Deutsches Literaturarchiv Marbach Programmheft 1/2020
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Mit Phantasie lässt<br />
sich in Enzensbergers<br />
Geschenkpapier das<br />
entdecken, was<br />
Enzensberger 1997 als<br />
„Blätterteig der Zeit“<br />
bezeichnet hat und<br />
was man in der Dauerausstellung<br />
im<br />
Literaturmuseum der<br />
Moderne eindrücklich<br />
erfahren kann. Ein<br />
quadratisches Stück<br />
Teig wird flachgerollt,<br />
dann teilt man es, legt<br />
die Teile übereinander,<br />
streckt, teilt und<br />
schichtet sie wieder und<br />
so weiter und so fort<br />
– ein irgendwo in dieser<br />
Teigtasche versenkter<br />
Punkt, etwa eine Rosine<br />
oder ein Stück<br />
Schokolade, sucht sich<br />
in diesem Blätterteig<br />
einen nicht vorhersehbaren<br />
und mit keinem<br />
andern Weg identischen<br />
Weg. Die Geschichte<br />
(und wir in ihr) ist so<br />
ein Art „Blätterteig-<br />
Spiel“ mit „Schichten<br />
und Falten“ und einer<br />
„unerschöpflich großen<br />
Zahl von Berührungen<br />
zwischen verschiedenen<br />
Zeitschichten“, so<br />
dass sich auch die<br />
Vergangenheit beständig<br />
mit der Gegenwart ändert.<br />
Eneznsbergers Geschenkpapier<br />
gibt es in<br />
unserem Museumsshop als<br />
Faksimile.