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SCHWERPUNKT
© ehimetalor akhere unuabon /Unsplash.com
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Lockdown - Aber richtig!
Ein konsequenter Lockdown, der die Schließung
aller nicht lebensnotwendigen Bereiche
und Betriebe beinhaltet, hätte schon
zu Beginn der zweiten Welle im vergangenen
November umgesetzt werden müssen.
Nach drei oder vier Wochen wärem die Infektionszahlen
auf ein Niveau gesunken, auf
dem Pandemie durch konsequente Überwachung
und gezielte Unterbrechung von Infektionsketten
durch die Gesundheitsämter
beherrschbar gewesen wäre. Stattdessen
wurde aber ein »Freizeit-Lockdown«, der vor
allem die Erholungsmöglichkeiten in der Freizeit
drastisch eingeschränkt hat, umgesetzt.
Die Infektionszahlen sind zuerst stagniert,
nach weiteren Verschärfungen schließlich
gesunken. Was ursprünglich eine Notbremse
von höchstens zwei Monaten mit dem Versprechen,
Weihnachten wieder ohne Lockdown
genießen zu können vorgesehen war,
zieht sich nun schon über fünf anstrengende
Monate. Nun sind viele Menschen existentiell
am Boden, haben sich bereits nach dem
ersten Lockdown verschuldet um sich auf
die Pandemie-Situation umzustellen. Dies
betrifft besonders den Kultur-, Event-, Hotellerie-
und Gastronomiebereich, der in dieser
langen Zeit vollständig schließen muss und
auf die zugesagten Hilfen des Bundes dann
auch noch monatelang wartet. Währenddessen
läuft die Arbeit in gewerblichen Betrieben
einfach weiter und auch viele Büros
sind, im Gegensatz zum ersten Lockdown,
voll. Man könnte fast meinen, dass die Politik
absichtlich ganze Wirtschaftszweige und das
physische und psychische Wohlbefinden der
gesamten Bevölkerung baden gehen lässt,
um der Industrie und den Großkonzernen die
Kosten und Profiteinbußen eines harten und
wirksamen Lockdowns zu ersparen.
Während Berufstätige, unabhängig davon ob
ihre Tätigkeit systemrelevant ist, einfach weiterarbeiten
und sich dabei oftmals einem hohen
Infektionsrisiko aussetzen müssen, wird
ihnen in der Freizeit sogar verboten, sich mit
mehr als einem Mitglied eines anderen Haushalts
zu treffen. Diese Politik der rot-schwarzen
Bundesregierung ist widersprüchlich und
sorgt verständlicherweise für Verdruss und
Ablehnung. Wem will man auch noch eine Politik
erklären, die so tut, als wären Viren nur
in der Freizeit ansteckend?
Die Forderung nach Lockerungen aus der
breiten Gesellschaft ist absolut nachvollziehbar.
Der »Lockdown light« vom November bis
Dezember und die anschließende Verschärfung,
die bis heute anhält, wird für immer
mehr Menschen zu einer Zerreißprobe. Eine
Öffnung wird aber allen Prognosen zufolge
die durch die neue Mutation hervorgerufene
kommenden dritten Infektionswelle massiv
verschlimmern.
Gleichzeitig stimmt die Erzählung von der
Stimmung aus der Bevölkerung, die eine Lockerung
notwendig macht nicht. Befragungen
ergeben weiterhin, dass eine Mehrheit für die
Beibehaltung der aktuellen Restriktionen
oder sogar eine Verschärfung ist.
Die Impfstoff-Patente gehören den
Menschen, nicht den Pharmakonzernen!
Die Impfstoffe basieren auf Jahrzehnten
Grundlagenforschung und wurden von Beginn
der Pandemie an maßgeblich mit finanzieller
Unterstützung aus Mitteln von Bund und
EU entwickelt. Nun machen Pharmakonzerne
wie BioNtech-Pfizer & Co. ihre Profite mit einem
Impfstoff-Patent, das eigentlich der Öffentlichkeit
als Hauptfinanzier gehören sollte,
während es weiterhin flächendeckend an
Impfstoff mangelt und wir mit einer Impfrate
von gerade einmal 3,5% der Bevölkerung
(beide Impfdosen, Stand 15.03.) nicht vorankommen
bei der Pandemie-Bekämpfung.
Verantwortlich dafür ist auch die Alleinverfügung
der Impfstoffentwickler über die Patente.
So wird nun besonders gut mit Impfstoff
versorgt, wer besonders viel zu zahlen bereit
ist: Israel verdankt seine außergewöhnlichen
Impferfolge eben auch seine Bereitschaft,
pro BioNTech-Impfdosis doppelt so viel zu
zahlen wie die EU. Aber nicht nur die Versorgung
hier in Deutschland und der EU kann
sich dadurch zu einem Problem entwickeln.
Die reichsten Länder haben sich bereits den
Löwenanteil des zur Verfügung stehenden
Impfstoffs gesichert. Hierdurch wird sich der
Impfbeginn in vielen Ländern Afrikas wohl
bis in das Jahr 2022 verzögern und die vollständige
Immunisierung nicht vor 2023 abgeschlossen
sein. Die Länder des globalen
Südens sind komplett auf dem Trockenen
und können sich dadurch zu neuen Herden
von weiteren Mutationen entwickeln, aus denen
das Virus dann auch wieder den reichen
Norden erreicht. Diese Politik des nationalen
Egoismus und der Privatisierung mit öffentlicher
Unterstützung erzielter Forschungsergebnisse
wird nach hinten losgehen. Die
Impfstoffe gehören allen Menschen und nicht
einigen Wenigen. Wollen wir das Virus besiegen,
muss der Patentschutz der Impfpräparate
aufgehoben werden, damit Impfdosen von
weiteren Herstellern dezentral und in großen
Mengen produziert werden können. Besser
noch: vergesellschaften wir doch gleich die
Pharmaindustrie, die sich schon seit jeher
weigert, kranke Menschen zu heilen, wenn
für sie neben der Refinanzierung der For-
© Heinrich-Böll-Stiftung/ CC BY-SA 2.0 / flickr.com