November - Stadt Weingarten
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<strong>Stadt</strong>GasLicht 1862–2012<br />
Jubiläumsausstellung im Museum Humpis-Quartier.<br />
Von Andreas Schmauder<br />
Im Jahre 1859 stattete Ravensburgs <strong>Stadt</strong>schultheiß<br />
Karl Friedrich Zaisser seinem Ulmer Kollegen<br />
einen Besuch ab – eine Visite mit Folgen. Denn<br />
Ulms mit Gaslaternen beleuchtete Straßen machten<br />
auf Zaisser großen Eindruck. Fieberhaft versuchte<br />
er, die neue Technologie nach Ravensburg<br />
zu holen. Im April 1862 beauftragten die Ravensburger<br />
<strong>Stadt</strong>väter eine Karlsruher Firma mit dem<br />
Bau eines Gaswerks unweit des Bahnhofs. Und<br />
schon sechs Monate später wurde eigenes <strong>Stadt</strong>gas<br />
produziert, das die ersten 161 Gaslaternen<br />
zum Leuchten brachte. Damit beginnt die<br />
Geschichte der heutigen Technischen Werke<br />
Schussental (TWS).<br />
Die Ravensburger waren begeistert von der neuen<br />
Straßenbeleuchtung. Und man nahm das zum<br />
Anlass, im „Goldenen Lamm“ – natürlich in einem<br />
„reichlich von Gasflammen erleuchteten Speisesaal“<br />
– das gelungene Werk hochleben zu lassen.<br />
Eine neue Ära war im Landstädtchen Ravensburg<br />
angebrochen. Vorbei waren die Zeiten, wo die<br />
Menschen bei Sonnenaufgang aufstanden und<br />
mit den Hühnern ins Bett gingen. Vorbei waren<br />
auch die Zeiten von Kerzenlicht und Öllampen,<br />
zumeist übel riechende Funzeln. Abendliches<br />
Bummeln durch die Straßen war nun möglich,<br />
die ersten Ladengeschäfte mit erleuchteten<br />
Schaufenstern entstanden.<br />
© D.I.E. Firmenhistoriker, Aalen<br />
Rasch wuchs der Wunsch nach mehr Licht. Aus<br />
der ganzen <strong>Stadt</strong> trafen Verbesserungsvorschläge<br />
ein, so etwa von den Anwohnern der Vorstadt<br />
Pfannenstiel, die zwei Straßenlaternen beantragten,<br />
„indem unsere Vorstadt ohne Zweifel bei<br />
Nacht die am meisten frequentierte ist“. Bis zum<br />
1. Dezember 1862 meldeten sich 213 private,<br />
gewerbliche und öffentliche Abonnenten.<br />
Zwar erhielt die Gas-Straßenbeleuchtung mit dem<br />
Bau des Ravensburger Elektrizitätswerks 1904<br />
einen starken Konkurrenten, doch dafür fand das<br />
Gas seinen Weg in die Ravensburger Haushalte.<br />
Steigende Kohle- und Holzpreise, technisch verbesserte<br />
Gasgeräte und schließlich die höhere<br />
Bequemlichkeit überzeugten viele Hausfrauen.<br />
In den1930-er Jahren wurden im Deutschen Reich<br />
schon 600.000 Gaskochgeräte jährlich verkauft.<br />
Schätzten die Kunden das Gas im Haushalt zu-<br />
© D.I.E. Firmenhistoriker<br />
Links unten:<br />
Alkoda Gasherd,<br />
1930-er Jahre.<br />
Unten: Gas-<br />
Heizkörper<br />
„Prometheus“,<br />
um 1910.<br />
nächst als Leuchtmittel und zum Kochen, wurden<br />
schließlich auch Gasboiler, Gasbügeleisen und<br />
sogar Gaskühlschränke angeboten. Gasbadeöfen<br />
und Gasheizungen fanden schon seit den 1920-er<br />
Jahren in Ravensburg ihre Käufer. Die Ära der<br />
<strong>Stadt</strong>gaserzeugung in Ravensburg fand 1970 nach<br />
108 Jahren ihr Ende: Heute bietet die TWS ihren<br />
Kunden Erdgas an.<br />
Die Gemeinschaftsausstellung der TWS und<br />
des Museums Humpis-Quartier erzählt mit vielen<br />
Originalobjekten und Filmbeiträgen die Erfolgsgeschichte<br />
der Gasversorgung in Ravensburg.<br />
Neben der faszinierenden Technik stehen immer<br />
wieder die Menschen im Mittelpunkt der Ausstellung:<br />
die Gaswerksarbeiter, der Direktor und der<br />
Kassier, die Installateure und die Kunden. Die Ausstellung<br />
wirft einen Blick in deren Werkstätten und<br />
Privathaushalte und wagt eine Zukunftsprognose<br />
für die Gasversorgung. �<br />
Andreas Schmauder ist Ravensburgs <strong>Stadt</strong>archivar<br />
und Direktor des Museums Humpis-Quartier.<br />
<strong>Stadt</strong>GasLicht1862–2012<br />
Bis 31. März 2013<br />
Museum Humpis-Quartier<br />
Öffnungszeiten Di bis So11–18 Uhr,<br />
Do11–20 Uhr.<br />
Öffentliche Führungen Erster und<br />
dritter Donnerstag im Monat,18 Uhr<br />
Zweiter Sonntag im Monat, 11 Uhr<br />
Vortrag „Von der Petroleumfunzel<br />
zu twsErdgas Komfort –150 Jahre Gasversorgung<br />
in Ravensburg“, Dr. Rainer<br />
Lächele, D.I.E. Firmenhistoriker:<br />
6. <strong>November</strong>,19.30 Uhr<br />
Direktorenführung mit Dr. Andreas<br />
Schmauder und Dr. Andreas Thiel-<br />
Böhm: 29. <strong>November</strong>,19 Uhr. Anmeldung<br />
erforderlich, Tel. 82 820<br />
www.museum-humpis-quartier.de<br />
stadtgespräch 29