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stadtMAGAZIN KÖLN. Ausgabe April-Mai 2021

Kölner Magazin für Zeitgeschehen, Kunst, Kultur und Lebensart.

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Schrauben mit Rost<br />

und Öl resten reinigen<br />

und aufarbeiten<br />

Messinguhrwerk in massier Ausführung mit<br />

Voll- und Halbstundenschlag auf Tonfeder<br />

Schrauben und Werkteile nach der Bearbeitung<br />

Firma das Werk hergestellt hat. Die Uhr besteht aus massiven<br />

Messingplatinen und schlägt, wenn sie wieder instandgesetzt<br />

ist, zur halben und vollen Stunde. „Diese Uhr ist einfach verschlissen,“<br />

stellt der Uhrmachermeister fest, „und es ist vorher<br />

schon versucht worden, sie selbst zu reparieren. Sehen<br />

Sie hier die Kratzer und den verbogenen Teil, die Ankergabel.<br />

Ich finde auch schon mal Stellen, die gelötet oder geklebt<br />

wurden. Das macht die Sache nur noch schlimmer.“<br />

Das Werk wird nun komplett zerlegt. Nur ein paar<br />

Stichworte zur Situation: Das Messing ist dunkel oxydiert, die<br />

Schrauben sind rostig, das Öl trocken und hart geworden,<br />

das Lager abgenutzt und vieles andere mehr. Die Arbeitsliste<br />

liest sich wie ein Rezept: Reinigen, Zapfen vom Zahnrad polieren,<br />

Lager auswechseln, Schrauben überarbeiten, Ersatzteile<br />

besorgen oder selbst fertigen. Dahinter stehen diffizile und<br />

aufwändige Arbeitsgänge. Sehr speziell mutet die Reinigung<br />

des Messings an. Das geschieht in einer Maschine, die einer<br />

Waschmaschine ähnelt. Die Trommel ist aus Neopren gefertigt.<br />

Es gibt sie in verschiedenen Größen. Das Waschmittel sind<br />

weiße, etwa 5 mm kurze Keramikchips; man kann sie mit sehr<br />

dünnen Streichhölzern vergleichen. Eine Reinigungsflüssigkeit,<br />

die das Metall nicht angreifen kann, wird zugesetzt und<br />

darin werden die Teile ein bis zwei Tage bewegt, bis sie sauber<br />

sind. So gereinigt, erhalten diese Uhrenteile in einem wiederum<br />

besonderen Verfahren einen Korrosionsschutz, der nach<br />

Aussage von Heinz Stupp jahrzehntelang halten wird. In einer<br />

weiteren Maschine werden die Zapfen poliert.<br />

Diese Uhr hat ein Schlagwerk. Sie gibt das Signal. Die<br />

Zählscheibe befindet sich auf der Rückseite. Dort befinden sich<br />

alle Ziffern bis 12. Nach der Reinigung muss das Schlagwerk<br />

wieder eingestellt werden, und zwar sehr exakt, wie der Uhrmacher<br />

erklärt: „Das lässt sich nicht mit wenigen Griffen erreichen.<br />

Hier dieser kleine Hebel oder man kann auch sagen:<br />

Hammer, der den Schlag auslöst, muss so justiert werden,<br />

dass er auch sofort nach dem Schlag fest stehen bleibt und<br />

sich nicht weiter bewegt. Mit anderen Worten: Das Schlagwerk<br />

muss einwandfrei und sauber über die gesamte Zeit ablaufen.<br />

Ich erreiche das, indem ich den Ablauf Zahn für Zahn prüfe,<br />

immer wieder reguliere, nachschaue. Noch mal und noch mal.<br />

Ich muss es immer wieder öffnen. Eine sehr Zeit aufwändige<br />

Angelegenheit...“ Bei einem einfachen Gehwerk ist das simpel.<br />

Endreinigung mit Trowalisiermaschine<br />

Maschine zum Auswechseln der Lager<br />

Das läuft stur ab, aber das Schlagwerk stellt hohe Anforderungen<br />

an den Uhrmacher. Über den Pendel wird reguliert, bis<br />

die Uhr wieder pünktlich ist.<br />

„Jetzt schlägt‘s Dreizehn“, war ein geflügelter Ausruf<br />

über viele Jahrzehnte und bedeutete in etwa ungläubiges<br />

Staunen oder Ärger über etwas Ungehöriges! Dieser Satz ist<br />

etwas aus der Mode gekommen, hat aber zweifellos mit Uhren<br />

zu tun. Man muss dazu sagen: zu tun gehabt. Denn früher ließ<br />

sich das Zählwerk an den Uhren nur vorwärts drehen, aber<br />

nicht rückwärts wie heute. Heinz Stupp erklärt das so: „Unfachmännisch<br />

behandelt, konnte man leicht etwas verbiegen.<br />

Da verschob sich das Zählwerk schon mal. So schlug die Uhr<br />

plötzlich 13 statt 12.“<br />

Wer das kleine Ladenlokal in Junkersdorf betritt, wird sogleich<br />

erfassen, dass er hier - neben modernen Uhren aller<br />

Arten und Marken - eine ganz besondere Uhrensammlung<br />

vor Augen hat. Alle Uhren sind erstaunliche Kunstwerke in<br />

Stil. Material und Gestaltung. Und sie sind höchst qualitätsvoll<br />

gefertigt, so dass sie – wie der Uhrmachermeister betont –<br />

eigentlich nicht wirklich kaputt gehen konnten. Eingebauter<br />

Verschleiß wie heute war damals unbekannt.<br />

INFOS: www.uhrmachermeister.koeln <br />

Wanduhr Deutsch um 1900 im<br />

Holzgehäuse<br />

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