Deutsches Literaturarchiv Marbach Programmheft 1/2020
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Was interessiert<br />
Dich an<br />
Narrating<br />
Africa,<br />
was sind<br />
Deine<br />
offenen<br />
Fragen?<br />
Sandra Richter: Zum Beispiel: Das<br />
Verhältnis zwischen Kolonialismus<br />
und Fantasie – in all ihren künstlerischen<br />
und literarischen Spielarten<br />
– näher zu bestimmen, interessiert<br />
mich. Ich halte es für eine multiperspektivische<br />
Geschichte des<br />
Kolonialismus für essenziell. Und:<br />
Wie lasen Andreas-Salomé, Rilke und<br />
ihre Zeitgenossen Frieda von Bülows<br />
Tropenkoller, wenn sie den Roman<br />
lasen? Übersah man die kolonialen<br />
Elemente und erfreute sich allein am<br />
phantastischen und afrikanischen<br />
Kolorit? Was machte die Darstellung<br />
Afrikas und der Afrikaner mit der<br />
eigenen Literatur?<br />
Anna Kinder: Ich habe einen Brief<br />
des senegalesischen Autors und<br />
Politikers Léopold Sédar Senghor<br />
ausgewählt, mit dem dieser sich 1968<br />
für die Verleihung des Friedenspreises<br />
des deutschen Buchhandels bedankt,<br />
weil damit eine Verschränkung von<br />
Diskursen in all ihrer Komplexität<br />
deutlich wird, die mir paradigmatisch<br />
scheint, wenn wir uns mit der Frage<br />
beschäftigen, von welcher Position<br />
aus man Afrika erzählen kann: Wer<br />
spricht? Wer darf sprechen? Und wer<br />
spricht für wen? Literatur interessiert<br />
sich erst einmal wenig für Grenzen<br />
und eröffnet vor allem dann neue<br />
Perspektiven, wenn sie in ihren immer<br />
schon miteinander verwobenen Zusammenhängen<br />
wahrgenommen und<br />
gelesen wird.<br />
Tamara Meyer: Mich interessiert an<br />
meinem Exponat: Was bewegte Peter<br />
Weiss dazu, sich im Gesang vom<br />
Lusitanischen Popanz ausgerechnet<br />
mit der Kolonialgeschichte Portugals<br />
auseinanderzusetzen? Was bewirkte<br />
Weiss’ Text zu dieser Zeit tatsächlich?<br />
Welche Rolle spielte das Stück in der<br />
DDR?<br />
Martin Kuhn: Claire Golls Text Der<br />
Neger Jupiter und Europa versucht,<br />
den Katalog sämtlicher Stereotype<br />
der Zeit dekonstruierend abzuarbeiten,<br />
führt dem heutigen Leser immer<br />
wieder stereotypische Textstellen<br />
vor Augen, in denen die ironische<br />
Brechung nicht klar markiert ist – ist<br />
sie überhaupt da? Reicht Ironie zur<br />
Dekonstruktion?