LERNEN MIT ZUKUNFT Juni 2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
information & nachhaltigkeit<br />
Food 4 future – Teil 4:<br />
Wer die Saat hat, hat das Glück<br />
RADIESCHEN, BLATTSALATE, FRISCHE KRÄUTER UND MONATSERDBEEREN<br />
ERNTEN<br />
Mag. a Julia<br />
Geißler-Katzmann/<br />
selbstständige<br />
Ernährungswissenschafterin<br />
& Kinesiologin nach Dr. med.<br />
Klinghardt<br />
www.julika.at<br />
Vorträge und Workshops<br />
Nähere Informationen unter<br />
www.julika.at<br />
Vom Sammeln zum Anbau<br />
Saat- und Pflanzgut ist die<br />
Grundlage unserer Nahrung und<br />
der menschlichen Entwicklungsgeschichte.<br />
So wurde aus der Jäger- und<br />
Sammlergesellschaft die Garten- und<br />
Ackerbaukultur (vor ca. 12.000-10.000<br />
Jahren) geschaffen. Die Menschen<br />
wurden aufgrund des Ackerbaus und des<br />
Wissens rund um die Saatgutvermehrung<br />
sesshaft und haben begonnen Vieh zu<br />
halten. Der ewige Kreislauf der Natur und<br />
DIE Basis für ein gut funktionierendes Ökosystem wurde geschaffen.<br />
Von rund 3.000 Nahrungspflanzen sind circa 250 Kulturarten<br />
bekannt. Doch nur 20 Kulturarten tragen zu 90% der menschlichen<br />
Ernährung bei. Nur drei kultivierte Arten und das sind Weizen, Reis<br />
und Mais machen bis zu 50% der globalen Ernährung aus!<br />
In den letzten hundert Jahren hat ein dramatischer Verlust an<br />
Kulturarten und -sorten stattgefunden. So spricht die FAO (Food<br />
and Agriculture Organisation) von 75% der ehemals vorhandenen<br />
landwirtschaftlichen Vielfalt, die seit 1900 verloren gegangen ist.<br />
EINFALT BIRGT GEFAHREN<br />
Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass ein Mangel an Vielfalt<br />
verheerende Folgen nach sich ziehen kann. Denkt man an die<br />
Hungerkatastrophe in Irland (um 1845), die durch die unaufhaltsame<br />
Kartoffelseuche ausgelöst wurde. So starben rund 2 Millionen Iren.<br />
Die Ursache war vor allem die, dass die damaligen, irischen Kartoffelsorten<br />
alle hochgradig verwandt waren und daher in ihrer genetischen<br />
Einfachheit nicht resistent gegenüber der Pflanzenseuche.<br />
SORTENVIELFALT ERHALTEN – JETZT!<br />
Eine genetische Vielfalt bringt stabilere Systeme, bessere Anpassung<br />
an Klimaschwankungen und Bodenbeschaffenheit und sie ist resistenter<br />
gegen Krankheiten.<br />
Nicht zuletzt ist es mir aus ernährungsphysiologischer Sicht wichtig,<br />
dass auch eine Vielfalt an Inhaltsstoffe eine positive Auswirkung auf<br />
unsere Zell-Gesundheit hat. Zudem werden<br />
viele Formen, Farben und unterschiedliche<br />
Geschmäcker auf den Teller gezaubert,<br />
was die Lust auf gutes, frisches und selbst<br />
zubereitetes Essen steigert und einfach Spaß<br />
macht!<br />
BIODIVERSITÄT IST DEMOKRATIE<br />
Vandana Shiva (indische Wissenschafterin<br />
und Trägerin des „alternativen Nobelpreises“)<br />
spricht davon, dass die Vielfalt Demokratie<br />
und Frieden stiftet. Sie nennt das<br />
Beispiel, wie Indiens Wissenschafter*innen<br />
in der Natur ihr Lernfeld finden. In den Wald<br />
geht man um zu lernen und zwar: das Recht<br />
auf Gleichberechtigung. Dort findet man<br />
große Bäume, sowie kleine Kräuter und jeder<br />
hat seine Daseinsberechtigung, egal ob<br />
die Unterschiede in Größe, Form und Farbe<br />
vorhanden sind. Alle haben das gleiche<br />
Recht zu existieren. Und wenn man durch<br />
diese Artenvielfalt Demokratie erfährt und<br />
lernt, dann schafft man die Bedingungen<br />
und die Grundlage für Frieden!<br />
Dieser Vergleich hat mich sehr berührt,<br />
wenn wir es schaffen das unseren Kindern<br />
auf den Weg mitzugeben, dann haben wir<br />
viel erreicht!<br />
DIE <strong>ZUKUNFT</strong> DES ESSENS IS(S)T VIEL-<br />
FÄLTIG<br />
Lassen wir uns alte Sorten wieder schmecken,<br />
holen wir uns eine Vielfalt an Pflanzen<br />
in unsere Gärten, auf unsere Balkone und in<br />
unsere Küchen.<br />
Wie mundet ein „Malabarspinat“, wie<br />
schmeckt die „Ochsenherz-Tomate“?<br />
Bringen wir eine Vielfalt an Geschmack auf<br />
unseren Gaumen zurück!<br />
Denn je bunter unser Teller ist, desto mehr<br />
Nährstoffe erhält unser Körper.<br />
24 | JUNI <strong>2020</strong>