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LERNEN MIT ZUKUNFT Dezember 2020

Themenvielfalt unter dem Thema "Lebensraum MENSCH" Das Impulsmagazin für Erwachsene

Themenvielfalt unter dem Thema "Lebensraum MENSCH"
Das Impulsmagazin für Erwachsene

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LEBENSRAUM: MENSCH<br />

IMPULSMAGAZIN FÜR ERWACHSENE<br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2020</strong><br />

DIE STAATLICH-MEDIALE ANGSTPÄDAGOGIK<br />

Verzicht auf Differenzierung<br />

SEHNSUCHT FAMILIE<br />

Gerade in Krisenzeiten<br />

DAS KLIMAOPTIMIERTE WEIHNACHTSFEST<br />

Food 4 future - Teil 5


inhalt & impressum<br />

inhalt<br />

bildung<br />

Martinstag einmal anders<br />

Perspektiven für Kinder & Jugendliche<br />

Hat Ihr Kind wieder nur gespielt?<br />

entwicklung<br />

Meine Nachrichten Diät<br />

Forschung geht neue Wege<br />

Mehr Chancengleichheit<br />

Verachtet mir die Meister nicht!<br />

Echtheit und Authentizität leben<br />

gesellschaft<br />

Sehnsucht Familie<br />

Die staatlich-mediale Angstpädagogik<br />

Lassen Sie mich ausholen<br />

Danke für den gelungenen Tag<br />

Russland und wir<br />

Eine Befragung im Freundeskreis<br />

Komm, wir schützen das Klima<br />

umwelt<br />

Das klimaoptimierte Weihnachtsfest<br />

gedanken<br />

Raum schaffen<br />

Prof. Abakus | Hoffnung und Mut<br />

Unterstützung für Betroffene<br />

vielfalt<br />

Stiefern am Kamp<br />

Buchtipp<br />

Weihnachten an der Berliner Mauer<br />

09<br />

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impressum<br />

Medieninhaber, Herausgeber & Verleger <strong>LERNEN</strong><br />

<strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong>, 1220 Wien, Mühlwasserpromenade<br />

23/ Haus 13, e-mail: office@LmZukunft.at,<br />

Herausgeber/Grafik: Karl H. Schrittwieser, Redaktion<br />

(Bild/Text): Birgit Menke, Tina Cakara<br />

Titelseite - Foto: © Pixaline | pixabay.com<br />

Blattlinie:<br />

Mit unserer Themenvielfalt laden wir Erwachsene<br />

ein, sich für die Entwicklung unserer Lebenswelt<br />

und für künftige Generationen einzusetzen.<br />

Dazu geben wir Informationen, Gedankenimpulse<br />

und Anregungen.<br />

Die AutorInnen übernehmen selbst die<br />

Verantwortung für den Inhalt ihrer Artikel.<br />

Auflage: 4 mal im Jahr<br />

unterstützung durch<br />

www.improve.or.at<br />

www.2dudes.online<br />

2 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


editorial & information<br />

Ein besonderes Jahr:<br />

Viel Zeit zum Nachdenken<br />

FÜRCHTE DICH NICHT VOR LANGSAMEN VERÄNDERUNGEN, FÜRCHTE DICH<br />

VOR DEM STILLSTAND (aus Japan)<br />

Nach 12 Jahren Impulsmagazin <strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong> hat<br />

sich ein Team, bestehend aus einigen Autor*innen und<br />

unserer Redaktion überlegt, die künftigen Ausgaben<br />

einem optischen Feinschliff zu unterziehen.<br />

Im weiteren Schritt planen wir, vermehrt junge Menschen zu<br />

Wort kommen zu lassen, um ihre Sichtweisen, Gedanken und<br />

Lebenseinstellungen besser kennen zu lernen. Wie sehen junge<br />

Leute ihre Zukunft? Wie stehen sie dem europäischen Gedanken<br />

gegenüber? Was wünschen sie sich und was würden sie ändern,<br />

usw. An dieser Stelle möchte ich unser neues Redaktionsmitglied, Tina<br />

Cakara, begrüßen, die den Bereich der jungen Erwachsenen übernehmen wird.<br />

Wenn Sie auf die zweite Seite schauen, sehen Sie nun einzelne Themenkategorien,<br />

denen wir die Artikel zugeordnet haben, um eine bessere Übersicht zu<br />

ermöglichen.<br />

Auch die digitalen Medien werden in Zukunft vermehrt für den Transport der<br />

Impulse eingesetzt. Lassen Sie sich schon in der nächsten Ausgabe überraschen.<br />

Und damit es auch wirklich in Zukunft nicht mehr übersehen wird, haben wir<br />

den Namen unseres Magazins und unsere Leserzielgruppe visuell<br />

hervorgehoben.<br />

Und nun viel Freude mit der <strong>Dezember</strong>-Ausgabe<br />

Ich wünsche Ihnen ein heiteres Weihnachtsfest mit lieben Menschen und ganz<br />

viel Herzlichkeit,<br />

Ihr<br />

Karl H. Schrittwieser<br />

Obmann und Herausgeber<br />

<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />

Foto: © anncapictures | pixabay.com<br />

Foto © Francis Ray | pixabay.com<br />

3 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Gerade in Krisenzeiten:<br />

Sehnsucht Familie<br />

DAS JAHR <strong>2020</strong> IST FÜR FAMILIEN ZU EINER BESONDEREN HERAUSFORDERUNG<br />

GEWORDEN<br />

DI Roswitha Wurm<br />

Dipl. Lerndidaktikerin<br />

Lese- und Rechtschreibtrainerin,<br />

Kinderbuchautorin<br />

Interaktive Lesungen<br />

an Schulen buchbar unter:<br />

www.lesenmitkindern.at<br />

Staatlich angeordnet wurden Mutter,<br />

Vater, Kind und alle sonst im Haus<br />

lebenden Familienmitglieder noch<br />

enger aneinandergebunden. Dies<br />

führt zu einer Rückbesinnung auf den Wert<br />

der Familie. Menschen, die den Lockdown<br />

allein in ihren vier Wänden erleben mussten,<br />

wissen wie entmutigend und schlimm das<br />

Alleinsein ohne den sicheren Rahmen einer<br />

Familie mitunter sein kann.<br />

Lebensmodelle verändern sich, so auch die<br />

Familie im klassischen Sinn. Während in<br />

früheren Generationen meist der Mann für<br />

das Einkommen der Familie sorgte und die<br />

Frau schwerpunktmäßig für die Erziehung<br />

der Kinder zuständig war, teilen sich heute<br />

Mutter und Vater die familiären Aufgaben<br />

und meist sind auch beide Elternteile zumindest<br />

zum Teil berufstätig. Wärme, Geborgenheit,<br />

Dazugehören, Lebenssinn – all das<br />

verbinden wir mit dem Begriff Familie. Auch<br />

wenn Glück und Unglück, Freude und Leid<br />

in Familien häufig nah beieinander liegen<br />

– das Lebensmodell Mutter-Vater-Kind ist<br />

noch immer das beliebteste, auch unter jungen<br />

Menschen. So gibt in Umfragen immer<br />

ein großer Prozentsatz der Jugendlichen als<br />

eines ihrer Lebensziele den Wunsch nach<br />

einer eigenen Familie an.<br />

FAMILIE IN ZEITEN DER KRISE<br />

Auf der anderen Seite bringen Quarantäne-<br />

und Lockdownzeiten auch eine große<br />

Herausforderung für das Zusammenleben als<br />

Familie mit sich. Die aktuelle Jugendwertestudie<br />

<strong>2020</strong> des österreichischen Instituts für<br />

Jugendkultur und der T-Factory Trendagentur<br />

zum Thema Corona-Lockdown ergab, dass<br />

sich die Spannungen innerhalb der Familie<br />

stark erhöht haben. Von den 1000 befragten<br />

Jugendlichen empfanden besonders die 16<br />

bis 19-jährigen das beengte Zusammenleben<br />

innerhalb der Familie als „nervig“.<br />

Verstärkt wurden die Konflikte innerhalb der<br />

Familie durch Teleworking, Homeschooling<br />

und der daraus resultierenden Mehrfachbelastung<br />

speziell der Mütter. Multitasking<br />

war von einem Tag auf den anderen gefragt.<br />

Haushalt, Home-Office und „Kinder zum<br />

Lernen animieren“ – eine Mammutaufgabe<br />

für Eltern, speziell Mütter. Hier fehlten die<br />

normalerweise täglich vor Ort erfahrene Hilfe<br />

und Unterstützung von Pädagogen in Kindergarten<br />

und Schule.<br />

Hinzu kommt, dass im Covid 19 bedingten<br />

Social Distancing oftmals die ausgleichende<br />

Wirkung und die vermittelten Werte der<br />

älteren Generationen, also der Großeltern<br />

wegfallen.<br />

STABILE WERTE IM WANDEL<br />

DER ZEIT<br />

Genau diese Werte schätzen<br />

junge Menschen noch heute<br />

besonders an dem Phänomen<br />

Familie. Das hat sich trotz all des<br />

Wandels in der äußeren Struktur<br />

der Familie nicht verändert. Die<br />

Hierarchie in der Familie mag sich<br />

zugunsten eines gleichberechtigten<br />

Miteinanders in der Familie und<br />

4 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


einer Vielfalt an Lebensformen geändert haben, niemals aber die<br />

Grundidee von Familie: nämlich als Ort, an dem Menschen einen im<br />

Normallfall kennen, und trotzdem lieben.<br />

Am Ende des Tages, oder besser gesagt, wenn es hart auf hart<br />

kommt und Familienmitglieder aufeinander angewiesen sind, kommt<br />

trotz aller Konflikte diese Verbundenheit zu tragen und stärkt und<br />

tröstet und hilft uns einander zu ertragen.<br />

Ermutigen und helfen wir dafür in der Vorweihnachtszeit in diesem<br />

pandemiegeplagten Jahr gemeinsam mit (unseren) Kindern (jungen)<br />

Menschen, die nicht das Vorrecht haben in einer Familienstruktur<br />

geborgen zu sein. Das Sammeln kreativer Ideen dafür in Zeiten des<br />

Social Distancing kann zu einem interessanten und verbindenden<br />

Familienprojekt werden.<br />

Foto: © White77 | pixabay.com<br />

5 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Verzicht auf Differenzierung:<br />

Die staatlich-mediale Angstpädagogik<br />

ES GIBT KEINEN SCHLECHTEREN RATGEBER ALS DIE ANGST<br />

Gerald Ehegartner<br />

Lehrer, Autor, Naturpädagoge<br />

und Visionssucheleiter<br />

„Akademie für Potentialentfaltung“,<br />

„Lernwelt“<br />

www.geraldehegartner.com<br />

Was waren das noch für<br />

Zeiten, als angehenden<br />

PädagogInnen erklärt<br />

wurde, dass Angst und<br />

Lernen eine äußerst nachteilige Kombination<br />

darstellen würden. Niemand<br />

sollte den Lernenden unnötig Angst<br />

machen, die positive Motivation<br />

sollte im Vordergrund stehen.<br />

Nun sind wir während dieser Pandemie<br />

alle Lernende. Das Paradigma<br />

der Angstlosigkeit wurde aber schon<br />

lange über Bord geworfen.<br />

Seit Monaten spielen Medien und<br />

Politik auf der Klaviatur der Angst.<br />

Die Bedrohung durch einen unsichtbaren<br />

Feind steht neben dem Babyelefanten<br />

wie ein riesiger Elefant im<br />

Raum.<br />

Psychologen, Pädagogen, Neurobiologen<br />

– alle wissen sie um die<br />

zerstörerische Kraft lang andauernder<br />

Angst. Doch Medien und<br />

Politik scheinen freie Spielräume der<br />

Angst zu sein. Neben dem Gebot der<br />

Stunde „Fürchtet euch“, wird nun<br />

auch in mittelalterlich-kirchlicher<br />

Tradition die große Schuld beschworen.<br />

Besonders junge Menschen<br />

in Feierlaune seien schuld an den<br />

Toten, ebenso die nach Kroatien Reisenden,<br />

die Masken- und Abstandsverweigerer.<br />

Die österreichische<br />

Bevölkerung sei einfach zu dumm<br />

– deswegen der erneute Lockdown,<br />

angekündigte Massentests usw. So<br />

einfach sei das.<br />

Wer bei all den Grafiken zu steigenden<br />

Infektionszahlen, aufgestapelten<br />

Särgen vor Krematorien und<br />

künstlich beatmeten Intensivpatienten<br />

nicht in die Knie gegangen ist,<br />

den trifft spätestens jetzt das Gefühl,<br />

irgendwie daran schuld zu sein.<br />

Man hätte vielleicht doch nicht den<br />

guten Freund mit einem Faustschlag<br />

begrüßen sollen. Wer weiß, vielleicht<br />

waren die Viren schnell genug, um<br />

ihn zu befallen und danach eine<br />

Spur des Schreckens exponentiell zu<br />

verbreiten.<br />

Wer nicht alles zu exakt 100 Prozent<br />

befürwortet, was ihm medial vorgesetzt<br />

wird, der darf sich neuestens<br />

auch als Sünder fühlen, ausgeschlossen<br />

aus dem Kreis derer, die die<br />

Wahrheit besitzen.<br />

Wer in guter pädagogischer Tradition<br />

Differenzierung einfordert, wird<br />

als mitgefühlslos gebrandmarkt. Fast<br />

alle müssen den Lockdown erdulden,<br />

das sei eine Frage der Solidarität.<br />

Egal, ob man zur Risikogruppe<br />

gehört, verdächtig ist man allemal,<br />

sogar als Kleinkind. Besonderer<br />

Schutz für Bedürftige wird als Wegsperren<br />

gedeutet, gezielter Schutz<br />

wie Schnelltests vor und in Altersund<br />

Pflegeheimen (noch) nicht<br />

6 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


umgesetzt. So schwebt undifferenzierte Angst über und in den Köpfen der<br />

Menschen. Die einzige Erlösung liegt mittlerweile in der „heiligen Spritze“.<br />

Könnten wir nicht einen neuen Weg gehen, wo man zur Vorsicht mahnt, aber<br />

auch die Angst nach unten fährt? Wo man alles dafür tut, gefährdete Gruppe<br />

zu schützen und Tipps zur Steigerung des Immunsystems gibt? Angst, das<br />

wissen wir alle, schwächt das Immunsystem. Eine pandemische Testeritis,<br />

wie wir sie auch aus dem pädagogischen Feld kennen (z. B. PISA) ist zwar<br />

sündteuer, aber die Gelder massenhafter PCR-Tests könnten wahrscheinlich<br />

zielgerichteter – z. B. für Pflegepersonal - eingesetzt werden.<br />

Das Ziel muss doch sein, gestärkt aus dieser Krise rauszukommen und nicht<br />

völlig geschwächt, individuell und gesellschaftlich.<br />

Die Problematik lässt sich nicht alleine auf eine medizinisch-technische<br />

reduzieren, sie ist mehrdimensional. Es ist meiner Meinung nach Zeit, die<br />

Angst- und Rasenmäherpädagogik (mit einem Schnitt alle Pflänzchen) zu<br />

überdenken, differenzierter zu agieren und den Menschen auch wieder Mut<br />

und Hoffnung zu vermitteln. Gerade dann, wenn das Familienfest Weihnachten<br />

vor der Tür steht.<br />

Foto: © ElisaRiva | pixabay.com


information & entwicklung<br />

Geistige Entwicklung in der Pandemie:<br />

Meine Nachrichten Diät<br />

DIE KUNST DES VERZICHTS<br />

Dipl.-Ing. Alexander Ristic Seit dem Ausbruch der Pandemie<br />

Journalist<br />

im März <strong>2020</strong> hat sich bei mir<br />

vieles verändert. Ich war auf<br />

einmal „nur“ Zuhause. Es gab<br />

keine Trennung zwischen dem Privaten<br />

und Homeoffice. Ich musste sehr viele<br />

Abläufe optimieren und bewusst Rituale und Zeitabschnitte<br />

einführen, um ein ausgeglichenes „kombiniertes“ Leben führen<br />

zu können.<br />

An die Arbeit von Zuhause habe ich mich sehr schnell gewöhnt.<br />

Viel Sport und gesunde Ernährung haben zu meinem Wohlbefinden<br />

beigetragen. In den ersten vier Wochen habe ich auch<br />

sofort feststellen können, welche Freunde „enge und wirkliche“<br />

Freunde sind und welche nur Bekannte waren. Die virtuelle<br />

Kommunikation zu echten Freunden und meine Homeoffice-<br />

Arbeit per eMail, Telefon und virtuelle Konferenzen sind zu einer<br />

harmonischen Routine geworden.<br />

Doch was ist mit meinem Medienkonsum passiert? Ich kann gar<br />

nicht genau sagen, was der Auslöser war. Ich habe gespürt - Hier<br />

stimmt was nicht! Wahrscheinlich war es der omnipräsente Zuwachs<br />

an schlechten Nachrichten, der anfing mir die Stimmung<br />

zu vermiesen.<br />

Es wurde mir auf einmal bewusst, dass ich zu einem „Nachrichten-Junkie“<br />

geworden<br />

bin und wieviel Zeit ich<br />

durch meinen Nachrichtenkonsum<br />

verschwende:<br />

Busunglück in<br />

Indien, Feuersbrunst in<br />

Kalifornien, Totschlag<br />

in Duisburg etc. Ob auf<br />

dem ORF Portal, Radio,<br />

Zeitungen, Facebook,<br />

Internet nur unwichtige<br />

Nachrichten, mit denen<br />

ich nichts anfangen<br />

oder mit denen ich<br />

mein Handeln und mein<br />

Verhalten nicht abstimmen<br />

kann.<br />

Ich beschloss auf „News-Diät“ zu gehen. Ich<br />

verbannte Nachrichten aus meinem Leben!<br />

Ich ging in die Tiefe statt in die Breite und<br />

befasse mich seitdem nur mit Inhalten, die<br />

mich wirklich interessieren.<br />

Die erste Woche meiner Nachrichten-Diät<br />

war sehr schlimm. Die Nachrichten nicht abzurufen,<br />

erfordert viel Disziplin. Am Anfang<br />

habe ich mich etwas ausgeschlossen oder<br />

sogar sozial isoliert gefühlt. Ich war jeden<br />

Tag in Versuchung einen Blick auf meine<br />

Nachrichtenportale im Internet zu werfen.<br />

Ich bin der Versuchung widerstanden und<br />

habe meine radikale Nachrichten-Diät eingehalten.<br />

Nach 30 Tagen ohne Nachrichten<br />

habe ich ein Gefühl der Gelassenheit und<br />

der inneren Ruhe verspürt. Ich hatte auf<br />

einmal viel mehr Zeit Sachen konzentrierter<br />

zu machen und konnte meine Umwelt besser<br />

verstehen.<br />

Ich verschwende weniger Gedanken an<br />

Dinge, die für mich keine Relevanz haben.<br />

Die doch so vermeintlich wichtigen Dinge in<br />

der Weltgeschichte haben in den seltensten<br />

Fällen auch Einfluss auf mein Leben. Mir ist<br />

jetzt erst bewusst geworden, wieviel Zeit ich<br />

vorher durch meinen Nachrichten-Konsum<br />

verschwendet habe. Diese Zeit gehört jetzt<br />

wieder mir.<br />

Es ist erstaunlich auf welch gute Ideen ich<br />

komme, wenn ich mir erlaube aktiv zu denken.<br />

Die Prioritäten sind jetzt klarer.<br />

Endlich kann ich wieder frei denken. Ich<br />

habe seit März <strong>2020</strong> ein harmonisches und<br />

besonnenes Leben!<br />

Foto © Gerd Altmann | pixabay.com<br />

8 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & bildung<br />

Kreativität gefragt:<br />

Martinstag einmal anders<br />

HÄTTEN WIR FÜR ALLE MENSCHEN AUF UNSERER ERDE ETWAS ÜBRIG,<br />

MÜSSTE KEIN MENSCH MEHR VERHUNGERN (Ernst Ferstl)<br />

Der Martinstag, auch Martini<br />

genannt, ist der Gedenktag des<br />

Heiligen Martin von Tours. Besonders<br />

in Österreich hat der 11.<br />

November als Feiertag große Bedeutung.<br />

Im Burgenland, wo der Heilige Martin<br />

Landespatron ist, wird dieser mit einem<br />

Festtag geehrt. Schüler haben frei und<br />

Ämter bleiben geschlossen.<br />

ZUR GESCHICHTE:<br />

Der Feiertag geht auf eine Legende aus<br />

dem Jahr 334 nach Chr. zurück.<br />

Martin als römischer Offizier in Armenien<br />

stationiert. Als er eines Tages einem<br />

frierenden Bettler begegnete, teilte er,<br />

der Offizier, kurzerhand seinen Mantel<br />

mit einem Schwert und gab dem armen<br />

Mann eine Hälfte.<br />

In der folgenden Nacht erschien ihm<br />

Christus im Traum, bekleidet mit der<br />

Hälfte seines Mantels.<br />

DAS BRAUCHTUM:<br />

Durch diese barmherzige Tat ist<br />

St.Martin zu einem Symbol von Demut<br />

geworden. Ein Brauch, der am Martinstag<br />

heute noch gern begangen wird,<br />

ist der Martinsumzug. Kinder ziehen<br />

mit selbst gebastelten Laternen durch<br />

die Straßen und singen Martinslieder.<br />

Anschließend wird die Legende rund um<br />

die Mantelteilung nachgespielt und Martinswecken-<br />

aus Hefeteig und Rosinen<br />

gegessen.<br />

Licht in die November-Dunkelheit bringen.<br />

DIE TRADITION:<br />

Traditionell wird zu und rund um St.Martin in<br />

Österreich das Martinigansl gegessen. Warum<br />

die Gans? Bevor Martin zum Bischof von Tours<br />

geweiht werden sollte versteckte er sich in<br />

einem Gänsestall. Die Gänse schnatterten so<br />

laut, dass der Heilige Martin entdeckt wurde<br />

und dann doch noch zum Bischoff ernannt<br />

wurde. Deswegen werden um diese Zeit die<br />

Gänse verspeist.<br />

Ursula Schoeneich<br />

Direktorin der German<br />

School Campus in Newport<br />

Beach, CA USA<br />

www.germanschoolcampus.<br />

com<br />

DER GÄNSEBRATEN:<br />

Die Martinsgans ist keineswegs ein einfaches Gericht, sondern erfordert<br />

Können und Geschick. Meist wird die Gans gefüllt: Ob mit Semmelwürfel,<br />

Äpfeln, Nüssen oder Maroni. Als Beilage serviert man Kartoffelknödel und<br />

Rotkraut.<br />

Und wie haben wir den Martinstag im Jahr <strong>2020</strong> gefeiert?<br />

Durch die Pandemie war es nicht möglich, einen großen Laternenumzug zu<br />

arrangieren. So hat die German School Campus im Gartenrestaurant mit<br />

einer kleinen Gruppe der jüngsten Schülerinnen und Schüler und deren Familien<br />

ein Martinsfest mit einem Malwettbewerb, Martinslieder und einem<br />

kleinen Rundgang mit den Laternen veranstaltet.<br />

DIE LATERNE:<br />

Die leuchtenden, bunten Laternen beim<br />

Martinsumzug sind ein Ausdruck für<br />

die „strahlende Botschaft“ des heiligen<br />

Martin und sollen, genau wie damals,<br />

Foto: © German School, USA<br />

9 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Der Kommunikator - Teil 3:<br />

Lassen Sie mich ausholen<br />

DIE KOLUMNE FÜR ALLE, DIE ETWAS ZU SAGEN HABEN<br />

Mag. Markus Neumeyer<br />

Theater-,Film- und<br />

Medienpädagoge<br />

dipl. Lern/Freizeit &<br />

Vitalcoach<br />

Wir haben wahrscheinlich alle<br />

schon viel über Paul<br />

Watzlawick und sein erstes<br />

Axiom gehört: „Man kann<br />

nicht nicht kommunizieren“. Der gute<br />

Paul hatte aber noch vier weitere großartige<br />

Erkenntnisse über Kommunikation,<br />

die allesamt weltberühmt wurden.<br />

Was mache ich gerade? Ich schreibe<br />

einen Artikel über ein Thema, das mir<br />

ehrlichgesagt sehr am Herzen liegt: Die<br />

Kommunikation. Was mache ich außerdem?<br />

Ich kommuniziere. Sogar auf zwei<br />

Arten.<br />

DOPPELTE KOMMUNIKATION<br />

Es muss zwar nicht extra erwähnt<br />

werden, aber ich sitze jetzt gerade in<br />

meinem Büro und tippe wie wild auf die<br />

Tasten meines Laptops. Damit kommuniziere<br />

ich direkt und zeitverzögert.<br />

Ersteres durch meine Tätigkeit und die<br />

Räumlichkeiten, die ich dafür gewählt<br />

habe. Ich habe die familiäre Wohnung<br />

bewusst verlassen und bin in meinen<br />

Arbeitsraum gegangen. Damit kommuniziere<br />

ich meiner Frau und meinen<br />

Kindern ziemlich eindeutig, dass sie<br />

in den nächsten Stunden nicht mit mir<br />

rechnen können. Ich werde beschäftigt<br />

sein. Würde mich jetzt jemand beobachten,<br />

wäre das sofort offensichtlich.<br />

Ich kommuniziere allerdings auch durch<br />

den Text, den ich verfasse. Der Inhalt<br />

dieser Sätze wird allerdings zeitversetzt<br />

bei Ihnen ankommen (außer Sie sind der/<br />

die Beobachter/in). In dem eben beschriebenen<br />

Vorgang steckt schon sehr<br />

viel von Watzlawicks zweitem Axiom.<br />

JEDE KOMMUNIKATION HAT EINEN<br />

INHALTS- UND EINEN BEZIEHUNGS-<br />

ASPEKT.<br />

Der Inhaltsaspekt erhält die Aufgabe<br />

Informationen zu vermitteln. Der Beziehungsaspekt<br />

gibt Aufschluss darüber,<br />

wie die Beziehung vom Empfänger<br />

aufgefasst wird. Der Zwiespalt zwischen<br />

diesen beiden Aspekten kann leicht zu<br />

Zwietracht führen. In der Marketingkommunikation<br />

wird sogar absichtlich mit<br />

diesem Unterschied gespielt. In der privaten<br />

Kommunikation versuchen wir ihn<br />

meisten so klein wie möglich zu halten.<br />

JEDE KOMMUNIKATION IST IMMER<br />

URSACHE UND WIRKUNG<br />

Das dritte Axiom nenne ich auch<br />

gerne Teufelskreis der Kommunikation.<br />

Watzlawick hat erkannt, dass auf<br />

jede Nachricht eine Reaktion erfolgt.<br />

Ja selbst dann, wenn der Empfänger<br />

nicht reagiert, ist es eine Botschaft. Am<br />

bekanntesten ist wohl das Beispiel vom<br />

Ehepaar mit der nörgelnden Frau und<br />

dem sich zurückziehenden Mann. Die<br />

Frau nörgelt, weil der Mann sich zurückzieht.<br />

Der Mann zieht sich zurück, weil<br />

die Frau nörgelt. Wenn keiner diesen<br />

Kreislauf durchbricht geht das so lange,<br />

bis das der Tod sie scheidet. Denken Sie<br />

nach, ob Sie sich nicht selbst in so einem<br />

Kommunikationsstrudel befinden. Wenn<br />

ja, brechen Sie aus.<br />

MENSCHLICHE KOMMUNIKATION<br />

BEDIENT SICH ANALOGER UND<br />

DIGITALER <strong>MIT</strong>TEL<br />

Heutzutage weiß jeder was mit „analog“<br />

und „digital“ gemeint ist. Als<br />

Watzlawick diese Axiome vor über 50<br />

10 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


Jahren aufstellte, gab es allerdings<br />

noch kein Web 2.0 für jedermann, keine<br />

Emails und keine sozialen Netzwerke.<br />

Entweder war der gebürtige Villacher ein<br />

Hellseher oder er hat das ganz anders<br />

gemeint.<br />

Mit „digital“ und „analog“ meinte der<br />

Kommunikationswissenschaftler nichts<br />

anderes als erneut den Unterschied<br />

zwischen Inhalt und Beziehung. Die<br />

Elemente aus der unsere Botschaften bestehen,<br />

die Sprache, die Wörter, kurz die<br />

Syntax, sind der digitale Anteil. Unsere<br />

Körpersprache, unser Gesichtsausdruck<br />

oder die Tonalität unsere Botschaft<br />

(schreien wir oder sprechen wir ganz<br />

ruhig) entsprechen dem analogen Teil<br />

unserer Kommunikation. Auch hier haben<br />

sich Medien und Marketing einiges<br />

abgeschaut. Mehrdeutigkeiten werden<br />

oft ganz absichtlich verwendet.<br />

KOMMUNIKATION IST SYMME-<br />

TRISCH ODER KOMPLEMENTÄR<br />

Wie fühlen Sie sich, wenn ihr Vorgesetzter<br />

mit Ihnen schimpft? Oder sind Sie<br />

vielleicht selbst der Chef, der sich über<br />

einen unfähigen Mitarbeiter ärgert?<br />

In so einem Fall ist die Kommunikationssituation<br />

eindeutig komplementär.<br />

Unterhalten Sie sich hingegen mit Ihrer<br />

besten Freundin oder Ihrem allerbesten<br />

Kumpel, wird die Unterhaltung höchstwahrscheinlich<br />

auf einer symmetrischen<br />

Ebene ablaufen.<br />

MERKEN SIE SICH DAS FÜR IHRE ARBEIT<br />

Nicht nur im Privaten, besonders im Berufsleben ist<br />

das Wissen über diese fünf Axiome Gold wert. Es<br />

kann für Ihren beruflichen Erfolg oder Misserfolg<br />

entscheidend sein. Sie glauben mir nicht? Dann<br />

stellen Sie sich folgende Situation vor:<br />

Sie begrüßen einen neuen wichtigen Kunden.<br />

Der Mann hat Geld und würde gern bei Ihnen<br />

investieren, doch Sie haben Watzlawicks Axiome<br />

vergessen. Schon bei der Begrüßung merkt der<br />

potenzielle Kunde, dass Sie nicht ganz bei der<br />

Sache sind. Ihr Händedruck ist lau und Sie können<br />

ihm nicht in die Augen schauen. Sie kommunizieren<br />

Schwäche. Haben Sie vielleicht sogar was zu<br />

verbergen?<br />

Auf Fragen antworten Sie kurz. Bei manchen<br />

Sätzen wird ihre Stimme höher. Manchmal stellen<br />

Sie Gegenfragen, um selber nicht antworten zu<br />

müssen.<br />

Ich kann Ihnen versprechen, dass<br />

dieses Geschäft nie zustande<br />

kommen wird. Am<br />

besten Sie lesen sich<br />

vor jedem wichtigem<br />

Gespräch noch einmal<br />

die fünf Axiome durch.<br />

Nur so als Tipp!<br />

Watzlawick war der Ansicht, dass Beziehungen<br />

immer entweder auf Gleichheit<br />

oder auf Unterschiedlichkeit beruhen.<br />

Bei symmetrischen Beziehungsformen<br />

herrscht Gleichheit und die Kommunikationspartner<br />

versuchen diesen Status gezielt<br />

zu erhalten. Ungleichheiten werden<br />

reduziert oder ausgeglichen. Kommt es<br />

aus irgendeinem Grund zu einer langfristigen<br />

Ungleichheit, ist die Beziehung<br />

kurz- oder längerfristig komplementär<br />

geprägt.<br />

Foto © Gerd Altmann | pixabay.com


information & gedanken<br />

Achtsam wahrnehmen:<br />

Raum schaffen<br />

DIE STILLE IST EIN RAUM DER ERKENNTNIS<br />

Roswitha Maderthaner<br />

Kindergartenleiterin<br />

Montessoriepädagogin<br />

Akademische Trainerin<br />

Dipl.Biografiearbeiterin<br />

zur Zeit Studium der<br />

Elementarpädagogik<br />

12 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />

So, wie wahrscheinlich Viele im<br />

Lockdown, habe auch ich die Zeit<br />

dazu genützt, in meinem Wohnraum<br />

Ordnung zu schaffen. Ich<br />

ging systematisch vor. Jeder einzelne<br />

Raum wurde auseinandergenommen.<br />

Kein Kasten, keine Kommode, kein Regal<br />

blieb von mir verschont. Überall wurde<br />

eine Bestandsaufnahme gemacht. Jedes<br />

Ding wurde in die Hand genommen,<br />

überprüft, und dabei abgewogen, ob<br />

es noch eine Daseinsberechtigung hat.<br />

Danach wurde das Urteil gesprochen.<br />

Dabei war ich eine strenge Richterin. Jeder<br />

einzelne Gegenstand in meiner Hand<br />

erzählte mir eine Geschichte. Manche<br />

war kurz, manche lang, manche voller<br />

Emotionen, spannend oder einfach nur<br />

bedeutungslos und langweilig.<br />

Je nachdem, wie gut diese Geschichte<br />

war, sie entschied über das Bleiben oder<br />

Gehen. So gelang es mir neuen Raum zu<br />

schaffen, neue Plätze für Besonderheiten<br />

oder Belanglosem zu finden.<br />

Einige Wohnräume bestanden meine<br />

strenge Prüfung nicht, und so wurden<br />

sie kurzerhand umgestaltet, ich spürte,<br />

sie passten nicht mehr zu mir. Um das<br />

heraus zu finden, muss man Innehalten.<br />

Der chinesische Philosoph Laotse sagte:<br />

„Wer innehält - erhält inneren Halt –<br />

und bleibt sich selbst erhalten.“<br />

Gerade in Zeiten wie diesen, in der man<br />

auf Grund eines Virus angehalten wird,<br />

seinen Bewegungsraum mit Bedacht zu<br />

wählen, bietet es sich an inne zu halten.<br />

Einmal Innehalten, stehen bleiben,<br />

wahrnehmen was ist, was war und was<br />

sein kann. Gerade das, bietet uns eine<br />

Möglichkeit herauszufinden was noch<br />

zu uns passt, wovon wir uns verabschieden<br />

wollen und was noch bleiben darf.<br />

In der Biografiearbeit gibt es dazu verschiedenste<br />

Methoden, um sich diesem<br />

Thema zu widmen. In der Übung: „Das<br />

Haus meines Lebens“ setzt man sich<br />

mit den wichtigen Bereichen seines<br />

Lebens auseinander. Für jeden dieser<br />

Bereiche wird ein passender Raum gestaltet<br />

– zu Papier gebracht, und dabei<br />

folgende Fragen gestellt: Wie sieht er<br />

innerlich aus? Welche Lage, Größe,<br />

Form, Einrichtung usw. hat zum Beispiel<br />

mein innerlicher Arbeitsraum? Sind<br />

die Möbel noch zeitgerecht, ist er hell,<br />

lichtdurchflutet, oder befindet er sich<br />

zurzeit gar im Umbau? Gibt es einen innerlichen<br />

Raum, der mich abbildet? Wie<br />

sieht er aus? Ist er groß, klein, beengt?<br />

Hat er einen Balkon, Fenster, Türen,<br />

Verbindungen usw. Durch das Gestalten<br />

der einzelnen inneren Räume erschafft<br />

man sich die Möglichkeit des Nachdenkens<br />

über die persönliche Gegenwart,<br />

und kann den eigenen, momentanen<br />

Istzustand erkunden.<br />

Genau hier setzt die Biografiearbeit an.<br />

Der Blick wird auf die Gegenwart gerichtet,<br />

was gerade jetzt ist, denn dies<br />

ist in der Vergangenheit entstanden.<br />

Innehalten, um wahrzunehmen. Mit der<br />

Frage, ob die Raumgestaltung noch so<br />

passt, und was verändert werden will,<br />

wird der Blick auf die Zukunft gerichtet.<br />

Die persönliche Zukunft gewinnt somit<br />

an Konturen und Platz wird geschaffen,<br />

um sich selbst neue Räume zu eröffnen.


Foto © Pete Linforth | pixabay.com<br />

13 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Ein tiefes Gefühl:<br />

Danke für den gelungenen Tag<br />

NICHT DAS GLÜCKLICHSEIN FÜHRT ZUR DANKBARKEIT, SONDERN DAS<br />

DANKBARSEIN ZUM GLÜCKLICHSEIN. (David Steindl-Rast)<br />

Dr. Manfred Greisinger<br />

Autor, Trainer<br />

Buch-Projekt-Begleiter<br />

Vortragender<br />

Selfness-Coach<br />

ICH-Marke-Pionier<br />

25 Bücher bisher,<br />

druckfrisch:<br />

„Wolfs-Würde“<br />

www.stoareich.at<br />

Foto: © Gernot Blieberger<br />

Der Anruf war mehr als überraschend:<br />

„Ich wollte Dir Danke<br />

sagen für den gelungenen Tag,<br />

den Du mir geschenkt hast<br />

…“ – Ich verharrte für lange Sekunden<br />

stumm; tief berührt, fasziniert, ehe ich<br />

den Dank aus frohem Herzen erwidern<br />

konnte.<br />

Meine über 95-jährige, vitale Nachbarin<br />

war am Telefon. Ich hatte sie am frühen<br />

Nachmittag – an ihr Fenster klopfend<br />

– spontan gefragt, ob sie die wundervolle<br />

Herbstsonne für einen kleinen<br />

Spaziergang mit mir nutzen wolle. „Ich<br />

muss mich nur kurz umziehen“, war ihre<br />

Reaktion – und schon machten wir uns<br />

auf den Weg.<br />

Begeistert und im Intervall von ein paar<br />

Schritten schwärmten wir beide um die<br />

Wette, wie schön die Natur, das goldene<br />

Herbstlaub, unser funkelnder See seien –<br />

und die feine Begleitung. „Mehr braucht<br />

man nicht zum Glücklichsein“, meinte<br />

– ich darf sie so nennen – „Omi“. Und<br />

sie ergänzte: „Heute werde ich ganz gut<br />

schlafen …“<br />

Welch schöne Stunde, waren wir uns<br />

beide einig. Ihr würdigender Anruf<br />

unmittelbar danach rief Entzücken in<br />

mir hervor. Und die Erkenntnis, wie<br />

wir anderen UND uns selbst das Leben<br />

verschönern können. Mit minimalem<br />

Aufwand, nur ein wenig Achtsamkeit.<br />

VON DER ROSE LEBEN …<br />

Mir fällt die schöne Geschichte von<br />

Rainer Maria Rilke in Paris ein: Er begegnete<br />

einer Bettlerin, die um Geld bat. Sie<br />

streckte teilnahmslos die Hand aus, ohne<br />

zu irgendeinem Geber je aufzusehen.<br />

Rilke war klar: „Wir müssen ihrem Herzen<br />

schenken, nicht ihrer Hand.“ Tage<br />

später brachte Rilke eine Rose mit, legte<br />

sie in die Hand der Bettlerin und wollte<br />

weitergehen. Da blickte die Bettlerin auf,<br />

erhob sich, tastete nach der Hand des<br />

fremden Mannes, küsste sie und ging<br />

mit der Rose davon.<br />

Eine Woche lang war die Alte verschwunden.<br />

Dann saß sie wieder wie<br />

früher am gewohnten Platz und bat um<br />

Almosen. Wovon mag sie eine Woche<br />

lang gelebt haben? Rilke war sicher:<br />

„Von der Rose…“<br />

Schenken wir einander – aus dem Moment<br />

heraus – etwas fürs Herz: Der/die<br />

Dankbare ist glücklich!<br />

Foto: © aalmeidah | pixabay.com<br />

14 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


Sie wissen selbst am besten, womit<br />

Sie Ihr Wissen ergänzen wollen!<br />

Ausbildung für Jung und Alt<br />

• Sie lernen am Ort Ihrer Wahl.<br />

• Sie lernen in Ihrer eigenen Geschwindigkeit<br />

• Sie wählen Ihre eigenen Lernzeiten<br />

FERNLEHRGANG mit interaktiven Elementen<br />

IMPROVE-Bildung mit Zukunft<br />

www.improve.or.at<br />

Fotos © faculty, student, girl | pixabay.com


information & bildung<br />

Ploiesti in Rumänien:<br />

Perspektiven für Kinder und Jugendliche<br />

CONCORDIA SOZIALPROJEKTE ERÖFFNET DIE ERSTE INTEGRATIVE GRUNDSCHULE<br />

Mag. a Ulla Konrad,<br />

Psychologin und<br />

Vorstandsvorsitzende<br />

CONCORDIA Sozialprojekte<br />

Fotos: © Archiv CONCORDIA |<br />

Schickhofer<br />

16 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />

Rumänien ist seit 2007 Mitglied<br />

der EU. Das arme Land verzeichnete<br />

in den letzten Jahren zwar<br />

eine Verbesserung der Wirtschaftszahlen,<br />

jedoch kommen diese aus<br />

vielerlei Gründen nicht bei den Menschen<br />

an. Viele RumänInnen leben nach<br />

wie vor unter widrigen Lebensbedingungen,<br />

die wir uns hier im wohlhabenden<br />

Österreich kaum vorstellen können.<br />

Laut Eurostat lebt in Rumänien fast jede<br />

vierte Person in ihren eigenen vier Wänden<br />

ohne Wasserklosett. Die Armutsgefährdungsquote<br />

für Kinder im Alter von<br />

0 bis 17 Jahren in Familien, in denen die<br />

Eltern höchstens die untere Sekundarstufe<br />

besucht haben, liegt bei 73,8%.<br />

CONCORDIA Sozialprojekte steht seit<br />

fast 30 Jahren in Rumänien von Armut<br />

betroffenen Kindern, Jugendlichen und<br />

Familien mit diversen Unterstützungsprogrammen<br />

zur Seite.<br />

Eine besondere Position nimmt die Arbeit<br />

mit und in den Roma-Communities<br />

ein. Nach wie vor findet Diskriminierung<br />

von Roma und Roma-Kindern im rumänischen<br />

Schulsystem statt.<br />

Als soziale Randgruppe sind<br />

sie besonders gefährdet.<br />

Kinder aus Familien, die in<br />

Armut leben, sind darüber<br />

hinaus von der Pandemie<br />

und ihren Folgen am stärksten<br />

betroffen und zeichnen sich durch<br />

mehrfache Verwundbarkeit aus. Es sind<br />

Kinder, deren Eltern ins Ausland gegangen<br />

sind, um dort zu arbeiten; deren<br />

Eltern ihre Arbeit oder die Erlaubnis zur<br />

Ausübung der Arbeit verloren haben; die<br />

keinen Zugang zu Informationen und<br />

Mehr Infos über<br />

CONCORDIA<br />

Sozialprojekte:<br />

www.concordia.or.at<br />

Dienstleistungen (einschließlich Gesundheit)<br />

haben; Kinder, die in überfüllten Wohnungen/<br />

Häusern leben; Kinder mit Behinderungen.<br />

Unsere Organisation versorgt von Armut betroffene<br />

Eltern mit Lebensmittel- und Hygienesets<br />

und hilft ihnen so, für die Grundbedürfnisse<br />

ihrer Kinder zu sorgen. Besonders wichtig ist<br />

uns dabei, dass wir diese Kinder dabei unterstützen,<br />

eine Schulausbildung zu absolvieren<br />

und fortzusetzen.<br />

Denn wir glauben daran: Bildung ist effektiv der<br />

beste Weg, der Armut zu entkommen.<br />

EINE GROSSE HERAUSFORDERUNG<br />

Es freut uns daher sehr, dass wir trotz der<br />

schwierigen Umstände unsere integrative<br />

Volksschule in Ploiesti – eine Autostunde von<br />

Bukarest entfernt - im September eröffnen<br />

konnten.<br />

Es war wirklich schwierig, die Schule rechtzeitig<br />

zu eröffnen und nicht nur den pädagogischen<br />

Teil gewährleistet zu haben, sondern auch die<br />

notwendigen COVID-Maßnahmen umzusetzen.<br />

Jetzt sind wie aber sehr erleichtert, dass der<br />

Unterricht starten konnte, und wir auch genug<br />

Zeit hatten, um die Kinder im Falle der Notwendigkeit<br />

von Distance Learning gut<br />

vorzubereiten und auszurüsten.<br />

Mit unserer integrativen Schule<br />

wollen wir modellhaft vorzeigen,<br />

wie Kinder aus benachteiligten und<br />

nicht benachteiligten Verhältnissen<br />

gemeinsam lernen können. Sie liegt<br />

der Überzeugung zugrunde, dass<br />

alle Kinder, auch diejenigen aus benachteiligten<br />

Verhältnissen, ein gleiches Recht auf qualitativ<br />

hochwertige Bildung haben.<br />

Die Förderung der Kreativität der Kinder durch<br />

Musik- und Kunstunterricht wird großgeschrieben.<br />

Nachmittagsbetreuung ist ein wesentlicher


Bestandteil des Schullebens. Nicht zuletzt,<br />

weil Kinder aus benachteiligten Verhältnissen<br />

oft keine Unterstützung von zu Hause<br />

erhalten.<br />

Darüber hinaus erhalten die Kinder eine<br />

warme Mahlzeit zu Mittag, die von unseren<br />

Lehrlingen täglich zubereitet wird.<br />

Die Schule ist in den schon bestehenden<br />

CONCORDIA Bildungscampus mit einer<br />

Berufsschule integriert.<br />

UNSER INTEGRATIVES UNTERRICHTS-<br />

KONZEPT<br />

Jede Klasse bietet eine Möglichkeit für<br />

max. 20 SchülerInnen, die sowohl aus sozial<br />

schwachen Verhältnissen (z.B. finanziell<br />

oder sozial benachteiligt, Kinder mit<br />

besonderen körperlichen oder kognitiven<br />

Bedürfnissen) als auch von Eltern kommen,<br />

die sich die jährliche - aber bescheidene -<br />

Schulsteuer leisten können.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen den Eltern<br />

spielt eine wichtige Rolle und sie waren<br />

von Anfang an im Rahmen von Workshops<br />

mit LehrerInnen bei der Ausarbeitung des<br />

Schulkonzepts einbezogen. Das „Case-<br />

Management”, ein Modell, das bereits<br />

erfolgreich an der Berufsschule implementiert<br />

wurde, stellt eine innovative Methode<br />

für Rumänien dar: ein multidisziplinäres<br />

Team, das sich aus allen SchulmitarbeiterInnen<br />

(Schulleiter, LehrerInnen, Krankenschwester,<br />

PsychologInnen, usw.) zusammensetzt,<br />

beschäftigt sich mit jedem Kind.<br />

Zusammen mit dem Beitrag der Eltern analysiert<br />

das Team regelmäßig die Entwicklung<br />

jedes Kindes und plant den besten<br />

individuellen Entwicklungspfad, basierend<br />

auf dessen Talenten und Bedürfnissen.<br />

Um den Unterricht an die Klassendynamik<br />

anpassen und die erforderliche individuelle<br />

Unterstützung bieten zu können, werden<br />

jeder Klasse zwei LehrerInnen zugewiesen.<br />

17 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


r<br />

information & entwicklung<br />

Und es bewegt sich doch etwas:<br />

Forschung geht neue Wege<br />

WARUM NOCH TIERVERSUCHE? GIBT ES KEINE ALTERNATIVEN?<br />

Thomas Kolbe<br />

Fachwissenschaftler<br />

für Versuchstierkunde,<br />

Ao. Prof. für die<br />

Service-Plattform<br />

Biomodels Austria<br />

Veterinärmedizinische<br />

Universität Wien<br />

sche<br />

war<br />

kt, aber mehr infos<br />

alig.<br />

https://www.vetmeduni.<br />

ac.at/de/in-vivo-und-in-vitromodelle/<br />

horistiker<br />

Auf dem Gebiet des Klimaschutzes<br />

gibt es außer Lippenbekenntnissen<br />

nicht wirklich Fortschritte.<br />

Es ist auch schwer zu verkaufen,<br />

dass die Bevölkerung zum Schutz<br />

unseres Klimas ihren Lebensstandard<br />

einschränken muss. Stattdessen werden<br />

weiter E-Roller, E-Bikes, E-Autos propagiert,<br />

Handys, Server-Farmen und Bitcoin-Minen<br />

genutzt. Deutschland kann<br />

Kohle- und Atomkraftwerke abschalten,<br />

solange der fehlende Strom aus tschechischen<br />

und französischen Atomkraftwerken<br />

geliefert wird. Menschen benutzen<br />

den Fahrstuhl und abends trainieren sie<br />

im Fitnessstudio auf den Steppern. Da ist<br />

also noch ein gewaltiger Bewusstseinswandel<br />

notwendig.<br />

Auf einem anderen Gebiet dagegen<br />

gibt es Fortschritte: Die Veterinärmedizinische<br />

Universität in Wien hat den<br />

ersten österreichischen Lehrstuhl für In<br />

vivo- und In vitro-Modelle eingerichtet.<br />

Seit langem schon wird gefordert, Tierversuche<br />

durch Alternativ- oder Ersatzmethoden<br />

zu ersetzen. Auf Gebieten wie<br />

der Grundlagenforschung, der Krebsforschung<br />

oder der Immunologie wird das<br />

auch langfristig nicht ganz möglich sein,<br />

aber auf vielen anderen Gebieten hat<br />

sich außer der Forderung nach Alternativen<br />

nicht viel getan. Allerdings ist<br />

die Ausbildung der Jungforscher durch<br />

intensive Schulungskurse, die in den<br />

letzten Jahren an allen größeren Universitätsstandorten<br />

eingerichtet wurden,<br />

wesentlich verbessert worden. Die Arbeit<br />

mit lebenden Tieren in einem Versuch ist<br />

ein wissenschaftlicher Bereich, der sonst<br />

nirgends im Studium oder in der täglichen<br />

Arbeit im Labor professionell und auf dem<br />

neuesten Stand vermittelt wird. Diese<br />

Lücke konnte also weitgehend geschlossen<br />

werden.<br />

Nachdem es aber nicht einmal mehr ein<br />

nationales Referenzzentrum für Ersatzmethoden<br />

gibt (früher: ZET in Linz), fühlte<br />

sich in Österreich niemand mehr so recht<br />

für die Entwicklung von Alternativmethoden<br />

zuständig oder sie in objektiven Tests<br />

den tierexperimentellen Methoden gegenüberzustellen<br />

und zu beurteilen. Fehlt die<br />

offizielle Anerkennung solcher Methoden,<br />

kann sie keine Pharma-Firma in der Praxis<br />

einsetzen ohne Kunden und Absatzmärkte<br />

zu verlieren. Eine neue Professur an der<br />

Veterinärmedizinischen Universität Wien<br />

wird nun neben der Entwicklung und<br />

Bewertung solcher Methoden auch die<br />

Aufgabe haben, diese in der Forschergemeinschaft<br />

möglichst weithin bekannt zu<br />

machen. Damit wir in Zukunft auf allen<br />

Forschungsfeldern, auf denen Tierversuche<br />

nicht unbedingt notwendig sind,<br />

alternative Methoden und Verfahren einsetzen<br />

können und werden. Zum Wohle<br />

der Versuchstiere und der Patienten.<br />

Foto: © 200 Degrees | pixabay.com<br />

18 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information information & gesellschaft & forschung<br />

Neues Buch von Hugo Portisch:<br />

Russland und wir<br />

EINE BEZIEHUNG <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />

Hugo Portisch gehört zu den<br />

bedeutendsten Journalisten<br />

Österreichs und hat ein sehr<br />

interessantes Buch mit dem Titel<br />

„Russland und wir“ geschrieben.<br />

Er ist profunder Kenner Russlands und<br />

analysiert sehr eloquent die Wichtigkeit<br />

einer guten Beziehung Europas mit<br />

Russland. Hugo Portisch war sehr oft in<br />

Russland und kennt seit Jahrzehnten das<br />

Land, die Leute und die russische Mentalität.<br />

Er bekundet in seinem neuen Buch<br />

seine sehr persönliche Meinung zu der<br />

aktuellen politischen Situation und dem<br />

Verhältnis zwischen der europäischen<br />

Union und Russland.<br />

Es ist ein sehr guter Streifzug durch<br />

die Geschichte einer Großmacht. Die<br />

Geschichte der östlichsten europäischen<br />

Nation ist ebenso spannend wie kompliziert.<br />

Es ist sehr lernreich zu verstehen,<br />

wie Russland durch eine List China dazu<br />

bewegen konnte, Sibirien Russland zu<br />

überlassen. Sibirien wurde durch die<br />

Kosaken erkundet und besiedelt. Herr<br />

Portisch beschreibt auch die Wichtigkeit<br />

der russisch-orthodoxen Religion und die<br />

Bedeutung der russischen Geistlichen für<br />

die Entwicklung des Landes.<br />

Er postuliert, dass Russland zu Europa<br />

gehört und dass das Gemeinsame<br />

überwiegt und gefördert werden muss.<br />

Beide Seiten können von einer engeren<br />

Zusammenarbeit profitieren. Russland<br />

hat sich auch als eine Ordnungsmacht<br />

im Nahen Osten positioniert.<br />

Hugo Portisch geht gekonnt und mit seiner<br />

politischen Diplomatie auch auf das Thema<br />

der schwierigen internationalen Beziehungen<br />

zwischen Russland und Europa ein. Russland<br />

unter Vladimir Putin macht es seinen<br />

europäischen Nachbarn nicht immer einfach,<br />

vertrauensvolle freundschaftliche Beziehungen<br />

zu pflegen. Militärische Aktionen wie die Annexion<br />

der Krim und die berechtigten Zweifel<br />

an der persönlichen Freiheit russischer Bürger<br />

belasten das Verhältnis.<br />

Dennoch sieht Hugo Portisch keine Alternative<br />

zu einer Kooperation, besonders um sich als<br />

Handelsmacht gemeinsam gegen die Volksrepublik<br />

China zu behaupten.<br />

Dipl.-Ing. Alexander Ristic<br />

Journalist<br />

Foto: © Art Tower | pixabay.com<br />

Foto: © Concordia<br />

19 | SEPTEMBER <strong>2020</strong>


information & entwicklung<br />

Es geht um Menschenrechte:<br />

Mehr Chancengleichheit<br />

WIE EIN ESEL DAS LEBEN VON FRAUEN UND MÄDCHEN VERÄNDERT<br />

Marion Burger<br />

Caritas Auslandshilfe<br />

Die 29-jährige Ayantu ist mit<br />

ihrem Eselgespann auf dem Weg<br />

zur Wasserausgabestelle. Acht<br />

leere Kanister hat sie geladen,<br />

zwei für ihre Familie, die anderen sind<br />

für die Nachbarsfrauen aus dem Dorf,<br />

die keinen Esel und keinen Karren<br />

besitzen. Es ist noch nicht lange her,<br />

dass sie den Weg zum Wasserholen zu<br />

Fuß gehen und die vollen Wasserkanister<br />

auf dem Rücken nach Hause schleppen<br />

musste.<br />

Zehn Kilometer – das ist ein langer und<br />

beschwerlicher Weg ohne das Gespann.<br />

Erst am Nachmittag war sie wieder<br />

zurück im Dorf gewesen und hatte während<br />

dessen nicht nur die sechs Kinder<br />

in die Obhut ihrer Mutter geben müssen,<br />

sondern immer auch ein schlechtes Gewissen<br />

gehabt, zu wenig für die Kleinen<br />

da zu sein.<br />

DER ESEL MACHT DAS LEBEN DER<br />

FRAUEN UM VIELES BESSER<br />

Seit sie als Begünstigte das Eselgespann<br />

erhalten hat, hat sich vieles zum Besseren<br />

gewendet: Sie hat jetzt viel mehr Zeit<br />

für ihre Kinder und ist nicht mehr jeden<br />

Abend geschafft und völlig fertig vom<br />

Schleppen der schweren Wasserbehälter.<br />

Für den Transport des Wassers für ihre<br />

Nachbarinnen kann sie sich zudem ein<br />

bisschen etwas dazu verdienen, auch<br />

durch das Verleihen des Gespanns, wenn<br />

sie selber es nicht braucht.<br />

Vor kurzem ist sie der Spargemeinschaft<br />

im Dorf beigetreten. Mit dem kleinen<br />

Kredit, den sie pünktlich zurückzahlt,<br />

konnte sie sechs Hühner anschaffen<br />

und einen kleinen Gemüsegarten anlegen.<br />

Damit plant sie für die Zukunft<br />

ein zusätzliches kleines Einkommen<br />

zu erwerben.<br />

Das Eselgespann hat Ayantus Leben<br />

vollkommen verändert. Es eröffnet<br />

ihr neue Möglichkeiten und sichert<br />

die Ernährung und das Wohlbefinden<br />

ihrer Familie.<br />

DIE HOHE ARBEITSLAST DER<br />

FRAUEN WIRD GEMINDERT UND<br />

IHR ANSEHEN ERHÖHT<br />

Ayantus Geschichte ist kein Einzelfall.<br />

Frauen und Mädchen nehmen in der<br />

äthiopischen Gesellschaft traditionell<br />

eine untergeordnete Rolle ein.<br />

Sie haben weniger Rechte als ihre<br />

männlichen Familienangehörigen und<br />

werden in ihrer Entwicklung und in<br />

ihren Freiheiten stark eingeschränkt.<br />

Sie können in der Regel kein Land<br />

oder größeres Eigentum besitzen, die<br />

Ausnahme sind meist nur Tiere wie<br />

Esel, Ziegen und Hühner.<br />

Sehr viele Frauen sind abhängig von<br />

ihrem Ehemann, zudem erledigen<br />

sie alle Aufgaben im Haushalt. Dazu<br />

zählen auch die aufwändigen Arbeiten<br />

wie das Besorgen von Brennholz<br />

für die Kochstelle und das Trink- und<br />

Brauchwasser.<br />

Die große Arbeitslast bindet viele<br />

Frauen und Mädchen ans Haus und<br />

Fotos: © Michael Zündel | Caritas<br />

20 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


erschwert ihnen die aktive Teilnahme am<br />

gesellschaftlichen Leben. Das geht sogar<br />

soweit, dass Mädchen oft erst in die<br />

Schule dürfen, wenn sie ihren Teil der<br />

Hausarbeit erledigt haben - eine klare<br />

Benachteiligung gegenüber den Buben.<br />

<strong>MIT</strong> DEM ESEL UND SCHULUNGEN<br />

WIRD AUCH ANDEREN FRAUEN MUT<br />

GEMACHT<br />

In der Diözese Meki wird die Position der<br />

Frauen und Mädchen durch zahlreiche<br />

Projekte gestärkt.<br />

Die Organisation von Frauen in Kleingruppen<br />

wird besonders gefördert. Die<br />

Frauen erhalten so Zugang zu Alphabetisierungskursen,<br />

Mikrokrediten, Schulungen<br />

im Landbau und in der Tierhaltung.<br />

Esel spielen dabei eine besondere Rolle.<br />

Sie werden in den Dörfern um Meki<br />

schon lange als Last- und Zugtiere<br />

eingesetzt, sind jedoch für arme Familien<br />

nicht finanzierbar.<br />

Für diese Frauen stellen Esel eine<br />

enorme Arbeitserleichterung und eine<br />

mögliche Einkommensquelle dar. Damit<br />

tut sich für sie ein Weg heraus aus Armut<br />

und Abhängigkeit auf.<br />

INFO<br />

„Wie ein Esel das<br />

Leben der Frauen<br />

verändert“<br />

https://shop.caritas.<br />

at/esel-fuer-den-fortschritt<br />

Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />

21 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gedanken<br />

Professor Abakus:<br />

Hoffnung und Mut<br />

Die Wirbelsäule stützt den Körper, das Rückgrat den Menschen, so ein Ausspruch<br />

von Justus Vogt, ein denkender und lebender Dichter.<br />

Auf der ganzen Welt setzen sich Menschen für Demokratie, Selbstbestimmung,<br />

Menschenrechte, Toleranz, soziale Gerechtigkeit und vieles mehr ein. Dabei<br />

nehmen sie oft große persönliche Nachteile in Kauf, wie z.B. Ausgrenzung, Demütigung,<br />

den Verlust der Freiheit oder sogar den Tod. Können wir etwas dagegen tun<br />

und wenn ja, was? Das war eine Frage, die in unserer Familienrunde diskutiert wurde<br />

und zu folgendem Ergebnis führte:<br />

Foto: © Mykola Velychko - Fotolia.com<br />

Gemeinsam können wir ein Zeichen der Solidarität setzen. Viele Organisationen kämpfen<br />

für die Rechte von Menschen. Amnesty International mobilisiert Jahr für Jahr Menschen für die<br />

Teilnahme am Briefmarathon, der auch speziell für Schulen angeboten wird. Um Bewusstsein für<br />

Menschenrechte zu stärken und zu vermitteln, dass wir gemeinsam etwas bewirken können. Personen in über<br />

200 Ländern schreiben Briefe oder E-Mails an Regierungen und unterstützen damit andere Menschen. Somit<br />

müssen sich die politisch Verantwortlichen dem Thema stellen.<br />

Zum Beispiel Germain Rukuki aus Burundi, der zu 32 Jahren Haft verurteilt wurde, nur weil er sich für Menschenrechte<br />

eingesetzt hat. Oder Nassima Al-Sada, die in Saudi-Arabien inhaftiert wurde, weil sie sich für<br />

Frauenrechte engagierte. Das wäre in einem Land wie Österreich undenkbar, wo die Meinungsfreiheit in der<br />

Verfassung festgeschrieben ist und auch bedeutet, nach den eigenen Ansichten leben und handeln zu dürfen.<br />

Wenn ich zu entscheiden hätte, gäbe es gar keine Menschenrechtsverletzungen. Ich weiß, ich bin ein Träumer,<br />

aber wer weiß, wie sich die Menschheit noch entwickeln wird. Bis dahin müssen wir uns noch mit wachsamen<br />

Augen und mit offenem Herzen für den Schutz der Menschenrechte einsetzen und diesen auch aktiv einfordern,<br />

wenn Unrecht geschieht.<br />

Ich werde aber sicher nicht gefragt, wie immer.<br />

Ghostwriter: Birgit Menke<br />

Foto: © Natalia Lavrinenko | pixabay.com<br />

22 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


Schenken<br />

Sie doch heuer<br />

einen Esel!<br />

Schenken mit Sinn macht mehrfach Freude.<br />

Einerseits unterstützen Sie damit Projekte, die notleidenden Menschen<br />

im In- und Ausland helfen. Andererseits kann diese Unterstützung in Form<br />

eines Billets als Geschenk an eine liebe Person weitergegeben werden.<br />

schenkenmitsinn.at<br />

Jetzt digital<br />

schenken<br />

mit Sinn<br />

© levers2007, iStockphoto


information & vielfalt<br />

Ort der Erinnerung:<br />

Stiefern am Kamp<br />

WAS MAN ALS KIND GELIEBT HAT, BLEIBT BIS INS HOHE ALTER IM BESITZ DES<br />

HERZENS<br />

Kurt Dreyer<br />

Jahrgang 1932<br />

Mitglied des Lyrikkreises<br />

der AWO<br />

Baden im Kamp<br />

Man schrieb das Jahr 1941.<br />

Deutschland wurde von<br />

englischen, später auch von<br />

amerikanischen Bombern<br />

angegriffen. Um seine Jugend davor zu<br />

schützen, schickte sie der „Führer“ in<br />

weniger gefährdete Gebiete.<br />

Das nannte sich Kinderlandverschickung!<br />

KLV. Ich gehörte auch dazu. Im Frühjahr<br />

war es dann soweit. Der Abschied vom<br />

Elternhaus fiel wohl allen sehr schwer.<br />

So brachten mich meine Eltern zum hannoverschen<br />

Bahnhof, wo schon ein Sonderzug<br />

der Reichsbahn auf uns wartete.<br />

Wir Kinder waren schon sehr aufgeregt<br />

und jedes Kind trug ein Schildchen um<br />

den Hals, mit Namen und Adresse der<br />

künftigen Pflegeeltern.<br />

Die Reise ging nach Österreich. Wir<br />

waren lange unterwegs, weil der Zug an<br />

fast jedem Ort hielt. Aber langsam leerte<br />

sich der Zug, da immer mehr Kinder<br />

ihren Zielort erreicht hatten.<br />

Ich selbst fand mein neues Zuhause in<br />

der Wachau, in dem kleinen entlegenen<br />

Ort „Stiefern.“ Da musste ich aussteigen,<br />

denn so stand es auf meinem<br />

Schild. Meine Pflegeeltern erwarteten<br />

mich schon neugierig am Bahnsteig. Da<br />

standen sie nun. Eine junge Frau, eine<br />

alte Dame, und was soll ich sagen, zwei<br />

Hunde waren auch dabei. Der Bruder der<br />

jungen Frau saß auf einem Motorrad mit<br />

Beiwagen. Er begrüßte mich auf seine<br />

Art, denn er war querschnittsgelähmt.<br />

Die Familie bewohnte ein hübsches Haus<br />

mit einem großen Garten und einem<br />

überdachten Innenhof. Direkt am Haus<br />

stand ein großer Marillenbaum, dessen<br />

Früchte ich erst im Sommer genießen<br />

konnte. In diesem Innenhof hatte man<br />

extra für mich eine „Hutsche“ (Schaukel)<br />

angebracht. Ich bekam ein schönes<br />

Zimmer, das bisherige Musikzimmer, das<br />

mit verschiedenen Musikinstrumenten<br />

ausgestattet war. Ein eigenes Zimmer.<br />

Welch ein Traum!<br />

In der ersten Nacht schlief ich fest wie<br />

ein Murmeltier und bemerkte nicht, dass<br />

die Hunde, „Tip und Lili“ es sich auf<br />

meinem Bett gemütlich gemacht hatten.<br />

Das wurde dann zur Gewohnheit und<br />

meist gesellte sich noch eine Katze dazu,<br />

was ich natürlich toll fand. Diese Ruhe,<br />

ohne Fliegeralarm und Bomben, schien<br />

wie aus einer anderen Welt. Zu essen<br />

gab es reichlich, im Stall tummelten sich<br />

Ziegen und Hühner.<br />

Nach ein paar Tagen der Eingewöhnung<br />

wurde ich in der Schule angemeldet.<br />

Es gab nur eine Klasse, gemischt mit<br />

Jungen und Mädchen. Das war für mich<br />

neu, aber ich fand es nicht schlecht.<br />

Nach einigen Tagen tauchte ein weiterer<br />

deutscher Schüler auf. Er kam auch aus<br />

Hannover, sogar aus meinem Wohnbezirk<br />

und hieß Karl-Heinz<br />

Schlüter. Bald waren wir unzertrennlich<br />

und verbrachten viel Zeit miteinander.<br />

Wir tollten in den Wäldern umher,<br />

Fotos: © Kurt Dreyer und Elisabeth Perteneder (Stiefern)<br />

24 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


adeten im „Kamp“, jenen Fluss, der<br />

direkt durch Stiefern lief und streiften<br />

durch die schöne Landschaft.<br />

Der Marillenbaum trug bald die ersten<br />

Früchte. Nie wieder fand ich so saftige<br />

honiggelbe Marillen, wie die in meiner<br />

Kindheitserinnerung. Noch heute kaufe<br />

ich die originale Marillenmarmelade aus<br />

der Wachau.<br />

Blick vom Kalvarienberg<br />

Im Laufe der Zeit hatte ich mir den<br />

dortigen Dialekt angewöhnt, was zur<br />

Folge hatte, dass mich meine Eltern<br />

nicht mehr verstanden. Ganz zu schweigen<br />

von meinem Deutschlehrer, der mir<br />

klarmachte, gefälligst richtiges Deutsch<br />

zu reden.<br />

Nach dem Krieg war ich noch oft in<br />

Österreich und habe mit meiner Familie<br />

auch meine Pflegeeltern besucht. Ich bin<br />

heute noch dankbar für die schöne Zeit,<br />

die ich in Österreich erleben durfte. Sie<br />

hat mein ganzes Leben geprägt.<br />

Kampbad<br />

Kirche


information & entwicklung<br />

Die Aufwertung des Handwerks:<br />

Verachtet mir die Meister nicht<br />

DIE HÖCHSTE STUFE DER BERUFLICHEN AUSBILDUNG WIRD SICHTBAR<br />

Mag. Reinhard Winter ˇ<br />

Gütesiegel<br />

„Meisterbetrieb“<br />

26 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />

Wahrscheinlich von vielen unbemerkt<br />

hat es beim traditionellen<br />

Handwerksmeister in<br />

den letzten zwei Jahren zwei<br />

wesentliche Änderungen gegeben. Beide<br />

sind nicht zuletzt auch ein Ausfluss der<br />

Bedeutung des Handwerks/Gewerbes<br />

für die österreichische Wirtschaft. Eine<br />

Bedeutung, die nicht nur als nachhaltige<br />

Antwort auf die Massenproduktion<br />

globaler Märkte und überbordenden<br />

Konsum, sondern auch im Hinblick auf<br />

ein sinnvolles und aussichtsreiches<br />

Ausbildungs- und Berufsangebot für<br />

kommende Generationen gesehen werden<br />

kann. Immerhin wurden im Gewerbe<br />

und Handwerk 2019 österreichweit<br />

über 46.000 Lehrlinge ausgebildet, das<br />

sind über 42 Prozent aller ausgebildeten<br />

Lehrlinge Österreichs (Quelle: Lehrlingsstatistik<br />

2019 der WKO).<br />

EINTRAGUNG IM NQR<br />

Die erste der angesprochenen Änderungen<br />

erfolgte bereits 2018. Mit 21.<br />

09. 2018 wurde die Meisterprüfung für<br />

Handwerke auf Stufe 6 im Qualifikationsregister<br />

des Nationalen Qualifikationsrahmen<br />

(NQR) öffentlich gemacht.<br />

Im achtstufigen Qualifikationsregister<br />

bedeutet dies, dass damit der Bachelorund<br />

der Meister-Abschluss vom Niveau<br />

her gleichwertig sind. Meisterinnen und<br />

Meister verfügen gemäß NQR über fortgeschrittene<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten<br />

in ihrem jeweiligen Fachbereich, haben<br />

einen hohen Handlungs- und Entscheidungsspielraum<br />

bei der Durchführung<br />

ihrer Aufgaben und können komplexe<br />

Projekte leiten. Von ihrer inhaltlichen<br />

Ausrichtung sind Bachelor und Meister<br />

aber unterschiedlich.<br />

FÜHRUNG DES MEISTERTITELS IM<br />

NAMEN<br />

Die zweite Änderung erfolgte mit 21.<br />

August dieses Jahres. Erst seit heuer<br />

sind Meisterinnen und Meister berechtigt,<br />

den Meistertitel auch vor dem<br />

Namen zu führen. Dies kann in der<br />

ausgeschriebenen Form, also Meisterin<br />

oder Meister oder aber auch in Kurzform<br />

Mst.in oder Mst. erfolgen. Mit<br />

dieser Qualifikationsbezeichnung zeigen<br />

die Meisterinnen und Meister ihren<br />

Kunden, dass sie in ihrem Beruf mit der<br />

Meisterprüfung die höchste Qualifikation<br />

erworben haben. Damit wird aber<br />

auch in der Öffentlichkeit deutlich: Die<br />

Meisterausbildung ist jedenfalls gleich<br />

viel wert wie eine akademische Ausbildung.<br />

Wundern Sie sich also nicht, wenn<br />

Ihnen Ihre Handwerksmeisterin, Ihr<br />

Handwerksmeister, demnächst eine<br />

Visitenkarte überreicht, wo vor dem<br />

Namen ein Mst.in oder Mst. steht. Dass<br />

dies immer öfter der Fall sein wird zeigt<br />

vor allem die Statistik. 2019 haben<br />

österreichweit über 15.000 meist junge<br />

Menschen den fachlichen Teil einer<br />

Meisterprüfung abgelegt (Quelle: Prüfungsstatistik<br />

2019 der WKO). Es bleibt<br />

zu hoffen, dass trotz der schwierigen<br />

Zeiten der Zuzug zur Meisterprüfung<br />

nicht einbricht. Denn gerade die vielen<br />

Handwerksbetriebe sind es, die Beachtliches<br />

zur positiven Entwicklung eines<br />

Landes beitragen. Aber nicht nur das.<br />

Gerade in schwierigen Zeiten lernt man<br />

erst oft schätzen, dass der kompetente<br />

Partner für notwendige Arbeiten oder<br />

Dienstleistungen nicht weit entfernt,<br />

sondern oftmals nur „ums Eck“ ist.


information & vielfalt<br />

Mit WÜRDE gegen das Virus der Angst<br />

26. Buch von Manfred Greisinger nimmt Anleihe beim Wolf<br />

Das bislang einzige wilde, freie Wolfsrudel Österreichs lebt im Umfeld von<br />

Allentsteig, am Truppenübungsplatz, im Herzen des Waldviertels. Der All ent steiger<br />

Autor Manfred Greisinger erinnert in diesen herausfordernden Krisen-Zeiten mit<br />

seinem neuen Buch "WOLFS-WÜRDE" die Leserinnen und Leser an ihre eigene Wildheit,<br />

Wachheit, Verantwortung und Autonomie, an ihre Würde!<br />

In der Edition Stoareich erschienen. Erhältlich als Paperback oder Hardcover im<br />

Buchhandel oder – mit Signatur und persönlicher Widmung – im Online-Bookshop<br />

der Edition Stoareich<br />

www.stoareich.at<br />

„Feuer ins Herz – Wie ich lernte, mit der Angst zu tanzen“ ist eine Geschichte,<br />

die in einer erkaltenden Welt das Herz wie ein Lagerfeuer zu wärmen vermag.<br />

Die Abenteuer der Hauptperson Noah, der sich im Lockdown wiederfindet, mit dem<br />

Trickster Old Man Coyote führen aus der Illusion der trennenden Angst – und hinein<br />

in eine neue Verbundenheit mit allem Lebendigen.<br />

Der Dystopie einer rein verstandesorientierten Welt mit dem heraufdämmernden Gespenst<br />

der Technokratie, des Transhumanismus und eines Überwachungsstaates wird<br />

eine Utopie der Verbindung von Intellekt und Spiritualität gegenübergestellt.<br />

Die Vision einer neuen Ganzheit ist die Kernbotschaft dieses Buches. Ein brisanter,<br />

hochaktuell gesellschaftskritischer Roman, der die Angst als das gefährlichste Virus<br />

entlarvt und neue Wege der Heilung aufzeigt.<br />

von Gerald Ehegartner<br />

Kamphausen.Media-Verlag | erscheint Anfang Jänner 2021<br />

RUSSLAND UND WIR, von Hugo Portisch.<br />

Es ist ein außergewöhnliches Sachbuch, das von der jahrzehntelangen journalistischen<br />

Erfahrung seines Autors profitiert: Mit großer Expertise erklärt Hugo<br />

Portisch die komplizierten historischen Verstrickungen und stellt die Notwendigkeit<br />

eines Dialogs zwischen EU und Russland dar! Nur so kann eine harmonische<br />

und belastbare bilaterale Beziehung ausgebaut werden.<br />

Das Buch ist sehr kurzweilig geschrieben und kann jedem politisch interessierten<br />

Leser empfohlen werden.<br />

ISBN-13 9783711002747<br />

144 Seiten/12,0x20,0 cm<br />

Ecowin<br />

27 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gedanken<br />

Das macht mir Angst:<br />

Unterstützung für Betroffene<br />

WIE KANN ICH MEINEM KIND HELFEN, SCHRECKLICHE EREIGNISSE<br />

ZU VERARBEITEN?<br />

Mag. a Daniela Gasser-Pranter<br />

Erziehungsberaterin<br />

Wiener Kinderfreunde<br />

Foto: © Privat<br />

Die unangenehmen Gefühle und<br />

Ängste, die nach einem Ereignis<br />

wie dem Terroranschlag in Wien<br />

in den meisten Menschen aufkommen,<br />

hallen lange nach. Vor allem<br />

Kinder und junge Menschen benötigen in<br />

der Auseinandersetzung damit unbedingt<br />

Hilfe. Wie können Eltern ihren Kindern<br />

– aber auch sich selbst – bei der Bewältigung<br />

dieser Ausnahmesituation helfen?<br />

WIE VERHALTE ICH MICH AM BESTEN<br />

MEINEM KIND GEGENÜBER?<br />

Für Kinder ist eine ruhige, wenig aufgeregte<br />

Haltung ihrer Eltern in so einer<br />

Situation hilfreich. Damit Kinder keine<br />

bedrohlichen Fantasien und Ängste<br />

entwickeln, wenn sie etwas von den<br />

Nachrichten, aus Gesprächen oder im<br />

Spiel mit Freunden aufschnappen, ist es<br />

von Bedeutung, die Kinder altersentsprechend<br />

und in kindlicher Sprache aufzuklären.<br />

Wichtig ist es, bei der Schilderung<br />

der Ereignisse weder zu übertreiben noch<br />

zu bagatellisieren. Kinder können gut<br />

mit der Wahrheit umgehen. Sie sehen<br />

das viel pragmatischer als wir Erwachsene.<br />

Bei Ängsten oder Sorgen der Kinder<br />

signalisieren Sie Offenheit und Interesse,<br />

bieten Sie Gespräche an, zeigen Sie, dass<br />

Sie da sind und beruhigen Sie Ihre Kinder<br />

u.a. auch durch Körpernähe. Wenn Eltern<br />

das Gespräch mit ihren Kindern suchen,<br />

erleben die Kinder, dass sie sich auch von<br />

sich aus an ihre Eltern wenden können.<br />

WIE KANN ICH MEINEM KIND IM<br />

UMGANG <strong>MIT</strong> SEINEN GEFÜHLEN<br />

HELFEN?<br />

Kinder verarbeiten Ängste und Sorgen<br />

auf unterschiedliche Weise. Vielleicht<br />

zeigen sie weinerliches, anklammerndes<br />

oder wütendes Verhalten. Gemeinsame<br />

Aktivitäten, wie Gespräche,<br />

Spielen, Malen und Bilderbücher<br />

anschauen können zu einem Zugang<br />

zu den unterschiedlichen Gefühlen der<br />

kindlichen Welt verhelfen. So werden<br />

diese besser besprechbar und verstehbar.<br />

Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihr<br />

Kind das Ereignis nachspielt. Besonders<br />

jüngere Kinder verarbeiten im Spiel Erfahrungen,<br />

Sorgen, Stimmungen, Ängste,<br />

Emotionen, Nicht-Einordenbares,<br />

Fantasien und vieles mehr.<br />

Genauso kann es vorkommen, dass Ihr<br />

Kind von dem Attentat erzählt, eine<br />

Frage stellt und dann wieder ganz<br />

unaufgeregt weiterspielt oder sich<br />

anderen Dingen zuwendet. Auch das ist<br />

ganz normal.<br />

Wenn Ihr Kind sich Sorgen macht, unsicher<br />

oder ängstlich ist, ist es wichtig,<br />

dass Sie ihm das Vertrauen vermitteln,<br />

dass es beschützt wird – einerseits von<br />

Ihnen aber auch von Polizisten, die für<br />

die Sicherheit in der Stadt sorgen oder<br />

Rettungssanitätern, die die Verletzten<br />

versorgen.<br />

Für Kinder, wie auch für uns Erwachsene<br />

ist es hilfreich zu erleben, dass die<br />

Welt noch genauso funktioniert wie<br />

zuvor. Daher ist es wichtig, den Alltag<br />

gut zu strukturieren, die Dinge so zu<br />

machen, wie sonst auch. Schmieden<br />

Sie gemeinsame Pläne, planen Sie<br />

28 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


Dinge, auf die man sich freuen kann usw. Das ist zwar momentan<br />

ein wenig schwierig, aber mit Ausflügen, Spiele- oder<br />

Bastelnachmittagen oder einem gemütlichen Filmabend daheim,<br />

kann man sich auch jetzt helfen. Das gibt uns und den Kindern<br />

Sicherheit.<br />

Für die Kinder ist es auch wichtig, den Kindergarten und die<br />

Schule zu besuchen. Das sind für die Kinder sichere Orte, an<br />

denen alles genauso stattfindet wie immer.<br />

Achten Sie zudem darauf, neben den Kindern keine Nachrichten<br />

zu sehen. Die Bilder und Berichte in den Medien<br />

sind für Kinder sehr stark verängstigend und verstörend.<br />

Kinder im Kindergartenalter können zwischen Realität<br />

und Fantasie noch nicht ausreichend unterscheiden. Auch<br />

für ältere Kinder sind die ungefilterten Bilder und Meldungen<br />

erschreckend.<br />

Ihr Kind sieht und spürt, wie es Ihnen geht. Kinder machen<br />

sich automatisch Gedanken und Sorgen darüber, was mit<br />

ihren Eltern los sein könnte. Auch hier können Sie entängstigen<br />

in dem Sie Ihrem Kind mitteilen, dass sie z.B. weinen, weil<br />

sie über das Geschehene so traurig sind. Auch Eltern dürfen<br />

Gefühle zeigen.<br />

Sich nach schlimmen Ereignissen überfordert zu fühlen, ist<br />

vollkommen normal.<br />

Zögern Sie darum nicht, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.<br />

• Psychologischer Dienst und Telefonseelsorge<br />

(24h-Hotline): 142<br />

• Notfallpsychologischer Dienst Österreich (24h-Hotline):<br />

0699 188 554 00<br />

• Psychiatrische Soforthilfe für Wien (24h-Hotline): 01 31330<br />

• Caritas Plaudernetz (12-20 Uhr): 05 1776 100<br />

Für Kinder, Jugendliche und Eltern:<br />

• Rat auf Draht: 147 (24h-Hotline):<br />

• Servicetelefon der Kinder- und Jugendhilfe: 01 4000 8011<br />

• Die Möwe- Kinderschutzzentrum: 01 532 1414<br />

• Die Familienberatungsstellen der Wiener Kinderfreunde:<br />

01 401 25 33 www.wien.kinderfreunde.at/Familienberatung<br />

Illustration: © Karin Blum / Kinderfreunde<br />

29 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Corona:<br />

Eine Befragung im Freundeskreis<br />

NICHTS TRÄGT IM GLEICHEN MASS WIE EIN TRAUM DAZU BEI, DIE <strong>ZUKUNFT</strong> ZU<br />

WIE ES STUDIERENDEN WÄHREND DER PANDEMIE GING<br />

Mag. Reinhard Winter Tina Čakara<br />

Studentin<br />

Junge Autorin<br />

Foto:<br />

Fotostudio primephoto<br />

Die Pandemie hat alles verändert.<br />

So auch das Studentenleben. Ich<br />

habe mich in meinem Freundeskreis<br />

umgehört und einiges zu<br />

den Höhen und Tiefen des Studierens<br />

während Corona erfahren.<br />

WAS FIEL IM ONLINE LEARNING AN<br />

DER UNI SCHWERER ALS FRÜHER?<br />

Schon seit fast einem Jahr läuft der<br />

Unterricht an den österreichischen Universitäten<br />

online ab. Das ist eine große<br />

Veränderung, die nicht immer reibungslos<br />

verlief. Die fünf Studentinnen, die<br />

ich aus meinem Freundeskreis befragt<br />

habe, studieren an der Universität Wien.<br />

Sie waren alle mit einigen Problemen<br />

konfrontiert.<br />

Technische Schwierigkeiten hatten alle.<br />

Mara musste häufig mit Verbindungsproblemen<br />

bei einem Stream kämpfen:<br />

„Auch wenn das nur für ein paar<br />

Sekunden passiert, fällt es mir bei diesen<br />

Voraussetzungen sehr schwer, mich zu<br />

konzentrieren.“ Am schlimmsten war es<br />

für sie, in manchen Lehrveranstaltungen<br />

ganze Einheiten abbrechen zu müssen.<br />

Konzentrationsschwierigkeiten hatte<br />

auch Judith: „Vor allem bei Videokonferenzen,<br />

bei denen ich meine Kamera<br />

nicht eingeschaltet hatte, fiel es mir<br />

schwerer, mich die ganzen 1,5 Stunden<br />

zu konzentrieren und nicht von anderen<br />

Dingen ablenken zu lassen.“<br />

Auch der Austausch mit anderen Studierenden<br />

fehlte enorm. „Früher habe ich<br />

während der Pausen immer andere Studis<br />

getroffen und konnte mich so besser ablenken“,<br />

sagte Aylin. „Zufallsbegegnungen sind<br />

im Online Learning nicht möglich“, meinte<br />

auch Judith. Generell fehlte oft der Ausgleich<br />

und die Abwechslung. Aylin lernte früher<br />

gerne in unterschiedlichen Bibliotheken.<br />

„Jetzt kann ich alles nur noch zuhause erledigen“,<br />

sagte sie.<br />

WAS HÄTTE DIE UNI BESSER MACHEN<br />

KÖNNEN?<br />

Hier gehen die Meinungen auseinander.<br />

Ariane meinte, die Uni hätte alles getan,<br />

was sie konnte. Maria ist da anderer Meinung.<br />

Einige der Lehrenden seinen anfangs<br />

total ahnungslos gewesen. „Sie haben uns<br />

teilweise (mit dem Gedanken "wir sind eh<br />

nur zu Hause") viel zu viel zugemutet, was<br />

in deren normalen Unterricht so nicht vorgekommen<br />

wäre“, argumentiert Maria. Sie<br />

fand gerade die Anfangsphase letzten März<br />

physisch schwieriger als gedacht: „Diese<br />

ganze Ungewissheit und dieses Abwarten<br />

und Sehen, wie sie sich organisieren, das<br />

gab es halt früher so nicht.“<br />

Auch Judith hätte sich gerade von ihrem<br />

Institut mehr direkte Kommunikation gewünscht<br />

und, dass alle Lehrenden ihre Vorlesungen<br />

aufzeichnen. „Die Uni hätte meiner<br />

Meinung nach schon vor der Pandemie mehr<br />

in Online Streaming und ähnliches investieren<br />

sollen“, fügte Maria noch hinzu.<br />

WAS WAR BEIM ONLINE LEARNING<br />

POSITIV?<br />

Jede Medaille hat ihre Kehrseite, so auch<br />

Foto: © Christian Dorn | pixabay.com<br />

30 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


das Online Learning. Ariane mochte die<br />

„flexiblere Zeiteinteilung“ und konnte<br />

durch Online Learning die Lernzeiten<br />

an ihre Vorlieben anpassen. Das Arbeiten<br />

von Zuhause aus fand auch Judith<br />

nicht so schlecht: „Das Gute am Online<br />

Learning ist, dass der Anfahrtsweg zur<br />

Uni wegfällt. Außerdem war es mir so<br />

möglich, längere Zeit bei meinem Freund<br />

in Bayern zu verbringen, da ich ja auch<br />

von Deutschland aus an den Videokonferenzen<br />

teilnehmen kann.“<br />

Auch Maria genoss es, später aufzustehen<br />

zu können und ihr Doppelstudium<br />

leichter unter einen Hut zu bringen: „Es<br />

war extrem angenehm, nicht den Stress<br />

zu haben von Uni zu Uni oder Unterricht<br />

zu Unterricht zu laufen.“ Judith schätzte<br />

außerdem das Angebot der Uni Wien<br />

sehr: „Ich finde es gut, dass es Blogs<br />

und E-Mails von der Hauptuni gibt, die<br />

Tipps zum Umgang mit online Prüfungen,<br />

dem Distance Learning oder der<br />

Zeiteinteilung geben.“<br />

Wandern und erkundete die Wiener Stadtwanderwege.<br />

Judiths persönliches Highlight war der Besuch ihres<br />

Freundes aus Bayern nach Ostern: „Er blieb einige<br />

Monate lang bei mir und meiner Familie zuhause. Ohne<br />

der Pandemie und der Umstellung auf Distance Learning<br />

hätten wir uns wohl alle zwei Wochen für ein paar Tage<br />

gesehen, bevor jeder wieder zu seiner jeweiligen Uni<br />

müsste.“<br />

Mara genoss es, viel Zeit mit ihrer neuen Mitbewohnerin<br />

zu verbringen, die wenige Monate vor dem Lockdown<br />

bei ihr eingezogen war. Durch die intensive Zeit<br />

zusammen konnten sie einander viel besser kennenlernen.<br />

Maria wiederum entdeckte Home-Workout für sich:<br />

„Da ich Asthmatikerin bin, konnte und wollte ich nicht<br />

wirklich rausgehen, weshalb ich mir aber vorgenommen<br />

habe, jeden Tag Sportübungen zu machen. Dadurch<br />

konnte ich mich fit halten, was selbstverständlich auch<br />

psychisch gut ist, da mein Alltag dadurch eine Routine<br />

hatte.“<br />

Und Ariane schließlich meinte: „Ich habe nicht wegen<br />

der Pandemie, sondern trotz der Pandemie schöne und<br />

positive Erfahrungen gemacht.“<br />

WORAUF FREUST DU DICH, WENN<br />

ALLES „VORBEI“ IST?<br />

Der größte Wunsch von allen ist es,<br />

FreundInnen und Familie wieder uneingeschränkt<br />

sehen zu können und vor<br />

allem auch wieder zu umarmen. Aylin<br />

freut sich außerdem auf Kulturveranstaltungen<br />

und Mara aufs Tanzen gehen.<br />

Judith möchte auch das Meer endlich<br />

wiedersehen und, dass sich „die allgegenwärtige<br />

bedrückende Stimmung<br />

in der Öffentlichkeit“<br />

endlich auflöst.<br />

WAS HAST DU DEN-<br />

NOCH POSITIVES ERLEBT?<br />

Aylin entdeckte während des<br />

Lockdowns ihre Begeisterung für das<br />

Foto:<br />

Foto:<br />

© Gerd<br />

Engin<br />

Altmann<br />

Akyurt<br />

| pixabay.com<br />

| pixabay.com<br />

31 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & bildung<br />

Die beste Förderung:<br />

Hat Ihr Kind wieder nur gespielt?<br />

SPIELEN – DIE REINSTE FORM DES <strong>LERNEN</strong>S<br />

GEDANKEN UND IMPULSE<br />

Patricia Weiner<br />

Nah am Leben Coaching<br />

& Beratung e.U.<br />

www.nah-am-leben.at<br />

Die Gesellschaft von heute hat<br />

offensichtlich keine Zeit zu<br />

verlieren. „Die Welt“ ist schnelllebig<br />

wie nie zuvor, überholt,<br />

sobald wir mit der Wimper zucken und<br />

ausgerichtet auf die Notwendigkeit des<br />

Vorankommens jedes Einzelnen. Wer<br />

nicht mitkommt, hat einen Nachteil.<br />

Dieser Trend zur ständigen Optimierung<br />

sowie der Drang zur Entwicklung<br />

ist längst auch in den Kinderzimmern<br />

angekommen.<br />

Die Angst sitzt Eltern im Nacken, ihr Kind<br />

könnte sich nicht ausreichend schnell<br />

entwickeln, dadurch Nachteile haben<br />

und später einmal zurückbleiben.<br />

Die Förderung des Kindes beginnt<br />

oftmals schon im Babyalter, damit das<br />

Kleine im Vergleich zu anderen nicht<br />

zurückbleibt und keine Nachteile im Hinblick<br />

auf die spätere „Schulreife“ hat.<br />

Die Frage, ob ich mein Kind in jeder<br />

Entwicklungsstufe mit den entsprechenden<br />

Kurs- und Materialangeboten<br />

ausreichend fördere, quält viele Eltern.<br />

Die zahlreichen Angebote, jedes für sich<br />

legitim und sinnvoll, suggerieren schließlich,<br />

was Kinder alles zum Lernen und<br />

Entwickeln brauchen.<br />

Das Vorschul-Arbeitsblatt steht für die<br />

ultimative Vorbereitung des Kindes auf<br />

die kommende Schulzeit und soll die<br />

Basis für das anstehende Lernen sein.<br />

Und spätestens im Alter der Vorschul-<br />

Arbeitsblätter darf Lernen maximal noch<br />

eine homöopathische Dosis von spielerisch<br />

aufweisen, denn schließlich ist<br />

Lernen eine ernsthafte Tätigkeit. Alles<br />

andere, Beschäftigung in der Freizeit.<br />

Überspitzt formuliert.<br />

Der Freibildungsexperte André Stern<br />

drückt es in seinem Buch „Spielen, um<br />

zu fühlen, zu lernen und zu leben“ so<br />

aus: „Wir haben die Synonyme Spielen<br />

und Lernen nicht nur getrennt, sondern<br />

an entgegengesetzte Enden der Ernsthaftigkeitsskala<br />

positioniert.“<br />

Und das ist schade. Denn gerade das<br />

Spielen ist die ganz spezielle Art und<br />

Weise des Kindes die Welt zu begreifen.<br />

Sehen, Hören, Fühlen, Probieren,<br />

BeGreifen, Nachahmen, Verarbeiten –<br />

im Spiel entwickelt ein Kind intuitiv und<br />

frei seine Persönlichkeit, Sozialkompetenzen,<br />

Alltagsfähigkeiten, motorische<br />

und kognitive Fähigkeiten. Ein Kind<br />

experimentiert spielend, wenn es beim<br />

Hände waschen herumplanscht, sich<br />

beim Sessel runterhängen lässt oder<br />

Muster in den Grießbrei zeichnet und<br />

lernt sich beim Experimentieren auch<br />

an Spielregeln zu halten.<br />

Es sammelt Erfahrungen, wenn es bei<br />

den alltäglichen Hausaufgaben hilft<br />

und aktiver Bestandteil des familiären<br />

Geschehens ist. Das Kind lernt und<br />

entwickelt sich mit jeder Tätigkeit,<br />

jeder Beschäftigung, jeder Erfahrung,<br />

jedem Gespräch, jeder Situation – es<br />

lernt und entwickelt sich ständig. Aber<br />

32 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


ei Langeweile und beim „Nichts tun“? – Lernt es kreative Ideen zu entwickeln, sich mit<br />

sich selbst zu beschäftigen und zu entspannen. Und im Schlaf? Verarbeitet es Gelerntes<br />

auch noch.<br />

Das Spiel – die intuitive Beschäftigung des Kindes mit sich und der Welt – ist also die<br />

reinste und ursprünglichste Form des Lernens. Was es dazu braucht? Viel unverplante Zeit,<br />

in einem entspannten Rahmen und die Erlaubnis einfach zu Spielen.<br />

Dieser Blick auf das Sein im Moment und die Sinnhaftigkeit des Spielens in jeglicher Form,<br />

ermöglicht Freude am Lernen.<br />

Denn wie André Stern schreibt: „Wenn man Kinder in ihrem Element, dem Spiel, lässt,<br />

sind sie ausnahmslos genial.“<br />

Und das ist die Basis für Erfolg, in der Schule und im Leben.<br />

Foto: © AnnaliseArt | pixabay.com<br />

33 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & entwicklung<br />

Energogik:<br />

Echtheit und Authentizität leben<br />

FREUDE, LEICHTIGKEIT, DANKBARKEIT UND LIEBE - SCHENKE DIR EIN STÜCK<br />

DAVON UND SEI DABEI!<br />

Petra Susanne Kreuzer<br />

Dipl. Pädagogin<br />

Erfinderin des Wortes<br />

ENERGOGIK.<br />

www.petrakreuzer.at<br />

www.energogikaustria.at<br />

Ohne Kreativität wäre ich heute<br />

nicht da, wo ich bin. Ich habe<br />

mir den spielerischen Zugang zur<br />

Welt, so beschreibe ich die Kreativität,<br />

bis heute erhalten. Dadurch war<br />

es mir möglich, dass ich vergangenen<br />

Herbst auch zur Erfinderin der Energogik<br />

geworden bin.<br />

Energogik ist die Lehre energetischer<br />

Gesetzmäßigkeiten in Verbindung mit der<br />

Wissenschaft der Erziehung und Bildung<br />

nicht nur der Kinder, sondern – seit dem<br />

Vordringen der Pädagogik in viele Bereiche<br />

der Gesellschaft – auch<br />

der Erwachsenen in unterschiedlichen<br />

pädagogischen<br />

Feldern wie Familie, Schule,<br />

Freizeit und Beruf.<br />

Nun habe ich ein neues Feld<br />

kreiert. Eine Pflanzschule,<br />

wenn ich das so bezeichnen<br />

darf, wodurch es mir möglich<br />

ist, manches neu zu definieren<br />

und vieles neu zu formulieren<br />

- nach meinem Spüren<br />

und Wissen. Wenn man diese<br />

zwei Bereiche vereint, entsteht<br />

ein dritter, neuer Bereich und<br />

das ist die Energogik. Durch<br />

das Vereinen von Wissen und<br />

Spüren ist eine neue Sichtweise auf die<br />

Welt möglich. Nur zu Wissen, im Sinne<br />

der Ratio, der linken Gehirnhälfte, ist zu<br />

wenig. Es gibt immer zwei Pole. Die Energogik<br />

beschreibt eine Haltung, weniger<br />

ein Konzept, und diese Haltung ist man,<br />

im wahrsten Sinne des Wortes, selbst.<br />

"Du übernimmst<br />

die Verantwortung<br />

für dein<br />

Fahrzeug. Wenn<br />

man ein funktionierendes<br />

Fahrzeug haben<br />

möchte, muss<br />

man auch<br />

etwas dafür tun.<br />

Dies ist deine<br />

Sache."<br />

Petra S. Kreuzer<br />

Beziehe ich den Bereich des Spürens mit<br />

ein, wird die Wahrnehmung erweitert.<br />

Leider wurden wir darauf konditioniert,<br />

vermehrt auf unseren Intellekt zu hören.<br />

Niemand hat uns je beigebracht, wie<br />

man spürt. Kinder haben diesen Zugang<br />

noch. Sie nehmen in Bruchteilen von<br />

Sekunden die Person wahr, die vor ihnen<br />

steht. Jeder kennt das aus seiner eigenen<br />

Schulzeit oder aus Begegnungen im<br />

Alltag. Wir nehmen auf einer unbewussten<br />

Ebene alles wahr.<br />

In meiner Arbeit im Team werden gezielt<br />

Angebote gesetzt, wo der<br />

bewusste Umgang mit dem Körper,<br />

Geist und Seele erfahren<br />

werden kann. Eines der Highlights<br />

in unserem Programm<br />

ist die Verbindung von Sprache<br />

und Kreativität. Unsere Obfrau<br />

von Energogik Austria, Florentina<br />

Kreuzer, hat dafür ein neues<br />

Angebot kreiert.<br />

Auf den ersten Blick scheint das<br />

Konzept sehr einfach zu sein,<br />

die Beobachtungen, die wir in<br />

Verbindung mit den Workshops<br />

gemacht haben, überraschen<br />

uns jedoch immer wieder aufs<br />

Neue.<br />

Florentina Kreuzer kreiert Malworkshops<br />

in Verbindung mit Literatur. Diese haben<br />

sich als eine energetisch spannende und<br />

hochwertige Sache erwiesen. Kinder<br />

reagieren auf die Geschichten und die<br />

Energie, die von unserem Team bewusst<br />

in den Raum miteingebracht wird, unglaublich<br />

schnell. Erwachsene reagie-<br />

34 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


en mit allmählicher Entspannung, die<br />

sich als Wohlgefühl beschreiben lässt,<br />

ohne aber etwas sichtlich dafür getan<br />

zu haben. Florentina Kreuzer wählt<br />

dafür Literatur aus ihrer Bibliothek aus.<br />

Fantasyliteratur von Brezina bis Tolkien<br />

dient uns an diesen Nachmittagen oder<br />

Abenden als Katalysator.<br />

Die Energogik setzt vermehrt Angebote<br />

für Kinder und Erwachsene, wo Spüren<br />

wieder gelernt werden kann. Kinder<br />

sollen bestärkt werden, ihrem Bauchgefühl<br />

zu vertrauen und dies auf klare Art<br />

und Weise kommunizieren zu können.<br />

Den Erwachsenen wollen wir das Spüren<br />

wieder in Erinnerung rufen.<br />

Leider haben wir den Zugang zu unserem<br />

verlässlichen Bauchgefühl vergessen.<br />

Wir haben gelernt, Informationen zu<br />

konsumieren, mehr dem Sichtbaren zu<br />

vertrauen und das Bauchgefühl wegzuschalten.<br />

Nachrichten werden beispielsweise<br />

ohne Hineinspüren konsumiert um<br />

uns anschließend danach zu richten.<br />

Was spürst du? Wo spürst du? sind zwei<br />

der Schwerpunkte in meiner Praxis.<br />

Durch meine Art zu arbeiten, kann<br />

Information auf unmittelbare Weise von<br />

jedem gespürt werden. Da Energie aber<br />

neutral ist, haben wir dafür oftmals kein<br />

Vokabular und sind vorerst sprachlos.<br />

Je mehr man sich jedoch angewöhnt,<br />

die Ebene des Spürens in das persönliche<br />

Vokabular miteinfließen zu lassen,<br />

bekommt unsere Wahrnehmung einen<br />

"Drive", den wir bis dato nicht gekannt<br />

haben. Wie kann ich das üben? Was<br />

kann ich konkret tun um zu spüren?<br />

Kann das jeder? All das sind jene Fragen,<br />

mit denen ich in den letzten Jahren<br />

oft konfrontiert worden bin.<br />

möglich macht, draußen - also hör auf etwas<br />

zu wollen! Möchtest du in einen Zustand<br />

kommen, wo Spüren für dich möglich wird,<br />

dann atme!" Bewusstes Ein- und Ausatmen<br />

bringt dich augenblicklich in einen Zustand<br />

der Präsenz. Während der letzten Jahre<br />

konnte ich an mir selbst als auch bei meinen<br />

Klientinnen und Klienten die Qualität des<br />

Atmens beobachten und meine Schlüsse<br />

daraus ziehen.<br />

Unsere Körper haben keine Einschalt-,<br />

Umschalt- oder gar Ausschaltknöpfe. Trotz<br />

allem ist der feste Körper unser Fahrzeug hier<br />

auf Erden. Damit unser Fahrzeug überhaupt<br />

fahrtauglich ist, haben wir die Fähigkeit der<br />

Atmung bekommen. Wird in einer guten<br />

Qualität geatmet, kann das Welten und Dimensionen<br />

öffnen, unbewusstes Atmen kann<br />

aber auch das Gegenteil bewirken.<br />

In den regelmäßigen Atemmeditationen<br />

beschreibe ich einfachste Atemübungen oder<br />

zeige, wie sich bewusstes Atmen anspürt.<br />

Konsequenz und Disziplin - dies jeden Tag zu<br />

tun - sind Voraussetzungen.<br />

Die Kunst bei all diesen Dingen liegt in der<br />

Einfachheit. "Die Natur ist nicht kompliziert"<br />

hat einmal ein befreundeter Energetiker zu<br />

mir gesagt. Das stimmt. Unser Kopf tendiert<br />

gerne dazu, etwas zu verkomplizieren,<br />

deswegen scheitern wir kläglich an scheinbar<br />

einfachen Sachen, wie jeden Tag in einer<br />

guten Qualität zu atmen. Ich wünsche Ihnen<br />

weiterhin alles Gute - und bleiben Sie im<br />

Spüren!<br />

Ein Leitsatz von mir lautet: "Sobald du<br />

etwas willst oder unbedingt möchtest,<br />

bist du aus dem Zustand, der Spüren erst<br />

Foto: © AnnaliseArt | pixabay.com<br />

35 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & umwelt<br />

Food 4 future - Teil 5:<br />

Das klimaoptimierte Weihnachtsfest<br />

WAS KOMMT BEI IHNEN AUF DEN TISCH?<br />

Mag. a Julia<br />

Geißler-Katzmann/<br />

selbstständige<br />

Ernährungswissenschafterin<br />

& Kinesiologin nach Dr. med.<br />

Klinghardt<br />

www.julika.at<br />

Vorträge und Workshops<br />

Nähere Informationen unter<br />

www.julika.at<br />

Foto: © Gaby Stein | pixabay.com<br />

36 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />

<strong>2020</strong> hat Vieles durcheinandergewürfelt<br />

und uns alle vor Herausforderungen<br />

gestellt, nicht nur<br />

beim Auffinden der Germ im<br />

Supermarkt.<br />

Doch Lockdown hin oder Viren her, eines<br />

ist auch <strong>2020</strong> fix: Weihnachten steht vor<br />

der Tür.<br />

Das gemeinsame Essen an den Feiertagen<br />

ist in unserem Kulturkreis ein wichtiges<br />

Ritual. Wie wir es klimaoptimieren<br />

können, möchte ich hier beleuchten.<br />

VORSPEISE: TAUSCHE SHRIMPS<br />

GEGEN RÄUCHERSAIBLING<br />

Ob an Weihnachten oder zu Silvester der<br />

Shrimpscocktail erfreut sich immer wieder<br />

an großer Beliebtheit. Durch die meist<br />

küstennahen Shrimpszuchten sind bereits<br />

eine Million Hektar Mangrovenwald<br />

zerstört worden. Antibiotikarückstände,<br />

Wachstumshormone und Exkremente<br />

gelangen meist ungeklärt in Wasser<br />

und Boden. Daher müssen die Anlagen<br />

regelmäßig in neuen Regionen aufgebaut<br />

werden. Die stark verschmutzen Flächen<br />

bleiben zurück und gefährden<br />

das Leben der Bevölkerung.<br />

Grund genug nicht nur an Feiertagen<br />

lieber auf ein Stückchen vom heimischen,<br />

geräucherten Biosaibling<br />

zurückzugreifen und diesen<br />

auf Vogerl-Apfelsalat zu betten.<br />

APROPOS SALAT: PIMP IT!<br />

Verleihen Sie den Festtagen einen<br />

gesundheitlichen Mehrwert und fügen<br />

Sie noch wahre Vitaminbomben hinzu –<br />

Sprossen machen´s möglich!<br />

Durch den Keimungsprozess steigt der<br />

Vitamingehalt im Samen enorm an!<br />

Zum Sprossenziehen eignen sich vor allem<br />

Getreide, wie Hafer, Weizen oder Gerste,<br />

doch auch Bockshornklee, Linsen, Kresse oder<br />

Mungbohnen verleihen ihrem Wintersalat ein<br />

Gesundheitsplus. Die Inhaltsstoffe verändern<br />

sich allein in 5 Tagen Keimung schon enorm!<br />

So misst man beim Hafer, nach 5 Tagen Keimzeit<br />

einen um 500% erhöhten Vitamin B1 und<br />

um 600% erhöhten Vitamin C Wert. Hygiene<br />

ist dabei aber oberstes Gebot. Spülen Sie die<br />

Sprossen dreimal täglich gut durch, dann haben<br />

Mikroorganismen keine Chance!<br />

Vor allem im Winter, wenn das regionale<br />

Angebot sinkt, werten Keimlinge Salate auf<br />

und machen sie schmackhafter! Doch sie finden<br />

auch Verwendung in Suppen, Pfannengerichten,<br />

Aufstrichen oder Eintöpfen. Bitte aber<br />

immer nur als Topping verwenden und nicht<br />

mitkochen.<br />

ES GIBT FISCH!<br />

Zum Hauptgericht darf an Weihnachten bei<br />

vielen Familien der Fisch nicht fehlen.<br />

Keine Frage: Fisch ist ein beliebtes und vor<br />

allem gesundes Lebensmittel. Er liefert uns<br />

Eiweiß, Jod, wertvolle Vitamine und gesunde<br />

Fettsäuren bei geringem Gesamtfettgehalt. Es<br />

ist also nicht verwunderlich, dass Ernährungsgesellschaften<br />

ein- bis zweimal pro Woche<br />

Fisch empfehlen.<br />

Doch die Lage der Meeresfische ist verheerend,<br />

so gelten mehr als 60 Prozent der weltweiten<br />

Fischbestände als maximal genutzt und haben<br />

kein weiteres Steigerungspotenzial mehr. Im<br />

Mittelmeer werden nach Angaben der EU-Kommission<br />

sogar 96% der EU-Bestände überfischt.<br />

REGIONALE ALTERNATIVEN NUTZEN!<br />

Somit dürfte klar sein, dass wir den Konsum<br />

an Meeresfisch stark zurückschrauben und für


uns hinterfragen sollten. Nutzen wir<br />

das österreichische Angebot. Wir leben<br />

glücklicherweise in einem Land der Seen<br />

und Teiche. Fische, wie Karpfen, Schleie,<br />

Zander, Hecht, Wels, Forelle und andere<br />

Saiblinge werden bei uns gezüchtet.<br />

Auf regionalen Märkten, Forstämtern<br />

oder über die Bundesforste, sowie bei<br />

Anglern oder Seefischereien können<br />

heimische Fische bezogen werden. Wer<br />

seinen Fisch lieber aus biologischer Bewirtschaftung<br />

kauft, dem empfehle ich<br />

einen Blick zur ARGE Biofisch.<br />

ZURÜCK ZUM FEIERTAGSBRATEN<br />

Wer als Weihnachtsessen lieber Pute<br />

kredenzt, dem sei auch hier der Griff<br />

zum heimischen Bioprodukt nahegelegt.<br />

Wer klimafreundlich denkt, der hält die<br />

Fleischportionen zu Gunsten saisonaler<br />

Beilagen am Teller klein! Dadurch kann<br />

man beim Hauptgang sicherlich am meisten<br />

CO2 – Äquivalente einsparen.<br />

Feiertagsbraten lässt sich aber auch gut<br />

aus Getreide und Pilzen machen, als vegetarische<br />

oder gar vegane Alternative!<br />

MEHR BEILAGEN BITTE!<br />

Auch im Winter bieten heimische<br />

Betriebe vitaminreiches Gemüse wie<br />

Karotten, Pastinaken, Rüben und die<br />

verschiedensten Kraut- und Kohlarten.<br />

Vitamin C-Bomben sind z. B. Lauch,<br />

Kohlsprossen, Rote Rüben und Schwarzwurzeln.<br />

Lebensmittel aus der Region<br />

werden reif geerntet, brauchen nicht<br />

weit transportiert werden und enthalten<br />

mehr Aromastoffe und Vitamine als weit<br />

gereiste Importfrüchte.<br />

Frisch oder als Lagergemüse sind derzeit<br />

erhältlich:<br />

Chinakohl, Endiviensalat, Erdäpfel, Kohl,<br />

Kohlsprossen, verschiedene Kürbisarten,<br />

Maroni, Pastinaken, Petersilwurzeln,<br />

Porree (Lauch), rote Rüben, gelbe Rüben,<br />

Rotkraut, Schwarzwurzel, Sellerie,<br />

Vogerlsalat, Walnüsse, Weißkraut und<br />

andere mehr.<br />

CYCLE IT UP!<br />

Am 24.12. können die meisten keine Kekse mehr sehen, das Lebkuchenhaus<br />

hat ausgedient und die letzten Reste von Spekulatius liegen trist in den<br />

Dosen. Hier kann man noch Resteverwertung betreiben. Die Keks-Reste<br />

einfach zerstampfen und als Basis in ein Glas schichten. Dann folgt ein<br />

winterliches Apfel-Kürbismus (mit Vanille und Zimt würzen) und einer feinen<br />

Joghurtcreme als Topping. Alles nacheinander (in erkaltetem Zustand) in ein<br />

schönes Dessertglas schichten, ein paar Stunden im Kühlschrank durchziehen<br />

lassen, mit Zimt oder Kakao dekorieren – fertig ist die weihnachtliche<br />

Nachspeise!<br />

TIPPS FÜR ÜPPIGE FESTE<br />

Es empfiehlt sich eher kleinere Portionen zu essen, langsam zu genießen<br />

und reichlich Gemüse und Salat als Beilagen auf dem Teller anzuhäufen. Die<br />

zahlreichen Ballaststoffe in Gemüse und Salat tragen zu einer schnelleren<br />

Sättigung bei und stärken ein gesundes Darmmikrobiom.<br />

Lange Spaziergänge an der frischen Luft bringen nicht nur Sauerstoff für die<br />

Zellen, sondern fördern ebenso die Darmperistaltik.<br />

Trinken sie zwischendurch ausreichend Wasser oder ungesüßten Kräutertee.<br />

Nun wünsche ich Ihnen, liebe Leser*innen, ein schönes Weihnachtsfest und<br />

angenehme Festtage, bleiben Sie gesund!<br />

LINKS ZU HEIMISCHEN FISCHEN:<br />

www.biofisch.at<br />

www.wildfang-naturfisch.at<br />

www.vielfaltfisch.at<br />

Weitere Informationen zum Thema Fisch und vor allem<br />

welchen Fisch man im Supermarkt noch kaufen kann,<br />

findet man bei Greenpeace oder dem WWF. (www.wwf.<br />

at/meere, https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20160120_greenpeace_<br />

fischratgeber_2016_0.pdf)<br />

Mehr Anregungen zu vegetarischem Essen finden Sie<br />

bei Kochbüchern aus dem Löwenzahnverlag (www.<br />

loewenzahn.at).<br />

Im Kochbuch „Superfood – regional und einfach“ finden<br />

Sie beispielsweise einen Getreidebraten bei „Gemüseliebe“<br />

viele Gerichte für Gemüseliebhaber*innen, oder<br />

die, die es noch werden möchten!


information & vielfalt<br />

Dagmar Göstel:<br />

Weihnachten an der Berliner Mauer<br />

BERLIN-CHARLOTTENBURG – BERLIN-WEISSENSEE; 25. DEZEMBER 1964<br />

Unvergessene<br />

Weihnachten. Band 14<br />

31 besinnliche und heitere<br />

Zeitzeugen-Erinnerungen<br />

192 Seiten mit vielen<br />

Abbildungen,<br />

Zeitgut Verlag, Berlin.<br />

Klappenbroschur<br />

ISBN: 978-3-86614-280-0<br />

www.zeitgut.com<br />

Fotos: © Zeitgut-Verlag<br />

38 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />

Die Gefühle rund um das Weihnachtsfest<br />

im Berlin meiner<br />

Kindheit waren geprägt von der<br />

Teilung der Stadt in West und<br />

Ost. Die 1961 gebaute Berliner Mauer<br />

bedeutete nicht nur einen Riß quer durch<br />

Berlin, sondern auch mitten durch unsere<br />

Familie. Meine Eltern, meine jüngere<br />

Schwester Manuela und ich lebten im<br />

Westteil, unsere Großeltern und unsere<br />

Lieblingstante im Ostteil der Stadt. Da<br />

machte sich bei aller weihnachtlichen<br />

Vorfreude gerade in der Adventszeit<br />

zugleich immer eine gewisse Traurigkeit<br />

über die Trennung breit. So sicher<br />

Lametta unseren Weihnachtsbaum<br />

schmückte, so sicher gehörte der erste<br />

Weihnachtsfeiertag meinen Großeltern<br />

und meiner Tante „drüben“. Das bedeutete<br />

sehr frühes Aufstehen an jedem 25.<br />

<strong>Dezember</strong>, dann stundenlanges Warten<br />

an der Grenze. Die „Vopos“ beäugten<br />

uns kritisch – oder kam es uns nur so vor,<br />

weil meine Eltern immer verbotene Dinge<br />

dabei hatten?<br />

Wurst und Fleisch für Omas Kochkünste,<br />

West-Zeitungen für Opa, eine Schallplatte<br />

für meine Tante – nach menschlichem<br />

Ermessen zwar alles sicher versteckt und<br />

gut getarnt in Tüten und Taschen, aber<br />

man wußte ja nie ...<br />

Der Trick bestand darin, die Tüten und<br />

Taschen sofort bereitwillig und geöffnet<br />

dem jeweiligen Kontrolleur unter die<br />

Nase zu halten, noch bevor er uns dazu<br />

aufforderte. Diese „freiwillige Offenheit“<br />

wurde meistens mit nur oberflächlicher<br />

Taschenkontrolle belohnt, die nie in die<br />

Tiefe ging. Ich erinnere mich, wie mein<br />

Vater einmal, sehr zum Vergnügen von<br />

uns Kindern, eine Fleischwurst in der Innentasche<br />

seiner Anzugjacke versteckte. Puuuuh,<br />

war diese Hürde genommen, konnten<br />

wir schon bald Oma, Opa und unsere Tante<br />

in ihrer ofengeheizten Stube in Weißensee<br />

in die Arme schließen und bei Kerzenlicht,<br />

Dresdner Stollen und Omas heißgeliebtem<br />

Rosinenkuchen für ein paar Stunden so tun,<br />

als gäbe es keine trennende Mauer ...<br />

Am Abend dann, alle Jahre wieder, das Ganze<br />

rückwärts: Ausgestattet mit Geschenken<br />

meiner Großeltern, führte der Heimweg zurück<br />

zur Grenze. Da passierte zu Weihnachten<br />

1964 am Grenzübergang Bornholmer<br />

Straße die Fast-Katastrophe: Meine Mutter<br />

reichte unsere Ausweise dem Grenzsoldaten.<br />

Der guckte, stutzte, guckte wieder, blätterte<br />

wild in den Ausweisen herum und schnauzte<br />

schließlich: „Sie sind heute Morgen mit nur<br />

einem Kind in die DDR eingereist, also reist<br />

jetzt auch nur eines wieder aus!“<br />

Meine Mutter war eine zierliche Frau, aber<br />

sie wurde in diesem Moment – zumindest<br />

stimmlich – zur Riesin. Ich habe ihre Antwort<br />

in schönstem Berliner Dialekt noch heute,<br />

über fünf Jahrzehnte später, im Ohr: „Sie,<br />

junger Mann, wir sind mit zwee Mädels<br />

anjekommen und nehmen ooch beede wieder<br />

mit zurück – und wenn ick hier steh’, bis der<br />

letzte Schnee jetaut is’!“<br />

Ungerührt rief man uns aus der Warteschlange<br />

und ließ uns abseits stehen. Es war<br />

fast stockdunkel, ein paar Grenzlaternen<br />

gaben kaum Licht, vielmehr tauchten sie die<br />

Szenerie in Unheimlichkeit. Wir waren allein,<br />

standen ohne Ausweise mitten in der Grenzanlage.<br />

Es gab kein Vor und kein Zurück. Wir<br />

warteten. Minuten. Eine Stunde.<br />

Die Angst kroch ganz langsam überallhin –<br />

und die winterliche Eiseskälte hinterher. Bald<br />

kämpfte meine Mutter mit den Tränen, was


sie zwar zu verbergen suchte, aber ihr Kinn<br />

gehorchte ihr nicht, es zitterte verdächtig.<br />

Noch heute höre ich meinen Vater beruhigend<br />

auf sie einreden, aber der flatterige<br />

Schatten seiner Hand, als er an seiner Zigarette<br />

zog, verriet auch ihn. Kindern entgeht<br />

so etwas nicht!<br />

Meine kleine Schwester war sechs und ich<br />

war acht Jahre alt. Die Eltern hatten also<br />

Angst, das bedeutete echte Gefahr.<br />

Plötzlich, wie aus dem Nichts, trat ein paar<br />

Meter weiter ein junger Grenzsoldat aus dem<br />

Dunkel seines Wachhäuschens. In Zeitlupe<br />

kam er auf uns zu, ein Gewehr auf dem<br />

Rücken, und umrundete uns ein ums andere<br />

Mal. Dabei ging er immer ganz nah an meine<br />

Eltern heran und flüsterte Ihnen unaufhörlich<br />

zu: „Haben Sie keine Angst, es wird ihnen<br />

nichts passieren, Sie werden ganz bestimmt<br />

beide Kinder wieder mitnehmen.“<br />

Das ist mein Vater Klaus Göstel mit meiner Schwester Manuela, daneben<br />

meine Mutter Waltraud Göstel mit mir. Das muss Weihnachten<br />

1963 oder 1964 gewesen sein.<br />

Das entspannte unsere Lage kolossal,<br />

Mutters Kinn zitterte nicht mehr, während<br />

es für den Soldaten sicher sehr ungemütlich<br />

geworden wäre, hätte man ihn dabei erwischt,<br />

uns zu trösten und überhaupt mit uns<br />

zu sprechen.<br />

Nach einer Ewigkeit winkte man uns heran,<br />

drückte meinem Vater die Papiere in die<br />

Hand und entließ uns alle vier tatsächlich<br />

mit einem „Frohe Weihnachten noch!“ in<br />

die Freiheit. Keine Erklärung, keine Entschuldigung,<br />

aber das war jetzt auch egal. Wir<br />

wollten nur noch weg.<br />

Als wir dann endlich in einem geheizten<br />

Berliner Bus den Heimweg in Richtung<br />

Charlottenburg antraten und meine Eltern<br />

meine Schwester und mich wortlos an sich<br />

drückten, sagte meine kleine Schwester: „Der<br />

Mann mit dem Gewehr kam mir vor wie ein<br />

Engel.“<br />

Naja, „Engel“ war sicher etwas übertrieben,<br />

aber dieser junge Grenzsoldat gab dem<br />

Ganzen – zumindest für uns an diesem Weihnachtstag<br />

– ein menschlicheres Gesicht und<br />

so wurde er zu unserem ganz persönlichen<br />

Weihnachtsengel.<br />

Meine Patentante Inge Seek (leider nur seitlich) nach der weihnachtlichen<br />

Bescherung ca 1960. Ich stehe links, meine Schwester am<br />

Klnderwagen vor unserer Tante.<br />

39 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


information & gesellschaft<br />

Nachhaltigkeit im Familienalltag:<br />

Komm, wir schützen das Klima!<br />

KINDER UND JUGENDLICHE WÜRDEN GERNE MEHR FÜR DEN KLIMASCHUTZ<br />

TUN<br />

tipps<br />

Christiane Erber<br />

Sozialpädagogin in der<br />

Wohngruppe<br />

mit acht Kindern und<br />

Jugendlichen<br />

SOS-Kinderdorf<br />

Hinterbrühl<br />

Zum Familienleben: www.soskinderdorf.at/familientipps<br />

Alle Ergebnisse der repräsentativen<br />

Klima-Umfrage unter 11-18-Jährigen,<br />

für SOS-Kinderdorf durchgeführt<br />

vom Institut für Jugendkulturforschung:<br />

www.sos-kinderdorf.at/klima<br />

Laut einer aktuellen Studie von SOS-<br />

Kinderdorf finden 56 % aller Kinder<br />

und Jugendlichen, in ihrer Familie<br />

würde zu wenig für den Klima- und<br />

Umweltschutz getan. Und 57 % möchten<br />

gerne mehr tun, wissen aber nicht wie.<br />

Viele Eltern glauben, nachhaltig zu leben<br />

sei anstrengend oder bringe großen Verzicht<br />

mit sich. Dabei ist es oft umgekehrt:<br />

Es macht Spaß, mit Kindern gemeinsam<br />

saisonales Gemüse zu verkochen, aus Altem<br />

Neues zu machen oder Strecken mit<br />

dem Rad, statt mit dem Auto zu fahren.<br />

Man kann alleine vielleicht nicht die Welt<br />

retten. Aber auch im Kleinen kann man<br />

einen Beitrag für einen gesünderen Planeten<br />

leisten. Unsere Tipps helfen dabei:<br />

KINDER SIND WISSBEGIERIG<br />

Besprechen Sie mit Ihrem Kind, dass Rohstoffe<br />

nicht unbegrenzt zur Verfügung<br />

stehen. Wer mit Ressourcen achtsam<br />

umgeht, tut der Welt etwas Gutes. Wenn<br />

Kindern erst einmal bewusst ist, dass<br />

man Plastik vermeiden oder Wasser<br />

sparen sollte, werden sie oft zu eifrigen<br />

Klima-Detektivinnen und -Detektiven, die<br />

genau darauf achten, was man besser<br />

machen kann.<br />

AUS ALT MACH NEU<br />

Kaputte Gegenstände zu reparieren oder<br />

sie umzufunktionieren schont nicht nur<br />

die Umwelt, sondern macht auch Spaß<br />

und liefert spannende Unikate. Zum<br />

Beispiel können alte Jeans zu stylischen<br />

Taschen oder kreativen Federschachteln<br />

umgenäht werden. Und alte Paletten<br />

werden mit etwas Geschick zu gemütlichen<br />

Möbeln für Balkon oder Terrasse,<br />

auf die die ganze Familie stolz ist.<br />

WAS HAT GERADE SAISON?<br />

Besprechen Sie mit dem Nachwuchs,<br />

welches Obst oder Gemüse in Ihrer Region<br />

wächst und überlegen Sie, wie Sie es<br />

gemeinsam nutzen können. Ihre Kinder<br />

lieben Apfel-Chips und Holler-Saft?<br />

Beides kann man leicht selber machen<br />

und schmeckt dann sogar noch besser!<br />

Im Internet finden sich zahlreiche<br />

Rezepte dafür.<br />

AUF DIE RÄDER, FERTIG, LOS!<br />

Vermeiden Sie Autofahrten für kurze<br />

Wege und erkunden Sie die Radwege<br />

in Ihrer Gegend: Welche Strecken kann<br />

man gut mit Kindern fahren? Erledigungen<br />

mit dem Rad oder zu Fuß sparen<br />

die oft lästige Parkplatzsuche und<br />

bringen gleichzeitig Frischluft und Bewegung.<br />

Auch ein Ausflug mit dem Zug<br />

oder Bus ist für viele Kinder ein Highlight<br />

und verbindet das Nützliche mit dem<br />

Angenehmen.<br />

EIN ZWEITES LEBEN FÜRS MATCH-<br />

BOX-AUTO<br />

Kinder haben viele Wünsche. Aber<br />

muss es immer ein neues Spielzeug<br />

sein? Nutzen Sie Tauschbörsen und<br />

Second-Hand-Möglichkeiten in beide<br />

Richtungen: motivieren Sie Ihr Kind,<br />

40 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


egelmäßig Spielsachen auszumustern, mit denen es nicht mehr spielt. Wenn Sie diese zum Flohmarkt<br />

bringen oder auf Willhaben stellen, kann sich Ihr Kind stattdessen etwas anderes Gebrauchtes aussuchen,<br />

wenn es möchte. Auch bei Kleidung lohnt sich Second-Hand! Wenn Ihr Kind allzu schnell aus der<br />

neuen Hose wieder rauswächst und diese noch gut erhalten und sauber ist, freut sich sicher ein anderes<br />

Kind darüber.<br />

AKTIV WERDEN<br />

Wenn alle an einem Strang ziehen, wird vieles leichter. Erkundigen Sie sich, ob es in Ihrer Gegend<br />

Klimaschutzprojekte gibt. Vielleicht wird ja eine Müllsammelaktion organisiert, an der Sie sich mit der<br />

Familie beteiligen möchten? Oder es findet eine Aktion von Fridays for Future statt? Es ist wichtig, zu<br />

sehen, dass sich auch andere Leute für Klimaschutz einsetzen, um nicht zu verzagen und motiviert zu<br />

bleiben.<br />

Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />

41 | DEZEMBER <strong>2020</strong>


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