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Was der Opernball für Wien ist, war der VDI
Ball für Heidenheim: der kulturelle Höhepunkt
des Jahres, ein Stelldichein der Haute Volée und
in einer Stadt, die vom Maschinenbau geprägt
ist, hieß das eben: Ingenieure und nochmals
Ingenieure.
Für meine Mutter war der Ball eine Gelegenheit,
sich chic zu machen, auszugehen, Leute zu
sehen und vor allem zu tanzen. Aus Papis Sicht
schien das ganz anders zu sein. „Müssen wir da
wirklich hin? Muss ich wirklich meinen Smoking
anziehen?“, so ging es in einem fort, bis meine
Mutter sauer wurde und meinte: “Das ist einmal
im Jahr. Du weißt doch, dass ich da gerne hingehe,
musst du da immer so ein Gefrett machen?“
Am Ende sind die beiden immer geschniegelt
und attraktiv losgezogen, Hans konnte gut
tanzen, obwohl er eigentlich vorgab unmusikalisch
zu sein. Die beiden kamen immer weiter
nach Mitternacht wieder heim, als die Kapelle
schon eingepackt hatte. Am nächsten Morgen
fand Hans den Ball wieder blöd und im nächsten
Jahr vollzog sich erneut das gleiche Schauspiel.
Irgendwann sind die beiden dann tatsächlich auf
den Wiener Opernball eingeladen worden.
Damals hatte man einen Garten nicht nur zur Zier, sondern
er sollte aus der Kriegserinnerung ein kleines Stück
der Selbstversorgung sein: Erbsen, Karotten, Bohnen,
Petersilie, Erdbeeren. Wir teilten den Garten mit Waldraffs,
den Mitbewohnern unseres Hauses in der Erchenstraße.
Da gab es viel Rasen, etliche Apfelbäume, einen großen
Birnenbaum, zwei Reineclaudenbäume und ein Zwetschgenbaum.
Im Herbst sammelten wir die Äpfel und brachten
sie zum Mosten. Der Saft half uns über den Winter. Und
dann war da ein Nutzgarten, fein säuberlich getrennt. Der
wurde von meinem Vater im Herbst umgegraben mit dem
Spaten, tief eingestochen, angehoben, gedreht, Reihe um
Reihe. Im Frühling folgte dann das Aussäen. Dafür wurde
die gesamte Fläche in Beete eingeteilt mittesl Schnur
und Stöckchen. Jedes Beet war durch einen Trampelpfad,
genau zwei väterliche Schuhbreiten breit, vom nächsten
getrennt. Reif wurden das Gemüse meist, wenn wir in den
Urlaub fuhren.
Als größere Kinder schlugen wir immer vergeblich vor, dass
wir das Grundstück doch auch betonieren könnten, denn
das Mähen, das Harken und vor allem das Aufsammeln des
Obstes machte uns wenig Freude. Der Garten war immer die
Aufgabe von Hans. Ina lag lieber auf der Sonnenliege.
(Erinnerungen nach Klaus)
Der VDI-Ball
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