschen<br />
im In- und Ausland helfen. Andererseits kann diese Unterstützung in Form<br />
eines Billets als Geschenk an eine liebe Person weitergegeben werden.<br />
schenkenmitsinn.at<br />
T-SHIRT<br />
DAZU SCHENKEN<br />
© iStockphoto (Antagain)
information & entwicklung<br />
Elternwerkstatt:<br />
Erziehung ist (k)ein Kinderspiel<br />
DIE SCHULHEFTE UND DER RESPEKT<br />
Mag. a Maria Neuberger-<br />
Schmidt<br />
Autorin und Gründerin<br />
Verein Elternwerkstatt<br />
www.elternwerkstatt.at<br />
Foto: Ingrid Perger<br />
Elternwerkstatt<br />
Foto: © Nicole Effinger - Fotolia.com<br />
24 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong><br />
Eine Mutter sitzt mit ihrem etwa<br />
9-jährigen Sohn Hugo in der Straßenbahn.<br />
Offensichtlich haben sie<br />
eine Auseinandersetzung, da die<br />
Mutter die benötigten Hefte aufgrund<br />
eines Lieferengpasses nicht besorgen<br />
konnte. Sie versucht sich zu rechtfertigen,<br />
aber ihr Sohn hört nicht zu, beschimpft<br />
sie und lässt sie nicht ausreden.<br />
Verärgert kündigt sie Hausarrest an und<br />
schaut schmollend und starr zum Fenster<br />
hinaus. Hugo versteht nicht, warum er<br />
nun bestraft wird, denn immerhin hat ja<br />
sie die Schulhefte nicht besorgt.<br />
Mutter: „Weil du frech bist<br />
und auch vorher schon so<br />
böse warst.“<br />
RETOURKUTSCHE AUS<br />
SCHWÄCHE:<br />
LIEBESENTZUG,<br />
STRAFE, ABWERTUNG<br />
Die Mutter hat es verabsäumt,<br />
rechtzeitig Grenzen zu setzen und<br />
lässt zu, dass sich ihr Sohn respektlos<br />
verhält. Als es ihr aber zu viel wird,<br />
macht sie ihn dafür verantwortlich,<br />
indem sie schmollt, ihn beschimpft und<br />
durch Hausarrest bestraft. Sätze wie<br />
„Weil du böse bist!“ sind nicht dazu<br />
geneigt, Einsicht zu wecken – im Gegenteil,<br />
sie nageln fest! Rachegefühle werden<br />
geschürt und dem Sohn wird nicht<br />
vermittelt, sich selbst und seine Mutter<br />
zu achten. So entsteht ein Teufelskreis!<br />
VERSTÄNDNIS STATT RECHT-<br />
FERTIGUNG<br />
Die Alternative? Die Mutter<br />
könnte durchaus Verständnis<br />
für den Unmut Ihres<br />
Sohnes zeigen und<br />
erst dann eine<br />
Erklärung geben. Wenn er sich verstanden<br />
fühlt, wird er in der Lage sein,<br />
ihr zuzuhören. Das könnte sich z.B. so<br />
anhören: „Ich verstehe, dass du verärgert<br />
bist, aber die Lieferung war mir für heute<br />
zugesagt worden. Hast du eine Ahnung,<br />
wie wir das Problem nun lösen können?“<br />
Auch wenn sie Schuld hätte, gilt<br />
es Haltung zu wahren: „Es tut mir leid,<br />
dass ich vergessen habe. Ich kann deinen<br />
Ärger verstehen.“ Wenn er auf diese<br />
Weise ernst genommen und in die Problemlösung<br />
eingebunden wird, kommt er<br />
wahrscheinlich erst gar nicht auf die Idee,<br />
die Mutter zu beschimpfen. Wenn doch,<br />
ist es wichtig, dies sofort anzusprechen<br />
und zu unterbinden: „Auch wenn es ein<br />
Problem gibt, steht es dir nicht zu, mich<br />
zu beschimpfen! Bitte versuch’ dich zu<br />
beherrschen! Überleg dir was zu tun ist<br />
und reden wir zu Hause weiter.“ oder:<br />
„Ich mach dir einen Vorschlag….“<br />
Sollte auch das nichts nutzen, muss sie<br />
konsequent handeln. (z.B. Aussteigen:<br />
„Ich nehme die nächste Straßenbahn!“)<br />
In einer ruhigen Minute kann sie ihrem<br />
Sohn tröstende Worte sagen und ihm<br />
erklären, dass es sie verletzt, wenn er sie<br />
beschimpft – aber seien Sie nicht Mitleid<br />
erregend! Damit sind Kinder überfordert.<br />
RESPEKT GIBT HALT<br />
Besonders dann, wenn Sie sehr belastet<br />
sind, gilt es, die Nerven zu bewahren.<br />
Holen Sie sich Unterstützung, denn Szenen<br />
wie diese sollten nicht den Alltag mit<br />
Ihren Kindern prägen. Wenn das Beziehungsklima<br />
gehässig wird und Kinder die<br />
Achtung vor den Eltern und den Erwachsenen<br />
verlieren, wird Erziehung immer<br />
schwieriger und Sie verlieren den Einfluss<br />
auf Ihr Kind – das kann schon in wenigen<br />
Jahren gravierende Folgen haben.
INFO<br />
Books4Life ist ein Netzwerk<br />
karitativer Second-Hand-Buchläden,<br />
die sich dem Verkauf und<br />
der Aufwertung von Büchern<br />
verschrieben haben.<br />
Unsere Vision ist<br />
• Armut zu bekämpfen<br />
• Bildung zu fördern<br />
• Umwelt zu schonen und<br />
• literaturbegeisterte<br />
Menschen zu vernetzen<br />
Unser Verein besteht ausschließlich<br />
aus Freiwilligen.<br />
Somit ist es uns möglich, 90%<br />
des Umsatzes unkompliziert<br />
und direkt an unsere Spendenpartner<br />
weiterzugeben.<br />
DER SOZIALE<br />
BUCHLADEN IN WIEN<br />
BÜCHER KAUFEN<br />
& SPENDEN<br />
Die einfachste Möglichkeit, uns zu<br />
unterstützen, ist mit einem Bücherkauf!<br />
Shop: Schlösselgasse 8 / 1080 Wien<br />
Online-Shop: http://shop.b4l-wien.at<br />
Bücherspenden nehmen wir auch<br />
gern - bitte nur nach Absprache über<br />
info@b4l-wien.at!<br />
Du willst uns unterstützen? So geht‘s:<br />
EVENTS BESUCHEN<br />
Wir basteln mit bedruckten Blättern,<br />
feilen mit euch am Poetryslam und<br />
bieten Schreiberlingen eine Bühne.<br />
Zwei der Spendenempfänger<br />
werden jährlich neu gewählt.<br />
Unsere beiden fixen Partner sind:<br />
Als aktives Mitglied engagierst<br />
du dich im Shop, im Marketing,<br />
bei Events, in der IT oder Verwaltung.<br />
Es gibt genug zu tun!<br />
<strong>MIT</strong>GLIED WERDEN<br />
Als unterstützendes Mitglied<br />
hilfst du uns, die Miete zu<br />
stemmen und bekommst dafür<br />
50% Rabatt auf deinen Einkauf.<br />
Neugierig geworden?<br />
Wir freuen uns auf dich!<br />
info@b4l-wien.at<br />
http://www.b4l-wien.at<br />
ANDERE VON UNSERER IDEE BEGEISTERN
information & gedanken<br />
Bussi Baba:<br />
Wien, Wien, nur Du allein<br />
VOM ABSCHIEDNEHMEN UND VON WAHRGEWORDENEN TRÄUMEN<br />
Lena Knapp ˇ<br />
Studentin und<br />
freie Schauspielerin<br />
Foto: © Robert Krenker<br />
In ein paar Tagen packe ich meine Koffer und ich packe ein… die letzten viereinhalb<br />
Jahre meines Lebens. Kaum bin ich in der Stadt meiner Träume angekommen,<br />
bin ich schon wieder auf dem Weg hinaus und ziehe an einen anderen, um<br />
einiges kleineren Ort.<br />
Ich bin 2017 nach Wien gekommen, weil ich mich verliebt habe. Nicht in einen Menschen,<br />
sondern in die Stadt. Das war die letzten Jahre immer mein Running Gag,<br />
wenn ich gefragt wurde, warum ich als Deutsche, die weder Medizin noch Psychologie<br />
studiert, in Wien lebe. Ich habe mich in die Stadt verliebt, in der ich schon an<br />
meinem achten Geburtstag im Kindermuseum im Schloss Schönbrunn beschlossen<br />
hatte, hinzuziehen, wenn ich ‚groß‘ bin. ‚Groß‘ war ich noch nicht, als mein Kindheitstraum<br />
mehr oder weniger spontan wahr wurde und ich den Entschluss fasste,<br />
tatsächlich nach Wien zu ziehen. Und ich bin es auch heute nicht wirklich, aber die<br />
Stadt – und alles was ich hier erlebt habe – hat mich definitiv wachsen lassen.<br />
Dass ich als damals Neunzehnjährige einfach entscheiden konnte, in eine andere<br />
Stadt zu ziehen, ist ein sehr großes Privileg. Das ist mir in Zeiten wie diesen bewusster<br />
als je zuvor und deshalb möchte ich an dieser Stelle unbedingt noch kurz<br />
daran erinnern, dass nicht jede Person das Glück hat, sich ohne große Komplikationen<br />
dazu entschließen zu können, von zu Hause aus- und in ein anderes Land<br />
zu ziehen. Nicht jede*r hat so ein gut gefülltes Starterpack für das (Erwachsenen-)<br />
Leben wie ich es zum Beispiel hatte und nicht jede*r kann so freie, unabhängige<br />
Entscheidungen treffen.<br />
DER VERSUCH EINES ABSCHIEDSBRIEFS<br />
Wien, ich werde dich vermissen. Dein Leben, das in dir pulsiert und gerade jetzt<br />
langsam wieder zu blühen beginnt. Deinen fast immer freien oder zumindest<br />
vergünstigten Zugang zur Kultur, der Menschen aufsaugt und verzaubert wieder<br />
ausspuckt, so wie es auch mir passiert ist.<br />
Deinen Charme: deine Grantler*innen, dein Sudern, dein „zweite Kassa bitte“ im<br />
Billa, deine zuverlässig stinkende, aber immer nach-Hause-bringende U6, deinen<br />
leichten Hang zum Alkoholismus und zum Exzess.<br />
Foto: © Dimitry Anikin | unsplash.com<br />
26 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Deine Straßen, deine Grätzl, die mich immer wieder<br />
aufgefangen haben und in denen ich mehrere Zuhauses<br />
gefunden habe. Deinen bunten Topf an Menschen, die<br />
für das brennen, was sie machen, von dem sie träumen<br />
und von denen ich nun einige meine Freund*innen<br />
nennen darf.<br />
Aber warum gehe ich jetzt überhaupt? Weil der<br />
einstige Kindheitstraum, in Wien zu leben, nun von<br />
meinem anderen Kindheitstraum abgelöst wird:<br />
Schauspielerin zu sein.<br />
Jetzt könnte ich meinen, dass ich, wo ich schon den<br />
einen Traum erfolgreich verwirklich habe, ganz gut<br />
wissen müsste, wie das ist, wenn ein Traum nicht<br />
mehr Flügel, sondern Beine hat, zur Realität wird und<br />
plötzlich neben einem her spaziert. Aber das stimmt<br />
nicht. Ich weiß gar nichts darüber und probiere aktuell<br />
eher Schritt zu halten mit dem neuen, dem wahrgewordenen<br />
Traum.<br />
Gleichzeitig frage ich mich, wie man das macht: Abschied<br />
nehmen. Und daher beende ich diesen Artikel<br />
mit einer Frage: Wie kann man Abschied nehmen von<br />
etwas, das man liebt, das man sich selbst ausgesucht<br />
hat, das man aber einer anderen Liebe wegen verlassen<br />
muss?<br />
Eines ist mir zumindest klar: Menschen kommen, Menschen<br />
gehen, aber eine Stadt, die bleibt. Das ist eine<br />
beruhigende Gewissheit.<br />
27 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & entwicklung<br />
Alltagssituationen:<br />
Kinder positiv bestärken<br />
WARUM PROFESSIONELLES, PÄDAGOGISCHES HANDELN WICHTIG<br />
IST<br />
Roswitha Maderthaner BEd<br />
Montessoriepädagogin<br />
Akademische Trainerin<br />
Dipl.Biografiearbeiterin<br />
Julian klettert auf einen Baum.<br />
Mühsam hangelt er sich hinauf und<br />
setzt sich schließlich auf einen etwas<br />
höher gelegenen Ast. Voll Stolz blickt<br />
er runter und ruft seiner Erzieherin zu.<br />
„Guck mal, wie weit ich oben bin.“ Die<br />
Erzieherin winkt ihm zu und bestätigt<br />
ihm, dass sie ihn sieht und wie weit er<br />
es geschafft hat. Sie nimmt Anteil an<br />
seinem Erfolg und bestärkt sein Tun.<br />
Eine andere Erzieherin, die das Geschehen<br />
ebenfalls verfolgt, ruft Julian zu. „Oh<br />
mein Gott, bist du weit oben, pass bloß<br />
auf, dass du nicht runterfällst. Ehrlich gesagt<br />
ist mir das viel zu hoch, komm bitte<br />
sofort runter, damit dir nichts passiert.“<br />
Alltagssituationen wie diese fordern<br />
Pädagog*innen zum Handeln auf. Wie<br />
dieses Handeln gestaltet wird, hängt von<br />
der Professionalität der Fachkraft ab und<br />
wird von deren Wissen und Können bestimmt.<br />
Zudem spiegelt sich in ihrer Art<br />
zu handeln, ihre pädagogische Haltung<br />
ihre Kompetenz und ihr professionelles<br />
Selbst wider. All das unterscheidet sie<br />
von nicht professionalisierten Personen.<br />
Was aber macht den Unterschied<br />
zwischen professionalisiertem pädagogischem<br />
Handeln und den nicht professionellen<br />
Reaktionen aus?<br />
Um pädagogisch professionell handeln<br />
zu können, bedarf es laut Helsper (<strong>2021</strong>)<br />
neben dem wissenschaftlichen pädagogischen<br />
Wissen, sozialer Kompetenzen,<br />
Routinen in der Interaktions- und Beziehungsgestaltung<br />
auch einer Sinnerschließung<br />
des Fallverstehens. Das heißt,<br />
reines Theoriewissen, eine Erziehung<br />
nach Buch funktioniert nicht. Vielmehr<br />
muss die pädagogische Fachkraft eine<br />
Situation richtig interpretieren können,<br />
die Situation also verstehen können um<br />
dann adäquat, das heißt, professionell<br />
darauf reagieren zu können. Dewe<br />
(2011) spricht davon, dass ein Handeln<br />
nach Regelanwendung nicht dem pädagogischen<br />
Anspruch gerecht wird.<br />
Im Fall des kleinen Julians heißt das,<br />
die Erzieherin muss die Situation richtig<br />
interpretieren, damit sie professionell<br />
darauf reagieren kann. Die eine Erzieherin<br />
beobachtet wie geschickt sich<br />
der Junge auf dem Baum bewegt, wie<br />
stolz er ist, es geschafft zu haben. Sie<br />
traut ihm das zu. Sie weiß, wie wichtig<br />
es ist, dass Kinder die Erfahrung<br />
machen, dass sie sich etwas zutrauen<br />
können, dass sie geschickt sind.<br />
Ebenso weiß sie, wie wichtig es ist,<br />
dass Kinder am eigenen Leib spüren,<br />
was sie sich zutrauen können. Und sie<br />
kennt Julian aus früheren Beobachtungen.<br />
Sie interpretiert die Situation<br />
dahingehend, dass sie sein Können<br />
mithilfe ihrer emotionalen Kompetenz<br />
und Empathie bestärkt. Sie zeigt ihm,<br />
dass sie ihn wahrnimmt, sie sieht ihn.<br />
Sie beschreibt was sie wahrnimmt,<br />
und nimmt so Anteil an seinem Erfolg.<br />
Sie bestätigt ihn in seinen Fähigkeiten<br />
und stärkt so sein Selbstvertrauen.<br />
Dazu muss sie über ein Theoriewissen<br />
verfügen, die Situation, den Fall richtig<br />
interpretieren und innerlich ein Stück<br />
zurücktreten. Eigene Erfahrungen mit<br />
dem Klettern, mögliche Gefahren und<br />
eigene eventuell ängstliche anerzogene<br />
28 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
Sichtweisen reflektieren und diese zu<br />
Gunsten der Professionalität hintenanstellen.<br />
All das läuft in Sekundenschnelle<br />
ab. Erzieherisches Handeln, will es wirksam<br />
sein, muss oft sehr schnell erfolgen.<br />
Natürlich hilft einem hier die Erfahrung,<br />
um die einzelnen Situationen erfolgreich<br />
und schnell interpretieren zu können.<br />
Professionelles pädagogisches Handeln<br />
hat stets die Eigen - und Selbständigkeit<br />
des Kindes zum Ziel. Schließlich soll die<br />
Entwicklung vorangetrieben werden, und<br />
dies ist dann möglich, wenn es gelingt,<br />
dass das Kind kompetenter wird und sein<br />
Leben immer selbstbestimmter meistern<br />
kann.<br />
Anders das Verhalten der zweiten Erzieherin.<br />
Möglicherweise veranlassen sie<br />
ihre unreflektierten Erfahrungen oder anerzogenen<br />
Glaubenssätze, oder schlicht<br />
das Nichtwissen dazu, entwicklungshemmend<br />
zu reagieren. Auch ihre Botschaft<br />
wird das Kind erreichen und dementsprechende<br />
Gefühle hervorrufen. Es gibt also<br />
immer eine Vielzahl an Möglichkeiten<br />
von pädagogischen Handlungsweisen, ob<br />
diese professionell sind bestimmen die<br />
oben genannten Faktoren. Öffentliche<br />
pädagogische Einrichtungen müssen den<br />
Anspruch auf Professionalität stellen.<br />
Dafür braucht es neben guten Rahmenbedingungen<br />
bestausgebildetes pädagogisches<br />
Personal. Das erfordert eine sehr<br />
gute Grundausbildung, Selbstwahrnehmung,<br />
Reflexionsfähigkeit und ständige<br />
Weiterbildung. Ohne diese Faktoren<br />
läuft die Fachkraft Gefahr, intuitiv, unbewusst<br />
und unreflektiert zu handeln. So<br />
gesehen wird dann Erziehung zu einem<br />
Kinderspiel, einem unprofessionellen,<br />
durchaus entwicklungsgefährdenden<br />
und kann von sämtlichen ungeschulten<br />
Personal geleistet werden.<br />
Ein professionelles pädagogisches Handeln<br />
ist deshalb wichtig, um Kinder in<br />
ihrer Eigenständigkeit zu fördern, sie positiv<br />
zu stärken, ihre Talente zu fördern<br />
und ihre Entwicklung auf eine salutogene<br />
Art und Weise voranzutreiben und<br />
zu begleiten. Dazu bedarf es bestausgebildete<br />
Fachkräfte. Alles andere als ein<br />
Kinderspiel.<br />
Foto © 12022868 | pixabay.com<br />
29 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & umwelt<br />
Urlaub in Österreich:<br />
Naturpark Zirbitzkogel-Grebenzen<br />
ACHT BERGE WUNDERBAR WANDERBAR, EIN LÄCHELN!<br />
Dipl.Ing. Alexander Ristic<br />
Associated Press Austria<br />
Seit über einem Jahr stellt uns die<br />
Corona-Pandemie vor große Herausforderungen,<br />
sowohl beruflich<br />
als auch privat. Wir werden bald<br />
die Pandemie besiegen, aber wir werden<br />
umdenken, unser Leben verändern und<br />
uns anders verhalten müssen.<br />
Wir haben beschlossen unsere Umgebung<br />
besser kennenzulernen und<br />
unseren Urlaub im Naturpark<br />
Zirbitzkogel-Grebenzen zu verbringen =<br />
mit dem Auto nur 2,5 Stunden von Wien<br />
entfernt.<br />
Ankommen, durchatmen und eintauchen<br />
in eine Bilderbuchlandschaft, die<br />
vielfältiger nicht sein kann. Wir haben<br />
uns die Zeit genommen, um bewusst<br />
abzuschalten und die Natur und Familie<br />
zu genießen.<br />
Wir haben folgendes erlebt:<br />
• Pöllauer und Zeutschacher Ursprungsquellen:<br />
ein Schluck reines<br />
Trinkwasser dient der Erfrischung<br />
während der Wanderung<br />
• Graggerschlucht: eine erfrischende<br />
Wanderung durch eine wildromantische<br />
Schlucht mit dem Rauschen des<br />
Gebirgsbaches und einem malerischen<br />
Kaskadenwasserfall<br />
• 4-Seen Rundwanderung: Muhrenteich,<br />
Podolerteich, Hasloberteich und<br />
Ochsenstallteich und das alles in 2<br />
Stunden<br />
• Dürnberger Moor: Zeitzeuge der Eiszeit<br />
mit sensiblem Lebensraum<br />
• Mehrere Forellenteiche<br />
• Streuobstwiesen<br />
• derweg: Hans im Glück = ein Paradies<br />
für Kinder<br />
Die Natur in Zirbitzkogel-Grebenzen ist<br />
aber nicht nur Ort der Erholung, sondern<br />
auch ein umfangreiches Naturlehrbuch, das<br />
Erstaunliches über unsere wunderschöne<br />
Landschaft, Tiere und uns als Menschen<br />
verrät. Wussten Sie, dass das Verhalten von<br />
Fichtenzapfen bei Regen Vorbild für unsere<br />
funktionelle Sportbekleidung ist? Wahrscheinlich<br />
nicht, denn wir haben die Kunst in<br />
der Natur zu lesen, leider vergessen.<br />
Lassen Sie sich bei der nächsten Gelegenheit<br />
oder im Urlaub auf die Natur ein. Bäume,<br />
Blumen und Bäche – sie alle erzählen sehr<br />
lernreiche Geschichten. Halten Sie kurz inne,<br />
hören Sie genau zu und entdecken Sie dabei<br />
sich selbst.<br />
Wenn Du die Welt verändern möchtest,<br />
musst Du Dich verändern!<br />
„Wenn ich noch einmal zurück gehen<br />
könnte, würde ich weniger Dinge so ernst<br />
nehmen. Ich würde mehr in der Natur sein<br />
und mehr Sonnenuntergänge betrachten.“<br />
Jorge Luis Borges<br />
Fotos: © DI Alexander Ristic<br />
30 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
31 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong>
information & vielfalt<br />
Brigitte Brüning:<br />
ABC-Schützen in Frankfurt/Oder<br />
NOSTALGIE SUCHT GERNE WÄRME IN LÄNGST ERKALTETEN NESTERN<br />
© Michael Marie Jung<br />
Artikel aus:<br />
Unvergessene Schulzeit.<br />
Band 1 und Band 2<br />
Erinnerungen von Schülern und<br />
Lehrern 1921-1962<br />
384 Seiten, viele Abbildungen,<br />
Zeitgut-Auswahl, gebunden<br />
Zeitgut Verlag GmbH Berlin,<br />
www.zeitgut.com<br />
ISBN 978-3-86614-140-7<br />
Fotos: © Zeitgut-Verlag<br />
32 | <strong>SEPTEMBER</strong> <strong>2021</strong><br />
Der 2. September 1946, mein<br />
erster Schultag, war ein warmer<br />
und sonniger Montag. Mein<br />
Vati hatte mich im Sommer für<br />
die Schule angemeldet. Jedes Kind, das<br />
sechs Jahre alt war, wurde eingeschult,<br />
aber auch Kinder, die bereits acht Jahre<br />
alt waren, kamen in die erste Klasse.<br />
Viele waren zwar schon 1944 während<br />
des Krieges eingeschult worden, trafen<br />
aber durch Flucht und Vertreibung aus<br />
den Ostgebieten erst Mitte 1946 in<br />
Deutschland ein.<br />
In Frankfurt hatten am 1. Oktober 1945<br />
drei Schulen den Schulbetrieb aufgenommen,<br />
am 2. September 1946 kamen vier<br />
weitere hinzu. Ich wurde im ehemaligen<br />
Realgymnasium in der Wieckestraße<br />
eingeschult. Ich hatte das rot-weißkarierte<br />
Kleid an, das ich bereits in den<br />
vergangenen zwei Jahren trug. Tante<br />
Martha hatte es mit weißen Stoffstreifen<br />
verlängert, so daß ich das Kleid noch<br />
einige Zeit anziehen konnte. Dazu trug<br />
ich braune Halbschuhe mit gehäkelten<br />
Schnürsenkeln, die ich, zum Leidwesen<br />
meiner Großmutter, immer noch nicht<br />
zur Schleife binden konnte. Eigentlich<br />
waren mir die Schuhe zu klein, aber mein<br />
Vati hatte kurzerhand die Kappe vorn<br />
aufgeschnitten. Alle zehn Zehen schauten<br />
heraus, aber die Schuhe drückten<br />
nicht mehr. Meine dunklen Socken bestanden<br />
fast nur aus gestopften Stellen.<br />
Meine Großmutter und mein kleiner Bruder<br />
Hans-Dieter, der gerade fünf Jahre<br />
alt geworden war, begleiteten mich zur<br />
Schule. Wir gingen die Theaterstraße<br />
entlang, an dem kleinen Park vorbei.<br />
Rechts türmten sich Ruinen, Trümmerund<br />
Schuttberge auf. Dort arbeiteten<br />
Trümmerfrauen. Ihre Kinder spielten<br />
am Rande mit kleinen Steinen, die sie<br />
immer in das gleiche Loch warfen. Die<br />
Frauen sortierten Trümmerteile von bereits<br />
zum Einsturz gebrachten beschädigten<br />
Häusern. Mauersteine, Dielen<br />
und Holzbalken wurden gereinigt und<br />
zur Wiederverwendung bereitgelegt,<br />
ebenso Kabel und Rohre, die später<br />
eingeschmolzen werden sollten. Holzreste<br />
waren begehrtes Brennmaterial;<br />
alles was nicht weiter verwendungsfähig<br />
war, kam auf die Schutthalde.<br />
Wir liefen auch an der Gurschstraße<br />
vorbei, in der wir bis Februar 1945<br />
gewohnt hatten. In der Endphase des<br />
Krieges, als die sowjetischen Truppen<br />
auf breiter Front die deutschen Grenzen<br />
überschritten, waren wir nach Berlin<br />
evakuiert worden und dort bei Tante<br />
Lieselotte untergekommen. Das war<br />
unser Glück, denn im April 1945 zerstörte<br />
ein Bombenangriff fünf Häuser<br />
der Straße, darunter auch unser Haus,<br />
nur ein paar Wände blieben stehen.<br />
Meine Gedanken gingen zu meiner<br />
Mami, ich wurde ganz traurig und still.<br />
Meine Mutter war erst im Januar an<br />
einer Lungenentzündung gestorben.<br />
Durch die schlechte Ernährung fehlten<br />
ihrem Körper Abwehrkräfte, und sie<br />
wurde krank. Innerhalb von nur vier<br />
Tagen war sie tot. Das Penicillin, das<br />
ihr Leben hätte retten können, gab es<br />
in Deutschland noch nicht, erklärte mir<br />
mein Vater.<br />
Als wir in der Schule angekommen<br />
waren, versammelten wir Erstkläßler<br />
uns auf dem Schulhof, nur wenige<br />
hatten eine Schultüte. Ich war glücklich
über meinen abgeschabten, alten, braunen<br />
Ranzen. Ich weiß nicht, wo Vati ihn aufgetrieben<br />
hatte. Viele Kinder mußten sich mit<br />
einem kleinen Beutel begnügen. Im Ranzen<br />
befanden sich Schiefertafel und Griffel. Ein<br />
kleiner Lappen hing an einer Schnur herunter<br />
und baumelte bei jedem Schritt. Von meinem<br />
Teddy, meinem einzigen Spielzeug, schaute<br />
der Arm heraus.<br />
Unsere Namen wurden aufgerufen, ich kam<br />
in die Klasse 1b. Wir waren 30 Jungen und<br />
20 Mädchen. Unsere Lehrerin hieß Fräulein<br />
Lucie Glaser. Sie hatte schon früher unterrichtet.<br />
Sie war 35 Jahre alt, groß und dünn,<br />
hatte lange rote Haare und ein blasses<br />
Gesicht mit Sommersprossen. Fräulein<br />
Glaser trug ein dunkelblaues Kostüm, eine<br />
hochgeschlossene Bluse und schöne blaue<br />
Absatzschuhe. Sie wirkte streng und unnahbar,<br />
lächelte nie, sie war mir nicht gerade<br />
sympathisch. Im Klassenraum wies sie jedem<br />
Schüler einen Platz zu. Wir übten Stillsitzen<br />
und still sein, Arme und Hände ordentlich<br />
auf die Bank legen mit kerzengeradem<br />
Rücken. Die Lehrerin ging mit festem Schritt<br />
durch die Bankreihen. Wir saßen wohl nicht<br />
so, wie sie es verlangte, und wir waren auch<br />
nicht so still. Viele schwatzten, da rief sie:<br />
„Euch wird das Schwatzen noch vergehen!“<br />
Lilli wollte aufstehen und zur Toilette gehen,<br />
aber Fräulein Glaser befahl, sie solle sich<br />
wieder setzen und auf die Pause warten. Lilli<br />
fing bitterlich an zu weinen und machte sich<br />
in die Hosen. Auf ihrem Stuhl und darunter<br />
bildete sich eine große Pfütze, die mußte sie<br />
aufwischen und sich dann in die Ecke stellen.<br />
Zuerst mußten wir unsere Ranzen und Beutel<br />
auspacken, die Schiefertafel hinstellen und<br />
den Griffel auf den Tisch legen. Ich setzte<br />
auch meinen Teddy auf den Tisch, der<br />
brummte auf einmal ganz laut. Wie schimpfte<br />
Fräulein Glaser da mit mir: „Wir sind hier in der Schule und nicht im<br />
Kindergarten!“<br />
Ich hing so sehr an meinem Teddy. Seit meinem ersten Geburtstag<br />
begleitete er mich, da hatte ich ihn von meiner Mami geschenkt bekommen,<br />
sie hatte ihn auch schon als Kind gehabt. Nur ihn durfte ich<br />
mitnehmen, als wir evakuiert wurden. Mit ihm habe ich Mutter und Kind,<br />
Postbote und Doktor gespielt, er wurde gefüttert und gebadet. So sah er<br />
allerdings nach all dem auch aus. Ich liebte ihn so, wie er war, für mich<br />
war er der liebste Kuschel-Teddy, der mit mir weinte und mich tröstete,<br />
wenn ich ganz traurig war ...<br />
Plötzlich wurde ich aus meinen Teddy-Träumen gerissen. Fräulein Glaser<br />
erklärte laut und mit Nachdruck, was sie von uns erwartete: Fleiß, Pünktlichkeit,<br />
Unbestechlichkeit, Selbstzucht und Offenheit, die preußischen<br />
Tugenden. Sie hasse Faulpelze und Feiglinge. Wir müßten lernen, mitarbeiten<br />
und wißbegierig sein, wir lernten für unser späteres Leben, nicht<br />
für sie. So hämmerte sie auf uns ein.<br />
Inzwischen war es Mittag geworden. Wir erhielten Schulspeisung – eine<br />
dicke Brotsuppe, die stark nach Kümmel duftete. Unsere Blechbecher<br />
wurden bis zum Rand gefüllt. Wie genossen wir das! Mir schien es, als<br />
hätte ich noch nie so eine leckere, köstliche Suppe gegessen. Für manche<br />
Kinder war die Schulspeisung die erste Mahlzeit am Tag. Ich hatte schon<br />
am Morgen eine klitschige Scheibe Brot, mit Öl beträufelt und mit wenig<br />
Zucker bestreut, gegessen. Wie waren wir froh, wenn wir sattwurden<br />
und es abends noch ein Hasenbrot gab. Der Vater hat von seinem Brot,<br />
das er zur Arbeit mitnahm, für uns immer etwas übriggelassen.<br />
Als die Schule für heute endlich aus war, beschloß ich, nicht mehr in die<br />
Schule zu gehen. Ich fand die Lehrerin so streng. Aber wie sollte ich das<br />
anstellen?<br />
Da kam mir ein Gedanke. Schnell rannte ich von der Schule den Berg<br />
hinunter, ich wollte hinfallen und mir den Arm brechen. Ich fiel auch hin,<br />
schlug mir aber nur die Knie auf, es blutete sehr. Ich heulte jämmerlich.<br />
Zu Hause wollte ich nicht sagen, daß ich das absichtlich getan hatte. Es<br />
blieb mir also nichts anderes übrig, als mich am nächsten Tag wieder<br />
tapfer auf den Schulweg zu machen.<br />
Nach einigen Monaten fand<br />
ich Fräulein Glaser doch ganz<br />
nett. Später haben wir auch<br />
den Grund für ihre Traurigkeit<br />
erfahren: ihre gesamte Familie<br />
war bei dem großen Bombenangriff<br />
auf Dresden am 13. Februar<br />
1945 ums Leben gekommen.<br />
Ich wurde eine fleißige<br />
Schülerin. 1950 kam ein<br />
Fotograf in die Schule<br />
und machte diese<br />
Aufnahme von mir. Einen<br />
Fotoapparat besaß mein<br />
Vater nicht.
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