Christkatholisch_2021-12
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10 Hintergrund
Christkatholisch 12/2021
Ausstellung über die Ehefrau von Bruder Klaus in Sachseln
Dorothee Wyss – eine moderne Frau
«Von Niklaus von Flüe kann man
nicht sprechen, ohne seine Frau Dorothee
zu erwähnen, sie war vor 30 bis 40
Jahren noch ein Nischenprodukt und
hatte vor allem in Frauenkreisen eine
Bedeutung» so Franz Enderli vom Förderverein
Niklaus von Flüe und Dorothee
Wyss. Die Schriftstellerin Klara
Obermüller hat in den 80er-Jahren das
Stück «Dorothee Wyss» geschrieben
und ihr damit zum ersten Mal eine
Stimme gegeben. Heute ist klar, dass
Niklaus und Dorothee zusammen gehören.
Es ist fast, als müsste etwas
nachgeholt werden, denn das Bruder
Klaus Museum widmet Dorothee
Wyss von Flüe in diesem Jahr zum ersten
Mal eine Ausstellung.
Wer war die Bäuerin, die 50 Jahre auf
dem «Schübelacher» im Flüeli lebte?
Stumme Frau an der Seite des «Ranftheiligen»?
Trug sie Schuld am Auszug
von Bruder Klaus? Eine Verrückte?
Frau mit Visionen? Lesend, hörend,
sehend und zur Mitwirkung einladend
lässt die Ausstellung die vielen Facetten
der Partnerin des «lebendigen Heiligen»
erleben und zu verstehen. Auch
für Kinder gibt es überraschend viele
und pädagogisch gut durchdachte
Möglichkeiten, sich der Persönlichkeit
Dorothee Wyss zu nähern.
Auseinandersetzung mit dem
Leben
wie der Bruder-Klaus-Biograph Roland
Gröbli sagt.
Aber erst wer entlang der Ausstellungsstücke
geht, wird sich das Leben
von Dorothee Wyss in seinen Abläufen
vorstellen können. Je länger je
mehr tritt sie aus dem Schatten ihres
Mannes heraus und erhält ihre persönliche
Lebenskontur. Dorothee ist
nicht nur die engste Vertraute und Beschützerin
ihres Mannes, sondern ist
auch verantwortlich für den Hof, seine
Angestellten und ihre zehn Kinder. Sie
ist Managerin eines grossen Unternehmens
und erhält eine Bedeutung
zurück, ohne die das Leben des Ehepaars
und deren Kinder gar nicht verstanden
werden kann.
Dorothee trägt das Gesicht der
Moderne
Als Frau von Niklaus von Flüe, Familienfrau
und Bäuerin lernte sie mit
Veränderungen und täglichen Herausforderungen
umzugehen, war
«Wegbereiterin für Wunderbares»,
wie Nicole Buchmann eine Rauminstallation
nennt. Dorothee musste
neue Rollen einüben und neue Werte
akzeptieren, womit sich auch zwischen
verschiedenen Welten vermittelte.
Vielleicht hätte es ohne sie Niklaus
von Flüe als «den Engel des
Friedens auf Erden», wie ihn der Pfarrer
und Schriftsteller Jeremias Gotthelf
nannte, gar nicht gegeben. Als der
römisch-katholische Papst Johannes
Paul II. im Jahr 1984 in Flüeli Ranft
war, ahnte er davon, als er im Gebet
die «heiligmässige Dorothee» anrief.
Unabhängig von der Nationalität, der
Religionszugehörigkeit, dem Beruf,
der Herkunft, über alle Grenzen hinweg
trägt Dorothee Wyss Flüe für uns
das Gesicht eines modernen Menschen.
Sie kann ein Vorbild sein, wie es
zu schaffen und zu schultern ist, den
Entschluss seines Lebenspartners anzunehmen,
nicht weg und fort, sondern
in sich zu gehen – auf der Suche
nach Gott einen eigenen Weg zu wählen.
Und gerade so haben beide die Gegenwart
Gottes durch ihr Herz scheinen
lassen, sind auf diese Weise das
heilige Ehepaar Dorothee und Niklaus
von Flüe Wyss. Niklas Raggenbass
Tafel 13: «Bruder
Klaus lässt seiner
Frau berichten,
dem Bruder Ulrich
Speise zu bringen.»
Bilder zVg
Will man das Leben einer Bäuerin aus
dem 15. Jahrhundert darstellen und
nimmt man die verfügbaren Quellen
zur Hand, lässt sich keine lückenlose
Biografie schreiben. Es ist ein Glücksfall,
wenn sich das eine oder andere
findet. So entdeckten Historiker vor
kurzem in einem Jahrzeitbuch des
Klosters Engelberg den ältesten urkundlichen
Eintrag von Dorothee
Wyss. In den Jahren um 1494/95 stifteten
Verena von Flüe, Tochter des Ehepaars
von Flüe Wyss und ihr Ehemann
Hensli Onofrius für «Bruder Klaus
und seine Ehefrau Dorothee» eine
Jahrzeit – kirchliches Totengedenken.
«Dorothee wird ausdrücklich als Ehefrau
von Bruder Klaus aufgeführt und
diesen Namen trug er nur im Ranft»,