2021/03 - FRIZZ Magazin
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WASCH<br />
TAG<br />
Jochen Weis in einem der frisch geschrubbten Becken des Donaubads. | Foto: Stefanie Müller<br />
coronabedingt schon seit<br />
2. November geschlossen,<br />
Waschtag also nur für unser<br />
Modell. Ganz schön<br />
leer ist das Bad momentan<br />
– das war zumindest<br />
gut, um einmal ordentlich<br />
durchgeschrubbt zu werden.<br />
Alle Becken wurden<br />
gründlich gereinigt, Fließenfugen gezogen<br />
und auch die Decken geputzt: „Da<br />
fahren wir mit Raupe und Leiter in den<br />
Becken rum und bringen alles auf Hochglanz“,<br />
erzählt Jochen Weis, Geschäftsführer<br />
des Donaubads. „Nur im Außenbereich<br />
haben wir noch Wasser in den<br />
Becken, zum Frostschutz für die Fliesen<br />
und als Gegengewicht zum Hochwasser.<br />
Da baden aber momentan höchstens mal<br />
ein paar Enten drin“, lacht er. Natürlich<br />
sind alle im Donaubad gerüstet, wenn<br />
es endlich wieder losgehen kann. „Momentan<br />
fühlt es sich ganz falsch an, ein<br />
Erlebnisbad ohne Gäste“, so Weis. „Wir<br />
hoffen, dass wir in diesem Jahr als erstes<br />
das Freibad öffnen können, sobald wir<br />
dürfen.“ Normalerweise geht es Mitte<br />
Mai los, weil das Team erst die Eissportanlage<br />
abbauen muss, da die Saison aber<br />
vorzeitig beendet wurde, könnte es schon<br />
früher wieder mit dem Badevergnügen<br />
losgehen. Für die Eislaufanlage gibt es<br />
übrigens auch neue Pläne: „Wir wollen einen<br />
Bodenbelag verlegen, so dass im Sommer<br />
Inlineskating und Rollschuhdiscos<br />
stattfinden können, da sind wir gerade in<br />
der Planung“, verrät Weis.<br />
22<br />
NACKT HERUMSPRINGEN<br />
IST VERBOTEN<br />
Der schwäbische Sinn für Sauberkeit ist<br />
aber noch weit älter, als die Kehrwoche.<br />
Die Möglichkeit, Kleidung, Geschirr<br />
und nicht zuletzt uns selbst zuhause waschen<br />
zu können, nehmen wir heute als<br />
gegeben hin. Doch zu Zeiten ohne fließendes<br />
Wasser auf den meisten privaten<br />
Grundstücken und ohne ausgebaute<br />
Kanalisation, sah das ganz anders aus.<br />
Neben Gewässern wie Seen oder der Donau<br />
traten im Mittelalter zunehmend<br />
öffentliche Bäder und Badestuben in den<br />
Mittelpunkt. Neben der Körperhygiene<br />
sowie der Haar- und Bartpflege wurden<br />
hier auch medizinische Leistungen angeboten.<br />
Der Hauptaufgabenbereich der<br />
sogenannten Bader lag vor allem in der<br />
Wundversorgung. Auch das Aderlassen<br />
und Schröpfen wurde hier durchgeführt.<br />
Die Badestuben waren außerdem ein Ort<br />
der Geselligkeit und Zusammenkunft.<br />
Und obwohl es hier recht freizügig zuging,<br />
herrschte außerhalb der Badestuben<br />
Zucht und Ordnung. Ein damaliges<br />
Gesetz lautete: „Es ist verboten, nackend<br />
über die Straßen beim Badehaus zu springen”.<br />
Wer dagegen verstieß, sah sich mit<br />
harten Strafen konfrontiert.<br />
Ulm verfügte über eine beachtliche Anzahl<br />
solcher Bäder. Eines davon befand<br />
sich mitten im Fischerviertel. Das Gebäude<br />
des „Stegbads“ wurde 1417 errichtet.<br />
Heute befindet sich in dem Haus das Restaurant<br />
Tanivera. Bei den Renovierungsarbeiten<br />
Ende der 70ger-Jahre wurde<br />
die Heizanlage des einstigen „Stegbads“<br />
entdeckt. Ebenso wie ein im Fußboden<br />
eingelassener ehemaliger Badetrog und<br />
der alte Ziehbrunnen wurde auch in die<br />
damalige Konzeption der Räume miteinbezogen.<br />
Neben den innerstädtischen<br />
Badestuben fanden sich natürlich auch<br />
zahlreiche am Ufer der Donau. Das aus<br />
dem Fluss geschöpfte Wasser wurde hier<br />
nicht nur zur Körperhygiene verwendet,<br />
sondern auch zum Wäschewaschen genutzt.<br />
DURCHSCHRUBBEN<br />
IM DONAUBAD<br />
Auch wenn die Zeiten der Ulmer Badehäuser<br />
längst vorbei sind, wird auch<br />
heute noch öffentlich gebadet. Natürlich<br />
hat das nicht mehr viel mit Reinlichkeit,<br />
sondern mit Freizeitgestaltung, Spaß<br />
und Sport zu tun. Der Ursprung ist allerdings<br />
der gleiche und daher war das Neu-<br />
Ulmer Donaubad auch die erste Wahl bei<br />
der Fotolocation für den<br />
<strong>FRIZZ</strong>-Titel. Das Bad hat<br />
FUN FACT:<br />
Die ersten Schritte<br />
in Richtung<br />
Kanalisation<br />
unternahm Ulm Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts.<br />
KEINE ROMANTIK<br />
IM WASCHSALON<br />
Ebenso wie es heute keine Badestuben<br />
mehr gibt, sind auch die Zeiten vom Wäschewaschen<br />
am Fluss längst passé. In<br />
den meisten Wohnungen findet sich heute<br />
eine Waschmaschine. Und wer keine<br />
hat, besucht einfach einen Waschsalon.<br />
Zahlreiche Werbungen, Filme und Serien<br />
suggerieren uns, dass man hier nicht nur<br />
Kleidung reinigt, sondern Waschsalons<br />
auch ideal dafür geeignet sind, die große<br />
Liebe zu finden. Hollywood eben. In<br />
Wirklichkeit passiert aber meist nur eins:<br />
Menschen kommen, waschen, warten<br />
und gehen wieder. In den Ulmer und Neu-<br />
Ulmer Waschsalon-Niederlassungen von<br />
Eco-Express ist das nicht anders. Unterhaltungen<br />
zwischen den Anwesenden<br />
sind die Ausnahme. Während die Wäsche<br />
in der Maschine ihre Runden dreht,<br />
sitzen die meisten auf einem der weißen<br />
Plastikstühle und lesen in<br />
Zeitschriften, hören Musik<br />
oder starren auf ihr Smartphone.<br />
Die Atmosphäre<br />
lässt sich vielleicht am<br />
ehesten mit der im Wartezimmer<br />
beim Arzt vergleichen.<br />
Was beim Betreten eines<br />
Salons sofort auffällt ist,<br />
dass alles sehr schlicht gehalten<br />
ist. Außer den Waschmaschinen<br />
und Trocknern stehen einige Plastikstühle<br />
bereit. Ein Süßigkeiten-Automat<br />
wie in Neu-Ulm ist die Ausnahme. Das