1973
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WILLI OSTERMANN
BIOGRAPHIE
Mit Beendigung des großen Weltkrieges brach für Deutschland eine Zeit an, an die
wohl jeder Deutsche, der sie miterlebt hat, nur mit Schaudern zurückdenkt.
Es war in den Jahren 1919 und 1920, als unter strengster Geheimhaltung hinter verschlossenen
Türen in kleinen Sälen kölnischer Kneipen die ersten kölschen Abende
von beherzten Männern veranstaltet wurden. Sie hatten einzig und allein den Zweck
einmal all das Leid, welches über uns gekommen war, für wenige Stunden vergessen
zu machen, die Erinnerung wachzurufen an schöne vergangene Zeiten und dadurch
den Mut zu stärken, durchzuhalten, bis es wieder möglich sein würde, sich wieder
frei und ungehemmt im eigenen Vaterlande zu bewegen.
In diesem Bemühen sehen wir wieder unseren Willi Ostermann in vorderster Reihe.
Mit seinem Liede „Chrestian, du beß ’ne feine Mann“ tat er das einzig Richtige, er
überantwortete diese protzenden Kriegsgewinnler und Schieber dem Spott der
Mitwelt.
Das Lied „Vum schöne Fädenand“ wurde ebenfalls aus der damaligen Zeit heraus
geboren, doch zeigt es schon eine mildere Form des gewollten Spottes, denn inzwischen
hatten viele sich wieder auf ihren guten Kern besonnen und auf den Boden
der Wirklichkeit zurückgefunden.
Doch zurück zu den kölschen Abenden. Sie sind die Vorläufer des im Jahre 1924
wieder auflebenden Saalkarnevals gewesen. Es würde zu weit führen, wollte man die
Namen aller Männer nennen, die sich damals um das Wiederaufleben kölnischen
Brauchtums verdient gemacht haben, denn schließlich soll ja dieses Buch keine
Chronik des Kölner Karnevals sein. Es genügt daher die Feststellung, daß Anfang der
zwanziger Jahre die Bestrebungen, die der Erhaltung kölnischer Eigenart dienten,
festen Fuß gefaßt hatten. Wenn auch die Sorgen, die der tägliche Geldverfall mit sich
brachte, nur wenig Raum ließen, um die vorgenannten Bestrebungen durch eine
aktive Tätigkeit zu unterstützen, so war doch der Besucherkreis der vielen kölschen
Heimatabende gewaltig gewachsen. Erfreulich war es, zu sehen, daß neben den alten
Karnevalskämpen der Vorkriegszeit auch die Jugend sich rühmend hervortat, der
kölschen Muttersprache wieder Geltung und Ehre zu verschaffen. Daß Willi Ostermann
hierbei an der Spitze stand, war für ihn wie auch für alle Kölner eine Selbstverständlichkeit.
Wiederum trat er mit Liedern in kölnischer Mundart ganz besonders
hervor, und die in dieser Zeit entstandenen Lieder zeigen uns, daß er von seinem
jugendlichen Elan nichts verloren hatte und mit Erfolg an die herrliche Serie der
Karnevalslieder der Vorkriegszeit anknüpfte.
Bei der Würdigung seiner Rheinlieder kann man einmal das geflügelte Wort anwenden:
„Der Ton macht die Musik“ . Gewiß sind eine ganze Anzahl von ihnen hübsche
Erzählungen; einige sind auch sehr lebenswahr, aber ausschlaggebend für den Erfolg
all dieser Rheinlieder war schließlich die Musik, und da hat Ostermann stets eine
glückliche Hand gehabt und immer den Ton getroffen, der dem Volke ins Ohr ging.
Unzählig sind die Zuschriften, die dem Heimatdichter zugegangen sind, nicht nur von
fast allen Verkehrsvereinen der Rheinprovinz und den vielen Bürgermeistern bekannter
Rhein- und Moselstädtchen, sondern aus der ganzen Welt erhielt Ostermann täglich
begeisterte Briefe. Es würde zu weit führen, hier auch nur eine Auswahl dieser
Briefe zum Abdruck zu bringen.
Zur selben Zeit, als diese Lieder Ostermanns überall gesungen wurden, gelangte im
Kölner Revue-Theater „Groß-Köln“ eine Karnevalsrevue zur Aufführung unter dem
Titel „Die Fastelovendsprinzessin“. Wenige Tage nach der Uraufführung sprach man
in ganz Köln von einem ungemein gemütvollen Lied mit einem prachtvollen Text,
welches als Einlage die Revueereignisse um die Fastelovendsprinzessin verschönerte.
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