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Ina
Meine Mutter hielt nie viel vom Backen, Stricken oder
Nähen. Auch der Haushalt musste möglichst effektiv
erledigt werden, was ihr hervorragend gelang. Sie stand
mit meinem Vater früh morgens auf, frühstückte mit ihm
und entließ uns in die Schule. Dann ging sie wieder ins
Bett, las Zeitung und döste nochmals.
Nach ein wenig Putzen und Waschen fuhr sie meist mit
dem Auto in die Stadt, um die Besorgungen für das
Mittagessen zu machen. Die damit verbundenen Sozialkontakte
suchte sie jeden Tag. Um halb Eins stand ein
leckeres Mittagessen auf dem Tisch und meist aßen wir
alle zusammen. Hans legte sich dann mit ihr zu einem
kurzen Mittagsschlaf auf den Balkon, um nach etwa
20 Minuten wieder in das Geschäft zu gehen. Von der
Erchenstraße ging er zu Fuß, später vom Mittelrain mit
dem Auto.
Und Ina legte sich wieder ins Bett, um den Mittagsschlaf
noch etwas auszudehnen. Gegen 4 Uhr ging sie dann auf
den Tennisplatz, um heiße Matches zu spielen. Vor allem
Mixed liebte sie. Rechtzeitig vor dem Abendessen kam
sie zurück und wir aßen wieder zusammen.
Wir hatten bis dahin selbstständig unsere Hausaufgaben
erledigt und uns beschäftigt. Ich kann mich nicht
erinnern, dass sie mal mit uns gespielt hätte. Abends
kamen dann häufig noch Gäste, oft auch Voithkunden,
die Hans betreuen musste. Es gab dann kleine Schnittchen,
Weißbrot, Pumpernickel mit etwas Wurst oder
Käse drauf. Nie hatte sie überlegt, selber nochmals
berufstätig zu werden.
Warum auch bei diesem Leben. Das Einkommen meines
Vaters reichte gut für den gesamten Haushalt und
meine Mutter konnte auch rechnen.
Lange Zeit schrieb sie alle Ausgaben
genau auf, mein Vater erhielt nur ein
Taschengeld. Später gingen wir dann
oft Essen, zu Freia Bozenhardt nach
Mergelstetten in den Hirsch und
aßen Schinkenpfannkuchen. Das
bezahlte dann mein Vater von seinem
Taschengeld.
Das Spannende an dieser Kneipe war,
dass dort auch immer meine Lehrer
ihren Stammtisch hatten.
Meine Mutter setzte sich für uns als
Elternbeirätin an den Schulen ein und kandidierte sogar
einmal für den Gemeinderat der Stadt Heidenheim.
Allerdings vergeblich, weil das eigentlich nicht ihr Ding
war. Später betreute sie dann meine Großmutter im
Hause. Aus heutiger Sicht würde man sagen, sie sei ja
gar nicht emanzipiert gewesen, es hätte keine Gleichstellung
von ihr und meinem Vater gegeben.
Sicher richtig. In den 50er und 60er Jahren galt in
Deutschland noch, dass der Mann der Haushaltsvorstand
war und Frauen nur im Einvernehmen mit dem
Mann berufstätig sein konnten. Nur etwa ein Drittel der
Frauen war berufstätig. Der große Vorteil war, dass sich
beide nie darum stritten, wer putzen, wer einkaufen
oder wer für das Einkommen zuständig war. Das war von
vorneherein geklärt.
Ina war eine starke Partnerin, die mein Vater selbst bei
Voiththemen einweihte und um Rat bat. Gefürchtet
waren ihre Urteile über andere Personen, weil sie diese
auch immer offen und ehrlich verkündete, was ihrer
Beliebtheit aber keinen Abbruch tat.
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