Wirtschaft in Sachsen Herbst 2020
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WIRTSCHAFT IN SACHSEN | ENTSCHEIDER &KARRIERE<br />
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2<br />
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Auf und Ab <strong>in</strong><br />
Über Nacht zum Firmenchef –das passierte im<br />
schnellen Entscheidung war dabei genauso wichtig wie<br />
durch die nächsten 30Jahre geschafft. Und die, die noch<br />
Unternehmer und Unternehmer<strong>in</strong>nen aus<br />
Ulrich Thieme leitet<br />
die Druckerei bereits<br />
<strong>in</strong> der dritten<br />
Generation.<br />
Foto:Claudia Hübschmann<br />
Firmengründer<br />
Steffen John setzt<br />
auf e<strong>in</strong>e rasche,<br />
aber seriöse Expansion<br />
imganzen<br />
Land.<br />
Foto: Steffen Unger<br />
U<br />
Viele Azubis e<strong>in</strong>gestellt<br />
lrich Thiemes ersten Jahre <strong>in</strong> der Meißner<br />
Traditionsdruckerei s<strong>in</strong>d schon von Umbrüchengeprägt,als<br />
an dieWende nochgar nichtzu<br />
denken ist: Se<strong>in</strong> Vater stirbt, lange bevor er se<strong>in</strong>e<br />
Ausbildung abgeschlossen hat –nur durch e<strong>in</strong>e<br />
Ausnahmegenehmigung kann das Familienunternehmen<br />
weiter bestehen. Als Thieme 1986<br />
endlich den Betrieb leiten darf, beg<strong>in</strong>nt er damit,<br />
die Druckmasch<strong>in</strong>en nach und nach zumodernisieren:<br />
„Nur umdrei Jahre später alles wegzuschmeißen.“<br />
Druckbranchewar <strong>in</strong><br />
besonderer Situation<br />
Durch die Wende wurden die relativ modernen<br />
Buchdruck-Masch<strong>in</strong>en von e<strong>in</strong>em auf den anderen<br />
Tagmuseumsreif. Trotzdem blieb se<strong>in</strong>e Branchevon<br />
e<strong>in</strong>er großen Pleitewelleverschont:Zwar<br />
arbeitetedie neue Konkurrenz schon ganz selbstverständlich<br />
mit e<strong>in</strong>em völlig neuen Druckverfahren,<br />
dafür gab esaber auch imWesten noch<br />
ke<strong>in</strong>e großen Druckkonzerne. Se<strong>in</strong>e großen Auftraggeber<br />
wie die bekannte Meißner Porzellanmanufaktur<br />
und den Kunstverlag Brück &Sohn<br />
konnte Thieme biszuletzt halten.<br />
Die unausweichliche Entwicklung traf die<br />
Branche erst später: Vor zehn Jahren musste<br />
auch Thieme Insolvenz anmelden. Seit der Übernahme<br />
durch dasDruckhaus Ma<strong>in</strong>franken ist das<br />
Unternehmen breiter aufgestellt und lässt sich<br />
vonder Corona-Krise nicht ausder Ruhe br<strong>in</strong>gen.<br />
Mit dem neuen Eigentümer kamen viele<br />
neue Aufträge von Internetdruckereien dazu –<br />
die seien auch während der Krise konstant geblieben<br />
und würden die Hälfte des Umsatzes<br />
ausmachen, erklärt Thieme, der trotz der Krise<br />
so so viele Azubis e<strong>in</strong>gestellt hat wie noch nie.<br />
Außerdem hat er e<strong>in</strong>e neue Druckmasch<strong>in</strong>e für<br />
2,3 Millionen Euro angeschafft, die nicht nur<br />
schneller und umweltschonender druckt, sondern<br />
auch wirklich das neuste Druckverfahren<br />
ermöglicht. (SZ/mgr)<br />
Voll im Fahrrad-Boom<br />
ie Coronakrise hat viele Händler hart getroffen<br />
Fahrradgeschäfte <strong>in</strong> ganz Deutschland. „Nachder<br />
Inzwischen übernimmt John regelmäßig<br />
D<br />
mit Sicherheit nicht dazu, wie die Entwicklung Wende haben sich viele als Fahrradhändler<br />
von Little John Bikes e<strong>in</strong>drucksvoll bestätigt. Nie<br />
<strong>in</strong> der Firmengeschichte wuchs das Unternehmen<br />
schneller als <strong>in</strong> diesem Jahr, E-Bike-Boom<br />
und grüner Welle sei Dank. „Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> den vergangenen<br />
selbstständig gemacht, die nun vor der Herausforderung<br />
stehen, ihr Lebenswerk zu übergeben“,sagter.<br />
Diese Lücken fülle nun<strong>in</strong>vielen FällenLittleJohn<br />
Bikes.<br />
neun Monaten konnten wir sechs<br />
neue Filialen eröffnen“, sagt Steffen John, Geschäftsführer,<br />
Gründer und damit auch Namens-<br />
DieEröffnungder 50. Filialeals nächster<br />
großer Meilenste<strong>in</strong><br />
geberdes Unternehmens.<br />
Mit se<strong>in</strong>en <strong>in</strong>sgesamt 35 Filialen, die meisten<br />
<strong>in</strong> den neuen Ländern, und 250 Mitarbeitern ist<br />
Little John Bikes heute e<strong>in</strong>es der führenden Fahrrade<strong>in</strong>zelhandelsunternehmen<br />
<strong>in</strong> Deutschland.<br />
Niemals hätte sich John daserträumen lassen, als<br />
er Anfang der 90er-Jahre se<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Zulieferbetrieb<br />
<strong>in</strong> Neukirch<strong>in</strong>der Lausitz gründete.1997<br />
folgte der größte Bruch <strong>in</strong> der Unternehmensgeschichte.<br />
Aus dem Zulieferer wurde nach und<br />
nach e<strong>in</strong>eigenständiger Fachhändler.<br />
Nachdem der Firmensitz vor sechs Jahren nach<br />
Dresden verlegt worden ist, wurde der Expansionskurs<br />
nochmals beschleunigt. „Innerhalb der<br />
nächsten zwei Jahre wollen wir die 50. Filiale eröffnen“,<br />
sagt John. „Das ist der nächste großer<br />
Meilenste<strong>in</strong> für uns.“<br />
Und dann? Gerade die Fahrradwelt drehe sich<br />
so schnell, dasse<strong>in</strong>e seriöse Prognose kaum möglich<br />
sei. E<strong>in</strong>es aber steht für Steffen John fest:<br />
„Was immer die Zukunft br<strong>in</strong>gt, wir werden es<br />
unserenKundenanbieten.“ (SZ/hbe)<br />
A<br />
uf der Äußeren Weberstraße <strong>in</strong> Zittau läuft’s.<br />
Zufrieden stemmt Frank Scholze die Hände <strong>in</strong><br />
dieHüften. Aufse<strong>in</strong>e Leute kann sichZittaus größter<br />
Bauunternehmer verlassen. Se<strong>in</strong>e Leute aber auch<br />
auf ihn. An diesem Nachmittag auf der Baustelle redet<br />
Frank Scholze vom Abschied. Nach 30 Jahren<br />
werden er und se<strong>in</strong>e Frau Petra, Mitgesellschafter<strong>in</strong><br />
und Prokurist<strong>in</strong>, die von ihnen mitgegründete Oberlausitzer<br />
Straßen-, Tief- und Erdbaugesellschaft verlassen.<br />
Er sei jetzt 64, sagt Frank Scholze, und se<strong>in</strong>e<br />
Entscheidung habe ganz pragmatische Gründe.<br />
Nach und nach werde die ganze Mannschaft verjüngt.<br />
„Die Firma muss sich aufs digitale Zeitalter<br />
e<strong>in</strong>stellen“, sagtder Oderwitzer.„Dasist wichtig,um<br />
dranzubleiben.“ Aber für e<strong>in</strong>en wie ihn, der nicht<br />
mal E-Mails beantwortet, sei das nichts mehr. Dranbleiben<br />
musste Scholze immer. Seit drei Jahrzehnten.<br />
Seit jenem 1.Juli 1990, dem e<strong>in</strong>zigen Tag, an<br />
dem es <strong>in</strong> den Wende-Wirren möglich war,dassehemalige<br />
PGH-Mitglieder Gesellschafter e<strong>in</strong>er GmbH<br />
werden konnten. An jenem Tagalso gründeten 40<br />
Zittaus größter Bauunternehmer geht<br />
Führungs- und Generationswechsel<br />
bei<br />
der Osteg: Petra und<br />
Frank Scholze (r.)<br />
übergeben die Firmenleitung<br />
an Jan<br />
Wildenha<strong>in</strong> (l.)<br />
Foto: MatthiasWeber<br />
Mitarbeiter der Zittauer „PGH Ste<strong>in</strong>setzer und Straßenbauer“<br />
Hals über Kopf dieOsteg.„Und du, Frank,<br />
machst denGeschäftsführer“, haben sie beschlossen.<br />
Frank Scholze erzählt das schmunzelnd: „Ich war<br />
jungund unerfahren,abersehr motiviert“, sagt er.<br />
Aber es kamen schwierige Zeiten: Ende der<br />
1990er setzt das große Firmensterben am Bau e<strong>in</strong>.<br />
Auch jetzt ist das Geschäft nicht leicht. „Die Hochwassermaßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d alle so gut wie fertig“, erklärt<br />
Scholze, „undBreitbandwird auch bald überall<br />
liegen.“ Deswegen will die klassische Tiefbaufirma<br />
jetzt auch imHochbau Fuß fassen. Frank Scholze<br />
schickt se<strong>in</strong>e Leute nicht weit weg auf Montage.<br />
„Wir bauenregional“, sagter. Vielen se<strong>in</strong>erMitarbeitersei<br />
daswichtiger als derVerdienst.<br />
Und Scholze wäre nicht Scholze, hätte er nicht<br />
auch se<strong>in</strong>en Ausstieg schon weit vorausschauend geplant.<br />
Bis zum Jahresende wollen die Alten ihre<br />
Nachfolger Marco Matthäi undJan Wildenha<strong>in</strong> noch<br />
„hilfreich begleiten“, wie Frank Scholze das nennt,<br />
danngeht Zittaus größter Bauunternehmer.(SZ/ju)