23.10.2020 Aufrufe

Wirtschaft in Sachsen Herbst 2020

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

●●<br />

WIRTSCHAFT IN SACHSEN | ENTSCHEIDER &KARRIERE<br />

12<br />

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

E<strong>in</strong> Ideen-Hafen für die Lausitz<br />

Rolf Kuhn war Chef der IBA, die der Region Impulse geben sollte. Nicht alle wirkten.<br />

Von Irmela Hennig<br />

Dubrauchst ke<strong>in</strong>e Angst zu haben.<br />

Die nehmen mich bestimmt<br />

nicht“, hatte Rolf Kuhn<br />

am Abend noch zu se<strong>in</strong>er Frau Tamara<br />

gesagt. Doch amnächsten Morgen um 8<br />

Uhr kl<strong>in</strong>gelte das Telefon. Und der promovierte<br />

Fachmann für Gebietsplanung<br />

und Städtebau mit Professorenrang bekam<br />

die Information: „Wir haben uns<br />

e<strong>in</strong>deutig für Sie entschieden.“ Für den<br />

damals 51-Jährigen war das e<strong>in</strong>e große<br />

Überraschung. Wollte er doch alles anders<br />

haben, als es die Stellenausschreibung<br />

für den leitenden Vorbereiter e<strong>in</strong>er<br />

Internationalen Bauausstellung (IBA) <strong>in</strong><br />

der Lausitz hergegeben hatte. Ermochte<br />

„gleich von Beg<strong>in</strong>n an mit Projekten<br />

überzeugen“.Und er wünschte sich nicht<br />

nur e<strong>in</strong>e auf zwei Jahre befristete Stelle<br />

für dieVorarbeit. Sondernwenn,dannalles<br />

–vor allem die Geschäftsführung e<strong>in</strong>er<br />

noch zu gründenden IBA GmbH über<br />

vollezehnJahre,plus Nachbereitung.<br />

Immerh<strong>in</strong> hatte dergebürtige Thür<strong>in</strong>ger<br />

etwas zu riskieren: den sicheren Job<br />

als Direktor der „Stiftung Bauhaus Dessau“.<br />

„Ich hätte das wahrsche<strong>in</strong>lich bis<br />

zum Ruhestand machen können“, erzählt<br />

Rolf Kuhn, <strong>in</strong>zwischen 73Jahre alt<br />

und nun tatsächlich im(Un-)Ruhestand.<br />

Aber dem dreifachen Familienvater war<br />

auch klar: Erstens –e<strong>in</strong>e Arbeit wie des<br />

Bauhaus-Chefs macht man zehn Jahre<br />

und nicht viel länger, weil „sonst die<br />

Werkzeuge stumpf werden und der Kaffeesatz<br />

sich absetzt“, zitiert er se<strong>in</strong>en<br />

Freund, den früheren IBA-Emscher-Park-<br />

Chef Karl Ganser. Und diese zehn Jahre<br />

waren um. Dazu zweitens: „Wenn ich<br />

noch etwas Neues beg<strong>in</strong>nen möchte,<br />

dann jetzt“, so Rolf Kuhn. Das war auch<br />

se<strong>in</strong>er Frau, e<strong>in</strong>er Dolmetscher<strong>in</strong>, be-<br />

Der damalige Chef der Internationalen Bauausstellung (IBA), Prof. Rolf Kuhn. Die IBA „Fürst-PücklerLand“ lief von<br />

2000 bis 2010. Sie sollte für die Bergbauregion <strong>in</strong>Südbrandenburg Zukunftsideen liefern. Foto: RonaldBonss<br />

wusst. Sie unterstützte ihren Gatten eher<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vorhaben, als dass sie die erwähnte<br />

„Angst“ gehabt hätte. Mehr als 50<br />

Bewerber habe esfür den IBA-Posten Ende<br />

der 1990er Jahre gegeben. Da ihn das<br />

zuständige Vorbereitungskuratorium<br />

samt der Regionalen Planungsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

die Kuhn zunächst e<strong>in</strong>stellte, zu<br />

se<strong>in</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen haben wollte, daer<br />

nur e<strong>in</strong>e Woche Bedenkzeit hatte und da<br />

man klarmachte: Entweder Sie sagen<br />

DIE GROSSE<br />

WEIHNACHTSAUKTION<br />

vom 6. bis 15.11.<strong>2020</strong><br />

Vorhang auf für Ihr Produkt! DIE Chance für den Handel.<br />

Wir bieten Ihnen drei große Vorteile:<br />

1.) Sie erreichen mit Ihren Produkten sehr viele und neue Kunden.<br />

2.) Sie profitieren von der enormen digitalen Aufmerksamkeit.<br />

3.) Sie erhalten e<strong>in</strong> Werbevolumen <strong>in</strong> unseren Produkten <strong>in</strong> Höhe des<br />

Ladenpreises Ihrer e<strong>in</strong>gestellten Artikel.<br />

Seien Sie dabei und melden Sie sich jetzt an<br />

bei der großen SZ-Weihnachtsauktion!<br />

DasTeamder SZ-Auktion freutsichauf Sie:<br />

✆ (0351) 4864-2350|leserauktion@ddv-mediengruppe.de<br />

jetztja, oder die Möglichkeit ist dauerhaft<br />

weg, e<strong>in</strong> Später gibt es nicht,sagte er zu.<br />

IBA–„e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschlande<strong>in</strong>gesetztes<br />

Instrument der Stadtplanung und des<br />

Städtebaus, um mit neuen Ideen undProjekten<br />

imsozialen, kulturellen und ökologischen<br />

Bereich Impulse zu setzen“, so<br />

def<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong> Lexikon den Term<strong>in</strong>us. Auf<br />

e<strong>in</strong>er Zugfahrt hatte Rolf Kuhn die Ausschreibung<br />

für die Stelle <strong>in</strong> Brandenburg<br />

gelesen. „Ich kannte die Lausitz bis dah<strong>in</strong><br />

HÄNDLER<br />

AUFGEPASST!<br />

nur von Konferenzen <strong>in</strong> Cottbus und<br />

zwei Paddeltouren im Spreewald“, erzählt<br />

der Mann mit den dunklen Haaren<br />

und dem mittlerweile grauen Vollbart.<br />

Von Großräschen hatte er noch nie gehört.<br />

Doch hier sollte der e<strong>in</strong>stige Absolvent<br />

der Hochschule für Architektur und<br />

Bauwesen Weimar e<strong>in</strong>e Wohnung beziehen.<br />

In e<strong>in</strong>er Region, der viele nach dem<br />

wirtschaftlichen Zusammenbruch<strong>in</strong>folge<br />

der Wendeden Rücken kehrten.<br />

Die Lausitz sei e<strong>in</strong>e Region gewesen,<br />

für die die Menschen ke<strong>in</strong>e Hoffnung<br />

mehr hatten. Vorallem nicht mit Blick<br />

auf die Zukunft ihre K<strong>in</strong>der und Enkel.<br />

Rolf Kuhn <strong>in</strong>des hat se<strong>in</strong>e zwei Söhne<br />

und die Tochter –damals zwischen 16<br />

und25Jahrealt –genauhierhergebracht.<br />

Geblieben s<strong>in</strong>d sie aber nicht. Sie leben<br />

heute unter anderem imAllgäu und <strong>in</strong><br />

Glashütte bei Berl<strong>in</strong>. Samt den <strong>in</strong>zwischen<br />

drei Enkelk<strong>in</strong>dern. Rolf und Tamara<br />

Kuhn müssen fahren, wenn sie die Familie<br />

besuchen wollen. Denn sie selbst<br />

s<strong>in</strong>d nach dem Ende der IBA „Fürst-Pückler-Land“<br />

2010 nicht weggezogen. Nur<br />

e<strong>in</strong> paar Fußweg-M<strong>in</strong>uten vom IBA-Studierhaus,<br />

dem e<strong>in</strong>stigen IBA-Geschäftssitz,<br />

entfernt haben sie e<strong>in</strong>e ehemalige<br />

Apotheke ausgebaut. E<strong>in</strong>e Ru<strong>in</strong>e sei das<br />

gewesen. Für den jüngsten Sohn sei das<br />

e<strong>in</strong> Abenteuer gewesen. „Er wollte immer<br />

e<strong>in</strong> Haus mit mir bauen“, soRolf<br />

Kuhn. Heute ist der helle Kl<strong>in</strong>kerbau e<strong>in</strong><br />

efeu-beranktes Schmuckstück. So wie jedesder<br />

altenGebäudeimStraßenzug,die<br />

eigentlich dem Tagebau hätten weichen<br />

sollen. Aber wohl auch auf Drängen des<br />

Denkmalschutzes, wie Medien berichten,<br />

war hier Ende der 1990er plötzlich<br />

Schluss mit der Kohleförderung. Seitdem<br />

nimmt e<strong>in</strong> See samt Umfeld Gestalt an.<br />

Am „Wie“ hatte die IBA großen Anteil.<br />

Während e<strong>in</strong> fürden sächsischen Teil der<br />

Kohle-Lausitz angedachtes „Karl-May-<br />

Land“ nie umgesetzt wurde, s<strong>in</strong>d viele<br />

der 30Projekte aus der Internationalen<br />

Bauausstellung „Fürst-Pückler-Land“ Realität.Die<br />

F60, e<strong>in</strong>eehemalige Abraumförderbücke,<br />

der weltweit größte Koloss se<strong>in</strong>er<br />

Art, zieht als Erlebniszentrum <strong>in</strong><br />

Lichterfeld jährlich 70.000 Besucher an.<br />

Die Region Muskauer Faltenbogen ist<br />

Unesco-Geopark; der Muskauer Park ist<br />

als deutsch-polnisches Gartenkunstwerk<br />

zu erleben. Esgibt e<strong>in</strong>en Stadthafen <strong>in</strong><br />

Senftenberg. Doch nicht alle Vorhaben<br />

wurden realisiert. E<strong>in</strong> Lagunendorf am<br />

Sedlitzer See scheiterte am Ne<strong>in</strong> des<br />

Stadtrates. E<strong>in</strong> Landschaftskunstwerk<br />

und e<strong>in</strong> Steg für das Tagebaurestloch bei<br />

Altdöbern an e<strong>in</strong>er Rutschung. Über den<br />

fehlenden Mut <strong>in</strong> Sedlitz ärgert sich<br />

Kuhn bis heute. Für Altdöbern hat er<br />

noch Hoffnung.<br />

Wettbewerb zurkulturellenHeimat<br />

Wenn der Planer und Gestalter auf der<br />

Terrasse des IBA-Studierhauses <strong>in</strong> Großräschen<br />

steht, hat er das Werden im<br />

Blick. Er konnte <strong>in</strong>den letzten Jahren <strong>in</strong><br />

Echtzeit verfolgen, wie sich der ehemalige<br />

Tagebau Meuro nach und nach mit<br />

Wasser füllte.Wie am Rand der e<strong>in</strong>stigen<br />

Braunkohlegrube e<strong>in</strong> Ufer geformt und<br />

Schiffsanlegeplätze geschaffen wurden.<br />

Und wie mit quaderförmigen Gebäuden,<br />

Treppen und Schaukel-Bänken die IBA-<br />

Terrassen entstanden. Jene Promenade<br />

am Seeufer mit Bistro, Shop, Veranstaltungsangeboten,<br />

Raumvermietung. Künftig<br />

sollen dieTerrassen Teil e<strong>in</strong>es Campus<br />

werden, mit Co-Work<strong>in</strong>g-Space –geteilten<br />

Arbeitsmöglichkeiten –und Lernorten<br />

für junge Menschen. Sowünscht es<br />

sichGroßräschens Bürgermeister.<br />

Vielleicht wird das Studierhaus Teil<br />

dieses Campus. Organisiert als Vere<strong>in</strong><br />

und quasi als kle<strong>in</strong>er IBA-Nachfolger, bietet<br />

esStudierenden im ehemaligen Beamtenwohnhaus<br />

der „Ilse-Bergbau-Aktiengesellschaft“<br />

die Möglichkeit, sich mit<br />

Strukturwandel und anderen verwandten<br />

Themen zu beschäftigen. F<strong>in</strong>anziert<br />

wird das über die Beiträge der Vere<strong>in</strong>smitglieder,<br />

aber vor allem über Projektmittel,<br />

die Rolf Kuhn als Vorsitzender<br />

sucht und f<strong>in</strong>det. Gerade s<strong>in</strong>d es wieder<br />

100.000 Euro überzweiJahre.Dafür organisiertder<br />

Vere<strong>in</strong>e<strong>in</strong>en Wettbewerb zum<br />

Thema „Kulturelle Heimat Lausitz“. Rolf<br />

Kuhn selbst wird sich nicht langweilen.<br />

Hat anspruchsvolle Krim<strong>in</strong>alromane für<br />

sich entdeckt, umdie Spannung der IBA-<br />

Jahre nachwirken zu lassen. Er sei viel<br />

mit dem Fahrrad unterwegs und laufe<br />

gern, mache mehr im Garten. Vater der<br />

IBAwirdRolf Kuhnoft genannt.Doch das<br />

sei falsch. Denn die Grundidee zur Bauausstellung<br />

hatten andere. Der Macher<br />

der IBA –das ist Kuhn aber def<strong>in</strong>itiv. Seit<br />

2006 isterauchdeswegen Träger desVerdienstordensdes<br />

Landes Brandenburg.<br />

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

Ideen für den Strukturwandel<strong>in</strong>der Lausitz<br />

DieInternationaleBauausstellung<br />

(IBA) Fürst-Pückler-Land 2000-2010<br />

ware<strong>in</strong> breit angelegtesZukunftsprogrammfür<br />

die im Wandel bef<strong>in</strong>dliche<br />

Bergbauregion <strong>in</strong> derLausitz.<br />

Mit30IBA-Projekten und weiterenEU-<br />

Projekten hat die IBAImpulse fürden<br />

Strukturwandelder Region gegeben.<br />

Dasehemalige Beamtenwohnhaus der<br />

„Ilse-Bergbau-Aktiengesellschaft“etwa<br />

warder Geschäftssitzder IBAund<br />

wurde später alsStudierhaus umgebaut.<br />

E<strong>in</strong>eBibliothek,e<strong>in</strong> Foto-und Filmarchiv,e<strong>in</strong><br />

großzügiger Arbeits- und Vortragsraumsowie<br />

e<strong>in</strong>fache Unterkünfte<br />

stehen heute dortzur Verfügung.<br />

www.iba-see2010.de<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!