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Galgenberg
Nachdem mein Vater noch bei Apparatebau Rothemühle
über Olpe und bei Gebrüder Wagner, einer Dampfkesselfabrik
in Stuttgart Bad-Cannstatt, gearbeitet
hatte, erhielt er im Januar 1955 ein Einstellungsangebot
bei Voith in Heidenheim. Ein Jahr lang durfte er in allen
Abteilungen schnuppern, ohne wirklich arbeiten zu
müssen.
Dieses Angebot war so attraktiv, dass meine Eltern trotz
wenig Begeisterung meiner Mutter, nach „Schwäbisch
Sibirien“, wie man die Ostalb damals nannte, umzogen.
Wir zogen auf den Galgenberg in die Sebastian-Kneipp-
Straße in eines der ersten Häuser im Wohngebiet. Die
Vermieter waren Rumäniendeutsche namens Rill, die
als Flüchtlinge hier ihre neue Heimat nach dem Krieg
gefunden hatten. Nicht nur Heidenheim wuchs damals
als Ort in rasender Geschwindigkeit, weil überall die
„Vertriebenen“ aus ehemaligen deutschen Gebieten im
Westen untergebracht werden mussten.
Die Winter waren hart, der Kohleofen schaffte es nicht
das Eis von den Wänden zu bekommen, Straßen gab
es noch nicht. Ina musste immer mit dem Fahrrad den
Berg hinunter in die Stadt
fahren, um einzukaufen.
Ich erinnere mich vor
allem an die immerwährende
Baustelle und
wieder an einen Geruch,
den der frisch aufgeworfenen
Erde. Die Freude am
Bauen sollte mir nie mehr
abhanden kommen.
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