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20 Susi Demmerle

Magerwiesen

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen nun

langsam blumenreiche Wiesen heran, die

durch «Thomasmehl» (ein phosphathaltiges

Nebenprodukt der früheren Eisenverhüttung)

oder Mist leicht gedüngt wurden. Mit dem Aufkommen

der Viehzucht in den Dörfern war

dieses Heu als Ergänzung zu den Ernten im

Talboden hoch willkommen.

Das war die Blütezeit dieser farbenfrohen

Wiesen, welche die zum Teil unbewaldete Randenhochfläche

bedeckten. Sie zeichneten sich

durch eine Vielfalt von Blumen und Gräsern

aus, die spezialisiert waren auf karge, trockene

Böden. Pro Quadratmeter wuchsen mehr als

40 verschiedene Pflanzenarten, der Ertrag für

die Bauern war aber gering.

Mitte des 20. Jahrhunderts, mit der Mechanisierung

der Landwirtschaft, der Güterzusammenlegung,

dem Aufkommen von

Traktoren und der Subventionspraxis des

Bundes, ging es den Magerwiesen rasch an

den Kragen. Nun lohnte es sich wieder,

Ackerbau auf den Randenflächen zu betreiben,

denn der eingesetzte Kunstdünger ermöglichte

ein ertragreicheres Wirtschaften

als je zuvor.

Aber wenn gedüngt wird, verschwindet die

Artenvielfalt sofort: Pflanzen, die Nährstoffe gut

verwerten können, gewinnen den Standortwettkampf

gegen die langsamer wachsenden

Blumen und Gräser, und das Resultat ist eine

Fettwiese, die etwa viermal mehr Biomasse

produziert, aber weniger Pflanzenarten enthält.

Besonders die Orchideen ertragen Dünger

ganz schlecht und verlieren ihren Standort an

Fettwiesenpflanzen.

Im Folgenden werden die absolut ungedüngten

Wiesen (Trespenwiesen) und die Wiesen,

die nur mit wenig Mist gedüngt werden

dürfen (Fromentalwiesen) der Einfachheit

halber nicht unterschieden und als «Magerwiesen»

bezeichnet.

Die vielseitige Pflanzenwelt und die zum

Teil schlechte Bedeckung des Bodens erzeugen

viele unterschiedliche Lebensbedingungen

auf kleinem Raum. Besonders für Insekten

bedeutet das eine Chance für eine Vielfalt an

Arten und Lebensweisen, und ein ganz interessantes

Nahrungsnetz kann sich aufbauen.

Blüten, Blätter oder auch Wurzeln dienen den

verschiedensten Insekten als Nahrung und

diese Tiere ihrerseits bilden dann die Nahrungsgrundlage

für räuberische Insekten, für

viele Vogelarten und auch für andere Wirbeltiere.

Am auffälligsten sind die vielen verschiedenen

Schmetterlinge, die an den farbigen

Blüten saugen, sie sind aber nicht die interessantesten

Gliedertiere an diesen Orten

( Kapitel 4)!

Die farbigen Magerwiesen, die wir heute

noch bestaunen können, werden von den

Bauern also nicht mehr in erster Linie als Viehfutter

genutzt. Sie bestehen noch, weil erkannt

wurde, dass sie ein wertvolles Rückzugsgebiet

für viele nützliche Insekten und vom Aussterben

bedrohte Pflanzen darstellen. Sie wurden

1977 unter Schutz gestellt und zur «Schutzwürdigen

Landschaft von nationaler Bedeutung»

erklärt. Die noch bestehenden Wiesen werden

heute bewusst und mit beträchtlichem

Aufwand gepflegt, das heisst gemäht und

entbuscht.

Leider sind in den letzten 50 Jahren 90 Prozent

dieser interessanten Biotope im Schweizer

Mittelland zu Fettwiesen oder Äckern umgewandelt

worden und darum wohl für immer

verschwunden. Aber hier auf dem Randen

können wir einige noch in ihrer ursprünglichen

Pracht bewundern und erleben.

Magerwiesen sind einzigartige Kulturgüter,

die mit einer Bibliothek von seltenen Bü-

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