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Nachrücker ist eine Wundertüte
Unterhaching wagt
neuen Anlauf ohne
Stars, aber mit
Perspektivspielern
Wenn alle zwei Jahre das Talente-Team
des Internats VC Olympia
Berlin in der Bundesliga aufschlägt,
ist meist schwer einzuschätzen,
was die Youngster im
Kreis der Erwachsenen zu leisten
imstande sind. In der Saison
2020/21 ist nun noch eine
Mannschaft dabei, die erst recht
als eine „Wundertüte“ bezeichnet
werden kann: der TSV Unterhaching,
Rückkehrer in die
Beletage nach sechs Jahren.
Der TSV Unterhaching hat so
gut wie nichts gemein mit den
AlpenVolleys Haching, die in
den letzten drei Jahren die Bundesliga
aufmischten. Der TSV
war lediglich Lizenzgeber für
das österreichisch-deutsche
Konstrukt im Grenzgebiet, Unterhaching
spielte als AlpenVolleys
II in der 2. Liga Süd. Als jetzt
die Österreicher das Projekt beendeten,
wäre der deutsche Teil
normalerweise unter dem Namen
des Stammvereins TSV Unterhaching
in der 2. Liga verblieben.
Doch das Erstliga-Feld
schmolz auf zehn Clubs (inklusive
VCO Berlin) zusammen und
der TSV bekam die Chance, aufzurücken.
Die Bayern haben den Mut,
mit einem Minimal-Etat diesen
Schritt zu gehen, einem Etat, der
kaum größer ist, als eigentlich
im Masterplan der Liga vorgesehen
(250 000 Euro). Und immerhin
ist ja die Infrastruktur u.a.
mit der 1512 Zuschauer fassenden
Bayernwerk Sportarena vorhanden.
Dort spielten zuletzt
EX-NATIONALSPIELER ERSTMALS CHEFCOACH
Start der zweiten Karriere
Der bisherige Chefcoach in
der 2. Liga, Stanislav Popov,
trägt auch künftig die Verantwortung,
doch der Tscheche
bekommt prominente Unterstützung:
Patrick Steuerwald.
125 Länderspiele hat der ehemalige
Zuspieler bestritten,
war außer in Deutschland auch
Profi in Polen, Italien und
Frankreich, nachdem seine
Karriere einst
bei Generali
Haching
Fahrt aufgenommen
hatte – mit
den Münchner
Vorstädtern wurde
der heute 34-Jährige
dreimal Pokalsieger.
2015 kehrte „Nano“,
Simeon Topuzliev (l.), Roy Friedrich (M.) und Benjamin Thom (r.) spielen schon länger für Unterhaching
und bilden nun auch das Gerüst für das neue Team.
Foto: imago
so sein Spitzname, in die Bundesliga
zurück, spielte zwei Jahre
in Herrsching, dann in Frankfurt.
Im April 2018 verletzte er
sich so schwer am Sprunggelenk,
dass er seine Karriere
letztlich nach einem vergeblichen
Comeback-Versuch beenden
musste.
Steuerwald schnupperte zunächst
als Assistent von Michael
Warm bei Österreichs
Nationalteam in den Trainerjob
rein und wurde dann 2019 Co-
Trainer in Friedrichshafen, als
Frankfurts Chefcoach Warm an
den Bodensee wechselte. Als
dann in diesem Frühsommer
das Angebot aus Unterhaching
kam, nahm Steuerwald gerne
an, weil er längst im Münchner
Umland verwurzelt ist. Nun will
er richtig in die zweite Karriere
starten. re
auch meist die AlpenVolleys.
Für die 2014 aufgestiegene
SVG Lüneburg kommt es also zu
einem völlig neuen Duell, denn
just in jenem Sommer beantragten
die Münchner Vorstädter
nach vielen erfolgreichen Jahren
keine Lizenz mehr. Nun wagten
sie die Rückkehr nicht zuletzt
deshalb, weil der Abstieg aus der
Bundesliga für eine Saison ausgesetzt
ist und somit zwei Jahre
Zeit ist, wirklich bundesligataugliche
Bedingungen zu schaffen,
ein konkurrenzfähiges
Team aufzubauen und einen
Pool von Sponsoren zu akquirieren.
Denn den Fehler wie damals,
ganz auf einen Großsponsor
(Versicherung Generali) als
Fundament zu bauen, will der
TSV nicht wiederholen. „Das
zweite Haus, das man baut, wird
immer besser als das erste“, so
Mihai Paduretu, früher der Trainer,
inzwischen der Geschäftsführer.
Der gebürtige Rumäne arbeitet
nun auch im Umfeld daran,
dass das neue Projekt keine
One-Man-Show wird. Basis ist
dabei die gute Nachwuchsarbeit
– die U20 wurden in den letzten
Jahren immerhin zweimal Deutscher
Meister. Die Talente sollten
ursprünglich in zwei bis drei
Jahren die Rückkehr in die Bundesliga
anpeilen. Nun haben einige
von ihnen die Chance beim
Schopf gepackt und sind von unterklassigen
Vereinen aus der
Region und/oder deren Jugendteams,
wo sie Spielpraxis sammeln
sollten, zurückgekehrt.
So enthält der 14er-Kader
auch 16-/17-jährige Perspektivspieler,
die teils noch jünger sind
als die des VC Olympia Berlin.
Musterbeispiel dafür ist Libero
Leonard Graven (Jg. 2004),
Stammspieler der U18-Nationalmannschaft
bei der EM im Spätsommer.
„Zielsetzung ist, dass
sich die Mannschaft entwickelt.
Der Tabellenplatz ist da erst einmal
zweitrangig“, so Geschäftsführer
Paduretu.
Immerhin sind bei den Planspielen
auch einige Spieler mit
mehr Erfahrung dabei, so die
Brüder Jonas und Benedikt
Sagstetter. Jonas (21) war zuletzt
zweiter Zuspieler in Herrsching,
Benedikt (19) war Außenangreifer
in Eltmann. Als vielversprechende
Talente gelten auch die
aus dem Zweitliga-Kader übernommenen
Eric Paduretu (21,
Zuspieler, Sohn des Geschäftsführers)
und Simeon Topuzliev
(Bulgare, 18, Außenangriff). Routiniers
sind dagegen der Rumäne
George Alexandru Zahar (Diagonalangreifer,
26), TSV-Topscorer
in der 2. Liga, und Oldie Benjamin
Thom (Mittelblock, 37),
vor zehn Jahren schon im TSV-
Bundesligakader.
Bekanntester Akteur ist aber
Kapitän Roy Friedrich. Der
32-jährige Mittelblocker wollte
jetzt eigentlich seine Karriere
beenden, nun lockt nochmal die
1. Liga. Als Youngster lief der
2,02-Meter-Mann einst schon
für Unterhaching auf, gewann
mit dem Team dreimal den DVV-
Pokal. re