Gabys Natur-Tagebuch Der Tierlibaum, der seinem Namen alle Ehre macht Kornelkirsche (Cornus mas) in Blüte Von unheimlichem Geschrei im nächtlichen Wald, Unken, die zum Trotz rufen, und dem Hasel, der immer früher blüht. 20 <strong>NATURZYT</strong>
der Lenz ist da», heisst es in einem deutschen Lied aus den 1920er Jahren, das daran erinnert, welche «Veronika, Bezeichnung früher auch hierzulande für die erste Jahreszeit verwendet worden war. Der <strong>März</strong> galt als der Lenzmonat, und wenn mein Grossvater vom Hornung sprach, so meinte er damit den Februar. Beide Monate stehen für das Frühlingserwachen in der Natur, welches auch die Paarungszeit in der Tierwelt einläutet. So können wir beispielsweise nachts noch bis in den Februar hinein während der Ranzzeit das Bellen und Keckern der Füchse vernehmen. Von ihnen heisst es, dass sie sich anhand von sage und schreibe vierzig unterschiedlichen Lauten verständigen können. Der eindrücklichste dieser Kontaktlaute ist für mich der heisere Schrei. Ich weiss noch, als wäre es gestern gewesen, wie mich einst ein solch heiserer Warnschrei mitten im Wald in einer hellen Mondnacht beinah zu Tode erschreckte. Ich kehrte damals gerade aus der Grossstadt zurück und kannte diesen eindringlichen, menschenähnlichen Schrei noch nicht. <strong>Das</strong> kann einem dann schon durch Mark und Bein gehen. Aber auch die Frösche und Kröten können im Frühling ganz schön laut werden; vor allem wenn es darum geht, Weibchen anzulocken. In einem milden Frühjahr kann es nach einem warmen Regen vorkommen, dass sich die Lurche bereits Anfang Februar auf den Weg zu den Laichgewässern machen. Bei den Ersten mit dabei sind die Springfrösche, später kommen die Gras- und Moorfrösche. Von Mitte <strong>März</strong> bis Anfang April machen sich dann die Erdkröten auf den Weg, meist in Massenwanderungen. Wasser- und Laubfrösche sowie Unken und Kreuzkröten gehören zu den «Spätzündern» und beginnen mit dem Laichen erst gegen Ende April oder sogar im Mai. Übrigens gibt es ein geflügeltes Wort in Zusammenhang mit den Unken: «Allen Unkenrufen zum Trotz…» will heissen, dass etwas trotz pessimistischer Vorhersage nicht eingetroffen ist. Was aber mit Sicherheit eintritt, sind meine Augenentzündungen im zeitigen Frühjahr. Im Verdacht habe ich da seit Längerem unseren Haselnusshain. Dank der stets milder werdenden Winter weht der goldene Haselstaub immer öfters bereits Mitte Januar aus den männlichen Blütenkätzchen. Tatsächlich hat man festgestellt, dass die Hasel tendenziell immer früher blüht. So beispielsweise im 2018, als die Haselblüte ganze 22 Tage früher als noch in den 1950ern einsetzte. Der Haselnussstrauch gehört als Frühblüher zu den wichtigen ersten Pollenlieferanten für Honig- und Wildbienen. Allerdings haben diese es nur auf die männlichen Kätzchen abgesehen, denn die weiblichen Blüten können weder Duft noch Nektar anbieten. Auch die Kornelkirsche (Cornus mas) ist ein wichtiger Frühblüher. Dieses wertvolle einheimische Gehölz ist auch bekannt als Tierlibaum oder Gelber Weidenkätzchen Hartriegel und blüht im <strong>März</strong>/April, manchmal sogar noch vor der Forsythie. Im Gegensatz zu der Forsythie ist aber die Kornelkirsche eine wichtige Nektarlieferantin und erfreut uns nicht nur im Frühling mit ihren Tausenden von goldgelben, nach Honig duftenden Blüten. Auch im Herbst wartet sie dank ihrer leuchtend orange-gelb-roten Früchte gleich nochmals mit einem Feuerwerk an Farben auf. Im Garten eignet sich der Tierlibaum auch als regelmässig geschnittene Hecke. Unsere eigene, über 35 Jahre alte Kornelkirsche habe ich in der Höhe nie beschnitten, und so ist sie zu einem stattlichen, rund 6 Meter hohen Strauch herangewachsen. Zur selben Zeit pflanzte ich damals Mitte der Achtziger unsere Weide. Sie sollte Bestandteil einer Hecke aus einheimischen Sträuchern werden. Unterdessen hat sich zwar herausgestellt, dass man uns die Weide dazumal irrtümlich als «einheimisch» verkauft hatte, doch ihre wunderschönen Kätzchen sind trotzdem beliebt bei Tausenden von Bienen. Man hört das Summen und Brummen jeweils schon von Weitem. Geniessen wir den Frühling mit allen Sinnen: die Farben der ersten Frühlingsblumen, das Singen der Amseln, der Geschmack von Bärlauch und der Geruch von frisch aufgebrochener Erde und dem ersten gemähten Gras! Herzlichst, eure Gaby Gaby Kistler – Naturvermittlerin mit Leib und Seele Auf ihrer Homepage www.naturtagebuch.ch und der gleichnamigen FacebookSeite zeigt Gaby, was es im Laufe der Jahreszeiten in Wäldern und Wiesen vor unserer Haustüre so alles zu entdecken gibt. Sie lebt am Ricken pass, wo sie einen Gemüse, Obst, Beeren und Heilkräutergarten pflegt. So findet man auf ihren Seiten auch Tipps für den Garten, zum Einmachen, zur Verwertung von Wildfrüchten und vieles mehr. NATUR ERFAHREN <strong>NATURZYT</strong> 21