SkF_JB_2021
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Sozialpädagogisch Betreutes
Wohnen (SBW)
Gewalterfahrung im Jugendalter
„Ich konnte mich gut in den Apfel hineinversetzen.
Früher gab es eine Zeit, da habe ich mich auch aufgeschlitzt,
wenn es mir nicht gut ging.“
Zahira, 20 Jahre
„Jemanden in einer Gruppe ignorieren, das ist ziemlich
fies, außer man tut es aus Selbstschutz. Aber
obwohl jemand da ist, so zu tun, als sei er nicht da,
das ist für mich auch Gewalt.“
Jana, 19 Jahre
„Wenn ich mich jeden Tag auf Instagram vergleiche -
doch, ich würde schon sagen, das ist Gewalt, halt
gegen mich selbst.“
Lucy, 21 Jahre
Das Sozialpädagogisch Betreute Wohnen (SBW) im
Haus Maria Thalkirchen ist ein Angebot für junge Frauen
zwischen 16 und 21 Jahren, die eigenständig leben
können, aber noch sozialpädagogische Unterstützung
und Förderung benötigen. Aufgrund von Vernachlässigung,
familiärer Konflikte oder traumatischer Lebensereignisse
werden die jungen Frauen vom Jugendamt
an das SBW vermittelt. In den letzten Jahren haben
wir vor allem eine Zunahme von Gewalterfahrungen
jeglicher Art bei den jungen Frauen festgestellt. Dies
beginnt bei Gewalterfahren vom Nachbarn, in Beziehungen
oder der Ursprungsfamilie, bis hin zu Gewalt
gegen sich selbst. Im vergangenen Jahr stand
deshalb der Fokus auf Prävention. Wir haben die
Gruppenabende zum Anlass genommen, um mit den
jungen Frauen über das Thema zu sprechen. Wichtig
war uns vor allem zu vermitteln, dass sie mit ihrer
Not und den erlebten Gewalterfahrungen nicht alleine
sind. Ein weiterer Schwerpunkt des Angebots war es,
den Klientinnen Handlungsalternativen an die Hand
zu geben und ihnen einen Weg aus der Hilflosigkeit
aufzuzeigen. Dies haben wir mit verschiedenen Methoden
und Ansätzen verfolgt. Der Einstieg erfolgte im
Austausch über die unterschiedlichen Formen von
Gewalt. Anhand einer Skalierung (keine Gewalt bis
hin zu massiver Gewalt) sortierten die jungen Frauen
verschiedene Begriffe, wie z.B. fünfmal pro Woche
joggen, Fett absaugen lassen, bis hin zu Vergewaltigung
oder Mord. Es entstand eine rege Diskussion.
Kunstworkshop: Früchte als Darsteller
Ein weiteres Angebot zum Bearbeiten des Themas
Gewalt war ein Kunstworkshop mit Obst. Dieser Ansatz
bietet einen niederschwelligen, kreativen und anonymisierten
Zugang zu sehr schweren Themen wie
Gewalt in der Familie oder Selbstverletzung. Dies ist
vor allem für unsere Klientinnen sehr wichtig, da alle
- zum Teil massive - Gewalt erlebt haben. Durch das
Obst wurden die beteiligten Personen (z.B. der eigene
Vater) entfremdet und so wurde der Zugang zum Schildern
des Erlebten („Vater Banane schlägt Kind Birne“
oder „der Apfel ritzt sich, wenn er traurig ist“) erleichtert.
Die jungen Frauen stellten nach der Darstellung
ihren „Gewaltschauplatz“ vor. So setzen sie sich fast
spielerisch mit dem Thema auseinander, ohne konkret
von eigenen Erfahrungen vor der Gruppe berichten
zu müssen oder re-traumatisiert zu werden. Die
Mädchen erfahren dabei, dass sie nicht alleine von
diesen Themen betroffen sind, und die Selbstwirksamkeit
wird gestärkt. Die Klientinnen werden über
ihre Rechte aufgeklärt und erhalten Hilfsangebote für
Opfer von Gewalt.
Kristina von Johnson, Mitarbeiterin
Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen
Plätze: 12
Fallzahlen/Klientinnen: 17
Regelfinanzierung: Stadtjugendamt
München, Jugendämter der umliegenden
belegenden Landkreise
Finanzielle Unterstützung: Sternstunden
e.V., SZ-Adventskalender
Leitung: Kathrin Fuchs
Kinder- und Jugendhilfe
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