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Berchtesgaden / Schneewinkel-Lehen
Im Jahr 1945 flieht meine Großmutter, nachdem ihr
Mann von den Russen verschleppt worden war, nach
Berchtesgaden, genauer nach Schneewinkel-Lehen.
Dieses bäuerliche Anwesen hatte einer Familie Berliner
gehört, die, weil sie Juden waren, ihren Besitz den Nazis
überlassen mussten. Himmler, Reichsführer der SS und
zuständig für die Konzentrationslager, machte das sehr
schöne Anwesen zu seiner Sommerresidenz.
Nach der Niederlage mussten die Nazis das Anwesen
wieder zurückgeben und eine Familie Bever zog ein,
die Apa im Alter von 57 im Juni 1948 aufnahm. Meine
Eltern hatten anfangs wenig Geld und so verbrachten
wir unsere Urlaube immer bei den Groß eltern: In Munkbrarup
oder in Berchtesgaden, dem nördlichsten Teil
Deutschlands und dem süd lichsten.
Ich erinnere mich daran, dass wir in Schneewinkel-
Lehen dem Bauer beim Heuen halfen, dass ich mit
Frau Bever und ihrem Schäferhund Gyp lange Spaziergänge
unternahm oder dass Klaus und ich auf dem
Holzgeländer von Apas Balkon unsere Wiking-Autos
fahren ließen. Ich malte unzählige Bilder vom Watzmann
(zweithöchster Berg in Deutschland) und seinen
sieben Kindern, auf den wir von der Wohnung bei gutem
Wetter sehen konnten. Es sind vor allem die Gerüche des
trocknen Grases, des Strohs, der Kühe und Schweine,
an den feinen Geruch des ersten Schnees oder den Duft
des Nadelholzwaldes bei Regen, die bis heute dafür
sorgen, dass diese Zeit bei mir immer wieder wach wird
und sich bis heute in mir eingebrannt hat.
Ich denke gerne
zurück. Apa kochte
manchmal tagelang
hintereinander
„Makkaroni mit
Schinken“, weil
Klaus das so mochte.
Bei Apa fühlten wir
uns gut aufgehoben
und geborgen.
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