PROMAGAZIN Oktober 2020

WIRTSCHAFT | Job & Karriere
So sieht es aus, wenn Lisa Feuchtenbeiner (2.v. links, vorne) und ihr Dualis-Auditorenteam
Unternehmen besuchen. Eng zusammenarbeiten ist zwar weiterhin
angesagt, eng zusammenstehen aber nicht: Das Bild wurde vor der Pandemie
aufgenommen.
Wo Digitalisierung
an Grenzen stößt
Seit Beginn der Pandemie hat die IHK Heilbronn-Franken das
Dualis-Siegel nicht mehr verliehen: Zur Vergabe des Gütezeichens
ist der Besuch vor Ort unverzichtbar – doch für diesen gibt es keine
elektronische Lösung.
Dass Digitalisierung zwar viele,
aber nicht alle Aufgaben auffangen
kann, hat Lisa Feuchtenbeiner
heuer deutlich erfahren: Normalerweise
realisiert sie in ihrer Rolle
als Projektkoordinatorin des Dualis-
Siegels etwa 30 Audits – so viele Firmen
bewerben sich im Schnitt pro Jahr für
das angesehene Ausbildungszertifikat
der IHK-Heilbronn-Franken.
Bei Vorgesprächen bildet sich
Feuchtenbeiner direkt in den Firmen
einen ersten Eindruck, lässt sich durch
die Räumlichkeiten führen, wirft einen
Blick in die Produktion oder das Lager.
Dann bespricht sie mit den Kunden,
was für die Dualis-Zertifizierung
relevant ist. Auch die Juroren nehmen
die Betriebsabläufe im Zuge des Audits
persönlich unter die Lupe, reden
mit Ausbildern und Azubis. „Dieses
Vorgehen unterscheidet uns von vielen
anderen Siegeln“, betont Feuchtenbeiner.
„Wir fragen die Kriterien nicht
nur schriftlich per Formular ab. Sonst
wäre es in diesem Krisenjahr für uns
sicher leichter gewesen, das Prozedere
aufrechtzuerhalten.“
HINTER DIE KULISSE SPÄHEN
„Wir wollen uns unmittelbar davon
überzeugen, wie ein Unternehmen die
kategorischen Anforderungen in der
Praxis umsetzt.“ Auf diese Weise könne
das Auditoren-Team Verbesserungsvorschläge
gezielt anbringen. Als weiteres
Argument für den Betriebsbesuch
nennt Feuchtenbeiner, dass die
Foto: IHK Heilbronn-Franken
Anforderungen nicht in Stein gemeißelt
seien: Erfülle ein Unternehmen einen
Punkt nicht, sei das kein Ausschlusskriterium.
„Firmen, die sich für
Dualis bewerben, sind bereits auf einem
hohen Niveau“, verdeutlicht die
Projektkoordinatorin. „Wir betrachten
den Gesamtbetrieb und loten aus, wie
sich die Ausbildungsqualität steigern
lässt.“
JAHR OHNE AUDITS
In diesem Jahr sei das nicht durchführbar
gewesen. Egal, was sich Feuchtenbeiner
in Bezug auf Alternativen überlegt
habe, ein Äquivalent zum Vor-
Ort-Besuch, dem persönlichen Gespräch
und den damit verbundenen
direkten Eindrücken, habe sie trotz diverser
digitaler Möglichkeiten wie Videokonferenzen
oder virtueller Rundgänge
nicht ausarbeiten können.
Zudem habe die Coronakrise das
Ausbildungsjahr in einigen Firmen
überschattet. So fanden seit März keine
Audits mehr statt. Feuchtenbeiner
sei klar wie nie: „Das persönliche Gespräch
ist und bleibt einfach unersetzlich.“
Im Dezember wird sie voraussichtlich
wieder eine Rezertifizierung
durchführen können. Feuchtenbeiner
hofft, dass sich daran weitere Besuche
in den Ausbildungsbetrieben reihen,
die sie endlich wieder persönlich abhalten
kann. Melanie Boujenoui
Online
Nach Angaben der IHK Heilbronn-
Franken tragen derzeit 77 Firmen in
der Region das Ausbildungssiegel
„Dualis“. Das Gütezeichen wurde vor
sechs Jahren von der IHK Heilbronn-
Franken ins Leben gerufen. Neben
dem Marketingeffekt soll das Projekt
Betrieben in fünf Phasen ermöglichen,
ihre Ausbildungsqualität zu überprüfen,
zu beurteilen und zu verbessern.
Weitere Informationen zum Siegel gibt
es online unter:
heilbronn.ihk.de/dualis
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