Vergani Magazin Nr. 09 - 125anni

Noch jung, mit gerade mal 27 und 23 Jahren,
treten Giovannis Kinder Carlo und Vera in
den Familienbetrieb ein. Es zeigt sich
schnell, dass der charismatische Carlo visionär und
zielstrebig ist. Seine Vorgänger hatten das Geschäftsfundament
sorgsam und weitsichtig angelegt, Carlo
kann nun seine Innovationen und Ideen Wirklichkeit
werden lassen. Mit viel Herzblut und taktischem
Gefühl baut er sukzessive ein dichtes und starkes Netz
mit vielen spannenden Produzenten. Über die Jahre
sind daraus Freundschaften entstanden, die bis in die
Gegenwart reichen.
«Mein Vater war ein Grandseigneur, stets tadellos gekleidet
in Anzug und Krawatte und mit perfekten
Umgangsformen», erinnert sich Reto Vergani. Carlo
wird mit 27 Jahren in die Kollektivgesellschaft aufgenommen.
Die frühe Erkrankung des Vaters Giovanni
ruft ihn in die Firma, er bricht sein Jura-Studium ab
und leitet dafür die Geschicke des Unternehmens. Mit
einem guten Gespür für vielversprechende Produzenten
und seiner verlässlichen und beständigen Art füllt er
kontinuierlich seine Keller mit bestem italienischem
Wein und seine schwarze Agenda mit Namen und
Nummern der besten Winzer, aufstrebenden Restaurants
und etabliertesten Produzenten. «Sein kleines
Buch war sein steter Begleiter. Es gab ja noch nicht mal
Faxgeräte zu dieser Zeit. Nach jedem Kundenbesuch
hat er akribisch alles Wichtige in sein Buch notiert. Bis
heute trage auch ich noch immer einen kleinen Block
im Jacket und mache mir Notizen, Handy hin oder
her», erzählt Sohn Reto. Carlos Kundenbesuche sind
schon fast legendär, er bestreitet den Aussendienst nach
strengem Rhythmus. Seine Kunden richten danach
ihre Uhr, so ist er beispielsweise immer montags um
Punkt 11.00 Uhr im Commercio, jahrzehntelang. Derweil
kümmert sich seine Schwester Vera um den
Comestibles-Laden an der Zentralstrasse.
1950
Dritte Generation: Carlo & Vera
Carlos grösste Errungenschaft ist das Aufbauen von
Beziehungen, viele der heutigen Weinweltstars hat Carlo
zum Erfolg begleitet und sie überhaupt ausserhalb
Italiens erstmals bekannt gemacht. Aber in die Ära
Carlo Vergani fallen auch spannende Innovationen wie
beispielsweise das völlig neue Geschäft mit 50cl-Flaschen.
Bislang hatte man den meisten Wein in grossen
Gebinden angeboten, auch in den Restaurants. Mit
dieser neuen Flaschengrösse waren die Verganis Pioniere,
das Glas musste sogar aus Frankreich importiert
werden.