planet toys April_2021
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INTERVIEW DES MONATS<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
ich nenne es jetzt mal soziale Nähe herstellen,<br />
wollen. Das ist unser Anspruch.<br />
Was wollen Sie jetzt als neue Regisseure<br />
des Kinderlandes anders machen?<br />
S.H.: Das Thema Kita, Schulen und Seniorenheime<br />
und alles, was es darum herum<br />
gibt, steht bei uns ganz oben auf der<br />
Agenda. Nicht umsonst steht auf vielen<br />
Spielen bei der Altersangabe von 4 bis<br />
99 Jahre, d. h., Spiele sind für jedes Alter.<br />
In diesen Bereichen wollen wir mehr<br />
Präsenz zeigen nach dem Motto: Wenn<br />
die Leute schon den Weg nicht in den<br />
Laden schaffen, dann wird eben der Laden<br />
vor die Tür gesetzt, am besten in die<br />
Tür rein. Man könnte es als verlängerten<br />
Lieferservice sehen, aber es muss nicht<br />
immer gleich Ware, sondern es kann<br />
auch nur Beratung mit Vorführungen<br />
sein. Das Konzept geht natürlich weiter.<br />
Der stellvertretende Bürgermeister von<br />
Apolda hat uns schon angeboten, den<br />
Schulplatz mit Outdoor-Spielen zu bespielen.<br />
»Für mich ist es völlig unverständlich,<br />
dass wir geschlossen<br />
haben müssen,<br />
obwohl wir mindestens<br />
gleichbleibende oder sogar<br />
bessere Konzepte haben, um<br />
die Kunden zu bedienen, als<br />
ein Kaufland oder Müller.«<br />
KATRIN KRAHMER<br />
Händler drücken ihren Charakter auch<br />
im Sortiment aus. Manche sind warenverliebt,<br />
andere rein betriebswirtschaftlich<br />
orientiert. Mancher hat ein<br />
Faible für Lizenzen, der vierte schaut<br />
auf das ökologische Reinheitsgebot.<br />
Gibt es unter Ihrer Führung auch Änderungen<br />
im Sortiment?<br />
S.H.: Ja, die wird es geben. Vorlieben<br />
haben wir natürlich auch, aber das entwickelt<br />
sich gerade weiter. Es ist nicht<br />
zuletzt eine Frage, ob die Kunden das<br />
annehmen. Im Bereich Holzspielzeug<br />
wollen wir jedenfalls etwas stärker<br />
auftreten. Ich selber bin ja ein großer<br />
Fan von Klemmbausteinen.<br />
Das wäre dann Lego, aber über die Dänen<br />
klagen viele Ihrer Kollegen.<br />
S.H.: Mit den Alternativen geht es aber<br />
auch schon ganz gut. Der Markt ist da<br />
breit aufgestellt. Erst kürzlich haben wir<br />
einen neuen Lieferanten aufgenommen.<br />
Hilfreich dabei ist, wenn die Produkte<br />
auch ein Siegel haben.<br />
Inwiefern?<br />
S.H.: Nehmen wir mal ein Holzspielzeug.<br />
Wenn es aus einem zertifizierten<br />
forstwirtschaftlichen Betrieb stammt<br />
und die Farben einwandfrei sind, besonders<br />
wenn ein 2+ auf den Spielsachen<br />
steht, dann kann man das den Kunden<br />
reinen Gewissens zeigen. Wir haben viele<br />
Kunden, die explizit danach fragen. Es<br />
ist einfach so, dass man Produkte, von<br />
denen man überzeugt ist, die man in der<br />
Hand gehabt und ausprobiert hat, leichter<br />
verkauft.<br />
Ihre Vorgänger, Elke und Thomas Parpart,<br />
waren Überzeugungstäter der<br />
obersten Kategorie. Was haben Sie von<br />
den beiden gelernt?<br />
S.H.: Der Respekt vor dem Lebenswerk<br />
der beiden ist immer noch sehr groß,<br />
vor allem davor, wie sie den Spagat<br />
zwischen Familie und Beruf geschafft<br />
haben. Ich glaube, das Kinderland war<br />
eine Lebenseinstellung, kein Job. Vor<br />
allem aber, wie die beiden mit ihren<br />
Kunden umgegangen sind, war absolut<br />
einmalig und toll. Ich hoffe, in diese<br />
Fußstapfen treten zu können. Richtig ist<br />
aber auch, dass wir in der heutigen Zeit<br />
Veränderungen angehen müssen. Ich<br />
nenne da nur das Stichwort Digitalisierung.<br />
Dennoch, der Einstellung so nahe<br />
am Kunden zu sein wie möglich, messe<br />
ich genauso viel Bedeutung bei wie das<br />
Elke und Thomas Parpart getan haben.<br />
Herr Parpart, kommen wir zu Ihnen.<br />
Haben Sie sich schon von der Übergabe<br />
erholt?<br />
Thomas Parpart: Ja, aber am 30. Oktober,<br />
als wir das Kinderland übergeben<br />
haben, flossen schon ein paar Tränen.<br />
Lebenswerk ist immer ein so großes<br />
Wort, aber das Kinderland war unser<br />
ganzes Leben. Viele Kunden haben uns<br />
darauf angesprochen und gesagt, dass<br />
wir noch ein paar Jahre hätten machen<br />
können.<br />
Und warum haben Sie es nicht getan?<br />
T.P.: Silvio sagte schon vor etwa fünf Jahren<br />
das erste Mal, dass, wenn wir aufhören<br />
würden, er Interesse hätte. An den<br />
Spiele-Abenden hat er uns bewiesen,<br />
dass er es auch wirklich kann. Wäre sein<br />
Interesse nicht vorhanden gewesen,<br />
hätten wir wahrscheinlich noch ein, zwei<br />
Jahre gemacht. Irgendwann muss man<br />
einen Schlussstrich ziehen.<br />
Vier Monate Kinderland unter neuer<br />
Regie. Können es die Neuen?<br />
T.P.: Ich war jetzt zwei, drei Wochen<br />
nicht mehr im Laden und ich kann nur<br />
sagen, dass sich hier viel zum Positiven<br />
hin verändert hat, etwa die Ecke für Babybedarf,<br />
die ich mir immer gewünscht<br />
habe, aber nie vorstellen konnte, dass<br />
das geht. Jetzt ist sie da. Unsere Seele<br />
lebt durch Katrin und Silvio weiter, wird<br />
durch die beiden aber immer mehr „verneuert“,<br />
was ich einfach nur gut finde.<br />
Das zeigt auch, dass es doch der richtige<br />
Zeitpunkt war, um mit unserem Erfolg<br />
rechtzeitig abzutreten und den Jungen<br />
die Möglichkeit zu geben, was Eigenes<br />
daraus zu machen. Die zwei schaffen<br />
das genauso, wie wir es geschafft haben.<br />
Sie waren ursprünglich leidenschaftlicher<br />
Verkäufer von „realsozialistischen<br />
Schrankwänden“. Jetzt haben<br />
Sie Spielwaren an den Nagel gehängt.<br />
Was kommt jetzt? „Realkapitalistische<br />
Sofagarnituren“?<br />
T.P.: (lacht) Das wäre natürlich ideal. Im<br />
Moment ist man ja etwas eingeschränkt.<br />
Dafür kümmere ich mich um meine Musik,<br />
die ich schon viele Jahre mache. Zu<br />
Hause habe ich eine Art Studio, wo ich<br />
mit meinem Sohn und einigen Musikern<br />
spiele, um mich ein wenig fit zu halten.<br />
Ansonsten wäre die Langeweile vorprogrammiert,<br />
weil ich nur einen 10- oder<br />
12-Stunden-Tag kannte. Das war schon<br />
immer so.<br />
Was ist das für ein Gefühl zu sehen,<br />
dass Ihr Lebenswerk, das Sie mit viel<br />
Herzblut, Leidenschaft und Zeit aufgebaut<br />
haben, von Menschen fortgeführt<br />
wird, die ganz ähnlich ticken?<br />
T.P.: Darauf kann ich kurz antworten. In<br />
der heutigen Zeit ist meine Familie das<br />
Allerwichtigste, und das Kinderland ist<br />
meine Familie und da gehören Katrin<br />
und Silvio dazu.<br />
Frau Krahmer, Herr Hopf, Herr Parpart,<br />
wir bedanken uns für das Gespräch.<br />
SCHLÜSSELÜBERGABE: This is the end, my beautiful friend.<br />
Nicht ganz, denn Thomas Parpart gelang es mit Katrin Krahmer<br />
eine Nachfolgerin für sein Kinderland zu finden.