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KOLUMNE<br />
LIFE CHANNEL MAGAZIN ı 05.<strong>2021</strong> ı 31<br />
Ruedi Josuran<br />
Stille. Und jetzt?<br />
Es war dunkel und kalt geworden<br />
auf einem abgelegenen Bahnhof.<br />
Ich hatte einen intensiven<br />
TV-Drehtag hinter mir. Hatte das<br />
Bedürfnis, über das Erlebte und die<br />
besonderen Momente mit jemandem<br />
zu sprechen. So bin ich eben.<br />
Ich muss Erlebtes teilen. Wen<br />
könnte ich anrufen? Auf dem Bahnsteig<br />
war kaum jemand. In Zeiten<br />
von «Social Distancing» auch nicht<br />
das ideale Feld für Begegnungen.<br />
«Sprich doch mit Gott …» Plötzlich<br />
war der Gedanke da. Als Einladung.<br />
Spontan fing ich das Gebet<br />
an mit der Frage: «Hast Du kurz<br />
Zeit für mich, Jesus?» Ich überraschte<br />
mich auch selbst damit.<br />
«Habe ich Platz in Deiner Agenda?<br />
Hast Du nichts Wichtigeres, als mir<br />
gerade zuzuhören?» Irgendwann<br />
in der Stille des Abends war da zwar<br />
Ich kann nur<br />
mit jemandem<br />
eine Beziehung haben,<br />
wenn ich mich<br />
darauf einlasse.<br />
Die Schwierigkeit ist viel eher, dass<br />
wir Menschen oft gar nicht bereit<br />
sind, Gott zu hören. Denn zu einer<br />
guten Kommunikation gehört nicht<br />
nur Reden sondern auch Zuhören.<br />
Und um Zuhören zu können,<br />
brauche ich Aufmerksamkeit und<br />
Konzentration. Das gilt auch für<br />
meine Kommunikation mit Gott.<br />
Dort, wo Menschen ihre Einsamkeit<br />
spüren und annehmen, können<br />
sie zugleich eine tiefere Form von<br />
Angenommensein und Verbundenheit<br />
erleben: Ich bin angewiesen<br />
auf ein grösseres Du. Ich<br />
ersehne eine umfassende Liebe,<br />
wie sie Menschen gar nicht geben<br />
können. Diese Sehnsucht nach<br />
innerer Heimat, nach Verstanden<br />
werden und Gemeinschaft wird<br />
zum Türöffner, der Menschen<br />
ahnen lässt, dass Gott selbst und<br />
keine akustisch hörbare Antwort, aber doch Gewissheit. Gott allein diesen Durst nach Liebe stillen kann.<br />
Und die Frage brauchte keine Antwort mehr.<br />
Der Bahnsteig war meine Wüste. Ich musste mich<br />
Die Bibel ist voll mit Geschichten, in denen Gott mit selber aushalten. Reden, aber auch Schweigen. Ohne<br />
Menschen in Kontakt tritt. Er will Gemeinschaft mit das Schweigen laufen wir Gefahr, uns im Äusseren und<br />
uns Menschen, seinen Geschöpfen, er will mit uns Äusserlichen zu verlieren. Wir leben mit einem Hintergrundrauschen,<br />
das nie aufhört: der Lärm der Autos<br />
in Beziehung leben, und am deutlichsten wird diese<br />
Sehnsucht Gottes, indem er selbst in seinem Sohn Jesus und Züge, mein Handy mit den vielen Angeboten, einen<br />
Mensch wird. Gott tut alles, um mit uns in Beziehung zu Geräuschpegel zu entfachen.<br />
kommen!<br />
Wenn ich in die Stille gefunden habe, dann verstummen<br />
die Stimmen, die etwas von mir wollen und<br />
Ein wichtiges Kennzeichen einer guten Beziehung<br />
ist Kommunikation. Ich kann nur mit jemandem eine mich immer weiter jagen: die Stimme des Ehrgeizes<br />
Beziehung haben, wenn ich mich darauf einlasse. Wenn oder der Konsummaschinerie. Die inneren Antreiber,<br />
ich rede und höre. Und da Gott mit uns Beziehung haben<br />
möchte, kommuniziert er mit uns.<br />
der Stille erlebe ich, dass ich einfach da sein darf, ohne<br />
die manchmal in frommem Gewand daherkommen. In<br />
Wie spricht nun Gott zu uns Menschen? Entscheidend etwas leisten oder machen zu müssen. Niemand will<br />
ist sich bewusst zu sein: da ist ein Gott, der geheimnisvoll<br />
ist, aber einen Weg zu uns findet. Da geht es nicht dem ich Gottes Gegenwart erahnen kann.<br />
etwas von mir. Diese Stille wird für mich zum Raum, in<br />
um die richtige Gebets-Technik oder -Methode.<br />
RUEDI JOSURAN<br />
Moderator FENSTER ZUM SONNTAG-Talk<br />
ruedi.josuran@erf.ch