IM BLICK 2020
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Katastrophal digital?<br />
28<br />
Anleitung für eine<br />
gute virtuelle<br />
Zusammenarbeit<br />
in Teams<br />
Text: Dr. Susanna Kleindienst-Passweg, Dr. Astrid Reinprecht, Gerd Oberlechner, DSA M.A. • Lesedauer: 5 Minuten<br />
Wir arbeiten immer mehr virtuell. Im Lockdown haben wir gelernt, die Vorteile etwa von<br />
digi talen Tools für Videotelefonie, oder von online Visualisierungsprogrammen, zu erkennen<br />
und zu nutzen. Oft aber kommen wir auch an Grenzen – was sind Stolpersteine des<br />
virtuellen Arbeitens und wie können wir Konflikte vermeiden, die daraus entstehen?<br />
Virtuelle Zusammenarbeit erlaubt es uns,<br />
in schwierigen Kontexten (zB während<br />
eines Lockdowns) oder auch bei großer<br />
räumlicher Distanz miteinander zusammenzuarbeiten.<br />
Sei es in Teammeetings,<br />
oder in Workshops oder bei großen Konferenzen<br />
– räumliche Distanzen sind schnell<br />
und einfach zu überwinden. Knappe zeitliche<br />
Ressourcen lassen sich gut nutzen,<br />
etwa weil Anfahrts- oder Reisezeiten entfallen.<br />
Ergebnisse virtueller Zusammenarbeit,<br />
insbesondere auch Entscheidungen<br />
oder Vereinbarungen von Mediationen,<br />
können in Echtzeit dokumentiert und gemeinsam<br />
redigiert werden, etwa indem<br />
online protokolliert wird, was jede/r Teilnehmer*in<br />
einsehen kann. In Zeiten, in denen<br />
Personen häufig krank sind, reduziert<br />
virtuelles Arbeiten die Ansteckungsgefahr<br />
und ermöglicht es, miteinander in Kontakt<br />
zu bleiben (zB auch in Quarantäne).<br />
Abgesehen von diesen administrativ-organisatorischen<br />
Vorteilen, kann virtuelle<br />
Zusammenarbeit auch emotionale und<br />
gruppendynamische Erleichterungen<br />
bringen. Für Personen, die gerne lösungsorientiert<br />
arbeiten und die digitalen Tools<br />
aus dem beruflichen Alltag kennen, hilft<br />
virtuelles Arbeiten in einen Lösungsmodus<br />
zu kommen und zu fokussieren, weil<br />
„Zwischenkommunikation“ wie zB Small<br />
Talk ausfällt und man dadurch schneller<br />
zum Punkt kommt. Das Einhalten einfacher<br />
Gesprächsregeln, wie zB „Ausreden<br />
lassen“, gelingt leichter, weil das Medium<br />
selbst gewisse technische Eingriffe ermöglicht<br />
(zB Mikro ausschalten, wenn<br />
man nicht am Wort ist usw). In Teams oder<br />
Gruppen, wo (eskalierte) Konflikte vorherrschen,<br />
die physisches Zusammensein<br />
unmöglich machen, können virtuelle Tools<br />
das Arbeiten erleichtern, weil jede/r seinen/ihren<br />
Schutzraum hat. Das setzt zwar<br />
achtsame und straffe Moderation voraus,<br />
ist aber einfacher, als die Teilnehmer*innen<br />
physisch zu trennen.<br />
Leider gelingt virtuelle Zusammenarbeit<br />
aber nicht „einfach so“. Im Gegenteil,<br />
können leicht Fehler gemacht werden,<br />
wie das folgende Fallbeispiel zeigt:<br />
Durch den abrupten Lockdown aufgrund<br />
COVID-19 war in einer Beratungseinrichtung<br />
ab Mitte März <strong>2020</strong> direkter Klient*innenkontakt<br />
nicht mehr gestattet. Der<br />
Arbeitsmodus, der auf persönlichen Kontakt<br />
und face-to-face Zusammenarbeit<br />
beruhte, musste daher möglichst schnell<br />
umgestellt werden. Der organisatorische<br />
Aufwand dieser Veränderung war enorm.<br />
Es galt, diese und andere Veränderungen<br />
in wöchentlichen Teamsitzungen zu besprechen.<br />
Da Treffen vor Ort aber nicht<br />
mehr möglich waren, daher wurden diese<br />
„virtualisiert“. Dabei wurde Wesentliches<br />
übersehen: Zum Beispiel wurde nicht darauf<br />
geachtet, ob alle Mitarbeiter*innen<br />
technisch zu virtuellen Sitzungen in der<br />
Lage waren. Das Einrichten der Laptops<br />
seitens des Arbeitgebers wurde technisch<br />
nicht begleitet. Auch das Thema der Vertraulichkeit,<br />
besonders in Bezug der Vermischung<br />
beruflicher und privater Daten<br />
auf (der zum Teil privaten) Laptops oder<br />
datenschutzrechtliche Bedenken wurden<br />
vorab nicht angesprochen.<br />
Während der ersten Sitzungen, die rasch<br />
und ungeplant durchgeführt wurden, passierten<br />
wesentliche Fehler. So wurde nicht<br />
daran gedacht, die Sitzungen zu moderieren.<br />
Zudem gab es keine Protokollführung<br />
oder Visualisierung. In dem Tool, das<br />
verwendet wurde, wurde kein virtueller<br />
Warteraum eingerichtet, wodurch das<br />
Zuschalten der Teilnehmer*innen möglich<br />
gewesen wäre. Dies führte dazu, dass<br />
über einen Kollegen online gelästert wurde,<br />
ohne dass sich die Mitarbeiter*innen<br />
bewusst waren, dass diese Person anwesend<br />
war bzw zugehört hatte. Kurzum: Die<br />
online Treffen waren nicht nur anarchisch<br />
und wenig produktiv, sondern schaukelten<br />
sich zu einem veritablen Konflikt hoch.<br />
In diesem Beispiel ist beinahe alles schiefgelaufen,<br />
was schieflaufen hätte können.<br />
Was hätten die Führungspersonen anders<br />
machen können? Was sind Stolperfallen<br />
vor und während virtueller Sessions und<br />
was lässt sich als Verantwortliche/r tun?