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Deutsches Literaturarchiv Marbach Programmheft 1/2020

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Der Internationale Museumsrat ICOM<br />

diskutiert zur Zeit über eine neue Definition<br />

des Begriffs ‚Museum‘.<br />

Stephan Schwan Sammeln ist gesamtgesellschaftlich<br />

wie auch individuell<br />

zu einem Phänomen geworden,<br />

das nicht mehr nur auf Museen, Archive,<br />

Bibliotheken, Behörden und eine<br />

überschaubare Zahl von Privatleuten<br />

beschränkt ist. Wir leben in einer Epoche<br />

der fast unbegrenzten Speichermöglichkeiten.<br />

Die Debatte um das<br />

Recht auf Vergessen zeigt auch, dass<br />

Sammeln und Bewahren keine Werte<br />

an sich mehr sind, sondern zunehmend<br />

kritisch hinterfragt werden. Bei<br />

alledem stellt sich die grundsätzliche<br />

Frage, inwieweit Sammeln und Bewahren<br />

überhaupt noch ein distinktes<br />

Merkmal von Museen, Archiven und<br />

Bibliotheken darstellt. Ähnliches gilt<br />

für die museale Forschung an den<br />

Sammlungen. Museen und Archive<br />

werden zunehmend in interdisziplinäre<br />

Forschungsnetzwerke eingebunden<br />

und die Grenzen zwischen<br />

Forschung innerhalb und außerhalb<br />

der Institutionen werden zunehmend<br />

durchlässiger. Und natürlich hat sich<br />

auch die Praxis des Ausstellens und<br />

Vermittelns in den letzten Jahren<br />

stark verändert. Auch hier ‚entgrenzen‘<br />

sich viele der traditioneller Weise<br />

geschlossenen Institutionen. Fragte<br />

noch vor 20 Jahren Zahava Doering<br />

von der Smithsonian Institution in<br />

einem Aufsatz, ob Besucherinnen<br />

und Besucher „Strangers, Guests, or<br />

Clients?“ seien, besteht heute weitgehend<br />

Konsens über die Notwendigkeit<br />

einer Publikumsorientierung. Die<br />

kulturelle Vielfalt der Besuchenden<br />

wird ernst genommen, es werden<br />

barrierefreie Präsentationsmodi<br />

entwickelt, es wird mit partizipativen<br />

Ausstellungsformaten experimentiert<br />

und neben der Geschichte auch die<br />

Gegenwart und Zukunft erforscht. Lernen<br />

und Wissenserwerb gehören zu<br />

den zentralen Besuchsanlässen, aber<br />

auch das Leichte und Genusshafte:<br />

Museen sind ein entschleunigender<br />

Kontrapunkt zum reizüberfluteten Alltagsleben<br />

außerhalb ihrer Mauern; der<br />

Besuch einer Ausstellung ist (hoffentlich)<br />

immer auch mit ästhetischem<br />

Genuss, Staunen und Spielfreude<br />

verbunden.<br />

Holzmodell<br />

von<br />

Hans Magnus<br />

Enzensbergers<br />

Poesieautomat.

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