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AUGENBLICK, BITTE!

Ein Ratgeber rund um die Augengesundheit.

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NICHT VERPASSEN<br />

Grauer Star: Moderne<br />

Behandlungsmethoden mit<br />

Hilfe innovativer Technologien<br />

Seite 04 – 05<br />

„Ich wollte das Gesicht<br />

meines Sohnes<br />

wiedersehen!“ Seltene<br />

Netzhauterkrankungen und<br />

Behandlungsoptionen<br />

Seite 06 – 07<br />

Okklusionstherapie:<br />

Kinderaugenpflaster zur<br />

Sehschärfenentwicklung<br />

Seite 11<br />

„Und plötzlich<br />

war ich blind.“<br />

Lennart Sass (21) erkrankte im Alter von 16 Jahren an<br />

LHON. Über das Leben mit der seltenen Erkrankung und<br />

die wichtige Rolle der Selbsthilfe spricht er im Interview.<br />

Ein Ratgeber rund um die Augengesundheit<br />

<strong>AUGENBLICK</strong>, <strong>BITTE</strong><br />

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2<br />

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VERANTWORTLICH FÜR DEN<br />

INHALT IN DIESER AUSGABE<br />

Taalke Wilkens<br />

Täglich haben wir die<br />

Chance die Welt mit unseren<br />

Augen zu entdecken.<br />

Doch was passiert, wenn<br />

uns unser Sehvermögen<br />

plötzlich verlässt? Diese<br />

Ausgabe soll die wichtige<br />

Rolle der Augenheilkunde<br />

hervorheben.<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

Augen auf!<br />

Sie werden kommen, die Tage, an denen wir auf Reisen neue<br />

Eindrücke sammeln und an denen wir die Welt um uns herum<br />

nicht mehr vorzugsweise von Bildschirmen vermittelt sehen.<br />

07<br />

Erbliche Netzhauterkrankungen<br />

Augenkrankheiten, bei denen die Funktion<br />

der Sinneszellen in der Netzhaut aufgrund<br />

genetischer Veränderungen gestört ist.<br />

10<br />

AMD<br />

Altersabhängige Makuladegeneration –<br />

vier Fragen an den Augenarzt<br />

Project Manager: Taalke Wilkens Business Development<br />

Manager: Miriam Hähnel Geschäftsführung: Richard Båge<br />

(CEO), Philipp Colaço (Managing Director), Franziska<br />

Manske (Head of Editorial & Production), Henriette<br />

Schröder (Sales Director) Designer: Elias Karberg<br />

Mediaplanet-Kontakt: redaktion.de@mediaplanet.com<br />

Coverbild: privat<br />

Alle Artikel, die mit einem gekennzeichnet sind,<br />

sind keine neutrale Mediaplanet-Redaktion.<br />

facebook.com/MediaplanetStories<br />

@Mediaplanet_germany<br />

Please recycle<br />

Dr. Ludger<br />

Wollring<br />

Niedergelassener<br />

Augenarzt in Essen,<br />

Pressesprecher des<br />

BVA – Berufsverband<br />

der Augenärzte<br />

Deutschlands<br />

e. V.<br />

Wir werden neue Landschaften<br />

erkunden, spannende<br />

Sportereignisse unmittelbar<br />

erleben, Freunde von Angesicht<br />

zu Angesicht treffen. Wenn wir uns<br />

diese Momente vorstellen, dann ist für die<br />

meisten von uns selbstverständlich, dass<br />

die Augen uns einen wesentlichen Teil<br />

dieser Eindrücke vermitteln. Der Sehsinn<br />

ist wichtig. Auf ihn verzichten zu müssen,<br />

käme einer gravierenden Einschränkung<br />

der Lebensqualität gleich.<br />

Mehr als ein Jahr lang prägte die Corona-Pandemie<br />

unseren Alltag. Viele Menschen<br />

haben in dieser Zeit die vielfältigen<br />

Möglichkeiten entdeckt, über das Internet<br />

von zu Hause aus zu arbeiten und Freizeitaktivitäten<br />

online zu organisieren.<br />

Die „Nebenwirkungen“ blieben nicht aus:<br />

Trockene, müde Augen kennen die meisten,<br />

die viele Stunden am Tag vor dem<br />

Bildschirm sitzen. Spätestens wenn Sie<br />

sich das nächste Mal die Augen reiben,<br />

sollten Sie überlegen, ob es nicht Zeit wäre,<br />

eine Pause einzulegen und etwas für die<br />

Augengesundheit zu tun.<br />

Das können ganz verschiedene Dinge sein:<br />

Machen Sie das Fenster auf! Trinken Sie<br />

ein Glas Wasser! Ernähren Sie sich vielseitig!<br />

Und lassen Sie wieder einmal eine<br />

Augenärztin oder einen Augenarzt prüfen,<br />

ob mit Ihren Augen alles in Ordnung<br />

ist. Augenkrankheiten entwickeln sich<br />

oft schleichend. Bei einer Augenuntersuchung<br />

lassen sich Anzeichen für den<br />

Grünen Star (Glaukom), die altersbedingte<br />

Makuladegeneration (AMD), diabetische<br />

Augenkrankheiten oder den Grauen Star<br />

(Katarakt) schon früh feststellen. Die meisten<br />

Augenkrankheiten lassen sich heute<br />

Sehen können<br />

ist nicht ganz so<br />

selbstverständlich,<br />

wie wir meinen.<br />

Halten wir die Augen<br />

offen für das, was die<br />

Augen gesund hält.<br />

gut behandeln, sodass das Sehvermögen<br />

erhalten bleibt. Falls Sie bereits wissen, dass<br />

Sie an einer chronischen Augenkrankheit<br />

wie dem Glaukom oder der AMD leiden,<br />

dann wissen Sie sicher auch, wie wichtig es<br />

ist, die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen<br />

wahrzunehmen – auch während der<br />

Pandemie.<br />

Auf den folgenden Seiten bekommen Sie<br />

Anregungen, was Sie tun können, damit<br />

Ihre Augen gesund bleiben. Und Sie erfahren,<br />

dass es auch dann Hilfe gibt, wenn<br />

die Augen schwächer werden. Brillen oder<br />

Kontaktlinsen verhelfen der Mehrzahl der<br />

Menschen in Deutschland zum Durchblick.<br />

Die Palette der Hilfsmittel für jene, deren<br />

Sehvermögen stark eingeschränkt ist, geht<br />

weit darüber hinaus. Wichtig ist eine individuelle<br />

Beratung und Anpassung.<br />

Sehen können ist nicht ganz so selbstverständlich,<br />

wie wir meinen. Halten wir die<br />

Augen offen für das, was die Augen gesund<br />

hält.<br />

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Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 3<br />

Sehtests: ja!<br />

Aber wer,<br />

wann und<br />

warum?<br />

Autos müssen alle zwei Jahre zum TÜV.<br />

Und unsere Augen? Wir werden nur<br />

einmal im Leben zum Sehtest geladen<br />

– vor der Fahrerlaubnisprüfung. Selbst<br />

für Kinder ist ein obligatorischer Check<br />

beim Augenarzt nicht vorgeschrieben.<br />

Auch wenn Experten zu regelmäßigen<br />

Sehtests raten, kennen viele die Regeln<br />

nicht.<br />

Sehtests für Kinder und Jugendliche<br />

Wenn Kinder beispielsweise ständig<br />

zappeln, stolpern oder nicht gern lesen,<br />

können Baufehler der Augen, Sehdefizite<br />

und Augenkrankheiten dahinterstecken.<br />

Und viele Schulpflichtige<br />

zwischen dem 7. und 20. Lebensjahr<br />

gehören mittlerweile zur Generation<br />

Kurzsichtig.<br />

Empfehlung: Bis zum 3. Lebensjahr und<br />

vor dem Schulstart sollten Kinder einem<br />

Augenarzt vorgestellt werden. Vor allem<br />

dann, wenn sie durch Sehprobleme der<br />

Eltern erblich vorbelastet sind. Während<br />

der Schulzeit gilt: kurzsichtige Kinder<br />

und Jugendliche einmal jährlich, normalsichtige<br />

alle 3 Jahre.<br />

Sehtests für Erwachsene<br />

Zwischen 40 und 45 trifft sie fast jeden:<br />

die Alterssichtigkeit. Das Sehen in der<br />

Nähe fällt zunehmend schwerer. Hier<br />

hilft der Augenoptiker weiter. Kommt<br />

ab 50 das Risiko von Augenkrankheiten<br />

dazu, ist ein Arztbesuch unumgänglich.<br />

Zu spät entdeckt und behandelt droht<br />

schlimmstenfalls eine Erblindung.<br />

Empfehlung: Um Sehdefizite rechtzeitig<br />

zu entdecken, ist mit 40+ alle 2 Jahre ein<br />

Sehtests für die Ferne und Nähe ratsam.<br />

Für die Best Ager lautet der Rat: spätestens<br />

ab 60 einmal jährlich zum Sehtest<br />

und zur Glaukom-Vorsorgeuntersuchung.<br />

Die neuen Brillen:<br />

stylische Fassungen, innovative Gläser<br />

Jeder dritte Deutsche über 16 trägt Brille. Viele nutzen sie gekonnt als modisches<br />

Accessoire. Doch welche Eigenschaften stecken eigentlich in den Gläsern? Welche<br />

sind für wen sinnvoll? Gut beraten ist, wer die Fakten kennt.<br />

Text Kerstin Kruschinski<br />

Brillenkäufer haben es nicht leicht.<br />

Die Fassung ist oft schnell gefunden,<br />

bei den Gläsern kommen die<br />

meisten allerdings ins Grübeln.<br />

Nah, fern, Gleitsicht, Computer,<br />

Low-Add, UV-Schutz, phototrop,<br />

entspiegelt, getönt, polarisierend –<br />

wer blickt da noch durch? Jede Sehschwäche, jeder<br />

Einsatz, jedes Alter stellt andere Anforderungen an<br />

eine Brille. Sitzt dann eine falsche auf der Nase, ist<br />

der Frust groß. Ein professioneller Sehtest und eine<br />

individuelle Beratung beim Fachmann helfen auf<br />

die Sprünge. Drei Beispiele aus der Praxis.<br />

Brillen fürs Digitale: zielgenau und entspannt<br />

Knapp 90 Prozent der Deutschen nutzen täglich<br />

Computer, Tablet und Smartphone. Ein digitales<br />

Dauerfeuer für die Augen, besonders in Zeiten von<br />

Homeoffice und Online-Meetings. Die Krux am PC:<br />

Der Blick wechselt lediglich zwischen Monitor, Tastatur<br />

und Dokument. Das Verharren in so kurzen<br />

Distanzen schadet vor allem älteren Augen, Nacken,<br />

Schulter und Rücken. Lese- und normale Gleitsichtbrillen<br />

stoßen hier schnell an ihre Grenzen.<br />

Entspannt sehen Büroarbeiter Ü40 mit beidseitig<br />

entspiegelten und mit Blaufilter ausgestatteten<br />

Bildschirmbrillen. Im Vergleich zu normalen Gleitsichtmodellen,<br />

die nicht für das Sehen auf Monitor<br />

und Display gefertigt sind, ist hier der untere Teil<br />

der Gläser auf Tastaturabstand optimiert, der mittlere<br />

und größte Teil ermöglicht entspanntes Sehen<br />

auf Bildschirmdistanz, der obere den Blick in den<br />

Raum.<br />

Young Digitals können den ständigen Blick auf die<br />

kleine Schrift der Smartphones durch Brillen mit<br />

leichter Nahunterstützung entlasten, den sogenannten<br />

Low-Add-Gläsern. Sie halten zudem UVund<br />

das schädliche blau-violette Licht fern.<br />

Brillen mit Sonnenschutz: jederzeit und für alle<br />

Sonnenbrillen bedienen längst nicht nur Starallüren.<br />

Sie schützen vor UV-Strahlung – Ursache für<br />

viele Augenkrankheiten wie Grauer Star oder altersbedingte<br />

Makuladegeneration (AMD). Und, so<br />

wahr wie offensichtlich: UV-Strahlen lassen ohne<br />

Sonnenschutz die Augenpartie schneller altern.<br />

Alles gute Gründe, sowohl bei Sonnenbrillen als<br />

auch bei klaren Alltagsgläsern auf einen 100-prozentigen<br />

UV-Schutz zu achten.<br />

Einen kleinen Quantensprung haben selbsttönende,<br />

phototrop genannte Gläser gemacht. Die<br />

Scheiben reagieren auf UV-Licht und färben sich<br />

mittlerweile sekundenschnell stufenlos dunkler<br />

oder heller. Autofahrer(innen) profitieren von einer<br />

weiteren Innovation in puncto selbsttönender<br />

Gläser: Weil Fahrzeugscheiben UV-Licht filtern,<br />

sprechen die neuen Gläser auf natürliches, sichtbares<br />

Licht an und erreichen dabei einen Tönungsgrad<br />

von bis zu 55 Prozent.<br />

Brillen für Outdoorsportler: sicher und stylisch<br />

Wie Helm oder Laufschuhe gehören auch Sportbrillen<br />

zum notwendigen Equipment. Leider tragen<br />

sie nur fünf Prozent der Aktiven. Jeder zweite<br />

Brillenträger belässt es bei seiner Alltagsbrille. Das<br />

kann bei einem Crash gefährlich ins Auge gehen.<br />

Allein bei den Skiunfällen zählen Seh- und Wahrnehmungsfehler<br />

zu den häufigsten Ursachen.<br />

Die gute Nachricht: Für jede Sportart gibt es den<br />

passenden Augenschutz: bruchsicher, ergonomisch,<br />

mit Sehstärke und Schutz vor UV-Licht,<br />

Blendung, Reflexionen und Wetter. Sportoptiker(innen)<br />

wissen, welche Glaseigenschaften auf<br />

den Pisten und Rennstrecken vorteilhaft sind und<br />

welche Fassungen im Trend liegen. Denn ganz<br />

klar: Sport ist Lifestyle und die passende Sportbrille<br />

dazu schützendes und schönes Accessoire.<br />

Kerstin<br />

Kruschinski<br />

Kuratorium Gutes<br />

Sehen e. V.<br />

Leiterin PR und<br />

Kommunikation<br />

Weitere<br />

Informationen:<br />

sehen. de<br />

FERN-SEH-CHECK<br />

Dieser Test gibt einen Hinweis auf eine eventuelle Kurzsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung.<br />

CM<br />

C D N E T F<br />

K N P S B E<br />

E C Z K P B<br />

01<br />

02<br />

03<br />

04<br />

05<br />

06<br />

07<br />

08<br />

Test<br />

Hängen Sie die Seite auf und betrachten Sie<br />

die Abbildung bei ausreichender Beleuchtung,<br />

am besten bei Tageslicht, aus drei Metern<br />

Entfernung mit einem Auge. Halten Sie das<br />

andere Auge mit einer Hand zu – nicht zukneifen!<br />

Wiederholen Sie den Test mit dem<br />

anderen Auge. Wenn Sie gewöhnlich eine Brille<br />

für die Ferne tragen, benutzen Sie diese bitte.<br />

Ergebnis<br />

Sie haben alle Zeichen lesen können?<br />

Herzlichen Glückwunsch zum Adlerblick, so<br />

gut sieht nicht jeder. Hapert’s schon bei den<br />

ersten beiden Zeilen, dann sollten Sie Ihre<br />

Augen unbedingt beim Augenoptiker überprüfen<br />

lassen. Auch bei bestandenem Test<br />

empfehlen wir: Sehtest alle 2 Jahre.<br />

09<br />

10<br />

Weitere Seh-Checks finden Sie unter<br />

seh-check.de


4<br />

Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info<br />

Grauer Star:<br />

Klare Sicht dank<br />

Kunstlinse<br />

Text Paul Howe<br />

Ab dem 60. Lebensjahr kann die menschliche Augenlinse trüb werden. Bei fast<br />

10 Millionen Menschen in Deutschland schreitet die Trübung so weit voran,<br />

dass das Sehen dadurch stark eingeschränkt wird: Bilder werden unscharf,<br />

Kontraste verschwimmen und die Blendempfindlichkeit nimmt zu. Augenärzte<br />

nennen diese Augenerkrankung – im Volksmund als Grauer Star bekannt<br />

– Katarakt. Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Zum Teil<br />

spielen die Gene eine Rolle, aber auch der Lebensstil. So kann Zigarettenrauch<br />

das Risiko für eine Linsentrübung erhöhen, während eine gesunde, vitaminreiche<br />

Ernährung sich positiv auswirkt. Um zu vermeiden, dass die Sicht so<br />

schlecht wird, dass der Patient über Hindernisse in der eigenen Wohnung oder<br />

im Straßenverkehr stürzt, sollten Menschen ab dem 60. Lebensjahr einmal<br />

jährlich zur augenärztlichen Kontrolle gehen.<br />

50%<br />

Die Behandlung des<br />

grauen Stars gilt in<br />

Deutschland als Routineeingriff:<br />

Jedes Jahr<br />

operieren deutsche<br />

Augenärzte mehr als<br />

800.000 Augen, um<br />

die getrübte Linse<br />

zwischen 52 und 64 Jahren<br />

haben einen Grauen Star<br />

durch eine Kunstlinse<br />

auszutauschen. Mit<br />

einer Erfolgsrate von<br />

90 bis 100 Prozent<br />

gehört die Operation<br />

des grauen Stars zu den erfolgreichsten Eingriffen überhaupt. Bei fast allen<br />

Betroffenen bessert sich das Sehvermögen danach deutlich, vorausgesetzt, es<br />

liegen keine anderen Augenerkrankungen vor. Bei der Operation schneidet der<br />

Augenchirurg mithilfe eines Laserstrahls oder mit einem Messer eine zwei bis<br />

drei Millimeter breite Öffnung in die Hornhaut des Auges. Üblicherweise wird<br />

zunächst nur das Auge behandelt, das am stärksten von der Trübung betroffen<br />

ist. Einige Tage oder Wochen später folgt das zweite. Während der Heilungsphase<br />

von zwei bis vier Wochen pro Auge muss der Patient Augentropfen<br />

einnehmen und regelmäßig zur augenärztlichen Kontrolle gehen. Es gibt<br />

verschiedene Arten von Kunstlinsen, auch Intraokularlinsen (IOL) genannt,<br />

die bei der Operation eingesetzt werden können. Welche sich am besten eignet,<br />

entscheidet der Augenchirurg bei einer gründlichen Voruntersuchung. Eine<br />

sogenannte Monofokallinse kann so ausgewählt werden, dass der Patient nach<br />

dem Eingriff in der Nähe oder auf mittlere Distanz oder in der Ferne scharf<br />

sieht. Multifokallinsen ermöglichen scharfes Sehen auf allen Distanzen, sodass<br />

der Patient nach der Operation keine Brille mehr braucht. Diese sind jedoch<br />

teurer und kommen nicht für jeden infrage. Die Kosten für den Eingriff, die<br />

Standardvor- und nachuntersuchung sowie eine Standardlinse trägt die Krankenkasse.<br />

Zusätzliche Leistungen, wie etwa Multifokallinsen, muss der Patient<br />

in der Regel selbst bezahlen. Die Betroffenen sollten sich im Vorfeld über die<br />

Kostenübernahme der Behandlung mit ihrer Krankenkasse beraten.<br />

Moderne Technologien<br />

helfen bei Fehl- und Alterssichtigkeit<br />

Das menschliche Auge ist nicht einmal acht Gramm schwer,<br />

aber ein wahres Wunderwerk. Mit zehn Millionen Informationen<br />

pro Sekunde ist es der wichtigste Datenlieferant für unser<br />

Gehirn. Rund 80 Prozent aller bewussten Sinneseindrücke<br />

nimmt der Mensch über das Auge auf. Umso schlimmer ist es,<br />

wenn die Sehleistung abnimmt oder ganz erlischt. Moderne<br />

Medizintechnologien helfen, damit Betroffene wieder möglichst<br />

scharf und klar sehen können.<br />

Text Dr. Marc-Pierre Möll<br />

Wenn die Sehleistung nachlässt<br />

Sehen zu können, ist für die meisten Menschen selbstverständlich. Die Bedeutung<br />

wird uns häufig erst bewusst, wenn sich die Sehleistung verringert.<br />

Vor allem im Alter lässt die Leistungskraft des Auges nach und nahe Gegenstände<br />

werden nur noch unscharf wahrgenommen. Wir müssen Kleingedrucktes<br />

weiter weghalten, um es scharf sehen zu können – oder die Schriftgröße<br />

unseres Smartphones vergrößern.<br />

Diese „Alterssichtigkeit“ schreitet weiter voran. Die einfachste Lösung ist eine<br />

Lesebrille – aber nicht immer die richtige oder beste. Gerade wenn dazu noch<br />

eine „normale“ Kurz- oder Weitsichtigkeit besteht, wird es kompliziert. Insbesondere<br />

Menschen, die sportlich oder sehr aktiv sind, wünschen sich eine<br />

Lösung ohne Brille.<br />

Innovative Technologien<br />

Das Lasern der Augen ist ein segensreicher Fortschritt in der Medizin. Damit<br />

lässt sich die Brechkraft der Hornhaut verändern – nicht aber die Flexibilität<br />

der Linse regenerieren. Es ist leider keine Methode bei Alterssichtigkeit.<br />

Moderne technologische Lösungen sind beispielsweise spezielle multifokale<br />

Linsen zur Korrektur der Alterssichtigkeit.<br />

Bei Fehlsichtigkeit gibt es ebenfalls moderne Technologien wie innovative<br />

Zweilinsensysteme, bei denen nicht standardmäßig eine Linse in das Auge<br />

implantiert wird, sondern zwei: eine Basislinse in den Kapselsack und eine<br />

multifokale Add-On-Linse in den sogenannten „Sulcus“. Das Verfahren führt<br />

zu hoher Patientensicherheit und ist in hohem Maße anpassbar auf die individuellen<br />

Bedürfnisse der vor allem jüngeren Patientengruppen, die den immer<br />

populärer werdenden Wunsch nach Brillenfreiheit hegen.<br />

Moderne Linsen bei Grauem Star<br />

Auch bei der Behandlung des Grauen Stars, also der Eintrübung der Augenlinse<br />

im Alter, gibt es moderne technologische Lösungen. Hier helfen beispielsweise<br />

Multifokallinsen mit mehreren Brennpunkten, die sowohl die Kurzsichtigkeit<br />

als auch die Weitsichtigkeit beheben.<br />

Dr. Marc-Pierre<br />

Möll<br />

Geschäftsführer<br />

des Bundesverbandes<br />

Medizintechnologie<br />

(BVMed) mit<br />

Sitz in Berlin<br />

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Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 5<br />

Zweilinsenkombination<br />

für mehr Brillenunabhängigkeit<br />

Text Prof. Dr. med. G. U. Auffarth<br />

Das Auge ist das komplexeste Sinnesorgan<br />

des Menschen und zentraler Bestandteil<br />

der Sehfähigkeit, indem es Licht in<br />

Signale umwandelt und an das Gehirn<br />

weiterleitet. Mit zunehmendem Alter verschlechtert<br />

sich aber auch die Leistungsfähigkeit des<br />

menschlichen Auges. Insbesondere nach dem 40.<br />

Lebensjahr treten gehäuft Beschwerden auf. Das<br />

Sehvermögen im Allgemeinen sowie die Fähigkeit,<br />

Objekte im Nahbereich erkennen zu können, lassen<br />

bei vielen Patienten altersbedingt nach. Dies<br />

liegt hauptsächlich daran, dass die Augenlinse<br />

nicht mehr in der Lage ist, sich zu verkrümmen,<br />

sodass die Nahsicht (z. B. beim Lesen) nicht mehr<br />

optimal funktioniert. Die Linse verhärtet und ist<br />

somit weniger flexibel, um sich den jeweiligen<br />

Entfernungen entsprechend anpassen zu können.<br />

Vergleichbar mit anderen körperlichen Alterungsprozessen<br />

kann sich die menschliche Augenlinse<br />

im Laufe des Lebens eintrüben und ist damit<br />

weniger transparent. Diese weitverbreitete Augenerkrankung<br />

wird als „Grauer Star“ oder „Katarakt“<br />

bezeichnet. Für betroffene Kataraktpatienten<br />

verschlechtert sich die Sehleistung spürbar, da<br />

nicht mehr genug Licht auf die Netzhaut einfallen<br />

kann, um eine ausreichende Sehqualität zu<br />

ermöglichen.<br />

Bei der Altersweitsichtigkeit klagen die Patienten<br />

über Schwierigkeiten und Einschränkungen im<br />

Berufs- und Alltagsleben: Zeitungsbuchstaben<br />

Der nachvollziehbare Wunsch, das berufliche und private Leben<br />

wieder unbeschwert ohne Sehhilfe verbringen zu können, kann<br />

durch die moderne Augenchirurgie erfüllt werden.<br />

verschwimmen beim Lesen, Beipackzettel von<br />

wichtigen Medikamenten können nicht mehr<br />

gelesen werden. Spätestens in diesem Stadium der<br />

Erkrankung wenden sich nahezu alle Patienten an<br />

einen Facharzt für Augenheilkunde, um sich mit<br />

einer Lesebrille versorgen zu lassen, die erst mal<br />

für Abhilfe schafft – allerdings nicht für eine Ursachenbehandlung<br />

dienlich ist. Die Altersweitsichtigkeit<br />

lässt sich jedoch mittlerweile mit speziellen<br />

Intraokularlinsen (IOL) ganz hervorragend und<br />

unkompliziert behandeln.<br />

Der nachvollziehbare Wunsch, das berufliche und<br />

private Leben wieder unbeschwert ohne Sehhilfe<br />

verbringen zu können, kann durch die moderne<br />

Augenchirurgie erfüllt werden. Es stehen unterschiedliche<br />

Optionen und Verfahren zur Verfügung.<br />

Der operative Linsenaustausch, die sogenannte<br />

Kataraktoperation bzw. „Staroperation“, gehört<br />

mit ca. 800.000 bis 1.000.000 Eingriffen pro Jahr<br />

zu den häufigsten chirurgischen Interventionen<br />

überhaupt. Die moderne Augenchirurgie macht<br />

es möglich, die natürliche Linse durch eine neue,<br />

künstliche Linse zu ersetzen. In den meisten Fällen<br />

wird eine monofokale Linse implantiert. Diese<br />

hat nur einen Fokuspunkt. Da der Fokuspunkt in<br />

der Ferne liegt, wird weiterhin eine Brille im Nahbereich<br />

und auf mittlerem Abstand benötigt.<br />

Seit Kurzem sind auch sogenannte additive<br />

Linsen erhältlich, die bei bereits mit Kunstlinsen<br />

versorgten Augen zusätzlich eingesetzt werden<br />

können. Die Optik dieser zusätzlichen Linse erzeugt<br />

neben dem Fernfokus zwei weitere Brennpunkte:<br />

auf mittleren Abstand und in der Nähe.<br />

Dieses Zweilinsensystem erzeugt eine Trifokalität,<br />

also eine scharfe Sicht auf drei Fokuspunkten.<br />

Mit dieser Linse kann nun erstmals ein Verfahren<br />

angeboten werden, welches eine reversible<br />

Trifokalität ermöglicht. Insbesondere Patienten,<br />

die sich im Alter von 50-55 Jahren eine solche<br />

Linse gegen ihre Alterssichtigkeit einsetzen<br />

lassen, können noch 20 Jahre später durch einen<br />

Linsenaustausch profitieren und eine Optimierung<br />

ihrer Sehkraft erreichen. Die meisten<br />

Patienten berichten nach dem Eingriff von einer<br />

Verbesserung der Sehfunktion und einer erhöhten<br />

Brillenunabhängigkeit und der damit einhergehenden<br />

Lebensqualität.<br />

Prof. Dr. med. G. U.<br />

A u ff a r t h<br />

FEBO, Ärztlicher<br />

Direktor (Augenklinik),<br />

Universitätsklinikum<br />

Heidelberg<br />

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6<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Seltene Netzhauterkrankungen<br />

– Gemeinsam<br />

den Durchbruch<br />

schaffen<br />

Text Dr. Sandra Jansen<br />

In Deutschland leben rund 60.000 Menschen<br />

mit einer seltenen Netzhauterkrankung<br />

(Netzhautdystrophie). Für<br />

sie gibt es kaum wirksame Therapien,<br />

um den Krankheitsverlauf zu stoppen<br />

oder eine Verbesserung herbeizuführen.<br />

Vor diesem Hintergrund setzt sich PRO<br />

RETINA dafür ein, dass seltene Netzhauterkrankungen<br />

behandelbar werden.<br />

Mit einem eigenen Patientenregister für<br />

über 40 seltene Netzhauterkrankungen<br />

bringt PRO RETINA die Betroffenen, die<br />

Ärzteschaft und die Wissenschaft eng<br />

zusammen, um dies zu ändern – zum<br />

Wohle aller Menschen mit degenerativen<br />

Netzhauterkrankungen. Die Selbsthilfevereinigung<br />

nimmt damit eine Pionierstellung<br />

ein: Rund 6.000 Mitglieder,<br />

darunter viele ehrenamtlich Aktive, bringen<br />

ihre eigenen Erfahrungen mit den<br />

Erkrankungen und ein hohes Maß an Engagement<br />

ein. PRO RETINA ist vor mehr<br />

als 40 Jahren gegründet worden, weil es<br />

für Menschen mit<br />

Netzhauterkrankungen<br />

keinerlei<br />

medizinische Hilfe<br />

gab. Menschen<br />

mit einer Netzhauterkrankung<br />

haben oft das<br />

Gefühl, sie könnten<br />

eine klinische<br />

Studie zu ihrer<br />

Dr. rer. nat.<br />

Sandra Jansen<br />

Projektmanagerin<br />

Leitung Patientenregister<br />

PRO RETINA<br />

Deutschland e.V.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.pro-retina.de<br />

Augenerkrankung<br />

verpassen. In<br />

der Forschungslandschaft<br />

den<br />

Überblick zu<br />

behalten, ist nicht<br />

ganz einfach –<br />

aber genau dafür<br />

gibt es das Patientenregister.<br />

„Ich wollte wieder das Gesicht<br />

meines Sohnes sehen!“<br />

Maria ist schon von Geburt an stark sehbehindert. Sie hat Retinitis pigmentosa.<br />

Aber sie ist eine der wenigen Personen in Deutschland, die mit<br />

einer Gentherapie behandelt werden konnte. Im Interview berichtet sie,<br />

wie die Therapie ihr Leben verändert hat.<br />

Text Dr. Sandra Jansen<br />

Wann wurde bei Ihnen die Retinitis pigmentosa<br />

(RP) festgestellt?<br />

Bei mir wurde schon im Säuglingsalter eine<br />

Sehbehinderung festgestellt. Meinen Eltern ist<br />

der sogenannte „Lichthunger“, das Zuwenden zu<br />

starken Lichtquellen, schon sehr früh aufgefallen.<br />

Die Diagnose Retinitis pigmentosa bekamen meine<br />

Eltern, als ich zwei Jahre alt war.<br />

Wie war Ihre Seheinschränkung vor der Gentherapie?<br />

Eine Orientierung im Raum war vor der Operation<br />

kaum möglich. Nur unter ganz bestimmten<br />

Lichtbedingungen konnte ich mich sehr eingeschränkt<br />

orientieren. Ich habe ständig ins Licht gestarrt.<br />

Meistens eine ziemlich nervige Situation.<br />

Den klassischen Verlauf einer RP hatte ich nie. Mein<br />

Visus war schon immer sehr gering, hinzu kam<br />

noch eine extreme Unschärfe. Buchstaben konnte<br />

ich gar nicht lesen. Im Zentrum meiner Netzhaut<br />

waren nur noch kleine Sehinseln nachweisbar.<br />

Wann haben Sie das erste Mal von einer möglichen<br />

Therapie erfahren?<br />

Ich habe schon vor einigen Jahren die amerikanischen<br />

Studien zur Gentherapie sehr intensiv<br />

beobachtet. Auf einem Patiententag der PRO<br />

RETINA in Hamburg hörte ich einen Vortrag über<br />

die Perspektive der Gentherapie bei einer ganz<br />

bestimmten Genmutation. Da ich wusste, dass ich<br />

genau diese Mutation habe, konnte ich mich schon<br />

einige Jahre mit dem Thema auseinandersetzen.<br />

Wie ging es dann weiter?<br />

Im Frühjahr 2019 wurde meine Mutter telefonisch<br />

darüber informiert, dass es möglich sei, die Gentherapie<br />

nun durchzuführen.<br />

Was haben Sie gedacht, als Ihnen bewusst war,<br />

dass Sie für die Gentherapie in Frage kommen?<br />

Dass es ausgerechnet für meine Genmutation eine<br />

Therapie gibt, grenzt an ein Wunder. Manchmal<br />

frage ich mich: „Warum haben Wissenschaftler gerade<br />

meine Mutation ausgesucht?“ Ich bin einfach<br />

nur dankbar.<br />

Wann haben Sie die Therapie erhalten? Was<br />

waren Ihre ersten Eindrücke?<br />

Die Spritze erhält man nur einmalig ins Auge. Das<br />

erste Auge wurde im Oktober 2019 behandelt, das<br />

andere im Dezember 2019. Nach der OP konnte ich<br />

erst mal gar nichts sehen. Ich habe lediglich einen<br />

weißen, rauchigen Fleck wahrgenommen. Nach<br />

drei Wochen bemerkte ich, dass ich mehr Licht<br />

wahrnehmen konnte. Die Kontraste haben ebenfalls<br />

zugenommen.<br />

Die Behandlung hat vor über einem Jahr stattgefunden.<br />

Wie hat sich Ihre Sehkraft in der<br />

Zwischenzeit verändert?<br />

Anfangs hatte ich oft Kopfschmerzen, die aber nach<br />

etwa drei Monaten verschwanden. Leider bin ich<br />

etwas blendempfindlicher als vor der Gentherapie<br />

geworden. Aber das spielt im Vergleich zu der Art<br />

und Weise zu sehen, wie es vor der Operation war,<br />

keine Rolle. Insgesamt hat sich meine Lebensqualität<br />

extrem verbessert: Ich kann mich im Raum<br />

orientieren, sodass ich in meiner gewohnten Umgebung<br />

sogar schon mal auf den Langstock verzichten<br />

kann. Beim Arbeiten am Computer kann ich heute<br />

viel mehr Schärfe wahrnehmen.<br />

Wurden Ihre Erwartungen an die Therapie erfüllt?<br />

Natürlich muss man die Langzeitstudien abwarten,<br />

aber momentan geht es mir sehr gut. Die Therapie<br />

hat sich jetzt schon auf jeden Fall gelohnt. Mein<br />

einziger Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Ich<br />

kann das Gesicht meines Sohnes wiedererkennen,<br />

und das ist für eine Mutter das schönste Geschenk<br />

im Leben.<br />

Maria<br />

wurde mit einer<br />

Gentherapie<br />

behandelt<br />

Wahrnehmung eines Menschen ohne Seheinschränkung (links), daneben Sicht eines Betroffenen mit Retinitis pigmentosa im mittleren Stadium der Erkrankung bis hin zum Endstadium (rechts).<br />

© Anna-Riika Müller, PRO RETINA


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 7<br />

Erbliche Netzhauterkrankungen<br />

Unter erblichen Netzhauterkrankungen werden eine Vielzahl seltener Augenkrankheiten zusammengefasst,<br />

bei denen die Funktion der Sinneszellen in der Netzhaut aufgrund genetischer Veränderungen gestört ist. Wie<br />

sie diagnostiziert wird und welche Behandlungsoptionen es gibt, erklärt Prof. Dr. med. Katarina Stingl von der<br />

Universitäts-Augenklinik Tübingen im Interview.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Prof. Dr. med.<br />

Katarina Stingl<br />

Universitäts-Augenklinik<br />

Tübingen<br />

Erblich bedingte Augenerkrankungen wie zum<br />

Beispiel die Lebersche kongenitale Amaurose<br />

machen sich bei Betroffenen meist bereits im<br />

frühen Kindesalter bemerkbar. Woran können<br />

Betroffene und Angehörige diese Erkrankungen<br />

erkennen?<br />

Wir kennen sehr viele Subtypen der erblich bedingten<br />

Netzhauterkrankungen, wobei alle selten<br />

oder sehr selten sind. Je nachdem welche Zellart<br />

durch den Gendefekt primär betroffen ist, äußern<br />

sich die ersten Beschwerden. Sind zum Beispiel<br />

durch den Gendefekt primär die Stäbchen betroffen,<br />

ist das Sehen in der Dunkelheit beeinträchtigt<br />

bzw. es liegt eine Nachtblindheit vor. Das ist zum<br />

Beispiel bei der Retinitis pigmentosa der Fall. Sind<br />

aber primär die Zapfen betroffen, dann merkt man<br />

als Erstes eine schlechte Sehschärfe, Blendeempfindlichkeit<br />

oder Farbsinnstörungen oder – vor<br />

allem im Kindesalter – ein auffälliges Augenwackeln.<br />

Dies ist wiederum der Fall bei beispielsweise<br />

Zapfen- oder Zapfen-Stäbchen-Dystrophien oder<br />

Makuladegenerationen.<br />

Die Lebersche kongenitale Amaurose ist eine frühkindliche<br />

Form der Retinitis pigmentosa, bei der<br />

schon sehr früh sowohl Stäbchen als auch Zapfen<br />

betroffen sind. Meistens bemerken Eltern die<br />

Auffälligkeiten schon im ersten Jahr oder aber im<br />

Vorschulalter. Die Auffälligkeiten sind Augenwackeln,<br />

schlechte Sehschärfe, schlechtes Nachtsehen<br />

oder Blendeempfindlichkeit. Manche dieser<br />

Kinder werden auch schon blind geboren.<br />

Wo liegt die Ursache für solche Erkrankungen,<br />

was passiert dabei in der Netzhaut Betroffener?<br />

Die Ursache liegt in der genetischen Information,<br />

es wird also vererbt. Dabei muss nicht zwingend<br />

ein weiterer Betroffener in der Familie sein.<br />

Wenn eine erbliche Netzhauterkrankung entsteht,<br />

sind in der Regel Gene betroffen, die notwendige<br />

Aufgaben für die Zapfen und Stäbchen codieren.<br />

Unsere Zapfen und Stäbchen sind Nervenzellen<br />

in der Netzhaut des Auges, die ständiger Aktivität<br />

ausgesetzt sind, da sie praktisch nonstop – den<br />

ganzen Tag und teilweise auch nachts – mit Licht<br />

gereizt werden. Wenn aufgrund der genetischen<br />

Mutationen zum Beispiel bestimmte Enzyme<br />

fehlen, entstehen Fehlfunktionen der Zellen und<br />

die Zapfen und/oder Stäbchen sterben ab. Leider<br />

ist es so, dass der Untergang von Stäbchen immer<br />

nach Jahren zum Untergang von Zapfen führt.<br />

Diese Prozesse des Zellabsterbens schreiten über<br />

Jahre oder Jahrzehnte fort bis zur deutlichen<br />

Sehbehinderung oder Erblindung. Obwohl<br />

für die meisten Betroffenen keine zugelassene<br />

Behandlungsmöglichkeit existiert, ist es wichtig,<br />

möglichst früh die korrekte Diagnose zu bestimmen,<br />

damit in den wenigen Fällen ggf. eine frühzeitige<br />

Reaktion möglich ist. Einmal abgestorbene<br />

Zellen können nicht wiederbelebt werden.<br />

Mit welchen Herausforderungen sehen sich<br />

Ärzte bei der Diagnosefindung konfrontiert?<br />

Die erblich bedingten Erkrankungen der Netzhaut<br />

sind selten. Das bedeutet, dass die einzelnen,<br />

voneinander auch sehr unterschiedlichen Subtypen<br />

der genetischen Netzhauterkrankungen weniger<br />

oft als bei einem pro 5.000 Menschen in der<br />

Bevölkerung vorkommen. Manche, zum Beispiel<br />

syndromale Netzhauterkrankungen kommen nur<br />

in einem pro 100.000 Menschen vor, sodass sie bei<br />

allgemein praktizierenden Augenärzten verständlicherweise<br />

nicht ausreichend bekannt sind. In<br />

Spezialsprechstunden, wie zum Beispiel an der<br />

Universitäts-Augenklinik in Tübingen, bei der unter<br />

meiner Leitung täglich ausschließlich Patienten<br />

mit erblichen Netzhauterkrankungen betreut<br />

werden, gibt es spezifische Diagnostikmöglichkeiten<br />

der Netzhaut. Zudem sind sie an genetische<br />

Labore angebunden. Der Weg zu den Spezialzentren<br />

und zur Diagnose ist aber für viele Betroffene<br />

aufgrund der Seltenheit der Krankheiten lang.<br />

Wie können solche Erkrankungen verlässlich<br />

diagnostiziert werden und welche Rolle spielt<br />

die genetische Diagnostik?<br />

Die Diagnostik kann verlässlich praktisch nur<br />

an spezialisierten Zentren gemacht werden, die<br />

genetische Diagnostik spielt eine sehr wichtige<br />

Rolle. Teilweise kann man dank der Erfahrung und<br />

wissenschaftlicher Kenntnisse auch über die individuelle<br />

Prognose besser beraten, wenn die genaue<br />

ursächliche Mutation bekannt ist.<br />

Erbliche Netzhauterkrankungen gelten als<br />

unheilbar. Welche Hoffnungen können sich Betroffene<br />

dennoch machen? Welche Rolle spielt<br />

der Zeitpunkt der Diagnose hierbei?<br />

Die erste und einzige zugelassene ursächliche<br />

Therapie für die frühkindliche Retinitis pigmentosa<br />

(Lebersche kongenitale Amaurose) gibt es in<br />

Europa seit Ende 2018. Diese Behandlung ist eine<br />

Gentherapie und kann bei Fällen zum Einsatz<br />

kommen, die durch spezifische Mutationen verursacht<br />

werden. Für viele weitere Gene oder spezifische<br />

Mutationen laufen weltweit klinische Tests,<br />

um weitere Therapiemöglichkeiten zu prüfen. Die<br />

Beratung hierzu kann auch in den Spezialsprechstunden<br />

durchgeführt werden.<br />

Welche Empfehlungen haben Sie für Betroffene<br />

und Angehörige? Wo können diese Hilfe<br />

bekommen?<br />

Die Betroffenen sollten an den spezialisierten<br />

Zentren vorstellig werden, in Deutschland gibt es<br />

diese in Tübingen, weiterhin in Bonn, München<br />

und Gießen. An diesen Zentren gibt es Informationen<br />

zu der aktuellen Therapieforschung und<br />

Beratung zum Alltag. Außerdem ist es sehr<br />

empfehlenswert, an die Patientenselbsthilfegruppen<br />

angebunden zu sein. Die PRO RETINA in<br />

Deutschland schließt Patienten mit Netzhautdegenerationen,<br />

vor allem erblichen Netzhauterkrankungen,<br />

ein.<br />

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Novartis Pharma GmbH entstanden.<br />

Erbliche Netzhauterkrankungen:<br />

Ein Gentest kann Licht ins Dunkel der Diagnose bringen<br />

Fortschritte in der Zell- und Gentherapie können der Medizin neue Impulse<br />

geben. Gerade Patienten mit seltenen Erkrankungen könnten davon<br />

profitieren.<br />

Text Paul Howe<br />

Wenn ein Gen fehlt oder<br />

defekt ist, kann das im<br />

Körper weitreichende Folgen<br />

haben. Zum Beispiel<br />

können wichtige Bausteine wie Enzyme<br />

nicht mehr hergestellt werden oder der<br />

Stoffwechsel funktioniert nicht mehr<br />

richtig. Diese veränderten Gene können<br />

Erkrankungen verursachen, die<br />

sich teilweise bereits im Kindesalter<br />

zeigen können. Mit einer Gentherapie<br />

werden nicht nur die Symptome<br />

behandelt, sondern der Ursprung der<br />

Erkrankung, indem ein oder mehrere<br />

mutierte Gene durch funktionierende<br />

Kopien unterdrückt, ersetzt oder verstärkt<br />

werden.<br />

Erbliche Netzhauterkrankungen<br />

Auch Erkrankungen der Netzhaut können<br />

auf einem Gendefekt beruhen. Rund<br />

75.000 Menschen in Deutschland leiden an<br />

einer erblichen Netzhauterkrankung wie<br />

beispielsweise Retinitis Pigmentosa. Kennzeichnend<br />

dafür ist eine meist fortschreitende<br />

Zerstörung der Netzhaut. Dadurch<br />

können die Sehzellen ihre Funktion immer<br />

weniger ausüben und die Sehkraft verschlechtert<br />

sich zunehmend, nicht selten<br />

bis hin zur Erblindung.<br />

Die Betroffenen können Symptome wie<br />

Nachtblindheit, Einengung des Gesichtsfelds,<br />

vermindertes Farbsehen oder<br />

Minderung der Sehschärfe aufweisen.<br />

Aufgrund des Sehverlustes bestehen<br />

zunehmende Einschränkungen, was Folgen<br />

zum Beispiel für die Berufswahl und -ausübung,<br />

die Verrichtung alltäglicher Aufgaben<br />

und nicht zuletzt auch für die Familienplanung<br />

haben kann.<br />

Therapieoptionen für bestimmte<br />

Patientengruppen<br />

Eine kleine Gruppe an Patienten kann bei einer<br />

bestimmten Genmutation für eine Therapie<br />

in Frage kommen. Ob ein Patient mit<br />

einer erblichen Netzhauterkrankung dafür<br />

geeignet ist, entscheidet der behandelnde<br />

Augenarzt. Patienten mit den typischen<br />

Symptomen einer erblichen Netzhauterkrankung<br />

sollten sich an ein spezialisiertes<br />

Zentrum für Augenheilkunde wenden.<br />

Wichtige Voraussetzung: der Gentest<br />

Um zu erfahren, ob tatsächlich ein behandelbarer<br />

Defekt vorliegt, wird ein Gentest<br />

durchgeführt. Erst dieser kann die Diagnose<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit sichern oder<br />

eingrenzen. Aber auch wenn eine therapeutische<br />

Option unwahrscheinlich ist,<br />

können Betroffene eine gendiagnostische<br />

Untersuchung durchführen lassen. Mit dem<br />

Gentest erhalten sie alle Informationen über<br />

die eigene Erkrankung, können sich in ein<br />

Register für spätere Behandlungsoptionen<br />

eintragen sowie gegebenenfalls an laufenden<br />

Studien teilnehmen.<br />

Weitere Informationen:<br />

erbliche-netzhauterkrankungen.de


8<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

LHON (Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie)<br />

„Und plötzlich war ich blind“<br />

Lennart Sass ist 21 Jahre<br />

alt, studiert Jura und strotzt<br />

vor Optimismus – und das,<br />

obwohl er aufgrund einer<br />

sehr seltenen mitochondrialen<br />

Augenerkrankung vor<br />

vier Jahren fast vollständig<br />

erblindete. Im Interview<br />

erzählt er uns, wie er sein<br />

Leben mit der Erkrankung<br />

LHON meistert und warum<br />

er sich als Vorstandsvorsitzender<br />

des Selbsthilfevereins<br />

LHON Deutschland<br />

e. V. mit vollem Einsatz der<br />

Vernetzung Betroffener<br />

widmet.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Herr Sass, Sie sind betroffen von der seltenen<br />

Augenerkrankung LHON (kurz für Lebersche<br />

Hereditäre Optikus-Neuropathie). Wann haben<br />

Sie das erste Mal bemerkt, dass sich Ihre Sehkraft<br />

verändert, und wie haben sich die Veränderungen<br />

bemerkbar gemacht?<br />

Meine LHON-Geschichte beginnt im Sommer 2016,<br />

als ich beim Handballspielen erstmalig ein kräuseliges<br />

Flimmern bzw. ein Fliegengitter im Sichtfeld<br />

wahrgenommen habe, ähnlich wie bei starker Sonneneinstrahlung.<br />

Ich habe das dann auf den heißen<br />

Sommer zurückgeführt und dachte, dass das wohl<br />

einfach mein Kreislauf sei. Handball ist ein intensiver<br />

Sport, ich habe mir also erst mal wenig dabei<br />

gedacht und bin kurz darauf in den Urlaub geflogen.<br />

Dort verschlimmerte sich mein Sehen jedoch weiter<br />

und ich suchte noch in Kroatien eine Augenärztin<br />

auf. Das Ergebnis war, dass meine Sehkraft schon<br />

sehr stark eingeschränkt war, sie betrug rechts nur<br />

noch 5% und links 20%. Danach ging alles recht<br />

schnell, wir flogen zurück nach Deutschland, wo<br />

dann nach umfangreichen Untersuchungen die<br />

genetisch gesicherte Diagnose LHON gestellt wurde.<br />

Wie lang hat es bei Ihnen bis zur Diagnose gedauert?<br />

Bei mir ging es tatsächlich recht schnell. Vom<br />

Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose hat<br />

es sechs Wochen gedauert. Allerdings war der Weg<br />

bis dahin recht holperig und von vielen Ungewissheiten<br />

begleitet. Vom Hirntumor bis zur Multiplen<br />

Sklerose standen viele Diagnosen im Raum, bis wir<br />

dann über eine Familienanamnese auf die erblich<br />

bedingte Augenerkrankung LHON gestoßen sind<br />

und über einen Gentest die Diagnose gestellt werden<br />

konnte.<br />

Der Diagnoseweg ist oft sehr individuell.<br />

Wie lange dauert es Ihrer Erfahrung nach<br />

durchschnittlich bis zur richtigen Diagnose?<br />

Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, zum<br />

Beispiel ob es bereits ähnliche Fälle in der Familie<br />

gegeben hat oder ob die Symptome so klar sind, dass<br />

sie auf die Erkrankung schließen lassen. Zudem<br />

ist die Erkrankung aufgrund der Seltenheit unter<br />

Augenärzten nicht sehr bekannt, somit denken<br />

viele Ärzte auch nicht gleich an LHON, wenn sie mit<br />

einem Patienten konfrontiert sind, der die typischen<br />

Symptome aufweist. Ich kenne Geschichten von<br />

Betroffenen, die anders als ich einen jahrelangen<br />

Leidensweg hinter sich bringen mussten, bis eine<br />

Diagnose gestellt werden konnte.<br />

Die typischen Symptome der LHON sind ein rascher,<br />

meist zentraler schmerzloser Sehverlust, im zentralen<br />

Gesichtsfeld mit umgekehrtem Tunnelblick (in<br />

≈ 1<br />

von 50.000 bis 100.000<br />

Menschen ist von einer<br />

LHON betroffen.<br />

der Bildmitte sieht man meist nichts mehr, am Rand<br />

nur noch sehr unscharf). Betroffene sind also meist<br />

stark sehbehindert bis blind. Die Erkrankung tritt<br />

überwiegend im jungen Erwachsenenalter auf, statistisch<br />

erkranken fünfmal mehr Männer als Frauen.<br />

Zudem wird LHON mütterlich vererbt, sodass auf<br />

ähnliche Fälle in der Familie der Mutter geachtet<br />

werden sollte (Familienanamnese).<br />

Welche Auswirkungen hat die Erkrankung auf Ihren<br />

Alltag und in welcher Form finden Sie Unterstützung,<br />

zum Beispiel durch Hilfsmittel oder eine Behandlung?<br />

So ein Schicksalsschlag stellt einen natürlich vor neue<br />

Herausforderungen. Da man 80% und mehr über visuelle<br />

Reize wahrnimmt, ist eine Seheinschränkung dieser<br />

Intensität ein erheblicher Einschnitt. Ich habe das mit<br />

meiner besten Kraft und einem starken Umfeld versucht<br />

zu kompensieren und diesen neuen Weg zu gehen.<br />

Zu Beginn ist alles Neuland, man muss große Hürden nehmen,<br />

um sich ein neues Fundament aufzubauen, auf dem<br />

man sicher stehen kann. Bei LHON kommt hinzu, dass<br />

man die Chance auf eine Verbesserung der Symptome hat.<br />

Hoffnung kann aber auch ein schwerer Begleiter sein.<br />

Seit der gesicherten Diagnose bin ich in Behandlung<br />

und werde medikamentös therapiert. Während meines<br />

Jura-Studiums habe ich Assistenten, die mich unterstützen,<br />

barrierefrei zu studieren. Zudem nutze ich klassische<br />

Hilfsmittel wie einen Blindenstock, technisch einen<br />

Screenreader für mein Handy und meinen Laptop,<br />

zusätzlich hat mein Laptop eine Braillezeile, falls es mit<br />

der Audioausgabe mal schwierig sein sollte. Außerdem<br />

habe ich mir in einer blindentechnischen Grundausbildung<br />

verschiedene Fertigkeiten angeeignet, die bei der<br />

Alltagsbewältigung helfen. Mit all diesen Hilfen komme<br />

ich trotz meiner Einschränkung so selbstständig und<br />

unabhängig wie möglich durch den neuen Lebensalltag.<br />

Sie sind Vorstandsvorsitzender des Selbsthilfevereins<br />

LHON Deutschland e. V. Welche Rolle spielt in Ihrer<br />

Erfahrung der Austausch mit anderen Betroffenen?<br />

Der persönliche Austausch hat eine sehr hohe Bedeutung.<br />

Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, wodurch<br />

der Kreis an potenziellen Austauschpartnern schon mal<br />

recht klein ist. Daher ist man für jeden Kontakt dankbar,<br />

den man zu anderen Betroffenen knüpfen kann. Wir<br />

schaffen daher Möglichkeiten, sich untereinander auszutauschen<br />

und darüber sprechen zu können, wie man<br />

den Alltag bewältigt, wie man überhaupt mit diesem


9<br />

Schicksalsschlag umgeht und wo man Hilfe finden<br />

kann. Dieser Vernetzung dienen auch unsere Jahrestreffen,<br />

unsere geplanten Jugend- und Müttertreffen<br />

zum persönlichen Austausch sowie unser Informationskongress.<br />

Dazu kommt, dass LHON einen sehr speziellen<br />

Verlauf hat. Alles kommt sehr plötzlich, Betroffene<br />

haben teilweise massive Sehverluste in kürzester Zeit.<br />

Meist manifestiert sich die Erkrankung im Jugendoder<br />

jungen Erwachsenenalter, sodass man komplett<br />

aus dem gerade erst richtig startenden Leben gerissen<br />

wird. Ein Auffangnetzwerk zu haben, um damit<br />

umgehen zu können, gibt Betroffenen das Gefühl,<br />

dass sie trotz der Seltenheit der Erkrankung nicht<br />

allein sind.<br />

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Selbsthilfeverein<br />

und welche Hilfsangebote gibt es für<br />

Betroffene und ihre Angehörigen?<br />

Folgende drei Punkte sind uns besonders wichtig:<br />

1. Im Sinne des Gründungsgeistes ist es unser Ziel,<br />

Betroffene zusammenzuführen sowie persönlichen<br />

Austausch zu ermöglichen und ein gemeinsames<br />

Netzwerk zu schaffen, das Betroffene miteinander<br />

in Kontakt bringt und sie unterstützt. Wir möchten<br />

die mentale Stabilität Betroffener stärken, sie bei der<br />

Bewältigung ihrer ganz individuellen Herausforderungen<br />

unterstützen und Informationen zu<br />

LHON-spezifischen Fragen bündeln, um zur Verbesserung<br />

ihrer Lebensqualität beizutragen.<br />

2. Wir wollen weitreichende Aufklärungsarbeit<br />

zu LHON leisten und Awareness schaffen für diese<br />

seltene neuroophthalmologische Erkrankung, um sie<br />

sichtbarer zu machen und Betroffenen eine Stimme<br />

zu geben. Unser Ziel ist es, dass dadurch Diagnosewege<br />

verkürzt und Betroffene schneller identifiziert<br />

werden.<br />

3. Wir sind national und international bemüht, Kontakte<br />

zu weiteren Organisationen zu knüpfen, die sich<br />

Die Ungewissheit, unter der nicht<br />

diagnostizierte LHON-Betroffene leiden,<br />

geht mit einem enormen psychischen<br />

Leidensdruck einher.<br />

mit LHON beschäftigen. Wir wollen als Ansprechpartner<br />

für die Politik, Wissenschaft und Gesellschaft<br />

präsent sein und verfolgen engmaschig, was sich im<br />

Bereich der Forschung und Entwicklung bewegt.<br />

Was wünschen Sie sich in Bezug auf die Diagnosestellung,<br />

aber auch auf die Versorgung von<br />

LHON-Patienten?<br />

Die Dunkelziffer und die Anzahl an fehldiagnostizierten<br />

Patienten sind nach wie vor relativ hoch. Streng<br />

genommen handelt es sich bei der LHON um eine<br />

neurologische Erkrankung, die das Augenlicht<br />

einschränkt. Folglich bewegt sich das Krankheitsbild<br />

oftmals im Zweifel zwischen Neurologen und Ophthalmologen.<br />

Hier wollen wir ansetzen und über<br />

LHON aufklären und sensibilisieren. Wir wollen<br />

erreichen, dass LHON trotz ihrer Seltenheit ärztlich<br />

präsent ist, mitgedacht wird und ungewiss Betroffene<br />

schneller identifiziert und ihr Diagnoseweg verkürzt<br />

werden kann. Denn die Ungewissheit, unter der nicht<br />

diagnostizierte LHON-Betroffene leiden, geht mit<br />

einem enormen psychischen Leidensdruck einher.<br />

Sobald die Diagnose steht, können Schritte zur<br />

Verbesserung der Lebenssituation Betroffener<br />

unternommen werden. Unsere Hoffnung ist auch,<br />

dass die Forschung und Entwicklung so weit vorangetrieben<br />

wird, dass LHON irgendwann einmal<br />

ursächlich behandelt werden kann. Als wichtigen<br />

Pfeiler gibt es derzeit eine medikamentöse Möglichkeit<br />

zur Behandlung der Symptome. Des Weiteren<br />

steht zurzeit eine erste Gentherapie vor der Zulassung,<br />

auf die wir ebenfalls mit Spannung warten.<br />

Sofern die Zulassung erfolgt, wäre das die erste<br />

Gentherapie für eine mitochondriale Erkrankung,<br />

was tatsächlich ein medizinischer Durchbruch wäre!<br />

Durch eine gute Betreuung über unseren Selbsthilfeverein<br />

versuchen wir natürlich auch für eine stabile<br />

und optimistische Verfassung bei den Betroffenen zu<br />

sorgen, um den Umgang mit der Erkrankung ein<br />

Stück weit zu erleichtern. Wir möchten in starker<br />

Gemeinschaft eine Perspektive schaffen, um gemeinsam<br />

in die Zukunft zu „blicken“. Dafür geben wir<br />

unser ganzes Herzblut!<br />

INFORMATION<br />

Der Selbsthilfeverein LHON Deutschland e. V. ist<br />

ein gemeinnütziger Verein mit und für Menschen mit<br />

LHON. Weitere Informationen finden Interessierte<br />

unter www.lhon-deutschland.de und auf Facebook<br />

@LHON.Deutschland.eV.<br />

ANZEIGE<br />

Sie sehen was, was sie nicht sehen.<br />

Menschen mit der seltenen Augenkrankheit Lebersche Hereditäre Optikusneuropathie leiden unter verschiedenen Einschränkungen<br />

ihres Sehvermögens – bis hin zur Erblindung. Chiesi setzt sich für die Betroffenen ein.<br />

Erfahren Sie mehr über unser Engagement im Bereich der seltenen Erkrankungen: www.chiesi.de/seltene-erkrankungen


10<br />

Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info<br />

Der AMD-Patient selbst bemerkt im Anfangsstadium kaum etwas von den<br />

Veränderungen. Farben können blasser als früher werden, die Gewöhnung an eine<br />

dunklere Umgebung dauert länger. Schreitet das Krankheitsbild voran, erscheinen<br />

Linien wellenförmig verzerrt. In fortgeschrittenen Stadien fällt das Zentrum des<br />

Gesichtsfeldes aus und wird als blasser oder dunkler Fleck wahrgenommen.<br />

Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) –<br />

Vier Fragen an den Augenarzt<br />

Augenarzt Dr. med. Reinhard Terlinde berät ehrenamtlich an der<br />

Patientenhotline des AMD-Netz e. V.<br />

Text Sarah Brink<br />

Dr. med. Reinhard<br />

Terlinde<br />

Augenarzt<br />

#1<br />

7,5 Mio. Bürger sind in<br />

Deutschland von einer<br />

altersabhängigen Makuladegeneration<br />

(AMD) betroffen.<br />

Welche Symptome<br />

treten zunächst auf?<br />

Das Frühstadium der AMD wird häufig<br />

als Zufallsbefund beim Augenarzt diagnostiziert.<br />

Verlauf und Beschwerden<br />

sind sehr individuell. Oft ist zunächst<br />

nur ein Auge betroffen, Sehausfälle am<br />

erkrankten Auge können noch durch<br />

das gesunde Auge ausgeglichen<br />

werden. Frühe Symptome sind ein gesteigertes<br />

Lichtbedürfnis und Blendempfindlichkeit<br />

sowie blassere Farbwahrnehmungen,<br />

eine Abnahme der<br />

Sehschärfe in der Mitte des Gesichtsfeldes<br />

und des Kontrastsehens sowie ein<br />

verzerrtes Sehen gerader Linien (siehe<br />

Selbsttest: www.amd-netz.de/amslergitter).<br />

Eine frühe Diagnosestellung kann<br />

entscheidend sein für den weiteren Verlauf.<br />

Empfehlenswert ist eine jährliche<br />

Routineuntersuchung durch einen<br />

Augenarzt ab dem 40. Lebensjahr.<br />

#2<br />

Wie wird AMD<br />

behandelt?<br />

Es gibt verschiedene Formen der<br />

Erkrankung. Nach der Diagnosestellung<br />

gilt es, für beide Augen Form und<br />

Stadium der Erkrankung festzustellen.<br />

Im Falle einer sogenannten feuchten<br />

AMD gibt es eine wirksame Behandlung:<br />

Mit einer sehr dünnen Nadel wird<br />

dann in einer Behandlungsserie ein<br />

Anti-VEGF-Medikament schmerzfrei<br />

in das Auge gespritzt. Bei der Mehrzahl<br />

der Patienten lässt sich hiermit die Sehkraft<br />

verbessern oder länger erhalten.<br />

Die feuchte AMD ist eine chronische<br />

Erkrankung, die eine Langzeit- oder gar<br />

eine Dauertherapie erforderlich macht.<br />

Diesem Aufwand für Patienten und<br />

Angehörige steht die Aussicht auf den<br />

Erhalt des Sehvermögens gegenüber.<br />

Risikofaktoren sind auch Rauchen,<br />

ungesunde Ernährung oder eine diabetische<br />

Grunderkrankung; hier können<br />

Patienten selbst beitragen.<br />

#3<br />

Die sogenannte trockene<br />

Form der AMD lässt sich<br />

derzeit noch nicht behandeln.<br />

Was raten Sie den<br />

Betroffenen?<br />

Zunächst sollte jeder Patient mit<br />

einer trockenen AMD wissen, dass er<br />

nicht vollständig erblinden wird. Da<br />

es bisher keine gezielte zugelassene<br />

erfolgreiche Therapie gibt, kann ein<br />

Voranschreiten und die Heilung der<br />

Erkrankung somit nicht sichergestellt<br />

werden. Neben der Einnahme von<br />

bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln<br />

ist die Versorgung mit Sehhilfen,<br />

gegebenenfalls ein Sehtraining sowie<br />

die Kontaktaufnahme mit beratenden<br />

Stellen, wie z. B. dem AMD-Netz, hilfreich.<br />

Die Therapie für den einzelnen<br />

Patienten sollte maßgeschneidert sein.<br />

Patienten können z. B. durch Rauchverzicht<br />

und eine Umstellung auf mediterrane<br />

Ernährung beitragen.<br />

#4<br />

Sie engagieren sich<br />

ehrenamtlich beim<br />

AMD-Netz e. V. – was hat<br />

Sie zu diesem Ehrenamt<br />

bewogen?<br />

Es wäre aus meiner Sicht schade,<br />

wenn nach meiner Pensionierung das<br />

gesammelte Wissen um die AMD<br />

nicht weiter sinnvoll eingesetzt<br />

würde. Zeit, die im Praxisalltag<br />

fehlte, gibt es jetzt in großem Maße.<br />

Ich verstehe mich als Mentor der<br />

AMD-Patienten, kann jedem mit Rat<br />

und Tat und auch Trost so gut es geht<br />

zur Seite stehen. Außerdem gibt mir<br />

selbst jedes Gespräch Anregung,<br />

mich weiter fortzubilden und meine<br />

freie Zeit sinnvoll einzusetzen.<br />

„Ehrenamt verbraucht keine Zeit,<br />

Ehrenamt schenkt Zeit.“<br />

Dr. Terlinde ist an<br />

jedem 1. und 3.<br />

Freitag im Monat von<br />

11:00 bis 12:00 Uhr<br />

unter der Telefonnummer<br />

01805 774<br />

778 der AMD-Netz-<br />

Hotline zu erreichen.<br />

Bei erhöhtem Anrufaufkommen<br />

können<br />

Rückrufe vereinbart<br />

werden.<br />

Weitere<br />

Informationen:<br />

www.amd-netz.de


A700025/A1/02-2021<br />

Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 11<br />

„Ich mag mein<br />

Herzchenpflaster“<br />

Mia ist fünf Jahre alt und hat eine Amblyopie.<br />

Ihr linkes Auge hat gegenüber dem rechten eine<br />

Sehminderung ausgebildet. Das geschieht oft<br />

bereits in der frühkindlichen Seherwerbsphase.<br />

Organische Ursachen dafür können zwar<br />

als Umstände auftreten, die eventuell zu einer<br />

Amblyopie führen, doch die Amblyopie selbst<br />

beruht auf einer ungenügenden neuronal-kognitiven<br />

Verarbeitung des Sehsinns im Gehirn.<br />

In der Folge „verlernt“ das betroffene Auge das<br />

Sehen mehr oder weniger und eine Amblyopie<br />

ist entstanden.<br />

Aus diesem Grund muss Mia ein Augenpflaster<br />

tragen, denn durch das Abkleben des besseren<br />

Auges wird das Gehirn gezwungen, die<br />

Sehschärfenentwicklung des sehschwächeren<br />

Auges nachzuholen. Die Abklebedauer richtet<br />

sich dabei nach der Schwere der Visusminderung<br />

und nach dem Alter des Kindes. So musste<br />

Mia fünf Tage das bessere Auge verschließen,<br />

im Wechsel mit einem Tag Pflaster für das sehschwächere<br />

Auge und nur einem freien Tag in<br />

der Woche für beide Augen.<br />

Mia hat sich anfänglich dagegen gesträubt.<br />

Doch um Kindern wie Mia die Therapie so wenig<br />

medizinisch und stattdessen so reizvoll wie<br />

möglich zu gestalten, haben sich Augenpflasterhersteller<br />

einiges einfallen lassen. Heute gibt<br />

es Klebebilder zu den Pflastern, bunte Pflaster<br />

und neuerdings sogar Pflaster für Jungs und<br />

Mädels. Mia hat sich für ein Pflaster mit Herzen<br />

entschieden: „Ich mag mein Herzchenpflaster.“<br />

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Foto: CBM

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