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LEBENSRAUM: MENSCH
IMPULSMAGAZIN FÜR ERWACHSENE
März 2021
LEBENSBEGLEITER*IN
Betreuung vor Pflege
KINDER STARK MACHEN
Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
DIE KUNST DER IMPROVISATION
In Zeiten des Stillstands
inhalt & impressum
inhalt
bildung
Die digitale Invasion
Die Anfänge des Tranzit Centre
Lernbox zu Covid-Zeiten
entwicklung
Viele Menscehn träumen davon
Kinder stark machen
Lebensbegleiter*in
Die Technik und ich
Bleib nicht dauernd stehen
gesellschaft
Lachyoga
Kommunikation im Business
Warum denn überhaupt impfen?
Einsamkeit
Vom Leben und vom Sterben
Der Turmbau zu Babel
umwelt
Mamba-Nachwuchs
gedanken
Weichgekochtes Schweigen & Würde
Prof. Abakus | Kreativer Sound
Unterstützung für Betroffene
vielfalt
Die Kunst der Improvisation
Buchtipp
Kindheit auf dem Lande
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impressum
Medieninhaber, Herausgeber & Verleger LERNEN
MIT ZUKUNFT, 1220 Wien, Mühlwasserpromenade
23/ Haus 13, e-mail: office@LmZukunft.at
Herausgeber/Grafik: Karl H. Schrittwieser
Redaktion (Bild/Text): Birgit Menke, Tina Cakara
Titelseite - Foto: © Owantana | pixabay.com
Blattlinie:
Mit unserer Themenvielfalt laden wir Erwachsene
ein, sich für die Entwicklung unserer Lebenswelt
und für künftige Generationen einzusetzen.
Dazu geben wir Informationen, Gedankenimpulse
und Anregungen.
Die AutorInnen übernehmen selbst die
Verantwortung für den Inhalt ihrer Artikel.
Auflage: 4 mal im Jahr
unterstützung durch
www.improve.or.at
www.2dudes.online
2 | MÄRZ 2021
editorial & information
Hörangebote:
Wo gibt es die passenden Ohren?
REDEN KÖNNEN IST NICHT SO VIEL WERT WIE ZUHÖREN KÖNNEN
(aus China)
Was gibt es Neues? Wie wir bereits in unserer letzten
Ausgabe berichtet haben, betreten wir nun
auch die Welt der digitalen Medien mit unseren
HÖR|IMPULSEN.
Ab sofort finden Sie auf unserer Homepage:
http://magazin.Lmzukunft.at nicht nur die aktuelle und die
letzten Ausgaben der vergangenen Jahre zum Stöbern, sondern
Sie finden auch im Menüpunkt „Podcasts“ die angekündigten
HÖR|IMPULSE. Der Vorteil ist, dass Sie einem Podcast unabhängig
von Zeit, Ort und Aktivität lauschen können.
Die Serie für unsere HÖR|IMPULSE nennen wir HÖR|WINKEL, damit wollen wir
anregen, einen Winkel unseres Hörfeldes den HÖR|IMPULSEN zu widmen.
Wir bieten Interviews der jungen Redaktion, informative Podcasts zu Fachthemen
und kurze Geschichten, die zum Innehalten und Nachdenken anregen
sollen.
Klicken Sie ruhig öfter in unserem Magazin den Button „Podcasts“ an und
lassen Sie sich überraschen.
Und was gibt es noch zu entdecken? Die junge Redaktion bereichert mit ersten
Beiträgen unser buntes Leseangebot. Und Professor Abakus verabschiedet sich
in unser Aufnahmestudio.
Und nun wünschen wir viel Freude beim Lesen und Hören.
Bleiben Sie gesund und halten Sie die Ohren steif,
Ihr
Karl H. Schrittwieser
Obmann und Herausgeber
LERNEN MIT ZUKUNFT
Foto © Clker-Free-Vecot-Images | pixabay.com
3 | MÄRZ 2021
information & bildung
In unseren Wohnzimmern:
Die digitale Invasion
SEIT EINEM JAHR IST NICHTS MEHR, WIE ES WAR. DIE WELTWEITE PANDEMIE HAT
KOMMUNIKATION UND BILDUNG EINEN NEUEN NAMEN GEGEBEN: DIGITAL TIME!
DI Roswitha Wurm
Dipl. Lerndidaktikerin
Lese- und Rechtschreibtrainerin,
Kinderbuchautorin
Interaktive Lesungen
an Schulen buchbar unter:
www.lesenmitkindern.at
Zu Beginn des Lockdowns empfanden
wir alle die medialen Anforderungen
als Zumutung. Mit der Zeit
gewöhnten wir uns an den allgegenwärtigen
Einsatz von Smartphone, Tablet
und Laptop. Mitunter sind wir sogar begeistert,
was man damit alles machen kann:
die Schule und den Gitarrenlehrer an den
Esstisch einladen, die weit entfernt lebenden
Verwandten kurzfristig und ohne die ganze
Wohnung auf Hochglanz zu bringen zu
einem digitalen Kaffeeklatsch ins Wohnzimmer
holen.
SCHULE GOES DIGITAL
Digitaler Heimunterricht zeigt die Grenzen
des Lernens in Eigenregie auf. Gute SchülerInnen
tun sich damit nicht schwer und
schätzen die scheinbare Freiheit, die sie
damit genießen. Je schwerer ein Kind jedoch
lernt, desto mehr benötigt es Anleitung,
Strukturierung, Unterstützung und auch Aufmunterung
durch eine Lehrerin oder einen
Lehrer. Der bekannte Hirnforscher
Dr. Manfred Spitzer erklärt: „Aus sehr vielen
Studien weiß man schon lange, dass digitale
Medien die Kluft zwischen starken und
schwachen Schülern nicht verkleinern, wie
oft behauptet wird, sondern vergrößern. Die
Kluft zwischen den guten und schwachen
Schülern nimmt daher gerade jetzt in der
Coronakrise stark zu.“ Dieses Phänomen
erklärt der Wissenschaftler mit der Tatsache,
dass Krisenzeiten extrem gute und extrem
schlechte menschliche Verhaltensweisen
hervorbrächten. Dies hänge davon ab, was
im Menschen bereits vorhanden wäre,
denn „hervorbringen“ bedeute „ans
Tageslicht bringen“ und nicht „neu
schaffen“.
FÖRDERPÄDAGOGIK IM TEST
Als Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin
habe ich die Erfahrung gemacht: Ein
gutes Sprach-, Lese- und Rechtschreibtraining
funktioniert zwar bis zu einem
gewissen Maße online, jedoch kann es
niemals ein Training vor Ort ersetzen,
in dem mit „angreifbaren“ Lernmaterialien
gearbeitet werden kann. Die
meisten Betroffenen bevorzugen „Learning
by doing“: Wörter werden nicht
nur einfach gelesen und aufgeschrieben,
sondern müssen im wahrsten Sinn
des Wortes mit Holzbuchstaben, Knete,
Sandwanne und anderen Hilfsmitteln
begriffen werden. Dies funktioniert
über online Schulunterricht nicht. Kinder
mit Lerndifferenzierungen sollten
auch in der Zeit des Heimunterrichtes
fachliche Hilfe bekommen, um negative
Langzeitfolgen zu vermeiden.
DAUERGAST SMARTPHONE
Steter Smartphonegebrauch in Familien
bewirkt, dass weniger kommuniziert
wird: sowohl tatsächlich als auch non
verbal. Dadurch bekommen Kinder
nicht genügend Beachtung, Aufmerksamkeit
und Augenkontakt von ihren
Bezugspersonen. Vergessen wir nie:
Kinder sind wie ein Spiegel, auch der
4 | MÄRZ 2021
digitalen Verhaltensweisen ihrer Bezugspersonen.
Achtsamer Umgang und internetfreie Lebensbereiche sind gerade
in Zeiten wie diesen wichtig. Für uns selbst, aber vor allem auch für
unsere Kinder, die zu keiner Zeit ihres Lebens das Vorrecht hatten,
ein Leben ohne Smartphone und mit viel mehr Präsenz von „echten
Menschen“ zu genießen. Die Zeit des Distance Learnings und des
Lockdowns lehren uns: Kein digitales Meeting kann ein reales Treffen
mit anderen ersetzen.
Foto: © moonkee na | pixabay.com
5 | MÄRZ 2021
information & gesellschaft
Mit Kichern, Lächeln und Lachen zu mehr Lebensfreude:
Lachyoga
WIE MEINE MUTTER DAS LACHEN FÜR SICH NEU ENTDECKTE
Tina Čakara
Studentin
Junge Redaktion
Foto:
Fotostudio primephoto
Sie lacht so laut, dass ich sie
durch die Wand hören kann.
Ein lautes Prusten. Zuerst
hoch, dann tiefer. Ich kann
nicht anders: meine Mundwinkel
ziehen sich nach oben. Lachen steckt
eben an. Das Lachen
meiner Mama ist so laut,
dass es durch die Wand
dringt. Es ist so intensiv,
dass es mich aus meiner
Lektüre eines Fachartikels
für die Uni reißt.
Es ist so ehrlich, dass es
mich selbst zum Lächeln bringt. Über
was lacht sie? Über nichts Besonderes.
Denn sie macht Lachyoga.
Mehr Infos und
Quelle: https://
www.nina-fuchs.
com/lachyoga/
Körperübung“, schreibt Nina Fuchs,
Wiener Lachtrainerin, auf ihrer Webseite.
Durch Übungen, die allesamt
an kindliche Spiele erinnern, soll
Lachen künstlich hervorgerufen werden.
Denn der Körper könne nicht
„zwischen simuliertem und
echtem Lachen unterscheiden“,
erklärt Nina Fuchs.
Warum das Wort „Yoga“
in Lachyoga enthalten ist,
ist leicht zu erklären: Bei
den Übungen und beim Lachen
selbst wird genau auf
die Atemtechnik geachtet. Diese hat
ihren Ursprung in der traditionellen
philosophischen Lehre des Yoga.
LACHYOGA - WIE BITTE?
Als meine Mama vor einigen Jahren
bemerkte, dass sie im Alltag sehr
wenig lachte, begab sie sich im
Internet auf die Suche und stieß
dabei auf Lachyoga. Diese recht
neue Trainingsart hat wenig mit
gewöhnlichem Yoga zu tun, doch
die positiven Effekte auf Körper und
Geist sind ähnlich: mehr Entspannung,
Lebensfreude und Gesundheit.
Lachyoga als Technik geht auf das
Jahr 1995 zurück. Ein indischer Arzt
namens Madan Kataria traf sich mit
einer kleinen Gruppe in einem Park
in Mumbai und fing durch verschiedene
Übungen an, ohne Grund zu
lachen. Das Lachyoga war geboren!
Dabei handle es sich um „Lachen als
DAS IMMUNSYSTEM LACHT AUF
Dass Lachen gesund ist, weiß auch
die Schulmedizin. Es stärkt das
Zwerchfell, versorgt den Körper mit
mehr Sauerstoff und setzt Glückshormone
frei. Lachen ist ein Zustand
höchster Freude, der nebenbei auch
noch das Immunsystem stärkt.
Warum diesen nicht einfach selber
hervorrufen? Genau das ist das Ziel
von Lachyoga. In kleinen Gruppen
werden gemeinsam mit einer
Lachtrainerin oder einem Lachtrainer
Übungen und Bewegungsabläufe
ausgeführt, die an kindliches Spielen
erinnern. Zum Beispiel bewegt sich
die Gruppe durch den Raum und alle
klatschen lachend in die Hände der
anderen Teilnehmenden. Es gibt eine
Foto: © OpenClipart | pixabay.com
6 | MÄRZ 2021
imaginäre Lachcreme, die aufgetragen wird oder eine Lachbrille, die mit den
Fingern geformt und aufgesetzt wird.
So einfach und verrückt diese Übungen klingen, so positiv ist ihre Wirkung.
Man wird automatisch gelassener. Auch wenn man, wie meine Mama bei
ihrem ersten Lachyoga Training, anfangs etwas zurückhaltend ist, so reißt
einen die lachende Gruppe nach einiger Zeit einfach mit. Die anfängliche
Skepsis verwandelt sich schnell in Neugier und Freude!
„ICH HABE MEIN LACHEN WIEDER ZURÜCK!“
Schon nach einigen Wochen, in denen meine Mama ihrem neu entdeckten
Hobby, dem Lachyoga, regelmäßig nachging, bemerkte ich Veränderungen.
Sie lachte im Alltag viel mehr und nicht nur das: ihr Lachen war lauter, natürlicher
und ansteckender!
„Durch Lachyoga habe ich gelernt, dass das Leben sich leichter anfühlt, wenn
man mehr lacht“, erzählt mir meine Mama, „Es ist eine kurze Ablenkung
Foto: © Jamie Brown | unplash.com
und Pause von den Problemen. Man tankt
neue Kraft. Mit der Zeit merkte ich, dass
ich mein Lachen wieder zurückhabe.“
Durch regelmäßiges Lachyoga in der
Gruppe und später auch alleine, hat sich
die Lebensfreude meiner Mama sichtbar
gesteigert. Die Corona-Pandemie hat
schließlich dazu geführt, dass die Kurse
nicht mehr stattfinden konnten. Doch das
Lachen ist geblieben. Als ich meine Mama
fragte, ob ihr Lachyoga durch die bisherige
Corona-Situation geholfen habe, sagte sie
zu mir: „Mit den regelmäßigen Übungen
befreit man sich von der Panik und kann
die ganze Situation klarer sehen und
alles leichter ertragen. Das Lachen stärkt
auch das Immunsystem. Außerdem, was
ist schöner, als ein lachendes Gesicht zu
sehen?“
Mehr Infos und Quelle: https://www.nina-
information & entwicklung
Ein großer Schritt:
Viele Menschen träumen davon
HEIMAT IST, WO WIR UNSEREN LEBENSFADEN FESTGEMACHT HABEN
Alexandra Würfler
Lehrerin der German
School Campus in Newport
Beach, CA USA
www.germanschoolcampus.com
Wir sind im Juli 2019 mit unseren
beiden Kindern, damals
13 und 10 Jahre, von Österreich
nach Kalifornien in den
USA ausgewandert.
Der Große hatte schon 2 Jahre Englisch
in der Schule (5. und 6. Klasse), was ihm
sehr bei seinem Einstieg in das amerikanische
Schulsystem geholfen hat.
Bei unserem jüngeren Sohn haben wir
über die Volksschule eine extra Englisch
Stunde gebucht, die aber leider nur 1x
wöchentlich stattfand und ihm nicht viel
gebracht hat.
Die Kinder begannen im August mit
der Middle School in der 7. Klasse und
Elementary School 4. Klasse.
Was ich als Mutter beobachten konnte
war, dass das Integrationsprogramm
der Elementary School anders ist als
das Integrationsprogramm der Middle
School. Während der Große sofort in
ein EL (English Learner) Programm kam
wurde in der Elementary School wenig
Wert daraufgelegt.
Die Lehrerin wurde nicht informiert, dass
ein ausländisches Kind in ihrer Klasse
sitzt. Und erst nach 3 Wochen fiel auf,
dass mein Sohn kaum ein Wort Englisch
verstand.
Kein Wunder, wenn in der Klasse 33
Kinder auf 40m2 sitzen.
Die Überforderung der Lehrerin und der
Schüler war kaum zu übersehen, hier
gibt es nur mitkommen oder zurückbleiben.
Wer sich da nicht durchsetzt geht in
der Masse unter.
In Österreich waren wir kleine Klassen
gewohnt und die Aufmerksamkeit der
LehrerInnen war mehr gegeben. Sie
gingen auch mehr auf die Bedürfnisse der
Kinder ein.
Nach 6 Monaten im neuen Schulsystem
hat auch uns COVID-19 überrascht und
wir befanden uns im März 2020 in Quarantäne.
Was in der USA ein Pluspunkt war oder
ist, es wurde sofort auf Google Classroom/
Distanz Lernen umgestellt. Alle
SchülerInnen haben sofort einen Laptop/
Chromebook zur Verfügung gestellt bekommen,
denn diese wurden im Schnellverfahren
bestellt.
Allen Kindern wurden die Aufgaben und
Lernprogramme zur Verfügung gestellt
und von einem Tag auf den anderen lief
alles nur mehr online. Für die Lehrkräfte
gab es eine Blitzeinschulung in Sachen
Online-Unterricht. Vorerst war das Problem
gelöst.
12 Monate später immer noch im Distanz
Learning oder teilweise im Teilzeitunterricht,
sind die Kinder, Eltern und Lehrer
müde geworden. Man spürt mittlerweile,
wie die SchülerInnen die Schule und die
Zusammenkunft vermissen.
Aufstehen vom Bett zum Schreibtisch/
6 Stunden Online- Unterricht/ Hausaufgaben/
lernen...die Lust und die Freude
ist allen vergangen. Soziale Kontakte
sind auf das Mindeste reduziert und das
wirkt sich natürlich auf das Gemüt aller
Beteiligten aus.
Fotos © germanschoolcampus
8 | MÄRZ 2021
Um die deutsche Sprache und Kultur
aufrecht zu erhalten, sind die Kinder nun
in der German School Campus, New Port
Beach. Hier sind sie von deutschsprachigen
Kindern und Lehrern umgeben
was ihnen das Gefühl von Vertrautheit
und ein bisschen Heimatgefühl gibt.
2019 haben wir noch Fasching, das
Oktoberfest, St. Martin sowie Weihnachten
in der Schule feiern können.
Im Jahr 2020 wurde nur noch mit einer
kleinen Schülergruppe St. Martin im
Freien gefeiert. Alle anderen Veranstaltungen
wurden abgesagt.
Wir müssen alle noch bis Juni durchhalten.
Es ist traurig zu sehen, wie das Engagement
und der Elan der SchülerInnen
nachlassen.
Wir, die LehrerInnen, sind bis dahin mehr
denn je gefordert, den Sprachunterricht
so zu gestalten, dass die Aufmerksamkeit
der Schüler nicht noch mehr nachlässt.
Wir geben ihnen jegliche Unterstützung,
damit sie ihre Prüfungen zum
„Deutschen Sprachdiplom“ schaffen.
Wir alle hoffen sehr, dass 2021/2022 der
Unterricht in den Klassenräumen wieder
stattfinden kann und die Kinder den
sozialen Kontakt mit ihren Klassenkameraden
wieder pflegen können. Und dass
handlungsorientierter Unterricht wieder
im Vordergrund steht.
9 | MÄRZ 2021
information & gesellschaft
Der Kommunikator - Teil 4:
Kommunikation im Business
DIE KOLUMNE FÜR ALLE, DIE ETWAS ZU SAGEN HABEN
Mag. Markus Neumeyer
Kreativ- und Kommunikationsagentur
Two Dudes
www.2dudes.online
10 | MÄRZ 2021
Es gibt zwei große Bereiche in denen
wir kommunizieren bzw. kommunizieren
müssen: den privaten
und den geschäftlichen Bereich.
Die Unterschiede sind teils beträchtlich.
Privat stehen uns im Grunde alle Möglichkeiten
offen. Wir können offenherzig
und freundlich sein, wir können
allerdings auch unumgänglich oder gar
aggressiv agieren, und wir haben die
Möglichkeit, jede Kommunikation abrupt
zu beenden – selbst innerhalb der Familie
oder zu Freunden. Im Businessumfeld
sieht das Ganze schon anders aus. Hier
sind die Grenzen des Erlaubten wesentlich
enger gesteckt. Einfach gesagt: In
der Arbeit sollte man sich zusammenreißen!
Das gilt nicht nur für jeden Arbeitnehmer
und jede Arbeitnehmerin, das
gilt speziell auch für Unternehmen als
solche.
HIER BRAUCHT ES PROFIS
„Gelungene Unternehmenskommunikation
ist keine Wissenschaft.“ Mit
diesem Satz wollte ich diesen Absatz
eigentlich beginnen. Das Problem dabei
ist: Er stimmt nicht. Es gibt unzählige
wissenschaftliche Abhandlungen und
Fachbücher, die sich ausschließlich mit
diesem Thema beschäftigen. Es gibt
ganze Ausbildungszweige, die Menschen
für die Arbeit in den Kommunikationsabteilungen
jahrelang vorbereiten.
Unternehmenskommunikation wird zwar
praktisch angewandt, das Fundament ist
allerdings sehr wohl äußert theoretisch.
Gut aufgestellte Firmen und Konzerne
wissen das, und pulvern viel Geld in
ihre Marketing- und PR-Abteilungen. Zu
Recht!
FEHLER KÖNNEN TEUER WERDEN
Wer meint, nur kleine Firmen machen
gröbere Kommunikationsfehler, der
irrt. Tatsächlich treten große Unternehmen
ziemlich häufig ins Fettnäpfchen.
Oftmals sogar in mehrere Näpfchen
hintereinander. Die Auswirkungen
können katastrophal sein, besonders in
Zeiten des WEB 2.0. In den letzten 20
Jahren ist mit dem Internet ein globales
Medium gewachsen, das den klassischen
Massenmedien einen wichtigen Schritt
voraus ist: Im World Wide Web können
wir zeitnah und sogar anonym unsere
Meinung sagen und alle anderen lesen
mit! Das mag für Viele ein Segen sein,
für einige Firmen ist es aber bereits zum
Fluch geworden. Durch falsche Kommunikationsmaßnahmen
wurden schon enorme
Geldsummen in den Sand gesetzt.
Aber das muss nicht sein.
STICHWORT: SHITSTORM
Die Aufmerksamkeit ist in unserer modernen
Welt, nach den Daten, zum wohl
wertvollsten Gut geworden. Wir buhlen
darum, privat wie auch geschäftlich.
Aufmerksamkeit ist Gold wert. In den
sozialen Netzwerken freuen wir uns über
jede Interaktion. Jeder Kommentar, jedes
Like, bestätigt unsere eigenen Ansichten.
Wir befinden uns in einer Feedbackschleife.
Kommt allerdings Kritik auf,
kann sich das vom lauen Lüftchen,
schnell zu einem Orkan wandeln, der
unsere Grundpfeiler ins Wanken bringt.
Der Begriff „Shitstorm“ ist uns allen
inzwischen wahrscheinlich bekannt. Die
Gründe für ein derartiges „Unwetter“
sind mannigfaltig.
WAS EMPÖRUNG AUSLÖST
Die gesellschaftspolitischen Entwicklungen
der letzten Jahrzehnte haben
Vor- und Nachteile mitgebracht. Es ist
wahr: In der Kommunikation nehmen
wir mehr Rücksicht auf bestimmte Gruppen
(auch wenn das realpolitisch oft anders
aussieht). Wir gendern, passen auf,
welche Begriffe wir verwenden, und was
auf unseren Bildern zu sehen ist. Das ist
einerseits gut, macht unsere Kommunikation
aber andererseits wesentlich
schwieriger. Unsere Gesellschaft wird
sensibler, manche meinen sogar hypersensibel.
Oft reicht ein falsches Wort
oder ein missverstandenes Foto in einem
Unternehmens-Posting aus, und schon
löst ein negativer Kommentar darunter
eine ganze Lawine an empörter und
hochemotionaler Kritik aus. In so einem
Fall muss umgehend gehandelt werden. Kommunikationsprofis
wissen was zu tun ist, um die Sache nicht noch schlimmer
werden zu lassen.
WAS IM NOTFALL ZU TUN IST
Echte Experten wissen, wie man durch die Wellen manövriert,
wie man im Sturm nicht umgeblasen wird. Gute Kommunikationsabteilungen
sind auf solche Situationen vorbereitet.
Es wurden bereits Abläufe verinnerlicht, die vorgeben,
was in welchem Fall zu tun ist. Es liegen bereits fertig programmierte
Unterseiten im Hintergrund der Unternehmenswebsite,
die im Falle eines kommunikativen Desasters schnell
veröffentlicht werden können. Es gibt vorgefertigte Texte und
Erklärungen, und neben den professionellen Kommunikatoren
wie PressesprecherInnen und PR-MitarbeiterInnen, sind
auch die GeschäftsführerInnen und CEOs eingeschult worden.
Oft kann man der Empörung aber auch einfach mit einer
großen Portion Ehrlichkeit und Selbstironie den Wind aus
den Flügeln nehmen. Aber selbst das, sollte man den Profis
überlassen, denn die feine Klinge muss gelernt sein.
Foto © Gerd Altmann | pixabay.com
11 | MÄRZ 2021
information & entwicklung
Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl:
Kinder stark machen
DAS LEBEN DER ELTERN IST DAS BUCH, IN DEM DIE KINDER LESEN
(Augustinus Aurelius)
Elisabeth Rechberger
Unternehmensberaterin
für pädag. Bildungseinrichtungen
Business- und Personalcoach
Elternbildnerin
Elementarpädagogin
www.zusammenwachsen.or.at
Kinder stark zu machen bedeutet
sie nicht nur körperlich stark zu
machen, sondern ihr Selbstwertgefühl
und ihr Selbstvertrauen
zu stärken. Damit sie sich dadurch gut
selbst steuern können und widerstandsfähiger
werden.
Wir wünschen uns, dass unsere Kinder
dem Leben mit Mut begegnen, mit
Misserfolgen, Rückschlägen und Schwierigkeiten
umzugehen wissen. Dass sie
sich unter anderem in ihrer Umgebung
gut aufgehoben und geborgen fühlen,
schöne Beziehungen zu und mit anderen
Menschen gestalten, Freunde finden,
mit den eigenen Gefühlen und Grenzen
umgehen können, Konflikte zu lösen
wissen.
Das sind sehr viele Anforderungen an
unsere Kinder und auch an uns Erwachsene.
Wir Erwachsene sind dabei die
Vorbilder für unsere Kinder. Und manchmal
ist es gar nicht so einfach dieses
gewünschte Vorbild zu leben. In unserer
durch Wertepluralismus geprägten
Welt sind wir mit einer schwankenden
Wertung durch uns selbst und andere
konfrontiert. Es entsteht in vielen Fällen
das Gefühl sich selbst ständig damit abgleichen
zu müssen und nicht gut genug
zu sein. Es ist wichtig in die eigenen Fähigkeiten
und Fertigkeiten zu vertrauen,
noch wichtiger ist es ein Kind in seinem
Selbstgefühl und Selbstwert zu stärken.
Hier an dieser Stelle möchte ich nun den
Unterschied zwischen Selbstvertrauen
und Selbstwertgefühl beschreiben.
Unter Selbstvertrauen versteht man die
Einschätzung der eigenen Kompetenzen.
Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
und Kräfte. Es geht um das eigene
Tun, um das was wir können und die
eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Es werden kleinere und größere Erfolge
erzielt und das ist grundsätzlich auch
sehr gut. Aber es lauern auch Gefahren,
die das Selbstvertrauen mindern
können. Durch die erreichten Erfolge
werden unsere Ansprüche oft höher (an
unsere Kinder, aber auch an uns selbst)
und wir laufen Gefahr, dass nur noch
hervorragende Leistungen gut genug
sind. Das hat zufolge, dass die Kinder
und auch Erwachsene trotz positiver
Rückmeldungen, guter Noten – Bewertungen
nicht mehr das Gefühl haben
sich auf diese Fähigkeit verlassen zu
können.
Im Gegensatz dazu steht beim Selbstwertgefühl
die Akzeptanz der eigenen
Persönlichkeit im Vordergrund. Man
versteht darunter auch seinen eigenen
Wert zu kennen. Sich mit allen positiven
und negativen Facetten seines Wesens
anzunehmen, ohne sich deswegen
selbst zu bewundern oder es von anderen
zu erwarten. Das Selbstwertgefühl
eines Kindes wird durch Erfahrungen
im Austausch mit anderen Menschen
geprägt.
Um diesen positiven Selbstwert aufzubauen
braucht das Kind Erwachsene,
die ihm zuhören und ihm Zeit geben.
Freunde, die es gernhaben und so akzeptieren,
wie es ist. Menschen, die sich
für das Kind interessieren und es ernst
nehmen. Ein Kind, das ein ausgeprägtes
12 | MÄRZ 2021
Selbstwertgefühl hat, fühlt sich wohl in „seiner
Haut“, fühlt sich ernst- und angenommen, und zwar,
unabhängig von seinen Leistungen und Fähigkeiten.
Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind die Basis
für ein erfolgreiches und gesundes Leben mit einem
starken Selbstbewusstsein.
Ein Kind mit einem hohen Selbstvertrauen und
Selbstwertgefühl kann von sich sagen:
• Ich bin als Mensch liebenswert und erfahre
bedingungslose Liebe.
• Ich kann Probleme lösen und Schwierigkeiten
überwinden.
• Ich habe Menschen, die mir helfen, wenn ich
Hilfe brauche, und mich gleichzeitig darin
bestärken, selbstbestimmt zu handeln.
Foto © AnnaliseArt | pixabay.com
13 | MÄRZ 2021
information & gedanken
Geistesfreiheit:
Weichgekochtes Schweigen & Würde
MAN BRAUCHT ZWEI JAHRE, UM SPRECHEN ZU LERNEN, UND FÜNFZIG, UM
SCHWEIGEN ZU LERNEN. (Ernest Hemingway)
Dr. Manfred Greisinger
Autor, Trainer
Buch-Projekt-Begleiter
Vortragender
Selfness-Coach
ICH-Marke-Pionier
26 Bücher bisher,
aktuell:
„Wolfs-Würde“
www.stoareich.at
Foto: © Gernot Blieberger
Schweigen lernen … In der Aufregungs-
und Empörungsgesellschaft.
Ist das machbar?
Corona war/ist ein Entwicklungs-Beschleuniger.
Wir haben innerhalb eines
Jahres schweigen gelernt … Vor einem
Jahr, als dieser Pandemie-Wahnsinn
begonnen hat, waren da noch Aufbegehren,
Protest, Engagement … Und
jetzt? – Der Lockdown wird um weitere
Wochen verlängert … Die Kultur bleibt
zu … Aha, sagt man zum Irrsinn, vielleicht
mit einem letzten, verzweifelten
„Nein, bitte nicht!“ und igelt sich weiter
ein. Noch weiter.
„Ich will nicht sprachlos sein, aber ich
weiß auch nicht mehr, was ich sagen
soll“, kommentiert die junge Sängerin
Mira Lu Kovacs. Diese ihre Worte
berühren mich sehr. Weil ich feststellen
muss, dass auch meine Worte – immer
weiter entfernt von Sinn und Perspektive
- versiegen …
WO BLEIBT DIE WÜRDE?!
Ich brauche ein „Krafttier“ für diese
zermürbende Situation. Und finde es
in meiner Nähe. - Das bislang einzige
wilde, freie Wolfsrudel Österreichs lebt
im Umfeld von Allentsteig, am Truppenübungsplatz,
im Herzen des Waldviertels.
100 Jahre nach der vermeintlichen
Ausrottung des Wolfes ist er zurück. Die
12 Allentsteiger Wölfe wirken in meine
Seele. Oder hat sich meine Seele ihre Gesellschaft
gesucht? Jedenfalls macht sich
der 13. Wolf in mir bemerkbar.
Ich habe ihm mein neues Buch gewidmet:
„Wolfs-Würde“; vielleicht hat´s
der Wolf mir sogar diktiert … Der
würdevolle König der Wildnis erinnert in
diesen herausfordernden Krisen-Zeiten
uns alle an die eigene Wildheit, Wachheit,
Verantwortung und Autonomie, an
unseren Königsstatus, unsere Würde.
– Denn: Was lassen wir uns noch alles
widerspruchslos gefallen, wie weit kann
unsere Freiheit beschnitten werden –
ehe wir uns wehren?!
Der Wolf hat Würde – und jene brauchen
wir nun als dringende Charakter-
Impfung gegen das Virus der Angst.
Ich will anregen, die selbstbestimmten,
wild-wach-verwegenen Aspekte des
Wolfswesens mutig und würdevoll zu
leben! Ich lasse meinen Frei-Geist von
Wölfen bewachen. Nur die zarte Poesie
der Liebe darf passieren …
Foto: © ArtTower | pixabay.com
14 | MÄRZ 2021
Sie wissen selbst am besten, womit
Sie Ihr Wissen ergänzen wollen!
Ausbildung für Jung und Alt
• Sie lernen am Ort Ihrer Wahl.
• Sie lernen in Ihrer eigenen Geschwindigkeit
• Sie wählen Ihre eigenen Lernzeiten
FERNLEHRGANG mit interaktiven Elementen
IMPROVE-Bildung mit Zukunft
www.improve.or.at
Fotos © faculty, student, girl | pixabay.com
information & bildung
In Prizren/Kosovo:
Die Anfänge des Tranzit Centre
ORT DES LERNENS, DER BEGEGNUNG, DER ZUFLUCHT
Mag. a Katharina Wagner
PR & Kommunikationsverantwortliche
CONCORDIA Sozialprojekte
www.concordia.or.at
Die 2008 ausgerufene Republik
Kosovo ist neben der Republik
Moldau das ärmste Land Europas.
Nach Angaben des UNICEF-
Büros in Prishtina lebt jedes fünfte Kind
im Kosovo in Armut. Mehr als 60 % der
Kinder der Roma und Ashkali leben in
absoluter Armut, über 30 % in extremer
Armut. Der Kosovo ist sowohl historisch
als auch demographisch ein sehr junger
Staat. Das Durchschnittsalter der 1,9
Millionen KosovarInnen beträgt 30,5
Jahre. Die Arbeitslosigkeit unter jungen
Menschen ist sehr hoch.
DIE ARMUTSFALLE
Eine Autostunde von der Hauptstadt
Prishtina nahe der albanischen Grenze
liegt die kosovarische Kleinstadt Prizren.
In der verarmten Nachbarschaft Tranzit,
in dem vorwiegend Roma-Familien der
Bevölkerungsgruppe der Ashkali leben,
mangelt es oft an den einfachsten
Dingen. Viele haben kein fließendes oder
kein warmes Wasser, keine medizinische
Versorgung. Zehnköpfige Familien
schlafen zum Teil auf engstem Raum
zusammen. Wird jemand krank, gibt es
keine Versorgung. Mit den 250 Euro im
Monat, die den meisten Familien maximal
zur Verfügung stehen, ist nicht mal
die Deckung der Nahrungsmittel gesichert.
Kinder gehen oft nicht zur Schule,
oder brechen die Schule früh ab, um
mit Gelegenheitsjobs ihren Beitrag zum
Familieneinkommen zu leisten.
Angrenzend an diese Nachbarschaft befindet
sich das Loyola-Gymnasium. 2016 begannen
unter der Leitung der beiden Jesuiten Moritz
Kuhlmann SJ und Axel Bödefeld SJ SchülerInnen
des Gymnasiums mit den Familien im Viertel
Kontakte zu knüpfen und ein Freizeit-Programm
für die Kinder in der Nachbarschaft anzubieten.
Die Brücke, die damit geschlagen wurde, war
der Startschuss einer Begegnung auf Augenhöhe,
eine Bereicherung sowohl für die SchülerInnen
des Loyola-Gymnasiums als auch für
die Familien in Tranzit. Aus den Kindern, die
damals von den ersten Aktivitäten profitierten,
sind mittlerweile Erwachsene geworden, die
selbst das Programm aktiv mitgestalten. Einer
davon ist Laminat (18 Jahre). Er hilft mit,
gleichzeitig unterstützt man ihn dabei, seinen
eigenen Schulabschluss, den er nicht abschließen
konnte, nachzuholen: “Ich möchte, dass die
Kinder hier nicht die Schule abbrechen, so wie
ich es in der siebten Klasse getan habe. Mein
Wunsch ist, dass die Kinder von Tranzit eine
bessere Zukunft haben.“
Die jungen MitarbeiterInnen aus der Community
selbst machen das Projekt aus. Über ein
Scholarship erhalten sie die Möglichkeit, eine
Ausbildung nachzuholen, während sie weiterhin
im Tranzit eingebunden sind.
MEHR ALS NACHMITTAGSBETREUUNG
Aus den Freizeitaktivitäten, die anfangs ausschließlich
im Freien stattfinden mussten, wurde
ein Bildungszentrum mit geregelten Öffnungszeiten,
Lernbetreuung und einer Musikschule
mit eigenem Kinderorchester. Egzolla Dullaj ist
eine der Musiklehrerinnen im Tranzit: „Es ist
Fotos: © Samir Karahoda
16 | MÄRZ 2021
schön, die Veränderung jedes einzelnen Schülers zu bemerken.
Man sieht, wie sie durch die Musik selbstbewusster, sozialer,
zufriedener geworden sind und neues Wissen erlangen. Viele
haben durch Tranzit wieder angefangen, zur Schule zu gehen,
die sie davor unterbrochen hatten.“
Das Zentrum ist für viele Kinder sozialer Anknüpfungspunkt
geworden. Ein Ort der Begegnung und des interkulturellen
Austauschs. Morgens finden interreligiöse Zusammenkünfte
statt, Toleranz und Offenheit wird hier gelebt. An die 60 Kinder
tummeln sich dort täglich; um zu lernen, zu spielen, zu musizieren;
um eine warme Mahlzeit zu bekommen. Dabei darf nicht
vergessen werden, dass die Kinder die im Tranzit andocken aus
extrem armen Verhältnissen kommen. Das Tranzit macht für
sie einen großen Unterschied, und bringt Chancen, die diesen
Kindern sonst verwehrt bleiben.
EINE TRANSFORMATION FÜR DIE ZUKUNFT
Die Vision für „das Modell CONCORDIA Tranzit“ ist von einer
Hilfe mit reinem Bildungscharakter zur Hilfe auf der gesamten
sozialen Ebene, die Kinder und auch ihre Familien miteinbezieht
und die sich den vorhandenen Problematiken, wie frühen Ehen,
häusliche Gewalt und vorzeitigen Schulabbrüchen annimmt. Ein
mobiles Team an SozialarbeiterInnen soll bei diesen Aufgaben
Unterstützung liefern und dafür sorgen, dass ein besserer Bund
zwischen Eltern und Kinder entsteht. Geplant sind auch Gesundheitstrainings
und -bildung für die Eltern, um das Bewusstsein
für Krankheiten, für gesunde Ernährung und für den Stellenwert
von Bildung zu schaffen.
An alle CONCORDIA-Standards, wie zum Beispiel im Bereich
des Kinderschutzes, soll das Tranzit-Projekt nun schrittweise
herangeführt werden. Mit dem Loyola-Gymnasium gibt es einen
Kooperationsvertrag. Auch in Zukunft soll es lokale und internationale
VolontärInnen geben, die seit der Gründungsphase einen
wichtigen Beitrag zum Gelingen dieses Projekts leisten.
Ermöglicht wurde das Projekt durch die Jesuiten und dem Osteuropa-Hilfswerk
Renovabis, die das Projekt unter der Leitung von
CONCORDIA Sozialprojekte auch weiterhin unterstützen werden.
CONCORDIA hat mit Anfang des Jahres das Herzensprojekt des
Loyola-Gymnasiums übernommen und wird es im besten Sinne
weiterführen- und entwickeln. Seit 30 Jahren setzt sich die
Organisation für ausgegrenzte Kinder, Jugendliche und Familien
in Rumänien, Bulgarien, der Republik Moldau und Österreich
ein. Mit der Projektübernahme des Bildungszentrums Tranzit ab
sofort auch im Kosovo.
17 | MÄRZ 2021
information & gesellschaft
Das Für und Wider:
Warum denn überhaupt impfen?!
DIE DISKUSSION ÜBER EINE COVID19-IMPFUNG GEHT ZUNEHMEND AN
DEN WESENTLICHEN PUNKTEN VORBEI
Thomas Kolbe
Fachwissenschaftler
für Versuchstierkunde,
Ao. Prof. für die
Service-Plattform
Biomodels Austria
Veterinärmedizinische
Universität Wien
mehr infos
https://infektiologie.co.at/e_
learnings/impfungen-gegencovid-19
https://www.weforum.org/
agenda/2020/06/vaccinedevelopment-barriers-coronavirus/
https://www.nytimes.com/interactive/2020/04/30/opinion/
coronavirus-covid-vaccine.
html
Ich bin kein Mediziner oder gar Immunologe.
Ich arbeite im Bereich der
Biomedizin und immunisiere regelmäßig
Labortiere, um Antikörper für
Forschungsprojekte zu gewinnen. Somit
kenne ich mich schon mit Antigenen, Adjuvantien,
Serokonversion und Antikörpertiter
bei Menschen und Tieren aus.
Aktuell wird heftig angesichts der
anlaufenden Covid19-Impfung über eine
Impfpflicht diskutiert. In der Generation
unserer Eltern war das bei der Pockenimpfung
überhaupt keine Diskussion:
Wer sich mit Pocken infizierte, erkrankte
auch daran und jeder Dritte starb. Nur
durch die weltweite Impfpflicht konnten
die Pocken ausgerottet werden.
Angesichts der Covid19-Pandemie stellt
sich die Frage aufs Neue: Dürfen einige
Uneinsichtige ihre Wahlfreiheit ausnutzen,
um weiterhin viele ihrer Mitbürger
zu gefährden? Sicher, Covid19 ist zum
Glück nicht so tödlich wie die Pocken.
Und jede Impfung beinhaltet das Risiko
von Impfschäden. Diesem Risiko muss
man das Risiko, sich die Krankheit
zuzuziehen, daran zu erkranken und
mehr oder schwere dauerhafte Schäden
zurückzubehalten gegenüberstellen.
Bisher war es bei jeder Impfung so, dass
das Risiko von Impfschäden um das
Hundertfache oder mehr niedriger lag als
das Risiko, zu erkranken und dauerhafte
Schäden zu behalten. Das ist bei Masern
so, bei Röteln, Diphtherie und vielen
anderen impfbaren Infektionskrankheiten.
Wenn man für eine Reise in exotische Länder
Impfungen wie z.B. gegen Gelbfieber
benötigt, wird gar nicht darüber diskutiert
oder gar umgebucht.
In so manchem Beruf sind bestimmte
Impfungen Pflicht, weil die Personengruppe
einem erhöhten Infektionsrisiko
ausgesetzt ist und der Arbeitgeber infolge
seiner Schutzverpflichtung dieses Personal
sonst nicht wie vorgesehen einsetzen
könnte (z.B. bei medizinischem Personal,
aber auch Kläranlagenarbeitern Hepatitis
A und B, bei Waldarbeitern FSME, bei
Landschaftsgärtnern Tetanus).
Eine Covid19-Erkrankung schüttelt man
nicht so einfach ab wie eine Grippe:
Viele junge Menschen, die erkrankt
sind, berichten noch Monate später über
dauerhafte Ermüdung und Kurzatmigkeit.
Ausdauersport adé. Deswegen nehmen
die norwegischen Skilangläufer heuer
auch an keinem einzigen Wettbewerb teil:
Eine Infektion wäre das Ende ihrer sportlichen
Karriere. Bei einer Impfung wie z.B.
gegen Papillomaviren, durch die Frauen
die Gefahr von oft tödlich verlaufendem
Zervikal-Krebs abwehren können, handelt
es sich nur um eine persönliche Schutz-
18 | MÄRZ 2021
maßnahme, da diese Infektion nur ein
Geschlecht betrifft und die Viren nicht
weit verbreitet sind.
Bei Covid19 handelt es sich nicht um
eine persönliche Entscheidung, da durch
die hohe Ansteckungsrate und notwendigen
Gegenmaßnahmen Bildungssystem,
Kultursektor und Wirtschaft mit
entsprechenden Kollateralschäden stark
beeinträchtigt werden.
Bei den bereits in Großbritannien
laufenden Covid19-Impfungen gab es
bereits bei zwei Menschen Komplikationen.
Die beiden trugen als bekannte
Allergiker implantierte Notfallpumpen
mit Adrenalin im Körper. Dass es bei solchen
Personen zu Problemen kommt war
absehbar. Als Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums
wurden sie Opfer einer
PR-Kampagne und mangelnder ärztlicher
Sorgfaltspflicht. Zum Glück haben es beide am
Ende gut überstanden. Da Personen mit solchen
Geräten im Körper sehr selten sind, kann
man nicht von einer generellen Gefahr für alle
anderen Impfwilligen sprechen. Das ärztliche
Vorgespräch muss solche Fälle unbedingt herausfiltern.
Und wenn in Zukunft große Zahlen
von alten Mitmenschen geimpft werden, dann
werden auch einige direkt nach der Impfung
sterben. Aber nicht an der Impfung. Sie wären
sowieso gestorben. Das ist bei einer großen
Zahl alter Menschen reine Statistik.
Also sollten wir alle uns dieses Jahr nicht nur
im Interesse der eigenen Gesundheit impfen
lassen, sondern auch in unserer Verantwortung
für das soziale Leben und Ausbildung
unserer Jugend, für die vielen Arbeitsplätze in
Tourismus, Gastronomie und Kultur und das
Leben aller älteren Mitmenschen.
Foto: © Gerhard G. und Alexandra Koch | pixabay.com
19 | MÄRZ 2021
information & gesellschaft
Wenn der Kontakt zur Welt verloren geht:
Einsamkeit
DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE AUF DIE PSYCHE JUNGER MENSCHEN
Dominika Letko
Studentin
MÄRZ 2020
Zum ersten Mal erleben wir,
wie es sich anfühlt, den sozialen
Aspekt unseres Lebens
weitgehend zu verlieren. Auf einmal
dürfen wir Freunden, Familie und andere
Personen unseres täglichen Lebens nicht
mehr nahekommen. Wir halten aber
durch. In der Hoffnung, dass es spätestens
in ein paar Monaten wieder vorbei
ist.
MÄRZ 2021
Ein Jahr ist vergangen. Mehrere landesweite
Lockdowns kamen und gingen.
Der Mut durchzuhalten ist vielerorts
schon brüchig geworden. Der Preis, die
Menschen vor diesem Virus zu beschützen,
ist immens. Unser soziales Leben
hat sich vollständig verändert. Zwar
leisten Videochat-Programme Abhilfe,
doch es ist nicht dasselbe. Die körperliche
Nähe fehlt zusehends, doch genau
diese kann gefährlich werden. Wenn
sie am Anfang des ersten Lockdowns
noch nicht groß wahrzunehmen war, ist
sie mittlerweile bei vielen schmerzlich
spürbar: die Einsamkeit. Die Menschen
sind erschöpft und vor allem junge Leute
sind mehr denn je von Krankheitsbildern
wie Depressionen und Angststörungen
betroffen, die die Isolation hervorbringt.
DAS DILEMMA MIT DEN SOZIALEN
MEDIEN
Was bleibt, ist unter anderem die Zuflucht
in die Welt der sozialen Medien.
Auch wenn soziale Medien in erster Linie
dazu dienen, Menschen miteinander zu
verknüpfen, ist der Umgang mit diesen
ein anderer. Ein ewiges Scrollen
durch die Startseite, automatisiertes
Ansehen von Storys sowie blindes
Liken von Bildern. Die Folge ist ein
sich ständiges Vergleichen mit den
Leben anderer, die, so wie sie auf den
Medien dargestellt sind, sowieso zu
hinterfragen sind. Es ist einfach, die
schönsten Momente seines Lebens
mit seinen Followern zu teilen und
sich dafür gekonnt in Szene zu setzen.
Eher weniger möchte man es hier
jedoch die anderen wissen lassen,
wenn es einem nicht so gut geht.
Noch schlimmer kommt es, wenn
man sich stattdessen zurückzieht und
der Einsamkeit verfällt.
DIE EINSAMKEIT JUNGER MEN-
SCHEN
Dabei ist es in der Isolation zusehends
schwierig, sich persönlich zu
entfalten, vor allem als junge Menschen,
die sich noch vielerorts uneins
darüber sind, was sie überhaupt vom
Leben möchten. Dies weckt eine
andere Art der Einsamkeit. Sie rührt
nicht daher, dass wir den direkten
Kontakt zu unseren Mitmenschen
verloren haben, sondern daher, dass
wir ihn zur Welt verloren haben.
Das Schul- und Studentenleben, Ausstellungen,
Bälle, Konzerte, Partys,
Reisen, Urlaube, Familienfeste – das
sind Begebenheiten und Veranstaltungen,
die junge Leben prägen. Es
sind Orte von Menschenmengen, die
20 | MÄRZ 2021
allesamt eine größere Erfahrung darstellen.
Sie sind alle Teil des Erwachsenwerdens
und der persönlichen Entwicklung,
doch ohne sie bleibt das Gefühl, dass
etwas fehlt. Und es fehlt so sehr, dass
man einsam wird.
DIE EIGENEN GRENZEN
Ich würde mich selbst als einen introvertierten
Menschen bezeichnen, der eine
gute Zeit lang allein mit sich sein kann,
ohne, dass es stört. Ich blühe dann im
Alleinsein auf, kann besser arbeiten und
kreativer sein und mir wird nie langweilig.
Trotzdem bin ich im ersten Lockdown
an meine Grenzen gestoßen, als ich über
fünf Wochen allein in Isolation verbracht
habe. Allein sein fühlt sich doch besser
an, wenn man sich selbst aussuchen
kann, wann und wie lang man allein ist.
Die Bedeutung von Alleinsein und
Einsamkeit hat sich seit Ausbruch der
Pandemie definitiv geändert. Am stärksten
wird einem bewusst, dass kleine
Dinge, wie das regelmäßige Miteinander
mit seinen Mitmenschen, nicht selbstverständlich
sind. Es wird deutlich, wie
sehr wir eigentlich menschliche Nähe
brauchen, egal ob wir introvertiert oder
extrovertiert sind. Dennoch ist es wichtig,
sich Hilfe zu suchen, wenn einem der
eigene mentale Zustand so zusetzt, dass
man es nicht mehr aushält. Fakt ist, dass
nicht nur das Virus bekämpft werden
muss, sondern auch die psychischen
Auswirkungen.
Foto: © Matthew Henry | unsplash.com
21 | MÄRZ 2021
information & gedanken
Professor Abakus:
Kreativer Sound
Neue Wege zu beschreiten heißt auch, die sich bietenden Chancen zu
nutzen. Und eine dieser Chancen ist wie aus dem Nichts plötzlich vor mir
aufgetaucht. In regelmäßigen Abständen teile ich ja schon sehr lange
meine Gedanken mit Ihnen, und ich versuche nach wie vor die Welt der Erwachsenen
zu verstehen. Das gelingt mir nicht immer, denn Erwachsene benehmen
sind oft sehr seltsam.
In einer meiner Nachdenkphasen habe ich einen Impuls bekommen, meine Gedanken
auch akustisch festzuhalten. Diese Idee hat mich fasziniert und wurde dann auch
umgehend umgesetzt. Meine Zeit verbringe ich nun in gemütlicher Studioatmosphäre von
LERNEN MIT ZUKUNFT, um Podcasts aufzunehmen. Und dabei setze ich vorerst auf einen
Wiederholungseffekt.
Foto: © Mykola Velychko - Fotolia.com
Zu finden sind diese HÖR|IMPULSE auf unserer Homepage:
http://magazin.LmZukunft.at/podcasts.html
Aber auch auf Youtube und SoundCloud finden Sie mich, geben Sie einfach „Professor
Abakus“ ein.
Ich freue mich auf ein Wiederhören,
Ihr Professor Abakus
Ghostwriter: Birgit Menke
22 | MÄRZ 2021
Schenken Sie doch
mal eine Lernbox.
Schenken mit Sinn macht mehrfach Freude.
Einerseits unterstützen Sie damit Projekte, die notleidenden Menschen im
In- und Ausland helfen. Andererseits kann diese Unterstützung in Form
eines Billets als Geschenk an eine liebe Person weitergegeben werden.
schenkenmitsinn.at
Jetzt digital
schenken
mit Sinn
Symbolbild © Caritas
information & vielfalt
In Zeiten des Stillstands:
Die Kunst der Improvisation
WAS WIR MOMENTAN VOM THEATER LERNEN KÖNNEN
Lena Knapp
Studentin und
freie Schauspielerin
Foto: © Robert Krenker
Foto: © Kyle Head | unsplash.com
24 | MÄRZ 2021
Hätte man mich vor einem Jahr
gefragt, wie meine Pläne für die
nahe Zukunft aussehen, hätte
ich sofort eine Antwort parat
gehabt: In zwei Monaten ist Premiere,
nebenbei laufen Proben für eine weitere
Produktion, ich will endlich den Bachelorabschluss
schaffen und werde bestimmt
noch irgendwo anders irgendwie Theater
machen, da tut sich sicher etwas auf.
KUNST IST EBEN DOCH SYSTEM-
RELEVANT
Das Einzige, was sich bekanntlich in den
nächsten Monaten tatsächlich auftat,
war und ist eine große Leere – auch auf
den Bühnen der Kunst- und Kulturlandschaft.
Spätestens jetzt, Anfang 2021,
haben bestimmt nicht nur die Kunst- und
Kulturschaffenden, sondern auch alle
Kunst- und Kulturkonsument*innen
gemerkt: Ab einem gewissen Zeitpunkt
ist die Kunst doch systemrelevant.
Und damit meine ich nicht die großen,
jederzeit verfügbaren Streamingdienste,
die sich während der Lockdowns 1, 2
und 3 wahrscheinlich eine goldene Nase
verdient haben. Damit meine ich alle
Museen, Ausstellungsräume, Konzerthallen,
Clubs, Kinos und eben auch die
Theater, die am besten funktionieren,
wenn Menschen zusammenkommen und
nicht jede*r alleine zu Hause vor einem
Bildschirm sitzt.
Wo sind all die Räume und deren Raumschaffenden
hin, in denen wir Menschen
zusammenfinden, sich die Realität neu
verhandeln, die Zukunft erträumen und
Vergangenes erforschen lässt? Ein Teil
der Raumschaffenden hatte über kurz
oder lang keine Wahl und musste genau
wie der Friseursalon ums Eck oder das
Kaffeehaus des Vertrauens dichtmachen.
Ein weiterer Teil hat sich in die Tiefen
des Internets vorgewagt um, mehr oder
weniger erfolgreich, neue Formen zu
finden und alle anderen stehen hinter
verschlossenen Türen und scharren seit
12 Monaten ungeduldig mit den Hufen
bereit die Welt zurückzuerobern.
DIE KUNST DER IMPROVISATION
Auch ich will nicht mehr warten. Seit einigen
Jahren bin ich als Schauspielerin in
der freien Theaterszene Wiens aktiv und
habe die Möglichkeit, ebendiese Diskursräume
mitzugestalten, ein Publikum zu
berühren, zu schockieren, vor den Kopf
zu stoßen, zum Nachdenken anzuregen
oder es schlichtweg für einen Moment
von der ganz eigenen Realität abzulenken
und zu unterhalten. Dass dies
gerade nur begrenzt möglich ist, macht
mich traurig, wütend und lässt mich an
vielen Dingen zweifeln. Aber wenn es etwas
gibt, das mich das Theater in Zeiten
des Stillstandes gelehrt hat und das uns
allen, ob Kulturinteressent*innen oder
Kulturverweigerern, eine Hilfe sein kann,
dann ist es die Kunst der Improvisation.
Ein Grund, weshalb bestimmt nicht nur
ich das Theater liebe, ist diese gewisse
Unberechenbarkeit, die bei jedem Theaterbesuch
dabei ist. Auch wenn eine
Vorstellung zum fünfzigsten Mal gespielt
wird, so ist sie doch jedes Mal etwas
anders als die Vorherige. Mal bringt das
Publikum eine ganz andere Energie mit,
mal hat man vor einem Auftritt besser
oder schlechter geschlafen und manch-
Foto: © Clker Free Vector Images | pixabay.com
mal geht etwas schief. Ein Einsatz wird
verpasst, der Text sitzt nicht ganz richtig,
das Bühnenbild ist irgendwie anders als
sonst, ein Requisit fehlt oder das Kostüm
geht mitten in der Szene kaputt. Was
dann passiert, ist Improvisation. Das
ewig geprobte Stück geht auf der Bühne
weiter, muss aber an die neue Situation
angepasst werden und das am besten
so, dass es auf die Zuschauer*innen
wirkt, als ob alles genau geplant wäre.
In dieser Magie des unberechenbaren
Moments werden winzig kleine neue
Geschichten geschrieben und Impulse
gesetzt, um einfach weitermachen zu
können, ganz egal was passiert.
WAS WIR UNS VOM THEATER
ABSCHAUEN KÖNNEN
Nun ist ganz klar, dass wir uns alle seit
so vielen Monaten in einem Zustand
befinden, bei dem uns jedes Mal aufs
Neue gezeigt wird, dass alles anders
kommt, als wir denken. Wir alle wurden
und werden auf die Probe gestellt und
sind dazu angehalten zu improvisieren,
ohne (im Gegensatz zur schief gelaufenen
Vorstellung) ansatzweise zu wissen,
wie das Stück am Ende ausgeht. Was
wir uns dabei vom Theater abschauen
können, ist, immer weiter zu improvisieren,
die Hoffnung nicht zu verlieren und
nicht aufzuhören an das Ende der Corona-Vorstellung
zu glauben, wie auch
immer dieses genau aussehen mag.
Ich wünsche uns allen, dass jede*r für
sich eine eigene kleine neue Geschichte
improvisiert und dass wir uns bald bei
einem Kaffee im Kaffeehaus von den
magischen Momenten erzählen können,
auf die wir bei unseren Improvisationen
gestoßen sind.
Foto: © Tibor Janosi Mozes | pixabay.com
information & entwicklung
Betreuung vor Pflege:
Lebensbegleiter*in
IM DERZEITIGEN SYSTEM PFLEGEN WIR DIE PATIENTEN INS BETT UND VOM
BETT INS HEIM (Dr. Ernest G. Pichlbauer, Gesundheitsökonom)
Karl H. Schrittwieser ˇ
Obmann
IMPROVE-Bildung mit Zukunft
zertifiziertes Institut
für Erwachsenenbildung
www.improve.or.at
INFO
Online-Info-
Veranstaltung
ANMELDUNG
http://www.improve.
or.at/online.html
Was sagt uns Dr. Pichlbauer?
"Gesundheit und Pflege gehören
in ein System zusammengefasst
und der Fokus
auf die Prävention (soziale Betreuung
und Begleitung) gelegt. Die Mobilität der
Patienten länger zu erhalten sei möglich,
erfordere aber einen Aufwand, für den
sich im derzeitigen System niemand
zuständig fühlt.
Man könne für eine beeinträchtigte Person
die Einkäufe erledigen - oder aber
mit ihr gemeinsam einkaufen gehen und
so dafür sorgen, dass sie aktiv bleibt.
Für aktivierende Betreuung seien aber
auch im Spital keine Kapazitäten vorhanden."
Dies ist auch der Grund, warum das
neue Berufsbild „Lebensbegleiter*in“
gemeinsam mit der Fachgruppe Personenberatung
und Personenbetreuung
/ Wirtschaftskammer Wien ins Leben
gerufen wurde.
Der/die Lebensbegleiter*in deckt das
Betreuungsfeld zwischen der 24h-Betreuung
(Betreuung & Pflege) und dem Lebens- und
Sozialberater (Analyse & Beratung) ab.
Der Beruf des Psychotherapeuten (Analyse
& Therapie) ist erst im gesundheitlichen,
therapeutischen Fall gefragt.
Somit umfasst die „Lebensbegleitung“ die
Betreuungsfelder Aktivierung & Freizeit
sowie Prävention & Mobilisierung
Die fachlich intensive Ausbildung
(3 Semester inkl. Praktikum) endet nach 18
Modulen mit einem Diplomabschluss sowie
dem TÜV-AUSTRIA-Zertifikat (ganzheitlicher
Personenbetreuer), pädagogisch qualifiziert
zur Begleitung und Betreuung von Kindern
| Jugendlichen | Senioren | Generationen –
Einzel/- und Gruppenbetreuung.
Ein Beruf für alle, die sich neu orientieren
möchten und ein interessantes, sinnerfüllendes
Arbeitsfeld suchen.
Eigenschaften wie Liebe zu den Menschen,
Empathie, Geduld, Toleranz und Zuhören
können sind die Grundvoraussetzung für
diese Ausbildung.
Coverfotos: Privatarchiv
26 | MÄRZ 2021
information & vielfalt
Erik schafft es! - Schluss mit sexuellem Missbrauch von Anna Kampschroer
Der Fußballclub soll Erik helfen, sich nach Trennung der Eltern und Umzug in
der fremden Umgebung einzuleben. Wäre da nicht der Fußballtrainer, der den
Jungen sexuell bedrängt. Beide Elternteile wollen „nur das Beste“ für ihren Sohn,
erkennen aber nicht die Not, in der er sich befindet. Die Mutter drängt ihren Sohn
geradezu in den Kontakt zum Trainer als vermeintlichen Wohltäter ihres Kindes.
Der Vater ist zu weit entfernt und möchte Streit mit der Mutter vermeiden. So
entsteht eine Dynamik auf Erwachsenen- und Kinderebene, die Erik erst recht
in eine unerträgliche Notsituation stürzt. Erst als Erik entdeckt, dass nicht nur
er dieser sexualisierten Gewalt ausgesetzt ist, findet er aus Sprachlosigkeit und
Ohnmacht. Gemeinsam mit einem neuen Freund traut er sich, Hilfe bei unterstützenden
Erwachsenen zu suchen.
Mit Zeichnungen von Cornelia Nass, Online-Informationen für Fachpersonen
1. Auflage 2020. 103 Seiten. Innenteil farbig
(978-3-497-02986-0) kt
„Feuer ins Herz – Wie ich lernte, mit der Angst zu tanzen“ ist eine Geschichte,
die in einer erkaltenden Welt das Herz wie ein Lagerfeuer zu wärmen vermag.
Die Abenteuer der Hauptperson Noah, der sich im Lockdown wiederfindet, mit dem
Trickster Old Man Coyote führen aus der Illusion der trennenden Angst – und hinein
in eine neue Verbundenheit mit allem Lebendigen.
Der Dystopie einer rein verstandesorientierten Welt mit dem heraufdämmernden Gespenst
der Technokratie, des Transhumanismus und eines Überwachungsstaates wird
eine Utopie der Verbindung von Intellekt und Spiritualität gegenübergestellt.
Die Vision einer neuen Ganzheit ist die Kernbotschaft dieses Buches. Ein brisanter,
hochaktuell gesellschaftskritischer Roman, der die Angst als das gefährlichste Virus
entlarvt und neue Wege der Heilung aufzeigt.
von Gerald Ehegartner
Kamphausen.Media-Verlag | Erstveröffentlichung Jänner 2021
Mit WÜRDE gegen das Virus der Angst
26. Buch von Manfred Greisinger nimmt Anleihe beim Wolf
Das bislang einzige wilde, freie Wolfsrudel Österreichs lebt im Umfeld von
Allentsteig, am Truppenübungsplatz, im Herzen des Waldviertels. Der All ent steiger
Autor Manfred Greisinger erinnert in diesen herausfordernden Krisen-Zeiten mit
seinem neuen Buch "WOLFS-WÜRDE" die Leserinnen und Leser an ihre eigene Wildheit,
Wachheit, Verantwortung und Autonomie, an ihre Würde!
In der Edition Stoareich erschienen. Erhältlich als Paperback oder Hardcover im
Buchhandel oder – mit Signatur und persönlicher Widmung – im Online-Bookshop
der Edition Stoareich
www.stoareich.at
27 | MÄRZ 2021
information & entwicklung
Man ist nie zu alt:
Die Technik und ich
TROTZ DER WUNDER VON WISSENSCHAFT UND TECHNIK SIND DIE
TIEFEN MENSCHLICHEN PROBLEME GEBLIEBEN (Dalai Lama)
Babette Reineke
Hannover, Deutschland
Schaue ich heute auf mein Leben, ist
mir, als blätterte ich in einem wundersamen
Buch. Schier unglaublich,
wie sich die Welt verändert
hat! Unglaublich auch, dass mich nur
noch ein läppisches Jahrzehnt von dieser
magischen “Hundert“ trennt! Auch das
ist ein Wunder und eine Gnade zugleich.
Als mein Leben begann, drehte sich das
Rad der Zeit noch gemächlicher und
meist mit Handantrieb. Damals wurde
noch alles mit der Hand gemacht, das
Säen und das Ernten, das Feuer im Herd,
ja sogar die Liebesbriefe! Die erste
“Maschine“, die ich kennenlernte, war
Mutters Nähmaschine, die noch “Hand &
Fuß“ beanspruchte und deren vertrautes
Rattern mich oftmals in den Schlaf
begleitete. Später dann in der Schule,
kam die Rechenmaschine, die gar keine
Maschine war, sondern aus zehn verschiebbaren
Holzperlenreihen in einem
Holzgestell bestand. Ich mochte sie nicht.
Zahlen waren nicht mein Fall. Viel lieber
kritzelte ich Buchstaben auf meine Schiefertafel,
an der ein Feuchtschwämmchen
samt Trockentüchlein hing. Ich bevorzugte
das Schreiben und Bäume wachsen
nun mal nicht in den Himmel!
Die Technisierung wuchs weiter, viel
schneller als ich. Dank menschlichem
Erfindergeist drehte sich das Rad des
Lebens nun viel schneller und mit Elektrokraft.
Diese brachte viel Erleichterung,
besonders im Arbeitsalltag und auch
mehr Freizeit und Wohlstand. Glücklich
aber machte sie nicht! Denn mit dem
Wohlstand wuchs auch die Lust auf
mehr Profit: “Schneller, höher, weiter!“
So das Motto. Doch Herz und Seele zu
sehr an den Mammon zu hängen, ist
von Übel. Davon konnte schon Meister
Goethe, in seinen noch heute aktuellen
Balladen, ein Liedlein singen: „Die Geister,
die ich rief, ich werd sie nimmer
los.“ Meiner Generation mag das noch
in den Ohren klingen!
Es erstaunt mich immer wieder, wie
heutzutage schon die Kinder mit der
Technik umgehen können. Als ich das
erste Mal zu einem Telefon gerufen
wurde, hielt ich prompt das falsche
Ende des Hörers an mein Ohr. Unvorstellbar
für die heutige Generation.
Wenn mir heute Menschen auf der
Straße begegnen, die nur auf ihr Handy
schauen und schier in mich hineinrennen,
da vergeht mir das Lachen!
Kein Blick mehr für den anderen, für
die Schönheit der Natur. Mir scheint,
dass das Leben an diesen Menschen
vorbeigeht.
Ich weiß sehr wohl die Technik zu
schätzen und erinnere mich noch gut,
als wir in der Alten- und Krankenpflege
erstmals einen Lifter einsetzen konnten.
Was für ein Segen! Doch auch mit ihm
mussten wir lernen, richtig umzugehen,
28 | MÄRZ 2021
Das Haus Pfle
Isolation durc
in unserer Ge
von alten und
erschwerte ih
nen Kontakte
Werdenberg
schließlich hing im wahrsten Sinne des Wortes das Leben
der Patienten und Heimbewohner davon ab!
Alles hat nun mal zwei Seiten auf dieser Erde, und man
lernt nie aus. Selbst ich, die sich sogar beim Hörfunk in Sachen
Technik auf den Techniker verließ, habe gelernt mit
einem Laptop umzugehen. Es handelt sich nicht um die
komplizierteste Gerätschaft, mit der ich es zu tun hatte.
Der Laptop bringt treu und brav meine durcheinanderpurzelnden
Gedanken zu Papier. Ich muss sie nicht, so wie
früher, mühsam mit einem Griffel auf eine Schiefertafel
kritzeln.
In Zukunft sollen auch kleine Roboter als Pflegekräfte
eingesetzt werden. Alles gut und schön, doch sie sind
herzlos! Was immer auch in der Zukunft noch möglich
werden wird: Niemals dürfen wir darüber die Demut und
die Achtung vor der Schöpfung verlieren. Niemals vergessen,
dass wir selbst nur ein Teil von ihr sind, sonst drohen
wir selbst zu Robotern zu werden!
Jürg Mäder
Wenn
zu sch
Berüh
von C
Im April 2020 stan
men zu, die Türen
einander. Betagte
ständigkeit und Ei
ten, abgeschottet
heime. Um von in
Alltag der Bewohn
Foto © Gerhard G. | pixabay.com
heims zu schaffen
29 | MÄRZ 2021
on in dieser Isola
rend zwölf Tagen
information & gesellschaft
Ein ganz persönlicher Prozess:
Vom Leben und vom Sterben
NICHTS TRÄGT IM GLEICHEN MASS WIE EIN TRAUM DAZU BEI, DIE ZUKUNFT ZU
WO GEHN WIR DENN HIN? IMMER NACH HAUSE (Novalis)
Mag. Reinhard Jürg Winter Mäder
Seit 40 Jahren initiiert
und begleitet er Projekte
in den Bereichen Pädagogik,
Kultur, Film und
Artenvielfalt.
https://trailblazing.ch
Die Finalphase, wie der Pflegeleiter
es ausdrückte, hat begonnen.
Die Morgensonne scheint in
das Zimmer und wärmt deinen
welkenden Körper. Der Wecker auf dem
Nachttisch tickt ohne Unterlass, lässt
Zeit und Raum miteinander verschmelzen.
Schlaf- und traumähnlicher Zustand.
Du bist in innerer Bewegtheit, in Unruhe,
auf Reisen durch ein reiches Leben.
Deinem Körper, einem Gefängnis gleich,
dem du länger schon zu entrinnen versuchtest,
entschwinden die Kräfte.
Ein langes Ausatmen – dann Atemlosigkeit
in tiefster Entspannung. Das feine
Pulsieren deines Halsäderchens unter
deiner pergamentartigen Haut deutet
noch auf einen Rest von Leben hin. Du
entgleitest mir. Unsere gemeinsamen
Reisen, die uns verbunden haben,
ähnlich einer Komplizenschaft, die dem
Alltag entflieht, sind Erinnerung.
Du warst schon beinahe achtzig,
Lateinlehrerin an unserer Schule. Dein
immenses Wissen über die Antike, deine
Erzählgabe, deine Liebe zur Grammatik
erweckte diese tote Sprache zu neuem
Leben. Die Schüler liebten deinen
Unterricht.
Dann auch unsere Romreise, über
Weihnachten, zusammen mit deiner
Tochter, meiner Lebensgefährtin. Im
Reiseführer entdecktest du den sieben
Kirchen Pilgerweg. So machten wir uns
frühmorgens auf den Weg, den ganzen
Tag über unterwegs, zu Fuss, mit dem Taxi.
Vergessen waren deine schmerzenden, alten
Gelenke. Ein Wesenszug den ich bisher an
dir nicht kannte. Alles in deinem Leben war
durchgeplant und organisiert – als Ehefrau,
als Mutter von fünf Kindern, als Gärtnerin
deines großen Gartens, mit wenig Zeit für
alle deine vielen Interessen und Begabungen.
Spätabends Geschichten erzählend,
mit einer Bildkraft, als sei dieser Ort dir aus
einem früheren Leben schon bekannt. Im
Zimmer des Hotels, in den frühen Morgenstunden,
hast du die ganze Pilgerreise im
Tagebuch festgehalten. Es war dir ein großes
Anliegen nichts zu vergessen, dein alterndes
Gedächtnis frisch zu halten.
Dann, fünfzig Sekunden später, ein tiefes
Einatmen. Ein Hauch von Leben kehrt in dich
zurück. In den vergangenen Tagen saßest
du oft, tief gebeugt, tagebuchschreibend im
Garten des Pflegeheimes - mit dem wenigen
Restlicht deiner Augen - die Ostersonne
genießend, dein Leben Revue passieren
lassend, heimwehgeplagt.
In Wien aufgewachsen, ein glückliches
Leben als Zweitälteste mit sieben Geschwistern.
Dein Vater, gläubiger Katholik und
Vizebürgermeister war engagierter Kämpfer
gegen den Nationalsozialismus und musste
mit deiner ganzen Familie kurz vor dem
Anschluss ans Deutsche Reich fliehen. Ein
großer Bruch in deinem Leben. Über die
Grenze in Feldkirch begann eure Odyssee
durch die Schweiz, Frankreich, Belgien, England
und schließlich in die USA, wo du dein
Sprachstudium absolvieren konntest. Auf
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eurer ersten Station, bei einer Gastfamilie
im Sarganserland, verliebtest du dich
als junger Teenager in deren Sohn. Eine
Liebe, die dein ganzes Leben hindurch
hielt und die dich vierzehn Jahre später
zurückkehren ließ, um deine eigene
Familie zu gründen.
Wieder - nach fünfzig Sekunden – nach
einem tiefen Ausatmen folgt die Zeit der
atemlosen Stille. Apnoetaucher besitzen
diese Fähigkeit, die sie sich durch meditatives
Training aneignen.
Es ist dir schwergefallen deine Gebrechlichkeit
zu akzeptieren. Viel zu wach
noch dein Geist, vieles was du noch
tun wolltest - Erlebtes und Gelebtes als
Bruchteil des Möglichen. Ist es auch die
Trauer eines nicht zur Genüge gelebten
Lebens? Du hast nie mit mir über das
Sterben gesprochen. Wir haben die
Zeiten des Lebens genossen. Unsere
kurzen Spaziergänge zu den alten Häusern
waren deine letzten Freiheiten, die
dir den Gang zurück ins Leben ermöglichten.
Das Frühlingserwachen erinnert
dich an deinen Garten. Du kennst jede
Blume. Die Namen der Berge möchtest
du alle benennen können, regst dich auf,
sie immer wieder zu vergessen, störst
dich an der verschandelnden Architektur
des nahen Spitals.
dem Schöpfer geblieben, mit dem du in deiner letzten
Lebensphase oft gerungen hast und der viele deiner Fragen
unbeantwortet ließ, hast das Sakrament der letzten
Ölung empfangen.
Schritt für Schritt löstest du dich von allem was dir lieb
ist, um dann, alleine, ein letztes Mal auszuatmen - Höhepunkt
des Lebens.
FILMHINWEIS
«Stimme des Abends» ist ein
sozialpolitischer, poetischer
Film, der die Frage nach
dem Umgang mit den immer
älter werdenden Menschen
in unserer Gesellschaft und
deren Platz in unserem Leben
aufwirft. Eine Hommage für
Menschen in ihrem letzten
Lebensabschnitt und für alle,
die ihnen ein Leben in Würde
ermöglichen.
Dokumentarfilm, 20 Minuten,
2020
Regie Michelle Brun
Zu sehen auf: kino-online.ch
Link: https://kino-online.ch/
Fünfzig Sekunden später – dein Atem
setzt wieder ein.
Angstvoll hast du dich in deinen langen,
wachen Nächten dem Unwiederbringbaren
hingegeben. Mit einer bewundernswerten
Gründlichkeit, wie alles in
deinem Leben, hast du dich vorbereitet.
Du hast dir die Zeit genommen, die es
noch brauchte, bist im Zwiegespräch mit
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Bericht: Pflege und
Hospiz
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Flyer "Stimme des
Abends"
Foto: © Engin Akyurt | pixabay.com
31 | MÄRZ 2021
information & vielfalt
Erika Summ:
Kindheit auf dem Lande
UND WEIT LIEGT IM NEBEL, ACH WEGLOS WEIT, DIE KINDERZEIT,
DIE KINDERZEIT (Detlev von Liliencron)
Vater Schober vor Haus
und Scheune in Stachenhausen,
meine beste
Freundin Martha in der
Mitte zwischen ihren
Schwestern Karoline und
Rosa, 1926.
In meiner frühen Kindheit spielte ich
oft mit den Nachbarskindern. Eines
von ihnen war Martha »Martl« Schober.
Ihre Eltern besaßen Kühe und
zwei schöne Pferde mit langen Schweifen
und schönen Mähnen. Die Pferde hatten
im Sommer wegen der Fliegen bunte
Ohrenschützer auf, das sehe ich noch
sehr lebhaft vor
mir.
Bei Schobers
hielten wir uns
gerne neben
dem Garten
auf, in dem
rings um den
Zaun Dahlien
in herrlichen
Farben blühten.
Oben in
der Ecke stand
eine Türkische
Kirsche, oder
Maraskakirsche,
mit
großen, gelben
Früchten. Wenn
sie reif waren,
mussten wir aufpassen, dass uns die
beiden Schwestern von Martl beim Stibitzen
nicht erwischten. Von den Kirschen
sollte ja für den Winter etwas eingekocht
werden. Rosa und Karoline, so hießen
die beiden Geschwister, waren älter und
größer als wir. Manchmal verscheuchten
sie uns. So spielten wir eben am »Gänsebuckele«
weiter, bis die beiden zum
Melken in den Stall gerufen wurden.
Dann war die Luft wieder rein. Wenn es
im Herbst kühler wurde, zogen wir uns
mit den anderen zurück, ins Haus oder
auch in den Stall und halfen dort beim
Füttern.
Das alte Bauernhaus der Schobers barg
viele Geheimnisse. In der Küche stand
ein wuchtiger Backofen, daneben der
tiefe Backtrog, in dem der Teig für das
Schwarzbrot geknetet wurde. Dazu
kam der große Herd mit riesigen Töpfen
darauf, die einfach in die Feuerringe
über der Glut eingehängt wurden.
Täglich musste die Holzkiste aufgefüllt
werden, wo wir Kinder schon bald helfen
konnten. Zur Belohnung erhielten
wir ein Glas Milch und ein Stück Brot
mit Himbeermarmelade. Der große
Eisenofen für die Stube wurde vom
Schlafzimmer aus geheizt. Der knackte
und bullerte so schön und gemütlich.
Im Ofen summten die Bettflaschen für
die Mädchen und die Eltern.
Wenn unsere Mutter uns weder sah
noch hörte, waren Karl und ich meist
in einem Stall bei den Nachbarn. Frida
konnte da noch nicht mit. Wir zwei
Großen um die fünf mussten immer
wieder auf die Dreijährige aufpassen,
bis Mutter die Ziegen gemolken hatte.
Wenn Vater von der Weide kam, sollte
das Abendessen fertig sein, denn er
war ja fast den ganzen Tag mit seiner
Herde unterwegs. Dann wurden noch
die Hunde gefüttert, wobei wir schon
Foto: Zeitgut Verlag/Privatbesitz des Verfassers
32 | MÄRZ 2021
sehr früh mit an die Hütte durften. Bald
fanden wir heraus, welchen Hund wir
streicheln durften und bei welchem lieber
etwas Abstand angebracht war.
In und um unser Haus konnten wir vieles
entdecken. Unter der Treppe befand sich
ein kleiner Gänsestall, daneben ging
es in einen Keller, der sehr dunkel war.
Ganz hinten waren die Mostfässer und
die Kartoffeln, dann kamen die Krautständer
und eine Brothenge mit selbst
gebackenen Brotlaiben. Auch wir hatten
einen Backofen in der Küche, aber er war
kleiner als der bei Schobers.
Das mit dem Backofen war im Winter
prima. Mein Bett stand im Schlafzimmer
hinter der Küche gewissermaßen an
der Backofenwand – da konnte ich den
Rücken und die Füße herrlich wärmen.
Im Sommer war es dann zu warm und
Mutter rückte das Bettchen etwas weg.
Ein weiterer Ofen stand zwischen der
Stube und dem Schlafzimmer. Hinter
diesem durften sich auch kleine Lämmer
wärmen, wenn die Muttertiere krank
waren oder zu wenig Milch gaben. Dann
wurde mit der Flasche zugefüttert. Uns
Kindern gefiel es, wenn so ein Lämmchen
in der Stube herumwackelte. Leider
war das meist nur für ein paar Tage, bis
sie einer anderen Mutter untergeschoben
werden konnten.
schon durch das Summen die Wärme.
Eine warme Stube brauchte mein Vater, wenn er
durchgefroren nach Hause kam. Oft brachte er
auch die Hunde mit ins Haus, bis ihr Fell trocken
war. Meist hatten wir langhaarige Schäferhunde.
Die sahen zottig aus und waren recht widerstandsfähig.
In der härtesten Winterzeit blieben
die Schafe im Stall und wurden mit Heu gefüttert.
Das kam vor allem im Januar vor, oft auch noch im
Februar, wenn der Schnee hoch lag und strenger
Frost herrschte. Dann konnten die Schafe den
Schnee nicht beiseite scharren, um an das Gras zu
gelangen.
In diesen Monaten musste unsere Mutter auch im
Stall sehr viel mithelfen: Sie stockte das Heu auf
und breitete immer wieder frische Streu aus. Das
konnten aber auch bald wir Kinder mit unseren
Freunden übernehmen.
Erika Summ
Schäfers Tochter
Die Geschichte der Frontschwester
Erika Summ. 1921-1945.
192 Seiten, zahlreiche Fotos.
2. Auflage November 2014.
Sammlung der Zeitzeugen (55),
Zeitgut Verlag, Berlin.
Broschur
ISBN 978-3-86614-108-7
Zur Stube hin hatte der Eisenofen zwei
Etagen. In der unteren konnte man kochen
und auch Weißbrot oder Gugelhupf
backen. Oben summten angenehm die
Kupferbettflaschen oder ein Wassertopf.
Ich spürte beim Hereinkommen allein
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information & bildung
Für eine bessere Zukunft:
Lernbox zu Covid-Zeiten
DER HUNGER LÄSST SICH NUR SCHWER MIT GEMALTEM KUCHEN STILLEN
(aus China)
Theresa Sacher, BA MA
Caritas | Lernbox
Eine Freundin erzählte mir von
ihrer Tochter und über die Zeit der
Schulschließungen. Elisa*, eine
motivierte Tafelklasslerin, war auf
Mamas und Papas Hilfe im Homeschooling
angewiesen. In diesem Fall funktionierte
es gut, dank Sonderfreistellung der
Mutter, Homeoffice des Vaters und weil
eine passende Wohnsituation und funktionierende
Internetverbindung bestehen.
Es war eine Herausforderung, aber eine,
die zu meistern war.
LOCKDOWN: SCHULKINDER
WARTEN VOR DEM SCHULTOR, WEIL
SIE HUNGER HABEN
Anders klingen mir die Berichte von
Sr. Pauline Nakayale aus Kenia im Ohr.
Sie ist die Programm-Direktorin der
Organisation „Hands of Care and Hope“
der Franziskaner Missionsschwestern für
Afrika und leitet Schulen in Kariobangi,
in den Slums von Nairobi. Bereits im
Frühling erzählte sie von Scharen von
Schulkindern, die täglich hungrig an die
wegen der Pandemie verschlossenen
Schultore klopften. Die Kinder vermissen
nicht nur den Unterricht und den Kontakt
mit LehrerInnen und SchulkameradInnen.
Auch die täglichen Essensausgaben in
den Schulpausen fehlen schmerzlich.
Denn oft waren diese Schulspeisungen
die einzigen fixen, warmen Mahlzeiten
für die Kinder – und ein wichtiger Baustein
dafür, dass die Eltern ihre Kinder
überhaupt zur Schule schicken konnten.
DER HUNGER IST SCHLIMMER ALS
DAS VIRUS
Für Homeschooling wie in Elisas Fall fehlen
in den beengten Wohnverhältnissen
in den Slum-Behausungen oftmals der
Platz, die Internetverbindung und Eltern,
die beim Lernen unterstützen können.
Viele (meist Mütter und Großmütter)
sind alleinerziehend, können selbst nicht
lesen und schreiben – und müssen –
trotz Verboten – nun unter noch gefährlicheren
Bedingungen zu ihren (nun teilweise
illegalen) Gelegenheitsarbeiten,
z.B. hinaus auf die Müllhalden, um den
Lebensunterhalt der Familien verdienen
zu können. Sie fühlen sich mehr vom
Hunger bedroht als vor dem unsichtbaren
Virus. Schutzmaterial wie Masken
sind oft nicht leistbar und meist fehlt
auch die Information, wie sich COVID19
ausbreitet und was dagegen getan
werden kann. Erschwerend steigen die
Fälle von häuslicher Gewalt, Teenager-
Schwangerschaften und Kinderarbeit.
LERNBOX AKTUELL: LEBENSMITTEL
UND SCHUTZ VOR DEM CORONA-
VIRUS
Die Caritas unterstützt Sr. Pauline und
ihr Team seit Jahren. Deren Schulen in
den Slums von Nairobi bieten Kindern,
die sonst wie ihre Eltern auf den Müllhalden
arbeiten würden, eine Chance
auf Bildung und eine bessere Zukunft.
Nun muss Sr. Pauline sich - wie Sie, ich,
Elisa und ihre Mutter – an die neuen
Fotos: © Archiv CARITAS
34 | MÄRZ 2021
Gegebenheiten und Herausforderungen
anpassen – und auch die Hilfestellungen
für die Kinder. Gerne unterstützen wir
sie dabei und so haben wir gemeinsam
die Lernbox-Unterstützung der letzten
Monate adaptiert. Bedürfte Kinder und
ihre Familien erhielten nun dringend benötigte
Lebensmittelpakete, Schutzmaterial
wie Masken und Desinfektionsmittel
und Aufklärung zu COVID19 Verbreitung
und Schutzmaßnahmen.
Sie können uns online unter https://shop.
caritas.at/lernbox-fuer-eine-bessere-zukunft
dabei unterstützen, weiter situationsangepasst
zu helfen.
*Name geändert
Foto: © AnnaliseArt | pixabay.com
35 | MÄRZ 2021
information & gesellschaft
Im Kunsthistorischen Museum Wien:
Der Turmbau zu Babel
DIE PANDEMIE HAT EINE WICHTIGE LEHRFUNKTION
Dipl.Ing. Alexander Ristic
STAR 7 Austria / Associated
Press
Journalist
36 | MÄRZ 2021
Von Oktober 2018 bis Jänner 2019
fand in Wien eine ganz besondere
Kunstausstellung statt. Das
Kunsthistorische Museum hat die
weltweit größte Ausstellung der Werke
von Pieter Bruegel (um 1525/30–1569),
mit sensationellen Leihgaben aus aller
Welt, organisiert. Es wurden rund drei
Viertel aller erhaltenen Gemälde des
flämischen Meisters und etwa die Hälfte
seiner noch existierenden Zeichnungen
und Drucke ausgestellt.
Im Mittelpunkt dieser besonderen Ausstellung
war das Bild „Der Turmbau zu
Babel“, signiert und datiert in das Jahr
1563, zu sehen.
Angefangen hat alles mit einem Turm,
genauer gesagt dem Bau eines Turms. Bis
zum Himmel sollte er reichen, der Turm
zu Babel – so steht es in Genesis 11,
1–9, einer der bekanntesten biblischen
Erzählungen. Der Turmbau zu Babel steht
für die großspurigen, maßlosen Projekte
der Menschen.
Die Geschichte über den alttestamentarischen
Wolkenkratzer ist eine der
zahlreichen in der Bibel überlieferten
Anmaßungen, mit denen die Menschheit
immer wieder versucht hat, sich selbst
größer und Gott kleiner zu machen. Wegen
dieser Selbstüberhebung bringt Gott
den Turmbau unblutig zum Stillstand,
indem er eine babylonische Sprachverwirrung
hervorruft, welche wegen
unüberwindbarer Verständigungsschwierigkeiten
zur Aufgabe des Projektes
zwingt und die daran Bauenden aus dem
gleichen Grunde über die ganze Erde
zerstreut. Als Konsequenz herrscht Verwirrung
und Zerstreuung. Der Turm bleibt unvollendet.
Seitdem leiden die Menschen unter den Folgen
des größenwahnsinnigen Turmbaus, lernen
mühsam Fremdsprachen, um sich weltweit
verständigen zu können.
Bruegels monumentale Komposition im Bild
wurde zum berühmtesten Klassiker der Turmbaudarstellungen.
Die im Vergleich zum Turm
beeindruckend winzige, flämisch anmutende
Bebauung der Hafenstadt liefert den Größenmaßstab.
Mit Akribie und enzyklopädischem
Interesse schildert Bruegel eine Unmenge
bautechnischer und handwerklicher Vorgänge
mit antiken und romanischen Architekturelementen.
Auf heute übertragen haben wir möglicherweise
mit der Globalisierung übertrieben und
erleben jetzt deren Kehrseite. Wir haben dies
ein Stück weit in Kauf genommen, sind übermütig
geworden. Dennoch müssen wir uns vor
Leichtsinnigkeit und Überheblichkeit schützen
und uns bewusst machen, dass wir immer noch
innerhalb bestimmter Grenzen leben – die
Corona-Pandemie, aber auch vorher bereits der
Klimawandel zeigen uns dies sehr deutlich.
Wir neigen dazu, unser vergleichsweises
luxuriöses und problemloses Leben als selbstverständlich,
fast gottgegeben hinzunehmen.
Wir werden an verschiedenen Stellen damit
konfrontiert, wie fragil unser weltweites Zusammenleben,
wie verletzlich unsere Erde ist.
Freiheitsrechte und Menschenrechte werden
massiv eingeschränkt. Die Menschheit verbindet
aktuell ein grundlegendes Erleben einer
Krisen-Situation und die Erkenntnis, dass wir es
in manchen Dingen, die durch Fortschritt und
Entwicklung möglich geworden sind, zu weit
getrieben haben.
Foto: © KHM-Museumsverband
Das Normale wird im Fortschritt und seinen
Werten, nur allzu oft zum Banalen
ohne Wert, bis uns das Leben eines
Besseren belehrt. Ja, auch Katastrophen
haben ihren Sinn im Leben. Umdenken
in Sachen Werten ist gefragt!
Das Aufzeigen von Grenzen muss uns
nicht nur begrenzen, sondern kann auch
entgrenzen und dazu beitragen, dass
wir uns untereinander verbinden und
in Zuversicht für gemeinsame Ziele und
Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt,
einstehen.
Dieses einmütige Streben nach einem gemeinsamen
Ziel ähnelt sehr dem Handeln der Menschen in der
Erzählung vom Turmbau zu Babel. Doch in einem Punkt
unterscheidet es sich wesentlich: Es geht nicht um
Machtstreben oder darum, sich einen großen Namen zu
machen. Sie haben – wie in den biblischen Erzählungen
die Menschen vor dem Turmbau zu Babel – zusammengearbeitet,
um etwas zu erreichen, was einer allein nicht
schaffen kann und was allen in der Gemeinschaft dient.
Falls Sie die einmalige Ausstellung damals nicht besucht
haben und Bruegel als Lehrmeister erleben wollen,
können Sie es jederzeit in der Gemäldegalerie des KHM
nachholen!
tipp
http://www.insidebruegel.net
https://www.khm.at
information & entwicklung
Mag. a Maria Neuberger-
Schmidt
Autorin und Gründerin
Verein Elternwerkstatt
www.elternwerkstatt.at
Foto: Ingrid Perger
Elternwerkstatt
Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!:
Bleib nicht dauernd stehen!
DIE KINDHEIT HAT EINE NUR IHR EIGENE ART UND WEISE, ZU SEHEN, ZU
DENKEN, ZU EMPFINDEN; NICHTS KANN UNGEREIMTER SEIN ALS DAS BEMÜ-
HEN, IHR DAFÜR DIE UNSRIGE UNTERZUSCHIEBEN. (Jean-Jacques Rousseau)
Ein etwa 2 jähriger Bub schlendert
gemütlich dahin. Er entdeckt so
manches zum Betrachten und Verweilen,
untersucht ein Mauereck,
hebt einen Stein auf, spielt Fußball mit
einer weggeworfenen Limonadendose.
Unglaublich, was Kinder auf einem ganz
gewöhnlichen Weg unterwegs zum Supermarkt
alles entdecken können.
Die Mutter, vor ihm hergehend, mahnt
ihn fortlaufend: „Andreas, bleib doch
nicht dauernd stehen!“, “Musst du
schon wieder den Müll aufheben?“,
„Beeil dich endlich!“, „Wie lange soll
ich noch warten?“,
„Andreaaas!“ – Das Kind kommt ihren
Aufforderungen nur schleppend nach,
widerwillig, einmal versteckt es sich
sogar trotzig im Hauseck. Ein schlimmes
Kind? Was kann da helfen?
HABEN SIE VERSTÄNDNIS FÜR KIND-
LICHE ENTWICKLUNGSBEDÜRFNISSE
Zunächst ist es wichtig, dass Eltern
Verständnis für die Entwicklungsphasen
und Bedürfnisse ihrer Kinder haben.
Der alltägliche Weg zum Geschäft, in
den Kindergarten, etc. ist für Ihr Kind
eine wahre Entdeckungsreise – lustvoll,
spannend und anregend. Sie sollten auf
solch normale und entwicklungsfördernde
Bedürfnisse Ihres Kindes nicht
mit genervten Botschaften reagieren,
wie beispielsweise diese Mutter. Oft
ist Eltern nicht bewusst, wie sehr sie
ihren Kindern durch den Tonfall und
die Häufigkeit ihrer kritischen Äußerungen
tatsächlich Schaden zufügen
und die Beziehung beschädigen. Denn
diese Negativ-Äußerungen, die häufig
wie saurer Regen hernieder prasseln,
beeinträchtigen das Selbstwertgefühl
und die Motivation des Kindes und begünstigen
Trotzreaktionen. Daher ist es
Illustration: © Eugen Kment
38 | MÄRZ 2021
wichtig und notwendig, Kindern für die
nötigen Alltagserledigungen einen ihnen
entsprechenden Spielraum einzuräumen,
der den Rhythmus und die Bedürfnisse
des Kindes berücksichtigt.
WAS KÖNNEN SIE TUN, WENN
DAFÜR ABER NICHT AUSREICHEND
ZEIT IST?
Immer auf die Bedürfnisse des Kindes
Rücksicht zu nehmen, wird, realistisch
gesehen, nicht möglich sein. Das ist
auch nicht schlimm, denn das Kind soll
durchaus erleben, dass sich seine Wünsche
nicht immer mit den Bedürfnissen
und Zeitvorgaben der Eltern decken.
Wichtig ist nur, dass Sie Grenzen setzen,
ohne zu verletzen. Das wird gelingen,
wenn Sie ihm das Gefühl geben, dass es
ernst genommen wird und dass Erwachsene
Verständnis statt Missachtung für
seine Bedürfnisse haben: „Ich kann mir
vorstellen, wie lustig es ist, mit der Dose
Fußball zu spielen!“ Sie sollten auch den
Grund für Ihre Eile nennen: „Aber das
Geschäft sperrt bald zu“ „Die Omi wartet
zu Hause“, etc. Wenn Sie dem Kind
die Hand geben, ihm beim Marschieren
eine spannende Geschichte erzählen,
vielleicht sogar ein Spiel anregen:
„Komm jetzt laufen wir ein bisschen“,
„Mal sehen, wer zuerst bei der nächsten Laterne
ist...“, wird es positiv motiviert, zu kooperieren.
Sinnvoll ist es auch, wenn Sie sich schon vor dem
Weggehen mit dem Kind ausmachen, ob es heute
Zeit zum Bummeln und Entdecken gibt, oder nicht.
Dann hat es sich innerlich auf die Notwendigkeit
zügigen Marschierens eingestellt und es wird
schneller reagieren, wenn es unterwegs daran
erinnert wird.
Wenn Ihr Kind Verständnis und Führung spürt,
wird es sich Ihren Anliegen gegenüber kooperativ
verhalten und einen Sinn für Disziplin entwickeln -
gerade weil Sie ihm die nötigen Freiräume einräumen.
Foto © Free-Photos | pixabay.com
39 | MÄRZ 2021
information & umwelt
Ein Publikumsmagnet:
Mamba-Nachwuchs
UND AUCH SCHON BEI DEN GANZ KLEINEN GILT: ÄUSSERSTE VORSICHT –
AUCH DIE JUNG-MAMBAS SIND BEREITS HOCHGIFTIG!
Direktor Dr. Michael Mitic
Geschäftsführung
Haus des Meeres/Wien
AQUA TERRA ZOO
www.haus-des-meeres.at
Unsere jungen Mambas sind nun
fast ein halbes Jahr alt und schon
ziemlich gewachsen. So war
es an der Zeit, die knapp 70cm
großen Schlangen vom kleinen Babyterrarium
in ein größeres zu übersiedeln.
Für das Elternterrarium sind die beiden
aber noch zu klein, daher haben wir ein
eigenes Zuhause nur für sie hergerichtet.
Die jungen Schlangen sind natürlich
genau so giftig wie ihre Eltern, was das
Übersiedeln zur heiklen Angelegenheit
macht. Noch dazu stand das Babyterrarium
bei den Taipanen, den giftigsten
Schlangen der Welt.
Wir haben also zuerst die Taipane gefüttert
und während diese ihre Mäuse im
Maul hatten, sind die Mambas mit einem
Spezialwerkzeug herausgefangen und
übersiedelt worden. Es handelt sich dabei
um eine Art Greifzange, die aber extra
breit und mit weichen Gummiauflagen
ausgeführt ist, um Verletzungen der Tiere
zu vermeiden.
Ca. 70cm lang sind die Jungtiere – und schon so gifti
Sehr schnell haben sie angefangen, ihr
neues Zuhause zu erkunden und sich
bestens eingelebt.
Für alle, die das Übersiedeln in einem
kurzen Film sehen wollen, hier ein You-
Tube Link:
https://youtu.be/gN0wHUgoTq0
Fotos © Haus des Meeres
40 | MÄRZ 2021
tipp
Das Haus des Meeres braucht
Ihre Hilfe!
Die finanzielle Situation ist äußerst
prekär, ob und in welcher Form es
für unseren Zoo finanzielle Unterstützung
geben wird, ist leider
völlig ungewiss.
Bitte unterstützen Sie, vielen Dank!
g wie die Eltern
Vorsichtig wurden die jungen Mambas mit einer speziell gepolsterten Greifzange
übersiedelt
41 | MÄRZ 2021
UNSER WEB-KIOSK
http://magazin.Lmzukunft.at
Umfangreiches Archiv zur Nachlese
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