SOZIALE VERANTWORTUNG
Und die Frage: Wie wollen wir leben? Hier erfahren Sie mehr.
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man sich näher mit dem Thema<br />
beschäftigt, wird außerdem<br />
schnell klar, dass es z. B. sehr viel<br />
schädlicher wäre, wenn man die<br />
Fans dazu drängen würde, zu uns<br />
zu reisen anstatt andersrum.<br />
Wie sieht es mit eurer Merchandise-Produktion<br />
aus?<br />
Woher kommen eure Sachen,<br />
woraus werden sie hergestellt<br />
und von wem sind sie gemacht?<br />
Neben unserem Secondhand-<br />
Merchandise-Projekt haben wir<br />
uns dazu entschlossen, für unsere<br />
Europa-Tour 2020 eine reduzierte<br />
Auswahl an Merch-Artikeln<br />
herstellen zu lassen, zwei<br />
Shirts, Hoodie und eine Wasserflasche.<br />
Die Textilien wurden aus<br />
GOTS- und Öko-Tex-zertifizierter<br />
Biobaumwolle, vegan und fair<br />
hier in Europa produziert. Wir<br />
haben außerdem einen Teil der<br />
Einnahmen an gute Zwecke wie<br />
Viva con Agua gespendet. Wir<br />
mussten uns allerdings leider<br />
sehr ärgern, als die Shirts dann<br />
einzeln in Plastik verpackt bei<br />
uns ankamen, aber auch solche<br />
Rückschläge gehören eben zum<br />
Lernprozess dazu. Nächstes Mal<br />
stellen wir sicher, dass auf so was<br />
komplett verzichtet wird.<br />
Welche Verantwortung trägt<br />
die Musikbranche und welchen<br />
Beitrag kann diese eurer<br />
Meinung nach leisten, um<br />
nachhaltiger zu werden?<br />
Die Musikbranche hat unserer<br />
Meinung nach eine besondere<br />
Rolle, weil sie zum einen großes<br />
Gehör bekommt und es zum<br />
anderen schafft, Themen emotional<br />
zu transportieren. Musik ist<br />
immer schon Teil von sozialen<br />
Bewegungen gewesen. Das ist<br />
nichts Neues. Genauso wenig wie<br />
die Klimakrise ein neues Thema<br />
ist. Die Dringlichkeit und Dimension<br />
dieser Krise war jedoch nie<br />
so groß wie jetzt, weshalb wir<br />
auch die Musikbranche – so wie<br />
alle Industrien – in der Verantwortung<br />
sehen, jede Möglichkeit<br />
zu nutzen, diese Krise nicht komplett<br />
eskalieren zu lassen.<br />
Wer ist für euch ein Vorbild im<br />
Bereich Nachhaltigkeit?<br />
Vor allem unser nahes Umfeld,<br />
Familie und Freunde inspirieren<br />
uns dazu, nachhaltiger zu leben.<br />
Es motiviert auch zu sehen, wie<br />
viel sich schon verändert hat. Im<br />
Großen und Ganzen ist aber die<br />
Bewegung an sich unser Vorbild,<br />
mit allem, was dazugehört, seien<br />
es „Fridays for Future“-Demonstrationen<br />
mit Tausenden Teilnehmern<br />
oder sei es zu sehen,<br />
wie das Thema auch in der Weltpolitik<br />
langsam ankommt.<br />
Wie steht ihr zu dem Gedanken,<br />
mit der Produktion von CDs<br />
und Platten aufzuhören und alles<br />
komplett auf digitale Wege<br />
umzustellen und anzubieten?<br />
Das ist sowieso die Zukunft, aber<br />
es steht auch gar nicht fest, dass<br />
die digitale Umstellung unbedingt<br />
so viel klimafreundlicher<br />
ist. Die Energie zum Betreiben<br />
von Servern oder die Herstellung<br />
von Smartphones sind auch<br />
ressourcenintensiv. Wir fragen<br />
uns, ob eine nachhaltig hergestellte<br />
Platte vielleicht sogar<br />
klimafreundlicher wäre, als ein<br />
Album etliche Male zu streamen.<br />
Das wäre doch mal ein interessantes<br />
Thema für eine Studie.<br />
Die Corona-Krise macht auch<br />
vor der Musikbranche nicht<br />
halt. Viele Ländergrenzen sind<br />
geschlossen, Veranstaltungen<br />
und Reisen untersagt. Stattdessen<br />
gibt es Angebote für<br />
digitale Live-Konzerte. Wie<br />
habt ihr diese Veränderungen<br />
erlebt und könnt ihr eventuell<br />
positive Dinge aus dieser Zeit<br />
beibehalten? Seht ihr vielleicht<br />
sogar neue Möglichkeiten für<br />
mehr Nachhaltigkeit dadurch?<br />
Als Band wünschen wir uns<br />
nichts mehr zurück, als wieder<br />
auf die Bühne gehen und<br />
live spielen zu dürfen. Für<br />
uns sind Streaming-Konzerte<br />
keine Dauerlösung, sondern die<br />
Begegnung auf Konzerten und<br />
Festivals ist von unschätzbarem<br />
Wert für Kunst und Kultur.<br />
Zu Beginn der Pandemie hatten<br />
wir noch größere Hoffnungen,<br />
dass diese Krise zumindest eine<br />
Chance für die Debatte um das<br />
Klima sein könnte. Mittlerweile<br />
müssen wir aber zugeben, etwas<br />
ernüchtert von den Entwicklungen<br />
zu sein. Wir sind auch<br />
enttäuscht darüber, wie wenig<br />
FOTOS: ANTHONY MOLINA<br />
Wert auf die Veranstaltungsbranche<br />
und die die in ihr tätig sind,<br />
gelegt wird. Wir würden uns z. B.<br />
wünschen, dass Unternehmen<br />
nur dann vom Staat gerettet<br />
werden, wenn sie sich z. B.<br />
Auflagen einer ökologisch<br />
nachhaltigen Entwicklung<br />
verschreiben. Die Corona-Krise<br />
scheint leider nicht das große<br />
Wachrütteln bewirkt zu haben,<br />
welches wir für die Klimakrise<br />
dringend brauchen. Immerhin<br />
haben wir aber nun die Gewissheit,<br />
dass sich Dinge ändern<br />
können, wenn es zwingend<br />
erforderlich ist.<br />
Second-hand<br />
Merchandise<br />
durch Siebdruckverfahren,<br />
„Mind<br />
the Moon“-<br />
Europa-Tour<br />
2020<br />
Milky Chance<br />
bei einer<br />
Cleanup-<br />
Aktion mit den<br />
Trash Heroes<br />
in Prag, „Mind<br />
the Moon“-<br />
Europa-Tour<br />
2020<br />
@milkychance_<br />
official<br />
milkychange.com<br />
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit SOS MEDITERRANEE entstanden.<br />
Menschenleben retten ist Pflicht<br />
Text Petra Krischok<br />
Fast jeden Tag ertrinken<br />
Menschen auf der Flucht über<br />
das Mittelmeer. In diesem<br />
Jahr sind im zentralen Mittelmeer<br />
bereits mindestens 720<br />
Kinder, Frauen und Männer<br />
ertrunken, die Dunkelziffer<br />
liegt weit höher.<br />
Klaus Vogel, Kapitän der Handelsschifffahrt<br />
und Historiker, hat vor fünf<br />
Jahren die zivile Seenotrettungsorganisation<br />
SOS MEDITERRANEE gegründet:<br />
„Es ist unmenschlich und skandalös,<br />
schutzsuchende Menschen im Mittelmeer<br />
wissentlich ertrinken zu lassen. Wir<br />
wollen keine derart tödliche europäische<br />
Außengrenze. Denn auf dem Mittelmeer<br />
wird Recht gebrochen. Das ist inakzeptabel<br />
und Europa unwürdig.“<br />
Die Pflicht, Schiffbrüchige auf See zu<br />
retten, ist im Völkerrecht verankert. Doch<br />
die zivilen Seenotrettungsorganisationen<br />
wurden 2020 durch die Festsetzung ihrer<br />
Rettungsschiffe viele Monate lang davon<br />
abgehalten, Menschen aus Seenot zu retten.<br />
Auch SOS MEDITERRANEE konnte<br />
über vier Monate lang nicht mit ihrem<br />
Rettungsschiff, der Ocean Viking, in den<br />
dringend notwendigen Einsatz fahren.<br />
„Rettungsschiffe wie die Ocean Viking<br />
können der humanitären Katastrophe auf<br />
dem Mittelmeer begegnen“, sagt Verena<br />
Papke, Geschäftsführerin von SOS MEDI-<br />
TERRANEE Deutschland. „Unsere Arbeit<br />
ist unverzichtbar, denn die staatliche<br />
europäische Seenotrettung wurde aus politischen<br />
Gründen Schritt für Schritt eingestellt.<br />
So werden die vielzitierten Werte<br />
Europas zur Makulatur.“ Denn statt selbst<br />
zu retten, bezahlt die EU Libyen, mit ihrer<br />
Küstenwache die flüchtenden Menschen<br />
abzufangen. Sie werden nach Libyen in<br />
Internierungslager zurückgebracht – in<br />
den Kreislauf aus Gewalt und Ausbeutung.<br />
„Das ist Völkerrechtsbruch, keine<br />
Rettung!“, empört sich Verena Papke.<br />
Das zentrale Mittelmeer ist zur tödlichsten<br />
Fluchtroute der Welt geworden.<br />
Und auch im Winter fliehen verzweifelte<br />
Menschen weiter in überbesetzten,<br />
seeuntauglichen Booten und geraten in<br />
Seenot. „Nahrung und Wasser sind meist<br />
nach 24 Stunden verbraucht“, berichtet<br />
Verena Papke. „Die leistungsschwachen<br />
Motoren versagen, Wasser dringt ein, die<br />
Menschen sind stark unterkühlt und in<br />
der langen Dunkelheit orientierungslos<br />
und in Todesangst.“<br />
An Land wird bei Unfällen vom<br />
Rettungsteam nicht gefragt, ob jemand<br />
den Unfall selbst verschuldet hat, woher<br />
ein Unfallopfer kommt oder wohin es<br />
will. Nichts anderes tun die zivilen<br />
Seenotretter: Sie sind die Sanitäter des<br />
Mittelmeeres, sie retten Menschenleben,<br />
weil die Staaten sich aus ihrer Verantwortung<br />
gezogen haben. Seit ihrer Gründung<br />
2015 hat SOS MEDITERRANEE 31.799<br />
Menschen vor dem Ertrinken gerettet.<br />
Für diese Arbeit ist die gemeinnützige<br />
Nichtregierungsorganisation auf die<br />
Unterstützung der Zivilgesellschaft<br />
angewiesen. Auf Menschen, die ihre<br />
humanitären Werte nicht über Bord<br />
gehen lassen wollen. Die Hilfsorganisation<br />
SOS MEDITERRANEE finanziert ihr<br />
Schiff und ihre Arbeit über Spenden.<br />
Helfen Sie mit, Kinder, Frauen und<br />
Männer im Mittelmeer vor dem<br />
Ertrinken zu retten. Spenden Sie jetzt!<br />
SOS MEDITERRANEE<br />
IBAN: DE 04 1005 0000 0190 4184 51<br />
BIC: BELADEBEXXX<br />
Stichwort: Hilfe für Menschen in Seenot<br />
FOTO: ANNA PSAROUDAKI