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der gemeinderat Juni 2019

Unsere Themen in der Juni-Ausgabe: Bezahlter Wohnfraum, Flächenvergabe, Bautätigkeiten, Blau-grüne Infrastruktur uvm.

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Umwelt & Verkehr<br />

Abwasserentsorgung<br />

Umwelt & Verkehr<br />

Mikrokunststoff<br />

Plastikpartikel bereiten Probleme<br />

Mikroplastik aus Kosmetik und Haushalt gelangt auch über das Abwasser in<br />

die Fließgewässer. Die kommunalen Kläranlagen können einen Großteil <strong>der</strong><br />

Kunststoffpartikel zurückhalten. Gleichwohl sind weitere Anstrengungen erfor<strong>der</strong>lich,<br />

um den Umweltschutz zu verbessern.<br />

Ziel <strong>der</strong> Abwasserbehandlung ist die<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Schmutzfrachten<br />

im Abwasser mittels mechanischen,<br />

biologischen und chemischen<br />

Behandlungsverfahren. Negative ökologische<br />

Auswirkungen auf die als Vorfluter<br />

genutzten Binnengewässer zum Beispiel<br />

durch Eutrophierung (Anreicherung von<br />

Nährstoffen) werden mit <strong>der</strong> Abwasserbehandlung<br />

vermieden beziehungsweise<br />

deutlich reduziert.<br />

Seit einigen Jahren sind über die konventionelle<br />

Abwasserbehandlung hinaus<br />

weitergehende Anfor<strong>der</strong>ungen hinzugekommen,<br />

wie beispielsweise die Reduzierung<br />

von Mikroschadstoffen im Abwasser<br />

mittels vierter Reinigungsstufe. Oft im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Mikroschadstoffe diskutiert,<br />

aber eigentlich ein ganz eigenständiges<br />

Thema, ist die Rolle <strong>der</strong> Siedlungsentwässerung<br />

und <strong>der</strong> Abwasserbehandlung für<br />

den Eintrag von Kunststoffen in die aquatischen<br />

Ökosysteme. Zunehmend richtet<br />

sich <strong>der</strong> politische und wissenschaftliche<br />

Fokus auf den Eintrag in Fließgewässer<br />

und auf die immer kleineren Partikel, die<br />

als sekundäre Mikrokunststoffe aus <strong>der</strong><br />

Fragmentierung <strong>der</strong> Kunststoffprodukte<br />

entstehen o<strong>der</strong> zum Teil als primäre Mikrokunststoffe<br />

direkt in dieser Größenordnung<br />

produziert und eingesetzt werden.<br />

Unter Mikrokunststoffen (Mikroplastik)<br />

versteht man hierbei in <strong>der</strong> Regel Partikel<br />

kleiner fünf Millimeter.<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Relevanz <strong>der</strong><br />

Entwässerungssysteme für den Eintrag von<br />

Kunststoffen in Fließgewässer und letztlich<br />

in die Meere und Ozeane sind zwei<br />

wesentliche Aspekte zu beachten. Zum<br />

einen werden kunststoffhaltige Produkte<br />

und Verpackungen über verschiedenste<br />

Anwendungen im Haushalt mit dem<br />

Schmutzwasser entsorgt und bilden damit<br />

eine eigenständige, direkt abwasserbezogene<br />

Quelle. Hierzu zählen Einträge über<br />

das Grauwasser (fäkalienfreies Abwasser),<br />

zum Beispiel Fragmente von Obstnetzen,<br />

Kleidungsfasern und -applikationen, primäre<br />

Mikrokunststoffe in Reinigungs- und<br />

Kosmetikprodukten sowie Einträge über<br />

das Schwarzwasser (Abwasser aus Toilet-<br />

Nachklärbecken: Kommunale Kläranlagen<br />

halten Mikro- und Makrokunststoffe<br />

im Regelfall zwar weitgehend zurück,<br />

sind aber zum Beispiel bei Extremnie<strong>der</strong>schlägen<br />

mitunter überlastet.<br />

Foto: Werner/Adobe Stock<br />

ten), zum Beispiel Damen-Hygieneartikel,<br />

Feuchttücher o<strong>der</strong> Wattestäbchen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en gelangt Kunststoff meist<br />

landbasiert in die Umwelt, also etwa in<br />

Form von Littering an Stränden, auf Straßen,<br />

Plätzen o<strong>der</strong> sonstigen Flächen. Das<br />

Einzugsgebiet für den Eintrag in die aquatischen<br />

Ökosysteme ist hier <strong>der</strong> entscheidende<br />

Faktor.<br />

Bei den Fließgewässern ist zunächst das<br />

Einzugsgebiet in <strong>der</strong> Regel auf einen engen<br />

Raum <strong>der</strong> Gewässerrandstreifen um die<br />

Uferbereiche begrenzt. Der Eintrag erfolgt<br />

hier über Verwehungen und Einschwemmungen.<br />

Flächenbezogen wird dieses jedoch<br />

deutlich erweitert, betrachtet man die<br />

Einleitungen aus Entwässerungssystemen<br />

in die Fließgewässer als Vorfluter. Die Siedlungsstrukturen<br />

in den deutschen Städten<br />

und Gemeinden sind weitestgehend an<br />

Trenn- o<strong>der</strong> Mischkanalisationen angeschlossen.<br />

Verdeutlicht man sich dieses<br />

Bild hinsichtlich <strong>der</strong> Flächenabdeckung<br />

für das gesamte Bundesgebiet, zeigt sich<br />

das Potenzial von Entwässerungssystemen<br />

für den Eintrag von landbasierten Kunststoffen<br />

über die Nie<strong>der</strong>schlagserfassung.<br />

Was passiert mit Makro- und Mikrokunststoffen<br />

in den kommunalen Kläranlagen?<br />

Erste Untersuchungen in den Abläufen<br />

zeigen sehr hohe Rückhaltegrade von<br />

meist über 97 Prozent für Kunststoffpartikel<br />

größer ein Millimeter sowohl massenals<br />

auch stückzahlbezogen. Der Großteil<br />

<strong>der</strong> Kunststoffe gelangt allerdings in den<br />

Klärschlamm (Mikrokunststoffe 1–5 mm)<br />

o<strong>der</strong> in das Rechengut (Makrokunststoffe).<br />

Werden diese Stoffströme landwirtschaftlich<br />

verwertet o<strong>der</strong> deponiert, ergeben<br />

sich damit dennoch Expositionen in die<br />

Umwelt. Ausschließlich die thermische<br />

Verwertung <strong>der</strong> Stoffströme garantiert eine<br />

sichere Entsorgung <strong>der</strong> Kunststofffrachten.<br />

MISCH- UND TRENNKANALISATION<br />

Für Mikrokunststoffe kleiner ein Millimeter<br />

sind ebenfalls erste Daten über den<br />

Rückhalt in kommunalen Kläranlagen<br />

aus dem Projekt „MiKaMi“ bekannt. Hier<br />

zeigten sich massenbezogene Reduktionen<br />

von 99 Prozent im Ablauf <strong>der</strong> Nachklärung<br />

und 99,99 Prozent im Ablauf <strong>der</strong> Schlussfiltration<br />

mit einem Sandfilter gegenüber<br />

dem Zulauf bei einer unteren Partikelgrenze<br />

von 20 Mikrometer.<br />

Im För<strong>der</strong>schwerpunkt „Plastik in <strong>der</strong><br />

Umwelt“ des Bundesforschungsminsietriums<br />

(BMBF) werden hierzu in zahlreichen<br />

Projekten umfangreiche Untersuchungen<br />

durchgeführt. Mit ersten Ergebnissen ist<br />

in diesem Jahr zu rechnen. Es ist sehr<br />

wahrscheinlich, dass mit den laufenden<br />

Forschungsvorhaben ein weitgehen<strong>der</strong><br />

Rückhalt von Makro- und Mikrokunststoffen<br />

in kommunalen Kläranlagen bestätigt<br />

wird. Sie stellen damit eine wichtige Senke<br />

in den Entwässerungssystemen dar.<br />

Aber ist damit das Problem keinesfalls<br />

gelöst. Zwar wird <strong>der</strong> Großteil des Abwassers<br />

den kommunalen Kläranlagen<br />

zugeführt, dennoch wird insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei Mischkanalisationen ein Teil <strong>der</strong> Kunststofffrachten<br />

über Entlastungen <strong>der</strong> Entlastungsbauwerke<br />

in die Vorfluter eingeleitet.<br />

Beson<strong>der</strong>s bei den Nie<strong>der</strong>schlagseinleitungen<br />

gehen sowohl <strong>der</strong> Eintrag als auch die<br />

Entlastung mit Starknie<strong>der</strong>schlägen einher<br />

und werden so einer Behandlung in den<br />

Kläranlagen entzogen.<br />

Bei Trennkanalisationen existieren in<br />

den meisten Fällen keinerlei (für Kunststoffe<br />

wirksame) Rückhaltemaßnahmen<br />

in den Nie<strong>der</strong>schlagskanälen. In beiden<br />

Fällen bedarf es künftiger Anstrengungen<br />

zur Entwicklung technischer Rückhaltemaßnahmen.<br />

Marco Breitbarth<br />

INNOVATIVE KLÄRVERFAHREN<br />

Kommunalen Kläranlagen gelingt es mit<br />

den <strong>der</strong>zeitigen drei Reinigungsstufen<br />

nicht o<strong>der</strong> nur teilweise, Spurenstoffe<br />

und Mikroplastikpartikel aus dem<br />

Abwasser zu entfernen. Auf Kläranlagen<br />

mit <strong>der</strong> vierten Reinigungsstufe ist <strong>der</strong><br />

Reinigungsprozess bis dato mit hohen<br />

technischen, energetischen und finanziellen<br />

Aufwänden verbunden. Im Projekt<br />

„Wasser 3.0“ (www.wasserdreinull.<br />

de) forschen Wissenschaftler und Unternehmen<br />

aus den Bereichen Chemie<br />

und Anlagenbau an „Lösungen mit dem<br />

Ziel, null Schadstoffe im Wasser zu<br />

hinterlassen“. Kern des Konzepts sind<br />

anorganisch-organische Hybridkieselgele<br />

auf <strong>der</strong> Basis von Siliziumdioxid.<br />

DER AUTOR<br />

Dr.-Ing. Marco Breitbarth ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Forschungsinstitut<br />

für Wasser- und Abfallwirtschaft<br />

an <strong>der</strong> RWTH Aachen (FiW)<br />

(breitbarth@fiw.rwth-aachen.de)<br />

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