09.04.2021 Aufrufe

stahl + eisen 03/2021 (Leseprobe)

PRODUKTE UND WERKSTOFFE // WEITERE THEMEN: u.a. Nickelfreies Stahlpulver für schräge Schnitte, Automatisierungslösungen für effiziente Metallbearbeitung, China-Kolumne: Verschärftes Übernahmetempo, aus Wissenschaft + Technik: Schlüsselwege zur CO2-Senkung, Modellrechnung von Kreditversicherer: "Versteckte" Insolvenzen, Blechschere mit Dampfantrieb

PRODUKTE UND WERKSTOFFE // WEITERE THEMEN: u.a. Nickelfreies Stahlpulver für schräge Schnitte, Automatisierungslösungen für effiziente Metallbearbeitung, China-Kolumne: Verschärftes Übernahmetempo, aus Wissenschaft + Technik: Schlüsselwege zur CO2-Senkung, Modellrechnung von Kreditversicherer: "Versteckte" Insolvenzen, Blechschere mit Dampfantrieb

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STYLE<br />

STORY<br />

Modellbau<br />

Alfred Trappens Blechschere mit Dampfantrieb weist bei<br />

den Messern eine deutlich erkennbare Hakennase auf,<br />

die in späteren Ausführungen nie wieder zu finden war.<br />

Den Anstoß<br />

zu diesem<br />

Modell gab<br />

eine Handskizze<br />

in<br />

einem Buch<br />

von 1919.<br />

Blechschere mit Dampfantrieb<br />

Seltene historische Konstruktion von Alfred Trappen wurde als Modell neu aufgebaut<br />

AUTOR: Gerd Bavendiek*<br />

www.balancier.eu<br />

DARUM GEHT‘S: Auch im Ruhrgebiet ist<br />

der Maschinenbauingenieur Alfred Trappen<br />

(1828-1908) heute kaum bekannt.<br />

Das mag daran liegen, dass er sich ganz<br />

auf seine Arbeit konzentrierte und nicht<br />

öffentlich tätig war. Im 1919 erschienenen<br />

Buch „Ein Jahrhundert deutscher<br />

Maschinenbau“ zum runden Jubiläum<br />

der DEMAG wurde er als hervorragender<br />

Konstrukteur gewürdigt, der mit der<br />

Ausrichtung der Firma auf das Hüttenwesen<br />

auch wirtschaftlich erfolgreich<br />

war. Gerd Bavendiek hat eine Skizze<br />

Trappens als Modell nachgebaut.<br />

Der Maschinenbauingenieur Alfred<br />

Trappen hatte ab 1851 für rund 40<br />

Jahre als Konstrukteur und technischer<br />

Leiter die Maschinenfabrik Kamp &<br />

Co. in Wetter an der Ruhr geprägt. Diese<br />

war aus den Mechanischen Werkstätten<br />

Harkort & Co. hervorgegangen und wurde<br />

später zur Märkischen Maschinenbau-Anstalt<br />

umfirmiert, ehe sie 1910 in der DE-<br />

MAG (Akronym für DEutsche Maschinenbau<br />

AktienGesellschaft) aufging.<br />

Trappens Maschine im Vergleich<br />

Die Skizze Trappens ist undatiert und ohne<br />

weitere Hinweise. Es ist nicht klar, ob eine<br />

solche Schere ausgeführt worden ist. Meine<br />

Datierung in die 1850er Jahre resultiert<br />

einzig daraus, dass Trappen seine sechsjährige<br />

(sic!) Lehrzeit 1851 beendete und<br />

aus dem Jahr 1864 eine große Blechschere<br />

bekannt ist, die für das Walzwerk Schulz,<br />

Knaudt & Co. in Essen gebaut wurde. Dabei<br />

handelt es sich um eine imposante Maschine<br />

von über 40 t Gewicht, angetrieben von<br />

einer Dampfmaschine mit 400 mm Zylinderdurchmesser<br />

und 550 mm Hub. Bleche<br />

bis 900 mm Breite konnten geschnitten<br />

werden. Im Vergleich dazu ist die von Trappen<br />

skizzierte Maschine simpel.<br />

Details zum Modell<br />

Mein Modell ist im Maßstab 1:16. Für den<br />

einseitig wirkenden Zylinder habe ich den<br />

Bremszylinder eines VW T3 mit 24 mm<br />

Bohrung benutzt. Alles was überflüssig<br />

war, habe ich weggefräst, die Bohrungen<br />

mit Gewinde versehen, dann Stopfen (auch<br />

aus Guss) gefertigt und mit Loctite 648<br />

eingesetzt. Den Schieberkasten habe ich<br />

weich angelötet und dann die Zylinderbohrung<br />

nachgeläppt. Der Kolben besteht<br />

aus Messing, die Kolbenstange ist wie bei<br />

einem Verbrennungsmotor im Zylinder<br />

angelenkt.<br />

In Trappens Skizze kann man den üblichen<br />

Muschelschieber erkennen, weitere<br />

Details bleiben aber unklar. In solchen Situationen<br />

muss man sich als Modellbauer<br />

vom Original lösen und eine modellgerechte<br />

Lösung finden, die auch im gewählten<br />

Maßstab funktioniert. Für mich war das<br />

ein Rundschieber, der über mehrere weitere<br />

Bauteile angesteuert wird. Die Erleichterung<br />

war groß, als der Mechanismus sich<br />

als funktionsfähig erwies.<br />

Ein durchgehendes Fundament trägt<br />

eine Platte für den Zylinder, die Kurbelwellenlager<br />

und die massiv ausgebildeten<br />

Hauptlager für den Scherenarm, ein sehr<br />

charakteristisches Bauteil. Bei den Messern<br />

lag mir daran, die in der Skizze deutlich<br />

erkennbare Hakennase nachzubilden, obwohl<br />

eine solche Ausführung später nie<br />

wieder zu finden war.<br />

Der Tisch ist vom Rest der Maschine<br />

völlig getrennt entstanden. Ich kann mir<br />

vorstellen, dass das auch beim Original so<br />

war. Von Dampfhämmern ist bekannt,<br />

dass die Schabotte (der untere Bär) vom<br />

Rest des Hammers entkoppelt war.<br />

Das Modell in der Praxis<br />

Das Modell hat schon auf einigen Ausstellungen<br />

gezeigt, dass es schneiden kann -<br />

zwar kein Blech, aber immerhin Papier. In<br />

meinem Youtube-Kanal balancier.eu kann<br />

man sich davon überzeugen. Anders als dort<br />

zu sehen, gibt es mittlerweile auch ein stirnseitiges<br />

Gegenmesser. Wenn man nur genug<br />

Papier schneidet, nutzt jedoch auch beim<br />

verwendeten Werkzeug<strong>stahl</strong> die Schneidkante<br />

ab. Das Angebot eines befreundeten<br />

Modellbauers die Messer zu härten, habe ich<br />

daher gerne angenommen. So ist dieses Modell<br />

einer sehr frühen Arbeitsmaschine aus<br />

dem Ruhrgebiet wieder funktionsfähig und<br />

kann ein nicht so bekanntes Einsatzgebiet<br />

der Dampfkraft illustrieren.<br />

* Der Artikel erschien in seiner ursprünglichen Fassung zuerst in<br />

Ausgabe 5/2020 der Zeitschrift „Maschinen im Modellbau“.<br />

Synopsis der Dampfmaschine<br />

Gerd Bavendiek ist ein Spezialist für<br />

Dampfmaschinen und Modellbau.<br />

Er betreibt mit dampfforum.info das<br />

wohl größte deutschsprachige Forum<br />

seiner Art und hat 2018 das Buch<br />

„Synopsis der Dampfmaschine: der<br />

Weg von der Feuermaschine bis<br />

zum Turbosatz 1712-1917“ veröffentlicht.<br />

Das Werk führt auf 300 Seiten<br />

wichtige Daten aus der Geschichte<br />

der Dampfmaschine mit anderen Ereignissen<br />

aus der Technikgeschichte<br />

zusammen auf. Ein regionaler Schwerpunkt<br />

liegt dabei auf Deutschland und<br />

der Region Ruhrgebiet. Mehr Informationen<br />

unter www.balancier.eu.<br />

Quelle: privat<br />

70 März <strong>2021</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de

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